Charakteristik der Frequenzweiche

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bonesaw
Hat sich gelöscht
#1 erstellt: 11. Nov 2003, 07:00
habe eine frequenzweiche, 2Wege 12db und möchte die trennfrequenz anhand der verwendeten bauteile bestimmen. kann man irgentwie erkennen, ob es sich um eine Butterworth, Linkwitz-Riley oder Bessel charakteristik handelt, oder muss man durch Formelnrückwärtsrechnen ausprobieren.
wolfi
Inventar
#2 erstellt: 11. Nov 2003, 13:21
Kann man nicht, auch zurückrechnen geht nicht. Bei einer Frequenzweiche für reale Lautsprecher gehen die Eigenschaften der Chassis und des Gehäuses in die Erstellung der Weiche und auch der Geschmack mit ein. So wie man eine Weiche nicht formelhaft errechnen kann, sowenig kann man aus den Bauteilen präzise Rückschlüsse auf Charakteristik und Übergangsfrequenzen schließen.
bonesaw
Hat sich gelöscht
#3 erstellt: 11. Nov 2003, 18:31
und was ist dann damit ?

http://www.carhifi-portal.de/kurs/boxecalc.html

habe auf der weiche im hochpass einen kondensator mit 3,3 uF und eine Spule mit 0,82 mH. nach Linkwitz-Riley komme ich auf eine trennfrequenz von 3000 hz. natürlich ist das alles sehr ungenau, denn wenn man nach den formeln geht, müsste man für hoch- und tiefpass die gleichen bauteile verwenden, nur anders geschalten. doch gleiche bauteilwerte bei einer frequenzweiche im hoch und tiefpass habe ich eigentlich noch nie gesehen. da ich die weichen aber für ein paar partykellerboxen verwenden will, und keine highend lautsprecher bauen will genügt mir eigentlich ein ungefährer wert.
cosmodog
Ist häufiger hier
#4 erstellt: 18. Dez 2007, 10:41
Probieren geht über studieren:

Schließ die Weiche an und hör Dir das Ergebnis an. Wenn es deinen Ansprüchen genügt, freu Dich!

Wenn nicht, überlege was Du ändern willst.

Dokumentiere deine Änderungen für dich, damit Du ggf. zurückbauen kannst.

Gleiche Werte im HP und TP gibt es nur in der Theorie, da sowohl die frequenzbestimmenden Bauteile der Weiche als auch das Chassis selbst komplexe Größen sind.

Gruß

Andreas
richi44
Hat sich gelöscht
#5 erstellt: 18. Dez 2007, 13:09
Natürlich kann man Weichen berechnen, da spricht erst mal nichts dagegen. Voraussetzung ist, dass der Lautsprecher, der da getrennt werden muss, nicht auch noch mit der Weiche entzerrt werden muss.
Nimm als Beispiel einen Monacor Mitteltöner MSH115. Wenn Du den bei 500Hz und 5kHz trennen willst, kannst Du das problemlos berechnen, weil er ja bis 10kHz linear arbeitet und ebenso linear im unteren Bereich ist.

Und wenn Du als Impedanz 8 Ohm nimmst, so bekommst Du jeweils die gleichen Bauteile.

Das Problem ist jetzt, dass dieser als Beispiel verwendete Mitteltöner bei 5kHz eine Impedanz von etwa 14 Ohm hat, bei 500Hz aber eine von 8 Ohm. Der Hochtöner wird aber bei 5kHz 8 Ohm haben. Daher ergeben sich da schon unterschiedliche Bauteile und unterschiedliche Impedanzen.

Wenn Du aber irgend etwas im Stil des Monacor SPH-100AL verwendest, das unregelmässige Wiedergabe garantiert (Resonanzen der Blechmembran), so müsstest Du zumindest diese Unregelmässigkeiten in der Weiche bekämpfen, ihr also eine Equalizerfunktion verpassen. Das geht nicht mehr mit Rechnen.

Das Problem an einer wild zusammengebastelten Weiche (wie sie hier oft propagiert werden) ist, dass sich Serieresonanzen bilden können, welche die Anschlussimpedanz in gefährliche Tiefen absinken lassen, sodass es für den Verstärker UND die Weiche sehr gefährlich werden kann.

Also, mal berechnen unter Berücksichtigung der Impedanz und dann durch ausprobieren (ein Wert höher oder tiefer) allenfalls Feinkorrektur. Aber auf keinen Fall einfach mal zusammenfügen, ohne zu rechnen. Das kann in die Hose gehen!!
cosmodog
Ist häufiger hier
#6 erstellt: 18. Dez 2007, 13:28
@richi44:

Und wie schließt Du die Serienresonanzen durch Berechnung aus?

Mit fragendem Gruß

Andreas
richi44
Hat sich gelöscht
#7 erstellt: 18. Dez 2007, 13:48
Wenn Du z.B. eine Butterworth-Weiche berechnest (angenommen ein Hochpass) und Du setzt die tatsächliche Lautsprecherimpedanz ein, bekommst Du einen ebenen Impedanzverlauf oberhalb der Trennfrequenz und darunter einen kontinuierlichen Anstieg ohne einen Einbruch bei der Trennfrequenz.
Bei einer Tschebitschef-Charakteristik ergibt sich eine Pegelüberhöhung am Lautsprecher und ein Impedanzeinbruch bei der Trennung.
Das kannst Du entweder anhand von Lehrbüchern berechnen oder mit fertigen Weichen-Berechnungsprogrammen.
cosmodog
Ist häufiger hier
#8 erstellt: 18. Dez 2007, 15:57
Eventuell habe ich jetzt ein Verständnisproblem:

Meinst Du mit "tatsächliche Lautsprecherimpedanz" die Impedanz im Bereich der Trennfrequenz?

Oberhalb der Trennfrequenz würde ich in dem Fall mit einem Anstieg der Impedanz rechnen. Allein schon aufgrund der Tatsache, dass es sich beim Lautsprecher um ein mechanisch schwingendes System handelt, das eine Masse hat.

Ich gebe Dir Recht: Wenn ich den Hochtöner nicht gerade im Bereich seiner Resonanzfrequenz betreibe, wo seine Impedanz ganz sicher einen Einbruch hat, habe ich zumindest die Trennfrequenz grob geschätzt. Kritisch kann dabei allerdings auch noch die Oktave unterhalb der Trennfrequenz sein, da auch sie das Filterverhalten beeinflusst.

Ich bezweifle allerdings, dass Du im realen Leben derart ideale Bauteile findest, die Dir einen ebenen Impedanzgang bescheren. Weder Spulen noch Kondensatoren oder gar Lautsprecher.

Die nächste Frage betrifft das Verhalten des Tschebischeff-Filters: Hängt das Verhalten im Bereich der Trennfrequenz dort nicht auch mit dem Filtergrad zusammen? (Stichwort: Phasendrehung bei Filtern gerader Ordnung)

Das sind meiner Meinung nach schon ziemlich komplexe Berechnungen. Wie Du schon so richtig sagtest: Grob rechnen, dann probieren. Das klangliche Ideal kann da vom rechnerischen schonmal um eine Zehnerpotenz (oder mehr?) abweichen.

Gruß

Andreas
richi44
Hat sich gelöscht
#9 erstellt: 19. Dez 2007, 10:12

cosmodog schrieb:
Eventuell habe ich jetzt ein Verständnisproblem:

Meinst Du mit "tatsächliche Lautsprecherimpedanz" die Impedanz im Bereich der Trennfrequenz?

JA

Oberhalb der Trennfrequenz würde ich in dem Fall mit einem Anstieg der Impedanz rechnen. Allein schon aufgrund der Tatsache, dass es sich beim Lautsprecher um ein mechanisch schwingendes System handelt, das eine Masse hat.

Du brauchst auf jeden Fall den tatsächlichen Impedanzverlauf, den Du ja mit einer Messung des Stroms bekommst. Und wenn ein Strom fliesst, bewegt sich die Membran und damit ist der Lautsprecher in seinem normalen Betriebszustand.
Idealerweise wirst Du den Impedanzverlauf am eingebauten Lautsprecher messen.


Ich gebe Dir Recht: Wenn ich den Hochtöner nicht gerade im Bereich seiner Resonanzfrequenz betreibe, wo seine Impedanz ganz sicher einen Einbruch hat,
Im Resonanzfall hast Du eine Impedanzüberhöhung!
habe ich zumindest die Trennfrequenz grob geschätzt. Kritisch kann dabei allerdings auch noch die Oktave unterhalb der Trennfrequenz sein, da auch sie das Filterverhalten beeinflusst.

Das hängt vom verwendeten Treiber ab.


Ich bezweifle allerdings, dass Du im realen Leben derart ideale Bauteile findest, die Dir einen ebenen Impedanzgang bescheren. Weder Spulen noch Kondensatoren oder gar Lautsprecher.
Wenn eine Spule oder ein Kondensator einen ebenen Impedanzverlauf hat, ist es ein Widerstand! Und wenn Du bei einer Spule den Drahtwiderstand einrechnest (für die Impedanz ist R bereits berücksichtigt!), ist das immer noch in unserem Nutzbereich eine Abweichung von etwa 2%
Das IST ja der Sinn von L und C, dass sie eine mit der Frequenz ändernde Impedanz haben.
Und zur Lautsprecherimpedanz habe ich schon alles gesagt: Messen!

Die nächste Frage betrifft das Verhalten des Tschebischeff-Filters: Hängt das Verhalten im Bereich der Trennfrequenz dort nicht auch mit dem Filtergrad zusammen? (Stichwort: Phasendrehung bei Filtern gerader Ordnung)
Das Tschebitschef hat eine leichte Pegelüberhöhung von (irrtum vorbehalten) 3dB im Resonanzfall und damit einen Impedanzeinbruch von 0,707.
Die Phasendrehung ist eine andere Baustelle, die hast Du bei jeder Filterkonstruktion, die Du allenfalls durch Verpolung des Lautsprechers ausgleichst. Ist also nicht ein Tschebi-Problem.
Ausserdem werden Filter solcher Güte vorteilhafterweise nicht eingesetzt, weil sie ein sehr schlechtes Impulsverhalten haben. Ich habe das Tschebi nur erwähnt, weil man damit Pegeleinbrüche beseitigen könnte, sich dabei aber wie gesagt ein schlechtes Impulsverhalten einhandelt.

Das sind meiner Meinung nach schon ziemlich komplexe Berechnungen. Wie Du schon so richtig sagtest: Grob rechnen, dann probieren. Das klangliche Ideal kann da vom rechnerischen schonmal um eine Zehnerpotenz (oder mehr?) abweichen.
Eine Zehnerpotenz? Du berechnest ja nicht die Resonanzfrequenz eines Schwingkreises, also nix mit Thomson, sondern ein Filter. Und da ergibt ein 10 mal grösserer Kondensator eine zehn mal so tiefe Grenzfrequenz, wenn entsprechend auch die Spule angepasst wird, und das ist nötig, damit Du die Impedanz des Filters nicht veränderst.
Natürlich, wenn Du bei einem Tiefpass nur das C über dem Lautsprecher um Faktor 10 vergrösserst, hast Du nicht eine zehn mal tiefere Grenzfrequenz, aber Du bekommst dann eine Grenzfrequenz von 3,16 mal der vorher berechneten und eine Impedanz, die 3,16 mal kleiner ist, also bei 4 Ohm eine von 1,266 Ohm. Und ausserdem eine Pegelüberhöhung im Resonanzfall von 10dB! Und solche Machenschaften sind schon gefährlich.
Sooo komplex ist die Sache nämlich auch wieder nicht.

Und was noch die Lautsprecherchassis angeht, wenn Du z.B. den von mir genannten Monacor Mitteltöner nimmst, der tatsächlich so einen Frequenzgang hat (nachgemessen!), so ist doch die Trennerei kein Problem. Und eine normale Kalotte, die Du bei 5kHz ankoppelst, macht auch noch keine Zicken mit der Impedanz. Und auch ein Tieftöner läuft bei 500Hz noch sauber, also braucht es da wirklich keine grossen Handstände.

Gruß

Andreas

Gruss
Richi
cosmodog
Ist häufiger hier
#10 erstellt: 19. Dez 2007, 13:20
Hallo richi44,

dass sich die Grenzfrequenzen verschieben wenn man die Bauteilgrößen ändert ist klar.

Es ging mir im Wesentlichen darum, dass die vermeintlich optimalen Werte, die man durch die überall nachzulesenden Formeln ermittelt, im seltensten Fall zu optimalen Ergebnissen führen.
Ein Verschieben der Grenzfrequenzen kann hier gelegentlich Verbesserungen bringen, auf die man durch bloßes Studium der Datenblätter und folgendes Rechnen nie gekommen wäre.

Auch das Verändern einzelner C´s oder L´s im Filter kann das Verhalten des gesamten Lautsprecherkonstruktes positiv beeinflussen. Sowohl klanglich empfunden, als auch messtechnisch nachweisbar.
Die Filter wirken eben nicht alleine, sondern immer mit dem eingebauten Chassis zusammen. Und die einzelnen Bauteile wirken nicht nur im Bereich der Grenzfrequenz, sondern weit darüber hinaus.

Ein anderer nicht unwesentlicher Punkt ist, dass man Kapazitäten und Induktivitäten im Laden nicht kaufen kann, sondern nur Kondensatoren und Spulen. Das ist nicht das selbe!
Vergleiche doch einfach mal die Wirkung einer Kernspule mit der einer Luftspule gleicher Induktivität! Da wirst Du mit den von Dir vermuteten 2% Toleranz grob daneben liegen.

Die von Dir gemessenen Monacor-Chassis kommen dem idealen Modell offensichtlich ein Stück weit näher, als manch andere, die weit davon entfernt sind.

Gruß

Andreas
richi44
Hat sich gelöscht
#11 erstellt: 19. Dez 2007, 14:46
Hallo Andreas,
Ich kann Dich einfach darauf hinweisen, dass ich im Lauf der Jahre mit vielen Lautsprecherentwicklern gesprochen habe, so mit Leuten von Philips Eindhoven, ITT Straubing, Dual St. Georgen und selbst mit Hr. Van den Hul hatte ich ein längeres Gespräch über die Entwicklung der Lautsprecher und hauptsächlich der Weichen.

Wenn man nur die Grundlage der Filterberechnungen nimmt, müssten ja die Bauteile einer 12dB-Weiche im Hoch- und Tieftonzweig identisch sein.
Dass dies ein Trugschluss ist liegt an der Impedanz der Lautsprecher. Nichts desto trotz werden von all diesen Herstellern die Weichen erst mal nach diesen Grundlagen durchgerechnet (unter Berücksichtigung der Impedanzen).
Und ich erinnere mich noch genau, dass ich mit Van den Hul darüber lange diskutiert und ihn gefragt habe, was er den mache, wenn er statt eines Heco-Chassis eines von KEF hätte.
Da hat er mir ganz klar geantwortet, dass er erst rechnet und dann noch eine Feinabstimmung vornimmt.

Und der Tenor war generell, dass man sich zuerst mal anschaut, was für Chassis man verbauen will. Wenn ich einen Mitteltöner habe, der bei 5kHz in den Keller geht, kann ich keine Trennung bei 5kHz vornehmen. Richtig trennen kann ich nur, wenn dies noch im linearen Bereich geschieht, oder dann muss ich die ganze Geschichte aktiv trennen, wo mir die Weichenbauteile keine Streiche spielen können.
Und wenn ich eine Blechtröte verwenden will, die bei 5kHz Resonanzen aufweist, muss ich wissen, dass ich das Ding nicht über 1,2kHz betreiben darf, ohne dass ich bereits durch den normalen K3 in kritische Bereiche vorstosse. Aber das alles kommt weit bevor ich die Weiche baue.

Und zu den Spulen:
Wenn ich eine Luftspule habe, die ich z.B. als 6dB-Weiche bei einem Tieftöner einsetzen will, so muss ich halt den Drahtwiderstand und damit den Verlust bedenken und in der Gehäuseberechnung die reduzierte Dämpfung einrechnen.

Und letztlich: Früher hat man einfach Lautsprecher gebastelt, so vor 40 Jahren. Da hat niemand etwas berechnet. Auch nicht beim Gehäuse. Heute stellt man aber zuerst umfangreiche Gehäuseberechnungen an, bei den Weichen aber wird einfach gewurstelt, zumindest von den Amateuren. Dabei hat man nicht nur bei den Gehäusen gelernt zu rechnen, sondern eben auch bei den Weichen. Und wenn man einfach irgendwelche Chassis zusammenschustert, die noch im Regal liegen, ist es eh Zufall, was dabei heraus kommt. So habe ich nämlich (vor gut 100 Lautsprecherboxen) auch mal angefangen.

Gruss
Richi
cosmodog
Ist häufiger hier
#12 erstellt: 19. Dez 2007, 19:56
Dem ist nichts hinzu zufügen!

Gruß

Andreas
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