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Constant Directivity im Selbstbau ... oder: wer hat Angst vor kleinen Hummeln?

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elefantino
Hat sich gelöscht
#1 erstellt: 15. Sep 2005, 15:29
Hallo!

In diesem Thread möchte ich den Stück für Stück den Werdegang meines großen Vorhabens, den Selbstbau eines über den größten Teil seines Übertragungsbereichs frequenzneutral bündelnden Hifi-Lautsprechers nachvollziehbar machen und natürlich zur Diskussion stellen. Was heute hier reingestellt wird, stellt den aktuellen Stand des Projekts dar, das alles andere als abgeschlossen ist (mehr dazu später). Da ich mich in den nächsten Monaten arbeitsmäßig neuen Herausforderungen stellen muß und deshalb kaum oder gar nicht zum Weiterbasteln kommen werde, bleibt dann genügend Zeit, die hoffentlich zahlreich eintreffende Kritik, Anregungen und Verbesserungsvorschläge zu überdenken; noch schöner wäre es, wenn einer von den Lesern durch meine Vorarbeiten zu eigenen weiterführenden Experimenten verleitet würde. Einzelne Bilder sind aufmerksamen Websurfern sicherlich schon von anderer Stelle bekannt - wenn es euch allzusehr langweilt, dann lieber schnell zum nächsten Thread blättern - es kommt noch schlimmer!

Die Erkenntnis, daß nur ein frequenzneutral bündelnder Lautsprecher dazu in der Lage ist, in normalen Hörräumen und bei normalen Hörabständen ein tonal ausgewogenes Klangbild abzuliefern, ist in der Studiotechnik seit langem berücksichtigt, im Hifi-Bereich scheint die Erkenntnis sowohl bei Exoten als auch bei Marktgrößen wie dem Harman-Konglomerat auch immer stärker in die Entwicklung einzufliessen. Dank der dankenswert manischen Thematisierung von Studiotechnik-inspirierten Postern (deren Forennamen jedem aufmerksamen Leser geläufig sein dürften) ist inzwischen selbst der etwas fortgeschrittene Bastler, der den Mut aufbringt, den einen oder anderen Blick über den von den Hobbyzeitschriften servierten Tellerrand zu riskieren, über die theoretischen Vorteile von Waveguides, Flachboxen, Wandeinbau, niedriger Trennfrequenzen usw. aufgeklärt. Daß die so oft formulierten theoretischen Erkenntnisse durch Lautsprecher-Selbstbauer so gut wie nie umgesetzt werden, ist neben praktischen Schwierigkeiten (Wandeinbau...) vielleicht auch auf Beschaffungsprobleme bei eigentlich unverzichtbaren Teilen, wie Hochtonschallführungen, zurückzuführen. Aber wie heisst es in der Fernsehwerbung: You can get it if you really want... Manchmal ist der Weg eben ein wenig länger.

- Fortsetzung folgt -
elefantino
Hat sich gelöscht
#2 erstellt: 15. Sep 2005, 15:30
Kap. 1: Die kleine „Biene“

Nach der trockenen Einleitung, da nur noch ein paar wirklich Interessierte mitlesen, kann es mal langsam zur Sache gehen mit der „Biene“, einem kleinen Abhörmonitor, anhand dessen der Einsatz eines Waveguide evaluiert werden soll.

Als Hochtöner kommt ein Seas 27TDC - oder wie er (hochintelligenterweise nur) bei Intertechnik heisst: NoFerro 550 - zum Einsatz, den ich eigentlich mal als Ersatzlautsprecher für einen beim Messen zerschossenen Tweeter in einem Fertiglautsprecher gekauft hatte. Da er mir ausnehmend gut gefallen hatte, wurde er für grössere Aufgaben zurückgelegt, während in der Fertigbox jetzt ein Monacor DT-254 pfeift. Bedenken hatte ich, was die Kombination eines Softdomes mit einem Waveguide angeht, ob es durch die Luftlast im Trichter nicht zur (reversiblen) Deformation der Kalotte kommt. Wie man an den Messungen sieht, sind die Bedenken unbegründet. Der Waveguide ist mit 22 mm Tiefe und 130 mm Trichterdurchmesser flach genug, daß es nicht zu einem Kompressionseffekt im Hoch- und Superhochtonbereich kommt. Bei einer klassischen Horn-Schallführung würde sich die Sache mit Sicherheit anders darstellen.

Zu den 130 mm Waveguide-Durchmesser bietet sich intuitiv ein Tiefmitteltöner der 17 cm-Kategorie an, dessen effektiver Membrandurchmesser i.d.R. auch im Bereich von 13 cm liegt. Da bei mir gerade ein Paar Nokia „LPT 173/25/120 FG“ (es gibt tatsächlich noch schlimmere Namenskreationen als bei Intertechnik) auf Wiederverwertung wartete, fiel die Wahl eben darauf. Es handelt sich um einen sehr leichten, luftgetrockneten Pappkonus mit einem starken Antrieb, woraus ein recht hoher Wirkungsgrad von etwa 91dB/W/m resultiert, was für einen Monitorlautsprecher nicht unwillkommen ist (relativ geringe thermische Kompression ist gutem Klang zweifellos zuträglich). Die gleiche Pappe wurde von Intertechnik vor langer Zeit mal unter „Gradient“-Label verkauft und von Visaton mit schwachem Magneten und altbackenem Stahlkorb als WS 17 BF. Der Preis für die niedrige bewegte Masse ist der geringe Schwingspulenüberhang, der eine Hubbegrenzung im Tiefton per Reflexöffnung zwingend notwendig macht. Die BR-Abstimmung landete schließlich bei 48 Hz, geringfügig höher als ursprünglich vorgesehen, da nur ein Rohr mit beidseitiger Trompete im gewünschten Durchmesser kurzfristig erhältlich war, welches schlecht verlängert werden kann. Mit -3dB bei 65 und -8dB bei 40 Hz ist die Baßabstimmung praxisgerecht auf eine wand- bzw. ecknahe Montage an Wandhaltern ausgelegt.

Messungen der „NoFerro 550“-Kalotte mit Waveguide, jeweils im Vergleich zur Kalotte ohne Waveguide

1a) auf 70*120 cm großer Schallwand, mittig dezentriert



Deutlich zu erkennen die konstante, nahezu frequenzunabhängige Bündelung bei der WG-Variante, außerdem die frequenzabhängige Erhöhung des Wirkungsgrads durch den Vorsatz, die sich in einem um bis zu 5-6 dB erhöhten Schalldruck zwischen 1 und 6 kHz äußert. Die WG-lose Kalotte zeigt ein fast uneingeschränktes Rundstrahlen in den Halbraum bis 5 kHz, um anschließend unter größeren Winkeln stark einzubrechen, was sich im Höreindruck in einem unterrepräsentierten Hochton bzw. überpräsenten Präsenzbereich (urks, tolles Deutsch) äußern muß. Nicht umsonst haben die alten englischen Entwickler und in ihrer Nachfolge zahlreiche Highend-Entwickler ihren Kleinmonitoren eine Frequenzgangsenke um 3-4 kHz verpasst, um diese tonale Schieflage abzumildern. Daß so etwas nur eine Murkslösung sein kann, versteht sich von selbst.

Etwas enttäuschend zunächst, daß die Bündelung auf der großen Schallwand nur bis etwa 2,5 kHz hinunter reicht. Man würde den erhöhten Wirkungsgrad im unteren Übertragungsbereich schließlich gerne zur vorteilhaften tiefen Trennung zum TMT nutzen. Zum Glück erinnert man sich daran, daß die Bündelung bei schmalen Schallwänden durch Kanteneffekte unter größeren Winkeln zwischen ca. 1 und 2,5 kHz wesentlich stärker ausfällt als bei breiten Schallwänden. Die ganze Anordnung wird darum auf ein nur 21 cm breites Brett verfrachtet und wie oben durchgemessen. Et voilà:

1b) auf 21*120 cm schmalem Brett, nahe am oberen Ende montiert



Auf einer schmalen Schallwand stellt sich eine homogene, fast frequenzunabhäng konstante Bündelung bis hinunter zu etwa 1,5 kHz (und nur sanfter Abnahme darüber hinaus) ein, die sich hervorragend mit der Rundstrahlcharakteristik eines 17er-TMT auf einer ähnlich schmalen Schallwand ergänzen wird. Ein weiterer, gravierender Vorteil der Waveguide-Lösung wird ebenfalls deutlich: Die Frequenzgangeinbrüche auf Achse, die durch Kantenschallinterferenzen verursacht werden, sind bei der WG-Lösung ganz erheblich reduziert. Mit einer ganz leichten Absenkung auf Achse zwischen etwa 6 und 7 kHz, wie sie bei allen mir bekannten Waveguide-Lösungen so oder ähnlich zu beobachten ist, läßt sich weitaus bequemer leben, da neben der im Betrag wesentlich geringeren Irregularität die Hörempfindlichkeit für Frequenzgangfehler in diesem Bereich wesentlich weniger ausgeprägt ist als im Bereich um 2 oder 3 kHz, wo die Fehler ohne Schallführung auftreten. Auf aufwändiges Kantenabrunden oder Anfasen, was die Probleme allenfalls mindert, aber nicht vollständig eliminiert, kann bei einer WG-Lösung deshalb i.d.R. verzichtet werden.

Beim hier vorgestellten Monitor-Prototypen wird die Linearität durch asymmetrische Montage von Hoch- und Tiefmitteltöner noch geringfügig verbessert.

2) Amplitudenfrequenzgang des Hochtöners im Prototypen (0-90°)



Die jetzt noch verbleibende winzige Störung im 0-15°-Frequenzgang zwischen 2 und 3 kHz ist unhörbar und würde bei stärkerer Kurvenglättung vermutlich verschwinden.

3) passive Frequenzgangglättung durch einen kleinen Hochtonkondensator



Schon durch Serienschaltung mit einem kleinen Hochpaßkondensator (elektrische Eckfrequenz ca. 6(!) kHz) und ggf. einem Saugkreis zur Glättung noch verbliebener Welligkeiten im Präsenzbereich ergibt sich eine saubere Frequenzgangabsenkung unter 2 kHz mit ca. 12 dB/oct, hier exemplarisch mit Besselcharakteristik bei einer Trennfrequenz von 1,7 kHz.

Vergleichende Klirrmessungen von „Zaph“ Krutke (www.zaphaudio.com) zeigen, wie stark Klirr im besonders kritischen oberen Mitten- bis Präsenzbereich durch die Wirkungsgradanhebung durch ein Waveguide und einen vorgeschalteten kleinen egalisierenden Kondensator mit hoher Eckfrequenz vermindert wird. Als Testobjekt dient ihm der Seas 27TDFC, der sich vom hier verwendeten HT durch eine Ferrofluidpackung im Luftspalt (und dadurch etwas höhere Klirrwerte im oberen Frequenzbereich) unterscheidet:

Klirr des HT ohne WG: http://www.zaphaudio.com/tweetermishmash/27TDFC-HD.gif
Klirr des HT mit WG und 3,3 µF-EQ-Kondi: http://www.zaphaudio.com/hornconversion-horn-hd-3.3uf.gif

Vom geringen Aufwand her würde sich das oben vorgestellte Filter zur Kombination mit einem 17er geradezu aufdrängen, auch die Belastbarkeit und das Verzerrungsverhalten des Hochtöners würde es hergeben. Leider ist beim hier vorgestellten Prototypen die Phasenaddition zwischen Hoch- und Mitteltöner mit dem Besselfilter 2. Ordnung nicht ganz optimal, so daß ich stattdessen auf mein Lieblingsfilter, Butterworth 3. Ordnung, zurückgreife (wodurch die Chassis im Ggs zu den Filtern 2. Ordnung auch gleichgepolt betrieben werden können, Goldöhrchen hören angeblich den Unterschied):

4) Kombination von Seas 27TDC im Waveguide mit 17cm-Tiefmitteltöner Nokia LPT173, Trennung bei 1,6 kHz mit Butterworthweiche symm. 18 dB/oct



Die gewählte Weichencharakteristik hat gleich mehrere Vorteile: Neben reduzierten Modulationsverzerrungen im Vergleich zu 12dB/oct-Filtern, weniger Treiberinterferenz-bedingtem Müll in vertikaler Abstrahlrichtung, gutem Gruppenlaufzeitverhalten (z.B. im Vergleich zu 6- oder 12dB Butterworth), höherer Belastbarkeit für den HT und durch die niedrige Trennfrequenz größerem Abstand zu den Aufbrechfrequenzen des TMT, ist die maximal flache Amplituden- und Power-Response dieses Konstantleistungsweichen-Typs (im Unterschied zu bei Aktivmonitoren standardmäßig verwendeten Linkwitz-Weichen mit ihrem Energieloch bei der Trennfrequenz) meiner Überzeugung nach mit für einen maximal homogenen und neutralen Klang verantwortlich. (Uff, meine Neigung zu Monstersätzen ist ätzend, ich weiss... )

Anders als in der oben gezeigten Variante mit flachgezogenem Frequenzgang, stellt sich in der Praxis eine Variante, bei der der Frequenzgang vom Tiefton bis 800 Hz um ca. 3 dB ansteigt, durch einen ausgewogeneren Frequenzgang im Raum als vorteilhaft heraus. Der Bauteileaufwand hält sich dabei in Grenzen:

5) Weichenschaltung des Monitor-Prototyps



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Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß die Verwendung eines guten Waveguides zusammen mit einem guten Hochtöner, so weit ich sehen kann, nur Vorteile bringt:

- nahezu konstante Bündelungscharakteristik bis ca. 12 kHz
- ausgedehnter Hochton auch unter großen Winkeln
- bruchloser Übergang zu einem großem Mitteltöner auch unter großen Winkeln - keinerlei Ausprägung des berüchtigten „Tannenbaums“ im Polardiagramm
- deutliche Verminderung von Kantenschall-Interferenzen und daraus resultierender Frequenzgangfehler
- deutliche Minderung nichtlinearer Verzerrungen/Klirr im kritischen Bereich zwischen ca. 1,5 und 7 kHz
- realistische Lokalisation von Schallquellen durch Verminderung von Seitenwandreflexionen
- realistische Lokalisation von Schallquellen durch tonale Ausgeglichenheit (Stichwort „Blauert-Bänder“)
- verbesserte „Zeitrichtigkeit“ durch zurückgesetzten Hochtöner und durch die Unterdrückung von Kantenschall
- die Weichenfunktion liegt durch zusammengerückte „akustische Zentren“ näher an der Theorie
- Möglichkeit zur tiefen Trennung mit verbessertem vertikalen Nutzbereich
- Trennfrequenz kann aus dem Bereich besonderes großer Hörempfindlichkeit um 3 kHz herausgehalten werden
- Möglichkeit zur Verwendung flacher Filter mit besserem Impulsverhalten
- durch Unterdrückung von kantenverursachten Irritationen weniger Aufwand beim Gehäusebau
- evtl. niedrigere Bauteilekosten im Vergleich zu Passivweichen herkömmlicher Konstruktionen

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Zum Schluß für evtl. noch verbliebene Hifiheftchen-Leser der Versuch einer Klangbeschreibung. Leider liegt mir blumiges Schwadronieren eher weniger:

Die von einem bekannten Studiofreak in diesem Forum postulierte Überlegenheit einer Waveguide-Lösung bezüglich Ortbarkeit, Abbildungsschärfe und Durchhörbarkeit im Vergleich zu einem konventionellen Zweiwegelautsprecher kann ich nur unterstreichen. Die „räumlichen Qualitäten“ liegen auf dem Niveau sehr guter Breitband-Lautsprecher. Darüber hinaus gilt es, den unerhört bruchlosen Übergang zwischen Tiefmittel- und Hochtöner zu betonen, die Homogenität ist in dieser Qualität allenfalls wieder mit einem ordentlichen Breitbänder erreichbar, wobei die Zweiwege-Variante dem Breitbänder in Hinsicht auf Verzerrungen und tonale Ausgewogenheit natürlich gnadenlos überlegen ist. Wahrscheinlich durch den auch unter größeren Winkeln ausgeprägten Hochtonbereich macht der Hochtöner einen ausgesprochen „dynamischen“, aber meinem Empfinden nach trotzdem nicht spitzen Eindruck. Rockmusik klingt ausgesprochen fetzig und spritzig, tendenziell in Richtung Live-Charakter, jedoch ohne die charakteristischen Verfärbungen von Beschallungslautsprechern. Die Frequenzgang-Überhöhung über 10 kHz kommt meinem eingeschränkten Hörvermögen bei diesen Frequenzen sicher entgegen, auch wenn sie nicht ganz ehrlich ist. Klassische Musik, besonders in großer Besetzung, profitiert ebenfalls vom hervorragenden Auflösungsvermögen des Hochtöners. Leider kann der Tieftöner hinsichtlich der empfundenen Auflösung und Lebendigkeit nicht ganz mit den Qualitäten des Hochtöners mithalten, hier besteht sicher noch Verbesserungspotential durch ein modern konstruiertes Chassis (was anbetrachts des Schnäppchenpreises von ehemals 20 Euro für den TT nicht wirklich verwundern mag).

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Ach ja, und so sehen die Prototypen der „Biene“ aus:



Ob sie irgendwann noch ein augenfreundliches Finish bekommen oder - wie üblich - gleich von einer Neuentwicklung abgelöst werden, muß sich noch zeigen - das hängt sicher auch von den Langzeitqualitäten ab.

Der Hochtöner wird mit Sicherheit auch in künftigen Entwicklungen eine Chance erhalten, da es zur Zeit kaum bessere Alternativen zu den aktuellen Seas-Kalotten auf dem Markt gibt, auch nicht zu einem erheblich höheren Preis. Ein messtechnisch ausführlicher Vergleich der Qualitäten von 27TDC bzw. 27TDFC mit den Hochtönern anderer Hersteller findet sich von Mark K unter http://206.13.113.199/ncdiyaudio/mark/Testing/testing.htm .

Der Nokia-Tiefmitteltöner wird, um einen rundum sehr guten Monitor zu bauen, mittelfristig ersetzt werden müssen. Die Fahndung nach einem bis 2 kHz möglichst verzerrungsarmen Nachfolger läuft noch. Wenn ein Dayton RS180 antriebstechnisch nicht ein wenig zu schwach auf der Brust wäre, wäre dieser sicherlich ein ganz heisser Kandidat.

- Fortsetzung folgt -


[Beitrag von elefantino am 15. Sep 2005, 15:37 bearbeitet]
elefantino
Hat sich gelöscht
#3 erstellt: 15. Sep 2005, 15:32
Kap. 2: Work in progress - oder: wie geht’s weiter?

So schön es wäre, ein kleiner 2-Wege-Monitor mit weitgehend frequenzunabhängiger Dispersion im Mittel- Hochton ist leider erst die halbe Strecke auf dem Weg zum großen Ziel des Lautsprechers mit frequenzneutraler Rundstrahlcharakteristik.

Nach eher enttäuschenden Versuchen mit Flachboxen (mir war vorher z.B. nicht bewusst, wie nachdrücklich die Kanten breiter Lautsprecher u.a. den Amplitudenfrequenzgang im Mitteltonbereich beeinträchtigen können) möchte ich die Fortsetzung der Bündelung aus dem Mittelhochton bis mindestens 300 Hz hinunter mit einem unidirektional strahlenden Lautsprecher erreichen, einer Kombination aus Mono- und Dipol, wie sie die finnischen Lautsprecherhersteller Gradient und Amphion einsetzen. Daß das Prinzip nur bei schlanken Lautsprechern optimal funktioniert, kommt im Vergleich zu Flachboxen meinen ästhetischen Empfinden sehr entgegen - davon abgesehen, daß die von mir verwendete Waveguidelösung für den Hochton ohnehin nur mit schmalen Schallwänden optimal funktioniert.

Zum Austesten des Prinzips habe ich den Nokia-TMT aus der „Biene“ in eine Gehäuseleiche aus einer früheren Bastelei eingesetzt, wobei vorher auf beiden Seiten des TMT in die Seitenwände durchgehende Schlitze in 4 cm-Abstand und einer bei Amphion-Lautsprechern abgeschauten „dreieckigen“ Anordnung gefräst wurden (vgl. http://www.thf.fr/uS...04/Monde/Amphion.jpg ).



Zwischen Lautsprechern und Schlitzen bzw. innerhalb der Schlitze selbst wurden verschiedene Dämpfungsmaterialien in unterschiedlicher Dicke und Kombination getestet. Ziemlich schnell stellte sich heraus, daß sich das Schlitz-“Pattern“ sehr, die Bedämpfung dagegen eher weniger kritisch bezüglich der Rundstrahlcharakteristik auswirkt. Die Wirkung der hinteren beiden Schlitze besteht hauptsächlich in Schalldruckvernichtung unterhalb 300 Hz, sie wurden deshalb zugeklebt. Die Größe, das Größenverhältnis untereinander und die Anordung der beiden vorderen Schlitze ist ebenfalls nicht optimal ausgeführt, die Bündelung unterhalb 500 Hz ist als Folge dessen zu schwach ausgeprägt. Immerhin läßt sich aus den Messungen ersehen, daß das Vorhaben grundsätzlich erfolgversprechend ist. Um einen dritten Weg für den Tiefton wird man allerdings bei Anwendung dieses Prinzips kaum herumkommen, allein schon wegen des Frequenzgangabfalls zu tiefen Frequenzen.

1a) Vergleich zwischen verschlossenen (obere Kurven) und offenen (untere Kurven) Schlitzen, mit engem Zeitfenster zur Ausblendung von Reflexionen gemessen, 0-90°



1b) Vergleich zwischen verschlossenen (obere Kurven) und offenen (untere Kurven) Schlitzen, vor einer Wand gemessen, Zeitfenster 50 µs, 0-90°



Ergebnis: Die Gestaltung der Directivity ist bis ca. 500 Hz hinunter gut gelungen, im Bereich darunter besteht Verbesserungsbedarf. Leider lassen sich innerhalb geschlossener kleiner Räume keine vernünftigen Rundstrahlmessungen mit Winkeln über 90° anfertigen. Als Ersatz muß die oben gezeigte Messung für die Aufstellung vor einer Wand herhalten. Interessant dürfte noch sein, daß beim unidirektional strahlenden Lautsprecher bei Aufstellung mit TT nach vorne die oft zitierte destruktive Viertelwellenlängen-Interferenz mit von der Stirnwand reflektiertem Schall deutlich abgeschwächt ist, was ein Beleg dafür ausreicht, daß das Prinzip grundsätzlich funktioniert.

Ein interessantes Erlebnis hatte ich gestern abend, als ich den „Unidirektionalen“ mit zum BB umequalisierten Mitteltöner nebenher mono mit vertrauter Knöpfchendrehermusik laufen ließ. Mehrfach wollte ich mich über den neuen Nachbarn aufregen, der um halb 12 nachts noch rumhämmert, bis ich mal den Ton runtergedreht habe und dabei feststellen musste, daß das Gehämmer ein Tiefton-Effekt aus dem Lautsprecher war, den ich so noch nie gehört hatte. Vielleicht wurde er bei meinen bisherigen Lautsprechern durch Reflexionen zugeschmiert, ausgelöscht oder was auch immer... Will ich jetzt auch nicht überinterpretieren.

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Also - das ist der momentane Entwicklungsstand. Nach einem erzwungenen Break steht voraussichtlich erstmal die Anschaffung besserer Mess-Hardware an, um aussagekräftige Klirrmessungen anfertigen zu können.

Dann stehen natürlich grundsätzliche Überlegungen an, wie der Mittelton unterhalb 300 Hz ergänzt werden soll. Darüber habe ich mir bisher noch kaum Gedanken gemacht.

Für fundierte Kritik und Anregungen bin ich grundsätzlich dankbar. Von unqualifizierten Geschmacksdiskussionen durch image-hifi-Leser, Bausatz- und Viechbastler bitte ich wenigstens in diesem Thread Abstand zu nehmen.

Gratulation an alle, die bis hier durchgehalten haben.

„Elefantino“ aka „Blaubart“
tiki
Inventar
#4 erstellt: 15. Sep 2005, 17:16
Hut ab vor der systematischen Arbeit und den bisherigen Ergebnissen. Auch die Links sind informativ. Herzlichen Dank für diese Vorstellung!

Eine unqualifizierte Frage erlaube ich mir doch:

...ist die maximal flache Amplituden- und Power-Response dieses Konstantleistungsweichen-Typs (im Unterschied zu bei Aktivmonitoren standardmäßig verwendeten Linkwitz-Weichen mit ihrem Energieloch bei der Trennfrequenz

Wenn nicht eine konstante Spannungsamplitude zumindest bei aktiven Lösungen wegen der nur geringen Impedanzänderung im Trennfrequenzbereich auch zur konstanten Leistung am Chassis führt, habe ich auch diesen Punkt noch nicht verstanden...

Gruß, Timo
lens2310
Inventar
#5 erstellt: 15. Sep 2005, 17:54
Gratulier zu diesem Beitrag. Selten findet man Leute die sich so gut mit der Materie auskennen und so ein Eigenbauprokekt angehen. Sehr gut durdacht und wohl auf dem richtigen Weg.
Caisa
Hat sich gelöscht
#6 erstellt: 15. Sep 2005, 17:57
...und auch für Anfänger sehr interessant und toll geschrieben! Weiter so!

Gruß Caisa
bolandi
Hat sich gelöscht
#7 erstellt: 15. Sep 2005, 18:47
Hallöchen, Peter,

sehr interessantes Projekt!

Deinem grundsätzlichen Fazit zu Vorteilen von Waveguides kann ich nur voll zustimmen.

Interessant finde ich, daß dein Waveguide, das ich wegen dem exponentiellen Verlauf eher schon als Übergang zwischen druckkammerlosem Horn und Waveguide deute, nicht die für diese Bauform sonst typische Verschlechterung des Rundstrahlverhaltens im Bereich über 8 bis 10 kHz zeigt. Im Gegenteil, scheinbar verbessert es sogar das Abstrahlverhalten unter 30° bis 20kHz und verstetigt es etwas unter anderen Winkeln. (Wenn ich deine Diagramme richtig interpretiere...)
Persönlich bevorzuge ich eigentlich anfänglich parabolische Waveguides eben weil sie bei richtiger Dimensionierung den Bereich über 10kHz unbeeinflusst lassen, hier zeigt dein Waveguide aber zusätzliches Potential, das ich so in exponentiellen Guides noch nicht gesehen habe, sondern eher von echten Druckkammertreiber-Horn-Kombinationen kenne.

Hast du anstelle des punktsymmetrischen Waveguides auch mal ein achsensymmetrisches Guide niedrigerer Bauhöhe getestet? Ich verspreche mir durch die niedrigere Bauhöhe und das damit einhergehende Näherzusammenrücken der Chassis Vorteile im Übergangsbereich bei gleichzeitig stärkerer vertikaler Bündelung im Hochtonbereich, allerdings ist die Kurvatur kritisch und es kommt leicht zu Welligkeiten oder Auslöschungen im vertikalen Bereich ausser Achse.

Wichtig erscheint mir ergänzend zu deinen Ausführungen hinzuzufügen, daß sich am Übergang von der Kalotte zum guide auf keinen Fall eine Art Druckkammer ergeben darf, da diese zu einem Tiefpassverhalten und Kompressionseffekten führt. Leider besteht diese Gefahr bei vielen Hochtönern aufgrund der nicht ebenen Frontplatten. (hier haben anfänglich parabolische Guides den Vorteil leichter Handhabbarkeit...)

Für kardioide Abstrahlung im Mittel- und Tieftonberiech halte ich aktive Lösungen für am aussichtsreichsten, aber leider ist der Aufwand immens. Deine Lösung ist vom Kosten-Nutzen-Faktor her also auf jeden Fall stimmig. Ob sich dann über abgewandelte Dipol- oder aperiodische Gehäusebauarten auch konstante Bündelung über den gesamten Tief- und Grundton mit nur einem Weg ereichen läßt, erscheint mir zweifelhaft. Vielleicht sollte (neben der ausstehenden Optimierung des Mitteltonabstrahlung) zuerst versucht werden eine praktikable Lösung für den Grundton und oberen Bassbereich zu entwickeln, die die Anbindung an einen Sub oder ein DBA ermöglicht.

Schöne Grüße, Günther
ally
Neuling
#8 erstellt: 15. Sep 2005, 19:45
Hallo elefantino,

ich habe Dein Projekt gerade entdeckt.
Liest sich echt spannend

Hast Du unterschiedliche Waveguideformen verglichen,
oder hattest Du gerade diese Waveguides herumliegen ?

Wo bekommt man solche Waveguides ?

Grüße Alex
UglyUdo
Inventar
#9 erstellt: 15. Sep 2005, 20:07
Das kommt gerade zur rechten Zeit!
Ich habe gerade einen Treiber in der Mache, den ich von hinten montieren möchte. Meine WG ist 12mm tief und vergrößert den Radius der Schallwandöffnung um ca. 10mm.
Als Resultat erhalte ich einen um 3dB erhöhten Schalldruck zwischen 0.8 - 2.5kHz. Einbrüche bei 4 + 10kHz werden dafür umso tiefer.
Rot = ohne WG
Blau= mit WG
Schallwandbreite 17cm

Bar jeder Theorie suche nach Gesetzmäßigkeiten/Fausregeln um mir endloses Rumprobieren zu ersparen.
Wie gestalten sich die Zusammenhänge der WG in Punkto Radius, Tiefe und Frequenz?
pinkmushroom
Inventar
#10 erstellt: 15. Sep 2005, 20:39
nabend..
und erstmal herzlichst willkommen im hifi-forum, scheint ja dein erster beitrag zu sein und gleich soetwas "neues", hier zumindest noch nicht gesehenes
sehr intressant finde ich das ganze sicherlich, obwohl ich bis dato leider mal wieder ein teil nicht verstehe

nummer 1: die "schlitze" kann man die "berechnen" oder sind die eher als br-kanal in holzdicke, mit dämmung dahinter zu sehen bzw "auszutesten"?
und wie berechnet man denn generell einen monopol-dipol-hybriden?

und problem nummer 2: der wg ist selbstgefertigt, gehe ich mal von aus somit ergibt sich für mich immer wieder die frage nach dem wie bzw. aus was?

nummer 3: siehe hier

UglyUdo schrieb:
Bar jeder Theorie suche nach Gesetzmäßigkeiten/Fausregeln um mir endloses Rumprobieren zu ersparen.
Wie gestalten sich die Zusammenhänge der WG in Punkto Radius, Tiefe und Frequenz?
:?


wann brummt das bienchen denn ca vollends(evtl mit andrem tt)?

grüße aus frankfurt
stefan


[Beitrag von pinkmushroom am 15. Sep 2005, 20:39 bearbeitet]
bolandi
Hat sich gelöscht
#11 erstellt: 16. Sep 2005, 00:20
Hallöchen, Stefan,

Peter (elefantino) verwendet ein Industrieserienprodukt, typischerweise aus Kunststoff...

Das Material für Waves ist eigentlich "egal" (halt resonanzarm mit ´ner gewissen Oberflächengüte, im Einsatzbereich schallhart, und entweder stabil genug um den HT zu tragen und den Einbauort ausreichend abzudichten oder eben vor einer entsprechenden Montageplatte montiert), die Dimensionierung und Kurvatur ist das Entscheidende; für Testzwecke reicht auch "geschnitztes" Styrodur, Modellier- oder Knetmasse oder Pappmaché... Problematisch ist dann eher mit Bastlermöglichkeiten ´ne wiederholbare "Serie" hinzukriegen.

Ciao, Günther

PS: die Schlitze sind eher als kontrollierte Undichtigkeiten zu verstehen (wie die alten Variovents oder bei einigen Timmermanns-Konstruktionen), Programme wie AJ-Horn können das ganz gut simulieren, aber halt ohne die Auswirkung auf das Abstrahlverhalten (ABAKAB könnte das aber möglicherweise annäherungsweise hinkriegen...). Ansonsten helfen zum Abstrahlverhalten wohl nur Testreihen...

PPS: Hm, vielleicht kann AJ-Horn doch zumindest wesentliche Aspekte der auswirkung auf´s abstrahlverhalten simulieren... Muß ich mal versuchen, zu verifizieren...


[Beitrag von bolandi am 16. Sep 2005, 01:54 bearbeitet]
UglyUdo
Inventar
#12 erstellt: 16. Sep 2005, 00:36

Problematisch ist dann eher mit Bastlermöglichkeiten ´ne wiederholbare "Serie" hinzukriegen.

In der Tat.
Der gemessene Prototyp wurde mit einer Raspel aus MDF hergestellt. Um eine Wiederholbarkeit sicher zu stellen, würde ich lieber auf einen Fräser zurück greifen. Zu Verfügung habe ich 45° und Radien bis 15mm.
Wenn es allerdings flacher sein soll ist guter Rat teuer oder?
bolandi
Hat sich gelöscht
#13 erstellt: 16. Sep 2005, 00:52
Hallöchen, Udo,

es gibt nicht nur das "Zen des Bogenschiessens", sondern auch das "Zen des Waveguideschmirgelns"...
Wenn deine Schallführung tatsächlich direkt aus der Schallwand geschält werden soll, hilft fast nur der Gang zum Schreiner (sinnvollerweise mit CNC-Fräse) (oder doch die Zen-Variante), wenn´s doch ein- oder vormontiert werden darf, solltest du dir rechtzeitig Gedanken darum machen, ob´s rund werden soll oder auch eckig sein darf (dann kannst du´s nämlich aus nachbearbeiteten, deiner Kontur angepassten Holzprofilleisten, Bilderleisten oder ähnlichem auf Gehrung sägen...)... Rund wirst du aus Holz dann aber kaum hinkriegen, dann solltest du eher auf Kunststoff (oder Kunststein wie beispielsweise Phio-audio für ihre Kugelwellenhörner) oder eben doch gut aushärtende Modelliermassen aus anderen Werkstoffen zurückgreifen und dir vor allem eine perfekte Gegenform zum Abformen oder Abgiessen erstellen... Aber plan´schon mal ein bis zwei lange Winterabende ein...

ciao, günther
Zweck0r
Inventar
#14 erstellt: 16. Sep 2005, 06:57
Hi,

wozu gibts Pappmache ?

Was mich abschreckt, ist eher die Frage, wie man so ein Ding wenigstens einigermaßen systematisch mit Hobbymitteln entwickeln kann. Gibt es dafür Simulationssoftware, die kostenlos oder zumindest zu Bastlerpreisen zu bekommen ist ?

Try-and-error erscheint mir bei so vielen Unbekannten ziemlich aussichtslos und das, was ich bisher an Formeln zu dem Thema gefunden habe, war - harmlos ausgedrückt - nichttrivial


Peter (elefantino) verwendet ein Industrieserienprodukt, typischerweise aus Kunststoff...


Kann man das irgendwo ohne Gewerbeschein und in Stückzahlen <100 kaufen ?

Grüße,

Zweck


[Beitrag von Zweck0r am 16. Sep 2005, 07:23 bearbeitet]
timo_bau
Hat sich gelöscht
#15 erstellt: 16. Sep 2005, 07:44
Ich kann dir weiterhelfen

Zitat: "Dann stehen natürlich grundsätzliche Überlegungen an, wie der Mittelton unterhalb 300 Hz ergänzt werden soll. Darüber habe ich mir bisher noch kaum Gedanken gemacht."
Antwort: Ich schon...............

Eine Schmale Offene Schallwand hat ein konstantes Bündelungsmaß siehe hier im Vergleich

FAST


SOS


Bei einem 8 Zoll Treiber und einer 28 cm breiten Schallwand ist ein konstantes Bündelungsmaß zu erreichen bis ca. 2000 Hz, die Theorie kannst du aus der Linkwitzseite entnehmen.

Das System könnte dann so aussehen
Ein Ripolbass oder Alternativ ein Geschlossener 15 oder 18 Zoll PA-Sub Aktiv entzerrt bis 100 Hz, von 100 Hz bis 2000 Hz eine schmale offene Schallwand mit 8 Zoll BB-Treiber (evtl Breitband) und ab 2 kHz deine WG, so funktioniert auch ein pegelfestes System, was du warscheinlich über den schwachbrüstigen Hochtöner nicht hinbekommst.

Deine Argumente kann ich nachvollziehen....das mal vorweg.........allerdings..........

Ich persönlich gehe in eine andere Richtung und zwar möchte ich eine quasi Punktschallquelle, ich dachte auch schon über WG nach, jetzt bin ich auf dem Tripp der SOS, hier eine CAD Konstruktion, Bild ist leider noch nicht verfügbar, die Prototypen möchte ich hier im Netz nicht veröffentlichen:


Hier ist ein 8 Zoll Treiber (Breitband) installiert der Nachweißlich bis ca. 4 kHz ein konstantes BM aufweist.

Über ein Paar Tricks bekommt man auch die Vorteile eines Wandeinbaus hin, die SOS sollte man sehr dicht an die hintere Rückwand stellen, die Vorteile erkläre ich dir per Mail.

Mal ein Post zum Nachdenken, ob man nicht durch andere Wege das gleiche erreichen kann.? Trotzdem, schöne Dokumentation, und ansprechend geschrieben.............

Gruß Timo
dev_null
Stammgast
#16 erstellt: 16. Sep 2005, 07:52
Wow, das ist aber mal eine ausführliche projektbeschreibung!
wobei ich trotz aller ausführlichkeit den einfluss der schlitze nicht wirklich begriffen hab..
ich bin auf jeden fall auf die fortsetzung gespannt!
elefantino
Hat sich gelöscht
#17 erstellt: 16. Sep 2005, 08:05
Hallo und herzlichen Dank für die vielen anerkennenden Worte!

Ich versuche mal schnell ein paar der Fragen und Anmerkungen zu beantworten:

@tiki:

Ich glaube, ich habe deine Frage nicht verstanden. Elektrisch gesehen ist bei Konstantleistungsweichen U²(Eingang)=U²(Tiefpass)+U²(Hochpass). Bestimmte Filtertypen erfüllen eben diese Forderung, andere nicht. Für Leistungen gilt 10*lg(P/Po), so daß -3 db halber bzw. -6 dB viertel Leistung entspricht. Bei Filtertypen, bei denen sich die Kennlinien bei -6 dB schneiden (Linkwitz), addiert sich die Leistung dann eben nur auf die Hälfe, während bei Filtern, bei denen der Schnittpunkt bei -3 dB liegt eben kein Leistungsloch entsteht. Mit aktiv oder passiv hat das nichts zu tun, jedenfalls soweit ich das verstehe. Mit Elektrotechnik habe ich leider nicht viel am Hut.

@bolandi:


Deinem grundsätzlichen Fazit zu Vorteilen von Waveguides kann ich nur voll zustimmen.

Die Bestätigung durch den Profi freut einen natürlich. Die Diagramme interpretiere ich ebenso wie du. Was gegen die Horn-These spricht, ist daß der Wirkungsgrad zwischen etwa 6 und 10 kHz im Vergleich zum HT ohne WG eher verschlechtert wird - bei einem Horn müsste er besser werden. Ich nehme an, daß diese WGs einfach ein gelungenes Zufallsprodukt sind und nicht groß berechnet, so wie eben auch die klassischen anfänglich parabolischen Varianten, die in den älteren Hummeln zu finden sind. Eine Paar von den vertikal gestauchten Teilen würde ich auch gern mal in die Finger bekommen, um es durchzumessen. Die Isobarendarstellungen, die man so findet, sind leider wenig informativ.


Wichtig erscheint mir ergänzend zu deinen Ausführungen hinzuzufügen, daß sich am Übergang von der Kalotte zum guide auf keinen Fall eine Art Druckkammer ergeben darf, da diese zu einem Tiefpassverhalten und Kompressionseffekten führt. Leider besteht diese Gefahr bei vielen Hochtönern aufgrund der nicht ebenen Frontplatten. (hier haben anfänglich parabolische Guides den Vorteil leichter Handhabbarkeit...)

Es gibt noch ein Problem bei flachen WGs, nämlich daß der von der Materialstärke relativ dünne "Horn"hals zum Resonieren angeregt wird, was dem gemessenen Frequenzgang übel bekommt. Das war der Grund, warum ich diese WGs über ein Jahr lang nach einem ersten Durchmessen als eher wenig brauchbar auf Halde gelegt hatte. Eine mit bedämpfendem Knet gefüllte Rille um den inneren Kontaktbereich sorgt da aber einwandfrei für Abhilfe.


Ob sich dann über abgewandelte Dipol- oder aperiodische Gehäusebauarten auch konstante Bündelung über den gesamten Tief- und Grundton mit nur einem Weg ereichen läßt, erscheint mir zweifelhaft.

Ich bin mir noch gar nicht sicher, ob ich überhaupt eine konstante Bündelung unter 200-300 Hz anstreben sollte. Im Tief- und Grundton scheint mir auch eine gleichmäßige Modenanregung ein erstrebenswertes Entwicklungsziel, wobei ein gerichtet strahlendes System kontraproduktiv ist.


PPS: Hm, vielleicht kann AJ-Horn doch zumindest wesentliche Aspekte der auswirkung auf´s abstrahlverhalten simulieren... Muß ich mal versuchen, zu verifizieren...

Mach mal, ich bin gespannt.

@ally:

Ich habe auch mit (mehr oder eher weniger gekonnt) selbstgebastelten WGs und einem anderen Industrietypen aus geschlachteten Studioboxen rumprobiert, am besten haben aber doch die hier gezeigten Serien-WGs abgeschnitten. Bei allen anderen Typen waren ausgeprägtere Probleme über 5 kHz zu beobachten. Leider sind mir praktisch alle diese alten Messungen verlorengegangen, sonst würde ich die gerne mal zum Vergleich zeigen.

Die Beschaffung ist wie gesagt noch ein Problem. Die meinen habe ich in Finnland abgestaubt. Da ich kein gewerblicher Schleichwerber bin, kann ich leider nicht verraten, wo momentan meine Überzähligen gerade zu erwerben wären...

@pinkmushroom:


und erstmal herzlichst willkommen im hifi-forum, scheint ja dein erster beitrag zu sein und gleich soetwas "neues", hier zumindest noch nicht gesehenes

Erster Beitrag... wie man's nimmt. Ich bin einer der rein-raus-Typen, die sich gleich abmelden, wenn ihnen was stinkt, und - wenn der Ärger verflogen ist - gern mal unter neuem Pseudo wieder ankommen...

Wie man den idealen Abstand der Schlitze von der Membran bei den "Unidirektionalen" berechnet, kann man in diesem Paper nachlesen: http://www.aes.org/e-lib/browse.cfm?elib=1910

Es gibt auch irgendwo im www ein raubkopiertes .pdf davon.

Die Schlitze habe ich aber nicht berechnet, sondern wollte einfach mal rauskriegen, was es mit diesen ominösen Dreiecken auf sich haben könnte. Daß die Dreiecke irgendeinen Sinn ergeben, konnte ich dadurch bisher allerdings nicht feststellen.

Du hast mich jetzt allerdings auf die Idee gebracht, mal eine Messung im unmittelbaren Nahfeld der Schlitze zu machen, um zu sehen, was da überhaupt rauskommt. Dummerweise habe ich die Versuchsanordnung schon wieder in den Keller verfrachtet.

Bienchen brummen leider erst wieder im Frühling...

Soweit erstmal.

Gruß
Peter
ja?
Hat sich gelöscht
#18 erstellt: 16. Sep 2005, 08:32
Hi,

Ich hoffe es wird nicht als unfreundlich erachtet, wenn ich verknappt frage:

- Warum ist die Kardioide nur horizontal realisiert - sollte nicht auch vertikal eine kontrollierte Bündelung stattfinden?

- Die Richtwirkung aus der Schlitzmechanik nimmt zu tieferen Frequenzen stark ab, wenn man die geschlossene mit der offenen Box vergleicht. Könnte hier der rechnerisch leicht vorhersagbare Effekt eines zu geringen Wandabstands vorliegen?

- Die kardioide Richtung wird durch destruktive Interferenz erzeugt. Das erhöht den Einfluss von Nichtlinearitäten im Treiber drastisch. Insbesondere die höheren Oberwellen werden verstärkt abgestrahlt. Es geht dabei um einen Faktor 10(!) - auf Achse. Ausserhalb der Achse geradeaus wird der Klirrfaktor noch stärker vervielfacht auftreten. Ist das schon realisiert, und wenn ja, welche Gegenmaßnahmen stehen in Aussicht?

Letzteres war für mich Grund genug, die Angelegenheit erstmal auf Eis zu legen. Wenn Du eine Lösung findest, umso besser!

Ich hoffe, Du stellst die Kontur des Waveguide zur Verfügung.


Noch eine Krux: Je tiefer der Kardioid arbeiten soll, desto größer muss der Wandabstand sein. Je höher die Trennfrequenz zum Tiefbass (Monopol natürlich !!!!), desto geringer der Wandabstand, um die erste L/4-Interferenz zu umgehen ...

Viel Spaß noch!
US
Inventar
#19 erstellt: 16. Sep 2005, 09:08
Hallo,


Warum ist die Kardioide nur horizontal realisiert - sollte nicht auch vertikal eine kontrollierte Bündelung stattfinden?


Meine letzte Aktivität hinsichtlich Cardioids hatte ich bzgl. genau dieser Fragestellung unternommen (Danach hatte ich keinen Bock mehr).
Also Vergleichsmessungen zum vertikalen Abstrahlverhalten bei Schallauslaß seitlich des Mitteltöners (bei schlanker hoher Box) und bei rundumlaufendem Schallauslaß angestellt.

Ein sauberes Abstrahlverhalten stellt sich nur bei zweiter Variante ein. Eine Lösung á la Amphion befriedigt mich nicht ganz, zumal auch Hohlraumresonanzen nicht ausgeschlossen werden können.

Ich setze daher doch auf ein Panel, das den MT und HT trägt. Dieses Panel kann nun mit separaten Tieftoneinheiten ergänzt werden, die so montiert werden, daß sie einen gewissen Abstand zum Panel aufweisen und so den Schallauslaß gewährleisten.

Man könnte auch das Panel direkt in eine größere Schallwand setzen und „ringsum“ den Auslaß realisieren, evtl sogar auf der Schallwand! Im Prinzip wird das bei der MEG RL901 so realisiert. Das Cardiopanel sitzt im Konus des Tieftöners und der Schallauslass wird allseitig zugelassen.
Zu groß sollte die Schallwand aber auch wieder nicht sein, da sonst keine „kontrollierte“ Interferenz stattfindet.

Der Effekt des nachteiligen Einflusses einer Wand im Rücken des Lautsprechers ergibt sich schon bei kleineren Teilflächen. Man muß sich nur mal hinter eine Cardioide stellen und schon wird das seitliche Abstrahlverhalten beeinflusst (breitere Abstrahlung ähnlich einer geschlossenen Box).

Wie dem auch sei; die vertikale Bündelung sollte man mitnehmen; auch wenn die Realisierung nicht trivial ist.

Gruß, Uwe
tiki
Inventar
#20 erstellt: 16. Sep 2005, 11:49

Elektrisch gesehen ist bei Konstantleistungsweichen U²(Eingang)=U²(Tiefpass)+U²(Hochpass). Bestimmte Filtertypen erfüllen eben diese Forderung, andere nicht. Für Leistungen gilt 10*lg(P/Po), so daß -3 db halber bzw. -6 dB viertel Leistung entspricht. Bei Filtertypen, bei denen sich die Kennlinien bei -6 dB schneiden (Linkwitz), addiert sich die Leistung dann eben nur auf die Hälfe, während bei Filtern, bei denen der Schnittpunkt bei -3 dB liegt eben kein Leistungsloch entsteht.

Vielen Dank, daß Du auf die Frage eingehst. Die -6dB gelten für die Spannung, halb + halb = voll. Soll heißen, daß gerade die Linkwitzcharakteristik für konstantes SPL über den Trennfrequenzbereich sorgt, glatte Einzel-FG im Übernahmebereich und gleiche Chassis-Empfindlichkeit vorausgesetzt. Den Bezug auf aktive Systeme meinte ich im Hinblick auf die dort vorherrschende Spannungsanpassung, die nicht notwendigerweise bei Passivweichen vorliegt. Oder was?
Gruß, Timo
bolandi
Hat sich gelöscht
#21 erstellt: 17. Sep 2005, 10:20
Hallöchen, Peter,

zu früh gefreut: AJHorn berechnet zwar die prinzipiellen Auswirkungen der Schlitze sehr zuverlässig, hilft aber leider nicht beim beurteilen des zu erwartenden Abstrahlverhaltens...
Den Sinn der Dreiecksanordnung kann ich auch nicht recht erkennen, halte ich für einen optischen Effekt. Mehrere Schlitze hintereinander verschmieren aber auftretende kleiner Frequenzgangunlinearitäten und erlauben gezieltere Formung der Niere... (hier sei ein Vergleich mit Mikrofontechnik erlaubt...)

@ja?: Deine Ausführungen zu deinen Cardioid-Experimenten im audioavid habe ich mit Interese verfolgt. Wenn ich mich recht erinnere hattest du aber bei deinen Versuchen die Cardioide auch nur horizontal verwirklicht und deinen Cardioid bis in den Tieftonbereich (100 Hertz) laufen lassen. Sind die von dir als sytembedingt erkannten Verstärkungen der Nichtlinearitäten auch bei Verwendung ausschliesslich im Mittelton ab 300 Hertz so gravierend?
Bei den von dir verwendeten Koaxen ist die erhöhte Membranauslenkung im oberen Bassbereich und Grundton ja eh´suboptimal wegen der Beeinflussung des Hochtons...

@ja? und US: In die vertikale Abstrahlung (bei versetzter Anordnung eben diagonalen abstrahlung) geht ja auch noch die Wirkung der Weiche und der entsprechenden gegenseitigen Beeinflussung der Treiber mit ein. Ist so mit passiven Mitteln ausser mit Punktschallquellen (und den damit verbundenen Problemen je nach Konstruktion) überhaupt ein konstantes Bündelungsverhalten horizontal wie vertikal erreichbar...?

ciao, Günther

PS: @ Ja?: Hab´s nochmal einschliesslich deiner Schlußfolgerungen bei dir im avid nachgelesen, trotzdem wäre die Beantwortung hier für die Gemeinde vielleicht hilfreich...


[Beitrag von bolandi am 17. Sep 2005, 10:42 bearbeitet]
ja?
Hat sich gelöscht
#22 erstellt: 19. Sep 2005, 10:52
Hallöle,

ich habe trotz eines absurd hohen Gebots die o.g. Waveguides nicht ersteigern können. Sie dürften nun wieder in den Gewölben individualistisch denkender Bastler und "Modder" versunken sein.

Sollen wir auf die Bekanntgabe der Kurvatur der Waveguides warten? Damit die "Leute mit Ahnung" mal was "für alle" tun könnten, ohne sich mit der Entwicklung eines eigenen Waveguides zu überfordern?

Schade, dass der Elefantino die Kurvatur nicht gleich "verraten" hat. Jetzt wartet man hoffentlich nicht auf irgendwelche Geheimnisse? Das muss "jeder für sich" entscheiden. Ich sach' am besten gar nichts mehr zum Thema, solang das essentielle Detail, das Waveguide nicht allgemein verfügbar ist.

ciao
electronride
Inventar
#23 erstellt: 19. Sep 2005, 11:44
Hallo,

interssanter Thread! Es zeigt ja sich in diversen Beiträgen leider immer wieder, daß u.a. Waveguides und das Wissen um deren Kurvaturen offenbar als (quasi-)proprietäres Gut betrachtet werden und die wichtigen Daten nicht veröffentlicht werden. Das ist für mich dann verständlich, wenn ökonomische Interessen dahinterstecken. Andererseits ist es für uns Bastler ärgerlich, insbesondere dann, wen einem erst etwas schmackhaft gemacht wird und dann aber essentielle Details verschwiegen werden. Wenn keine ökonomischen Interessen vorhanden sind, stellt sich die Frage, warum dann überhaupt die achso tollen Meßdaten veröffentlicht werden - offenbar lediglich als Bestätigung für die tolle eigene Entwicklungsarbeit. Nun denn, behaltet Eurer Geheimwissen.

Greetinx,
Thorsten
Christoph_Gebhard
Inventar
#24 erstellt: 19. Sep 2005, 12:19

ja? schrieb:
Hallöle,

ich habe trotz eines absurd hohen Gebots die o.g. Waveguides nicht ersteigern können. Sie dürften nun wieder in den Gewölben individualistisch denkender Bastler und "Modder" versunken sein.

Sollen wir auf die Bekanntgabe der Kurvatur der Waveguides warten? Damit die "Leute mit Ahnung" mal was "für alle" tun könnten, ohne sich mit der Entwicklung eines eigenen Waveguides zu überfordern?

Schade, dass der Elefantino die Kurvatur nicht gleich "verraten" hat. Jetzt wartet man hoffentlich nicht auf irgendwelche Geheimnisse? Das muss "jeder für sich" entscheiden. Ich sach' am besten gar nichts mehr zum Thema, solang das essentielle Detail, das Waveguide nicht allgemein verfügbar ist.

ciao


Hallo Onkel Jürgen,

wieso hast du nicht für alle drei geboten? Den letzten hättest du für deine 51 Euro bekommen, meinem Bruder und mir haben nämlich zwei Paar gereicht (wobei wir mit 53 Euro auch nur kanpp drüber waren, aber eine Monopol-Stellung treibt halt auch den Preis für Platikschalen in die Höhe)
Und damit ist auch klar, dass die Waveguides keineswegs auf nimmer Wiedersehen in der Versenkung versunken sind. Ich bin der letzte, der irgendein Geheimnis daraus macht.
Versuchsweise wird er bestimmt auch mal hier http://www.hifi-foru...m_id=104&thread=4508 eingesetzt bzw. dient als Messtechnik-Referenz für meinen eigenen Versuche mit dem ER4.
Desweiteren hat mein Bruder da so eine Idee, wie man das Ding evtl vervielfältigen kann (wenn es wirklich so gut ist), aber ich will nicht zu viel versprechen...

@Thorsten: Wie stellst du dir die Veröffentlcihung der Kurvatar vor?

Davon ab, ist auch das eingetreten, was Peter schon im Visaton-Thread ansprach:
Obwohl viel über Waveguides geredet und gefachsimpelt wird, waren doch nur fünf(!) Personen für drei Paare bereit, dort mitzubieten. Und eine bessere Promotion als Peter kann man nun wirklich nicht machen...

Gruß, Christoph


[Beitrag von Christoph_Gebhard am 19. Sep 2005, 12:26 bearbeitet]
electronride
Inventar
#25 erstellt: 19. Sep 2005, 12:45
Hi Thanner,

wie ich mir das vorstelle? > Einen Abdruck des Waveguides machen und den Abdruck in zwei Hälften schneiden, dann hast Du den Querschnitt. Wahrscheinlich ist das aber zuviel verlangt.

Daß die Dinger zur Versteigerung angeboten worden sind, ist mir entgangen.

Greetinx,
Th.
Christoph_Gebhard
Inventar
#26 erstellt: 19. Sep 2005, 12:55
Hi Th.,

natürlich ist das nicht zu viel verlangt, aber ein Foto mit Querschnitt reinstellen dürfte wohl kaum zum Nachbau reichen. Ein Verschicken dürfte unablässlich sein. Und da kann man direkt das Orginal mal verleihen...

Ok, Peter hat HIER nicht erwähnt, dass er sie versteigert, aber im Visaton-Forum, wo er diesen Thread und die Messergebnisse verlinkt hat.

Gruß, Thanner
electronride
Inventar
#27 erstellt: 19. Sep 2005, 13:15
Hi Thanner,

ich meine selbstverständlich nicht, lediglich ein Foto reinzustellen, das wäre fast ebenso unsinnig wie die bisherigen tollen Fotos, die wir bisher in diversen Foren bestaunen durften. Man müßte vielmehr den durchgesägten Abdruck mit der flachen Seite auf ein Papier legen und abzeichnen. Okay? Eine sehr einfache Methode, die aber hinreichend genau sein dürfte.

Greetinx,
Th.
bolandi
Hat sich gelöscht
#28 erstellt: 19. Sep 2005, 13:16

elefantino schrieb:


Die Beschaffung ist wie gesagt noch ein Problem. Die meinen habe ich in Finnland abgestaubt. Da ich kein gewerblicher Schleichwerber bin, kann ich leider nicht verraten, wo momentan meine Überzähligen gerade zu erwerben wären...

Gruß
Peter
tiki
Inventar
#29 erstellt: 19. Sep 2005, 17:53
Meine Fresse, wenn man's richtig machen will, kann Selbstbau mit der Zeit doch elend teuer werden...
Wenn man gerade erst im Begriff ist, die Möglichkeiten der WGs kennenzulernen, fällt es schwer, mal eben "irgendwelche Tuten" zu ersteigern. Ich vermute, daß deren Maße und Kontur erheblich vom gewünschten Bündelungsverhalten, von der Box und den einzusetzenden Chassis abhängen dürften. Das erinnert mich etwas an meine Oma, als sie in den 70ern vom Markt kam: "Ich weiß nicht, wozu das Ding gut ist, war aber schön billig, hab ich erstmal gekauft. Liegt immer mal rum."
Zum Abkupfern:
Bei einem kleinen Treffen in Flöha war auch jemand anwesend, der Nautilus-ähnliche Formen in Beton goß. Sowohl die Negative, als auch die Positive waren unerhört glatt, wie Kunststoff. Will sagen, dieser Mensch hat die Technik in über 2000 Stunden so verfeinert, daß man sich deren Verwendung für die Reproduktion z.B. auch von WGs vorstellen könnte. Nur als eine Möglichkeit, natürlich nicht gerade für Eure Originale.
Gruß, Timo
audiofisk
Inventar
#30 erstellt: 19. Sep 2005, 22:36
tiki erwähnte das B*-Wort

Beton, ick hör dir trapsen.

Das ein- oder andere an Erfahrung auf diesem Sektor und ein paar Materialreste einschließlich weissem Zement liegen hier zur Zeit brach.

Ein Nachfolgeprojekt wäre unter Umständen auch gar nicht zu verachten.

Da schlaf ich jetzt mal drüber,
]-audiofisk°<
Cpt._Baseballbatboy
Inventar
#31 erstellt: 20. Sep 2005, 18:25
Um die Frage nach Konstantleistungs- und -spannungsweichen zu beantworten:

Betrachtet man die Angelegenheit elektrisch, liefern alle Weichen, sowohl gerader als auch ungerader Ordnung, eine konstante Spannung und Leistung, sofern man den Übernahmepunkt richtig setzt. Um das zu verdeutlichen ein Beispiel:

Gegeben seien zwei komplexe Spannungen (mal alles ohne Einheiten), U1=1+j0, U2=0+j1. U1 ist also rein reell, U2 rein imginär, und zwischen U1 und U2 liegen 90° (pi/2) Phasenunterschied. Außerdem existiert noch der Widerstand R=1, an dem die Leistungen P1 und P2 verbraten werden.

Die Leistung P1 errechnet sich mit Hilfe des Betrages von U1. |U1|=wurzel(1²+0²)=1, damit ist P1=|U1|²/R=1/1=1. Die Berechnung von P2 erfolgt analog, P2 ist ebenso 1.

Die Addition von U1 mit sich selber ergibt (absichtlich kompliziert) U3=1+j0+1+j0=2+j0. Der Betrag ist wurzel(2²+0²)=2. '2' entspricht bei Spannungen einer Steigerung von 6dB. Die Leistung P3=|U3|²/R ist somit 4/R=4, das entspricht bei Leistungen ebenfalls einer Steigerung von 6dB. Wenn man nun den Übernahmepunkt so legt, dass beide Spannungen am Ausgang des jeweiligen Weichenzweiges -6dB und die gleiche Phasenlage haben, dann ergibt sich eine konstante Spannung und Leistung am Ausgang. Dies entspricht einer Weiche gerader Ordnung.

Das gleiche Spielchen mit U1+U2. U4=U1+U2=1+j0+0+j1=1+j1, |U4|=wurzel(1²+1²)=wurzel(2)=1,414... Wurzel(2) entspricht bei Spannungen einem Gewinn von 3dB. P4=|U4|²/R=2/1=2. Leistungsmäßig ergibt sich also ein Zuwachs von wiederum 3dB. Der Übernahmepunkt sollte also bei -3dB und um 90° verschobener Phasenlage liegen um eine konstante Leistung und Spannung am Ausgang zu erzeugen. Dies entspricht einer Weiche ungerader Ordnung.

Das war die elektrische Betrachtung, es gibt also kein "Leistungsloch". Akustisch ist die Sachlage etwas anders.

Um das zu zeigen, habe ich mir die Mühe gemacht und das Abstrahlverhalten zweier Punktschallquellen in einer Ebene errechnet. Ich werde hier nicht den ganzen Weg aufzeigen, sondern nur das Ergebnis in einer Formel aufschreiben. Leider fehlt mir hier auch die passende Formelsammlung, somit hab ich die eigentlich nötige Integralrechnung weggelassen - ein wenig Vorstellungsvermögen reicht auch

Sei D der Abstand der Punktschallquellen zueinander und alpha der Winkel zur Mittelachse so ergibt sich:

G(lambda, alpha)=2*cos(pi*sin(alpha)*D/lambda)

Das sieht wüst aus, aber ich werd es jetzt auseinandermontieren. Für den Fall, dass D=0 ist, also die beiden Punktschallquellen aufeinander liegen, vereinfacht sich die Lösung ungemein:

G(lambda, alpha)=2*cos(0)=2.

Das bedeutet, dass in alle Richtungen in dieser Ebene der gleiche Schalldruck abgestrahlt wird. Ich behaupte jetzt einfach mal (eigentlich weiß ich es sogar), dass bei so einer Konstellation und dem Einsatz einer Weiche gerader Ordnung sowohl die Spannung (Amplitudenfrequenzgang auf Achse) als auch die Leistung konstant ist.

Anders sieht das aus, wenn man z. B. D=lambda/2 einsetzt:

G(lambda, alpha)=2*cos(pi*sin(alpha)*(lambda/2)/lambda)
=2*cos(pi/2*sin(alpha))

Jetzt kann man zwei Extremfälle unterscheiden, nämlich alpha=0 (auf Achse) und alpha=pi/2 (90°), also genau seitlich.

G(lambda, 0)=2 (denn sin(0)=0)

und

G(lambda, pi/2)=2*cos(pi/2)=0 (denn sin(pi/2)=1 und cos(pi/2)=0).

Wir haben also eine Nullstelle in der Abstrahlcharakteristik bei alpha=90°. Es bedarf nicht viel Vorstellungskraft, dass nun kein Leistungszuwachs von 6dB erfolgt. In dieser Konstellation erzeugen Weichen gerader Ordnung tatsächlich ein "Leistungsloch".

Doch wie ist das jetzt bei Weichen ungerader Ordnung? Da verändert sich die Abstrahlcharakteristik leicht:

G(lambda, alpha)=2*cos(pi*sin(alpha)*D/lambda+pi/4)

Dieser Faktor pi/4 ist wirklich sehr interessant. Sehen wir uns kurz an, was bei D=0 passiert:

G(lambda, alpha)=2*cos(0+pi/4)=2*wurzel(2)/2=wurzel(2) (denn cos(pi/4)=wurzel(2)/2)

Wie bei Weichen gerader Ordnung ist also auch hier der Schalldruck unter Winkeln und somit auch die Leistung konstant. Allerdings gibt es nur einen Zuwachs von 3dB, aber das war ja zu erwarten.

Wenn allerdings D=lambda/2 ist, wird die Sache komplizierter:

G(lambda, alpha)=2*cos(pi/2*sin(alpha)+pi/4)

Nehmen wir wieder die zwei Extrema:

G(lambda, 0)=2*cos(pi/4)=wurzel(2). War zu erwarten.

G(lambda, pi/2)=2*cos(pi*3/4)=-wurzel(2)!

Also existiert diese Nullstelle bei alpha=pi/2 nicht mehr. Die ist nun verrutscht, und zwar zu alpha=pi/3 (60°). Ihr müsst mir nun einfach glauben, dass dadurch der Leistungsverlust durch den Abstand gegenüber der Lösung mit einer Weiche gerader Ordnung nicht so groß ist. Auch hier entsteht ein Leistungsloch, es hat allerdings nicht die Ausmaße wie weiter oben. Um das genauer zu machen, bräuchte ich jetzt mein Integralheftchen, vielleicht schiebe ich es noch nach, wenn mir keiner glaubt

Um es nochmal zusammenzufassen:

Bei im Vergleich zur Wellenlänge der Übernahmefrequenz geringem Abstand sind Weichen gerader Ordnung ohne großartiges Leistungsloch möglich. Ist der Abstand groß gegenüber der Wellenlänge sind Weichen ungerader Ordnung in der Beziehung besser.

Gruß
Cpt.
audiofisk
Inventar
#32 erstellt: 20. Sep 2005, 21:22

Cpt._Baseballbatboy schrieb:
...
Um das genauer zu machen, bräuchte ich jetzt mein Integralheftchen, vielleicht schiebe ich es noch nach, wenn mir keiner glaubt
Um es nochmal zusammenzufassen:
Bei im Vergleich zur Wellenlänge der Übernahmefrequenz geringem Abstand sind Weichen gerader Ordnung ohne großartiges Leistungsloch möglich. Ist der Abstand groß gegenüber der Wellenlänge sind Weichen ungerader Ordnung in der Beziehung besser.
Gruß
Cpt.

Danke, dein Posting mir Stück mehr die Augen geöffnet.
Die Forderung, Hoch- und Mitteltöner möglichst nah zusammen zu montieren wirkt auf einmal deutlich einsichtiger.

Ich gebe mich jetzt mal ungläubig und schlage Dir ein wenig mit dem (länger schon fast vergessen hier rumstehenden) Bronstein auf den Hinterkopf,
vielleicht fallen mir dann noch ein paar weitere Wissensbrocken vor die Füße

Das mit dem Beton war übrigens ernst gemeint...
ist neben anderen Materialien wie Epoxyd- oder Polyesterharz eine Überlegung wert,
um zu zweckmäßigen Waveguides zu kommen.

]-audiofisk°<
UglyUdo
Inventar
#33 erstellt: 20. Sep 2005, 22:00
Servus Cpt.,

oder: wer hat Angst vor kleinen Hummeln?


Ich, jetzt!

Nee, ich bin dem Nachweis nur ansatzweise gefolgt, ihn ganz nachzuvollziehen hätte mich wohl 2 Tage gekostet, so es denn überhaupt gelungen wäre.
Der gesunde Menschenverstand unterstützt von einem Rollmeter und einem Taschenrechner mit Grundrechenarten führt jedoch zu einem ähnlichen Ergebnis, gradzahlig hin ungradzahlig her.
Da obiger jedoch gelegentlich angezweifelt wird, hat er jedoch keine Beweiskraft.
tiki
Inventar
#34 erstellt: 21. Sep 2005, 14:53

Servus
Noch so ein Toilettenpapierverkäufer!
Cpt. Deine Mathevorführung läßt mich noch grimmiger werden, daß Du nicht an unserem Institut Dein Praktikum durchführst.
Die vorteilhafte Nähe der Treiber ist anschaulich auch leicht mit den Interferenzen begründbar, auch der Abfall bei 90° (nicht Auslöschung, wegen der unterschiedlichen Entfernungen und damit Intensitäten). Dieser prinzipielle Unterschied im Abstrahlverhalten zwischen Trennungen mit Filtern gerader und ungerader Ordnung mar mir nicht klar, danke dafür!
Der Abstand meiner MT und HT ist z.Zt. 117mm. Da müßte eigentlich ein kräftiger Einbruch um 1,5kHz zu sehen sein. Er liegt aber eher bei 1,7kHz: http://poolux.psycho..._1,0m_90deg_hor.html Ulkigerweise rutscht selbiger von 2kHz @ 15° zu 1,7kHz @ 90°. Ist diese Verschiebung evtl. auf den zunehmenden Einfluß der Interferenz auf den Schalldruck zurückzuführen?
Um das in Zusammenhang mit dem WG zu bringen: die Vorteile hinsichtlich des Bündelungsverhaltens erkauft man sich mit erheblich größeren Treiberabständen, deshalb wieder größeren Problemen mit Interferenzen, bei Peter müßte ggf. dazu etwas im vertikalen Bündelungsverhalten zu erkennen sein? Ist der WG-Einsatz bei 3 Wegen unter diesem Gesichtspunkt auch sinnvoll?
An anderen Stellen war von Schallführungen aus z.B. Filzringen die Rede (z.B. von maha). Ich ahbe auch schon ganz still über eine mehrere cm starke Basotect-Front nachgedacht (TT vorne drauf, MT/HT von hinten mit ausgearbeiteten "Trichtern"), bestimmt nicht als erster. Würde hier der WG-Vorteil des höheren Schalldrucks (Wirkungsgrades) auf Achse verlorengehen, weil "keine" Reflexionen an den dämpfenden Materialien stattfänden? Die anderen Vorteile sollten wohl erhalten bleiben.
Gruß, Timo
bolandi
Hat sich gelöscht
#35 erstellt: 21. Sep 2005, 15:19

tiki schrieb:

Um das in Zusammenhang mit dem WG zu bringen: die Vorteile hinsichtlich des Bündelungsverhaltens erkauft man sich mit erheblich größeren Treiberabständen,


Hallöchen, deshalb bevorzuge ich ja "niedrige" Waveguides, die möglichst nicht höher bauen als die Frontplatte des HTs oder sogar niedriger sind (und damit im Extremfall sogar die Treiberabstände verringern können)... Zugleich bietet sich so die Möglichkeit vertikal stärkere Bündelung zu erzeugen als horizontal. Leider sind solche Formen halt schwerer herzustellen als runde Waveguides wie Peters.

Ciao, Günther
Spatz
Inventar
#36 erstellt: 21. Sep 2005, 15:25
Wo kann man sich denn Wissen über Waveguides aneignen, das scheint ja im Netz recht spärlich zu sein...

Gibt mir bitte mal Links und Literaturtipps!
UglyUdo
Inventar
#37 erstellt: 21. Sep 2005, 16:44
Einer der anwesenden Herren hat mich mal mit folgendem erschreckt:
http://edocs.tu-berlin.de/diss/2003/piscoya_rafael.pdf

Ankucken kann man sich noch ( hab' ich noch nicht )
http://baseportal.de...xdreamaudio/download
>>>Acoustic Waveguide Theory
>>>Acoustic Waveguide Theory Revisited
>>>Acoustic Waveguides --- In Practice

Leider sind die Artikel nicht als Comic aufgebaut.
( He, als Comic gibt es anspruchsvolle Literatur, ehrlich! )

Tja, ich werde wohl einen Treiber von hinten montieren, Brettstärken 12 - 19mm, und eine Weile rumfräsen, bis der ( die? ) WG oberhalb seiner Wirkungsbandbreite ( ? ) keine Schweinereien mehr produziert.
Einen Zusammenhang glaube ich zwischen Größe Hornmund, Öffnungswinkel, Tiefe. Eventuell verschmiert ( gewünscht )eine Verrundung den Effekt im Gegensatz zu gleichbleibend steilen Öffnungswinkeln.








Noch so ein Toilettenpapierverkäufer!


pffft...
UglyUdo
Inventar
#38 erstellt: 21. Sep 2005, 18:10
Einen hab' ich noch...

Andere können es vielleicht auch nicht viel besser.

US hatte mir gegenüber mal erwähnt, daß die serienmäßige WG des BG Neo 3 PDR ( jawohl, ich bin noch dran, dauert halt )ferkelt. Das ist auch so.
Zudem bin ich auf die tiefere Trennung angewiesen, die eine schallwandbündige ermöglicht.

Vergleich mit + ohne WG

Winkel mit WG, bündelt eigentlich ganz schön:

Winkel ohne WG:


Mein persönliches Fazit:
Nix gibt's umsonst, alles hat seinen Preis. Wie gesagt bin ich darauf angewiesen tiefer zu trennen, es kommt hier für mich nur die bündige Version in Frage.
Aber es gibt ja noch mehr Treiber, mit denen ich mich quälen kann. Da liegt ein kleiner BB, der ein wenig Hilfe unterhalb von 1kHz braucht
Cpt._Baseballbatboy
Inventar
#39 erstellt: 21. Sep 2005, 19:19

tiki schrieb:
Der Abstand meiner MT und HT ist z.Zt. 117mm. Da müßte eigentlich ein kräftiger Einbruch um 1,5kHz zu sehen sein. Er liegt aber eher bei 1,7kHz: http://poolux.psycho..._1,0m_90deg_hor.html Ulkigerweise rutscht selbiger von 2kHz @ 15° zu 1,7kHz @ 90°. Ist diese Verschiebung evtl. auf den zunehmenden Einfluß der Interferenz auf den Schalldruck zurückzuführen?


Ich würde eher darauf tippen, dass es sich in der Realität nicht um Punktschallquellen handelt. Der "Abstand" ist also nicht Zentrum zu Zentrum, sondern Rand (bei der HT-Kalotte) zu irgendeinem Punkt zwischen Rand und Zentrum des MT-Konus (war doch einer?). Der Einbruch (und ja, nicht vollständige Auslöschung) wird also zu einer höheren Frequenz verschoben und ein wenig verschmiert.

Möglicherweise spielen da auch noch Partialschwingungen des Konus mit rein.

Gruß
Cpt.


[Beitrag von Cpt._Baseballbatboy am 21. Sep 2005, 19:20 bearbeitet]
Christoph_Gebhard
Inventar
#40 erstellt: 22. Sep 2005, 07:22
Hallo zusammen,

@Cpt: Habe erst jetzt die Ruhe gefunden deinen "Formelpost" mal genauer zu studieren (war aber gar nicht so schlimm ).
Die ganze Sache klingt ja höchst interessant und man würde sich davon für den nächsten Weichentwurf auch gerne etwas annhemen, was mich aber skeptisch macht:
Du behandelst die Treiber in deiner Annahme als fehlerfrei. Sowohl der Hochtöner (vermutl. Pegelabfall) als auch der Tieftöner (vermutl. Pegelanstieg+evtl Resonanzen) sind ja im Übernahmebereich alles andere als phasentreu.
In wie weit prägen sie das Gesamtergebnis und machen die theoretische Betrachtung nutzlos?

@Udo: Den Messungen nach zu urteilen, bezeichnest du die kurze Schallführung des Neo als Waveguide, richtig?
Kurzhorn wäre hier angebrachter, die Funktion eines Waveguides wird hier nämlich nicht unbedingt erreicht.

Gruß, Christoph
bolandi
Hat sich gelöscht
#41 erstellt: 22. Sep 2005, 07:24

elefantino schrieb:
Was gegen die Horn-These spricht, ist daß der Wirkungsgrad zwischen etwa 6 und 10 kHz im Vergleich zum HT ohne WG eher verschlechtert wird - bei einem Horn müsste er besser werden.

Gruß
Peter


Hallöchen, Peter,

aber das bestätigt doch eher meine These, das es sich zumindest um eine Mischform aus druckkammerlosen Horn und Waveguide handelt. Wenn der Wirkungsgrad durch die Schallführung selektiv schlechter wird als er "naturgemäß" ist, deutet das doch auf (alles andere als willkommene) Auslöschungserscheinungen hin. Vor allem ist beim genauen Betrachten der Diagramme zu erkennen, daß der (nicht sonderlich ausgeprögte) Effekt auch stark ausser Achse noch auftritt, eigentlich im gesamten Nutzwinkel, es kann sich also nicht um Auslöschungen durch Gehäusekanten oder ähnliche Störerscheinungen handeln. Zusammen mit dem starken Dynamikgewinn erscheint mir das typisch für druckkammerlose Hörner, desto erstaunlicher finde ich das Bündelungsverhalten im Hochtonbereich...

ciao, Günther


[Beitrag von bolandi am 22. Sep 2005, 07:31 bearbeitet]
Cpt._Baseballbatboy
Inventar
#42 erstellt: 22. Sep 2005, 08:35

Thanner schrieb:
Du behandelst die Treiber in deiner Annahme als fehlerfrei. Sowohl der Hochtöner (vermutl. Pegelabfall) als auch der Tieftöner (vermutl. Pegelanstieg+evtl Resonanzen) sind ja im Übernahmebereich alles andere als phasentreu.
In wie weit prägen sie das Gesamtergebnis und machen die theoretische Betrachtung nutzlos?


Natürlich sieht die Realität etwas anders aus. Ich schrieb ja schon als Antwort für tiki, dass durch die Ausdehnung der Membran das Verhalten leicht verändert wird. Auch zusätzliche Dreckeffekte wie Partialschwingungen (also Resonanzen und/oder Phasenschweinereien) beeinflussen das Ergebnis. Die Tendenz, unter 90° (60°) eine Nullstelle zu produzieren, bleibt aber.

Um wirklich herauszufinden, wo genau die sich jetzt befindet, hilft nur eines: messen.

Gruß
Cpt.
Christoph_Gebhard
Inventar
#43 erstellt: 22. Sep 2005, 08:49

Cpt._Baseballbatboy schrieb:
Um wirklich herauszufinden, wo genau die sich jetzt befindet, hilft nur eines: messen.

Gruß
Cpt.


Alles klar Cpt., wird gemacht!!
UglyUdo
Inventar
#44 erstellt: 25. Sep 2005, 01:18
Ich habe heute weitere 4 WG gefräst und gemessen - um es kurz zu machen, alle waren Mist, oberhalb von 4kHz wurden massiv Fehler produziert.
Verwendet wurden verschiedene Radien, Tiefen sowie einmal ein 45° Winkel. Dabei wurde der Treiber soweit von hinten eingelassen, daß die Membran unmittelbaren Anschluß an die WG hat.
Folgende Rückschlüsse habe ich gezogen:
- Die Öffnung sollte sehr flach + so weit wie möglich sein
- Bei mit Fräsern hergestellten ( = relativ steile Öffnung ) schneiden die Exemplare mit geringer Tiefe besser ab.
Ist ein mühsames Brot, basierend auf obige Erkenntnisse werde ich wohl noch ein oder zwei herstellen und testen, wenn's dann nix ist, stelle ich die Sache ein.

Frage: Was ist der Unterschied zwichen WG und Kurzhorn?
bolandi
Hat sich gelöscht
#45 erstellt: 25. Sep 2005, 08:28
Hallöchen, Udo,

versuch´s mal mit ´nem parabolischen Hals und ´nem hyperbolischen Mund...

Vereinfacht:
Das druckkammerlose Horn will in erster Linie Wirkungsgrad und Maximaldynamik erhöhen, hat aber gleichzeitig unvermeidbare Nebeneffekte auf das Abstrahlverhalten.
Das Waveguide will in erster Linie das Abstrahlverhalten verstetigen, hat aber durch die reine Bündelung im unteren Nutzbereich Einfluß auf Wirkungsgrad und Maximaldynamik.
Natürlich gibt es fliesende Übergänge.
Bei vielen Magnetostaten oder Air-Motion-Transformern ergeben sich aber sogar Druckkammerhorncharakteristiken durch die eingebaute Kompressionskammer (große Membranfläche, kleine Öffnung, beispielsweise B+G Neos, sogar auch der grosse AMT...! Auch der ER4 weist eine "Druckkammer" auf...)

ciao, Günther
Christoph_Gebhard
Inventar
#46 erstellt: 25. Sep 2005, 10:33
Hier einge Zitate von Günther aus dem Audiomap:


Ein Waveguide ist eine Schallführung, die in erster Linie dazu dient, das Abstrahlverhalten zu kontrollieren und als Nebeneffekt durch die erzeugte mehr oder weniger ausgeprägte Bündelung eine erhöhte Belastbarkeit und einen eher geringfügig erhöhten Schalldruck im unteren Wirkbereich ergibt. So gesehen ist also jede Schallwand ab einer bestimmten Frequenz ein Waveguide. Waveguides haben prinzipbedingt einen deutlich größeren Hornhals als Membranfläche oder einen sehr stark parabolisch ausgeführten Hornhals. Waveguides werden nicht unbedingt nach Hornformeln berechnet, können allerdings Hörnern schon sehr ähnlich sein oder auch mal einer Hornkontur entsprechen. (Hörner, auch druckkammerlose, hingegen dienen in erster Linie zur Erhöhung des Schalldrucks und der Belastbarkeit im Wirkbereich mit angenehmen Nebeneffekt Einfluß auf die Abstrahlcharakteristik nahmen zu können.)
Durch den recht großen Hornhals, respektive die sehr parabolische Halsformung gibt es weder Kompression, noch Verfärbungen, noch "Probleme mit Sicken", noch sonstwelche Probleme, die man nicht mit jeder x-beliebigen Schallwand hätte. Die Kunst besteht nur darin, das Waveguide so auszugestalten, daß die Abstrahlcharakteristik optimal an den nach unten angestzten Treiber passt, ohne die Abstrahlcharakteristik weiter oben im Frequenzband einzuschnüren. Optimal ist ein Waveguide dann, wenn es ein möglichst gleichmässiges Abstrahlverhalten über den gesamten Wirkbereich erzeugt, der nach unten durch die Frequenzweiche vorgegeben wird und nach oben durch das natürliche Bündelungsverhalten des Treibers, irgendwo wird der Treiber nämlich von selbst anfangen stärker zu bündeln als das Waveguide und also die Schallführung gar nicht mehr "sehen".
Typisch sind solche Konstrukte in guten Studiomonitoren, bitte jetzt aber nicht verwechseln mit irgendwelchen "Waveguide" genannten beliebigen Plastikblenden in beliebigen Konstruktionen.
Bei einer 19mm Kalotte, die ich als optimal in Kombination mit dem Veravox ansehen würde, könnte man mit einem Waveguide mit an den Veravox angepasstem Abstrahlverhalten und einer Trennfrequenz zwischen 3 und 4 kHz ca. 3 - 4 dB höheren Schalldruck im Bereich bis ca. 10 kHz erzielen, optimal wäre also eine Kalotte mit eher steigendem Frequenzgang und ca. 90 dB Wirkungsgrad ab 3 kHz...




Um das Verhalten von Hörnern und Waveguides im Hochtonbereich abzuschätzen bietet sich meiner Erfahrung nach eine Aufteilung in drei Gruppen an. (Mitteltonhörner + Waveguides sind nochmal komplizierter...)

Hörner für Kompressionstreiber verhalten sich mit jedem passenden Treiber praktisch identisch, d.h. das Abstrahlverhalten und die Verstärkungskurve (Verstärkung über Frequenz...) des Horns bleibt voll erhalten. Für Versuche mit adaptierten Treibern (z.B. HiFi-Inverskalotten an 1"-Hörner angepasst) gilt mehr oder weniger das im nächsten Absatz gesagte...

Bei quasi druckkammerlosen Hörnern beeinflusst die Membran- und Sickengeometrie, die Membranstabilität, sowie der Übergang vom Treiber zum Horn sowohl die Abstrahlung als auch die Verstärkungskurve entscheidend. Kritisch ist hierbei oft der Übergang vom Treiber zum Horn; hier bildet sich oft doch so eine Art Druckkammer, die einerseits durch Kompression Bereiche verstärkt und andererseits einen Tiefpass bildet, der die Höhen absenkt, oder es bilden sich Reflektionskanten, die zu Auslöschungen durch Phantomschallquellen führt. Vorhersagen über das Verhalten eines bestimmten Treibers in einem solchen Horn sind nur schwer zu treffen.

Bei Waveguides mit sehr stark parabolischem Hals oder deutlich der Membran an Fläche überlegenem Hals bleibt das Abstrahlverhalten mit den allermeisten passenden Treibern identisch, in der Verstärkungskurve ergeben sich nur leichte Differenzen, die problemlos über die Frequenzweiche kompensiert werden können. Allerdings können sich bereits am Treiber integrierte Hornstummel negativ bemerkbar machen, vorzuziehen sind glatte Frontplatten mit vorstehenden Kalotten.

Das von mir angedachte Waveguide zählt zur letzteren Gruppe; der zuletzt aufgebaute Prototyp ergab mit allen getesteten 19mm-Kalotten (Seas-No-Ferro-Gewebe- und Metall-Kalotte, Nova TN19, Eton, Scan Speak 2008 und 2010) ein sehr ähnliches Abstrahlverhalten und einen identischen Nutzbereich, die Verstärkungskurve unterschied sich nur im unteren Nutzbereich durch Differenzen bis ca. 1,5dB, dies war auf die diversen Frontplattenausformungen zurückzuführen. Der Nutzbereich beginnt dabei bei ca. 2,2 kHz, der horizontale Nutzwinkel liegt relativ konstant bei 75° im unteren Nutzbereich bis 70° bei ca. 12kHz. Die Halsfläche liegt jetzt bei ca. 9 Quadratzentimeter, der Querschnitt wechselt von innen nach aussen von stark parabolisch über konisch auf stark hyberbolisch, der momentan asymmetrische Mund ist 14cm breit bei 5 - 7 cm Höhe... Damit läßt sich das Waveguide meiner Meinung nach eben relativ universell mit den meisten 19mm-Kalotten in Kombination mit 13-15cm TMTs bei Trennfrequenzen zwischen 2,2 und 4 kHz verwenden.

Meiner Meinung nach ist die Bedeutung des Abstrahlverhaltens für die Klangqualität abhängig vom Einfluß des Diffusschalles am Hörplatz. Für Nahfeldmonitore mit keinen benachbarten Reflektionsflächen wäre auch völlig unregelmässiges Abstrahlverhalten noch akzeptabel, aber bei typischen Abhörbedingungen im HiFi-Bereich kommt dem Abstrahlverhalten schon eine entscheidende Rolle zu.
tiki
Inventar
#47 erstellt: 25. Sep 2005, 12:21
Danke an beide für die Zusammenfassung!
Granuba
Inventar
#48 erstellt: 25. Sep 2005, 12:31

tiki schrieb:
Danke an beide für die Zusammenfassung!


Dem schließ ich mich an, ich sauge schändlicherweise das Wissen, ohne etwas beizutragen....


UglyUdo schrieb:
Servus Cpt.,


oder: wer hat Angst vor kleinen Hummeln?



Ich, jetzt!


Ich denke gerade über die Implementierung eines aufgeschreckten Hühnergackerns nach....
Hast du eventuell mal Fotos von deinen experimentellen Waveguides? Würde mich sehr interessieren!

Harry
Take5
Stammgast
#49 erstellt: 25. Sep 2005, 13:04
Hallo,
da ich mich auch schon länger am Thema Waveguide versuche würde mich die Kontur natürlich auch interessieren. Falls tatsächlich Interesse besteht diese zu erhalten und das WG zu vervielfältigen, wäre es für mich sehr einfach eine Negativform (Formenharz + Glasfasermatten) des WG's herzustellen, dabei bleibt das Urmodell ohne Beschädigung erhalten. Wenn es nicht in eine Massenproduktion ausartet würde ich die unbearbeiteten (ausschneiden des Mittelloches) WG's zum Selbskostenpreis (dürften ein paar Euro werden) bereitstellen, die Kontur könnte ich mittels CAD liefern.
Bei Interesse der WG Besitzer an der Aktion einfach anmailen oder PM schicken.

Gruß Chris

P.S An einen Beitrag zu den enstandenen Kosten durch die Ersteigerung von Christoph wäre natürlich auch zu denken!


[Beitrag von Take5 am 25. Sep 2005, 13:22 bearbeitet]
bolandi
Hat sich gelöscht
#50 erstellt: 25. Sep 2005, 16:11
Hallöchen,

mein Waveguide für 19er-Kalotten ist an das Projekt aus Christophs (Thanner) Drei-Wege-Thread gekoppelt und wird dort im weiteren Verlauf in allen Einzelheiten veröffentlicht. Die entsprechenden Threads im audiomap usw. geben noch ein bisschen mehr her als das von Christoph eingestellte Zitat; wen´s interessiert, kann also schon mal ein bisschen stöbern...

An einer Kleinauflage bin ich natürlich stark interessiert und arbeite schon ´ne Weile an Lösungen, deshalb bin ich natürlich an solchen Angeboten wie von Chris (Take5) stark interessiert, möchte aber aufgrund von Erfahrungen mit anderen ähnlich gearteten Angeboten darauf hinweisen, daß ich bei Verdacht auf kommerzielle Interessen oder Ahnungslosigkeit/Unprofessionalität möglicher Kooperationspartner unverzüglich die Kommunikation abbrechen würde...
(Chris, bitte beziehe das in keinster Weise auf dich, ich beziehe mich ausdrücklich auf frühere Erfahrungen mit anderen nicht zu nennenden Leuten aus dem Umfeld der Selbstbau-Foren...)

Ciao, Günther


[Beitrag von bolandi am 25. Sep 2005, 16:13 bearbeitet]
UglyUdo
Inventar
#51 erstellt: 25. Sep 2005, 18:19

Hast du eventuell mal Fotos von deinen experimentellen Waveguides? Würde mich sehr interessieren!

Kannst Du!
Hier die 1. Entwürfe. Zu beachten ist die auf den Bildern erkennbare CNC Fräse.

Weitere Modelle entstanden mittels schnöder Oberfräse

Alles Mist, sieht gut aus, verursacht jedoch schlimme Dinge. Die Form des Treibers macht es auch nicht leichter. Heute habe noch eine innerhalb von 15min mittels Raspel und Schleifpapier modifiziert, ausgehend von einem 15mm Radius, die zeigt die besten Ergebnisse. Von diesem Modell erwarte ich mir noch Möglichkeiten. Zudem werde ich noch versuchen Bolandi's Tip umzusetzen. Um die Reproduzierbarkeit zu gewährleisten ist dafür ein Abplattfräser nötig, den ich nicht habe ( wird im Möbelbau für gefüllte Türen verwendet ).
Letzter Stand:
ohne Weiche, mit Condi, Vergleich mit + ohne Weiche




..daß ich bei Verdacht auf kommerzielle Interessen oder Ahnungslosigkeit/Unprofessionalität möglicher Kooperationspartner unverzüglich die Kommunikation abbrechen würde...

Ich darf hier ein rennomiertes bayrisches Geheimlabor hinweisen, hier entstehen nicht nur fertige Produkte, es dient auch der Grundlagenforschung.

Folgendes Bild wurde extra dem Labor eines gleichnamigen Entwicklers nachemfunden, professionelle Rahmenbedingungen sind somit gegeben!

Zudem hat sich der Laborleiter um die Ernährung der bayrischen Bevölkerung verdient gemacht. Das Bild ist bewußt unscharf gehalten, um unqualifizierte Bettelei zu erschweren.
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