Urgestein zum Laufen bringen

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Essig
Ist häufiger hier
#1 erstellt: 09. Feb 2008, 16:25
Hallo, ich habe von einem Arbeitskollegen ein Radio bekommen von dem er meint zu wissen dass es noch tut. Aus reinem Ehrgeiz heraus möchte ich dieses Radio in Gang bekommen und ihm wenn möglich den ein oder anderen Ton entlocken. Ich habe einen Schaltplan nur werde ich aus dem nicht ganz schlau.

-Welche Spannung muss ich wo anlegen um das Ding zum laufen zu bekommen?

-Wo schließe ich Lautsprecher an und welche impedanz sollten die haben?

Wäre cool wenn Irgendjemand sich mit solchen Geräten auskennt und mir evtl nen paar Tipps geben kann denn ich möchte diese schöne alte technik ungern zerstören weil ich zu dumm bin z.B. die richtigen Spannungen anzulegen

Hier noch Bilder vom Schaltplan und vom Gerät selbst.
Falls die Schaltplanbilder zu schlecht sind werde ich versuchen die bei nem Kumpel einzuscannen, habe leider selbst keinen Scanner



Grüßle vom Essig
DB
Inventar
#2 erstellt: 09. Feb 2008, 16:43
Hallo,

Essig schrieb:

-Welche Spannung muss ich wo anlegen um das Ding zum laufen zu bekommen?


das steht im Schaltplan unten links angeschrieben: +90V, -1,5V, +60V, +Heizung (Spannung kommt auf die Röhren an), -Heizung/-Anode


Essig schrieb:

-Wo schließe ich Lautsprecher an und welche impedanz sollten die haben?


An den zwei Bananenbuchsen ganz rechts unten an der Frontplatte, die Impedanz sollte so etwa 5-10 Kiloohm sein.

MfG

DB
Essig
Ist häufiger hier
#3 erstellt: 09. Feb 2008, 19:00
Das ist ja schonmal ne super info aber woher bekomme ich Lautsprecher mit Imedanzen im Kiloohmbereich?
und wie erhalte ich auf einfache art und weise die verschiedenen Spannungen? Welche Ströme habe ich zu erwarten?
Bertl100
Inventar
#4 erstellt: 09. Feb 2008, 19:08
Tja, das ist in der Tat ein Problem.
Da müßte im Lautsprecher der Übertrager mit eingebaut sein.
So bis kurz nach dem Krieg war das durchaus üblich!

Du brauchst also einen Röhren-Ausgangs-Übertrager.

Gruß
Bernhard
3rd_Ear
Inventar
#5 erstellt: 09. Feb 2008, 19:35
Solche alten Römer wurden mit speziellen Batterien betrieben.

Der rechteckig gezeichnete Block unten rechts im Schaltbild ist eine Anodenbatterie.. Die Dinger wurden damals (vor gut 60-70 Jahren) in rechteckigen Pappschachteln verkauft. Man konnte die gewünschte Spannung durch Anklemmen eines Kabels an einer der Batterie-Einzelzellen abgreifen. Da fließen nur ein paar Milliampere. Für die Gitteransteuerung der Röhren wird eine negative Spannung benötigt. Daher wird das Massepotential der Gesamtschaltung nicht am Minuspol der ersten Zelle, sondern (in der Zeichnung etwas schwierig zu erkennen) am Minuspol der zweiten oder dritten Zelle angeklemmt.
Siehe auch Jogis Röhrenbude zu dem Thema.

Der kreisförmig umrandete Batterieblock versorgt die Heizdrähte der Röhren. Aus der Zeichnung geht die Heizspannung leider nicht eindeutig hervor. Nach dem Aussehen des Gerätes täte ich auf die zwanziger bis max. dreißiger Jahre als Entstehungszeit tippen. Damals waren bei Batteriebetrieb 2 Volt oder 4 Volt gängige Werte. Dafür wurde in der Regel ein wiederaufladbarer Bleiakku verwendet. Der Heizstrom z.B. der gängigen "Volksempfänger-Röhre" REN904 liegt bei 1 Ampere.

Sind die Röhrenbezeichnungen lesbar? Wenn ja, um welche Typen handelt es sich?


Statt eines Lautsprechers mit einer Impedanz im Kilo-Ohm-Bereich kann man auch einen normalen Lautsprecher mit Hilfe eines Übertrager-Trafo aus der !00-Volt-ELA-Technik verwenden. Oder gleich einen 100-Volt-ELA-Lautsprecher nehmen. Sowas gibt es z.B. bei Visaton oder Monacor (die gleichnamigen Homepages einfach mal ansurfen).

Auf jeden Fall hast Du da ein wertvolles Stück Rundfunkgeschichte erworben. Radios aus der Frühzeit werden immer seltener..

Ein ähnlich altes Gerät habe ich erst kürzlich mit der Original-Röhrenbestückung und einem Lautsprecher mit Übertragertrafo zum Laufen gebracht. Siehe dieses Video:
Alter Römer in Aktion.


[Beitrag von 3rd_Ear am 09. Feb 2008, 19:45 bearbeitet]
Bertl100
Inventar
#6 erstellt: 09. Feb 2008, 20:12

Oder gleich einen 100-Volt-ELA-Lautsprecher nehmen.

Daran hatte ich auch schon gedacht! Geht zwar nicht so 100%, weil die die Gleichstrom-Vormagnetisierung vom Anodenstrom nicht so mögen. ABer hören tut man sicher was!

Gruß
Bernhard
3rd_Ear
Inventar
#7 erstellt: 09. Feb 2008, 20:16

Bertl100 schrieb:

Daran hatte ich auch schon gedacht! Geht zwar nicht so 100%, weil die die Gleichstrom-Vormagnetisierung vom Anodenstrom nicht so mögen. ABer hören tut man sicher was!


Siehe mein Video!

Ab und zu mal den Anschluß des Übertrager zum Radio umzupolen hilft, den Übertrager wieder zu entmagnetisieren.
Essig
Ist häufiger hier
#8 erstellt: 09. Feb 2008, 20:21
Also erworben hab ich dieses Urgestein nicht sondern geschenkt bekommen
Es lag ein Zettel bei auf dem steht:

Röhren: TELEFUNKEN
Type RE 144/054/145
D.R.P.
3,5V

Nach kurzem vergleich hanelt es sich dabei wohl um die Röhren im Radio auf meinem Bild des Innenlebens von links nach rechts angeordnet.

Die Röhren haben einstellwiderstände für die Heizungen mit einer Skala vom 0-10 auf welchen Wert stelle ich das wohl ein?

Ausserdem habe ich (bei der Demontage einer Decke) Deckenlautsprecher mit angelötetem Trafo/Übertrager in die Hände bekommen, handelt es sich dabei um 100V PA-technik?

Wenn auf den Röhren 3,5V steht handelt es sich dabei um die Heizspannung?

Reicht ein Netzteil welches -1,5V +90V +60V mit je ca 100mA und +3,5V mit ca 4A bringt?
3rd_Ear
Inventar
#9 erstellt: 09. Feb 2008, 20:36

Essig schrieb:

Die Röhren haben einstellwiderstände für die Heizungen mit einer Skala vom 0-10 auf welchen Wert stelle ich das wohl ein?

Röhren haben genau wie andere Bauteile leichte Fertigungstoleranzen beim Widerstand der Heizdrähte. Die Widerstände dienen zur Einstellung der Heizspannung auf 3,5Volt (nicht höher!) für jede einzelne Röhre. Ein Messgerät ist zur korrekten Einstellung also erforderlich.


Essig schrieb:

Ausserdem habe ich (bei der Demontage einer Decke) Deckenlautsprecher mit angelötetem Trafo/Übertrager in die Hände bekommen, handelt es sich dabei um 100V PA-technik?


Miss doch mal den Anschlusswiderstand der Übertrager-Trafos. Wenn der im "grünen Bereich" liegt (ca. 5kOhm), hast Du Deinen passenden ELA-Lautsprecher ja schon zu Hause rumliegen.


Essig schrieb:

Wenn auf den Röhren 3,5V steht handelt es sich dabei um die Heizspannung?


Jupp! - Exakt!


Essig schrieb:

Reicht ein Netzteil welches -1,5V +90V +60V mit je ca 100mA und +3,5V mit ca 4A bringt?


Zwar bezweifele ich aufs Allerheftigste, daß es so etwas seltsames heutzutage irgendwo zu kaufen gibt, aber im Prinzip hast Du damit völlig recht. Natürlich darfst Du Dir so ein Teil auch selber bauen, wenn Du magst. Alternativ einen Haufen /20 Stück) von 4,5-Volt-Flachbatterien zu kaufen, ist leider nicht ganz billig. Die bestehen nämlich aus jeweils drei solcher Einzel-Zellen, aus denen früher auch die Anodenbatterien hergestellt wurden.
3rd_Ear
Inventar
#10 erstellt: 09. Feb 2008, 20:46
Uiihhh!

Wegen der Röhren schau mal

hier (RE054)

und

hier (RE144)

Für die RE145 habe ich keinen Eintrag im Radiomuseum gefunden. Ein seltenes Stück also!

Die beiden anderen sind unter "Freunden" (Sammlern ) mind. 50 Euronen wert...
Essig
Ist häufiger hier
#11 erstellt: 09. Feb 2008, 20:57
Dass es sich dabei um ein ziemlich altes und wahrscheinlich auch wertvolles Modell handelt war mir selbst als Laie klar und ausserdem bin ich begeistert von dieser relativ "primitiven" aber doch nunktionellen Technik. Genau aus diesem Grund war es mir ja besonders wichtig nicht mit so einem Schatz herumzuexperimentieren

Das Netzteil werde ich mir denke ich selbst bauen, Erfahrung im Platinenätzen hab ich und die community ist sehr hilfsbereit wenn es um erprobte Schaltpläne geht!

Der trafo wird am montag gemessen, die lautsprecher hab ich leider noch nicht hier, aber sie liegen noch auf der arbeit.

Falls ich fragen habe oder irgendwas neues herausfinde bzw zum laufen bekomme werd ichs auf jeden Fall hier reinstellen. Man muss ja auch nen bissl angeben wenn man sich schon die Mühe macht so ein teil zum Laufen zu bekommen
3rd_Ear
Inventar
#12 erstellt: 09. Feb 2008, 21:09
Fein!
Das Alter des Gerätes lässt sich anhand der Röhren-Bestückung auf ca. 1926-1930 eingrenzen. Die verwendeten Röhren kamen ab 1926 auf den Markt. 1930 waren sie schon wieder hoffnungslos veraltet. Sauteuer waren die Geräte damals im Vergleich zum Durchschnittseinkommmen. Deines sieht mir sehr nach einem Bausatz aus.

Die Heizströme von zwei Röhren sind also bekannt: 0,06A bzw. 0,16A. Nicht so furchtbar hoch also, wie bei der REN904.

Das verringert die Kosten eines Eigenbau-Netzteils schon beträchtlich.

Wenn Du an ein Labor-Netzteil herankommst, kannst Du zusätzlich noch den Heizstrom der RE145 genau ausmessen, indem Du das Labor-Netzteil auf 3,5Volt einstellst. Die beiden Kontakte des Heizfadens sind übrigens die beiden einzigen an der Röhre, zwischen denen man an der ausgebauten Röhre Durchgang messen kann. Der mit einem Multimeter einfach "kalt" gemessene Widerstand des Heizfadens läßt leider keinen Rückschluss auf den Betriebsstrom zu, da er viel kleiner ist, als im heissen Zustand. Darum das Verfahren mit dem Labor-Netzteil.

Bist Du sicher, daß bei der RE145 kein Zahlendreher vorliegt? - Eine RE154 ist nämlich bekannt.


[Beitrag von 3rd_Ear am 09. Feb 2008, 22:09 bearbeitet]
Essig
Ist häufiger hier
#13 erstellt: 09. Feb 2008, 23:48
Richtig, ein Zahlendreher hat sich eingeschlichen, habe leider nur die linke und die mittlere röhre überprüft und dann dem Zettel geglaubt, ist also doch keine RE 145 sondern RE 154.

DIe zu erwartenden Ströme wären für mich nochmal interessant. Wie hoch sind die bei den jeweiligen Spannungen nochmal?
Sind die von mir vorgeschlagenen 100mA übertrieben? Je kleiner die Ströme sein müssen desto leichter fällt die Schaltplanentwickling aus...
3rd_Ear
Inventar
#14 erstellt: 10. Feb 2008, 14:44
RE054:
Heizstrom = 0,06A bei 3,5V,
Anodenstromverbrauch bis ca. 0,13mA
Emission = 4-6mA

RE144:
Heizstrom = 0,18A bei 3,5V
Anodenstromverbrauch bis ca. 3mA
Emission = 20mA

RE154:
Heizstrom = 0,17A bei 3,5V
Anodenstromverbrauch bis ca. 9mA
Emission = 20-25mA
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