Grundig R2000-2 "ploppt"

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hifibastler2
Stammgast
#1 erstellt: 22. Nov 2009, 00:18
Hallo, habe einen R2000-2,bei dem auf einem Kanal die GP140/145 durchgeschossen sind und ausgeletöt wurden, damit das Gerät läuft. Der andere Kanal spielt verzerrungsfrei und kräftig, ploppt aber manchmal (im Lautsprecher), das es die Baßlautsprecher richtig raushebt. Ich habe mal mit einem Analogvoltmeter am LS-Ausgang gemessen und der Zeiger zischt beim Ploppen so auf 10 V DC hoch. Meine Frage: Sind das sterbende Endstufenleistungstransistoren, die mal ab und zu Gleichstrom durchlassen, oder kann auch weiter vorne ein Bauteil eine Macke haben und intakte Endstufentransistoren dazu veranlassen, mal kurz Gleichspannung durchzulassen?
oldiefan1
Inventar
#2 erstellt: 22. Nov 2009, 00:42
Wenn eine kurzzeitige Signalspitze in der Endstufe verstärkt wird, wirst Du am LS-Ausgang einen kurzen Signalsprung messen, auch wenn Du in Stellung DC misst.

Wahrscheinlich hast Du einen Defekt in einem der Tantalkondensatoren im Verstärkerteil. Häufig defekt sind C6 und C7 auf der kleinen senkrechten Platine hinter dem Lautstärkeregler. Dann müsste der Defekt unabhängig von der Eingangsquelle/Buchse auftreten.

Der Endstufenschaden ist ja auch problemlos zu beheben. Es hat natürlich einen Grund, warum die Endstufe defekt ist. Also auch nach defekten Bauteilen in der Treiberstufe davor suchen.

Herzlichen Gruß,
Reinhard


[Beitrag von oldiefan1 am 22. Nov 2009, 00:45 bearbeitet]
hifibastler2
Stammgast
#3 erstellt: 22. Nov 2009, 15:23
Hallo, vielen Dank für die wertvollen Hinweise. Ich habe mal C7 und C12 vom ploppenden rechten Kanal getauscht und bis jetzt hat es nicht mehr geploppt. Komischerweise zeigen die ausgelöteten Tantalelkos im Hameg-Komponententesteroszilogramm keinen Defekt an (sauberer 10uF-Ovalkreis). Die rechte Endstufe könnte somit wieder 1A sein. Bei der linken kommt an der Basis der ausgelöteten Leistungstransistoren saubere Musik an und das Umfeld sieht vom Komponententester her recht ordentlich aus. Ich spiele mit dem Gedanken, erst mal auf die Platinenrückseite das Darlingtonpäarchen BD779/780, von denen ich großen Vorrat habe, einzulöten und mit dem Stelltrafo langsam hochzufahren. Wenn ich die Musik nicht zu laut mache und Kühlkörper anbringe, müßte doch bei sauberem Umfeld die Endstufe bestens laufen, wenn nicht, habe ich keine guten BDW´s durchgeschossen. Was haltet Ihr davon?
oldiefan1
Inventar
#4 erstellt: 23. Nov 2009, 03:38
Also mit dem Ploppen war es dann wohl die vermutete Ursache.

Zu Deiner FRAGE: Im Prinzip ja. Aber ich glaube nicht, dass Du die BD779/BD780 da vernünftig reinbringst - mit sauberem Anschluss an den Kühlkörper. Das Gehäuse TO225AA passt nicht!

Also würde ich alles ordentlich durchprüfen (Widerstände, auch die grossen Keramik-Emitterwiderstände, Dioden und alle(!) Transistoren!)und in der Endstufe alle Elkos erneuern (bis auf die grossen Siebelkos, wenn die noch die Kapazität haben und die Gummis nicht raus sind).

Warum das?
Dem Komponententester traue ich nicht. Die Elkos werden irgendwann instabil, wenn volle Betriebs-Spannung anliegt und sie gefordert werden. Dann schwingt die Endstufe und bläst die Transistoren wieder durch. Ich hatte schon ausgelaufene, verbratene Elkos, die messtechnisch mit dem Tester noch "gut" aussahen. Bei den Tantalkondensatoren noch schlimmer: Wenn die Ploppen, schlagen sie ja durch, dazwischen können sie aber für Stunden völlig in Ordnung arbeiten. Manche fallen allerdings durch schleichenden Feinschluss auf. Transistoren und Dioden kann man meist schon zuverlässig messen. Ausserdem muss die Schleifbahn des Ruhestrompotis pingelig mit Alkohol (Brennspiritus geht)und Wattestäbchen gereinigt werden und als allererstes auf den Sollwert (30 mV zwischen X und Y) ohne Last abgeglichen werden. Dafür brauchst Du aber die RICHTIGEN Endstufen-Transistoren.

Die richtigen Transistoren (BDW83C/BDW84C) oder (BDV65A/BDV64A) kosten ja nicht die Welt und sind gut verfügbar (auch mit ISC von Reichelt habe ich bei diesen Typen bisher nie ein Problem gehabt).

Gruß,
Reinhard


[Beitrag von oldiefan1 am 23. Nov 2009, 03:54 bearbeitet]
hifibastler2
Stammgast
#5 erstellt: 23. Nov 2009, 22:17
Hallo, vielen Dank für die profunde Antwort, habe mal 2x8 BDWs bei Reichelt bestellt, ca 1Euro pro Stück. Warum/wie eine Endstufe schwingen kann, habe ich allerdings nie so richtig kapiert.

Viele Grüße
Thomas
hf500
Moderator
#6 erstellt: 24. Nov 2009, 01:09
Moin,
der Endverstaerker (die Endstufe ist nur der Teil, in dem die Endtransistoren stecken) kann schwingen, wenn durch z.B. ausfallende Elkos Verkopplungen innerhalb des Verstaerkers entstehen, die eine Selbsterregung erlauben.
Dann schwingt der Verstaerker, meist im Ultraschallbereich.
Das hoert man kaum, killt die Hochtoener angeschlossener Lautsprecher und schliesslich den Verstaerker selbst.

73
Peter
audiophilanthrop
Inventar
#7 erstellt: 24. Nov 2009, 02:41
Die Schwingneigung ist der Grund dafür, daß man überhaupt eine Miller-(Holzhammer-)Kompensation einsetzt. Die Open-Loop-Verstärkung muß amplitudenseitig unter 1 sein, bevor die zugehörige Phasenverschiebung -180° erreicht.
Nun laufen in so einer Verstärkerschaltung immer ein paar hochfrequente Pole herum, weil die Teilschaltungen eine endliche Gain-Bandwidth haben. Ordentlich Open-Loop-Verstärkung hat der ganze Spaß obendrein, so daß die obige Stabilitätsbedingung normalerweise nicht erfüllt ist. Also baut man einen Kondensator ein und erzeugt damit einen Tiefpaß 1. Ordnung, der zwar selbst -90° macht, bei geeigneter Wahl der Eckfrequenz aber die Open-Loop bei -180° weit genug unten hat.

Das heißt zweierlei:
1. Ist man gezwungen, Transistoren durch langsamere zu ersetzen, kann es passieren, daß der Verstärker anfängt zu schwingen, gerade wenn die Kompensation etwas "auf Kante genäht" ist.
2. Sind die Teilschaltungen "schneller" und damit die hochfrequenten Pole weiter oben, kann die Open-Loop über der Frequenz länger oben bleiben. An der hängt direkt die Klirr-Unterdrückung. Ergo Punkt 1. Der hier robustere (reparaturfreundlichere) Verstärker verzerrt zu höheren Frequenzen mehr.

(Eine größere Bandbreite der einzelnen Teilschaltungen ist übrigens auch zu erreichen, wenn man einfach mehr davon einsetzt und dafür jeder einzelnen weniger Verstärkung überträgt.)

Wie gesagt, Verkopplung der einzelnen Stufen über die Supply ist eine weitere "beliebte" Ursache für Schwingungen. Eigentlich ist es deswegen langfristig riskant, zur lokalen Stabilisierung der Endstufenspannungen kleine Elkos einzusetzen. Sowas würde ich bei genügend Platz auf größeren (105°-)Elko parallel Folien-C umzustricken versuchen (Folien-C etwa 1% der Kapazität), das schiebt die Austrocknung hinaus und hält den ESR bei hohen Frequenzen niedrig.
hifibastler2
Stammgast
#8 erstellt: 24. Nov 2009, 18:52
Hallo, wäre es dann sinnvoll beim erstmaligen Hochfahren eines reparierten Endverstärkers zu den Lautsprechern ein Oszi parallel dazu zu schalten? Oder statt eines Lautsprechers einen 4 Ohm Lastwiderstand erst mal mit dem Oszi zusammen als Lautsprecherersatz zu nehmen?

Thomas
hf500
Moderator
#9 erstellt: 24. Nov 2009, 19:03
Moin,
Kontrolle mit Oszi und Widerstand kann man machen, ist jedenfalls nicht sinnlos.
Besser, auf jeden Fall sinvoll ist es, in die Netzzuleitung eine 40 (zuerst) oder 60W Lampe als Vorwiderstand einzuschalten.
Als kaltleitender Vorwiderstand begrenzt die Lampe wirksam den Maximalstrom durch die Endstufe.
Trotzdem kann man bei einwandfreiem Verstaerker mit Vorschaltlampe den Ruhestrom einstellen. Bei diesen Grundigverstaerkern nimmt der Ruhestrom mit steigender Betriebsspannung leicht ab.

Die Lampe passt, wenn sie im Leerlauf des angeschlossenen Geraetes schwach mit etwa 25-40V leuchtet. Bei einem Grundig A5000 (2x 120W) ist das z.B. eine 60W-Lampe.

73
Peter
hifibastler2
Stammgast
#10 erstellt: 24. Nov 2009, 21:31
Hallo, ich wollte eigentlich, wie immer, meinen Stelltrafo nehmen, beginnend be 0 V AC, das meinte ich mit "Hochfahren".
Ich kann natürlich auch stattdessen eine Lampe dazwischenschalten, wenn das sinnvoller ist.
hf500
Moderator
#11 erstellt: 24. Nov 2009, 21:50
Moin,
mit Stelltrafo ueberprueft und stellt man den defekten/reparierten Verstaerker bei 80V Netzspannung ein (Empfehlung von Grundig schon fuer den SV50. Das Problem koennen die Lautsprecherrelais sein, die ziehen bei so geringen Spannungen nicht immer an. Dann die Mindestspannung fuer die Relais suchen.).
Man kann natuerlich Stelltrafo und Lampe nehmen, denn die Lampe arbeitet als Strombegrenzer, wenn etwas durchgehen will.

73
Peter
hifibastler2
Stammgast
#12 erstellt: 27. Nov 2009, 19:38
Hallo, habe heute die 2x8 BDW`s von Reichelt bekommen. Vor dem Einlöten habe ich mal die Gleichspannung an der Basis der 2 (ausgelöteten)Darlingtons vom defekten Kanal mii 1000 Ohm Last gemessen, sie beträgt - 6V und -4,5V. Bei der intakten Endstufe beträgt sie +1,2V und -1,2V. Der Signalverfolger hat aber an beiden Kanälen an diesen Basen gleiche Musikstärke und Qualität. Was kann man daraus ableiten? Das in dem defekten Kanal außer den Leistungstransistoren Elkos kaputt sind und Halbleiter Ok sind?
hf500
Moderator
#13 erstellt: 27. Nov 2009, 20:08
Moin,
ohne die Transistoren kannst du aus der Basisspannung nichts ableiten.
Die in der intakten Endstufe gemessenen Spannungen sind die Flusspannungen der in Serie geschalteten Basis-Emitterdioden der Darlingtontransistoren.
Und Transistoren werden stromgesteuert, die Ube aendert sich nur marginal mit der Aussteuerung.
Mit Ersatz_widerstaenden_ bekommt man keine Aussage, ausser der, dass der Verstaerker nicht voellig daneben ist.

Also die Endtransistoren einbauen und ueber Lampe am Stelltrafo in Betrieb nehmen, mit der Netzspannung erstmal nur bis etwa 100V gehen.
Dann ueberall die Ube nachmessen, sie zeigt relativ zuverlaessig an, ob etwas klemmt.
Da es ueberschaubar ist, sollten in beiden Endverstaerkern die kleinen Elkos getauscht werden.

73
Peter
Bertl100
Inventar
#14 erstellt: 27. Nov 2009, 21:14
Hallo,

wie meinst du das mit den 1000Ohm?
Hast du die zwischen die Basisanschlüsse gehängt?

Wenn die Emitteranschlüsse für die Endtransistoren offen sind, dann ist das Verhalten der Endstufe nicht so richtig definiert. Von diesem Punkt (Endstufenausgang über die beiden 0.22R Widerstände) wird nämlich auch die Gegenkopplung abgegriffen.
Der Signalweg wird ja jetzt nur über die Strombegrenzungstransistoren mehr schlecht als recht geschlossen.

An dem Unterschied kann alles mögliche schuld sein. Noch etwas an den Strombegrenzungstransistoren und Beschaltung defekt, oder der Fußpunktelko der Gegenkopplung (C122) schlecht.

Ich würde die Endtransistoren einbauen und hochfahren am Stelltrafo. Dann sehen wir wirklich, was Sache ist.
Der Unterschied von ca. 1.2V.. 1.5V jeweils zwischen den Basen deutet darauf hin, dass nichts ganz grobes mehr fehlt.

Gruß
Bernhard
hf500
Moderator
#15 erstellt: 27. Nov 2009, 22:48
Moin,
die genannten Spannungswerte lassen mich an die Angabe der jeweiligen Basis-Emitterspannungen denken.
Und an den Ersatz der Stecken B-E durch 1000 Ohm, was, wie gesagt, nicht sehr viel aussagt.

73
Peter
hifibastler2
Stammgast
#16 erstellt: 28. Nov 2009, 00:11
Hallo Ihr beiden, ich hatte den Basislötpunkt der ausgelöteten Endstufentransistoren mit 1000 Ohm an Masse gelegt (um Leerlaufspannungen zu verhindern und Basssistrom zu simulieren) und die Spannungswerte mit den intakten Basen des intakten Kanals verglichen (jeweils 4 mal Strecke B - Masse sozusagen), so kamen die Werte zustande. Also Ihr hattet recht in der Annahme, daß diese Spannungswerte nichts aussagen. Denn ich habe nunmehr das neue Darlingtonpäarchen eingelötet und die Kiste hochgefahren (mit 60WLampe und Stelltrafo). Und siehe da, alles bestens. Ich konnte mein Glück kaum fassen. Und die Basisspannungen der neuen Leistungstransistoren sind plötzlich nun bis auf wenige mV wie die der vom intakten Kanal, somit hat sich sogar in einem Fall die Polarität zum Richtigen gewandelt. Naja, man muß auch mal Glück haben, ich hatte zuletzt zwei OnkyoTX7640 mit einem zerschossenen Endstufenkanal in Händen und wollte daraus ein funktionierendes Gerät machen durch Tausch der jeweiligen Halbleiter. Ging voll in die Hose und ich habe beide Geräte in die Ecke geschmissen. Ich fasse solche Kisten mit Wannenchassis nie mehr an, an der Platine kann man praktisch nie annährernd waagrecht von unten arbeiten.
Echter japanischer Scheißdreck (nur im Reparaturfall!).
Jetzt habe ich noch 7 Darlingtonpäarchen übrig, mal nach weiteren defekten R2000er und 3000er fahnden...


[Beitrag von hifibastler2 am 28. Nov 2009, 00:52 bearbeitet]
oldiefan1
Inventar
#17 erstellt: 28. Nov 2009, 06:36
Zuerst:Glückwunsch zur erfolgreichen Reparatur.

Was Deine Suche von R 2000, R 3000 und V 2000 mit defekten Endtransistoren betrifft: Die sind nicht häufig. Diese Endstufe ist sehr solide und robust.

Herzlichen Gruss,
Reinhard
Bertl100
Inventar
#18 erstellt: 28. Nov 2009, 14:31
Hallo,

auch von meiner Seite Gratulation!

Gruß
Bernhard
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