Belastbarkeit und Xmax von kleinen Tief-/Mitteltönern

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DarthOggi
Neuling
#1 erstellt: 04. Feb 2016, 01:31
Hallo erstmal,

ich baue jetzt schon seit grob 2 Jahren den ein oder anderen Lautsprecher, natürlich meistens mit eher begrenztem Budget, da ich im Moment Studiere. Auf dieses Forum bin ich bereits davor gestoßen und es hat mich in Sachen HiFi und Boxenbau meiner Meinung nach um einiges schlauer gemacht. Nachdem ich zu dem Thema, welches ich folgend noch näher ausführen möchte bis jetzt noch nicht wirklich eine Diskussion gefunden habe, habe ich mir gedacht ich probiere es mal mit einem neuen Thread.

Es geht um die Belastbarkeit von kleinen Tief-/Mitteltönern und wie diese im Zusammenhang mit dem oftmals geringen Xmax dieser Chassis steht. Mit kleinen Tief-/Mitteltönern meine ich vor allem Tief-/Mitteltöner <= 13cm.

Grundsätzlich habe ich das so verstanden, dass sich aus der effektiven Membranfläche, der Frequenz und der Auslenkung die Lautstärke des Tiefmitteltöners bei einer bestimmten Frequenz ergibt. Durch die maximale Auslenkung des Tiefmitteltöners kann dann weiters auf den theoretischen Spitzenpegel bei dieser Frequenz geschlossen werden.

Das Simulationsprogramm mit dem ich am häufigsten arbeite (WinISD) bietet mir nun die Möglichkeit die Auslenkung bei Eingangssignalen mit verschiedenen Leistungen zu simulieren. Was mir hierbei aufgefallen ist ist, dass die für kleine Tief/Mitteltöner übliche Xmax von 2-4mm sogar bei einer Verwendung eines 45hz Hochpassfilters mit 12db/okt teilweise bereits bei 3 Watt erreicht ist (siehe Visaton W130S 4 Ohm). Problematisch ist in meiner Sicht aber garnicht so der Hub bei tiefen Frequenzen weil dieser mit einem Hochpassfilter normalerweise stark reduziert werden kann, sondern vor allem der Hub um die Resonanzfrequenz bei geschlossenen Gehäusen bzw. das zweite Hubmaximum bei Bassreflex Gehäusen, welches erfahrungsgemäß zwischen 50 und 100hz auftritt (bei dem ich leider nicht genau weiß wie es zustande kommt).

Auf jeden Fall ist so zumindest Simulationstechnisch die maximale Belastbarkeit im Bass- und Tiefbassbereich (welcher vor allem bei elektronischer und dynamikkomprimierter Musik dauerhaft und stark angespielt wird) im Vergleich zu den vom Hersteller angegebenen 50 Watt RMS stark reduziert.

Ein konkretes praktisches Beispiel habe ich im Fall vom Visaton W130S 4 Ohm, wo bereits bei knapp über 4 Volt Ausgangsspannung vom Verstärker (gemessen mit einem Multimeter) bei einem Sinuston mit ca. 60hz Störgeräusche wahrzunehmen waren. Es ist natürlich nicht ganz auszuschließen, dass dieses konkrete Chassis defekt ist, jedoch ist beim manuellen Bewegen der Membran kein Kratzen wahrzunehmen und auch sonst klanglich nichts festzustellen.

Die Frage die sich mir nun stellt ist, ob mit 2-Wege Boxen, welche kleine Tief/Mitteltöner verwenden generell keine basslastige Musik oder nicht "laut" gehört wird und wie namhafte Hersteller mit dieser Problematik umgehen (Hochpass-Filter, Nur Chassis einsetzen die einen entsprechenden Hub haben oder hoffen, dass nichts passiert)?

Ich sage natürlich nicht, dass alles was ich in diesem Thread vermeintlich festgestellt habe richtig ist und ich nicht irgendwo einen Denkfehler habe.

P.S.: Dieser Post soll natürlich nicht als negativwerbung für Visaton oder das Chassis W130S 4 Ohm aufgenommen werden, ich persönlich habe mit der Firma Visaton und deren Produkten immer gute Erfahrungen gemacht.
Wave_Guider
Inventar
#2 erstellt: 04. Feb 2016, 02:27
Hi,

in einer der letzten Hobby-Hifi Zeitschriften war eine grobe Tabelle (und die Formel) welchen Bass-Pegel man mit welcher Membran-Fläche/Hub erreichen kann.

Da im Bass der meiste Hub gebraucht wird (pro Frequenzhalbierung der 4-fache Hub für gleichen Pegel) ist so ein kleines Chassis da natürlich schnell am Limit.

Die Watt oder Voltzahlen muss man jedoch auch im Zusammenhang mit dem dabei erzielbaren Schalldruckpegel sehen:

85dBSPL/1Watt/1Meter wären nicht gerade leise.
Und 90dBSPL wären schon recht laut.
Klar, wenn das die Grenzdaten im Bass sind bleibt natürlich keine Reserve, wenn der Tonträger auf einmal mehr Schub bringen will.

Langhubigere 13cm TMT´s wären der Visaton AL130 (6mm Hub).
Oder auch bestimmte Wavecore´s, die 5,5mm machen können.

Und mit Bass-Reflex statt geschlossen, hätte man rund 6dB mehr Bass-Wirkungsgrad (also mehr Tiefgang, der ca. gleichen Pegel macht wie der obere Bassbereich bzw. Tiefmittelton-Bereich).

Grüße von
Thomas
SRAM
Inventar
#3 erstellt: 04. Feb 2016, 15:14
Rechner:

http://www.lautsprechershop.de/tools/t_lautsprecher.htm

Diese Begrenzung ist das erste, was ich ausrechne, wenn ich ein System designe. Und zwar für den TT wie den MT Zweig sowie den HT. (der Sub sowieso...)

Denn oft (ich bin eher dem PA bzw. power HiFi Lager zugehörig), ist das die Begrenzung, die vor anderen Überlegungen bei der Festlegung von Trennfrequenzen greift. Weit vor anderen limitierenden Faktoren.

Und ja: manch Bewerbung von HiFi-Boxen erscheint nach Kenntnis dieses limits lächerlich, weil die Teile so früh ans limit kommen, daß keine realistische Musikwiedergabe möglich ist. Muß ja auch nicht immer sein (mein Küchenradio kann auch nicht mehr als Hintergrundgedudel), aber dann sollte die Werbung ehrlich sein.


Gruß SRAM
Reference_100_Mk_II
Inventar
#4 erstellt: 04. Feb 2016, 15:46
Bei geschlossen ist es so, dass der Hub zu tiefen Frequenzen hin immer ansteigend ist.
Also z.B. bei 200Hz wenig/kaum Hub, bei 100Hz schon etwas mehr, bei 50Hz gehts dann richtig los und bei 25Hz ist der Treiber am Limit.
"pro Frequenzhalbierung der 4-fache Hub für gleichen Pegel"

Bei BR wirkt aber das Gehäuse, besser das Rohr, als Resonanzkörper mit, das Rohr ist wie eine neue Schallquelle.
Die Frequenz bei der diese neue Schallquelle am lautesten arbeitet ist die Tuningfrequenz bei BR-Gehäusen.
Sie kann beispielhaft bei 50Hz liegen.

Da nun bei 50Hz in einem BR-Gehäuse das Rohr massig Pegel produziert muss der Treiber an sich weniger arbeiten. Dadurch geht sein Hub zurück.
Dieser Effekt des BR-Gehäuses tritt aber nur in einem schmalen Bereich um die Tuningfrequenz auf. Darüber wirkt das Gehäuse/die Box wie eine normale geschlossene, darunter wird es Gefährlich.

Unter der Tuningfrequenz arbeitet das Rohr nicht mehr als Schallquelle, das Gehäuse hat also einfach ein Loch. Es ist "offen".
Wie stark ein Treiber dann auslenkt hat jeder schon mal gesehen, der einen Treiber FreeAir betrieben hat. Bereits bei wenigen Watt Leistung ist der maximale Hub bereits erreicht.
Selbiges ist es bei einem BR-Gehäuse unterhalb der Tuningfrequenz. Der Hub steigt schlagartig an.

Daher ist es bei höher getunten BRs auch nahezu pflicht, dass ein Subsonic-Filter gesetzt wird, das die Box vor zu tiefen Bässen schützt welche das Tiefton-Chassis zerstören könnten.
Stimmt man das BR-Gehäuse auf ~45Hz ab sollte das aber bei normaler Musik kein Problem sein. Diese hat selten Bässe unter 40Hz oder 45Hz.



Das sind absolut vereinfachte Grundlagen, aber ich denke es ist verständlich.

Grüße, Reference
DarthOggi
Neuling
#5 erstellt: 04. Feb 2016, 23:21
Vielen Dank erstmal für alle die bis jetzt geantwortet haben.

Es scheint also schon etwas dran zu sein daran, dass kleine Tief-/Mitteltöner vor allem in tieferen Frequenzbereichen Probleme haben und hier die Werbung bezüglich so mancher Lautsprecher diesen Fakt versteckt bzw. schönt. Dies bedeutet weiters dann vermutlich, dass vor allem Boxen mit günstigeren und hubschwächeren Tief-/Mitteltöneren wohl wirklich nicht für viel mehr als Küchenradios oder Hintergrundmusik verwendet werden können, wobei natürlich jetzt sowieso nicht jeder eine Box braucht die in Regionen über 100 dB vordringt (wobei ich jetzt vor allem von 100 dB Spitzenpegel rede und nicht vom Durchschnittspegel der vor allem bei dynamischer Musik ja meistens mehr als 10 dB darunter liegt). Vertragen muss es die Box natürlich trotzdem auch wenn nur kurz die volle Leistung anliegt (vor allem im Tieftonbereich). Es wäre trotzdem Interessant zu wissen wie so der ein oder andere namhafte oder weniger namhafte Hersteller mit dieser Thematik (vor allem bei Kompaktboxen) umgeht, da wie bereits im ersten Post erwähnt vor allem im Mainstream immer mehr basslastige Musik gehört wird und der Hub von manchen Tief-/Mitteltönern bereits bei 65 Hz im kritischen Bereich ist.

Zum Thema Subsonic-Filter, dass ich diesen vor allem bei Bassreflexsystemen mit "höherer" Abstimmung verwenden sollte war mir schon bewusst und ist für mich mittlerweile schon Pflicht, da ich in den Simulationen sowie in der Realität gesehen habe wie extrem der Hub bei tieferen Frequenzen ansteigt und ich sowieso lieber bei 30 oder 40Hz abschneide bzw. abstimme und dafür dann mehr Schalldruck zur Verfügung habe. Zumal sich meiner Meinung nach in tieferen Frequenzbereichen ohne Zurhilfenahme des Druckkammereffektes sowieso nicht mehr viel zu holen ist und auch nichts wirklich musikalisch relevantes passiert.

Außerdem möchte ich mich noch für die Chassisvorschläge bedanken, ich habe mich auch schon nach Alternativen mit mehr Hub umgesehen, welche aber meistens leider dann doch etwas mehr kosten als das von mir verwendete Chassis. Ich werde in jedem Fall bei ähnlichen Experimenten bzw. Projekten mit kleinen Tief-/Mitteltönern ein Chassis verwenden welches mehr Hub kann.
SRAM
Inventar
#6 erstellt: 04. Feb 2016, 23:28
hubmonster zum fairen preis gibt es von dayton:

http://loudspeakerfreaks.com/Product.asp?Product_ID=11395


gruß sram
Wave_Guider
Inventar
#7 erstellt: 05. Feb 2016, 00:35
DarthOggi schrieb:


Es scheint also schon etwas dran zu sein daran, dass kleine Tief-/Mitteltöner vor allem in tieferen Frequenzbereichen Probleme haben


wie es auch so schön heißt: Hubraum ist durch nichts zu ersetzen.


und hier die Werbung bezüglich so mancher Lautsprecher diesen Fakt versteckt bzw. schönt.


Bei LS-Chassis ist es jedenfalls so, dass man mit den Parametern simulieren kann, was im Bassbereich (in Abhängigkeit vom Signalpegel) zu erwarten ist.

Kompaktboxen können auf Grund ihrer ja erwünschten Kleinheit, weniger tiefe Frequenzen wiedergeben, wie eine Standbox/gleicher Treiber, mit größerem Volumen.

Um bei Kompaktboxen trotzdem das Gefühl von "bass-stark" zu haben,
wird oft so konstruiert,
dass sich eine deutliche Erhöhung bei so 50Hz - 60Hz einstellt.
Und das klingt gar nicht mal schlecht (oder durchaus brauchbar) wenn man einfach mal seinem subjektiven Hörempfinden vertraut.

Zum Unterschied im Tiefgang zwischen Klein & Geschlossen zu Standbox & Bass-Reflex, könnte ich mittels AL130 zumindest, diesen Vergleich anbieten.

Jeweils die zweite Messung von oben:

kleines geschlossenes Volumen:

http://www.waveguide...t-visaton-al130.html

und als kleine Standbox & Bass-Reflex:

http://www.waveguide-audio.de/standbox-wg-1.j-messungen.html

Die größere Variante mit Bassreflex, ist bei 40Hz ca. 10dB lauter im Pegel

Grüße von
Thomas


[Beitrag von Wave_Guider am 05. Feb 2016, 00:36 bearbeitet]
Giustolisi
Inventar
#8 erstellt: 05. Feb 2016, 10:02

Reference_100_Mk_II (Beitrag #4) schrieb:
Bei geschlossen ist es so, dass der Hub zu tiefen Frequenzen hin immer ansteigend ist.

Nur bis zur Resonanzfrequenz, dann fungiert die Federwirkung als mechanisches 12dB Filter.
Das funktioniert nicht nur geschlossen, sondern auch ventiliert und offen.
Deshalb ist es bei ventilierten Konstruktionen vorteilhaft, wenn die Resonanzfrequenz des Chassis über der Abstimmfrequenz liegt.
Als beispiel nenne ich mal die Vifantastisch, wo unter 60Hz der akustische Kurzschluss regiert, aber ein Breitbänder verwendet wird, dessen Resonanzfrequenz fast eine Oktave höher liegt. Das reduziert den Hub schon ein gutes Stück.
Liegt die Resonanzfrequenz unterhalb der Abstimmfrequenz (Oft bei Chassis mit niedrigen Güten), steigt der Hub darunter stark an.


[Beitrag von Giustolisi am 05. Feb 2016, 10:04 bearbeitet]
Roderik81
Inventar
#9 erstellt: 05. Feb 2016, 18:27
Hallo,

was man bei dieser Diskussion noch erwähnen sollte, ist dass das vom Hersteller angegebene Hublimit eher einen Richtwert angibt an dem das Chassis hoffentlich noch zumindest einigermaßen Linear arbeitet.
Je nach Bauweise des Antriebs und Auslegung der Aufhängung ist auch darüber noch ein gewisser Hub möglich, der aber eben zunehmends weniger proportional zur eingesetzten Energie ist.
Dieser wird dann entweder irgendwann durch Aufhängung und thermische Verluste auf 0 reduziert, oder führt zum Anschlagen und damit Zerstörung des Chassis.

Viel mehr sinn als Luftspalttiefe und Schwingspulenhöhe zu vergleichen und daraus irgendwelche Fantasiewerte abzuleiten währe also die Hubfähigkeit innerhalb der Geforderten Linearität messtechnisch zu ermitteln. In der PA-Szene ist das bei den Premiumherstellen längst Standart. Im Homehifi-bereich simuliert man sich meist lieber seine perfekte Welt zurecht und redet sich dann das (abweichende) Ergebnis schön.

LG,
Roderik
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