Wort-Hörbuch: Regelmäßige Diskussion von Hörbüchern aus dem vorleser.net. - "Bal macabre" (Horror)

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Torquato
Stammgast
#1 erstellt: 10. Dez 2004, 15:58
Die Idee dahinter ist: jeder kann sich das angesagte Hörbuch aus dem vorleser.net legal und kostenlos downloaden, anhören und dann hier mitreden.

Vorschlag für die nächsten Tage (oder dunklen Abende):
Bal macabre
von Gustav Meyrink
gesprochen von Wolfgang Gerber
(Sprecherinfo unter http://www.vorleser.net/html/gerber.html

Dieses knapp 20 min. dauernde Grusel-Hörbuch könnt ihre hier downloaden: http://www.vorleser.net/html/meyrink.html

Bis die ersten sich die Zeit zum Hören genommen haben und hier ihre Meinung posten, werde ich ersteinmal schweigen

Als kleiner Hör-Anreiz folgt der Anfang der Erzählung:

Lord Hopeleß hatte mich aufgefordert, doch an seinem Tisch zu sitzen, und stellte mich den Herren vor. Es war spät nach Mitternacht, und ich habe mir die meisten Namen nicht gemerkt. Den Doktor Zitterbein kannte ich schon von früher.
"Sie sitzen ja immer allein, es ist schade", hatte er gesagt und mir die Hand geschüttelt, -- "warum sitzen Sie immer allein?"
Ich weiß, daß wir nicht viel getrunken hatten und dennoch unter jenem feinen, unmerklichen Rausche standen, der uns manche Worte nur wie von weitem hören läßt, und wie Weiberlachen und seichte Musik uns umhüllt.
Da aus einer Cancanstimmung wie dieser -- aus einer Atmosphäre von Zigeunermusik, Cake-Walk und Champagner ein Gespräch über phantastische Dinge auftauchen konnte?! Lord Hopeleß erzählte etwas. Von einer Brüderschaft, die allen Ernstes existiere, -- von Menschen, besser gesagt, von Toten oder Scheintoten, -- Leuten aus besten Kreisen, die im Munde der Lebenden schon seit langem gestorben seien, sogar auf dem Friedhof Leichensteine und Grüfte mit Namenszug und Todesdatum besäßen, in Wirklichkeit aber in jahrelangem, ununterbrochenem Starrkrampfe irgendwo in der Stadt, im Innern eines altmodischen Hauses, bewacht von einem buckligen Diener mit Schnallenschuhen und gepuderter Perücke, den man den gefleckten Aaron nenne, -- empfindungslos, geschützt vor Verwesung, in Schubladen lägen. -- In gewissen Nächten trete ihnen ein mattes, phosphoreszierendes Leuchten auf die Lippen, und damit sei dem Krüppel das Zeichen gegeben, eine geheimnisvolle Prozedur an den Halswirbeln dieser Scheinleichen vorzunehmen. Sagte er.


Gruß,
Torquato


[Beitrag von Torquato am 10. Dez 2004, 16:14 bearbeitet]
snark
Inventar
#2 erstellt: 10. Dez 2004, 16:09
Prima Idee ! Bin ich dabei und werde gleich mal den Saugrüssel auswerfen ..


snark
Torquato
Stammgast
#3 erstellt: 12. Dez 2004, 13:21
Klasse! Ich hoffe auf rege Beteiligung
Oliver67
Inventar
#4 erstellt: 13. Dez 2004, 09:37
Guten Morgen,

was es alles gibt und man weiß nichts davon. Ich lade gerade runter und werde auch berichten.

Danke für den Link!

Oliver
Torquato
Stammgast
#5 erstellt: 23. Dez 2004, 11:33
Dies ist nur ein letzter Versuch ein paar weitere Teilnehmer an diesem wunderbaren Thread zu gewinnen, die Lust haben sich das kostenlose Hörbuch anzuhören, bevor man sich dann hoffentlich im neuen Jahr zahlreich zur Besprechung der Höreindrücke u.ä. wiedertreffen kann!

Gruß, Torquato
Oliver67
Inventar
#6 erstellt: 23. Dez 2004, 11:43
Im neuen Jahr ist eine gute Idee, ich hatte schon ein schlechtes Gewissen, weil ich es noch nicht angehört habe.

Oliver
Susanna
Hat sich gelöscht
#7 erstellt: 23. Dez 2004, 12:00

Torquato schrieb:
Dies ist nur ein letzter Versuch ein paar weitere Teilnehmer an diesem wunderbaren Thread zu gewinnen, die Lust haben sich das kostenlose Hörbuch anzuhören, bevor man sich dann hoffentlich im neuen Jahr zahlreich zur Besprechung der Höreindrücke u.ä. wiedertreffen kann!

Hallo Torquato und Alle,

das Hörspiel befindet sich auf meinem PC, ich hatte aber noch keine Zeit, es anzuhören. Dies werde ich baldmöglichst nachholen und freue mich schon über eine Diskussion darüber.

Viele Grüße und auch hier Allen
Frohe Weihnachten!

Susanna
alexhh
Stammgast
#8 erstellt: 23. Dez 2004, 12:16
Tolle Idee!
Ich werde erst ab dem vierten Januar einsteigen können,
vorher habe ich noch eine Prüfung an der Uni.

Gruß von Hasenbein, der nicht mehr aus der Weihnachtsbäckerei raus kommt
Classe
Stammgast
#9 erstellt: 25. Dez 2004, 20:48
Hallo!
Hab es mir heruntergeladen, und dass ich hier schreibe ist doch eigentlich schon ein Beweis dafuer, dass ich leider auch zu den Scheintoten gehöre.

Lade gerade das Wachsfigurenkabinett.

Weihnachtlichen
Susanna
Hat sich gelöscht
#10 erstellt: 11. Jan 2005, 23:08
Hallo zusammen,

damit der "bal" nicht ganz in Vergessenheit gerät, habe ich ihn nach oben geholt.
Nun hörte ich mir das Stück auch schon dreimal an, ohne, daß ich bisher so ganz dahinter gestiegen bin. Deshalb geb' ich ganz offen zu, daß ich es mir nochmal als Text abgespeichert habe! Zum Nachlesen!

http://gutenberg.spi...version_balmacab.htm

Vielleicht kommt ja noch so was wie ein Gespräch darüber zustande!?

Gruß,
Susanna
Torquato
Stammgast
#11 erstellt: 12. Jan 2005, 08:48
Hallo Susanna!

Danke für die Erinnerung

Hallo alle!

Falls jetzt noch Forenmitglieder hierbei einsteigen wollen - ich habe leider gerade bemerken müssen, dass der Download der Hörbücher auf http://www.vorleser.net/html/halloween.html zur Zeit nicht funktioniert - oder liegt der Fehler vielleicht bei mir? Wäre nett, wenn das mal jemand nachprüfen könnte.

Gruß und Danke,
Torquato
Oliver67
Inventar
#12 erstellt: 12. Jan 2005, 09:02
Hallo,

über http://www.vorleser.net --> Autoren --> Meyrink --> Bal macabre geht es, ich habe es gerade probiert.

Die letzten beiden Abende mußte ich meinen ungebearbeiteten Mitschnittsauhaufen verarzten. Neben dem Mann ohne Eigenschaften (20 Teile) auch noch zig andere Gigabytes. Aber heute Abend wird Meyrink gehört. Versprochen!

Oliver
Susanna
Hat sich gelöscht
#13 erstellt: 12. Jan 2005, 10:58

Torquato schrieb:
zur Zeit nicht funktioniert - oder liegt der Fehler vielleicht bei mir? Wäre nett, wenn das mal jemand nachprüfen könnte.

Hallo Torquato,

bei mir klappte der Download wieder einwandfrei!

Susanna
Torquato
Stammgast
#14 erstellt: 12. Jan 2005, 11:08
Hallo Susanna, Oliver und alle!

Bei mir jetzt auch wieder, lag vielleicht an meinen Netzwerkeinstellungen :?. Danke für's nachsehen! Na, dann kann's ja bald losgehen

Gruß, Torquato


[Beitrag von Torquato am 12. Jan 2005, 11:09 bearbeitet]
Oliver67
Inventar
#15 erstellt: 13. Jan 2005, 09:14
Nun denn, dann mache ich mal den Anfang mit einer Besprechung des Bal macabre. Eine etwas ungewöhnlich Rezension, ich gebe es zu, aber ich werde im Laufe der Diskussion auch auf die konventionellen, hörbuchrelevanten Aspekte noch näher eingehen. Genug der Vorrede:

Gustav Meyrink: Bal Macabre

Die Lesung hat mir gut gefallen. Der Sprecher hat eine angenehm dunkle Stimme, seine langsame, ruhige Art des Vortrages läßt mich in der Illusion, daß er die Geschichte in einer Abendgesellschaft nach dem Diner beim Kaffee, Whisky und Zigarre im Salon erzählt.

Gustav Meyrinks Stil gefällt mir sowieso, egal ob sich um eigene Werke wie etwa den „Golem“ handelt, oder um seine Übersetzungen von Charles Dickens Erzählungen.

Das am Ende des Balls alle bis (notgedrungen) auf den Erzähler tot sind, ist kein Wunder:

Alkohol in wohl nicht geringen Ausmaßen (schon vor dem Erscheinen der fremden Gesellschaft bekommt der Erzähler nicht alles mit; z.B. hat er schon Wahrnehmungslücken beim Schreiben der Ansichtskarte)

Der Club der „Zombies“ heißt Amanita (Amanitaceae Knollenblättergewächse)

Der eine Gast nennt sich Phalloides: A. phalloides ist der Grüne Knollenblätterpilz. Die Beschreibung des Herren (Grüner Hut, Halskrause, etc.) ist eine detaillierte Beschreibung des genannten Pilzes. Tödlich, fast immer, bereits in kleinen Mengen. (Spielt Meyrink auf eine mögliche Verwechslung mit A. phantherina an, den Pantherpilz der ähnlich verwendet wird wie der Fliegenpilz? Warum jemand den Knollenblätterpilz freiwillig und bewußt zu sich nehmen soll, blieb meiner bescheidenen Hausbibliothek jedenfalls verborgen.)

Zusätzlich ißt man Schwämme in Essig eingelegt: A. muscaria, der Fliegenpilz (von dem später der Arzt sagt, die Symptome bei Vergiftung durch ihn seien andere als Starrkrampf) wurde früher in manchen Alpentälern mit Essig und Öl, Salz und Pfeffer als „Salat“ gegessen. Weltweit wird er als Rauschpilz benutzt, oft getrocknet oder eingelegt. Tödlich aber erst in großen Mengen, da hat der Arzt recht.

Gewürzt war der Pilzcocktail mit einem Kraut: „Wir haben giftige Schwämme gegessen und Veratrum album dabei; das Kraut des weißen Germers. Das sind alles Nachtgesichte.“ Albine Veretrine – Veratrum album! Sehr giftig (1-2 Gramm der getrockneten Wurzel z.B. sind tödlich, nicht mit dem gelben Enzian verwechseln beim Schnapsbrennen!) und wurde im Volk gegen Wahnsinn, gegen Schwermut, gegen Bessenheit und gegen Starrkrampf (sic!) verwendet. Eventuell Bestandteil von Hexensalben.

Dazu noch die Schwester „Ignatia“: Die Ignatiusbohne (Strychnos ignatii) wurde früher(?) als Aphrodisiakum verwendet, aber ein Strychninlieferant ist natürlich mit Vorsicht zu genießen

Dieser Drogencocktail führt sicher zu Halluzinationen, Rauschzuständen und leider auch zum Tode - in dieser Kombination.

Soweit die botanische Aufarbeitung des Hörbuchs. Quelle: Christian Rätsch, Enzyklopädie der psychoaktiven Pflanzen und ein paar Pilz- und Pflanzenbücher. In der Enzyklopädie wird der Bal Macabre/Meyrink beim Weißen Germer übrigens zitiert.

Es scheint also, daß Meyrink hier eigene oder auch fremde schlechte Erfahrungen mit verschiedenen Drogen verarbeitet hat, diese Geschichte dazu benutzt vor dem Gebrauch zu warnen. In der damaligen Zeit waren dem Leser diese Drogen wahrscheinlich ebenso bekannt, wie uns die heutigen (auch wenn ich als altmodischer Mensch beim Alkohol hängen geblieben bin)

Oliver


[Beitrag von Oliver67 am 13. Jan 2005, 09:19 bearbeitet]
Susanna
Hat sich gelöscht
#16 erstellt: 13. Jan 2005, 20:10

Oliver67 schrieb:

(Spielt Meyrink auf eine mögliche Verwechslung mit A. phantherina an, den Pantherpilz...

Der sieht aber ganz anders aus als der Knollenblätterpilz.
(oben Pantherpilz, unten Grüner Knollenblätterpilz)






Warum jemand den Knollenblätterpilz freiwillig und bewußt zu sich nehmen soll,

Ich könnte mir auch eine "angenehmere" Art des Suizids vorstellen!
Vor Verwechslungsgefahr mit dem Wiesenchampignon (dem der junge Grüne Knollenblätterpilz ähnelt)werden Sammler alljährlich gewarnt.



So - nun lichtet sich der Nebel wenigstens ein wenig, was das Textverständnis bei mir betrifft - im Gegensatz zu den Personen im Stück.
Zu weiteren Kommentaren bin ich heute zu müde.

Viele Grüße,
Susanna
Torquato
Stammgast
#17 erstellt: 14. Jan 2005, 10:49
Hallo liebe Bal-Macabre-Diskutanten/onkel !

Olivers dankenswerte botanische Aufarbeitung des Hörbuchs klärt auch für mich einiges an Verständnisfragen und die Interpretation Meyrink habe „hier eigene oder auch fremde schlechte Erfahrungen mit verschiedenen Drogen verarbeitet“ und „diese Geschichte dazu benutzt vor dem Gebrauch zu warnen“ scheint plausibel, vor allem wenn es stimmt, dass in der „in der damaligen Zeit dem Leser diese Drogen (wirklich) ebenso bekannt (waren), wie uns die heutigen“. Da sind wir jedoch schon in den höheren Ebenen gelandet.

Ich ging bei dem Hörbuch erst einmal von einem guten Trivial-Thrill und Spuk aus, was, wie ich glaube, legitim ist. Hätte Paul Wegener in den 20ern nicht nur den Golem, sondern auch den Bal verfilmt – „Die Nacht der lebenden Toten“ wäre 1968 m.E. nichts spektakulär Neues gewesen. Dass mittels genauer literaturwissenschaftlicher Analysen möglicherweise auch die komplette geistige Durchdringung des Stoffs auf rationaleren Ebenen zu erreichen ist, klingt zwar bereits an – ich möchte jedoch zunächst auf meinen ersten Höreindruck eingehen, bei dem ich schon sicher auch das Gefühl hatte, dass sich mehr dahinter verbirgt als ein herkömmlicher Grusel und es mir teilweise nur an Verständnis mangelt, jedoch insgesamt mein Bedürfnis nach Schauer und Thrill durchaus befriedigt sah.
@Susanna, Du schriebst hier bereits einmal: „Nun hörte ich mir das Stück auch schon dreimal an, ohne, daß ich bisher so ganz dahinter gestiegen bin“. Diesbezüglich würde mich auch Dein Höreindruck nach dem ersten Hören sehr interessieren.

Mir persönlich hat es nämlich ohne Background und mit Lücken im Textverständnis schauriges Vergnügen bereitet, diese kranke Geschichte zu hören. Das ist für mich für die erste Bewertung des Hörbuchs ein sehr wichtiger Punkt. Auch wenn Texte anspruchsvoll sind, mehrere Ebenen beinhalten, alte Sprachstile aufweisen und man evtl. auch nicht jedes Wort mehr kennt, muss der Sprecher es schaffen, so zu lesen, dass der Hörer ihm trotz aller Widrigkeiten einigermaßen folgen kann, muss sozusagen eine literaturvermittelnde Position einnehmen (umso besser wenn man beim wiederholten Hören, evtl. auch nach Beschaffung von Sekundärinfo, immer wieder Neues entdecken kann). Schafft der Sprecher dies nicht, ist das Hörbuch für mich wertlos, dann greife ich lieber gleich zum Buch, bestimme das Tempo selbst und ziehe, wenn nötig, mitten in der Lektüre Sekundärliteratur hinzu - das ist beim Hörbuchhören ja leider nicht möglich. Wolfgang Gerber ist das literaturvermittelnde Vortragen hier aber soweit es mich betrifft gut gelungen. Sein Sprechstil war der Story, was die triviale Gruselebene der Erzählung anbetrifft, angemessen – erinnerte mich eine bisschen an die nüchterne Art mit der Joachim Kerzel (deutsche Synchronstimme von Jack Nicholson) Stephen King liest – auch da laufen mir immer wohlige Schauer über den Rücken. Teilweise hatte ich sogar das Gefühl, das Gerber seine Sache bei dieser Art von Spukgeschichte noch besser macht als Kerzel bei King, in dessen Werk auch hin und wieder relativ kryptische Parts auftauchen, jedoch mag es sein, das sich Kerzels Stimme für mich durch ihre Omnipräsenz in Hörbuch, Kino und TV-Off schon etwas abgenutzt hat.

Besonders gut gefielen mir, um zunächst beim Vortrag zu bleiben, die Gesangseinlagen des Sprechers, die im krassen Widerspruch zum ansonsten vorherrschenden ernsten Ton, die anschwellende Unbequemlichkeit der Atmosphäre mehr und mehr verstärkten:

"Ja, ja die Kla--re
Ist mir die wah--re.
Trala, trala, trala,
Tra--lalala--la."

Das gehört so mit zu den Bestandteilen von Literatur, die beim Selberlesen spurlos an mir vorrübergehen, von denen ich aber, wenn sie im Hörbuch derart vorgetragen werden, später Albträume bekomme…

Soviel heute morgen von mir – ich brauche jetzt erst einmal diese angenehme Vergiftung, die Kaffee und Zigaretten hervorrufen...

Gruß,
Torquato


[Beitrag von Torquato am 14. Jan 2005, 10:51 bearbeitet]
Oliver67
Inventar
#18 erstellt: 14. Jan 2005, 11:27

"Ja, ja die Kla--re
Ist mir die wah--re.
Trala, trala, trala,
Tra--lalala--la."

Das gehört so mit zu den Bestandteilen von Literatur, die beim Selberlesen spurlos an mir vorrübergehen


Das geht mir genauso. Solche "Verse" lese ich beim ersten Auftreten, bei Wiederholungen gehe ich achtlos drüber hinweg.

Ich hätte mir alleine nie die Mühe gemacht das Stück 4 oder 5 mal zu hören. Aber der Anspruch (an mich) ist natürlich wesentlich größer, wenn man darüber diskutieren soll. Beim ersten Hören genoß ich die Geschichte "einfach so" als Gruselstory. Meyrink ist heutzutage im Gegensatz zu ETA Hoffmann, z.B., ein bisschen in Vergessenheit geraten, schade! Erst auf's zweite mal fielen mir dann die Wortspiele auf, und ich fing an nachzugraben.

@Susanna: Ich wäre auch nie darauf gekommen Pantherpilz und Knolli zu verwechseln, aber in einem meiner Pilzbücher stand es dann zu meinem Erstaunen.

Hat jemand den Kindler rumstehen? Eine "offizielle" Interpretation wäre interessant.

Oliver
Torquato
Stammgast
#19 erstellt: 14. Jan 2005, 13:04

Oliver67 schrieb:


Hat jemand den Kindler rumstehen? Eine "offizielle" Interpretation wäre interessant.



Leider nur in der Stadtbibliothek und die ist gerade für ein halbes Jahr geschlossen

Meine eigenen Literaturlexika sagen über den "Bal" leider nichts.

Falls unter den Damen und Herren Interpretatoren bei Kindler jedoch keine Pilzsammler oder Botaniker gewesen sein sollten, müsste Dein Posting in der nächsten Neuausgabe auf jeden Fall berücksichtigt werden :hail.

Ich bin ja schon mal beruhigt, dass Du Dir das nicht einfach so aus dem Ärmel geschüttelt hast, sondern ernsthaft "graben" musstest

Aber auch generell würde mich interessieren, was der Kindler dazu so sagt.

Gruß,
Torquato


[Beitrag von Torquato am 14. Jan 2005, 14:19 bearbeitet]
Susanna
Hat sich gelöscht
#20 erstellt: 15. Jan 2005, 00:28
Hallo Torquato, Oliver und Alle,

dank meiner Vorschreiber kann ich jetzt doch auch ein bißchen was zu der Lesung sagen.

Noch bevor ich das Stück gehört hatte, weckte der Titel bei mir spontane Assoziationen zu dem Kultfilm „Tanz der Vampire“, ich denke dabei bes. an die Szene mit den Spiegeln, wo die Untoten unsichtbar bleiben.

Erstes Hören: Ja, angenehme, geheimnisvolle Sprecherstimme. Merkwürdige Eigennamen wie Lord Hopeless, Doktor Zitterbein lassen auch Merkwürdiges ahnen. Ein wenig Poe höre ich, sogar, wie auch Oliver erwähnt, E.T.A. Hoffmann mit seinen skurrilen Geschichten.

Zusätzlich zu Olivers Giftpilzen und Mixturen gibt es noch einen altmodisch gekleideten Diener, genannt der „gefleckte Aaron“. Der Name weist auf den gefleckten Aronstab hin, ein Nachtschattengewächs, eine sehr giftige Pflanze. Sie ruft u. a. unkontrollierte Bewegungen, Herz – und Atembeschwerden und Krämpfe hervor.



Die Geschichte spielt in einer Bar, die ich allerdings nicht als bes. vornehm bezeichnen würde. Aufgrund der Beschreibung (Weiberlachen, seichte Musik, Cancan) könnte ich mir die Lesung auch gut als Hörspiel vorstellen. Dem besseren Verständnis käme dies entgegen, allerdings regt der Originaltext doch vermutlich eher zum eigenen Nachdenken an.

Das Lied verstärkt bei mir die makabre Stimmung, gerade weil es diese erwähnte wasserhelle, giftige Brühe besingt. Mir fällt dabei das Märchen vom „Machandelboom“ ein, wo auch ständig so ein schauriger Gesang zitiert wird.
Soweit erstmal mein Eindruck der sichtbaren, inhaltlichen Ebene.

Grüße,
Susanna
Torquato
Stammgast
#21 erstellt: 22. Jan 2005, 20:00
Hallo liebe Diskussionsfreunde (hoffe es werden noch ein paar mehr - auch wer das Mini-Hörbuch richtig schlecht fand kann hier mitmachen Naja das ist wohl sowieso klar...)

Bin jetzt doch mal dazu gekommen, eine Bibliothek zu besuchen . Der "Bal macabre" scheint jedoch ein Stiefkind der Interpretatoren zu sein. Ich zumindest habe trotz Wälzen mehrerer großer Literaturlexika (u.a. auch Kindlers neues) kein Wort über ihn gefunden und leider fehlte mir die Zeit, speziell zu Meyrinks Werk Sekundärliteratur zu suchen. Nur die Loseblatt-Sammlung zur utopischen und phantastischen Literatur hatte zumindest eine Randnotiz zum "Bal". Da heißt's in etwa Meyrink wollte nicht nur Unheimliches schildern, sondern auch - witzigerweise - zu den Wurzeln des Okkulten vordringen und verarbeitete daher u.a. für den "Bal Macabre" deutsche Übersetzungen buddhistischer Verse. Wo die nun im "Bal" zu finden sein sollen, weiß ich nicht recht (habe auch noch keine Zeit gehabt zu suchen) - dass die "Klare, die mir die Wahre ist" ursprünglich ein buddhistischer Vers gewesen sein soll, kann ich mir jedenfalls nicht vorstellen. Jemand anders? Ich tippe da ja mehr auf Schlager aus Uromas Zeiten, bin aber auch was Buddhismus angeht nicht gerade versiert

Gruß, Torquato


[Beitrag von Torquato am 22. Jan 2005, 20:07 bearbeitet]
Susanna
Hat sich gelöscht
#22 erstellt: 29. Jan 2005, 18:45
Hallo Torquato,

mit dem "bal" komme ich nicht weiter! Ich habe inzwischen in einem Literaturforum nach Infos nachgefragt, bisher Fehlanzeige.
Zu den Wurzeln des Okkulten? Welche sind damit gemeint? Spiritismus? Satanismus? Psi? Und was dies mit dem Buddhismus zu tun haben soll....? Außerdem kenne ich dessen Lehre auch nur oberflächlich.

dass die "Klare, die mir die Wahre ist" ursprünglich ein buddhistischer Vers gewesen sein soll, kann ich mir jedenfalls nicht vorstellen. Jemand anders? Ich tippe da ja mehr auf Schlager aus Uromas Zeiten

Ich auch.
Also ich muß jetzt erstmal passen, was einen weiteren Interpretationsversuch meinerseits angeht. Sollte jemand was Brauchbares finden, wo man anknüpfen kann, mach' ich gerne weiter.

Gruß,
Susanna

Torquato, Deine Sammlung ist beeindruckend , vielleicht sogar ein wenig erdrückend auf Leute wie mich, die "Wort" nahezu ausschließlich aus dem Rundfunk kennen! Ich laß' mich aber nicht entmutigen!
Torquato
Stammgast
#23 erstellt: 29. Jan 2005, 23:15

Susanna schrieb:

Torquato, Deine Sammlung ist beeindruckend , vielleicht sogar ein wenig erdrückend auf Leute wie mich, die "Wort" nahezu ausschließlich aus dem Rundfunk kennen! Ich laß' mich aber nicht entmutigen! :L


Hi Susanna und alle!

Die Vinyl-Hörbuch-Sammlung ist eher ein Spleen! Nicht erdrücken lassen, sondern einfach nur den Kopf schütteln

Abgesehen vom Inhaltlichen des Bal-Hörbuchs würde mich mal interessieren, wie ihr die Aufnahmequalität dieses kostenlosen Hörbuchs beurteilt - ich habe leider zur Zeit keinen CD-Brenner, um die Lesung auf einer Hifi-Anlage abzuspielen und mein PC hat nur so 5-DM-Billigboxen, die man normalerweise nur an Walkmen anschließen würde. Damit höre ich das Hörbuch fast wie aus einem Telefonhörer (na gut - ein wenig besser schon ) Wie ist denn der Sound? Kanns mit meinem derzeitigen Equipment wirklich nicht beurteilen.

Gruß, Torquato


[Beitrag von Torquato am 29. Jan 2005, 23:17 bearbeitet]
Oliver67
Inventar
#24 erstellt: 31. Jan 2005, 10:29
Hallo Torquato,

ich finde die Klangqualität gut. Ich habe das Stück über meine Anlage gehört und mir ist nichts negativ aufgefallen.

Ich codiere meine eigenen Wort-Files als MP3 mit 128 KBit/s, dieses war ein 96 Kbit/s. Dafür gab es kein Rauschen vom Tuner.

Oliver
Susanna
Hat sich gelöscht
#25 erstellt: 31. Jan 2005, 11:21

Oliver67 schrieb:

ich finde die Klangqualität gut. Ich habe das Stück über meine Anlage gehört und mir ist nichts negativ aufgefallen.



Dito!

Susanna
Oliver67
Inventar
#26 erstellt: 31. Jan 2005, 16:45
Ich interessiere mich zwar überhaupt nicht für den Buddhismus, aber in der Schriftensammlung des Theraváda Buddhismus findet sich folgender Vers in der THERAGÁTHÁ, den Liedern der Mönche, und zwar im Einser-Bruchstück, 10. Teil:

In Leiden kehrt sich um die Lust,
In Wohl gewiß nicht, Erako!
Wer Lust ersehnt, wer Lust erkürt
Erkürt sich Leid, ersehnt sich Leid:
Wer nimmer Lust ersehnt, erkürt
Erkürt, ersehnt sich nimmer Leid.


Falls jemand Lust hat, sich darin weiter zu vertiefen, so kann er dies unter http://www.palikanon.com tun.

Im Bal Macabre heißt es:

und wie ein Basso ostinato predigte es in die Tiefe:

"In Leiden kehrt sich um die Lust:
Wer nimmer Lust ersehnt, erkürt,
Erkürt, ersehnt sich nimmer Leid."


und

das klang in einem fremdartigen Hymnus aus:

"In Leiden kehrt sich um die Lust,
In Wohl gewiß nicht, -- sicherlich!
Wer Lust ersehnt, wer Lust erkürt,
Erkürt sich Leid, ersehnt sich Leid:
Wer nimmer Lust ersehnt, erkürt,
Erkürt, ersehnt sich nimmer Leid."



Nur so zum Weiterrätseln in dieser Richtung. Merink hat sich also tatsächlich mit Buddhismus beschäftigt.

Wozu Google doch gut ist

Oliver


[Beitrag von Oliver67 am 31. Jan 2005, 16:51 bearbeitet]
Oliver67
Inventar
#27 erstellt: 31. Jan 2005, 17:31
Nachdem ich mir den Text nun auch mal im Druck angeschaut habe und nicht auf das akustische Verständnis angewiesen bin, hier noch eine weitere Entzifferung:


Wenn er lachte, war es wie ein schwirrendes Rasseln.

"Croatalus! -- Croatalus horridus", fiel mir ein Wort aus der Schulzeit ein; ich wußte seine Bedeutung nicht mehr, aber ich schauderte, wie ich es mir leise vorsagte.


Nun es rasselte eine Klapperschlange:


Croatalus horridus oder Crotalus horridus, die Waldklapperschlange. Das Gift der Klapperschlange wurde zumindest bei einigen Indianerstämmen getrunken, um Visionen hervorzurufen. Näheres weiß ich hier auch nicht.

Oliver
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