Rachmaninov 3. Klavierkonzert

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Wolfgang_Schulz
Ist häufiger hier
#1 erstellt: 12. Mai 2011, 19:05
Seit einiger Zeit bin ich auf Rachmaninovs 3. Klavierkonzert hängen geblieben. Ich habe eine Handvoll Interpretationen des Werks bei mir zu Hause.

  • -Arcadi Volodos - Berliner Philharmoniker
  • -Martha Argerich - Radio Symphonie Orchester Berlin
  • -Peter Rösel - Berliner Symphoniker
  • -Irgendwer mit dem Tiblisi Orchester
  • -Rachmaninoff plays Rachmaninoff
  • -André Watts - New York Philharmonics

Wobei Volodos mit den Berliner Philharmoniker meine pers. Reverenzversion darstellt.

Habt ihr Tips, Hinweise, absolute Lieblingsaufnahmen, CD oder Interpretationen von R.s 3. Klavierkonzert, die für mich interessant sein könnten?
Lohnt sich das Yefim Bronfmans Aufnahme hinterher zu jagen?

by Wolfgang
STR
Ist häufiger hier
#2 erstellt: 12. Mai 2011, 20:49
Volodos/Levine gefällt mir auch sehr gut und macht beim Hören sehr viel Spass. Bronfman/Salonen gehört zu meinen Lieblingsaufnahmen. Meiner Meinung nach bietet diese Aufnahme das beste Gesamtpaket.

Spannend für dich könnten auch Horowitz/Ormandy und Hough/Litton sein. Ersteres Gespann zeigt auch deutlich die Modernität von Rachmaninows Musik auf und Hough orientiert sich in seiner Einspielung sehr stark an Rachmaninows eigener Aufnahme.

Mein Favorit ist seit langem allerdings Rodriguez/McGrane. Es ist einfach unübertroffen, was die beiden im Finale abliefern :)...
Steffen_Bühler
Inventar
#3 erstellt: 13. Mai 2011, 10:00
Ich habe dieses Konzert, nach welchem ich schon jahrelang süchtig bin, zuerst mit Ashkenazy/Previn (1998) gehört. Und es ist wie immer bei mir: diese Aufnahme hat sich als Referenz eingebrannt. Ein prägnantes Beispiel ist die Reprise (ich nenne sie mal so) im ersten Satz (bei 12:38, hab gerade noch einmal reingehört).

Das Chaos der "Durchführung" (ich stelle mir hier immer einen Kerl vor, der sich mehr und mehr betrinkt, dann wild im Zimmer rumtanzt und schließlich zusammenbricht) ist vorbei, es wird ruhig, zwei Flöten (bei 10:47) spielen meinen Protagonisten in den wohlverdienten Schlaf.

Nun trägt das Klavier das erste Thema ja noch einmal solo vor. Vollgriffige Akkorde, immer zwei oben, zwei unten. Schrang schrang, wumm wumm. Ashkenazy tritt hier total auf die Bremse! Und das ist gut so, auf diese Weise kommt die seelische Verzweiflung, in der sich unser Freund befindet, besser zur Geltung, man kann ihn förmlich mit den Fäusten auf den Boden trommeln hören. Es gibt eine Stelle in Brahms' Erstem, da ist das ähnlich.

So. Und nun wollte ich wissen, wie es der Meister selbst spielt. Also CD gekauft, eingelegt, natürlich Begeisterung, aber dann kommt die genannte Stelle bei 9:28. Rachmaninoff rast darüber weg, als wäre es eine Tarantella, keine Fäuste, keine Verzweiflung, nur Gehüpfe, doppelt so schnell wie Ashkenazy. So war das also gemeint? Ich weiß nicht.

Überraschenderweise habe ich bisher keine Ashkenazy-artige Interpretation dieser Stelle gehört, alle halten sich an den Komponisten (was ja auch verständlich ist) und fegen über die Tasten. Dennoch finde ich hier den zurückhaltenden Ansatz den besseren

Wenn ich's richtig im Kopf habe ist in einer Biographie der Rockgruppe Yes zu lesen, daß sich der Keyboarder Rick Wakeman Rach3 mit Ashkenazy auf eine Insel mitnehmen würde, wenn nur ein Album erlaubt wäre. Ich kann's verstehen, ich glaube, das wäre auch meine Wahl.

Viele Grüße
Steffen
Kreisler_jun.
Inventar
#4 erstellt: 13. Mai 2011, 10:14
Ist nicht gerade mein Lieblingsstück (wenn auch lange nicht so abgenudelt wie das 2.), aber als Klassiker gilt auch die Einspielung von Byron Janis/Dorati (Mercury, es gibt evtl noch eine weitere mit Reiner?). Das war jahrelang meine einzige und die einzige, die ich häufiger gehört habe. Von ein wenig Rauschen abgesehen begegnet man dem transparenten und direkten Mercury-Sound, der gemeinsam mit der eher straffen Interpretation die Schmalzvergiftung in Grenzen hält
Wolfgang_Schulz
Ist häufiger hier
#5 erstellt: 14. Mai 2011, 11:31
Danke für die Hinweise,

na dann Fasse ich mal zusammen.

    Horowitz/Ormandy
    Hough/Litton
    Ashkenazy/Previn
    Byron Janis/Dorati
    Bronfman/Salonen


Bronfman/Salonen die CD ist ja vergriffen aber, die liegt angeblich in meiner öffentl. Bibliothek rum. Da muss ich noch mal hinter her sein.

Ansonsten finde ich den Übergang von 2. in den 3. Satz einfach nur großartig. mal mächtiger mal schmächtiger Interpretiert. Für die Orchester und die gesamte techn. Einspielung können die Musiker nichts, aber ich muss schon sagen, wie Frau Argerich über die Tasten fegt ist zwar beeindruckend aber zwiespältig wie ich finde.

Interesannt finde ich, dass des Meister himself Rachmaninov gespielte Interpretation weniger geliebt wird. Darüber besteht sogar weitesgehend konsens wie ich hier im Forum das so mitbekommen habe.


[Beitrag von Wolfgang_Schulz am 14. Mai 2011, 11:34 bearbeitet]
Schneewitchen
Inventar
#6 erstellt: 14. Mai 2011, 16:28
amazon.de

Alternativ zur Aufnahme Ashkenazy/Previn ziehe ich die Aufnahme Ashkenazy/Haitink vor.

amazon.de

Die Aufnahme mit Wild/Horenstein möchte ich auch empfehlen.

Ich besitze verschiedenen Aufnahmen des 3.Klavierkonzertes,darunter natürlich auch die mit Byron Janis/Dorati.
Kissin.

Die Aufnahme mit Horowitz/Ormandy ist ein "must have",habe ich aber noch nicht.Muß ich aber haben.
An der Aufnahme mit Hough/Litton werde ich auch nicht vorbeikommen.
Wolfgang_Schulz
Ist häufiger hier
#7 erstellt: 17. Mai 2011, 17:06
Kennt jemand diese Aufnahnme? Wer oder Was spielt das? Ich hab zwar die Aufnahme, aber wer zum Geier ist das? klingt nicht ganz neu. Im großen und ganzen sehr Romantisch das Orchester klingt gut, der Pianist neigt etwas zum stolpern aber im ganzen eine Runde sache.
Rachmaninov concerto No. 3 & pieces
Schneewitchen
Inventar
#8 erstellt: 17. Mai 2011, 18:30
Die obige Aufnahme des 3.Klavierkonzerts stammt vom
Sinfonie-Orchester Tiflis
Dirigent Jansug Kakhidze

Solist könnte George Vachnadze (Klavier) sein,der alle 4.Konzerte Rachmaninovs mit o.a. Orchester und Dirigenten aufgenommen hat.
Amazon.com gibt neben em Dirigenten Kakhidze noch 3 weiter Personen an,nämlich Dina Kaminskaya, Maria Smirnovaund Nato Ts'Vereli. Da kann man sich aussuchen,wer der Solist sein könnte.


[Beitrag von Schneewitchen am 17. Mai 2011, 18:41 bearbeitet]
Wolfgang_Schulz
Ist häufiger hier
#9 erstellt: 17. Mai 2011, 20:47
@Schneewitchen, Vielen herzlichen Dank!

Ich hatte nur auf amazon.de gesucht, aber nicht amazon.com.
Ich freue mich das es hier im Klassik-Forum, freundlich gediegen und nett und hilfsbereit zugeht. Danke noch mal an dich.
Steffen_Bühler
Inventar
#10 erstellt: 13. Feb 2017, 12:22

Steffen_Bühler (Beitrag #3) schrieb:
Überraschenderweise habe ich bisher keine Ashkenazy-artige Interpretation dieser Stelle gehört, alle halten sich an den Komponisten (was ja auch verständlich ist) und fegen über die Tasten.


Seit gestern kenne ich einen zweiten, der hier so ashkenazyesk spielt: es ist der junge Daniil Trifonov, den ich momentan mit Rachmaninoff "bis zum Abwinken" erleben darf (alle Klavierkonzerte/Sinfonien innerhalb einer Woche!).

Schon beim ersten war zu hören, dass Trifonov die elegischen Stellen eher langsam angeht. Der wunderbare zweite Satz (tut mir leid, ich bin hier ein hoffnungsloser Fall) wurde da regelrecht ausgewalzt. Genau nach meinem Geschmack eben. Was nicht heißt, dass er die schnellen Sätze ebenfalls ausbremst: hier geht es dann richtig zur Sache, unglaublich exakt und fehlerfrei. Die standing ovations hat er sich jedenfalls verdient.

Aus irgendeinem Grund gibt Gergievs Petersburger Orchester nur drei Konzerte. Vielleicht waren die Philharmoniker sauer, dass sie hier ausgeschlossen wurden und haben rebelliert. Jedenfalls bekam ich die vorbestellten Karten letztes Jahr recht spät. Der Kompromiss ist nun, dass die Münchner das populäre zweite spielen dürfen. Und schon bei gestrigen dritten spielte plötzlich der erste Philharmoniker-Geiger bei den Russen mit. Was da wohl hinter den Kulissen abgelaufen war...

Im nun wirklich anspruchsvollen dritten zeigte Trifonov erneut, dass er vor nichts Angst hat. Ein einziges Mal war der rechte kleine Finger etwas daneben, sonst habe zumindest ich nur Perfektion gehört. Und eben eine Kadenz, wie ich sie favorisiere.

Viele Grüße
Steffen
arnaoutchot
Moderator
#11 erstellt: 09. Mai 2021, 17:24
So, hier nun zu meiner im Was hört ihr gerade ... angekündigten Aufgabe der letzten Tage, mir die bei mir vorhandenen Aufnahmen zu Rachmaninovs 3. Klavierkonzert vergleichend vorzunehmen. Es befinden sich nach aktuellem Stand vierzehn Aufnahmen des Konzerts bei mir, von denen ich elf für den Vergleich ausgewählt habe. Es sind - nach Aufnahmedatum geordnet - die folgenden (Solist, Dirigent, Orchester, Aufnahmedatum):

1. Rachmaninov - Ormandy - Philadelphia Orchestra - 1939/40 mono
2. Horowitz - Reiner - RCA Victor Symphony Orchestra - 1951 mono
3. Cliburn - Kondrashin - Symphony of the Air - 1958 3-Ch-Stereo
4. Janis - Dorati - LSO - 1961 3-Ch-Stereo
5. Ashkenazy - Fistoulari - LSO - 1963 Stereo
6. Ashkenazy - Previn - LSO - 1971 Stereo
7. Argerich - Chailly - RSO Berlin - 1982 Stereo, live
8. Bolet - Fischer - LSO - 1983 - Stereo
9. Matsuev - Gergiev - Mariinsky Orchestra - 2009 5Ch
10. Sudbin - Oramo - BBC SO - 2017 5Ch
11. Trifonov - Nézet-Séguin - Philadelphia Orchestra - 2018 Stereo live

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Nicht mit einbezogen, aber auch noch hier vorhanden, sind Gilels/Cluytens 1955, Janis/Munch 1957 und Volodos/Levine 1999. Alle drei sind gleichermassen interessant, aber ich wollte nicht mehr als 10 Aufnahmen ins Rennen schicken (Ashkenazy belegt quasi einen Doppel-Platz).

Für den Vergleich habe ich den ersten Satz ausgewählt, der alle Stimmungen des Konzerts enthält und mit der Kadenz im dritten Drittel des Satzes auch interessante Vergleichsmöglichkeiten bietet. Ausser Cliburn, Ashkenazy 1971, Matsuev und Sudbin spielen alle Pianisten die kürzere, zeitgemässere Kadenz.

Nur ganz kurz ein paar Fakten zum Konzert: Die Uraufführung fand 1909 in New York mit Walter Damrosch am Pult und Rachmaninov selbst am Klavier statt, im Frühjahr 1910 spielte es Rachmaninov nochmals mit Gustav Mahler am Pult, der das Konzert sehr ernst nahm, was Rachmaninov stark beeindruckte. Für den Vergleich haben wir die bei klassischer Musik seltene glückliche Situation, dass wir Aufnahmen des Komponisten selbst haben und im Falle von Horowitz Aufnahmen, die der Komponist noch selbst gehört und kommentiert hat (Horowitz 1920er Aufnahme mit Stokowski).

Im Folgenden meine Höreindrücke, wie immer völlig subjektiv, mit dem Charakter einer Momentaufnahme und vorurteilsbeladen, insofern bitte - auch wie immer - auch als solches nehmen.

Rachmaninov: Die Studio-Aufnahme des Komponisten an der Academy of Music in Philadelphia in zwei Sitzungen 1939 und 1940 birgt schon die ersten Überraschungen: Rachmaninov spielt sehr schnell und vor allem wenig exzentrisch. Er erlaubt sich grössere Freiheiten mit Blick auf seine Partitur, kürzt ab und verändert Tempi ziemlich eigenwillig. Sein erster Satz ist der mit Abstand kürzeste aller hier in Betracht gezogenen. In der Kadenz legt er die Messlatte hoch, hier bekommt man ein Gefühl dafür, dass einige der vollgriffigen Akkorde offensichtlich nur von einem Pianisten mit den riesigen Händen eines Rachmaninov problemlos gespielt werden können. Klanglich ist die CEDAR-remasterte Aufnahme erstaunlich gut hörbar für ihr Alter.

Horowitz: Er war die designierte Referenz des Komponisten für dieses Konzert. Rachmaninov sagte, dass Horowitz das Konzert „ganz verschlungen“ habe und „mit der Heftigkeit eines Tigers“ an die Sache gehe. In der Tat kann man das in der 1951er Aufnahme mit Fritz Reiner noch gut nachhören, an manchen Stellen fragt man sich, ob die perlenden Linien nicht wirklich von zwei Pianisten am Klavier stammen. Viele Kritiker halten die 1951er Aufnahme für die beste der mindestens sechs kommerziellen Aufnahmen von Horowitz. Auch wenn Horowitz' Klavier klanglich sehr im Vordergrund steht und das Orchester etwas in den Hintergrund rückt, ist die Mono-Aufnahme gut zu hören.

Cliburn & Janis: Nicht nur weil beide Pianisten das Stereo-Zeitalter auf Labeln mit ähnlicher Klangphilosophie einleiteten, will ich sie hier gemeinsam vorstellen. Cliburn ist aufs erste Hören und in Kenntnis seiner anderen hervorragenden Aufnahmen aus der Zeit etwas enttäuschend, es ist eher stockend, suchend und verhalten, auch deutlich romantisierender als die Aufnahmen von Horowitz oder Rachmaninov selbst. Deutlich lebendiger ist Janis, nachdem er auf der Aufnahme mit Munch vier Jahre vorher noch wesentlich stärker die jugendliche Virtuosität in den Vordergrund stellte (einen internen Vergleich der beiden Aufnahmen habe ich mir noch vorgenommen), agiert er 1961 wesentlich entspannter. Er muss hier nichts mehr beweisen. Klanglich sind beide gute "goldene" Original 3-Kanal-Stereo-Aufnahmen, wobei ich Cliburn weicher und diffuser als Janis finde.

Ashkenazy: Er ist zusammen mit Horowitz derjenige, von dem die meisten kommerziellen Aufnahmen des Konzerts vorliegen, mindestens vier. Gemeinhin wird die mächtige 1971er Aufnahme mit Previn als seine beste Aufnahme beurteilt, mir hat aber die 1963er Aufnahme mit Fistoulari, in der er noch die kürzere Kadenz spielt, in ihrer Eleganz, Klarheit und Schlankheit immer ebenfalls sehr gefallen. Ich kann mich hier nicht wirklich für eine Aufnahme der beiden entscheiden, deswegen mussten beide mit.

Argerich: Die einzige Dame in der Runde der männlichen Tastenlöwen wird oft mit der 1982er Aufnahme aus der Berliner Philharmonie als eine der Referenzaufnahme genannt. Das ist nicht von der Hand zu weisen, sie eröffnet ihr Spiel eher trocken, klar akzentuiert und nicht übermässig emotional, packt dann aber in der Kadenz unheimlich die Pranke aus. Das Zusammenspiel mit dem Orchester ist beispielhaft. Leider ist die frühe digitale Live-Aufnahme nicht frei von relativ deutlichen Publikumsgeräuschen, was mich persönlich doch etwas stört.

Bolet: Mit dieser Aufnahme habe ich das Konzert kennengelernt, ich habe immer noch die CD-Erstpressung, erschienen in den frühen 1980ern kurz nach Aufnahme des Konzerts. Das hat mich damals sehr beeindruckt und ich halte Bolet auch heute noch für wettbewerbsfähig. Natürlich war der damals fast 70jährige kein Heissporn mehr und seine Tempi sind eher langsam, im Vergleich ist das Orchester auch etwas behäbig, aber ein müdes Alterswerk ist die Aufnahme bestimmt nicht.

Matsuev: Nun kommen wir mit Matsuev (*1975) zum ersten der deutlich jüngeren und tief in der russischen Musikkultur verwurzelten Interpreten. Matsuev spielt wirklich exquisit, detailliert und pointiert, aber leidet etwas unter dem schwerfälligen Orchester unter Gergiev. Diese bleischwere russische Aura ist mir schon öfter negativ aufgefallen, leider so auch hier. Klanglich machen wir gegenüber den Digitalaufnahmen aus den 1980ern einen Quantensprung, besonders im Hinblick auf die räumliche Transparenz und das erheblich gesteigerte Klangvolumen des Flügels. Hier grollen die Akkorde und Läufe so richtig, ein Genuss !

Sudbin: Jetzt schlägt meine Zuneigung zu Sudbin (*1980) durch, aber ich kann nicht anders: Sudbin ist nicht der grosse Tastenlöwe, sondern sanftmütiger und nutzt das Konzert nicht als reines Vehikel für die Virtuosität, sondern arbeitet Details heraus, die bei den anderen Pianisten unterzugehen drohen. Trotzdem hat das eine Überzeugungskraft, die ich phänomenal finde. Dass der transparente und räumliche Klang der SACD das auch noch unterstreicht, macht es natürlich noch besser. Ganz hervorragend.

Trifonov: Er ist der jüngste (*1991) im Bunde, der mit seiner relativ neuen Aufnahme grosse Beachtung findet und letztlich auch diesen Vergleich bei mir (mit-)ausgelöst hat. Sein Spiel ist tatsächlich auch atemberaubend (Martha Argerich persönlich lobte es als aussergewöhnlich!), und in der Kadenz, wobei er bescheiden die kürzere verwendet, schichtet er die Klangmassen rhythmisch so fein abgestuft wie kein anderer (inklusive Sudbin !). Die gute Live-Aufnahme ohne Publikumsgeräusche kann aber natürlich nicht ganz mit den o.g. Mehrkanal-SACDs mithalten.

Würde ich gezwungen, ein Ranking der hier besprochenen Aufnahmen zu machen, sähe es wohl aktuell in etwa so aus wie unten. Wie meist bei mir gibt es keine Rangfolge, sondern eine Gruppe, innerhalb derer eine weitere Unterscheidung volatil und nicht sinnvoll ist. Rachmaninovs eigene Aufnahme sehe ich als Zeitzeugnis und nicht in ein derartiges Ranking einbeziehbar. Das alles ist eine Momentaufnahme und bewegt sich insgesamt auf hohem Niveau, keine Aufnahme ist schlecht !

Gruppe 1: Horowitz 1951, Ashkenazy 1971 oder 1963 (je nach Gusto), Sudbin 2017.
Gruppe 2: Janis 1961, Argerich 1982, Trifonov 2018
Gruppe 3: Cliburn 1958, Bolet 1983, Matsuev 2017.

Auch wie immer: Kommentare und Diskussionen erwünscht !

Gruss Michael
klutzkopp
Inventar
#12 erstellt: 10. Mai 2021, 07:33

arnaoutchot (Beitrag #11) schrieb:



Ashkenazy: Gemeinhin wird die mächtige 1971er Aufnahme mit Previn als seine beste Aufnahme beurteilt, mir hat aber die 1963er Aufnahme mit Fistoulari, in der er noch die kürzere Kadenz spielt, in ihrer Eleganz, Klarheit und Schlankheit immer ebenfalls sehr gefallen. Ich kann mich hier nicht wirklich für eine Aufnahme der beiden entscheiden, deswegen mussten beide mit.



Und die Aufnahmen mit Haitink? Wie würdest du die einordnen?

Gruß, Wolfgang
arnaoutchot
Moderator
#13 erstellt: 10. Mai 2021, 09:04
Die kenne und habe ich leider nicht. Von dem, was ich von Ashkenazy und auch Haitink generell kenne, gehe ich davon aus, dass sie sicherlich auch gut ist. Es gibt auch noch eine vierte Aufnahme von Ashkenazy mit Ormandy und dem Philadelphia Orchestra von 1975, die sehr gelobt wird. Kenne ich aber auch nicht. Ashkenazy/Haitink hat mein Streamer ...
op111
Moderator
#14 erstellt: 10. Mai 2021, 12:57
Zu den Aufnahmen von Janis/Dorati habe ich 2013 schon mal geschrieben:


op111 (Was hört ihr gerade jetzt ...Beitrag #11806) schrieb:
Rachmaninoff: Klavierkonzerte Nr. 1-3;
aus
Byron Janis - The Legendary Concerto Recordings
Rachmaninoff: Klavierkonzerte Nr. 1-3; Präludien op. 23 Nr. 6
& op. 3 Nr. 2
+Prokofieff: Klavierkonzert Nr. 3
+Schumann: Klavierkonzert op. 54; Arabeske op. 18
+Tschaikowsky: Klavierkonzert Nr. 1
+Liszt: Klavierkonzerte Nr. 1 & 2
+Mussorgsky: Bilder einer Ausstellung

Byron Janis, London Symphony Orchestra, Minneapois SO, Moscow Philharmonic Orchestra, RSO Moskau, Antal Dorati, Kyrill Kondrashin, Stanislaw Skrowaczewski, Herbert Menges, Gennady Roshdestvensky
Brilliant, ADD, 1960-1963 (C) Decca - Mercury Living Presence
jpc.de
Es gilt was ich bereits früher zu #2-3 geschrieben habe:
Harte und wenig räumliche frühe (ping-pong) Stereo-Aufnahme mit alterstypisch verfärbtem Klang (Vor-[ver/ent-]zerrung für amerikanische Lautsprecher jener Zeit?). Dominates, breitgezogenes Klavier.
Noch gut erträgliches Rauschen.
Aufgrund des Klanges für mich über Kopfhörer nicht zu ertragen.

Nach meinen Recherchen handelt es sich um die Lizenzausgebe der berühmt/berüchtigten "Mercury Living Presence"-Aufnahmen. Klangtechnisch wird das Niveau bei weitem nicht erreicht, das zu jener Zeit europäische Firmen wie DG, Decca und EMI boten.
Man vergleiche einmal mit der aktuellen Klemperer-Edition.
:prost


Bevor dies falsch verstanden wird, muß ich noch ergänzen:
Für den nicht konzerterfahrenen Hörer mag das ja spektakulär und direkt, v.a. das Klavier, klingen.
Auch in weniger ruhigen Umgebungen (Auto, Bahn etc.) machen sich die geringe Dynamik und Überpräsenz des Nutzsignals wohltuend bemerkbar.
Im Direktvergleich mit Pegelausgleich fallen die Defizite zu modernen Aufnahmen aber schon deutlich auf.


Franz


[Beitrag von op111 am 10. Mai 2021, 12:59 bearbeitet]
op111
Moderator
#15 erstellt: 10. Mai 2021, 13:04

klutzkopp (Beitrag #12) schrieb:

Und die Aufnahmen mit Haitink? Wie würdest du die einordnen?
Gruß, Wolfgang


Hallo Wolfgang,
die Aufnahmen mit Haitink habe ich.
Aus der Erinnerung meine ich, daß das Klavier gegenüber der Previn-Aufnahme etwas mehr in den Orchesterklang eingebettet ist, die Dynamik insgesamt größer.
Lange nicht mehr gehört.
op111
Moderator
#16 erstellt: 10. Mai 2021, 13:08
Bevor es untergeht,

vielen Dank Michael!
Wie immer ein - soweit die Aufnahmen bei mir verfügbar sind - sehr klarer und nachvollziehbarer Vergleich.

Franz
arnaoutchot
Moderator
#17 erstellt: 10. Mai 2021, 14:10

op111 (Beitrag #14) schrieb:
Nach meinen Recherchen handelt es sich um die Lizenzausgebe der berühmt/berüchtigten "Mercury Living Presence"-Aufnahmen. Klangtechnisch wird das Niveau bei weitem nicht erreicht, das zu jener Zeit europäische Firmen wie DG, Decca und EMI boten.
...
Im Direktvergleich mit Pegelausgleich fallen die Defizite zu modernen Aufnahmen aber schon deutlich auf.


Danke, Franz. Ich darf dann - wie schon öfter getan - anmerken, dass die Remasterings der Mercury und RCA SACDs und der dazugehörigen CD-Schicht deutlich besser sind als die vorherigen digitalen Zweikanal-Veröffentlichungen der Aufnahmen aus den 1980ern. Ich denke, ich habe in meinem Vergleich auch klargemacht, dass sie sich in Sachen Klangqualität mit den neuen SACDs (9, 10) nicht messen können.


[Beitrag von arnaoutchot am 10. Mai 2021, 14:11 bearbeitet]
op111
Moderator
#18 erstellt: 10. Mai 2021, 17:32
Hallo Michael,
aber sicher, meine damaligen Beobachtungen im zitierten Kontext beziehen sich nur auf Stereo-Tonträger.

Vermutlich lässt sich bereits durch sorgfältig angepasste Entzerrungskennlinienauswahl bei den Bändern einiges verbessern.
Aber die Mühe bedeutet Aufwand und kostet damit Geld, das nicht jede Firma in alte Tonträger mit Minderheitenrepertoire investieren möchte.

Im normalen Hausgebrauch wird oft auch die seit den 1980ern immer wieder erweiterte Dynamik als Nachteil empfunden.
Jedenfall beschweren sich nicht wenige in meinem Bekanntenkreis darüber, daß man ppp kaum noch aus dem Umgebungsgeräusch wahrnehmen kann, leise Passagen farblos fahl klingen und auch wegen der übertriebenen ff-Explosionen dauernd die Lautstärke nachgestellt werden muß.
Jüngstes Beispiel ist die von solcher Manieriertheit durchzogene 7. Beethoven mit Currentzis.

Franz


[Beitrag von op111 am 10. Mai 2021, 17:34 bearbeitet]
FabianJ
Inventar
#19 erstellt: 16. Mai 2021, 21:08
Hallo Michael,

vielen Dank für dein interessanten Aufnahmenvergleich von Rachmaninoffs dritten Klavierkonzert. Bei mir sind nur vier Einspielungen des Konzerts „vorrätig", darunter auch die Einspielung von Jewgeni Sudbin. Ich empfinde sein Album mit dem zweiten und dritten Klavierkonzert als den krönenden Abschluss von seiner Gesamtaufnahme von Rachmaninoffs Klavierkonzerten. Großartiges Klavierspiel trifft auf orchestrale Begleitung und Tontechnik auf demselben Niveau. Die Einspielung von Klavierkonzert Nr. 2 steht dem kaum nach.

Falls Dir mal langweilig sein sollte, über einen ähnlichen Vergleich mit der Paganini-Rhapsodie würde ich mich freuen.

Mit freundlichem Gruß
Fabian
arnaoutchot
Moderator
#20 erstellt: 16. Mai 2021, 21:24

FabianJ (Beitrag #19) schrieb:
Falls Dir mal langweilig sein sollte, über einen ähnlichen Vergleich mit der Paganini-Rhapsodie würde ich mich freuen. :)


Hallo Fabian, danke für Dein Feedback (Yevgeny Sudbin 👍) und Deine Anregung mit der Paganini-Rhapsodie. Kann ich gerne aufnehmen, ich glaube allerdings nicht, dass ich da allzuviele Aufnahmen davon habe (ich unterschätze aber die Zahl der vorhandenen Aufnahmen bei mir stets grob !).

Als nächstes plane ich einen Vergleich der bei mir vorhandenen Aufnahmen von Prokofievs 2. Konzert. Dazu bald mehr in diesem Theater !
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