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Klemperer, Otto: Ein Gigant.

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s.bummer
Hat sich gelöscht
#51 erstellt: 15. Dez 2004, 20:13
Hallo Lasse
zur Info: S=Säure ist der Spitzname von Emil Bummer und der wiederum ist einer der vielen kleinen Charaktere in Gravitys Rainbow von Thomas Pynchon.
Daher auch der Nickname.
So, nun zu dem Buch, dass Du ergattert hast.
Eine kluge Wahl. Klemp erzählt dort sein Leben.

Aber eben dieser Heyworth hat dann zwei Bände einer Biografie herausgebracht und daran ca. 15 Jahre bis zu seinem Tod 1991 gearbeitet.

Dieses Meisterwerk ist dann vollendet worden von Heyworth- Vertrauten und 1995 erschien, nachdem 1982 der erste Band erscheinen konnte, endlich der zweite.
Der erste Band, der die Jahre 1885 bis 1933 umfasst erschien auch auf deutsch übersetzt unter dem Titel:
Otto Klemperer, Dirigent der Republik.
Sehr lesenswert sind beide Bände, durch unzählige Quellen wird nahezu alles belegt und der Autor hält sich mit unzulässigen Formulierungen überall zurück.
Was belegbar ist, wird gesagt, worüber man nicht reden kann, darüber muß man schweigen.
Ich gebe zu, dass mir das Werk manchmal mehr imponiert hat als der Gegenstand, denn der war, man verzeihe mir, nicht unbedingt ein Objekt der Verehrung.
Das er ein toller Dirigent war, kann ich an ca. 300 Aufnahmen, hatte mal ne Sammelwut, nachweisen.

Gruß S.
paul_k
Ist häufiger hier
#52 erstellt: 16. Dez 2004, 07:22
Hallo Forianer

Bezüglich der Einspielungen von Beethoven Symphonien mit Otto Klemperer möchte ich auf einen Mitschnitt von den Wiener Festwochen 1960 aufmerksam machen, wo Otto Klemperer mit dem Philharmonia Orchestra London zu Gast war.
Zwar sind alle Aufnahmen in Mono, doch ziehe ich diese Aufnahme den EMI Studio Aufnahmen noch vor. Hier wird die Musik wie in Granit gemeißelt. Eine wunderbare 9.Symphonie mit Fritz Wunderlich in der Tenor Partie.

Die Aufnahme ist bei Music&Art erhältlich. Ich habe sie vor zwei Jahren in der Schweiz erstanden, daher weiss ich nicht, ob sie auch hier in Deutschland zu haben ist.

Seitdem zählt die Aufnahme der Beethoven Symphonien zu meiner bevorzugten.

viele Grüsse

Paul
Arash
Neuling
#53 erstellt: 28. Dez 2004, 01:08
Hallo,
ich bin Arash. Heute abend bin ich durch Zufall auf das Forum "Klemperer" gestoßen. Es hat mich sehr gefreut zu sehen, dass es so viele Menschen gibt, die Otto Klemperer sehr schätzen und verehren.
Ich habe einige Beiträge durchgelesen und habe viele meiner eigenen Gedanken wiedergefunden, sodass ich nicht viel über Otto Klemperer sagen möchte. Vielleicht nur das: Otto Klemperer ist für mich der einzige Dirigent, der die Sprache der Musik verstand.
Mein Anliegen ist dieses, und da bitte ich Sie/Euch, mir zu helfen: Ich möchte wissen, ob es eine "Otto-Klemperer-Gesellschaft" gibt, und wenn nein (was ich annehme), wie es möglich ist, eine solche Gesellschaft zu gründen. Ich weiß überhaupt nicht, wie man so was macht.
Danke und Grüße von
Arash!
s.bummer
Hat sich gelöscht
#54 erstellt: 28. Dez 2004, 21:17
Hallo,
bei aller Sympathie für diejenigen, die Old Klemp als Dirigenten beeindruckend fanden, so muß ich doch darauf hinweisen, dass der alte Meister seinen Interpretationsstil grundsätzlich zwar nie, aber im Detail doch des Öfteren geändert hat.
Man vergleiche Mahler 2 von 1951, 1962, 1966 und 1971
oder frappierender Beethoven 7 von 1951, 1955, 1960 und 1968.
Solche Unterschiede gab/gibt es nur bei wenigen Dirigenten.
Insofern muss sich der Fan auf allerlei Überraschungen einstellen, wenn er sich das gesamte Repertoire erschließt.

Ich erwähne hier mal meine momentanen Highlights (alle von Testament, leider teuer!!).
Beethoven Klavierkonzerte 3-5 1957 Live mit Claudio Arrau
Beethoven Violinkonzert 1959 Live mit Hendryk Szeryng
Beethoven/Mozart 1964 Live
und
Weill "Kleine 3 Groschen Musik" 193X (X=0,1 oder 2) aufgenommen.

Gruß S.
AcomA
Stammgast
#55 erstellt: 28. Dez 2004, 22:59
hallo kratopluk,

das buch 'gespräche mit klemperer' hatte ich mir vor etwa 25 jahren ebenfalls aus der stadtbibliothek ausgeliehen und komplett gelesen.

es ist zum einen sehr aufschlussreich den charakter klemperers betreffend und zum anderen ein wichtiges zeitgeschichtliches dokument, da es nicht nur um musik sondern auch um das damalige gesellschaftliche und politische umfeld handelte. ich hatte schon den eindruck eines etwas sturen und leicht verbitterten mannes. wahrscheinlich sind diese gespräche schon nach seinem schlaganfall aufgenommen worden, was eine erklärung für diese unangenehmen 'side-effects' ist. ich kann das buch wärmstens empfehlen !

lieber arash, zu behaupten, dass nur ein einziger auf dieser welt die sprache der musik verstand, entbehrt jeglicher vernunft ! auch andere verstanden oder verstehen musik, instrumentalisten, dirigenten, zuhörer. aber wahrscheinlich wolltest du zum ausdruck bringen, dass du ein echter klemperer-fan bist.

gruß, siamak
s.bummer
Hat sich gelöscht
#56 erstellt: 29. Dez 2004, 21:16
Tschuldigung Siamak,
aber der alte Klemperer hatte nie einen Schlaganfall.
(Beweis: Heyworth 2 bändige Biografie mit seitenlangen Indizes über Krankengeschichten aber keinem Schlaganfall darunter)
Das ist vermutlich schlicht ein Übersetzungsfehler aus englischen Begleittexten, wo die Deutschen aus dem Stroke (=Schicksalsschlag (davon gabs es bei Klemperer etliche), aber auch Schlaganfall) dann den Schlaganfall konstruierten.

Die Gespräche mit Heyworth, 1970 zu Klemperers 85. aufgenommen, sind eben so wie er in der Kommunikation war, kurz und knapp.
Eine Form von Verbitterung kann ich nicht erkennen. Er war nur eben sehr distanziert und kurz angebunden gegenüber sehr vielen Dingen. Das verstört gerade heutige Leser.
Er hat ja auch keinen geduzt außer Ernst Bloch und Verwandte.

Es gibt noch ein anderes Buch von Klemperer, da war er genauso:
"Otto Klemperer, Über Musik und Theater" Heinrichshofen Verlag, Wilhelmshaven.
Da schreibt Klemperer persönlich, sehr knapp und lakonisch. Wenn ich es lese, denke ich mir immer, warum hat der Mensch nicht die Geduld, ausführlicher zu schreiben?
(Beispiel: "1933 flog ich aus Deutschland wenn auch nicht mit dem Flugzeug")

Gruß S.
AcomA
Stammgast
#57 erstellt: 29. Dez 2004, 21:28
hallo s. bummer,

wie erklärst du dann die in einem filmdokument eindeutig nachweisbare spastische hemiparese (halbseitenlähmung) rechtsseitig und motorisch-aphasische störung (sprachstörung) passend zu einem linkshirnigen infarkt/schlaganfall .

gruß, siamak
s.bummer
Hat sich gelöscht
#58 erstellt: 29. Dez 2004, 22:11
Hallo Siamak,
ganz einfach:
Klemperer wurde Ende 1939 ein Hirntumor von der Größe einer Mandarine entfernt. Wahrscheinlich resultierte der "gutartige" Tumor von einem Bühnsturz Mitte der 30iger Jahre. Der Arzt war übrigens sein Vetter Georg, wie übrigens Victor ein anderer Vetter war.

Seit dieser Zeit litt er als Folge zunächst schwer, er mußte im Sitzen dirigieren, konnte die rechte Körperhälfte nicht kontrolieren, etc. dann weniger werdend (ab 1955) an Lähmungen der rechten Körperhälfte.
Die Folgen wurden dann im Alter wieder beschwerlicher.

Dass er überhaupt die Operation überstanden hat, ist nahezu ein Wunder in Anbetracht der damaligen Operationstechnik gewesen.

Gruß S.
antiphysis
Stammgast
#59 erstellt: 29. Dez 2004, 22:15
Umso höher ist die Leistung Klemperers einzuschätzen. Er muss eine eindrucksvolle Persönlichkeit gewesen sein, da er trotz seins Handicaps den Orchestern so überzeugend sein musikalisches Wollen abforderte - im positiven wie negativen Sinn.

Grüße
s.bummer
Hat sich gelöscht
#60 erstellt: 29. Dez 2004, 22:38
Hallo,
ich kopiere mal einen Teils eines Beitrags von mir aus einem anderen Thread (Thielemann ),- ich hoffe es wird mir verziehen-.

"Die vielen Krankheitsgeschichten, die in Deutschland über Old Klemp in Umlauf sind, geben nur einen Teil wieder. Er litt Zeit seines Lebens an Zyklotomie, also an manisch depressiven Zuständen.

Depressionen dauerten Jahre, die manischen Zustände ebenso.

Die Hirnoperation hatte zur Folge, dass er einen manischen Schub hatte, wie er vorher nicht aufgetreten war.

Das erklärt die Geschichten mit der Nervenheilanstalt, mit dem Aufgreifen nachts in Los Angeles und anderes mehr.
In manischen Zeiten mußte man (Seine Frau, später seine Tochter Lotte) auf ihn aufpassen.
Er verspielte sein Geld, forderte entsprechend Vorkasse bei Konzerten, hatte das Geld schon vor dem Auftritt ausgegeben, stellte Nachforderungen und so weiter.
Auch reiste noch als Mitachtziger dem Orchester, das auf Gastspielreise war, hinterher, weil er auf eine rothaarige Cellistin scharf war.
Eine Anekdote um den schon sehr alten Herrn: Tochter Lotte kommt ans Hotelzimmer, tritt ein, findet eine Frau beim Vater im Bett. Er, "Das ist meine Tochter Lotte und wer sind Sie nochmal?"

In Zeiten der Depression war er mit allem unzufrieden, redete kaum, verlor Gewicht und probte unablässig, während er in manischen Zeiten darauf kaum Wert legte. Auch in diesen Zeiten mußte man auf ihn aufpassen.

Tja, Old Klemp war eben ganz anders als man so denkt.

Woher weiß ich das?
Peter Heyworth: Otto Klemperer, His Life and Times, 2 Bände bei Cambridge.
Heyworth war auch derjenige, der ein dickes Gesprächsbuch mit Klemperer veröffentlichte.

Band 1 ist auch auf deutsch erschienen. Otto Klemperer Dirigent der Republik, so hieß das Buch. Auf jeden Fall lesenwert.
In der Nachkriegszeit kann man folgende Jahre einordnen:
Manisch: 1946-1951 (Rückreise nach Amerika, Hüftbruch auf dem Flughafen, Einzug des Reisepasses infolge der McCarthy Umtriebe, daher Pause bis 1954
1954 - 1957 Depressiv
Beginn der manischen Phase Anfang 1958, September 1958 Brandunfall
Ende der manischen Phase Sommer 1962
Depressiv bis ca. Ende 1965
Danach Abflachen der Kranheitsverläufe mit einem manischen Ausreißer 1967, ausgerechnet zur Zeit der bayreuther Festspiele, wo der 82-jährige das nichtvorhandene Nachleben Bayreuths auskosten und die Wagners überreden wollte, im Festspielhaus Mozarts Zauberflöte aufzuführen.

In der Biografie ist dagegen kein Wort von irgendeinem Schlaganfall (engl. Stroke).
Gegen Lebensende wurde Klemperer von schweren Harnwegeinfektionen geschwächt, deshalb holte er sich auch den ärztlichen Rat, am 22.01.1972 NICHT Bruckners 7. aufzuführen.
Damit ausgestattet, sagte er alle Live-Konzerte für immer ab und trat als Chefdirigent des New Philharmonia Orchesters zurück. Ein Jahr später entsagte er auch allen Studioplänen.
Deshalb sind die letzten Aufnahmen von ihm aus dem September 1971.

Wie gesagt, das kann man alles bei Heyworth nachlesen. Es sind fast 1000 Seiten, sehr spannend und informativ. Und immer werden alle Fakten belegt.
Und hinterher ist man ganz verwundert."

Gruss S.
antiphysis
Stammgast
#61 erstellt: 29. Dez 2004, 22:50
Wenn ich das so lese, kann ich nur die Diszipliniertheit der Orchester bewundern. Insgesamt: Was von Klemperer musikalisch überliefert ist, ist auch des Überlieferns wert.

Bei der Gelegenheit kommt mir folgendes Erlebnis in den Sinn: Am 2. Weihnachtsfeiertag wurde aus Bachs Weihnachtsoratorium ein Teil in der Darstellung durch Karl Richter gesendet (SWR 2). Die Ankündigung war fast entschuldigend - was sehr verständlich ist. An KR ist wohl immernoch schätzenswert seine Liebe zu Bach. Aber die symphonische Darstellung und der inzwischen fast unerträgliche Chor sind schon schwer verdaulich.

Da ist Klemperer doch ein ganz anderes Kaliber. Teilweise schwer spätromantisch (v.a. in Bezug auf Beethoven), aber dann so eigenwillig, dass es doch Klasse hat.

Grüße
s.bummer
Hat sich gelöscht
#62 erstellt: 29. Dez 2004, 23:05

antiphysis schrieb:
Teilweise schwer spätromantisch (v.a. in Bezug auf Beethoven
Grüße

Hallo,
ich muß doch (leider!) widersprechen.

Klemperer war nun alles andere als ein Spätromantiker.

Dieses Etikett kann man bei bösem Willen Furtwängler oder Bernstein (dem besonders) und heute vegetativ um sich fuchtelnden Herren umhängen, aber nicht Klemperer.

Allerdings ist Klemperers Bach sehr altmodisch (fettes Orchester, plumpe Tempi etc.), aber ebenfalls keinesfalls romantisch.
Dann höre bitte bei Bach mal eben den Herrn Richter, oder Furtwängler. Der macht da Filmmusik draus (wenn auch gut!).

Gruß S.
AcomA
Stammgast
#63 erstellt: 30. Dez 2004, 22:07
hallo s. bummer,

ich danke dir für die interessanten ergänzungen. das waren für mich neue fakten. als neurochirurg kann ich vermuten, dass o. klemperer entweder gestürzt ist und sich dann den 'gutartigen tumor' zugezogen hat, dann wäre es ein bluterguss zwischen schädelknochen und hirnhaut oder zwischen hirnhaut und gehirn, was auch damals eine gute prognose hatte. oder er zog sich den sturz infolge eines schon existierenden tumors zu, z. b. infolge eines krampfanfalles oder der beginnenden lähmungserscheinung, dann wäre es hochwahrscheinlich ein meningeom gewesen, welches dann eine echte gutartige geschwulst/neubildung ausgehend von der hirnhaut wäre. auch dieser tumor hatte bei günstiger lage damals eine ganz passable prognose. sicherlich waren die damaligen bedingungen für den patienten unerträglich, alleine schon die diagnostischen maßnahmen.

gruß, siamak
antiphysis
Stammgast
#64 erstellt: 30. Dez 2004, 22:21

s.bummer schrieb:

antiphysis schrieb:
Teilweise schwer spätromantisch (v.a. in Bezug auf Beethoven
Grüße

Hallo,
ich muß doch (leider!) widersprechen.

Klemperer war nun alles andere als ein Spätromantiker.

Dieses Etikett kann man bei bösem Willen Furtwängler oder Bernstein (dem besonders) und heute vegetativ um sich fuchtelnden Herren umhängen, aber nicht Klemperer.

Allerdings ist Klemperers Bach sehr altmodisch (fettes Orchester, plumpe Tempi etc.), aber ebenfalls keinesfalls romantisch.
Dann höre bitte bei Bach mal eben den Herrn Richter, oder Furtwängler. Der macht da Filmmusik draus (wenn auch gut!).

Gruß S.


Da würde ich nun wiederum Einspruch erheben. Bernstein würde ich eher als Post-Spätromantiker bezeichnen. Allerdings hat er in Bezug auf die Klassiker manchmal ein wahrhaft glückliches Händchen. Bei Haydn bringt er den Witz der Londoner Symphonien doch recht deutlich rüber, wenn auch in herkömmlicher Orchesterbesetzung und -arbeit. Über Herrn Richter bzw. dessen Orchester- bzw. Chorkultur habe ich mich anderweitig schon ausgelassen.
Furtwängler sei Einiges verziehen, da er die Überlegungen zu "Originalklang und historischer Aufführungspraxis" nicht mehr erleben konnte.

Bach mit Klemperer habe ich bislang nicht gehört (da lauert eine Versuchung). Klemperers Beethoven halte ich nach wie vor allerdings für schwer spätromantisch dargestellt - wie schon erwähnt: allerdings mit soviel Eigensinn, dass es eigentlich schon wieder Spaß macht!

Grüße
s.bummer
Hat sich gelöscht
#65 erstellt: 30. Dez 2004, 22:40
Hi,
ich finde an dieser Stelle sollten wir uns nicht streiten, sondern vielleicht mal bei anderer Gelegenheit die Terminologie klären.
Was ist spät- was ist postspät- und was ist romantisch als Dirigierstil?
OK (Abkürzung für Klemperer) galt immer als Dirgigent einer Sachlichkeit, die sich, zwar wurzelnd im 19. Jahrhundert, gegen die falschen überlieferten Traditionen stemmend auszeichnete.
Dass sich 30 Jahre nach seinem Tod nun manche Aufnahme bei heutigen Hörgewohnheiten so anhört, als gehöre er mehr zu der Tradition, der er entweichen wollte, als zu den Neuerern, ist sicherlich nicht zu vermeiden, wenn (das soll nicht arrogant klingen) man nicht die historische Kette der Interpretationsentwicklung im Kopf hat und vor allem HABEN KANN (ich auch nicht). Dadurch wird der Bruch, den er vollzog, nicht mehr so sichtbar.
Aber vielleicht hilft als Stütze ein Hinweis.
Viele Dirigenten haben ja Nachfolger gehabt, im Geiste oder als Schüler.
OK hatte da eigentlich keine, die man direkt als Schüler bezeichnen kann.
Aber in seinen letzten Jahren hat er ein sehr intensives Verhältnis zu Boulez gepflegt, den er schätzte und von dem er behauptete, er selbst würde wahrscheinlich so dirgieren, wenn er jünger wäre.

Gruß S


[Beitrag von s.bummer am 30. Dez 2004, 22:49 bearbeitet]
antiphysis
Stammgast
#66 erstellt: 30. Dez 2004, 23:10
Hallo S. Bummer,

ich habe das Gefühl, dass sich da ein Missverständnis auftut:
Ich konotiere Spät- bzw. Post-Spät-Romantik keineswegs negativ! Darum habe ich auch kein Problem, Klemperer als Spätromantiker aufzufassen, und seine Interpretationen dennoch zu goutieren.
Der eklatante - und mir gegenwärtige "abschreckende" - Antipode (und durch und durch Spätromantiker) ist mir Karl Richter.
Klemperer sehe ich daher eher als kritischen Spätromantiker der "durch und durch" in seiner Zeit steht, d.h. er ist keinesfalls rückwärts gewandt (wie Richter, der sich Neuem offenbar unaufgeschlossen zeigte) - daher halte ich alles, das ich von Klemperer kenne, auch nach Jahrzehnten (!), für mehr als hörenswert!

Boulez ist für mich, nur nebenbei bemerkt, ein Meilenstein - sowohl als Komponist, als auch als Dirigent. Es genügt wohl ein Blick auf seine Diskograpihe, um zu sehen, was ihm wichtig ist - und vielmehr, eine profunde Darstellung erfährt (wie auch immer man dazu stehen mag, was Boulez veröffentlicht, hat Klasse!).

Über Dirigier- bzw. Interpretrtionsstile in welcher romantischen Version auch immer lässt sich trefflich streiten. Das sollte vielleicht anderweitig wirklich vertieft werden. Anregend wird es wohl allemal werden.

Grüße


[Beitrag von antiphysis am 30. Dez 2004, 23:26 bearbeitet]
vanrolf
Inventar
#67 erstellt: 28. Jul 2005, 21:50
Hallo zusammen,

eine Gelegenheit, Klemperers Sicht auf Bach neu kennenzulernen und zu beurteilen erscheint am 29.08.2005 bei EMI in der Reihe "Great Records of the Century":



Johann Sebastian Bach - Messe h-moll BWV232
Agnes Giebel, Janet Baker, Nicolai Gedda, Hermann Prey, Franz Crass, BBC Chorus, New Philharmonia Orchestra / Otto Klemperer (2 CDs, Aufnahme von 1967)

Ich weiß nicht, ob es sich um die Aufnahme aus der Kingsway Hall oder aus der Royal Festival Hall handelt, jedenfalls stammt sie von 1967. Beide gab es meines Wissens auch schon einmal auf CD. Wer kennt diese Einspielungen und kann etwas dazu sagen?

Gruß Rolf


[Beitrag von vanrolf am 28. Jul 2005, 21:59 bearbeitet]
op111
Moderator
#68 erstellt: 29. Jul 2005, 07:50
Hallo Rolf,
die CD hatte ich mal in anderer Verpackung:

BBC Chorus (Chorus Master: Peter Gellhorn) / New Philharmonia Orchestra

Soprano: Agnes Giebel; Mezzo-soprano: Janet Baker; Tenor: Nicolai Gedda; Baritone [No. 18]: Hermann Prey; Bass [No. 10]: Franz Crass
Otto Klemperer
EMI Classics Oct-Nov 1967 2-CD / TT: 135:40

ich kann mich aber nicht daran erinnern, ob der Aufnahmeort angegeben war.
Zur Aufnahme kann ich nichts sagen, Bach macht mich oft entsetzlich müde ...


Franz


[Beitrag von op111 am 29. Jul 2005, 07:54 bearbeitet]
s.bummer
Hat sich gelöscht
#69 erstellt: 30. Jul 2005, 15:55
Oh, weh! Die h-moll Messe.
Rolf, diese Aufnahme stammt aus der Kingsway Hall und wurde zwischen dem 18.10 und 10.11 1967 aufgenommen.
Wenn es nach der Literatur geht, hat Klemperer hier erstmals auf das Gespann Philharmonia Chor und Wilhelm Pitz verzichtet und bewußt ein kleineres Ensemble, den BBC Chor, gewählt. Doch auch hier schon mit den ab Ende 1967 bei Klemperer üblichen bleischweren Tempi.
Er war allerdings nicht von seinem Vorhaben abzubringen, das Werk ohne Chorleiter aufzunehmen, immerhin hatte er das Werk schon in den 30iger Jahren (Dezember 1932) mit großem Erfolg aufgeführt. Seit dem aber nicht mehr!!
Die Liveaufnahme, ein paar Tage später aufgenommen am 16.11 1967 ist nur unwesentlich frischer. (Hunt Production)
Anders, wenn auch opulenter, war Klemperers Versuch im Dezember 1961, das Werk mit großem Chor (wie auch 1932!!) einzuspielen. Erst vor wenigen Jahren wurden die Aufnahmen von Testament publiziert. Immerhin sind die wesentlichen Chöre der h-moll Messe so festgehalten worden.
Mein Fazit: Für Klemperer Fans ist die h-moll Messe sicherlich eine Bereicherung, für Bach Begeisterte eine seltsame Begegnung.

Gruß S.


[Beitrag von s.bummer am 30. Jul 2005, 16:01 bearbeitet]
vanrolf
Inventar
#70 erstellt: 30. Jul 2005, 23:44
s.bummer schrieb:

Für Klemperer Fans ist die h-moll Messe sicherlich eine Bereicherung,...


Hallo s.bummer,
Du bist ja nun wirklich einer davon, also fasse ich Deinen Beitrag als Empfehlung auf

Im Ernst, danke für die detaillierten Informationen, ich nehme sie natürlich zur Kenntnis, speziell die "Warnung" bezüglich der Chöre, obwohl: den Gedanken an Chöre in bleischweren Tempi finde ich nicht nur abstoßend...
Andererseits frage ich mich auch, wann mir mal eine Klemperer-Aufnahme begegnet, die ich schlecht finde oder mir gar nicht gefällt.
Seine vielgescholtene Mahler7 z.B. kann ich mir über weite Strecken gut und mit Genuß anhören.

Gruß Rolf


[Beitrag von vanrolf am 30. Jul 2005, 23:45 bearbeitet]
s.bummer
Hat sich gelöscht
#71 erstellt: 31. Jul 2005, 10:17
Hallo Rolf,
Du provozierst eine Frage nach "Klemperer Gurken".
Als Fan von OK findet man (ich?) natürlich alles erst mal gut, aber im Ernst, es gibt Aufnahmen, die hätten nicht erscheinen dürfen.
Zum einen, weil sie so schlecht gemacht sind (Aufnahmetechnik, Orchester, oder Repertoire) oder weil der alte Herr außer Form war:
Zur ersten Kategorie würde ich zählen:
OK mit Guiomar Novaes und Chopin
OK mit Arrau und Chopin
Der Torso der 3. Sinfonie Mendelsohns bei Vox

Wer sich über einen OK, der noch sehr umstritten war, informieren will, dem sei die DoppelCD aus der Serie Great Conductors of the 20.th Century angedient. Da findet man seinen Mozart von 1950 in haarsträubend schnellen Interpretationen.

Zur zweiten Kategorie gehören mich einige Spätwerke.
Die Drittaufnahme von Beethoven 7 von 1968,
die Zweitaufnahme der Orchestersuiten Bachs von 1970; die Aufnahmen von 1954 sind um einiges frischer und packender, die leider doch veröffentlichte Petruschka.
Dann zähle ich die Liveaufnahmen von Beethoven 4 und 5 (München), den Sommernachtstraum von 1969 (live) und auch die 9. Mahlers mit den Wiener Philharmonikern nicht zu Sternstunden von OK.
Und ehrlich: mit Gielen oder Scherchen kann seine Interpretation von Mahler 7 nicht (mehr) mithalten.
Schließlich ist auch die Oper "Cosi fan tutte" wirklich nur was für ganz ganz große Fans von ihm.

Dagegen sind seine letzten Plattenaufnahmen(Mozart Serenade Nr. 11 und Haydn Sinfonie Nr. 92) von allerfeinster Qualität.
Und wenn man bedenkt, dass Heyworth im Jahre 1996 214 existierende Studioaufnahmen und 142 Liveaufnahmen benennt, wobei die letzte Zahl heute locker bei 180 liegend dürfte, dann muss man erstaunt sein, gerade in Anbetracht der Macken von OK (siehe oben), dass so erstaunlich viel Qualität dabei ist.


Beste Grüße S.
s.bummer
Hat sich gelöscht
#72 erstellt: 26. Mrz 2007, 19:01
Beim Stöbern im Internet:
Auf www.youtube.com kann man sich im quasi Daumenkinoformat die komplette Eroica von 1970 zum 85. Klemps anschauen. Nach Otto Klemperer suchen!
Es war der letzte komplette Zyklus, den er dirigierte und der von der BBC aufgezeichnet wurde. Meines Wissens hat er die Eroica dannach nur noch im Okt. 1970 in Bonn dirigiert.
Man sieht übrigens sehr schön die deutsche Aufstellung.
Und wer das Zeugs daunlohden kann, verrate mir den Trick.
Gruß S:
Martin2
Inventar
#73 erstellt: 26. Mrz 2007, 19:32
Beim Download einer Datei gehst Du statt mit der linken mit der rechten Maustaste auf die Zeile mit der Du die Datei öffnest. Wenn Du einmal mit der rechten Maustaste drauf geklickt hast, öffnet sich ein Fenster ( hab ich probiert, klappt). Dort erscheint u.a. Ziel speichern unter. Da klickst Du dann, diesmal wieder mit der linken Maustaste drauf. Dann müßte es klappen


[Beitrag von Martin2 am 26. Mrz 2007, 19:33 bearbeitet]
Hüb'
Moderator
#74 erstellt: 27. Mrz 2007, 04:21
Hier der Verweis auf ein Firefox-Plug-in, mit dem es gehen soll:
http://www.hifi-foru...read=2092&postID=8#8

Grüße

Frank
vanrolf
Inventar
#75 erstellt: 27. Mrz 2007, 08:47
Hi,

so wie Martin es beschrieben hat, hat es bis vor kurzem tatsächlich funktioniert, es war ganz einfach .
Gestern habe ich es nochmal versucht - Fehlanzeige, leider .

Gruß Rolf
Joachim49
Inventar
#76 erstellt: 27. Mrz 2007, 09:20

Kratopluk schrieb:

Was Klemperes Leben und seine "Macken" anbelangt, ....



Vor einigen Jahren habe ich die Heyworth Biohgraphie gelesen (Bibliothek) und seitdem verzweifelt im Buchhandel gesucht.
Aus Heyworth Buch geht hervor, dass Klemperer manisch-depressiv war. Das klingt für manche vielleicht nicht so schlimm, aber es bedeutete, dass Klemperer nur zwischen den ups und downs sinnvoll arbeiten konnte. Wer wissen will was der manische Klemperer angestellt hat, sollte sich im Buch mal das Foto ansehen, wo er nach einem nächtlichen Spaziergang mit blutigem, verbundenem Kopf auf einer Polizeistation sitzt.

Zum musikalischen: sein Beethoven ist mir viel zu langsam, aber wirklich viel zu langsam. Eine Beethoven-Sinfonie muss drive haben (wie bei Scherchen). Natürlich ist es interessant einen Zeitlupen-Beethoven zu hören, aber dennoch gehört es in die Rubrik 'Fehlinterpretation'.

Ich schätze dagegen sehr seinen Bruckner (kenne 6-8) (nr 9 ist seit Jahren vom Markt verschwunden), seinen Wagner und Mahler.
Freundliche Grüsse
Joachim
SirVival
Hat sich gelöscht
#77 erstellt: 28. Mrz 2007, 08:17
Hi,

hier zur Abwechslung in eurer drögen Diskussion mal eine Anekdote zu Klemperer:

Klemperer nannte Fischer-Dieskau immer nur Fischer, was den (extrem eitlen) Sänger so ziemlich verdross. Eines Tages probten sie Mahlers Lieder eines Fahrenden Gesellen. F.-D. war mit der Tempowahl des Dirigenten nicht einverstanden und am Tag nach der ersten Probe sagte F.-D. zu Klemperer:"Maestro, heute Nacht ist mir Mahler im Traum erschienen und hat bestätigt, dass meine Auffassung vom Werk die richtige sei".
Klemperer antwortete nichts, sondern setzte die Proben in seinem Sinne fort.
Am nächsten Morgen bölkte Klemperer dem Sänger entgegen: "Sie, Fischer, heute Nacht ist mir Mahler auch im Traum erschienen. Der kennt Sie gar nicht."

Gruß


[Beitrag von SirVival am 28. Mrz 2007, 08:21 bearbeitet]
Tannhaeuser
Ist häufiger hier
#78 erstellt: 28. Mrz 2007, 11:40
Wenn wir schon bei Klemperer und FiDi sind, da gibt es noch weitere Geschichten. Einmal setzte Klemperer in der Berliner Oper heimlich einen Geldpreis aus, daß alle Leute zu FiDi nur "Herr Fischer" sagen sollten, was diesen schier in den Wahnsinn trieb. Und um 1970 trafen die beiden sich mal in London, wo Klemperer im Hotel aus dem Fahrstuhl geschoben wurde. Er fragte: "Ach Herr Fischer, was machen Sie denn in London?" FiDi erklärte ihm, daß er am nächsten Tag beim Philharmonic Orchestra ein Konzert dirigieren würde und fragte, ob er kommen wolle. Darauf Klemperer: "Tut mir leid, da kann ich nicht. Solti hat mich eingeladen, er singt die Winterreise"
s.bummer
Hat sich gelöscht
#79 erstellt: 28. Mrz 2007, 14:45
Meines Wissens sagte
Klemp zu FiDi auch ab und zu "Herr Fieskau."
Im Übrigen hat er nicht nur zwischen Ups and Down gearbeitet, sondern quasi dauernd und seine fruchtbarsten Perioden (1954-1957) und 1963, 1964 waren Zeiten übelster Depressionen (Heyworth) (siehe meinen Beitrag in diesem Thread vom 30.12.2004)
Gruß S.

PS. Frank der Download klappt prima


[Beitrag von s.bummer am 28. Mrz 2007, 18:02 bearbeitet]
s.bummer
Hat sich gelöscht
#80 erstellt: 21. Apr 2007, 17:44
Nicht, dass ich mir selbst antworte:
Nur wo bringe ich diese Nachricht unter? Unter "heute gehört oder....?"
Also: Anfangen, wo es anfängt.
Klemp hat 1955 und 1957 alle Neune von Beethoven mit den POL eingespielt, Aufnahmen, die heute noch Referenzcharakter haben, allerdings wurden 3,5 und 7 in Stereo leider erst 1959 nachgeholt und ersetzten die Erstaufnahmen in Mono, die "eigentlich" besser waren.
Im Oktober, November 1957 hat Klemp NACH den Plattenaufnahmen mit dem POL alle(!!) Sinfonien Beethovens live aufgeführt.
Bekanntlich hat Karajan ihn nach der Eroica in der Garderobe aufgesucht und beglückwünscht mit den Worten, er hoffe lange genug zu leben um einmal den Trauermarsch so hinzukriegen, wie ...Das alles ist Geschichte.
Nun aber hebt Testament Stück für Stück die Aufnahmen der BBC von diesen Livekonzerten. Zunächst eine wilde, aber unglaublich gute 9., dann die Klavierkonzerte 3, 4 und 5 mit Claudio Arrau und nun die Sinfonien
2,4,5 und 7:




Die 2. ist ca 3 Minuten schneller als die zeitgleiche Studioaufnahme und unendlich! frischer, gleiches gilt für die 7, bei der ich mir nur etwas weniger Härte und dafür mehr Drive im letzten Satz wünschen würde. Dennoch ist sie singulär!
Die 4. ist von den bekannten Aufnahmen Klemps (Studio, 1966 Berliner Live, 1969 München Live) ebenfalls mit Abstand die Beste, ich kenne keine bessere Einspielung der 4. und die 5 ist sowas von überragend, das ich sie mit der 7 gekoppelt den hochgeschätzten Aufnahmen KK vorziehen würden.
Klemp war 1957 in der besten Form seines Lebens (nach 1945) und diese Aufnahmen, die zudem recht gut gut klingen, legen davon Zeugnis ab.
Gruß S.

Auf die Eroica müssen wir noch warten...


[Beitrag von s.bummer am 21. Apr 2007, 17:47 bearbeitet]
Kings.Singer
Inventar
#81 erstellt: 21. Apr 2007, 18:28

s.bummer schrieb:
Zunächst eine wilde, aber unglaublich gute 9.


Wie ist das "wilde" zu verstehen?

Gruß, Alex.


[Beitrag von Kings.Singer am 21. Apr 2007, 18:29 bearbeitet]
s.bummer
Hat sich gelöscht
#82 erstellt: 21. Apr 2007, 19:30
Hallo,
Klemps Live Aufnahmen, die bei Testament erscheinen, betonen sehr stark das Schlagwerk.
Das kommt der 9. zugute. zudem tritt hier Old Klemp beim Höhepunkt der 1. Satzes nicht wie in der Studio-Aufnahme in die Bremse, sondern er zieht "voll durch".
Das Scherzo ist für Klemps Verhältnisse sehr schnell, das Adiagio sowieso und im letzten Satz vor Eintritt der Solisten heizt er die Stimmung unglaublich an. Das scheint dabei alles selbstverständlich und wirkt nie so P E I N L I C H aufgesetzt mätzchenhaft wie es mir bei Dr. Willem heute gehört erscheint, vor allem in der 1942er 9.
Klemp 1957 mit Beethoven 9 hört sich von Anfang bis Ende so an, als sei es mit offenen Nervenenden dirigiert, unglaublich.
Ich hatte es irgendwo im Forum schon mal geschrieben. Klemp war live bei aller Strenge irgendwie viel freier und gelöster als im Studio.

Beispiele:
eben dieser Beethoven
Bruckner 4 in München
Bruckner 5 in Wien,
Bruckner 7 in HH
Bruckner 6 in Amsterdam
Mahler 2 in München
Mahler 4 in Wien
Brahms in Köln und Beethoven 3 in Bonn (1970)
Schubert in Wien
Gruß S


[Beitrag von s.bummer am 21. Apr 2007, 19:33 bearbeitet]
vanrolf
Inventar
#83 erstellt: 22. Apr 2007, 00:13

s.bummer schrieb:

Klemps Live Aufnahmen, die bei Testament erscheinen...
Bruckner 6 in Amsterdam



Hi,

bescheidene Nachfrage: Hat Testament neben dieser Bruckner6 mit dem BBC-Symphony-Orchestra noch eine weitere, in Amsterdam aufgenommene herausgebracht?




Gruß Rolf
s.bummer
Hat sich gelöscht
#84 erstellt: 22. Apr 2007, 08:01
Sorry Rolf,
Bruckner 6 mit Klemp und dem Concertgebouw 22.06.1961 gab es bei Music and Arts CD-247 und ist gekoppelt mit den Haydn Variationen von Brahms vom 7.2.1957, wie ich dem mir vorliegenden Booklett (tja, da kommt Neid auf :D) entnehme.
Die CD ist nicht mehr im Katalog verfügbar.
Booklet Text: Auszug "Klemperers interpretation in 1961 seems to suggest that the symphony is a battle field of two conflicting rhythmic classes, an insight, that is barley discernible four years later...."
Gruß Hans
vanrolf
Inventar
#85 erstellt: 22. Apr 2007, 13:55
Diese Bewertung bezieht sich dann natürlich auf die bekannte EMI-Studioversion mit dem NPO. Die Testament-BBC-Aufnahme ist sogar noch ein halbes Jahr älter als die mit dem CGBO, nämlich von Januar 1961.

Gruß Rolf
Hüb'
Moderator
#88 erstellt: 24. Apr 2007, 04:36
Diese Nachricht wurde automatisch erstellt!

Das Thema wurde aufgeteilt und einige themenfremde Beiträge wurden verschoben. Das neue Thema lautet: "Bruckners 6. Sinfonie"
Hüb'
Moderator
#89 erstellt: 24. Apr 2007, 04:37
Hier Wolfgangs Beitrag (der auch im "neuen" Thread zur 6. steht):

teleton schrieb:
Hallo vanrolf,

welch ein Zufall das hier in Bezug auf Klemperer gerade von Bruckner: Sinfonie Nr.6 die Rede ist.

Ich habe gerade am Wochenende Klemperers EMI-Aufnahme der Bruckner: Sinfonie Nr.6 auf dem Flomarkt Rheinaue Bonn bei einem TOP-CD-Händler für Klassik-CD´s (der hat immer gute Sachen zur Auswahl):

Bruckner: Sinfonie Nr.6
Klemperer / New Philharmonia Orchestra
EMI 1964/ADD

Die Sinfonie Nr.6 gehört seit der Karajan-Aufnahme und nachdem ich Solti´s Aufnahme kennengelernt habe zu den sehr hochgeschätzten Bruckner-Sinfonien.

Von der Klemperer-Aufnahme war ich dann zu Hause nicht so 100% überzeugt, obwohl Klemperers Sicht schon einige Stärken und Tiefe aufweist. Besonders der 2.Satz, den Klemperer zügiger als andere nimmt, punktet bei mir.

Klanglich bin ich durch Solti (Decca) ohnehin verwöhnt, denn die Streicher und Bläser klangen bei Klemperer(EMI-typisch) quäkig. Besonders bei lauten Stellen wird es dann unangenehm, ausgerechnet wenn mit den wichtigen Blechbläsern eine Steigerung aufgebaut wird. Was müssen die in den 60er Jahren für miese Mikrophone in London an gleicher Stelle verwendet haben, denn den gleichen Negativeffekt hatte ich schon bei den Brahms-Sinfonien mit old Klemp.

Was mir gar nicht gefällt ist die Unterbelichtung der Schlagzeuggruppe - das rhytmische Element geht ganz unter - welch ein leuchten in dieser Beziehung bei Solti (und auch Karajan (DG) steht da kaum zurück). Gleiches hatte ich bei der Chung-Aufnahme, die mir seinerzeit Holger Grinz zur Verfügung stelle auch bemängelt.

Mir gefällt es so jedenfalls so ohne hörbare Pauken nicht !

Grüße

Frank
s.bummer
Hat sich gelöscht
#90 erstellt: 02. Jul 2007, 18:45
Klemp in Köln.

Hallo, dieser Beitrag wurde auch bei "was hört ihr grade! pupsliziert:


Ebay hat ne Formschwäche. So stand es heute in der SZ.
Grade Bücher und Musik würden keine guten Preise mehr erzielen.
Wunderbar!
Schließlich will ich kaufen und nicht verkaufen.

Uns so habe ich erworben:
Klemperer: The cologne years Vol.1 für 9,99€ statt ca. 25€ im Laden.

Was für ne DoppelCd!
Zunächst Beethoven 3 und 4. Das dürften die ersten Aufnahmen gewesen sein, seit Klemp 1954 wieder Europas Boden betrat. Und man merkt, wie Eigel Kruttke schrieb, vom ersten Takt an "die Pranke des Löwen".

Einfach unglaublich, was der Mann da vollbringt. Später mit besseren Orchestern und bei besserer Aufnahmequalität war er nie wieder so packend. Die 4. ist eindeutig besser als die Liveaufnahme von 1957 und die Eroica hat einen solchen Drive und ist dermaßend packend, das ich kaum eine bessere zu nennen wage (kann auch der momentane Eindruck sein).
Und das in einem Tempo, das man Klemp nie zutrauen würde!

Den Vogel schiesst aber Brahms Klavierkonzert Nr. 2 mit Geza Anda ab.
Anda springt förmlich in sein Klavier. Sowas von Engergie und Viruosität!
Und Klemp hält locker mit. So ensteht eine flüssige Aufnahme von Brahms kk 2, vor allem der dritte Satz wird in angenehmen 11 Minuten nicht zum Einzelstück (Jochum/Giles 14 Minuten) und passt wunderbar ins Gesamtgefüge.
Die Aufnahme klingt recht gut, Klemps Vorliebe für Holzbläser ist sehr gut zu vernehmen und im Gegensatz zu den LPO Aufnahmen ist auch ein herzhafter Einsatz der Pauken zu hören.
So kann ich jedem Anda Fan, ich kannte ihn nur mit Bartok, und allen Klemp Anhängern diese Aufnahme nur nachdrücklich empfehlen.

Die Schwachpunkte sind eindeutig im Booklett, das stark bei Heyworth abschreibt, die Quelle aber immerhin verschämt benennt.
Doch fehlen Hinweise auf die genauen Aufnahmedaten. Es ist aber anzunehmen, dass die Beethoven Konzerte aus dem Februar 1954 stammen, das Brahms Konzert stammt vom April 1954 und die Hindemith Aufnahme auch aus dieser Zeit.
Zu der kann ich micht nicht genauer äußern, ich kenne das Werk kaum, finde es aber recht gelungen.

Es bleibt nur zu hoffen, dass aus Klemps Zeit bevor er (Ende 1954, mehr dann ab 1955) in London Fuß fasste, seine Großtaten in westdeutschen Rundfunkorchestern in endlich angemessener Tonqualität veröffentlicht werden:
Beethoven KK 4 mit Fleisher, Mahler 4 in Köln oder München, Mozart aus Köln, Missa Solemnis aus Köln, Bruckner 8 aus Köln und vieles andere mehr und als Zugabe aus Italien ne Schostakowitsch 9. Warten lohnt sich auf jeden Fall.
Den Don Giovanni von 1955 gibt es ja schon.

Wenn man bedenkt, das Klemp Anfang 1954 schäbig und abgerissen mit seinem letzten Geld in Europa anlandete, bei mieser Gesundheit war, sich nur mit einem Gehtstock bewegen konnte und aufgrund seiner Hirnop und den daraus resultierenden zeitweisen Lähmungen nur schwer Anweisungen geben konnte (ab 1955 besserte sich sein Zustand erheblich!, wenn auch nur bis 1958 als er sich in Brand setzte), dann sind diese Aufnahme einfach nur bewundernswert.

Gruß S.
Hüb'
Moderator
#91 erstellt: 02. Jul 2007, 19:08
Hi!

Im aktuellen FF steht übrigens ein Bericht über einige ältere WDR-Aufnahmen, die nun auf CD zugänglich gemacht wurden. Darunter auch einige Sachen mit Old-Klemp.

Grüße

Frank
Martin2
Inventar
#92 erstellt: 04. Jan 2010, 10:15
Ich habe diesen Thread mit Interesse gelesen. Ich habe von Klemperer eigentlich erbärmlich wenig, nur Mahlers Lied von der Erde, das mit Wunderlich und Ludwig allerdings großartig ist, kenne allerdings auch Brahms Requiem und die Altrhapsodie von LP Zeiten her und will mir doch das eine oder andere von Klemperer noch mal holen.

Gruß Martin
op111
Moderator
#93 erstellt: 05. Jan 2010, 11:31
Hallo Martin,

die EMI-Aufnahmen der 9 Beethovensinfonien, seine Aufnahmen der Werke von Brahms, Bruckner und Mahler kann ich nur empfehlen.
Soweit ich den Markt überblicke, scheint es zurzeit die wichtigsten Aufnahmen nicht mehr so billig zu geben wie noch vor wenigen Jahren. Vielleicht ändert die EMI - falls sie sich in ihrer schlechten Absatzlage nicht ganz auf die Beatles und R. Williams konzentriert - anlässlich des 125. Geburtstags etwas an dieser Lage.
klassik-eddie
Stammgast
#94 erstellt: 20. Mrz 2010, 11:50
Habe gerade entdeckt, dass eine neue Otto-Klemperer-Biographie zur Veröffentlichung ansteht - guckt Ihr hier.

Sieht interessant aus. Aber erst jetzt die 1. deutschsprachige Biographie? Das zeigt, dass es noch viel Nachholbedarf gibt.

Das Buch werde ich mir mal vormerken, denn Otto Klemperer war eine facettenreiche ungewöhnliche Persönlichkeit.
grobifrank1976
Ist häufiger hier
#95 erstellt: 27. Jan 2021, 14:52
ich bin den letzten Jahren ein regelrechter Klemperer-Fan geworden, da ich der Meinung bin, dass so ziemlich alles hörenswert ist, was er angepackt hat. Besonders begeistern mich sein Beethoven, Schubert, Brahms, Mahler, Tschaikowsky, Bruckner und auch Dvorak. Stets hört man bei seinen Interpretationen Details (v.a. in den Mittel- und Unterstimmen) heraus, die bei sehr vielen anderen Einspielungen unter den Teppich fallen. Somit gibt es bei Klemperers Aufnahmen immer mal wieder etwas neues zu entdecken!

Ich bin seit einigen Jahren dabei, eine (audiophile) -oder zumindest eine auf hohem künstlerischen und klanglichen Niveau stehende - Vinyl-Klassiksammlung aufzubauen. In der Regel recherchiere ich zunächst, welche Aufnahmen empfehlenwert sind und begebe mich dann auf die Suche nach einem möglichst gut erhaltenen Exemplar.

Meistens erwerbe ich zusätzlich noch die entsprechende Klemperer-Aufnahme, so dass ich von allen Werken wenigstens immer zwei Interpretationen habe.

So habe ich mir z.B. die "großen" Tschaikowsky-Symphonien in den DGG-Erstpressungen mit Mravinsky zugelegt und bin zurzeit dabei, die entsprechenden Pendants (Columbia) unter Klemperer zusammenzutragen.

Es macht einfach Freude, sich Stück für Stück wertvolle Platten zusammenzusparen und sich daran zu erfreuen.
Sicher könnte man sich auch CDs mit den alten Aufnahmen zulegen, aber ich finde, dabei kommt der Sammeltrieb irgendwie zu kurz!

Übrigens bin ich der Meinung, dass auch Karl Böhm immer eine lohnenswerte Investition darstellt, sofern das Label stimmt!
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