Warum mag ich UKW?

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Mimamau
Inventar
#1 erstellt: 30. Mai 2014, 06:38
Bei den Sendern kommt die Musik doch in der Regel sowieso aus dem Rechner als verlustbehaftete Konserve.
Warum gefällt mir der Klang bei UKW immer noch am besten im Vergleich zu DVB-S oder DAB?
Lime.Light
Gesperrt
#2 erstellt: 30. Mai 2014, 07:59
Als "neuer Alter" Hifi / (Heim)Kino, generell Elektronik-Freak, ein angemessenes erstes Post hier - nach längerer, stiller Mitleserschaft, fällt mir dazu spontan nur eine Feststellung ein:

*Sarkasmus an*
Weil der Klang via UKW am meisten "verstümmelt" ist - siehe Thematik Dynamic-Kompression/Loudnesswar, Frequenzgangbeschneidung, Limiter, etc. ., dazu ganiert mit analogen Übertragungsstörungen
*Sarkasmus aus*


Wäre zu verstehen, wenn Du über relativ "minderwertiges" Equipment verfügst, da kann es durchaus subjektiv besser kommen, eben weil es nur noch ein lauter, begrenzter klangmatsch ist, und so eben dieser aufgeblähte klang alles halbwegs hörbar macht.
Hinzu kommt evtl. noch etwas Analog-Feeling, ähnlich der Schallplatte, in form von Rauschen, knacken, spratzeln, erst recht dann, wenn der Tuner und/oder Empfang nichts taugt.

DV(A)B-T ist da übrigens auch nicht viel besser, im gegenteil, da dort oft niedrigste Datenraten verwendet werden, ansonsten the same Shit. Vom störungsfreien digitalempfang mal abgesehen.
DV(A)B-S wäre demgegenüber schon besser, allerdings ist das Signal-Playout der Sender oftmals der gleiche Mist.

Was so NICHT generell stimmt ist allerdings, dass es verlustbehaftet aus dem Rechner kommt.
Oftmals liegt die Mucke als PCM oder Flac vor - was in erster Linie einer Datenreduktions-Kaskadierung vorbeugt, die u.a. durch die nachfolgende Signalbehandlung (Alle hier angeführten negativen Eigenschaften) bis zum playout verursacht werden würde.

Von daher, eigentlich unverständlich, aber nun gut, wenn es Dir besser gefällt, alles im grünen Bereich - Nur der persönliche Genuss sollte zählen, und wenn es auch nur der optische Anblick eines herkömmlichen (hochwetrtigen) "alten" Tuners sein sollte, der dies hervorruft Ähnlich aderer analoger Zuspieler wie Laufwerk, Tape, etc

Radiowaves
Inventar
#3 erstellt: 30. Mai 2014, 10:28
Zur Ausgangsfrage: schwierig und individuell zu klären. Nicht immer wird "technisch makellos" mit "ich fühle mich wohl" in Verbindung gebracht. UKW kann z.B. keine grellen Höhen übertragen. Durch die senderseitige Höhenanhebung (Preemphasis) überschreitet man bei höhenlastigem Material schnell die Übersteuerungsgrenze. Das war schon in den 50er und 60er Jahren Forschungsthema (z.B. Edith Steffen: "Untersuchungen zu Fragen des Spuckeffektes bei FM-Rundfunkübertragung", in "Technische Mitteilungen RFZ, 11. Jahrgang, 3/1967, aber auch schon E. Belger: "Über die Ursache des Spuckeffektes bei UKW-Übertragung", in "Techni. Hausmitteilungen des NWDR, 7 (1955), S. 149). Die Arbeit aus dem RFZ liegt mir vor, darin wird damals schon moderne Tanzmusik als technisch problematisch erkannt und es wird sogar mit einem Dynamikkompressor experimentiert, um den Spuckeffekt bei Hubüberschreitung wegzubekommen.

Heute ist höhenbewertete Dynamik- und Spitzenpegelbearbeitung auf UKW unerläßlicher Standard, bei allen Programmen. Möglicherweise kommst Du mit den etwas "sanfteren" Höhen besser klar. DVB kann, wenn aus anderem Funkhausausgang gespeist, hingegen brillanter und auch "schneidender" Klingen.

Das könntest Du aber in manchen Sendegebieten gut testen, wenn Du auch DVB-S zur Verfügung hast. In Bayern könntest Du egoFM UKW gegen DVB-S hören. Wenn Dir UKW besser gefällt, liegt es nicht am übertragenen Signal, denn egoFM nutzt die DVB-S-Übertragung als UKW-Zuführung und beschneidet das Signal auch auf DVB-S UKW-konform. Unterschiede können dann nur noch zwischen UKW-Sender und Dir auftreten, z.B. in Deinem UKW-Radio. Das gleiche gilt in Thüringen bei Radio Top40. Selbst die MP2-Artefakte sind also auf UKW exakt die gleichen wie auf DVB.

Wenn man akzeptiert, daß bei 320 kbps keine hörbar störenden MP2-Artefakte mehr auftreten, kann man den test auch mit vielen anderen Programmen machen. Bayern 2 bietet auf DVB exakt das Signal an, das auch auf UKW geht - nur halt nicht wie bislang auf UKW in APT-X, sondern in 320 kbps MP2. Ähnlich ist es mit vielen anderen Wellen, z.B. hr 1, hr 3, alle RBB-Programme oder auch BR Klassik - dort aber nur die MP2-Spur, nicht hingegen die AC3-Spur. Wann immer ein solches Programm auf UKW besser gefällt als auf DVB-S, liegt es an Unzulänglichkeiten der UKW-Strecke, die Dir individuell besser gefallen.

Möglicherweise verzerrt Dein UKW-Empfänger etwas und das Klirrspektrum wirkt auf Dich angenehm. Das kann bei ungeradzahligen Obertönen (k2, k4, k6-Klirr) vorkommen - daher auch der Mythos "Röhrenverstärker".

Man müßte das wirklich mal genauer charakterisieren, worauf es Dir ankommt.

Ach so, bitte mal einen Test: D-Radio Kultur UKW gegen DVB-S. Wer gewinnt? (Mit dem DLF geht das leider nicht mehr.)


Lime.Light (Beitrag #2) schrieb:

*Sarkasmus an*
Weil der Klang via UKW am meisten "verstümmelt" ist - siehe Thematik Dynamic-Kompression/Loudnesswar, Frequenzgangbeschneidung, Limiter, etc. ., dazu ganiert mit analogen Übertragungsstörungen
*Sarkasmus aus*


Letzteres stimmt auf jeden Fall, dazu kommt noch die deutlich verringerte Stereokanaltrennung, so Du die nicht als "analoge Übertragungsstörung" betrachtet wissen willst. Alles andere (Limiter, Dynamikbearbeitung, Klangverbiegung) bietet oft auch der DVB-Weg in gleichem Maße.


Lime.Light (Beitrag #2) schrieb:
DV(A)B-T ist da übrigens auch nicht viel besser, im gegenteil, da dort oft niedrigste Datenraten verwendet werden, ansonsten the same Shit. Vom störungsfreien digitalempfang mal abgesehen.


So ist es. Im Wahn, DAB müsse genauso (beschissen) klingen wie UKW, damit beim automatischen Umschalten des Autoradios kein Klangunterschied hörbar wird, hat man ja z.B. beim RBB das UKW-Processing auch auf DAB (und damit auch auf DVB, ist die gleiche Ausgangsleitung von Potsdam nach Berlin) gegeben. Außer, daß DAB bei problemlosem Enpfang nun "rauschfrei"ist, hat man ansonsten nur Nachteile: den Soundbrei von UKW garniert mit grellen, schneidenden, 100% als künstlich erkennbaren Pseudo-Höhen der Spektralbandreplikation und die schabenden Artefakte der Magerbitratenübertragung in AAC. Diese schneidenden Pseudo-Höhen werden von Laien gerne als "klingt viel besser" bewertet, dabei kann man beim konzentrierten Hören sehr wohl bemerken, daß diese Höhen nichts mit dem Original zu tun haben. Im krassen Fall wirken sie wie mit "Sicherheitsabstand" dazugegeben.


Lime.Light (Beitrag #2) schrieb:
DV(A)B-S wäre demgegenüber schon besser, allerdings ist das Signal-Playout der Sender oftmals der gleiche Mist.


Ja, leider. Ausnahme vermutlich noch der Saarländische Rundfunk, bei dem es aber zu derben Pegelfahrfehlern in der Popwelle kommt. Ansonsten: meist auch das UKW-Signal, was da als DVB rausgeht. Ausnahme noch "Reinke, Koschwitz und Vinyl" auf hr1 - ein hörbarer Unterschied. Beim MDR ist mir nicht klar, wie die Wege processiert werden. Es gab Zeiten, da hatten UKW, DVB und damals ADR drei getrennte Processings, die hörbar anders waren.

Nach Beschwerden einzelner Kulturradio-Hörer hat das IRT mal die ARD-Kulturwellen nachgemessen und nachgehört. Man fand da zwar bei einigen das UKW-Processing (das hätte die ARD auch durch interne Frage an die Betriebsleiter sofort haben können, sie hätte auch mich fragen können oder nen anderen engagierten Hörer, aber das wäre ja zu billig gewesen), aber keine störenden Beeinträchtigungen. Da sliegt daran, daß das UKW-Signal bei den Kulturwellen noch manierlich bearbeitet ist. Den Test hätten sie mal mit den U-Wellen machen sollen. Aber die scheinen selbst ARD-intern nur noch als akustischer Schweinetrog zu gelten und sind also unerheblich...


Lime.Light (Beitrag #2) schrieb:
Was so NICHT generell stimmt ist allerdings, dass es verlustbehaftet aus dem Rechner kommt.
Oftmals liegt die Mucke als PCM oder Flac vor


Vorsicht! Angeliefert wird von der Musikindustrie heute als FLAC. Abgelegt im Langzeitspeicher wird bei den Anstalten inzwischen wohl als Wave, also auch noch im Originalformat. Für den Sendebetrieb wird daraus aber eine MP2-Version generiert (meist in 384 kbps MP2, 48 kHz Abtastrate), die dann in den Wellenspeicher geladen wird, wenn sie in die Playliste kommt. Das ist auch mit Klassik oft so, das ist sogar mit Wortsendungen / Features so. Ich hatte schon hörbare MP2-Artefakte auf der AC3-Spur von MDR Figaro, als ein Feature lief.
fotoralf
Inventar
#4 erstellt: 31. Mai 2014, 14:20

Mimamau (Beitrag #1) schrieb:
Warum gefällt mir der Klang bei UKW immer noch am besten im Vergleich zu DVB-S oder DAB?


Wahrscheinlich tritt bei dem ganzen Optimod-Gemumpfe derselbe Effekt auf wie bei industriell gefertigten Lebensmitteln:

Die Leute haben sich so daran gewöhnt, dass überall derart aberwitzige Mengen an Salz, Zucker und Geschmacksverstärkern drin sind, dass ihnen normales Essen als fad und geschmacklos erscheint.

Ralf
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