Umfrage: Reflexionen an der Schallwandkante

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qnorx
Stammgast
#1 erstellt: 21. Feb 2004, 07:49
Hallo zusammen

die Selbstbau-Hefte haben die Reflexionen an der Schallwandkante alle schon mal in der einen oder anderen Form thematisiert.

Mich würde interessieren, was Eure Erfahrungen sind. Hattet ihr mit Relfexionen dieser Art schon zu tun? Wie sah die Schallwandkante da aus? Wie habt ihr das gelöst?

Und, nebst der Erfahrung fände ich auch sehr interessant, wenn uns einer der Akustiker hier erklären könnte, wie diese Reflexionen zu stande kommen, ab welchem Frequenzbereich diese entstehen, etc.

Ein Erfahrungs- und Wissensaustausch denke ich, ist in aller Interesse?

Vielen Dank für Eure Beteiligung.
qnorx
Stammgast
#2 erstellt: 21. Feb 2004, 07:55
Ich mag mich an einen Artikel von HobbyHifi errinnern, wo wenn ich mich recht entsinne, eine 45 Grad Phase an den Kanten mit deutlichem Abstand gewonnen hat.

Ich selbst habe bisher keine entsprechenden Erfahrungen gemacht/machen können, weil mir das Messgerät fehlt. Und blind wollte ich nicht an meinen Lautsprechern herumfeilen.

Ich frage mich in diesem Zusammenhang auch, wie breit denn eine Schallwand sein sollte. So schmal wie möglich, damit es keine Reflexionen gibt? Auf der anderen Seite scheinen mir die an der unendlichen Schallwand gemessenen Werte jeweils keine Reflexionen zu beinhalten. Das würde wiederum für eine sehr breite Schallwand sprechen?!

Und, wenn 45 Grad Phase, lässt sich das akustisch-physisch/mathematisch belegen, erklären?

Fragen über Fragen... ich bin gespannt auf Eure Antworten.
qnorx
Stammgast
#3 erstellt: 21. Feb 2004, 18:21
Ich habe inzwischen doch noch einen ellenlangen Thread gefunden der sich etwas mit der Thematik befasst.

http://www.hifi-forum.de/viewthread-30-3145-2.html

wolfi und AH vertreten dabei beide in wesentlichen Punkten ziemlich konträre Meinungen ob eine Schallwand nun breit oder schmal sein soll (die Frage ergab sich im Zusammenhang mit dem neueren Trend zu schmalen Schallwänden und seitlich eingebauten Bass-Chassis).

Während beide ihren Standpunkt vertreten, scheint mir als Leser die Sache sehr viel klarer geworden zu sein - schmale Schallwände haben Problemzonen, breite auch!

Ergo: die Frage nach der Breite der Schallwand stellt sich daher gar nicht primär, sondern viel wichtiger erscheint mir, was können wir tun, um die Probleme die an der Schallwand auftauchen (einmal vielleicht mehr frühe Reflexionen, das andere Mal Abstrahlung gegen hinten) in den Griff zu bekommen? Da bleiben wolfi und AH dann leider 'sprachlos'. Ich bin aber sicher die beiden wissen auch hier einiges zu berichten.


[Beitrag von qnorx am 21. Feb 2004, 18:28 bearbeitet]
AH.
Inventar
#4 erstellt: 22. Feb 2004, 02:29
das Problem besteht nur an den Gehäusekanten, da sich der Strahlungswiderstand dort Sprunghaft ändert. Eine vollständige Lösung bedeutet die Vermeidung von Kanten, d.h. der bündige Einbau des Lautsprechers in eine Raumwand. Die ersten unvermeidlichen Reflektionen (an den Enden dieser Wand) treten dann so verzögert auf, daß sie vom Gehör nicht dem Direktschall zugeordnet werden.

Ist dies nicht möglich, hat man auf großen Schallwänden bessere Möglichkeiten, die Reflektionen über einen großen Frequenzbereich zu verteilen (was geringstmögliche Artefakte im Amplitudenfrequenzgang nach sich zieht), da sich sehr viele unterschiedliche Abstände des Lautsprechers von der Gehäusekante realisieren lassen.
Hält man die Schallwand dagegen so klein wie den Strahler, bündelt dieser im Regelfall bereits so stark, daß der abgestrahlte Schall die Gehäusekanten nicht mehr "sieht". Das ist aber leider nicht im ganzen Frequenzbereich gleichzeitig möglich.

Perfektionisten greifen besser zur "unendlichen Schallwand" (s.o.), das ist die perfekte Lösung aller Probleme bezüglich Kantendispersion ohne jeden weiteren Nachteil (was sehr selten ist).

Gruß

Andreas
Antenne
Stammgast
#5 erstellt: 22. Feb 2004, 04:48
Hallo,

das habe ich auch schon mal gelesen, das der bündige Einbau eines Lautsprechers in eine Raumwand die besten Ergebnisse bringen soll! Das kann ich aber irgendwie kaum glauben..... denn:

Man soll LS ja so weit wie möglich von den Wänden (auch der Rückwand) aufstellen - je weiter weg, desto mehr werden die Reflexionen an der Wand verzögert und desto klarer und räumlicher der Klang! Diese Erfahrung habe ich auch mit meinen LS immer wieder gemacht.

Ich hab meine LS zum Spass mal so dicht wie es ging an die Rückwand gestellt (Schallwandabstand dann etwa 20 cm von der Rückwand!) - und es klang grausig! Total versumpfter hohler und dröhniger Bass und kaum Raumabbildung, die musik klebte an der Wand bzw. den Boxen. Den LS dann bündig in die Raumwand setzten heißt für mich, dieses Extrem noch weiter zu treiben - das kann dann doch überhaupt nicht mehr klingen! oder etwa doch???

Schöne Grüsse
AH.
Inventar
#6 erstellt: 22. Feb 2004, 21:22
@ Antenne:

das liegt daran, daß Deine Boxen freifeldentzerrt sind. Bei Frequenzen unterhalb ca. 500Hz geht die Richtcharakteristik normal breiter Boxen von der eines nur nach vorne strahlenden Systems in die eines Kugelstrahlers über, weil das Gehäuse klein gegen die Wellenlänge ist und so der langwellige Schall "nach hinten um die Box entweicht". Dies äußert sich darin, daß der Freifeld-Frequenzgang eines im schmalen Gehäuse eingebauten LS um 6dB (!) zu tiefen Frequenzen hin abfällt. Zur Anschauung kann man folgende Wellenlängen betrachten:

100Hz (oberer Baß): 3,4m Wellenlänge
1000Hz (Mittelton): 34cm Wellenlänge
10000Hz (Hochton): 3,4cm Wellenlänge

Dieser systembedingte Frequenzgangfehler (der bei einem Einbau in eine unendliche Schallwand erst gar nicht entsteht) wird dann bei Fertigboxen mit der Frequenzweiche entzerrt, so daß sich die Box im Freifeld linear mißt, was aber dazu führt, daß der Lautsprecher insgesamt in alle Raumrichtungen gemittelt zuviel tieffrequenten Schall abgibt. Wenn man so ein Ding jetzt an die Wand stellt, kann der tieffrequente (langwellige) Schall nicht mehr nach hinten ausweichen und wird nach vorne abgestrahlt, man handelt sich eine Überhöhung des Freifeldfrequenzganges um 6dB unterhalb ca. 500Hz ein - das klingt dick und dröhnig.

Da der Frequenzbereich um 300....500Hz gemäß den richtungsbestimmenden Blauertschen Bändern für einen Näheeindruck verantwortlich ist, ist die Beobachtung richtig, daß auch die Räumlichkeit verlorengeht.

Man kann also keinen beliebigen LS an die Wand stellen, der Lautsprecher muß dafür vorgesehen sein, oder mit Entsprechenden Ortsanpassungsfiltern ausgestattet.

Bündig in die Wand montierte Lautsprecher klingen aufgrund ihres ausgewogenen Diffusfeld-Frequenzganges unverfärbt (heller als für den hifi-Hörer gewohnt, da der Diffsfeld-Frequenzgang ausgewogen ist), bei ausgezeichneter Tiefenstaffelung ( nur, sofern auf der Aufnahme vorhanden), da eine Pseudoräumlichkeit durch Reflektionen von der Wand hinter dem Lautsprecher unterbleibt. Aus diesem Grund wird diese Technik in hochwertigen Tonregien und Referenz-Hörräumen eingesetzt.

Gruß

Andreas
Antenne
Stammgast
#7 erstellt: 23. Feb 2004, 19:18
Hallo,

danke für Deine interessante und ausführliche Erklärung!

Das mit dem Tieftonbereich ist klar, also strahlt jeder normale LS im Tieftonbereich stärker ab um diesen Schallverlust durch das Entweichen nach hinten auszugleichen? Damit ist auch klar warum die meisten LS an der Wand hohl klingen.... Aber reflektiert diese Schallwand dann auch nicht viel im Mittelhochtonbereich?

Im Wohnbereich ist die bündige Montage in eine Wand wohl nicht so einfach zu machen, denn ich habe keine Wand die so breit ist, das man einen Einschnitt hinein machen könnte wo der gesamte LS hineinpasst (mind. 35 cm tief)! Aber muß es unbedingt eine Betonwand sein?

Da ich viele Bücherregale von Ikea in meinem Zimmer habe (nehmen fast 2 ganze Wände ein), könnte ich z. B. jeden LS einfach zwischen zwei Bücherregale stellen, das die Schallwand der LS bündig mit den Fronten der Regale abschließt. Die LS selbst könnten z. B. auf mit Sand gefüllten MDF-Quadern stehen, die ebenfalls mit den Fronten der Regale bündig abschließen. Damit bräuchte ich nur noch den Raum zur Rückwand oberhalb der LS mit einer Holzplatte zumachen. Ob sich das klanglich lohnen würde?

Der Aufwand hält sich so ja auch in Grenzen - ich müßte dann die Quader bauen, was aber nicht schwer ist.


Schöne Grüsse
qnorx
Stammgast
#8 erstellt: 23. Feb 2004, 23:47
ich würde gerne die Diskussion in eine etwas andere Richtung lenken.

Ich verstehe, dass es offenbar besser Möglichkeiten gibt als Chassis in Lautsprechergehäuse mit Schallwand zwischen 20 und 50cm einzubauen.
Nun aber sind das halt so in etwas die Masse welche noch wohnraumfreundlich sind.
Daher auch meine Frage, wenn mann denn dann schon mit einer solchen Schallwand 'leben' muss, welche Möglichkeiten hat man, in diesem Rahmen die Reflexionen und mögliche andere damit zusammenhängend auftretende Probleme in den Griff zu bekommen?

Was haltet ihr in diesem Zusammenhang mit diesen gebogenen Schallwänden? Bringt das was?
wolfi
Inventar
#9 erstellt: 24. Feb 2004, 10:14
Hallo,
ob Kantenreflexionen in der Praxis wirklich wichtig sind, darüber lässt sich trefflich streiten. Schon in den 70ger propagierte Kef seine Acoustical Butterworth - Weichen, bei denen die diversen Gehäuseprobleme mit berücksichtigt sein sollten. Ein ganz großer Erfolg waren sie nicht. Bekannt sind auch die Untersuchungen von Harry OLson von 1951( erneut abgedruckt 1969 ) wonach das ( Mittelton - ) Gehäuse klein und abgerundet sein sollte, in den 70ern umgesetzt von Kef ( 105 ) und auch Ellipson, Focal und ( aktuell ) B&W. Andererseits verweist Dickason auf Untersuchungsergebnisse, wonach selbst Verrundungen mit 5 cm -Radius nur einen derartig geringen Einfluss haben, dass sich der Bau eines " nichteckigen " Gehäuse nicht lohne. Interessanterweise kommen die hochgelobten " Studiomonitore " fast stets ohne große Verrundungen aus.
Was die Schallwand angeht, spricht einiges dafür, sie so schmal wie möglich zu machen, um Reflexionen der Gehäuseoberfläche einerseits kleinzuhalten ( so z.B. Dickason unter Verweis auf Kates, Loudspeaker Cabinet Reflection Effect, JAES May 1979, S. 338 - 350 ) und andereseits Reflexionen der Rückwand zu bewirken. " Wenn möglich sollten alle Abmessungen der Schallwand für Mittel- und Hochtöner klein sein im Verhältnis zur Wellenlänge ". Geraten wird ( wohl unter Hinweis auf Kates ) zur Bedeckung der Gehäuseoberfläche mit Filz. Dies deckt sich auch mit den o.g. Ergebnissen von Olson und rechtfertigte entsprechende Entwicklungen bei Kef und B&W.
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