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Lust im Hirn: Wie (Musik-) Genuss biologisch verdrahtet ist+A -A |
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Autor |
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ingo74
Inventar |
#502 erstellt: 12. Jun 2012, 19:32 | ||||
mich beunruhigen eher trolls, also beteilige dich doch einfach oder lass es ganz - danke
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HansFehr
Inventar |
#503 erstellt: 12. Jun 2012, 19:41 | ||||
Wenn Du kein Troll sein willst, dann respektiere bitte die Groß-/Kleinschrift. Es erleichtert das Lesen. |
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Janus525
Hat sich gelöscht |
#504 erstellt: 12. Jun 2012, 21:33 | ||||
Hier kann ich Dir nur beipflichten. Auch ich habe mehrfach in meinem Leben erlebt, dass gleichartig indoktrinierte "Eiferer" praktisch unantastbar und keinem Argument gegenüber aufgeschlossen waren. Erst nachdem sie die jeweilige Szene verlassen hatten - meist aufgrund bitterer Enttäuschung und / oder vor dem Hintergrund persönlichen (nicht eingestandenen) Scheiterns - kehrte sich das Ganze um und sie wurden nicht weniger überzeugte Eiferer mit diametral entgegengesetzter (scheinbarer) Argumentationslogik. Was mich dabei interessiert: Was genau ist es, das so viele Menschen so oft nach "Höherem", nach einem überhöhten Ideal, nach etwas "Gottähnlichem" streben lässt, dass sie sich einer Idee, besser gesagt einer Ideologie, derart verpflichtet fühlen und keinerlei kritische Distanz (mehr?) wahren können...? Die jeweilige Richtung bzw. deren Zustandekommen hast Du beschrieben. Dass Zufall oder angelegtes Interesse im Spiel ist, kann ich ebenfalls nachvollziehen. Aber warum ausgeprägter Fanatismus, ganz gleich um welchen es sich auch handelt...? Ist die Triebkraft suche nach Identität, dervWunsch nach Halt und Orientierung, der unendliche Schmerz (im Hegel´schen Sinne), das Wissen um die eigene Bedeutungslosigkeit, der verzweifelte Versuch durch das Verschmelzen mit einer "großen" Idee oder Sache selbst größer (oder überhaupt erst) zu werden um (scheinbar) mehr zu sein...? Wäre das so, dann diente die fanatische Ausübung der Religion ebenso wie die Mitgliedschaft in einer fanatisch ausgerichteten Anti - Raucher Organisation letzlich demselben (primitiven und unreflektierten?) Ziel wie die fanatische (nicht entspannte) Ausübung eines Hobbies: Der Selbstüberhöhung. Wenn das die banale Triebfeder für das "Eifern" einiger - natürlich nicht aller - sein sollte, kann ich nur die Achseln zucken und konstatieren: So what...? Whatever it is, it will do... Pelmazo, ich muss mich leider ausklinken weil ich morgen früh in einen Flieger springe und dann nur noch sporadisch ans Internet komme, Du weißt wieso... Dir und allen anderen hier wünsche ich weiterhin viel Spaß im Forum und alles Gute. Anfang Juli bin ich (so Gott will) wieder zurück und melde mich. Tschüß und bis dann..., Janus... [Beitrag von Janus525 am 12. Jun 2012, 21:41 bearbeitet] |
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Soundy73
Inventar |
#505 erstellt: 13. Jun 2012, 06:48 | ||||
Ich habe mal wieder (heimlich) mitgelesen und kann z.B.:
Das abge<snip>te:
Die Anmerkungen von Janus525, finde ich interessant, besonders das anerzogene Streben nach einem vorgetäuschten Ideal (Goldohren ), ich meine damit das:
Ihr merkt, ich habe heute enorm viel Arbeit - das lässt mich immer ganz ruhig werden und Zerstreuung suchen |
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Torsten70
Inventar |
#506 erstellt: 13. Jun 2012, 06:52 | ||||
Vermutlich ist ein grosser Teil Faulheit und Unwissen. Es ist halt nett wenn man auf all die viele Fragen des Lebens ein paar einfache Antworten bekommt, die auch noch gut in ein Gesamtkonzept passen, das man sich leicht merken kann, das quasi anstrengungslos gelernt werden kann, weil alles so schön ineinander passt und sich auch für den Laien durch pure Wahrnehmung selbst erklärt. Dazu kommt natürlich, dass man sich auch die Gedanken um Selbstzweifel sparen kann, wenn es doch noch so viele Andere gibt, die genau so denken. Gegen den Strom schwimmen ist besonders anstrengend. Das macht die "kann man nicht erklären" Position auch so atraktiv. Keine Erkenntnis ist leistungsloser zu erreichen und auch so kurz und prägnant zu merken, und trotzdem ist sie die Universalantwort auf alle Fragen des Lebens. "42" für Ahnungslose sozusagen [Beitrag von Torsten70 am 13. Jun 2012, 06:57 bearbeitet] |
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sebastian1
Stammgast |
#507 erstellt: 13. Jun 2012, 08:38 | ||||
Habe mir jetzt nicht alle 24 Seiten durchgelesen aber dieses passt wohl auch ganz gut zu dem Thema. http://www.wissenschaft.de/wissenschaft/news/315672 |
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Soundy73
Inventar |
#508 erstellt: 13. Jun 2012, 10:11 | ||||
..und wieder ein Stück zur Sammlung! Danke an sebastian1 |
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THWO
Stammgast |
#509 erstellt: 13. Jun 2012, 10:49 | ||||
Weshalb können manche Menschen keine Kritik annehmen, keine Distanz oder Infragestellungen zulassen? Erweitert: Warum reagieren Manche selbst bei - aus dem Blickwinkel des Fragenden - vermeintlichen Lapalien sogar aggressiv bis gewalttätig? Viele Menschen suchen - in variierender Form und Intensität - nach Orientierung und Sicherheit. Die jeweils Halt und Rahmen gebenden "Personen" (Organisationen, Authoritäten, natürliche Personen, aber auch generelles oder kleinteiligeres Gruppenverhalten) haben dabei in den unterschiedlichen Epochen unterschiedlich starken Einfluß gehabt / ausgeübt. Manche natürlich auch mißbraucht, aber das ist ein anderes Thema. Ich halte das unverändert auf die heutige Zeit übertragbar. Natürlich sind manchmal neue Orientierungsgeber hinzugekommen, andere schwächten sich ab oder verschwanden. Man kann sich viele einzelne Gruppierungen als Orientierungsgeber / Vorbild vorstellen: High-End-Anhänger ebenso wie sich als religiös bezeichnende Gruppierungen (bitte wertfrei zu verstehen), politische Parteien oder Strömungen, sucht Euch etwas aus. Dabei sehe ich es als nahezu systemimmanent an, daß es in jeder dieser Formierungen auch Meinungsbildner, Führungspersönlichkeiten und "vorherrschende Ansichten" gibt, die diese Formierung prägend zu dem machen, was sie sind und sich von anderen unterscheiden. Die Bereitschaft eines einzelnen Individuums, sich trotz grundsätzlicher Übereinstimmung mit den Inhalten dieser oder jener Formierung auch mit interner oder gar externer Kritik und Infragestellung auseinanderzusetzen, wird wesentlich von der jeweils eigenen Souveränität und emotionalen Intelligenz abhängig sein, nehme ich an. "Unsichere Persönlichkeiten" werden hier vielleicht erheblich heftiger reagieren und fremde Gedanken abzuwehren versuchen, um sich oder ihr gerade erst gefundenes / noch zerbrechliches Leitbild (und damit ihre Orientierung / Sicherheitsbasis) nicht zu gefährden. "Unsichere Persönlichkeiten" werden als Infragestellung empfundene Äußerungen als eigene Gefährdung ansehen. "Gefestigte, reife Persönlichkeiten" können es hingegen riskieren, auch die bisher eigene gebildete Meinung zur Diskussion, einem vergleich zu stellen und anschließend sich entweder bestätigt zu fühlen oder auch bereit zu sein, an dieser Einstellung Änderungen vorzunehmen, zuzulassen. Auf den HiFi-Sektor bis hin zur Frage der "Wahr-"nehmung bezogen heißt das für mich, daß man auch hier vielleicht eine Art Sozialisierung durchläuft. Vielleicht startet man mit einfachen, kleineren Anlagen und rüstet immer weiter hoch, verbessert sich und landet irgendwann in einem zumindest deutlich überdurchschnittlichen Gesamtarrangement. Orientiert sich an Zeitschriften, in einschlägigen Fachgeschäften, auf Messen oder, sicher auch wesentlich, bei entsprechend Gleichgesinnten. So und jetzt kommen wir zu dem - auch hier im Forum - immer wieder heißdiskutierten Thema "Zubehör und Klangverbesserungen" und, mehr bezogen auf das Threadthema, Wahrnehmung insgesamt. Zum Ersteren ist es manchmal belustigend, manchmal auch erschreckend, wie emotionell Manche reagieren, wenn man einmal das Reizthema "Kabelklang" in den Teich wirft. Einige sind bereit, sich damit intensiv zu beschäftigen und auch mit nicht unbedingt der eigenen Meinung entsprechenden Überlegungen auseinanderzusetzen. Andere gehen hoch wie eine Bombe und spielen Rumpelstilzchen. Spannend wird es nun bei der Wahrnehmungsfrage. Wahrnehmung ist ein durch und durch subjektives, individuelles Ereignis, wenn ich hier einmal unterschiedliche biologische Ausgangslagen (z.B. perfekte Gesundheit oder Schwerhörigkeit, Normal-, Dick- oder Dünnleibigkeit etc) ausklammern darf. Aber bei der musikalischen Sozialisierung geht es doch schon los; ein in einem musikalischen Umfeld aufgewachsener Mensch mit vielleicht sogar geschultem Gehör wird vielleicht gänzlich anders wahrnehmen oder unterschiedliche Schwerpunkte bei seiner bewußten Wahrnehmung setzen als jemand, der sich zum Beispiel dabei gerade langweilt oder gar Widerwillen hat (vom Eigengeschmack erheblich abweichende Musikrichtung, Desinteresse). Oder den ganz andere Inhalte interessierten, wie zum Beispiel der sagenhafte Kulisse oder auch Kleidung der Darstellenden, während bestimmte musikalische Höhepunkte, die den Musikliebhaber faszinierten, gar nicht aufgefallen waren. Alles ganz subjektiv, individuell, und damit eigentlich auch jeder Kritik enthoben. Sollte man annehmen. Eigentlich. Nicht jeder wird damit fertig, das auch für Andere gelten zu lassen... Bei vorgesetzten High End - Musikanlagen wird das gleichermaßen gelten, aber auch etwas schwieriger insofern, als wir jetzt wieder näher an das Thema "Orientierung gebende Formierungen" herankommen könnten, sofern nicht jemand als wirklich bewußter Individualist sich jene Anlage gegönnt hat. Aber häufig wird man auch Andere mit guten Anlagen kennen und sich mit diesen austauschen, oder in Ermangelung solcher den Weg über ein Forum wählen. Mit der erhöhten Qualität der Anlage wird man denn auch entsprechend freudig über die tollen Klangerlebnisse berichten und wird damit Teil einer entsprechenden Formierung. Inwieweit man nun auch vermeintlichen Abweichlern oder Infragestellern zugänglich ist, wird - erneut - von der bereits beschriebenen eigenen Souveränität abhängen. Der wirklich nur auf den eigenen Genuß bezogene Musikliebhaber wird ohne Umstände ertragen (bzw. wes wird ihm egal sein), wenn jemand Anderes nicht nur generell Kritik an High-End üben, sondern sogar genau die selbst besessenen Geräte kritisieren sollte. OK, dann gefällt demjenigen Dieses oder Jenes nicht, na und? Man kann ja auch darin übereinstimmen, daß man nicht übereinstimmt. Sobald aber diese innere Stabilität fehlt und die Formierung zum Zwecke der haltgebenden Orientierung, der Sicherheit benötigt wird, wird es schwieriger. Sollte dann etwa Unsicherheit entstehen, ob man selber überhaupt "das Richtige" gedacht / empfunden / - gehört? - hat, kann das Verunsicherung auslösen, den Verlust des gewonnenen Halts bedeuten. Klar, daß das manche Leute nicht zulassen können, dürfen. Sie müssen dann entweder ausweichen oder aggressiv werden oder mangels eigener thematischer Grundlage auf Nebenschauplätze ausweichen (und ggfs. den Gegenüber angreifen, in Frage stellen, über Lächerlichmachung statt Argumente dessen Statements zu entwerten suchen). Nicht ganz zu Unrecht kann man mir nun vorhalten, hier über mehr oder weniger bekannte Allgemeinplätzchen geschrieben zu haben, das sei doch alles klar und nichts Neues. Aber wie Viele berücksichtigen das in ihrer täglichen Kommunikation? Vor diesem Hintergrund müßte man doch ausgesprochen nachsichtig mit a) Andersdenkenden, b) vermeintlich Unwissenden und c) den Rüpelhaften dieser Welt / bei der jeweiligen Thematik werden. Ich selbst arbeite daran und stelle fest, daß mir die Arbeit vermutlich kaum ausgehen wird... :-) Dazu gehört die wunderschöne Beschreibung des Wahrnehmen-Lernens, der Eigenbeobachtung (weshalb reagiere ich gerade jetzt gerade so) und auch die Selbststeuerung (z.B. bei Vorträgen, in Gesprächen). Und mit zunehmender Erfahrung und innerer Lockerheit, Bereitschaft, mich auf unterschiedlicheste Gegenüber einzulassen, mit Jedem kommunizieren, sich auf ihn einstellen "zu können" wächst auch der Genuß daran, mich selber dabei zu beobachten. Nicht immer gelingt das, aber sehr oft. Brennende Neugierde, immern Neues kennenzulernen, als Bereicherung und nicht als Bedrohung. Gruß, Till |
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Soundy73
Inventar |
#510 erstellt: 13. Jun 2012, 13:24 | ||||
Gerade bezüglich:
Stimmen wir da glänzend überein Dazu 'was lesenswertes: Selbstreflexion Für nicht-Link-Folger (oft ist's auch schwer!) zitiere ich Kernaussagen:
Das wurde jetzt mal ganz willkürlich von mir ausge<snip>pelt, sollte aber die Kernaussagen, die auch Till bereits ansprach/-schrieb, treffen. Da geht es stark um die "Persönlichkeit" - und eben die spielt wohl auch massiv eine Rolle, im Musikempfinden. Kürzliches Beispiel aus meinem Musikempfinden: Bremen Stadthalle, ich mochte irgendwie 8ausschließlich aus dem radio bekannt!) SUNRISE AVENUE hören. Irgendwie hatte mir die Stimme von Samu Haber, die hatte so irgendwas. Die eigentliche Musik, so naja - aber mal offen rangehen. Was soll ich hier schreiben? -Das war granatenstark! Ich bin ja mehr so'n (Soft?-) Rocker, was die Herren auf die Bühne zauberten, war absolut für mich gestrickt! Die PA-Installation war sauber => es klang Also Scheibe gekauft. Ernüchterung, das was der Mischling da raufgebügelt hatte, nicht zu vergleichen. Ist meine Anlage so schlecht? Andere Anlage, nee daran liegt's nicht, irgendwie alles "weichgespült", Tendenz: Kaufhausmucke - oder den ganzen Tag lang über das (wie ich es nenne) "Beatmungsgerät" Ei-Pott dudelbar. Nun wollte ich's wissen, ein Livemitschnitt aus Berlin erschien. Scheibe gekauft - und da war es wieder, das rauhe, das richtig durchgezogene... Für mich von s.a. nur noch live! Sonst steh' ich nicht so darauf, mir mit grölenden Fans aus dem Grinterhund den Hörraum zu teilen, aber was muss, muss. Ich danke für die Aufmerksamkeit, wie geschrieben, ich hab' 'ne Menge zu tun - da brauche ich Auszeiten, an 'was ganz anderes denken. |
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tsieg-ifih
Gesperrt |
#511 erstellt: 13. Jun 2012, 16:27 | ||||
Welche Sichtweise oder welchen Standpunkt jemand favorisiert, hängt damit zusammen, welche Reize von Aussen wahrgenommen werden (Stichwort: Reizüberflutung und Selektion) und WIE diese Reize über die Sinne, die man übrigens auch durch Training schärfen kann, über meist gemeinsame Nervenbahnen innen "ankommen" und dementsprechend ausgewertet werden. Gemeinsame Nervenbahnen für Auge und Ohren und andere "Sinnesleitungen" muss es geben, warum sonst würden wir einen schicken Verstärker oder einen Menschen mit schöner Stimme nicht als wohlklingend bzw. attraktiv empfinden? Ich glaube je mehr Sinne beteiligt sind und gereizt werden, um einen Gegenstand (hier: Musikgenuss) zu beschreiben, desto höher ist der Genuss und erst in der Summe objektivierbar(er), oder warum kommunizieren unsere Sinne miteinander? Sie kommunizieren nicht aus Spass, sondern es ist der uralte Lebenserhaltungstrieb und jede Sekunde werden diesbzgl. unabhängig von der Willenskraft Entscheidungen getroffen. Ich glaube diese Entscheidungen sind schon da, bevor man eine Sekunde an Gedanken verschwendet hat. Das "ich hör's doch" also ein Überbleibsel der Menschheitsgeschichte als gejagt und gesammelt wurde? Resultierend aus der Ur-Angst vor wilden Tieren und Feinden? Zur Sicherheit lieber etwas gehört als nachher tot? Wenn im Busch etwas raschelt, könnte ja ein Säbelzahntiger sein oder ein anderes Ungeheuer, Feind etc. Klar, beim Musikhören kommt es nicht auf Leben und Tot an, aber das Gehör interpretiert Töne und Geräusche vermutlich AUCH unbewusst und ist rein dem Lebenserhaltungstrieb geschuldet. Der Alleshörer also ein Allesfresser, weil er sonst verhungert Musik ist eigentlich Kunst und die Geräte unsere Sklaven, also tote Materie die durch Werbung hochgehypt werden um überhaupt noch eine 100 Jahre alte Grundtechnik verkaufen zu können und in der Kunst gibt es kein richtig oder falsch sonst wäre es keine Kunst. Ist doch keine Kunst das zu verstehen oder? In dem Zusammenhang läuft z. Z. die Documenta in Kassel, dort wird versucht Kunst und Physik miteinander zu verschmelzen. Ganz nett. Manche würde sagen es ist doch umgekehrt, jeder Sinn hat seine eigene spezielle Aufgabe. OK stimmt, aber wozu dann gemeinsame Nervenbahnen und eine gemeinsame Verarbeitung im Gehirn als Endergebnis wo zwecks Analyse der gesamten Eindrücke alles mögliche gesammelt wird und zur Auswertung letztendlich zusammenkommt und uns sagen was für ein Ding das ist? In der Natur gibt es für alles seinen Grund. Ich halte es als Misanthrop und "ausgelernter Optimist" ähnlich wie Schopenhauer - es existieren nicht nur äussere, sondern auch innere Ursachen, mit der wir die Welt (hier die Musik) über unsere Sinneseindrücke übermittelt bekommen, heisst wir führen unsere Welt mitunter AUCH auf unsere inneren Ursachen zurück und erst dadurch geben wir der Welt die Form. Darum kann ich auch etliche verstehen, die sich mit anderen Menschen wegen der Eindrücke, die beim Musikhören entstehen, gemeinsam austauschen wollen. Nichts weiter als auf der Suche nach individuellen Referenzen und zwischenmenschliche Ähnlichkeiten und keine technischen, die sowieso nicht abänderbar sind und hier machen wieder etliche einen Generalfehler. Die anderen Foren wo physikalische Gesetze mit Füssen getreten werden, nur um eigene (Wert)Vorstellungen den Vorrang zu geben, gehören auch zu unseren Realitäten, sind aber wissenschaftlich gesehen nicht beständig. Die Vorstellung oder Einbildung ist nach Schopenhauer die weltbildende Kraft unseres Verstandes und genau das ist das Problem. Das kleine Gedankenexperiment von mir, ob es innerlich genauso viel Unendlichkeit geben könnte wie äusserlich, zeigt auf, wie unser Bewusstsein doch ganz gut funktioniert. Das Bewusstsein in der Basis kann sich nicht selbst einfordern, denn es funktioniert unbewusst (vielleicht eine Ausrede weil man sonst keinen Anfang findet?), sonst wärs unendlich, na ja vielleicht ist es unendlich weil es unbewusst ist? Ein audiophiler Alleshörer hört die Welt nur anders als ich, weil er glaubt bessere Sinne zu besitzen. Sein Zugang zur eigenen Interpretationsfähigkeit der Sinne, die im Kopf zusammenkommen, unterscheidet sich also. Ich kann genauso gut ein Genussmensch sein, nur weiss ich aufgrund meiner Erfahrung auch, dass Genuss nicht reproduzierbar ist, allgemeingültig schon gar nicht, es ist immer nur für den Moment und jedesmal relativ anders. Eine Schokolade schmeckt bei Zahnschmerzen anders, ein kaltes Bier schmeckt bei 30 Grad etwas besser als bei Minusgraden, im Übrigen Geschmacksache .. Beim Highender ist das vielleicht so, dass irgendwo, irgendwann etwas "spannendes" (auch wenn's technisch nicht korrekt ist) gelesen wurde, das hat sich im Kopf festgefressen und beeinflusst auf neuronaler Ebene die Gedanken bzw. das Gedächtnis beim Musikhören. Also Information als Störfaktor besonders wenn die Information nicht stimmt, womit wir wieder bei der Ausgangsfrage wären: richtig oder falsch? Ich habe auch Gedanken beim Musikhören, das Abschalten und Entspannen bedeutet ja nicht gleich hirntot. Die Empfindungen schwanken immer hin und her, ist also täglich anders. Zwischen meinen Lautsprechern ist ein Fenster mit einer schönen Aussicht was mich manchmal inspiriert und Ruhe einkehrt. Manchmal macht man auch in Ruhe Krach wenn die Laune es erlaubt. Abends wenn es dunkel ist, werden manchmal die zwei farblich einstellbaren fernbedienbaren LED-Globes zwecks gemütlicher Umgebung und visueller Genusssteigerung eingeschaltet. Es ist tatsächlich so dass ein Rotton bei mir einen wärmeren, weicheren Klang suggeriert. Ich habe von Haus aus einen neutralen Klang. Manchmal stört mich wenn dann plötzlich das Telefon klingelt, die Tür geht aufeinmal auf, "kannste mal paar Kopien für die Schule machen" das natürlich immer dann, wenn ich meine Ruhe haben will und gerade beim "Soundduschen" bin. Meine persönliche Zielsetzung beim Musikhören ist sehr divergierend und unterscheidet sich nach Laune, Wetter und tausend anderen Sachen und von Inspiration und Ruhe bis Krach zur Besinnungslosigkeit ist alles möglich, manchmal mit und manchmal ohne Erwartungshaltung. Ich kann dazu einfach keine einheitliche Aussage machen. Wenn ich an der frischen Luft spazieren gehe, komme ich auch auf andere Gedanken und meist auf bessere. Aber solange ich nicht gestört werde, was in einer Familie manchmal naturgemäß vorkommen kann, ist für mich Musik hören wie das tägliche Brot. Tja und weil Essen auch existenziell ist, gibt es bei Musikentzug auch Entzugserscheinungen Mozart hatte mal auf die Frage geantwortet, woher seine Intuition wohl käme und was er so beim Komponieren so denkt geantwortet, er sähe "pissende Säue" vor seinem geistigen Auge und solange die pissen ginge das Komponieren wie von selber .. na ja soo schlimm ist es bei mir dann doch nicht |
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pinoccio
Hat sich gelöscht |
#512 erstellt: 13. Jun 2012, 18:17 | ||||
Genau das tut (mMn) auch der gemeine High-Ender. Musik* als Kunst ist ja "nur" auf dem Tonmedium gespeichert. In gewisser Weise würde ich sogar behaupten, zählt das Erzeugen des Inhalts vom Tonmedium (das physisch nicht vorhanden sein braucht) auch zur Musikkunst. Der Inhalt des Mediums kann daher sogar eine eigene Kunstform sein. Einfluss auf den Inhalt nehmen daher nur Künstler oder Tonschaffende und das "musikalische Ergebnis" liegt unabänderlich vor - für immer. Als Künstler oder Tonschaffender findet man es dann gut, wenn es auch nur so, in dieser Bandbreite, "konsumiert" wird. Da "High-Ender" in eine passive Rolle der Reproduktionszuhörer gedrängt werden, ist ihnen das vlt. zu wenig und mit allerlei Gewastel möchten sie Einfluss auf diese Kunstform "Musik" nehmen. Damit wird das Geraffel aber auch das Tonmedium auf einmal "aktiv musikalisch" - heißt: mit Gewastel und Ritualen nehmen SIE aktiv an der künstlerischen Musikgestaltung teil und können ihre Musikalität und Sensibilität sich selbst und der Welt mitteilen. Dass damit totes Geraffel beseelt wird, versteht sich von selbst, denn das tut irgendwo auch der Musiker mit seinem Instrument oder das Kind mit seinem Teddy. Irgendwann gelingt dann die Trennung zwischen Physik, Akustik, Musik, totem Geraffel und eigener Subjektivität nicht mehr. In Foren kracht dann dieses Selbstbildnis erstmal zusammen und "man" sucht nach Auswegen, in dem man halt die komplette oder alle Wahrnehmungen (@ Janus] als gewollt pusht und alles noch weiter zusammenmixt bis am Ende keiner mehr weiß, über was man eigentlich redet. Ich will hier nicht falsch verstanden werden, denn ich halte das für normal. Schwierig werden Diskussionen immer, wenn diesbezügliche Selbstreflektion fehlt - oder durch jahrelange Indoktrination "High-End ist für den Musikliebhaber" stattgefunden hat. "High-End"-Werbung zeigt nicht auf Akustik, nicht auf Technik o.ä., sondern sie spricht Musikalität an. Hier komme ich dann wieder zu oben: das tote Gerät wird musikalisch und beseelt - sogar bevor es gekauft und dann auf dem eigenen Hifialtar steht. Ein totes Ding kann aber nicht beseelt werden (egal mit welchen Voodoogebimsel), das Gerät zieht es sich aus dem Alltag und kann daher auch nicht mehr so schnell entfernt werden. Änderungen am Setup sollten eigentlich Klangänderungen oder klangliche Unterschiede bedeuten, aber das wird selten so genannt. Man nennt es schlicht und einfach "Klang" bzw. "Ich bin mit dem Klang von Gerät XYZ zufrieden" und nicht "ich bin mit der Klangänderung" zufrieden. Ich finde das immer entlarvend, denn eigentlich meint man damit nicht unbedingt die Musik, sondern hauptsächlich das Gerät, dass man selbst ausgesucht hat - nach angeblichen Geboten von eigenen Ohren und angeblichen musikalischen Kriterien. Um etwas ON zu werden: Über Musik bzw. Musikwahrnehmung als solche zu reden, die (auch) über Hifikram reproduziert wird, ist mMn deshalb schwierig. Durch die beschriebenen Vermischungen halte ich es sogar für unmöglich. Daher auch mein Sternchen bei Musik * Ich tue mir hier etwas schwer, um nur bei Musik zu bleiben, denn wenn man Tonmedien (ob physisch vorhanden oder nicht) bzw. deren Inhalte als eigene Kunstform schätzen kann, kann man mE auch erkennen, dass nicht immer nur Musik als Inhalt gespeichert sein muss. Im Hinblick auf Fieldrecordings, Soundscapes deren Abwandlungen usw. usf. etc. Ich finde die Bez. "Musik" schlicht schon falsch, wenn es _auch_ um Hifireproduktionen geht. Für mich dürfen "Musik live erleben" und "Hifirepro erleben" 2 verschiedene Welten sein, die sich selbstverständlich auch überlappen können, aber nicht müssen. Gruss Stefan [Beitrag von pinoccio am 13. Jun 2012, 18:44 bearbeitet] |
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Jenny4
Stammgast |
#513 erstellt: 13. Jun 2012, 19:39 | ||||
Hej Leute, danke! Jetzt geht's mir wieder gut, und ich kann dem nur zustimmen:
Vernünftigeres folgt am Wochenende! |
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2eyes
Inventar |
#514 erstellt: 13. Jun 2012, 22:47 | ||||
Was inhaltliches folgt schon jetzt! Listening in on the listening brain stammt aus Physics Today Juni 2011 und zeigt, wie "The measured response of the auditory brainstem to complex aural stimuli does more than reveal hearing acumen. It also gives insight into how experience molds the perception of sound." Als Zugabe gibt es drei Hörbeispiele, wie sich ein akustisches Signal anhört, wenn man es als Reizimpuls im Hirnstamm abnimmt und wiedergibt. Die Website von Physics Today bietet die Möglichkeit, den Artikel in ein PDF umzubauen. Ich erlaube mir mal, dieses PDF für eine gewisse Zeit als Download von meiner Website anzubieten. |
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Jenny4
Stammgast |
#515 erstellt: 14. Jun 2012, 05:47 | ||||
Zur Erklärung des Zusammenhangs zwischen "persönlicher Meinungsäußerung", Sozialisation und dem Umgang mit "Abweichlern und Fragestellern" eignet sich sehr gut die Theorie der sozialen Systeme des Bielefelder Soziologen Niklas Luhmann. Dieses Forum bietet dazu fantastisches Material, wenn man jeden Thread als ein eigenen soziales System (wie ein "Biotop") betrachtet. Luhmanns Regeln sind daran außerordentlich gut nachvollziehbar; es sind Regeln nicht im Sinne von Vorschriften, sondern Beschreibungen von sozialen Regelungsvorgängen. Durch die besondere Kommunikationsform in diesem Medium - schriftlich, zitierbar, zeitlich lineare Abfolge der Beiträge, hoher Anteil an Metakommunikation - sind sogar Vorhersagen und deren Überprüfung möglich, etwa zur Frage "wer wird sich auf welchen Beitrag vermutlich wie beziehen"? Es dauert immer eine Weile, bis sich ein neu entstandenes soziales System so stabilisiert hat, dass es durch Störungen aus der relevanten Umwelt nicht ohne Weiteres zerstört oder "geschluckt" werden kann. Diesen Zustand könnten wir in diesem Thread gerade eben erreicht haben. Für unsere Musik-Wahrnehmungs- und Hirn-Verdrahtungsfragen sind wir gerade in einem Brainstorming, welche Parameter wir für relevant erachten. Im weitesten Sinne geht es um die Frage, was wir (=Threadteilnehmer) gelten lassen. Spannend! [Beitrag von Jenny4 am 16. Jun 2012, 16:26 bearbeitet] |
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Soundy73
Inventar |
#516 erstellt: 15. Jun 2012, 05:41 | ||||
Ich danke Jenny mal wieder für die moderierende Fokussierung. Parameter, damit meinst du wahrscheinlich nicht technischer Art? Denn die wurden, bisher unwidersprochen, im "Verstärker-Thread" fixiert. Das heißt, was "man" so aus technischer Sicht hört, ist relativ klar. Schwieriger und das ist wohl Hintergrund dieses Threads, ist das was passiert hinter dem "Schwingungsaufnehmer" |
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THWO
Stammgast |
#517 erstellt: 15. Jun 2012, 07:56 | ||||
Nach meinem Verständnis gehört die rein technische Betrachtung tatsächlich nicht hierher, auch wird angesichts der bisherigen Entwicklung der Beiträge in diesem Thread auch nicht die rein biologische Technik an sich gemeint sein, sondern vielmehr das gesamte Thema um die subjektive Aufnahme der Umwelt - Beispiel Musik - (und unbewußt auch der Umgebung?) und deren subjektive Bewertung. Ich möchte gerne noch ergänzen: Zum jeweiligen Zeitpunkt und der momentanen indivduellen Befindlichkeit. Zu dem gewichtigen Teilpunkt der eigenen Sozialisation, die ich grundsätzlich für ausschlaggebend halte, zähle ich aber auch den bislang noch nicht so ausführlich diskutierten Aspekt der emotionellen Tagesverfassung. Manchmal "brauche" ich etwas richtig Heftiges, Deftiges und fühle mich dann abreagiert, entspannter, an anderen Tagen würden mir zu aggressive Musik, zu hohe Lautsärken auf die Nerven gehen. Manchmal freue ich mich über eine leise Hintergrundbeschallung bei der Arbeit, häufig stelle ich irgendwann fest, daß sie mich dann doch stört, vor allem wenn ich konzentriert arbeiten muß. Das Gehirn wie ein Computer - Multitasking im Sinne von gleichzeitiger Ausführung von Tätigkeiten gibt es sowieso nicht, sondern nur in unterschiedlich kurzen Zeitintervallen (Trainingsfrage) ineinander vertaktete Abläufe - offensichtlich verlangsamen sich einzelne Abläufe, je mehr solcher Vertaktungen ablaufen. Ebenfalls interessant, die unterschiedliche Art und Intensität des Wahrnehmens an sich. Wie lange höre ich aufmerksam, bewußt, und genau hin, wann stellt sich mein Gehirn auf Durchzug und läßt die Musik an mir vorbeigleiten? Auch dieses schwankt, auch bei gleichem Musikstück. Eine Frage des gerade aktuellen Interesses? M.E. voll vergleichbar mit der Situation, die ich bei meinen Vorträgen und in Diskussionsrunden vorfinde. Immer wieder spannend: Wann schalten Leute ab, wann (und wie durch mich evtl. beeinflußt) sind sie voll dabei, wie lange halten sie durch, wie sehr kann ich in die Tiefe gehen und wer bleibt bis zuletzt dabei? Till [Beitrag von THWO am 15. Jun 2012, 07:59 bearbeitet] |
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2eyes
Inventar |
#518 erstellt: 15. Jun 2012, 09:40 | ||||
Hier würde ich gern noch etwas ergänzen zum Aspekt der "Aufmerksamkeit" beim Wahrnehmen. Wahrgenommen wird immer aus einer Erwartungshaltung heraus. Selbst wenn hier jemand etwa schreibt "Ich war völlig überrascht, mit dieser Klangänderung hatte ich überhaupt nicht gerechnet", heißt das nicht, dass er neutral an die Sache herangegangen ist, weil er ja von der möglichen Wirkung nichts wissen konnte, sondern: Er hatte damit gerechnet, dass sich nichts ändern würde. Diesen Aspekt muss man sich immer vor Augen halten. Wahrnehmung kann nicht nur nicht objektiv sein, sie kann auch nicht erwartungsneutral sein. Ja, sie kann nicht einmal wertneutral sein. Denn alles, was unsere Aufmerksamkeit weckt (von echten Gefahren mit Fluchtreflex mal abgesehen), wird von unserer Neugier zuerst einmal positiv bewertet. Deshalb ergeben ja z. B. Kabeltausch und Aufstellen von Klangschälchen deutlich mehr positve Kommentare (hat sich verbessert) als negative (wurde schlechter). Eine neue Anlage - oder auch nur Komponente - ist so lange "besser" als der vorhergehende Zustand, wie sie unsere Aufmerksamkeit durch "Anders sein als vorher" fesseln kann. Wenn sie nur noch unsere Erwartungshaltung bestätigt, also "langweilig" wird, muss was Neues her. Das ist zugleich der Fluch und Segen unserer Wahrnehmung. Echte Lust im Hirn machen nicht die bereits vorhandenen Verdrahtungen, sondern die, die wir täglich neu hinzufügen können. |
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Soundy73
Inventar |
#519 erstellt: 15. Jun 2012, 10:31 | ||||
Ich kann die Beobachtungen von Till exakt so unterstützen, geht mir genauso. Gegen die Thesen von Rudolf jedoch, rebellieren meine Holzohren. Was nicht technisch, physikalisch - wenn auch sehr konstruiert - erklärbar ist, passt erstmal nicht in mein Weltbild. Dadurch sinkt meine darauf gerichtete Aufmerksamkeit, oder bestenfalls widerlege ich "Spökenkiekerkroms". Doch auch das spiegelt - und damit gehen wir also konform - eben meine - Erwartungshaltung wieder Beispiel zur "Spökenkiekerei": cloudbuster |
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Jenny4
Stammgast |
#520 erstellt: 15. Jun 2012, 11:07 | ||||
Du sprichst hier die Konzentrationsfähigkeit und die Aufmerksamkeitsspanne an. Eine wichtige Rolle spielt auch, welchen Bezug zum Zuhörer es gibt. Der Thread über die "Ehrlichkeit" von Musik hat das sehr schön herausgearbeitet - dort gibt es zahlreiche Beispiele, was Menschen an bestimmte Musik fesselt. Authentizität wurde hoch bewertet, das gilt für Musik wie für Redner. Konzentrationsfähigkeit ist eine Ausprägung von Begabung, die in IQ-Tests auch gemessen wird. Hohe K. korreliert mit einem hohen IQ, insbesondere wenn die K. über einen langen Zeitraum erhalten bleiben kann (= lange Aufmerksamkeitsspanne). Natürlich können Hochbegabte extrem ablenkbar und irritierbar (hoch sensibel) sein, aber sobald ein Thema oder eine lustvolle Aktivität für sie relevant ist, können sie überdurchschnittlich gut und lang darauf fokussiert bleiben. (Mehr dazu siehe Brackmann, Buch am Threadanfang). Ja, die Tagesform, die Stimmung und das Interesse beeinflussen die Konzentrationsfähigkeit und die Aufmerksamkeitsspanne sehr. Empfehlung: Torkel Klingberg, Multitasking. Es geht dort um Gehirnforschung, Arbeitsspeicher (Hippocampus, wieder mal!) und deren Trainierbarkeit. Im Zusammenhang mit Intelligenz ist wichtig: Unter denselben Bedingungen (ausgeschlafen, motiviert, etc.) können überdurchschnittlich Begabte sich besser und länger konzentrieren, vorausgesetzt, sie haben Interesse am Thema bzw. an der Musik. Ich würde diese beiden Merkmale, Konzentrationsfähigkeit und Aufmerksamkeitsspanne, gerne in die Liste der relevanten Parameter aufnehmen, wenn ein Modell für neuronale Prozesse bei der Musikwahrnehmung entwickelt wird. |
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THWO
Stammgast |
#521 erstellt: 15. Jun 2012, 11:34 | ||||
Rege an, auch den Einfluß aktueller Verfassung (Stimmung, bewußt / unbewußt) einzubeziehen. Vielleicht findest Du einen passenderen Titel für das, was ich meine. Aber Musik, Rhytmus, Lautstärken, die mich heute nerven, aber gestern begeistert haben, müssen z.B. nicht eine Frage der aktuellen Konzentration (-sfähigkeit) oder des momentanen Interesses sein. Grad eines Erschöpfungszustands im weitesten Sinne? Scheint es auch nicht vollständigf zu treffen. Ich könnte hellwach sein, ohne daß mir dieses Stück oder jene Art von Musik dennoch heute gefallen muß. Ein weites Feld, herrlich! Gruß, Till |
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2eyes
Inventar |
#522 erstellt: 15. Jun 2012, 11:55 | ||||
Wie kommst Du darauf, dass das nicht wissenschaftlich (ist ja nur Biochemie) erklärbar sein soll? Zugegebenermaßen fehlen sicher noch ein paar Jahr(zehnt)e, bis man Genaueres weiß - muss ja nicht alles gleich heute sein. Es könnte dabei aber herauskommen, wie sehr wir die "Sklaven" unserer Neuronen sind - und nicht deren "Herren". |
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Jenny4
Stammgast |
#523 erstellt: 15. Jun 2012, 13:13 | ||||
Wir sind die Systemadministratoren unserer Neuronen. |
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Soundy73
Inventar |
#524 erstellt: 15. Jun 2012, 14:40 | ||||
@2eyes, ich meinte dat Dingens mit den Klangschälchen und so'nen Zinnober, Rudolf. Aus Klangschälchen futtert allenfalls unser vierbeiniger Modenabsorber |
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tsieg-ifih
Gesperrt |
#525 erstellt: 15. Jun 2012, 14:55 | ||||
Ja auf jeden FAll! Es ist wie mit den Genen, falls der Vergleich gestattet ist. In den Neunzigern haben sich ein paar beteiligte Forscher ganz schön blamiert, als sie ein Diktator- oder Krieger-Gen, Sucht-Gen und sogar ein Schwulen-Gen gefunden haben. Es hätte nicht länger gedauert, dann wäre auch das "Audiophil-Gen entdeckt worden Natürlich war in gewissen Kreisen der Aufschrei gross und man wollte sofort behandeln .. Trotz intensiver Suche wurde aber nix gefunden. Es ist also nicht so, als wären wir alle Unschuldslämmer unserer eigenen Genen. Gene sind für mich in dem Kontext langfristig gesehen und Neuronen und das übrige Gesockse im Gehirn auf kurzfristiger Ebene erklärbar. Eher ist das so, dass die UMWELT und soziale Umfelder auf unsere Gene, Neuronen usw. massiven Einfluss ausübt (die sich sogar darum besonders in den jungen Jahren verändern können) und somit auf unser Verhalten einwirkt bis wir irgendwann beim Musikhören einschlafen und nicht mehr aufwachen .. Die Lernfähigkeit und Gedächtnis sind also wichtige Regulatoren für unsere Gene und unser Verhalten. Ich sage das darum, weil es Quatsch ist, alles sei uns in die Wiege gelegt worden und wir wären Sklaven unserer eigenen Gene und Neuronen, nur weil sich dahinter bei manchen die Vorstellung verbirgt, man könne sich nicht selbst ändern. Das Soziale, das Kulturelle, die Religionen und Beziehungen zu Mitmenschen in Verbindung mit dem eigenen Ehrgeiz und Selbstbewusstsein wirkt wie ein Pfeil von aussen nach innen und bestimmt unser Verhalten und darum gibt es weder ein Verhaltensgen noch irgendwelche fremdgesteuerte Neuronen, wir steuern uns quasi selbst und verändern die Art und Weise wie Gene und Neuronen in uns arbeiten. Im häuslichen Bereich heisst dass, wenn aus einem Anlass heraus (oder einfach nur so ohne Grund) Musik gehört wird, Millionen Neuronen schon vorher als "Erwartungshaltungsneuronen" im Kopf bereits bei "Fuss stehen". Andere Neuronen werden dabei eingeschaltet bzw. ausgeknipst, wobei aufgrund einer neuen schönen Melodie (oder neuen unbekannten CD) wie bei einem Schneeballeffekt Millionen neuer Neuronen als "Sprung-Antwort" entstehen können, die sich aufgrund gemeinsamer Nervenbahnen in verschiedenen Hirnbereichen abspielen wo alle Reize zusammenkommen. Die Musik kommt zwar aus den Boxen, spielt sich aber letztendlich im Kopf ab - da kann sich das ganze Hifi-Forum auf den Kopf stellen, aber ich weiss, dass diese nicht gerade neue Erkenntnis von ernst zu nehmenden Teilnehmern nicht abgestritten wird. Das Ganze wird dann soweit wie möglich im Gedächtnis unter "Geräusche und Fluchtreflex" abgespeichert und hilft uns (also dem Gehirn) später, falls erforderlich, aufgrund der neuen sozialen Erfahrung (hier Musikaufnahme) auf veränderte Umweltbedingungen einzustellen. Ich sagte ja bereits dass alles in der Natur einen Grund haben muss. Darum kann uns eine bestimmte Melodie ein lebenlang prägen (oder auf die Nüsse gehen) und wenn wir diese Melodie hören, diese wieder wie bei einer Stromschnelle physiologische Veränderungen auslösen, wie z.B. wie kann ich headbangen ohne Kopf- und Nackenschmerzen zu bekommen? [Beitrag von tsieg-ifih am 15. Jun 2012, 14:57 bearbeitet] |
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pinoccio
Hat sich gelöscht |
#526 erstellt: 15. Jun 2012, 18:15 | ||||
Ich kann mich mit dem Gedanken weniger anfreunden... Obwohl es einiges erklären würde |
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Jenny4
Stammgast |
#527 erstellt: 15. Jun 2012, 19:36 | ||||
Ach so. Und von wem lässt Du Dein Hirn verdrahten? Oder hast Du eine auf Reflexen basierende Software? |
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2eyes
Inventar |
#528 erstellt: 15. Jun 2012, 21:39 | ||||
pinoccio
Hat sich gelöscht |
#529 erstellt: 15. Jun 2012, 23:29 | ||||
Ich glaub, mit dieser Interpretation hast nicht ganz unrecht |
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2eyes
Inventar |
#530 erstellt: 16. Jun 2012, 07:54 | ||||
Natürlich können es nur wir selber sein, die unser Hirn verdrahten. Aber: Wie nehmen wir diese Verdrahtung wahr? Womit haben wir sie unter Kontrolle? Was unterscheidet sie von unserer Verdauung? Da kontrollieren wir auch nur, was wir oben reinschieben, und sehen irgendwann, was unten rauskommt. Die bloße Tatsache, dass sich bei unterschiedlichem Input unterschiedlicher Output ergibt, bedeutet noch lange nicht, dass wir da irgendwas beherrschen. |
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Jenny4
Stammgast |
#531 erstellt: 16. Jun 2012, 11:43 | ||||
2eyes schrieb:
Darauf bin ich oben schon mal eingegangen, vielleicht hast Du's übersehen : Wie funktioniert Bewusstsein auf neuronaler Ebene? ...oder aber Dir fehlt der alltagspraktische Zusammenhang, was ich gerne nachreiche: Wir können uns ja z. B. beim Musikhören entscheiden, ob wir hin-hören oder nicht, wie es Du ja selbst unter den Stichworten "Aufmerksamkeit beim Wahrnehmen" und "Erwartungshaltung" berücksichtigt hast. Diese Entscheidung: Worauf richten wir unsere Wahrnehmung, welche Bedeutung verleihen wir dem, was wir wahrnehmen, und wie konstruieren wir unsere Wahrnehmung (z. B. indem wir von vorn herein ein Bewertungsraster aufstellen, an dem das Wahrgenommene gemessen wird)? Dieser Prozess beeinflusst ganz konkret das Wachstum von Neuronen. Esch sagt (im Original englisch): "neurons that fire together, wire together". Das heißt, wenn wir z. B. unsere Wahrnehmung stark auf Fehler und Störungen richten, solche dann auch finden und uns damit unglücklich oder genervt fühlen, dann steuern wir die Neuroplastizität unseres Musikwahrnehmungssystems in Richtung "Fehler hören und ärgern". Unter dieser negativen Selbstkonditionierung leiden die HiFi-Fans, die mit ihrer Anlage nie zufrieden sind. Ich habe mich in den letzten 10 Tagen einem mehr oder weniger freiwilligen Selbstversuch unterworfen: Die erste John Watts Iceberg Model CD hatte technisch bedingte Fehler, pro Lied 1-2 deutlich hörbare Aussetzer, weil Daten fehlten. Trotzdem habe ich sie am Tag zwei bis drei Mal gehört. Irgendwann - und das war mir bewusst - habe ich auf die "Hopser" gewartet. (Noch heute kann ich mich an den Kratzer erinnern auf dem Stones-Album Flowers in Ruby Tuesday bei meinen Eltern!) Die Fehler gehörten zum Hörerlebnis dazu. Ich hatte keine Lust, mich davon nerven zu lassen, weil ich wusste, ich kriege die CD demnächst fehlerfrei, und habe mit einem gewissen Amüsement gespürt, wie jedes Mal ein kleine Adrenalinkick kam, der übrigens besonders stark war, wenn mein Mann auch zuhörte. Ich wusste nämlich, dass es ihn nervt. Aber ich hatte unter Kontrolle, ob ich mich davon auch nerven lasse, oder ob ich meine Wahrnehmung weiterhin darauf richte, dass ich diese CD gerade dauernd hören und genießen will. Ich habe dem Adrenalinkick meine eigene Bedeutung zugewiesen: Diese "Enttäuschung" meiner Hörerwartung (weil das musikalische Muster unterbrochen war) hat nämlich auch die Aufmerksamkeit für die Musik verstärkt, und das hat den Genuss verstärkt. Durch Bewusstsein habe also ich meine Wahrnehmung und auch ihre Verdrahtung ein gutes Stück unter Kontrolle. Nun habe ich dieselbe Musik ohne Fehler. Und natürlich war das Muster wieder gestört: Jetzt fehlen sozusagen die Fehler. Ich finde das lustig, ich erwarte sie immer noch an bestimmten Stellen, aber die Aufnahme passt halt jetzt. Das erhöht wiederum die Freude an der Musik. Bin gespannt, wie lange es dauert, bis sich der Effekt abschleift. Beantwortet das Deine Fragen? Welche Antwort gibst Du Dir selbst darauf? |
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Mimi001
Hat sich gelöscht |
#532 erstellt: 16. Jun 2012, 13:38 | ||||
Passt zu einem Buch, welches ich grade lese: Eagleman, David ( 2012): Inkognito - Die geheimen Eigenleben unseres Gehirns. Frankfurt a. M.. Eagleman beschreibt hier leicht verdaulich, dass wir meistens von den uns unbewußten Aktivitäten unseres Gehirnes gesteuert werden.
Das ist relativ ungenau formuliert, denn nicht hinhören geht eigentlich nicht. Wer einmal eine (tagelange) Aufmerksamkeits- und Konzentrationsübung, wie etwa das Vipassana, gemacht hat, der hat eine Vorstellung wie unbewußt wir doch eigentlich sind. [Beitrag von Mimi001 am 16. Jun 2012, 14:20 bearbeitet] |
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THWO
Stammgast |
#533 erstellt: 16. Jun 2012, 13:46 | ||||
Unser frühhistorisches Alarmsystem ist auf das sofortige Registrieren von Abweichungen programmiert. Auf solche Vorkommnisse reagieren wir mindestens mit erhöhter Folgeaufmerksamkeit. Erklärt auch den kleinen Adrenalinkick beim Knackser ebenso wie bei dessen Ausbleiben *). Es wurde auch nachgewiesen, daß z.B. ein nächtliches Störgeräusch für sehr kurze Zeit die gesamte Hör- und Aufmerksamkeitsfähigkeit (gedrehtes Wort, T´schuljung) weit über das Normalmaß "aufgederht" werden kann. Unabhängig davon kann man natürlich auch als bewußte Steuerungsmaßnahme entscheiden, wie aufmerksam man zuhören möchte. Insgesamt bin ich der Meinung, daß wir sowohl selber über die Verdrahtungsintensität im Hirn entscheiden, indem wir diese über unser Handeln steuern, d.h. durch Reize trainieren und fördern, als auch durch unbewußte Abläufe, die durch unsere Sozialisierung und Reptiliengehirn erfolgen (insgesamt die Lebensumstände). Mit Sicherheit sind wir nicht durch bewußtes Handeln allein "Herr" (Frau...) über unsere neurologische Vernetzung. Aber wir können sehr entscheidend etwas für diese tun, das ist unbestritten. Gruß Till *) Geht mir exakt so mit meinen wunderbaren alten Genesis-Platten, nachdem ich mir ein paar CDs nachgekauft hatte - abgesehen auch von derem sterilerem Klangempfinden. |
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2eyes
Inventar |
#534 erstellt: 16. Jun 2012, 19:58 | ||||
Ihr macht mich arm! Muss jetzt schon wieder Bücher kaufen. Und die wollen dann ja auch gelesen sein ... Aber im Endeffekt liegen wir nicht soo weit auseinander. Einerseits wird klar, dass wir unsere Wahrnehmung steuern und konzentrieren können. Und damit die Chance auf echten Wissensgewinn und Lebensgenuss haben. Andererseits muss unsere Wahrnehmung nicht zwangsläufig die objektive Realität widerspiegeln - wenn wir (unbewusst) lieber etwas anderes sehen, hören, riechen, schmecken oder ertasten möchten als wirklich da ist. Es gehört manchmal ein gehöriger Teil Selbstreflexion und -kontrolle dazu, um unsere Erkenntnis (das, was wir als verallgemeinernde Schlüsse aus unseren Wahrnehmungen ziehen) aus den Fängen unserer Voreingenommenheit und unserer Wunschvorstellungen zu befreien. |
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pinoccio
Hat sich gelöscht |
#535 erstellt: 16. Jun 2012, 20:16 | ||||
Das Gehirn macht sich höchstens lustig über "uns"....
Interessant seine Sätze zu Neurowissenschaft und Rechtssprechung http://de.wikipedia....n_und_Rechtsprechung In Verbindung mit > klick < bin ich echt mal auf zukünftige gesellschaftliche Diskussionen gespannt und wie weit man in der Lage ist "Genoismus" zu unterbinden... (viel Hoffnung hab ich da jedoch nicht) Gruss Stefan [Beitrag von pinoccio am 16. Jun 2012, 20:19 bearbeitet] |
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Mr._Lovegrove
Inventar |
#536 erstellt: 17. Jun 2012, 06:24 | ||||
Ich muß zugeben, daß ich diesen Thread nur noch mit einem Auge verfolge, da mich diese recht nüchterne Faktenhuberei weniger interessiert. Ich möchte aber mal wieder ein rein emotionales Beispiel für "seltsame" Rezeptionsergebnisse geben. Ich habe mir letztens folgende CD gekauft und sogleich auf dem Weg zur Arbeit angehört: Auf der 2. CD sind die "Songs of farewell" von Delius drauf. Ein orchestral Chorwerk aus der englischen Romantik. Was nun in mir passierte, hatte ich so noch nicht erlebt. Das Chorwerk ergoss sich in seinem vollen Schwülst in meinem Hirn. Ich bekam ob der doch großartigen Atmosphäre eine ganzkörperliche Gänsehaut und mein Herz war angetan von diesen sehnsüchtig- dramatischen Stücken voller Pathos. Doch mein Hirn hat völlig konträr reagiert und cih empfand die Musik GLEICHZEITIG und PARALLEL als schwülstig, kitschig, übermäßig süß und einfach schrecklich albern. Ich habe das Werk fast zu Ende gehört, aber diese emotionale Parallelität setzte sich weiter fort, bis das Gehirn dann doch an Oberhand gewann und ich das Werk abschalten mußte. Es entwickelte sich nicht weiter, sondern blieb schrecklich kitschig. Fast so wie die Musik eines schlechten Piratnefilmes der 50er. Dennoch ein erstaunliches Erlebnis....Ich werde es mit dem Werk nochmal versuchen und schauen, ob es so nochmal passiert oder ob nun Herz oder Hirn Oberhand gewinnen. |
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Mimi001
Hat sich gelöscht |
#537 erstellt: 17. Jun 2012, 09:42 | ||||
Hi, das klingt in dem zitierten Buch auch schon an und ich habe damit so meine argen Probleme... |
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pinoccio
Hat sich gelöscht |
#538 erstellt: 17. Jun 2012, 10:06 | ||||
2eyes
Inventar |
#539 erstellt: 17. Jun 2012, 10:58 | ||||
Ich finde,diese "Seltsamkeit" passt hervorragend in den aktuellen Diskussionsstand. Dein Erlebnis kenne ich in ähnlicher Form auch. Man weiß genau: Diese Musik ist einfachst gestrickt, zusammengeklaut, da passiert nie was neues - aber man badet darin wie in einer Wanne voll Schokolade und lässt es gern wohlig den Rücken runter schauern. Und das ausgerechnet mit Weihnachtsliedern Ein Beispiel für mich: 2000 Miles von den Pretenders. Man schämt sich intellektuell für Chrissie Hynde, dass sie so ein Zeug zusammenschreibt, aber es wirkt! Offensichtlich können wir unsere emotionalen und intellektuellen Ebenen weit auseinanderspreizen, ohne dass es weh tut. |
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Jenny4
Stammgast |
#540 erstellt: 17. Jun 2012, 11:00 | ||||
Yesss! |
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tsieg-ifih
Gesperrt |
#541 erstellt: 17. Jun 2012, 13:14 | ||||
@ pinoccio (OT On)Falls von Interesse (ich weiss leichtes OT und Asche auf mein Haupt), mir fällt da der Film "Flucht ins 23. Jahrhundert" ein (mein Lieblingsfilm immer noch), dort leben Menschen in einer grossen aber begrenzten Glaskuppel und der Illusion, dass ihr Tot eine Art "Erneuerung" ist, begrenzt auf 30 Jahre Existenz, wobei das Alter auf einer Armbanduhr angezeigt wird. Mit einem grossen Brimborium fliegen dann die zeitlich abgelaufenen Dreissigjährigen in einer dafür bestimmten Arena wie Luftballons in die Luft und zerplatzen dann. Das Ganze wird von einem Grosscomputer streng kontrolliert und sog. "Sandmänner" exekutieren die "Läufer", also die, die nicht "erneuert" werden wollen und versuchen abzuhauen. Ist so ähnlich wie mit unseren Religionen, wo ebenfalls ein Leben nach dem Tot versprochen wird, nur anders zelebriert. (OT OFF)
Ja darum habe ich versucht Neuronen mit Genen zu vergleichen, hat ja ganz gut geklappt, auch wenns nur ein spontan intuitiver "Bauch-Gedanke" war, da beide durch uns selbst veränderbar sind (besonders in jungen Jahren), sonst gäbe es kein menschliches Bewusstsein und wir würden uns von Tieren nicht unterscheiden, wobei ich mir bei Katzen nicht ganz sicher bin Bei dem Wort "intuitiv" sind wir beim Unterbewusstsein angelangt, ist so eine komische Sache, aber ALLEINE ist unbewusst ein schlechter Ratgeber. Wenn ich eine neue Musikanlage kaufen will, dann kann ich mich nicht nur auf mein Unterbewusstsein / Intuition verlassen, denn dann bin ich verlassen. Manchmal bleibt aber aus Zeitgründen nix anderes übrig, als sich auf seine Intuition zu verlassen, beim Sport oder beim Autofahren ist das so oder z.B. wenn ich neue Musik (CDs) kaufen will und das unter Zeitdruck tue, dann bin ich hinterher meist enttäuscht, weil die Zeit für wohldurchdachte Überlegungen, die Entscheidungen optimieren, welche wieder bewusst sind, fehlte, auch wenn es uns oft so vorkommt, dass wir manchmal gar nicht wissen wie unsere eigene Entscheidungen zustande kommen. Das hängt vermutlich damit zusammen, dass unser Gehirn schon vorher, bevor wir etwas "überlegen", Reflexe und ständigen Reizen ausgesetzt ist, die unsere Entscheidung ob wir wollen oder nicht MIT-beeinflussen. Es ist ja nicht so, dass das Gehirn tot ist wenn wir nicht nachdenken. Um dieses Dilemma zu umgehen, muss ich mich also vorher bewusst informieren, um meinen REALEN Musikgeschmack zu treffen oder die für MICH optimale Musikanlage zu erwerben und versuchen vom "Lotteriespiel des Unbewussten" freizukommen. Dafür gibts das Hifi-Forum, Amazonrezis, Vorab-Hörbeispiele. Meinungen von anderen Musikhörern usw .. Ich gebe aber auch zu, je mehr jemand Vertrauen in das eigene Unterbewusstsein hat, das ebenfalls trainiert werden kann, desto besser der Stress bewältigt werden kann. Wenn nicht gerade ein Tonmeister bei der Arbeit ist, für den ist Musikhören bzw. die Töne die das Gehirn aufnimmt meist intuitiver Natur, zumindest gehts mir so. Ich lasse alles so wie es ist auf mich unbewusst zukommen (also ich denke das, beweisen kann ich's nicht), jedenfalls gibt mir diese "Strategie des Musikhörens" ein schönes beseeltes Gefühl von grosser Freiheit. Ich meine jeder muss doch gucken wie seine optimale Genussfähigkeit ist oder? Was aber nicht heisst dass ich mich (wenn gewollt) nicht bewusst konzentrieren kann, z.B. achte ich auf Licks, Gitarrenriffe und Stimmlagen, somit sind beide Einwirkungen, das Bewusste UND das Unbewusste für meinen Genuss verantwortlich. Ich meine das Bauchgefühl ist ja schön und gut, wenn man es hat und alles klappt, ist jedoch keine Garantie für richtige Entscheidungen. Vielmehr sollte man sich bevor man das Bauchgefühl einsetzt, mit Problemen intensiv beschäftigen, denn damit kann man auch das eigene Unterbewusstsein positiver steuern, das wiederum auf das Bewusstsein rückkoppelt und letztendlich Gedanken schärft. Ich denke es sind Wechselwirkungen. Das gute am Unterbewusstsein ist ja, dass man auch z. B. Ängste und soziale Phobien mit den eigenen Waffen schlagen kann, aber dazu gehört nicht nur das intuitive Unbewusste , sondern auch sachliche Information die nachvollziehbar und objektiv ist. Viele Holzohren waren früher Goldohren und haben erst gewechselt, nachdem sie einige posttraumatische Störungen bzw. Erlebnisse durchgemacht hatten, wie zB. zuviel Geld für Sinnloses ausgegeben, sich auf die eigene Intuition verlassen was die Gazetten so alles schreiben bzw.immer noch rumfantasieren (ok es ist zwecks Verkauf und in der Werbung fast überall so) und einige sind sogar in ihrer "Erneuerung" fast militant geworden. Wir kennen das ja von Ex-Rauchern .. Unangenehm ist natürlich dass das Unbewusste unbewusst IST, sonst wärs ja nicht unbewusst und man kann damit viel Unsinn entschuldigen. Wenn ich die übertriebene Esoterik wo Mitmenschen vorsätzlich enttäuscht werden (etwas Esoterik ist ja nix schlechtes) und vor allem das Neuromarketing sehe, was unterschwellig funktioniert, mit dem Ziel uns unbewusst zu beeinflussen, um Dinge zu kaufen die wir gar nicht brauchen, wird mir ganz anders Selbstzitat weil ich das wichtig finde und dazu passt, besonders das von mir fett Hervorgehobene:
Interessanter Begriff. [Beitrag von tsieg-ifih am 17. Jun 2012, 13:21 bearbeitet] |
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Jenny4
Stammgast |
#542 erstellt: 19. Jun 2012, 06:14 | ||||
Hi Mr_Lovegrove und vielen Dank für diese kontrastreiche Schilderung. Haben wir das nicht oft im Leben - das Gefühl schreit "ja, bitte, weiter, mehr!!!" und der Verstand will es ausbremsen? Ich gebe dem Gefühl immer öfter nach. Es fühlt sich einfach zu gut an, um nein zu sagen. Noch ist der Himmel nicht eingestürzt. |
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Mr._Lovegrove
Inventar |
#543 erstellt: 20. Jun 2012, 04:55 | ||||
So, ich habe nun die "Songs of farewell" nochmals gehört, bzw. reingehört und mein Gehirn hat gewonnen. Diese kitschige Chorsoße ist einfach unterträglich. Von Gänsehaut war leider keine Spur, da mein Intellekt viel zu dominant war und jegliches Bacuhgefühl einfach im Keim erstickt hat. Das Gehrin hat sich erinnert, wie schrecklich pathetisch diese Musik doch ist. Beim zweiten Hören hat mein Bauch einfach nicht mehr mitgearbeitet.
Bei mir liegt der Fall aber etwas anders. Dass Musik gefällt, obwohl die Texte Nonsens sind, kommt häufig vor, aber in meinem Fall war DIE MUSIK gleichzeitig gut und schlecht. Das war das komische daran. Aber das hat sich ja eh erledigt. Wie gut, dass auf der CD noch andere wunderbare Stücke drauf sind und sie einfach toll aussieht. |
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2eyes
Inventar |
#544 erstellt: 20. Jun 2012, 07:45 | ||||
Ich finde das eher schade. Wieso lässt man sich von sich selbst das Kribbeln verbieten? Ab und zu gehört der Intellekt in Urlaub geschickt.
"Zusammengeschrieben" wurde weniger der Text als die Melodie und das Arrangement. Irgendwann im Lied dachte ich z.B. "Mein Gott, jetzt fehlen nur noch die Glöckchen!", und hopplazack - just an der Stelle hat sie die jingling bells hineinarrangiert. Da fühlt sich der Intellekt manipuliert - und die "Gefühls"-Neuronen tickern wie blöd. Es gab mal Zeiten, da hat mich so was genervt. Mittlerweile versuche ich, solches Puritanerdenken häufiger über Bord zu werfen. |
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THWO
Stammgast |
#545 erstellt: 20. Jun 2012, 08:22 | ||||
Vergessen wir fairerweise nicht, in welcher Zeit und mit welchem Zeitgeist umgeben diese (alle) Stücke jeweils entstanden. Heute liegen z.T. gänzlich andere Bedingungen vor. Wäre das nicht auch ein Kriterium? Bisher sprechen wir sehr von der eigenen Sozialisiierung, die natürlich den jeweils heutigen regionalen Zeitgeist impliziert. Aber ist damit schon alles ausreichend differenziert? Da wir letztlich fast alles irgendwie unter diesem Begriff subsummieren könnten, entwickelt sich dieser nun eher zu einem Oberbegriff denn zu einem einzelnen Kriterium. Es gibt demnach nicht nur unterschiedliche Kulturkreise (südwestbengalische Traditionsmusik muß mich vielleicht nicht zwingend erreichen), sondern auch innerhalb des eigenen Kulturkreises unterschiedliche "Zustände", inhaltlich und auch zeitlich. Gruß, Till |
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pelmazo
Hat sich gelöscht |
#546 erstellt: 20. Jun 2012, 09:07 | ||||
Das ist ein Kommentar, den ich jetzt nicht nachvollziehen kann. Ich glaube nicht, daß sich @Mr._Lovegrove irgend etwas verboten hat. Es ist doch wohl eher so daß der Effekt ein bißchen zu billig war als daß er sich gehalten hätte. Die darauf folgende Ernüchterung ist weniger die "Schuld" eines sich nach vorne drängenden "Intellekts" (in diesem Fall wohl eher einfach das Bewußtsein), sondern eben der fehlenden Tiefe des Stücks. Oder womöglich auch ganz einfach die Folge einer anderen Stimmung beim Hören.
Das ist kein Puritanerdenken. Das ist ein intakter Sinn für Qualität. Zum Puritanerdenken wird es erst dann, wenn man meint, so etwas dürfte es nicht geben. Was wäre denn los wenn es diesen Sinn für Qualität, oder den Sinn für solche Manipulationsversuche nicht geben würde? Wenn sich niemand darüber ärgern würde, sondern im Gegenteil sogar seinen eigenen Intellekt zum Teufel wünschen würde? Wir würden nicht mit 90% Mist abgespeist, sondern mit 100% Mist. "Selig sind die geistig Armen, denn sie freuen sich über jeden Scheißdreck?" Wäre das die richtige Devise? Für die Verkäufer vielleicht, denen die Kundschaft gar nicht dumm und kritiklos genug sein kann. Ich freue mich lieber über die 10% Qualität, die noch übrig sind. Über Genuß, der auch mit dem Intellekt verträglich ist. Und ich akzeptiere, daß nicht alles intellektuell wertvoll sein muß, und ich es trotzdem genießen kann wenn ich in der entsprechenden Stimmung bin. Daß ich dazu nichts von mir abschalten muß oder in den Urlaub schicken, außer vielleicht ein paar überzogene Ansprüche. |
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Soundy73
Inventar |
#547 erstellt: 20. Jun 2012, 09:34 | ||||
Ich finde (hallo Till!) da sprichst Du einen wichtigen Gesichtspunkt an. Wie kommt es, dass uns so "altbacksche, abgenudelte 70er-Jahre-Mucke", wie ABBA, Pink Floyd.. immer noch erreicht? Wieso erreicht diese sogar die jetzige Fokusgeneration? - Die scharenweise z.B. auf 80er-Partys aufschlägt? - Obwohl sie zu der Zeit wohl noch als Quark im Regal standen? Wieso will keiner Schlager hören - und alle singen den exakten, oder abgewandelten Text mit, wenn's zu vorgerückter Stunde mal gespielt wird? Gibt es da vielleicht musikalische Muster, die weite Schichten erreichen? Stichwort Bohlen: Wieso verkauft der Barde aus Tötensen seine immer sehr ähnlichen Titel, wie "geschnitten Brot"? Wieso hat jeder "heute Abend Kopfweh", wenn er Ireen Sheer hört? (Gestern im Baumarkt - un-fucking-fassbar ) Mensch ist merkwürdig. |
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THWO
Stammgast |
#548 erstellt: 20. Jun 2012, 09:49 | ||||
Weshalb lästert fast jeder über eine bestimmte Boulevard-Zeitung, die er selber natürlich niemals lesen würde (und wenn ausnahmsweise mal doch, dann nur, um zu schauen, was die Anderen so für´n Sc/#^:ß lesen), während dieseselbst eine gigantische Auflage mit Zuwachsraten fährt? Auch unsere vermeintliche Ratio ist sozial konditioniert! Till |
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Soundy73
Inventar |
#549 erstellt: 20. Jun 2012, 10:02 | ||||
pelmazo
Hat sich gelöscht |
#550 erstellt: 20. Jun 2012, 10:37 | ||||
Bei den "2000 Miles" von den Pretenders ist der Zeitgeist nicht besonders unterschiedlich zu dem heute. Auch heute noch funktioniert der Weihnachts-Musikmarkt weitgehend so wie damals. Das ist Trivialmusik, aber wenn man damit das Geld für anständige Musik verdienen kann, warum nicht? So lange derselbe Musiker auch vernünftiges Zeug abliefert habe ich nichts dagegen. Bei den Pretenders besteht da wohl ein ausreichendes Angebot, wie auch bei etlichen anderen Musikern, die schon Weihnachts-Schmonzes verbrochen haben, bis hinauf zu so ehrwürdigen Vertretern wie Sir Paul McCartney. Dem Zeitgeist verpflichtet und geschuldet sind da ganz andere Beispiele, wie z.B. "Ohio" von CSNY.
Wie kommt es, daß uns so antike Musik wie die von Bach oder Mozart immer noch erreicht? Die waren schon vergammelt, als unsere Urgroßeltern gezeugt wurden. Ich finde das geradezu ein Argument gegen den Zeitgeist. Es gibt ganz offensichtlich musikalische Qualitäten, die die Zeit überdauern. Und damit meine ich jetzt nicht die Virtuosität. Es bleibt auch aus den 70-er und den 80-er Jahren vor allem das in Erinnerung, was gewisse Qualitäten hat. ABBA war Popmusik, und damit sicher nicht an besonderem intellektuellen Anspruch orientiert, aber es war sehr gut gemacht, nicht bloß musikalisch, auch showmäßig. Warum sollte das nicht auch heute noch wirken? Wieviele musikalische Eintagsfliegen aus dieser Zeit sind heute vergessen? Für die Leute, die die damalige Zeit selber erlebt haben, verbinden sich zudem noch Erinnerungen mit solcher Musik. Ich verbinde z.B. heute noch Musik von Boney M. mit Erlebnissen in einem Schullandheim. Das hat natürlich nichts mit der musikalischen Qualität zu tun (ich erinnere mich auch an Diskussionen unter uns Kids, ob der Mann tatsächlich singt oder nur so tut), aber warum sollte ich das nicht auf der einen Seite genießen und auf der anderen Seite die (für mich damals noch nicht ganz so) offensichtliche Fabrikation dieser Showgruppe und der Musik offen ansprechen? Ich gebe zu, ich verstehe die ganze Diskussion nicht. Wo ist denn der Widerspruch hier? Der kommt doch bloß aus einer übertrieben holzschnittartigen Darstellung! |
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THWO
Stammgast |
#551 erstellt: 20. Jun 2012, 10:51 | ||||
Ja, Du hast ebenfalls Recht mit Deinem Beispiel von Mozart etc. und persönlichen Erinnerungen (Verknüpfungen). Also können wir, wie so oft, auch hier nicht generalisieren, sondern weiter differenzieren... Gruß, Till |
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Mr._Lovegrove
Inventar |
#552 erstellt: 20. Jun 2012, 11:22 | ||||
Perfekt getroffen! So habe ich das empfunden! Es waren im ersten Moment diese oberflächlich berauschenden Chorteile, die mich ins Verzücken gebracht haben, gleichzeitig fing aber der analytische Teil meiner "Musikrezeptionsmaschinerie" an, das Stück stante pede zu erforschen und genau da trafen diese beiden Welten aufeinander. Ein aktuelles Gegenbeispiel ist diese CD hier, die ich vor ein paar Tagen erhalten habe: Ich war schon beim ersten Hören absolut verzückt, habe grade bei Stück 3 eine mächtige Gänsehaut wegen dieses schönen Themas bekommen und höre diese CD seit Tagen mehrmals pro Tag. Mein Analyseapparat genießt sie ebenso, wie mein Emotionsapparat. Um mal etwas zum Thema Zeitgeist und dessen Anteil an der Wirkung von Musik zu sagen, so glaube ich, dass es manchmal allenfalls beim Verstehen von Musik wichtig ist, den historischen Kontext zu kennen. Sei es nun bei "Le sacre du printemps", heute billig klingender Technomusik aus den frühen 90ern oder "Free Jazz" von Ornette Coleman. Um zu begreifen, warum es so entstanden ist, ist der historische Hintergrund sehr wichtig, aber es spielt weniger einer Rolle bei der emotionalen Rezeption und Wirkung. Dass es bei der Uraufführung von "Le sacre du printemps" zu Prügeleien kam, wird das Werk nicht anders emotional wirken lassen beim Hörer. Anders verhät es sich mit persönlichen Vergangenheitsverbindungen zu Musik. Bei mir ist das aktuell z.B. Black Musik der 90er. Ich habe aus Lust und Laune eine mp3 CD mit allen meinen Lieblingssongs aus dieser Zeit gemacht. Als ich die das erste mal gehört habe, kamen so viele Erinnerungen hoch. Zur Zeit habe ich die CD jeden Tag bei der Arbeit laufen und in einer Wechselwirkung aus Erinnerungen und dem Sound der Musik höre ich sie immer wieder gerne und genauso intensiv, wie meine zurzeitig favorisierte Musik, obwohl ich eigentlich schon lange eher sehr selten Black Musik höre und das eigentlich in den HIntergrund meines Musikkonsums gedrängt hatte. Ich denke, diese Verbindungen sind ganz wichtig für uns. Hierbei ist die Musik eine Art Trigger, der Erinnerungen an schöne Zeiten wieder hervorruft oder aufrecht erhält. Deshalb funktioniert auch vermeintlich mschlechte Musik in diesem Falle immer noch. Natürlich weiß ich, dass Sandra nicht wirklich singen kann oder Boney M. mehr oder weniger ein Retortenprodukt waren. Aber in solchen Fällen scheinen die mit dieser Musik verbundenen Erinnerungen und damit verbundene Hormonauschüttungen die Intelektseite des Hirnes so weit zu übertrumpfen, dass man über die eigentlichen Unzulänglichkeiten automatisch hinweg sieht. |
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