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Mozart - der ganze Mozart?

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Martin2
Inventar
#1 erstellt: 05. Dez 2011, 17:47
Es dürfte in diesem Forum kein großes Geheimnis sein, daß ich ein großer Liebhaber von Mozart bin und ich möchte diesen Thread mal gründen, um über das Gesamtwerk von Mozart mal ins Gespräch zu kommen.

Ich bin im Besitz diverser Boxen. Einmal die Box von Brilliant mit dem Gesamtwerk, 170 CDs. Dann die Mozart Collectors Edition von Emi, 50 CDs. Dann die Premium Edition Box, 40 CDs.

Außerdem diverse Einzel CDs und Sachen, die in anderen Boxen drin sind. Mozart Sinfonien von Harnoncourt, Klavierkonzerte mit Jenö Jando.

So gesehen fühle ich mich gut ausgestattet, obwohl das eine oder andere sicher noch dazu kommen mag.

Nun zur Sache. Mozart Gesamtwerk, was ist wichtig, was sollte man hören? Einführend gesagt: Nachdem ich in den letzten Monaten, aber auch in den letzten Jahren immer wieder neues gehört habe, bin ich doch inzwischen einfach nur erschlagen von der Unerschöpflichkeit des Mozartschen Genies. Es ist einfach ungeheuer, wieviel geniale Werke dieser mit 34 gestorbene Komponist in dieser unheimlich kurzen Zeit heraus gehauen hat. Dinge, die ich teilweise erst jetzt entdecke und die mich immer wieder begeistern.

Anfangen möchte ich mit den einfach großartigen Klavierkonzerten. Ganze 27 Klavierkonzerte hat Mozart geschrieben, die ersten 8 kenne ich nicht besonders gut, aber es ist einfach alles genial, was Mozart seit dem 9. Klavierkonzert geschrieben hat. Bei den frühen Konzerten 9 - 16 mag ich Barenboim besonders gerne, selbst im Falle des von mir anfangs verschmähten 13. Klavierkonzerts hat er mich von der Genialität der Musik überzeugt.

Die Klavierkonzerte sind einfach phänomenal, wenn man bei den Konzerten auch nie den Eindruck hat, daß sich Mozart gewissermaßen in jedem Konzert neu erfindet. Nein, diesen Eindruck hat man sicherlich nicht, weshalb sich die Konzerte sicherlich stilistisch nicht unbedingt voneinander abheben, wobei speziell in den moll Konzerten d moll und c moll, Mozart auch mal seine Pranken zeigt.

Die Klaviersonaten sind eine andere Sache. Natürlich gibt es auch gerade da superberühmte Stücke wie die Sonate a la Turka oder dieses Anfangsallegro der vorvorletzen Sonate. Jedoch hat man bei den Sonaten abgesehen von solchen sehr berühmten Stücken nicht den Eindruck, daß diese Stücke sonderlich spektakulär seien. Das mag auch so sein, und mein erstes Hören mit der Carmen Piazinni erwies sich als eine ziemliche Enttäuschung. Jedoch hörte ich in letzter Zeit ziemlich viel mit der Clara Würtz und mein Eindruck von den Sonaten hat sich völlig verwandelt. Speziell in den letzten sieben Sonaten, bei denen Mozart auf der Höhe seines Könnens war, kamen bei mir mit einer gewissen "athletischen Kraft" an, eine Formulierung, die sicherlich ungewöhnlich ist für Mozart, aber ich kann sagen, daß speziell diese 2 CDs mit den letzten Sonaten bei mir unheimlich oft im Player waren. Von einer CD mit den frühen Sonaten war ich dann wieder enttäuscht. Da war Mozart noch nicht auf der Höhe seines Schaffens. Speziell auf die CD 3 bin ich aber noch sehr gespannt.

Mit den Sinfonien sieht es ähnlich aus. Komischerweise ist es gerade die 1. Sinfonie, wo Mozart noch ein ganz kleines Kind, in der doch das Genie dämonisch wetterleuchtet, aber dann die etwas späteren sind schwach und mir scheint es fast so, als sei Mozart erst bei der frühen Sinfonie KV 183 richtig bei der Sache. Die späteren sind dann alle besser, und auch alles Meisterwerke, das abschließende Triptychon 39 - 41 einfach unvergleichlich.

Mit den Serenaden bin ich im ganzen noch nicht so vertraut. Die berühmte kleine Nachtmusik kennt jeder, aber auch die Haffnerserenade und die Posthornserenade sind sehr schön. Nun ist es allerdings in diesen Serenaden so, daß sie weitestgehend vom Charme ihrer Melodik leben, sie entfalten weniger den Reiz einer subtilen Kontrapunktik ( das wäre ja auch wenig serenadenhaft), oder auch Harmonik und Instrumentation. So muß man, wenn man eine Mozartsche Serenade hört, gewissermaßen serenadenhaft gestimmt sein, aber keine Sensationen satztechnischer Genialität suchen.

Wieder anders sieht es auch mit den Messen. Die Krönungsmesse möchte unbedingt mal hören, großartig ist auf jeden Fall die unvollendete c moll Messe, die ich besser finde als das Requiem, das natürlich trotzdem seine großartigen Momente hat. Ob ich mich allerdings mit den frühen Messen noch näher beschäftigen werde, weiß ich noch nicht.

Wie sieht es mit den Opern aus? Die großen Klassiker sind für mich Don Giovanni, Zauberflöte und Figaro. Die Entführung ist allerdings auch sehr schön. Nur mit Cosi fan Tutte werde ich nicht sonderlich warm - das ist ein Spätwerk Mozarts, in der er alle Register zieht und trotzdem will es mir scheinen, daß er inspirierteres schrieb. Auf einer Bühne aber macht es einen schönen Effekt und ich erinnere mich eines durchaus heiteren Opernabends. Zaide hörte ich neulich, ein durchaus unterhaltsames Singspiel in deutscher Sprache mit einer herrlichen Arie und etlichem, was mir gut gemacht schien, so daß ich mich auch nicht langweilte. Wie die frühen Opern oder der unter höchstem Zeitdruck mit der heißen Nadel gestrickte Titus taugen, weiß ich noch nicht.

Unbedingt herrliches bietet auf jeden Fall auch die Kammermusik. Fangen wir an mit den Streichquartetten. Auch da war ich von den frühen Werken allerdings eher enttäuscht, aber dann die späten sind herrlich und besonders gefielen mir KV 387 und KV 421 und natürlich ist der Beginn des sogenannten Dissonanzenquartettes phänomenal. KV 387 und KV 421 waren oft in meinem Player, wahrscheinlicherweise werden dann andere Quartett für mich in ihrem Wert noch steigen.

Die Streichquintette sind soweit ich sie kennen gelernt habe herrlich. Die Violinsonaten bieten herrliche Momente, wieder weiß ich aber nicht, ob manches was eher beiseite gelegt wurde, im Wert noch steigt.

Das ist eben das Phänomenale: Der Mann, der nur 34 wurde, hat 170 CDs Musik geschrieben, viel davon absolut genial und das muß er alles in einem Feuersturm heraus gehauen haben - das heißt aber überhaupt nicht, daß es sich nicht vielleicht bei nicht wenigen Werken durchaus lohnt, einen zweiten dritten, vierten oder fünften Blick darauf zu werfen. So ist es mir auf jeden Fall mit den Klaviersonaten gegangen.

Die Lieder kenne ich noch überhaupt nicht. Die Hornkonzerte finde ich sehr schön, die Oboenkonzerte weniger. Die Flötenkonzerte sind sehr hörenswert, mit den Violinkonzerten dagegen tue ich mich schwer, obwohl mir einiges gut gefällt. Vielleicht sollte ich dem Tip mit dem Zehetmayr, der hier mal abgegeben wurde mal nachgehen.

Zusammengefaßt gesagt: Es ist vielleicht nicht sehr originell, das zu sagen, aber wieviel geniale Musik dieser Mann in seinem kurzen Leben schrieb, ist einfach niederschmetternd. Mozart bliebt dahingehend unterschätzt, wenn man sich von einem gesunden Menschenverstand leiten läßt, der sagt: Das kann unmöglich alles gut sein. Aber selbst wenn bei den ganz frühen Sachen sicher auch viel "Übungsmaterial" dabei ist, sollte man sich bei Mozart keinesfalls von diesem "gesunden Menschenverstand" leiten lassen. Es ist unglaublich viel unheimlich gut. Dabei mag man durchaus zugestehen, daß Mozart sicher auch ein großer "Könner" war, etwa auch in der Instumentation ( wie genial weiß er immer die Holzblasinstrumente einzusetzen), der durchaus nicht den Ehrgeiz hatte, in jedem Werk das Rad neu zu erfinden, aber was er mit dieser Könnerschaft macht ist unvergleichlich. Mozart gehört zu den größten Freuden meines Lebens, sein Werk vermittelt mir Entspannung, wobei er auch gar nicht selten eine ganz unmozartische Pranke zeigt.

Was sind eure Erfahrungen mit Mozart, der sicher zu meinen Lieblingskomponisten zählt und gerade in den letzten Jahren in den Olymp meiner musikalischen Liebe immer mehr aufrückte?

Gruß Martin
Wilke
Inventar
#2 erstellt: 05. Dez 2011, 21:53
Hallo Martin,
Vielen Dank fuer Deinen informativen ausfuehrlichen Beitrag!
Auch ich besitze die 170 cd brilliant Ausgabe ( lohnt sich eigentlich die zusaetzliche Anschaffung der 50 cd Box aus der EMI Reihe?)
Neben Beethoven und Händel gehört Mozart auch zu meinen lieblingskomponisten. Im Herbst hatte ich Hameln live in Düsseldorf im schumannsaal mit der 5. Klaviersonate gehört. Obgleich dieses Werk nicht so bedeudend ist, gefällt es mir sehr gut. Gut in Erinnerung habe ich auch noch das 21 und 23. Klavierkonzert. Überhaupt gefallen mir z.B. Die klavierkonzerte von Mozart besser als die von beethoven. Leider erschlägt mich die 170 cd Box und ich weiss gar nicht, wo ich anfangen soll.

Liebe gruesse Ralf.
Bin zu Zeit vergrippt, vielleicht doktre ich mal wieder Mozart hoeren
Thomas133
Hat sich gelöscht
#3 erstellt: 05. Dez 2011, 22:22
Hallo Martin,

freut mich dass sich hier jemand so offenherzig als Mozart-Liebhaber outet das ist ja leider meist beim "harten Kern" der Klassikhörer verpönt...zum. kommt es einem oft so vor.
Mozart gehört für mich zu meinen absoluten Lieblingskomkponisten (neben Bach, Beethoven und Schubert) und ich glaube ich habe mich mit ihm schon am intensivsten auseinandergesetzt (nicht mal so sehr vom hören seiner Werke das aber natürlich auch sondern vor allem studieren seiner Partituren und lesen seiner Briefe) Ich glaube hier im Forum ist er auch nicht sonderlich populär? Wer outet sich noch?

Ich werd mich bald wenn ich mehr Zeit und Musse habe genauer zu den jeweiligen Gattungen äussern, nur mal vorab hast du ja schon die Differenz zwischen Spät- und Jugendwerken schon erwähnt was ich auch so sehe, einen ganz genauen objektiven Schnitt kann man zwar nicht festmachen (wie zB ab KV soundso oder einem genauen Datum) für mich gewinnt er aber ungefähr um 1778 mehr an Reife, Tiefgründigkeit und Persönlichkeit in seinen Werken. Natürlich gibt es auch vereinzelt davor erstaunliche Werke aber im Schnitt gesehn kann man später eine durch die Bank höhere Dichte an Qualität ausmachen.

Ich hab erst vor paar Tagen wieder in die CD mit seinen Fragmenten reingehört - bei Fragmente denkt man wohl wahrscheinlich zwangsläufig an eher "minderwertiges" bzw. zum. nicht so hochklassiges Material insofern das Fragment nicht durch Todesursache entstanden ist. Aber wenn man die Fragmente seiner späten Jahre hört kann man es wirklich nur sehr sehr bedauern warum er diese Werke abgebrochen hat (das kann auch manchmal solche Gründe haben das er durch profane Gründe wie Unterbrechung wegen eines neuen Auftrages bzw. Zeitmangel dazu gezwungen war) Für mich schon auch erstaunlich denn gewöhnlicherweise können mich Fragmente anderer Komponisten nicht gerade begeistern und oftmals hat man dann das Gefühl der Grund hätte eher an persönlicher Einsicht einer mal nicht so guten Idee gelegen. Aber Mozart schrieb wirklich zu seinen späten Jahren kaum belangloses, schwaches...selbst so ungeliebte kleine Gelegenheitswerke wie die Stücke für ein Orgelwerk in einer Uhr (rein aus Geldnot angenommen wie man aus den Briefen weiss) werden zu kleinen Besonderheiten die durchaus kunstvoll gestaltet sind.

Ich gehe noch ein anderes Mal näher auf die jeweiligen Gattungen ein aber vorab ein Tipp für das Solo-Klavierwerk - zu meinen Favoriten zählen für mich hier die Fantasien (d-moll, c-moll) das Adagio in h-moll sowie Rondo in a-moll. Natürlich haben auch vereinzelt die Sonaten ihre Reize (wenn gut interpretiert) aber ich finde in den oben genannten Werken ist er viel experimenteller, origineller, und tiefgründiger als in den meisten Sonaten. Da kann man sogar oft Klassikhörer die mit Mozart noch nicht so vertraut sind foppen indem man gewisse Stellen vorspielt und den Komponist stilistisch erraten lässt.

Soweit mal dazu
gruß
Thomas
Joachim49
Inventar
#4 erstellt: 05. Dez 2011, 22:47
Da ich auch Mozartfan bin habe ich wenig Neigung zu protestieren: Den 'Figaro' hast Du, glaube ich, einfach vergessen. Für mich steht er in der Rangliste höher als der Don Giovanni, in dem es für meinen Geschmack zu viel Rezitative gibt. In der Ablehnung der Cosi fan tutte wirst du zwar viel berühmte Gesellschaft finden, auch Beethoven, denn puritanische Gemüter, die sich am Szenario störten, waren a priori der Meinung, dazu könne Mozart doch nicht sein Bestes gegeben haben. Hat er aber. Cosi ist keinen Deut schlechter als die beiden anderen Da Ponte Opern, ja vielleicht sogar noch eine Nummer besser. Keine Mozartoper habe ich mehr gehört und immer wieder hat mich dieses Werk zutiefst berührt. Jedenfalls würde ich nie und nimmer die Zauberflöte höher schätzen.
Auch wäre ich vorsichtig mit der Vermutung je später, desto besser. Es gibt glaube ich keinen Grund die frühen Klaviersonaten geringer zu schätzen als die mit den 300+ Nummern. Das hat Glenn Gould wohl richtig gesehen.
Ich würde keinen Schnitt machen wollen zwischen früh und spät (im Sinne von gut oder besser). Die frühe Waisenhausmesse beginnt ganz grossartig, die frühe g-moll Sinfonie ist ein reifes Werk. Die Jugendwerke Mozarts (etwa die vielen Opern) sind nicht schlechter als die Opern seiner Zeitgenossen.
In einem Punkt bin ich mit Martin einig. Für die Violinkonzerte kann ich mich nicht so recht begeistern, obwohl dies sicher oft auch an aussergewöhnlich faden Interpretationen liegt. Zum Glück gibt's die Sinfonia concertante, aber dass kein Violinkonzert Mozarts vergleichbar ist mir seinen Klavierkonzerten oder dem Klarinettenkonzert, das ist für den Geigenfreund halt schade.
Freundliche Grüsse
Joachim
Kreisler_jun.
Inventar
#5 erstellt: 05. Dez 2011, 22:47
Mozart starb heute vor 220 Jahren in Wien, knapp zwei Monate vor seinem 36. Geburtstag, der am 27. Januar gewesen wäre (er wurde also beinahe 36, nicht bloß 34).

Bei den Klavierkonzerten sind 1-4 Arrangements des sehr jungen Mozart von Werken anderer Komponisten. Das erste "richtige" Klavierkonzert KV 175 stammt etwa aus der Zeit der "kleinen" g-moll KV 183 (1773). Das ist schon ein relativ ehrgeiziges Werk, das Mozart anscheinend Anfang der 1780er sogar noch in Wien wieder aufgeführt hat, denn er komponierte ein neues Rondo als Finale.

Von den Orchesterserenaden schätze ich die beiden größten, die "Haffner"- und "Posthorn" sehr. Die stehen nicht hinter den ersten ca. 32 Sinfonien zurück, im Gegenteil.

Nicht zu vergessen auch die drei farbigen Bläserserenaden KV 361 B-Dur, 375 Es-Dur und 388 c-moll.
Joachim49
Inventar
#6 erstellt: 05. Dez 2011, 22:52
Hallo Kreisler (Johannes),
die farbigen Bläserserenaden, das hört sich ein bisschen billig an. Hat denn irgendein anderer Komponist der Klassik und Romantik auch nur annähernd etwas für Bläser geschrieben, das mit ihnen vergleichbar wäre?
Freundliche grüsse
Joachim
Kreisler_jun.
Inventar
#7 erstellt: 05. Dez 2011, 23:08

Joachim49 schrieb:
Hallo Kreisler (Johannes),
die farbigen Bläserserenaden, das hört sich ein bisschen billig an. Hat denn irgendein anderer Komponist der Klassik und Romantik auch nur annähernd etwas für Bläser geschrieben, das mit ihnen vergleichbar wäre?


Es hört sich v.a. etwas nach politisch überkorrekt an (als Wiedergutmachung für den armen Monostatos).

Die "Harmonie-Musik" der Klassik und Frühromantik ist sehr umfangreich und unübersichtlich. Ich habe daher schlicht keine Ahnung, ob und ggf. was es an vergleichbaren Werken geben könnte. Auch wenn ich es für unwahrscheinlich halte, dass es Werke von vergleichbarem Gewicht und Farbsinn gibt.
Martin2
Inventar
#8 erstellt: 06. Dez 2011, 00:05
@Wilke, ja die Emi collectors edition hätte sich gelohnt, kostete damals 30 Euro, aber bei JPC gibt es sie nicht mehr und Amazon hatte sie noch nie und hat sie immer noch nicht. Nun muß ich allerdings sagen: Gelohnt hat sie sich für mich hauptsächlich wegen den Klavierkonzerten mit dem Barenboim, die ich nicht hatte, und die mag es immer noch erschwinglich geben. Vieles andere sagte mir aber weniger zu, den Tate mit den Sinfonien fand ich etwas pomadig, der Oistrach mit den Violinkonzerten ist eine Staraufnahme, die mich nicht von den Sitzen riß, in die Zauberflöte hörte ich mal rein, war aber sehr enttäuscht und auch sonst reizen mich die Opernaufnahmen wenig ( aber Oper ist ja eh nicht dein Ding). Den Menuhin mit ich glaube der Posthornserenade mochte ich wieder mehr. Aber was solls, die Box gibts eh nicht mehr.

Wo Du in der dicken Box anfangen sollst ( die Klavierkonzerte kennst Du ja schon) weiß ich auch nicht. Sehr empfehlen kann ich die Streichquintette KV 515 und 593, Vol 5 CD2. Dann diese spezielle Scheibe mit zwei Streichquartetten KV 387, 427. Das waren meine Highlights von den bisher gehörten in den Gattungen, anderes fand ich ( bisher) manchmal etwas langweilig. Eine Violinsonate, die es mir sehr angetan hat, ist KV 379, allerdings gibt es mehr schöne, kenne die aber bisher nur von dem Kuijken, nicht von Brilliant. Bei den Sinfonien die letzten 4, aber dann auch mal die kleine g moll, Brilliant ist passabel, aber bei den letzten großen höre ich lieber andere Interpreten. Ich bin insgesamt kein großer Freund dieser Ter Linden Sachen, die 5 CDs Bour höre ich lieber und das was ich von Szell und Harnoncourt kenne.


@Thomas


freut mich dass sich hier jemand so offenherzig als Mozart-Liebhaber outet das ist ja leider meist beim "harten Kern" der Klassikhörer verpönt...zum. kommt es einem oft so vor.


Ja, ist das so? Und woran liegt das? Der Mann ist nicht nur gut, er ist auch ziemlich populär. Aber muß das so "verpönt" sein? Bei Wagner wird heftigst um den "Zugang" gerungen, wozu ich nur sagen kann: Je älter der Mann wurde, desto weniger Ideen hatte er. Mozart schüttelte eine gute Idee nach der anderen aus dem Ärmel - er hatte es gar nicht nötig, hier irgendeine Form von "Ökonomie" nötig zu haben, also nennt man ihn "populär". Trotzdem glaube ich, daß sich nicht alles bei Mozart so leicht erschließt. Und irgendwie finde ich das ungerecht. Um den "Zugang" von weit weniger hochklassigen Komponisten wird weit weniger gerungen als um den Zugang zu weniger zugänglichen Werken von Mozart.

Natürlich gebe ich zu, daß Mozart - wie mir scheint - mehr mit "Versatzstücken" arbeitet als vielleicht andere Künstler. Aber das Komische ist doch, daß sehr viele Werke trotzdem eine gewisse Vollkommenheit ausstrahlen. Und das kann nun wirklich nicht von ungefähr kommen. Mozart arbeitet nach der Devise eines Malers: den blauen Himmel muß ich für mein Bild nicht jedesmal neu erfinden. Wobei der Himmel bei Mozart auch mal bewölkt sein kann, aber darum geht es nicht.

Mir ist das aber letzlich alles egal. Auf Mozart "hinab zu schauen" ist nun wirklich dumm. Denn ich für meine Person kann nur sagen: Es gibt eine Menge Musik, die ich mal sehr schätzte, wo die Faszination doch mit der Zeit ein wenig nachgelassen hat. Mozart in seinem Reichtum schenkt mir aber auch noch heute beglückende Momente. Er hat so viel schönes geschaffen, aber ich werde nicht müde, zum Beispiel die Es Dur Sinfonie zu hören. Natürlich ist Beethoven anders, weil er in gewisser Weise immer für jedes Werk den Himmel neu erfindet. Darin liegt auch eine Qualität, aber ich bewerte sie nicht höher als die Mozarts. Ich bin sogar überzeugt, daß Mozart eine solche Musik auch hätte schreiben können, wenn es ihm darum gegangen wäre. Es ist ihm aber nicht darum gegangen, es ist ihm um anderes gegangen.

Ansonsten interessant, was Du über Mozarts Fragmente schreibst. Warum sollen sie auch so schlecht sein, Mozarts c moll Messe ist auch ein Fragment und ein unheimlich tolles dazu. Bei welchem Label sind diese Fragmente erschienen?

Gruß Martin
Schnuckiputz
Stammgast
#9 erstellt: 06. Dez 2011, 01:11

Martin2 schrieb:
Bei Wagner wird heftigst um den "Zugang" gerungen, wozu ich nur sagen kann: Je älter der Mann wurde, desto weniger Ideen hatte er. Mozart schüttelte eine gute Idee nach der anderen aus dem Ärmel - er hatte es gar nicht nötig, hier irgendeine Form von "Ökonomie" nötig zu haben, also nennt man ihn "populär".

...

Natürlich ist Beethoven anders, weil er in gewisser Weise immer für jedes Werk den Himmel neu erfindet. Darin liegt auch eine Qualität, aber ich bewerte sie nicht höher als die Mozarts. Ich bin sogar überzeugt, daß Mozart eine solche Musik auch hätte schreiben können, wenn es ihm darum gegangen wäre. Es ist ihm aber nicht darum gegangen, es ist ihm um anderes gegangen.




Zu Wagner/Mozart: Es kommt doch nicht auf die Anzahl der Ideen an, sondern auf deren Umsetzung. Und bislang war kein anderer in der Lage, so ein Riesenwerk wie den Ring des Nibelungen über eine so lange Zeit kontinuierlich kompositorisch fortzusetzen wie es Wagner gelang. Und ist das Spätwerk, der Parsifal, etwa als Ausdruck der angeblichen "Altersideenlosigkeit" Wagners zu sehen?

Zu Beethoven/Mozart: Ich finde die Frage, ob Mozart auch die Musik Beethovens hätte schreiben können, etwas befremdlich. Aber wenn man denn schon darüber nachdenken will, so scheint mir, daß Mozart schlicht das Titanische und Revolutionäre von Beethoven fehlte. Mozart, wie ich ihn verstehe, war zweifellos ein Genie, das sich aber kompositorisch mehr oder weniger im Rahmen des damals Üblichen bewegte. Beethoven tat das mit seinen ersten Sinfonien vielleicht auch, wuchs dann aber darüber hinaus und wate sich in Neuland. Auch Wagner orientierte sich anfangs ebenfalls an der Musik seiner Zeit, doch dann schuf er Werke, die weder vor ihm noch nach ihm irgendjemand schaffen konnte, wobei für die Entwicklung der Musik Tristan und Isolde einen besonderen Rang einnehmen dürfte.

Seien wir doch froh, in welchem Maße sie alle uns mit ihrer Musik immer wieder neu bereichern, ohne darüber nachzusinnen, ob aus einem Mozart auch ein Beethoven hätte werden können oder umgekehrt. Jeder gab uns das, was er als einzigartiges Individuum uns zu seiner Zeit geben konnte.
Thomas133
Hat sich gelöscht
#10 erstellt: 06. Dez 2011, 03:06
Hallo,

Die Werke die ich meinte sind relativ kurze Fragmente, nicht vergleichbar mit KV 427 das großteils vollendet wurde und noch unvollendet eine ordentliche Länge bietet.
Die CD amazon.de
Hier ist eine Ansammlung wirklich kurzer Fragmente verschiedenster Gattungen die im Durchschnitt eine halbe bis eine Minute dauern (das Längste 4:47) und mitten im Stück abbrechen. Also wer hier einen langanhaltenden Hörgenuss erwartet wird damit nicht glücklich. Was mich persönlich daran interessiert ist aber dann gerade die Stelle des Abbruches auch wenn es oftmal wie schon erwähnt profane Gründe haben mag könnte es doch sein das Mozart mal im Laufe des Niederschreibens die Lust (oder Glaube) an dieser Idee verloren hat. Und es ist einfach auch spannend selbst zu urteilen ob es bei diesem oder jenen Stück der Fall gewesen sein mag. Aber ich persönlich kam eigentlich vor allem bei seinen späten Fragmenten nicht zu diesem Eindruck. Mir kommt die CD vor wie so ein "Trailer" auf ein weiteres Mozart-Werk das aber nie in Erfüllung gehen wird aber zum. das Hauptthema und manchmal auch mehr sind ja vorhanden. So finde ich es interessant das zB aus den Wiener Anfangsjahren ein Kyrie-Fragment in D-Dur KV422a existiert (und die sich mit Mozarts Werken auskennen wissen das er zu seinen Wiener Jahren leider kaum geistliche Werke geschrieben hatte) eventuell war es der ursprüngliche Versuch einer großen Messe in dieser Tonart die dann für die Idee der c-moll weichen musste? Nach der c-moll glaub ich weniger weil es wäre für mich logischer gewesen dann die c-moll zuerst zu vervollständigen (auch wenn er Teile dieser Messe dann nahm um es schliesslich zu einem Oratorium zu vervollständigen -> KV 469...wohl auch aus Zeitmangel geschehn)
Ein sehr schöner fragmentarischer Klaviertriosatz aus dem Jahre 1786 (KV 501a) - da er aber später noch Klaviertrios schrieb ist natürlich die Frage warum er wenn es aus Zeitmangel geschah nicht darauf zurückgriff. Vielleicht hatte er das zwischenzeitlich vergessen oder er hatte doch andere Vorstellungen. Dann gibts noch interessante Streichquartett,-quintett-Fragmente usw.


Joachim49 schrieb:
Es gibt glaube ich keinen Grund die frühen Klaviersonaten geringer zu schätzen als die mit den 300+ Nummern. Das hat Glenn Gould wohl richtig gesehen.
Ich würde keinen Schnitt machen wollen zwischen früh und spät (im Sinne von gut oder besser). Die frühe Waisenhausmesse beginnt ganz grossartig, die frühe g-moll Sinfonie ist ein reifes Werk. Die Jugendwerke Mozarts (etwa die vielen Opern) sind nicht schlechter als die Opern seiner Zeitgenossen.


Was die Klaviersonaten anbelangt ist die Entwicklung auch nicht so deutlich wie in manch anderen Gattungen, aber nehmen wir jetzt zB die Sinfonien her so sind die meisten Sinfonien aus seiner Salzburger Zeit gegen die letzten Sinfonien (und er schrieb ja leider nur 6 davon in seiner Wiener Zeit) noch in den "Kinderschuhen" (also in Relation dazu). Ob die frühe g-moll ein reifes Werk ist darüber kann man streiten, sie ist sicherlich dramatisch und kann wohl auch noch mit der Linzer, der Pariser oder Haffner mithalten aber für mich steckt schon vom Konzept und der Satztechnik wesentlich mehr Detailliebe ab der Prager aufwärts drinnen. Bei den Opern ähnlich...vor Ideomeno sicher auch gut für die damalige Zeit aber hier gab es sicher so manche zeitgenössische Komponisten die hier zum verwechseln ähnlich klangen (Mozart machte ja auch nie einen Hehl daraus das er sich in seiner Kind- und Jugendzeit von diversen damaligen Grössen sehr inspirieren liess und zu Studienzwecke ihre Werke abschrieb) Find ich trotzdem sehr gut das er mit den meist wesentlich älteren Kollegen in so frühem Alter schon auf Augenhöhe war. Aber über sie hat er sich erst allmählich ab Idomeneo gestellt, seine Stilmittel und Techniken mehr und mehr erweitert.
Seine beste Messe ebenso aus der Wiener Zeit (leider schrieb er halt auch leider nur eine ) , seine besten Streichquartette auch...also ich denke es ist ja auch nicht erstaunlich wenn sich Komponisten aufgrund von wachsender Erfahrung mehr Qualität in ihre Werke reinbringen.


Schnuckiputz schrieb:

Zu Beethoven/Mozart: Ich finde die Frage, ob Mozart auch die Musik Beethovens hätte schreiben können, etwas befremdlich. Aber wenn man denn schon darüber nachdenken will, so scheint mir, daß Mozart schlicht das Titanische und Revolutionäre von Beethoven fehlte. Mozart, wie ich ihn verstehe, war zweifellos ein Genie, das sich aber kompositorisch mehr oder weniger im Rahmen des damals Üblichen bewegte. Beethoven tat das mit seinen ersten Sinfonien vielleicht auch, wuchs dann aber darüber hinaus und wate sich in Neuland.


Denke solche Diskussionen führen zu nichts denn man kann das alles schwer vergleichen, verschiedene Persönlichkeiten, verschiedene Philosophien aber auch unterschiedliche Zeiten. Ich denke zu Ende des Lebens von Mozart war auch noch nicht die Zeit reif für einen Beethoven (und dieser hat sich schliesslich auch selber erst Zeit gelassen um erst später zu seiner Tonsprache wie sie so typisch für ihn ist zu finden) Selbst Beethovens Eroica ist ja auch heftigen Widerstand bei der Uraufführung gestossen, nicht zu denken wie irritiert man erst 1788 darauf reagiert hätte und Mozart hatte Geldnöte musste sich zwangsläufig dem Publikumsgeschmack in den Aufführungen anpassen - ich denke das kann man gut in seinen letzten Klavierkonzerten merken die stilistisch weniger kühn, experimentell wie von KV 466 bis zu KV 491 klingen, man deutlich eine Veränderung merken kann. Ebenso die Zauberflöte die ja merklich auf einen breiten Publikumseffekt zielt. Ich denke in dem Fall hat Martin in gewisser Weise auch recht, Mozart war ein Meister darin Stile zu kopieren, zu verbessern, in seinen eigenen Stil zu integrieren - ich hätte das aufgrund seines Können und Vermögens auch zu Beethovens Zeiten zugetraut. Doch er lebte nunmal zu einer anderen Zeit und musste sich zwangsläufig auch anpassen wenn es zum. nicht um rein private Aufführungszwecke ging. Er lebte ja schliesslich nicht wie Beethoven von reichen Gönnern sondern hatte zeitweise Existenzängste vor Geldnot. Aber trotzdem lassen wir Mozart Mozart sein und Beethoven Beethoven, sie haben beide in ihrer eigenen Art und Weise Grossartiges geschaffen.

gruß
Thomas

Nachtrag: CD-Bild einfügen hat nicht geklappt - Hüb? Franz? Hallo?


[Beitrag von Thomas133 am 06. Dez 2011, 03:07 bearbeitet]
Kreisler_jun.
Inventar
#11 erstellt: 06. Dez 2011, 12:40
Die "frühen" Klaviersonaten abs KV 279 sind ja für Mozart nicht früh. Sie sind nach den Sinfonien bis ca. #30 entstanden, etwa in der Zeit des Konzerts KV 271.
Und es gibt, wie Thomas schon sagte, keine systematische Komposition von Klaviersonaten in den späten 1780ern, sondern nur Einzelwerke, so dass ein ohnehin wahrscheinlich für Schüler gedachtes Stück wie die Sonata facile eher "leichter" als KV 28x erscheinen mag.
Ich schätze Sinfonien wie 183 oder 201 auch sehr, aber man sollte den Unterschied zu den über 10 Jahre später komponierten Werken nicht unterschätzen.
Dagegen scheinen mir die Violinkonzerte, besonders 3-5 hier eher unterschätzt zu werden. Natürlich wäre es interessant, ein gewichtigeres spätes Werk zu haben, aber hier zeigt sich eben deutlich, dass Mozart nie für die Schublade, sondern immer für konkrete Gelegenheiten komponierte.
Pilotcutter
Administrator
#12 erstellt: 06. Dez 2011, 18:40

Martin2 schrieb:
Einführend gesagt: Nachdem ich in den letzten Monaten, aber auch in den letzten Jahren immer wieder neues gehört habe, bin ich doch inzwischen einfach nur erschlagen von der Unerschöpflichkeit des Mozartschen Genies. Es ist einfach ungeheuer, wieviel geniale Werke dieser mit 34 gestorbene Komponist in dieser unheimlich kurzen Zeit heraus gehauen hat. Dinge, die ich teilweise erst jetzt entdecke und die mich immer wieder begeistern.

Komischerweise ist es gerade die 1. Sinfonie, wo Mozart noch ein ganz kleines Kind, in der doch das Genie dämonisch wetterleuchtet,


Witzigerweise greife ich in letzter Zeit auch ab und an zu Mozart, was ich sonst kaum bis nie getan habe. In der Tat wetterleuchtet das Genie Mozart in seiner 1. Sinfonie. Das dem so ist, habe ich von Karl, [sorry Joachim] Dr. Karl Böhm gelernt:

Karl Böhm war ein großer Mozart Liebhaber, der auch seinen Lebensweg als Dirigent mit Mozart begonnen hat. Wenn man sich das c-moll Andante der 1. Sinfonie unter ihm anhört und denkt daran, dass Mozart mit gerade 8 Lebensjahren diese Sinfonie in London komponiert hat, ist es wirklich unglaublich, dass man in diesem Andante "wirklich die apokalyptischen Reiter vor sich sieht. Es ist die ganze Traurigkeit des Requiems schon enthalten"., (O-Ton Böhm)

Daraus ersah Böhm, dass Mozart ganz fertig - im geistigen Sinne - auf diese Welt gekommen ist; als Lichtblick für viele Jahrhunderte gekommen ist. (O-Ton, Böhm)

Böhm dirigiert die 1. und insbesondere das Andante der 1. auch dahingehend und anerkennend, dass Mozart geistig fertig vollendet auf diese Welt gekommen ist (und sich nicht künstlerisch entwickelt hat).

Ich bin nicht so ein Mozart Gläubiger, aber fasziniert hat mich diese Sicht schon, dass seine 1. Sinfonie mit 8 Jahren und sein Requiem am Lebensende gewissermaßen ineinandergreifen. Man kann das auch ganz einfach und ohne Interpretationsgabe nachvollziehen, wenn man das Pferd von hinten aufzäumt und sich folgende Ton-/Videobeispiele einmal kurz anhört. Es reichen ca. 40 Sekunden hören je Beispiel von Stück 1-3:

1: Requiem - Intro

2: Requiem - Recordare

3: 1. Sinfonie - Andante - Böhm

Man kann es in der Tat nicht ausmachen, dass zwischen diesen Stücken das ganze Leben dieses Komponisten liegt. Vom 8-jährigen Kind bis zum Tod.

Gruß. Olaf


[Beitrag von Pilotcutter am 06. Dez 2011, 18:47 bearbeitet]
Thomas133
Hat sich gelöscht
#13 erstellt: 06. Dez 2011, 19:14
Also die Ähnlichkeiten vom Andante der 1.Sinfonie zum Requiem kann ich - bis auf das, das Beides in Moll steht - nicht nachvollziehn.
Beim Andante der 1.Sinfonie ist ein ständig sich wiederholendes sich transponierendes simples 5-Ton-Motiv zu hören das eher den Charakter einer Begleitfigur besitzt (nur von kurzen Zwischen bzw. Übergangsmotiven unterbrochen) da passiert beim Requiem-Introitus thematisch, kontrapunktisch, harmonisch und vom ganzen Aufbau des Spannungsbogens um Welten mehr.

Sicherlich ist diese Sinfonie für sein Alter erstaunlich das möchte ich auch nicht bestreiten, aber ein ineinandergreifen halte ich schon für weit hergeholt. Zum Glück hatte Mozart seine grosse c-moll-Messe und sein Introitus usw. nicht auf dem kompositorischen Level seiner 1.Sinfonie komponiert, da wären dann wohl Komponisten wie Pleyel, Eybler, Kraus,... heutzutage bedeutender als Mozart.

gruß
Thomas
Klassikkonsument
Inventar
#14 erstellt: 07. Dez 2011, 00:26

Pilotcutter schrieb:
Böhm dirigiert die 1. und insbesondere das Andante der 1. auch dahingehend und anerkennend, dass Mozart geistig fertig vollendet auf diese Welt gekommen ist (und sich nicht künstlerisch entwickelt hat).


Mozart war sicher eine außergewöhnliche Erscheinung, aber dass er als Baby bereits geistig vollendet war, halte ich gelinde gesagt für ein Gerücht. Mir hat das verlinkte Andante aus der 1. Sinfonie auch gefallen. Aber das Rad hat er nun musikalisch auch nicht erfunden. Sinfonien oder auch nur Menuette zu schreiben ist immer eine arbeitsteilige Angelegenheit.

Ich werde mir wahrscheinlich nie eine Gesamtwerk-Box zulegen, aber bin immer noch dabei Mozart zunehmend zu schätzen. In letzter Zeit habe ich das A-dur-Klavierkonzert KV 488 häufiger gehört. Höre ich gerne.
Das C-dur-Konzert KV 467 kenne ich schon recht lange. Und dazu habe ich ein etwas ambivalentes Verhältnis - Hassliebe wäre ein zu starkes Wort dafür. Die einleitende Passage z.B. finde ich schon sehr beeindruckend, aber da ist diese Mozart-typische Heiterkeit, die ich nicht so mag. Da denke ich dann: "Na ja, Mozart halt, gehört dazu." Aber auch dieses Werk ist ja nun keineswegs stumpf fröhlich und unterm Strich höre ich es durchaus mit Genuss.

Joachim49
Inventar
#15 erstellt: 07. Dez 2011, 02:57
Mit Thomas' Kommentar bin ich durchaus einverstanden. Wenn ich mich weigere einen Schnitt zwischen früh und spät zu machen, dann nicht in dem Sinn, dass die frühen Werke das Niveau der späteren haben, sondern in dem Sinn, dass die frühen Werke keine unreifen Jugendwerke sind, sondern im allgemeinen das Niveau anderer zeitgenössischer Komponisten erreichen (nur hatte Mozart halt noch nicht seine Sprache gefunden). Das Beispiel mit der 1. Sinfonie und dem Requiem kann mich nicht so recht überzeugen und gegen übertriebene Mozartidolatrie hilft immer noch das Mozartbuch von Wolfgang Hildesheimer. Sehr verwundert bin ich über den Ausdruck einer 'mozarttypischen Heiterkeit' (Klassikkonsument). Wenn damit gemeint ist, dass in der Regel Heiterkeit typisch für Mozart ist, dann kann ich das überhaupt nicht nachvollziehen.
mit freundlichen Grüssen
Joachim
(Eine kleine Bemerkung noch zu Mozart und Beethoven und der Frage ob Mozart den Beethoven'schen Stil inkorporiert hätte: Jemand (JF Zygel)hat einmal gesagt und demonstriert, Mozart sei ein Sänger (Melodiker), Beethoven aber nicht. Man kann sich die (Haupt)themen der Beethoven'schen 4. - 9. Sinfonie nur schwerlich als gesungene Arien vorstellen (und man mache den Test mit Konzerten oder Kammermusik). Mozart dagegen hat sehr häufig etwas gesangliches. Deshalb findet man bei beethoven häufig motivische Zellen, bei Mozart aber Themen. Deshalb ist es vielleicht auch nicht verwunderlich, dass Mozart ein grosser Opernkomponist war, Beethoven jedoch nicht. Wenn in dieser Bemerkung Wahrheit liegt, dann würde dies bedeuten, dass Mozart und Beethoven doch sehr verschieden waren und es eher unwahrscheinlich ist, dass aus einem länger lebenden Mozart eine Art zweiter Beethoven geworden wäre)
Martin2
Inventar
#16 erstellt: 07. Dez 2011, 04:00
Ich stimme Joachim völlig zu, daß ich Mozart auch überhaupt nicht als "heiter" sehe. Als spielerisch im Sinne eines durchaus ernsten Spiels vielleicht, als "apollinisch" möglicherweise, aber ganz sicher ist Mozart nicht heiter im Sinne humoriger Ausgelassenheit. Es ist wenn überhaupt die Heiterkeit eines unergründlich unbedeckten Himmels, im Grunde genommen geht es bei Mozart in erster Linie um Schönheit und hier ist Mozart, wenn er spielt, eher ein guter Schachspieler, allerdings jemand, der dabei den Instinkt eines begnadeten Komponisten mitbringt.

Also bitte Mozart nicht mit dem Mozart der Mozartkugeln verwechseln, mit all diesen Klischees, die über ihn im Umlauf sind. Daß Mozart vielleicht auch zur Heiterkeit fähig war, ist nur ein Zeichen der Universalität seines Charakters, es ist aber keinesfalls ein hervorstechender Charakterzug. "Fröhlich" ist Mozart eigentlich nie. Ich kann Klassikkonsument da überhaupt nicht folgen. Mozart war immer ein harter Arbeiter, der nach der Vollkommenheit seiner Werke strebte, dabei sicher auch mal Sachen heraus ließ, die unter seinem höchsten Niveau lagen, dabei aber jemand, der wohl in der Musik spielte, aber niemals mit der Musik spielte, von diesem "musikalischen Spaß" vielleicht mal abgesehen und selbst in dem konnte Mozart nicht wirklich aus seiner Haut.

Gruß Martin
Schnuckiputz
Stammgast
#17 erstellt: 07. Dez 2011, 09:30

Martin2 schrieb:
Mozart war immer ein harter Arbeiter, der nach der Vollkommenheit seiner Werke strebte, dabei sicher auch mal Sachen heraus ließ, die unter seinem höchsten Niveau lagen, dabei aber jemand, der wohl in der Musik spielte, aber niemals mit der Musik spielte, von diesem "musikalischen Spaß" vielleicht mal abgesehen und selbst in dem konnte Mozart nicht wirklich aus seiner Haut.


Da haben wir, wenn man so will, doch noch ein paar Gemeinsamkeiten bei Mozart und Beethoven entdeckt. Denn auch Beethoven war ein zum Perfektionismus neigender (und selbstkritischer) harter Arbeiter, auch wenn er vom "Output" her quantitativ mit Mozart nicht mithalten kann. Und "lustig" war Beethoven gewiß auch nicht.

Bei beiden haben wir also nicht nur die wahrhaft "göttliche" künstlerische Begabung, sondern auch die nötige musikalische Bildung und Ernsthaftigkeit, gepaart mit einem unbändigen Arbeitswillen. Es wird oft vergessen, daß es eben nicht nur auf das Talent ankommt, sondern auch auf das "Handwerkliche." Und nur wenn sich das Imaterielle (die Begabung) in Harmonie mit dem Materiellen (dem Handwerk) vereint, kommt etwas wirklich Großes heraus.
Klassikkonsument
Inventar
#18 erstellt: 07. Dez 2011, 17:05
Na ja, mit "mozarttypischer Heiterkeit" meine ich durchaus etwas, was ich in dieser Art nur in Mozarts Musik wahrzunehmen meine. Ist natürlich immer schwer Musik zu charakterisieren, erst recht, wenn man allgemeiner von der Musik eines Komponisten spricht.
Es gibt halt so Stellen, die in mir Bilder eines Rokoko-Orchesters evozieren (Frauen tragen so zeittypische Ballkleider und alle diese seltsamen weißen Perücken).
Um beim Bild von der Mozartkugel zu bleiben: Ich finde, diese Stellen sind von diesen Pralinen nicht so entfernt. Man muss zur Ehrenrettung der Mozartkugel festhalten, dass die ja nun auch nicht einfach nur banal süß ist: Nicht bloß Schokolade und Nougat, Marzipan ist auch noch dabei. Also durchaus schon ein differenzierteres Geschmackserlebnis.
Wenn man noch weitergehen will und auf Gedeih und Verderb Mozarts Musik mit dieser berühmten, verrufenen Süßigkeit vergleichen will, so müsste sie auch noch Pfefferkörner & Chinin enthalten, um einen besseren Vergleich abzugeben.

Thomas133
Hat sich gelöscht
#19 erstellt: 07. Dez 2011, 21:04
Hallo Joachim,
ich meinte damit nicht das Mozart ein 2. Beethoven werden würde da wie ich auch schrieb jeder seine eigene Persönlichkeit und Philosophie hat, aber er hätte seinen Kompositionsstil dieser Zeit sicherlich dementsprechend anpassen können und in dem einen oder anderen Werk sicherlich auch Beethoventypische-Stilmittel verwendet (so wie er auch schon zu seinen Lebenszeiten gerne an diversen anderen Komponisten orientiert und teilweise auch imitiert hatte nur halt nicht immer vordergründig in jedem Werk) Er wäre zum. sicherlich nicht in seinem damaligen Stadium um 1790 stehen geblieben sondern hätte sich weiterentwickelt. Da er schon selbst in seinen späten Lebensjahren in diversen Werken, diverse Passagen schrieb die schon die Frühromantik vorausgreifen ist es auch naheliegend das er sich auch mit der Zeit mehr und mehr in diese Richtung entwickelt hätte...vielleicht von der Tonsprache irgendwo zwischen Beethoven und Mendelssohn aber das ist reine Spekulation.
Wen meinst du eigentlich mit übertriebene "Mozartidolatrie"?
Soll ich mich angesprochen fühlen?

Rein von der Kompositionstechnik waren sie sich jedenfalls sehr unterschiedlich, es hat ihnen jedenfalls wie Martin schon schrieb Beiden Mühe abgerungen nur Jedem auf seine andere Art und Weise. Mozart hat sich schon im Kopf die ganze Komposition ausgebrütet, diverse Änderungen vorgenommen, manchens verworfen,...und das Endresultat dann oftmals nur noch so schnell wie möglich niederschreiben zu müssen (natürlich hatte er auch mal kleinere Korrekturen bei der Niederschrift aber längst nicht in dem Ausmass wie bei Beethoven) Beethoven hingegen begann oftmals mit Skizzen, wie schon von Joachim erwähnt waren es nicht selten Motive aus denen er dann wie in einer Art innerem und äusserem Kampf mit sich, dem Notenblatt und Klavier dann letztendlich die fertige Komposition mit einem intensiven Kraftakt erringen konnte (ich denke die Meisten hier werden schon Faksimiles seiner Niederschriften gesehn haben und dazu muss man nicht mehr viel sagen)

Das mit Begabung und Handwerk, was Schnuckputz schrieb, stimmt vollkommen. Das hat auch Mozart selber mal sinngemäß gesagt oder geschrieben (weiss jetzt nicht genau in welcher Form) das sich die Leute täuschen würden wenn sie glauben ihm wäre alles nur so zugeflogen sondern dahinter viel harte Arbeit und Studium von Kompositionslehren, Partituren, steckt. Brahms soll angeblich mal gesagt oder geschrieben haben (wie auch immer ) das zwar die Intuition der Themen ein Geschenk wäre, er aber für die genaue Ausarbeitung ganz allein selbst verantwortlich ist.
Ich denke bei Mozart ist es einfach der Idealfall das sich ausserordentlich guter Geschmack und Intuition mit einer sehr guten Kompositionsausbildung und ständigem Drang nach "Weiterbildung (per autodidaktischem Studium anderer Partituren)" paart (natürlich auch bei anderen grossen Komponisten bei dem Einen halt etwas mehr bei dem Anderen etwas weniger).

@Kreisler
Übrigens ist es heuer nicht nur der 220. Todestag gewesen sondern zufälligerweise auch der gleiche Wochentag von damals (also ein Montag) nur so nebenbei erwähnt falls das jemand überhaupt interessieren würde.

gruß
Thomas
Joachim49
Inventar
#20 erstellt: 08. Dez 2011, 00:06
Hallo Thomas,
"Mozartidolatrie" bezog sich nicht auf Dich, sondern auf die Behauptung der 8-jährige Mozart sei schon vollendet gewesen. Du hast das gewiss nicht behauptet.
freundliche grüsse
Joachim
Martin2
Inventar
#21 erstellt: 08. Dez 2011, 01:36

Klassikkonsument schrieb:
Na ja, mit "mozarttypischer Heiterkeit" meine ich durchaus etwas, was ich in dieser Art nur in Mozarts Musik wahrzunehmen meine. Ist natürlich immer schwer Musik zu charakterisieren, erst recht, wenn man allgemeiner von der Musik eines Komponisten spricht.
Es gibt halt so Stellen, die in mir Bilder eines Rokoko-Orchesters evozieren (Frauen tragen so zeittypische Ballkleider und alle diese seltsamen weißen Perücken).


Ja, gut, ich verstehe schon was Du meinst. Mozarts Musik hat gelegentlich dieses "Rokokomäßige" ( oder schreibt man Rockocko?), aber durchaus nicht in dem Ausmaß, wie man vielleicht meint. Für mich ist es aber nur eine einzige Facette seines Charakters. Ist man aber darauf programmiert, dieses wahrzunehmen, dann überhört man die vielen anderen Facetten seiner Musik. Es ist eine Facette, die ich durchaus mag.

Man darf nicht vergessen, daß Mozart ein intensiver Musikrezipient war und da wird er sich auch einiges bei Johann Christian Bach und anderen Leuten abgesehen haben. Ich glaube Mozarts Stil ist das Ergebnis dieser beständigen Auseinandersetzung und Mozart war sicher sehr selbstbewußt, aber durchaus nicht so eitel, nicht von Komponisten seiner Zeit viel zu lernen - eine Biographie klärte mich darüber auf.

Nur ist er vielleicht anderseits schon wieder erstaunlich, wieviel granitene Stärke viele Mozartsche Musik besitzt, anderseits soll man den Mozartschen Individualstil nicht aufs Rokoko herunterbrechen. Ich finde Mozarts Stil sehr "ornamental", er war möglicherweise sogar noch ornamentaler, wenn man bedenkt, daß Mozart in Aufführungen seiner Werke noch Verzierungen anbrachte, die nicht in den Noten standen.

Dieses "Ornamentale" würde ich nicht notgedrungen mit "Rokoko" in Verbindung bringen, es ist letzlich ein sehr altes Musikprinzip, das allerdings nach Mozart auf dem Rückzug war. Für mich bringt das Ornamentale eine sehr große Lebendigkeit in die Musik und vielleicht kann man sogar die kühne These wagen, daß Mozarts Stil, trotz völliger stilistischer Andersartigkeit, darin einen gewissen Rückgriff auf das Barock beinhaltet, so wie das Rokoko als Stil durchaus als ein Ausläufer des Barocks gesehen werden kann. Und wieder muß man erstaunt feststellen, daß der ältere Haydn in gewisser Hinsicht weit weniger "barock" ist als der jüngere Mozart. Und man muß auch daraus durchaus nicht den Schluß ziehen, Mozarts Musik sei übermäßig konservativ gewesen.

Gruß Martin
Klassikkonsument
Inventar
#22 erstellt: 08. Dez 2011, 06:06
Hallo Martin,


Martin2 schrieb:
Mozarts Musik hat gelegentlich dieses "Rokokomäßige" ( oder schreibt man Rockocko?), aber durchaus nicht in dem Ausmaß, wie man vielleicht meint. Für mich ist es aber nur eine einzige Facette seines Charakters. Ist man aber darauf programmiert, dieses wahrzunehmen, dann überhört man die vielen anderen Facetten seiner Musik. Es ist eine Facette, die ich durchaus mag.


Eben, es ist eine Facette, und ob man die mag, ist erstmal eine Frage des subjektiven Geschmacks. Ich kann besagte Heiterkeit, die sicher nicht alles ist bei Mozart, so ähnlich hinnehmen wie z.B. in Filmen Rollenprosa oder Meinungen, die ich nicht teile. Oder einen fiesen Charakter, der, wenn man nicht mit ihm persönlich zu tun hat, auf der Leinwand schon interessant oder sogar reizvoll sein kann.

Na ja, das trifft es nicht so ganz vielleicht. Aber Mozart macht ja etwas damit und macht auch anderes. Vielleicht ist es auch so, wie wenn man das Nuscheln von jemandem nicht mag, aber das, was er sagt.

Und der erste Satz der Haffner-Sinfonie wäre mit dem einen Wort "heiter" zwar nicht völlig daneben charakterisiert, aber da steckt schon weit mehr drin. Bzw. ist es eigentlich gar nicht so eindeutig.


Ich finde Mozarts Stil sehr "ornamental", er war möglicherweise sogar noch ornamentaler, wenn man bedenkt, daß Mozart in Aufführungen seiner Werke noch Verzierungen anbrachte, die nicht in den Noten standen.

Dieses "Ornamentale" würde ich nicht notgedrungen mit "Rokoko" in Verbindung bringen, es ist letzlich ein sehr altes Musikprinzip, das allerdings nach Mozart auf dem Rückzug war. Für mich bringt das Ornamentale eine sehr große Lebendigkeit in die Musik


Bei den Klavierkonzerten bleibt ja ein kleiner Raum für Improvisation (neben den Kadenzen, Stellen, an denen ein "Eingang" zu spielen ist, womöglich sogar während der Orchesterstellen ohne komponierten Solopart), der wohl im Barock noch größer war. Oft heißt es, Mozart habe nicht alles in den Solopart hineingeschrieben, weil er selbst damit aufgetreten ist.
Diesem subjektivem, improvisatorischen Anteil trauere ich ja schon auch etwas nach bzw. freue mich, wenn in neueren Interpretationen wieder mehr davon auftaucht.

Ich brauche einstweilen keine Gesamtbox, übrigens auch nicht von Bach, obwohl ich den seit Langem mehr schätze als Mozart. Von Beethoven oder Schönberg schon eher. Aber ich werde sicher noch einigen Spaß dabei haben, z.B. die Klavierkonzerte nach und nach kennenzulernen.



[Beitrag von Klassikkonsument am 08. Dez 2011, 06:11 bearbeitet]
Martin2
Inventar
#23 erstellt: 08. Dez 2011, 11:03
Hallo Klassikkonsument,

ich glaube es gibt einen bestimmten Satz eines bestimmten Klavierkonzerts wo Mozart für seine Schwester Nannerl aufgeschrieben hat, wie er sich diese Improvisationen so ungefähr vorstellte. Ich glaube ich las das mal irgendwo.

Präferenzen für diesen oder jenen Komponisten sind höchst individuell und können sich über längere Zeitstrecken auch wieder verändern.

Die 170 CDs Mozart in der Gesamtedition braucht in Wahrheit kein Mensch, allerdings waren sie zu einem äußerst günstigen Preis sehr verführerisch und ich bin dieser Verführung nachgegangen und bereue es nicht. Die Sinfonien und Klavierkonzerte höre ich meistens mit anderen, aber ich habe schöne Sachen für mich entdeckt, wie besonders die Klaviersonaten, Streichquartette und Streichquintette, wobei ich auch da nicht alles gehört habe und ich besonders was ich von den frühen Streichquartetten hörte eher für verzichtbar halte. Die Box hat damals 60 Euro gekostet und das war sie mir auch wert. Inzwischen ist sie wieder teurer.

Mir ist klar, daß Mozart ein vielproduzierender Vielschreiber war. Dabei zeigt er für mich eine enorme melodische Begabung, aber auch die Fähigkeit melodische Phrasen in einer Weise zu kombinieren, daß die Musik Drive bekommt. Das trägt die Musik vollkommen. Dabei denke ich, daß ein "Fachmann" diese Musik möglicherweise kritischer beurteilt. Der hört ein Stück und sagt dann: Da kommt Mozart wieder mit seinen Albertibässen. Das höre ich zwar alles nicht sehr bewußt, drückt sich aber in meinem laienhaften Verständnis dadurch aus, daß ich sage: Mozart hat nicht in jedem Stück das Rad neu erfunden.

Ich denke einfach nicht, daß der "Fachmann" immer recht haben muß und der Laie unrecht. Sondern das sind zwei höchst subjektive Standpunkte. Ich erinnere eine Diskussion über Malcolm Arnolds 1. Sinfonie mit einem "Fachmann", wo der schrieb, Arnold hätte sich mit seinen vielen Sequenzen im Finale ein Meisterwerk ruiniert. Der Fachmann hat eben einen Blick dafür, welche musikalischen Mittel "abgegriffen" sind und welche originell. Es ist dann wahr, daß die musikalischen Mittel bei Mozart gelegentlich durchaus "abgegriffen" klingen werden, was aber einen Laien weit weniger stört als einen Fachmann. Mich haben die "Sequenzen" bei Arnold genauso wenig gestört wie die "Albertibässe" bei Mozart. Daß der Fachmann zu einer gewissen Naivität nicht zurückfinden kann, ist sein Problem, nicht meins.

Wie ich schon sagte: Fachmann und Laie sind einfach zwei unterschiedliche subjektive Standpunkte. Keiner repräsentiert für mich eine Objektivität. Mozart war eindeutig ein Komponist der fürs Publikum geschrieben hat. Werke, die oft ein wunderbares Melos entfalten, wobei Mozart nicht nur ein guter "Tunesmith" war, sondern auch melodisch wiedersprüchliche Motive entfalten können. Sein Werk wirkt für mich durch diese "homophone" Kraft. Daß Mozart auch ganz anders konnte, sieht man an bestimmten Werken.

Und Musik ist nun mal eine Kunst weitgehend für Laien. Wenn ein Lyriker mit Herz, Schmerz und Rose kommt, sagt auch der gebildete Laie: Mein Gott wie abgegriffen. Bei der Musik dagegen wird der die "Albertibässe" und die "Sequenzen" vielleicht nicht mal wahr nehmen. Es ist dann zweitens auch so, daß "Abgegriffenheit" in der Musik etwas anderes repräsentiert als in der Literatur. Abgegriffenheit in der Musik macht die Dinge noch nicht notwendig banal, wie es in der Literatur weitgehend der Fall ist. Der "fachmännisch analytische" Blick dagegen leidet für mich darunter, daß er die Musik letzlich "zu literarisch" sieht. Deshalb mißtraue ich etwas dem Fachmann in der Musik, vor allem dann, wenn er seinen eigenen Blick als den "einzig objektiven" sieht.

Und daß Du Bach Mozart vorziehst, sei Dir unbenommen, aber ich denke Bach und Mozart sind einfach zwei vollkommen unterschiedliche Paar Schuhe. Ich ziehe sicher Mozart vor und ich lasse mich dann auch nicht durch Fachleute beirren, die meinen, dies sei eine Sache des schlechten Geschmacks. Mir ist durchaus klar, daß nicht alles an Mozarts Musik überaus subtil ist. Aber ich liebe eben Mozart, so einfach ist das.

Gruß Martin
Pilotcutter
Administrator
#24 erstellt: 08. Dez 2011, 12:33

Joachim49 schrieb:
"Mozartidolatrie" bezog sich nicht auf Dich, sondern auf die Behauptung der 8-jährige Mozart sei schon vollendet gewesen.


Wen's interessiert, hier der Beitrag Böhm's (10 Minuten) über Mozart:Böhm über Mozart (ab 1' 24'')

Gruß. Olaf


[Beitrag von Pilotcutter am 19. Dez 2013, 18:44 bearbeitet]
Kreisler_jun.
Inventar
#25 erstellt: 08. Dez 2011, 14:11

Joachim49 schrieb:
Mit Thomas' Kommentar bin ich durchaus einverstanden. Wenn ich mich weigere einen Schnitt zwischen früh und spät zu machen, dann nicht in dem Sinn, dass die frühen Werke das Niveau der späteren haben, sondern in dem Sinn, dass die frühen Werke keine unreifen Jugendwerke sind, sondern im allgemeinen das Niveau anderer zeitgenössischer Komponisten erreichen (nur hatte Mozart halt noch nicht seine Sprache gefunden).


Die Frage wäre, was man mit "reifes" Werk meint. Auch ohne ein Experte für Musik um 1770-75 zu sein, kann man, denke ich, doch Fortschritte feststellen, die der Teenager Mozart gemacht hat und man kann sicher auch plausibel vertreten, dass es ungeachtet der Qualität etwa der "kleinen" g-moll-Sinfonie schon einen Qualitätsunterschied zu zB Haydns etwa gleichzeitiger "Trauersinfonie" gibt.



(Eine kleine Bemerkung noch zu Mozart und Beethoven und der Frage ob Mozart den Beethoven'schen Stil inkorporiert hätte: Jemand (JF Zygel)hat einmal gesagt und demonstriert, Mozart sei ein Sänger (Melodiker), Beethoven aber nicht. Man kann sich die (Haupt)themen der Beethoven'schen 4. - 9. Sinfonie nur schwerlich als gesungene Arien vorstellen (und man mache den Test mit Konzerten oder Kammermusik). Mozart dagegen hat sehr häufig etwas gesangliches. Deshalb findet man bei beethoven häufig motivische Zellen, bei Mozart aber Themen. Deshalb ist es vielleicht auch nicht verwunderlich, dass Mozart ein grosser Opernkomponist war, Beethoven jedoch nicht. Wenn in dieser Bemerkung Wahrheit liegt, dann würde dies bedeuten, dass Mozart und Beethoven doch sehr verschieden waren und es eher unwahrscheinlich ist, dass aus einem länger lebenden Mozart eine Art zweiter Beethoven geworden wäre)


Ich glaube auch nicht, dass Mozart ein zweiter Beethoven geworden wäre; ich traue mir überhaupt nicht zu, zu spekulieren, was aus Mozart und Beethoven geworden wäre, wenn Mozart bis 1810 oder 1815 gelebt (also ungefähr Beethovens Alter erreicht hätte).

Auch wenn das sicher nicht ganz verkehrt ist, halte ich jedoch die Charakterisierung in "Melodiker" und "Motiviker"(oder was auch immer) für zu stark vereinfachend.
Sehr viele Mozart-Themen kann ich mir auch nicht als gesungene Arien vorstellen und er verwendet gar nicht allzu selten "Allerweltsmotive". Man nehme zB den Kopfsatz der Sinfonie Nr. 34 oder auch der "Jupitersinfonie" (von dem Arienzitat der Schlussgruppe mal abgesehen, das nun ausnahmsweise tatsächlich ein solches ist). Unter den prominenten Sinfonien sind die einzigen mit halbwegs sanglichen Haupthemen im Kopfsatz, die mir einfallen, die 39 und evtl. noch 40 (auf die Ähnlichkeit zu einer Arie des Cherubino wird häufig hingewiesen). Bei den Konzerten mag es mehr Beispiele geben: KV 488, 595, 622. Aber auch hier hat man demgegenüber die meist weder sanglichen noch besonders charakteristischen, oft marschartigen Motive in KV 451, 453, 456, 459, 467, 503.

Und Beethoven schrieb immerhin die Melodie zur "Europahymne", bekannter und liedhafter als viele Mozart-Arien. (Und Silcher? oder andere Frühromantiker schrieben Chorsätze zur Melodie des 2. Satzes des 7. Sinfonie)

Ebenso ist der Zusammenhang von "Melodiker" mit Opernkomposition zweifelhaft: Schubert war kein erfolgreicher Opernkomponist (ebensowenig Schumann) und Wagner, den man wohl kaum als Melodiker charakterisieren würde, einer der größten und einflussreichsten. Dramatischer Instinkt und dramatische Gesten kennzeichnen den Opernkomponisten und so auch Mozart. Der Kopfsatz der Haffner-Sinfonie ist ein Beispiel hierfür.

Selbst wenn es bei Mozart oder vielleicht auch Joh. Chr. Bach u.a. Ausnahmen geben mag, ich glaube, dass der klassische Stil abgerundete Melodien in Sonatenhauptsätzen eher nur am Rande verwenden kann. Ein Hinweis darauf ist m.E., dass selbst Schubert in einigen seiner größten Werke zumindest als Hauptthemen keine solchen Melodien verwendet (C-Dur-Sinfonie, Wandererfantasie, Quintett, G-Dur-Quartett)
Kreisler_jun.
Inventar
#26 erstellt: 08. Dez 2011, 15:41
Bei einigen Anmerkungen ist mir nicht ganz klar, ob sie sich auf Mozarts Personalstil oder auf den Stil des späten 18. Jhds. beziehen. "Dekoratives", also Verzierungen sind im Barock (oder bei Chopin) eigenlich viel stärker ausgeprägt als in der Klassik.
Oder auch bei der angeblichen "Heiterkeit". Verglichen mit Tristan kann man Figaros Hochzeit sicher als "heiter" beschreiben, aber auch eine komische Oper hat Konflikte und Dramatik, d.h. viele Stücke daraus sind nicht unbedingt heiter. Nur geht es eben ohne Tote und irgendwie gut aus.
Thomas133
Hat sich gelöscht
#27 erstellt: 08. Dez 2011, 19:05
Hallo Martin,

also das klingt ja fast so als hätte Mozart sich ständig dieser Albertibässe bedient. Wenn dann öfter mal in den Klaviersonaten bzw. diverse andere Klavierstücke (die du wie du ja erwähnt hast für dich entdeckt hast, vielleicht entstand daher der Eindruck) und in manchen Stellen der Klavierkonzerte bzw. wo das Klavier kammermusikalisch beteiligt war ansonsten wirklich selten da dieses Mittel in anderen Gattungen nicht so viel Sinn macht da es bessere Alternativen im Falle einer Begleitung gibt bzw. gab.
Ich würde behaupten das in seinem ganzen Werkumfang ein minimaler Bruchteil davon Albertibässe enthält. Und wie du schon geschrieben hast, wenn es mal vorkommt "so what" wenn es in dem Moment passt und das Thema gut ist hab ich kein Problem damit.

Ich würde mal allen - die es nicht eh schon getan haben - raten sich mal in die eine oder andere Partitur von Mozart zu vertiefen. Meist offenbart sich erst hier so richtig die Kunst die leider oft rein vom hören nicht so rüberkommt, da oftmals das Thema im Vordergrund steht und einem erst die ganze Satztechnik bewusst wird wenn man die Noten heranzieht. Da merkt man wie enorm ausgeklügelt jede einzelne Note sitzt um einen grösstmöglichen Effekt im Gesamtkontext zu erzielen, da merkt man das oftmals mehr Kunst und Raffinesse dahinter verborgen ist als nach dem reinen Hören zu schliessen. Selbst scheinbar so banale Werke wie die kleine Nachtmusik gewinnen sehr dadurch.(Was er zB mit den Begleitstimmen im Rondo Hauptthema macht so dass sie in einer flüssigen Bewegung immer grösstmöglichst effektive sich immer veränderte Akkorde ergeben, bei Takt 146-151 typisch ausgeklügelte Satztechnik Mozarts die man in manch anderen Werken noch viel häufiger findet)
Alle Noten kann man sich übrigens hier anschaun...

http://dme.mozarteum.at/DME/nma/start.php?l=

Man muss auch die Musik Mozarts und meist allgemein der klassischen Epoche sehr subtil nehmen, da passieren nicht die reisserischen (virtuosen) offensichtlichen Effekte wie in der Romantik, da ist meist nicht die Polyphonie eines Bachs vorhanden (gibt aber auch hier teilweise gut gemachte polyphone Stücke und Werke) Hier ist vieles einfach feinsinnig, subtil und manchmal offenbart es sich nicht auf Anhieb.

@ Joachim

Gut, der Vergleich des Andante der 1.Sinfonie mit dem Requiem kann man auf zweierlei Arten auffassen. In dem Sinne, dass Mozart sein ganzes Leben lang nie über das Niveau der 1.Sinfonie hinausgekommen ist (wie ich es verstanden habe) oder wie du es verstanden hast, die 1.Sinfonie schon das hohe Niveau des Requiems erreicht.
So oder so wäre es objektiv gesehn nicht korrekt.
Bei Zeiten kann ich mir ja mal das Statement von Böhm durchlesen, vielleicht relativiert sich darin ja seine Aussage ansonsten bin ich halt absolut nicht seiner Meinung.
(und sicherlich viele seiner Dirigenten-Kollegen auch)

@ Kreisler

Oftmals ist er aber dann spätestens beim Seitenthema cantabil wie zB bei deinem Beispiel mit dem Kopfsatz der Jupiter. Aber klar, hat er auch hin- und wieder nur Motive verwendet aber überwiegend hatte er doch mehr den Hang zu cantabilen Hauptthemen.

Die Haffner wäre sicher auch ein schlechtes Beispiel für heiter, wenn dann noch eher so Stücke wie das oben erwähnte Rondo der kleinen Nachtmusik aber selbst da kann man wenn man genau hinhört (hinschaut) gewisse Tendenzen zu anderen Stimmungen entdecken. Ob das dann nicht auch etwas an Pseudo-Fröhlichkeit hätte da er dieses Werk immerhin relativ kurz nach dem Tod seines Vaters schrieb (?)

gruß
Thomas


[Beitrag von Thomas133 am 08. Dez 2011, 19:17 bearbeitet]
Wilke
Inventar
#28 erstellt: 09. Dez 2011, 16:22
Durch Martin Eingangsthread habe ich heute mal wieder Mozart gehört: Symphonie 39 und Symphonie 40. Ich möchte diese Art von Musik nicht missen. Für mich ist keine Mozartkugelmusik,
und ich habe auch keine Rokokobilder vor Augen.
Die musik ist auch nicht einfach nur heiter im Sinne von Zuckerwasser in Erfrischungsstäbchen. Sie ist auf jeden Fall stimmungsaufhellend. Die Frage die ich mir als fortgeschrittenen Klassikhörer manchmal stelle ist: warum
erkenne i c h Mozart bei einem Blindhören immer wieder heraus, bei Brahms, Beethoven kann ich dies jedoch nicht.
Es muss also etwas dran sein am Stil von Mozart, dass ich ihn immer wieder erkenne. Dann merke ich noch ein anderes Phänomen: ich könnte sicherlich nicht 2 Tage an einem Stück Mozart hören, 2 Tage an einem Stück jedoch sicherlich Haydn oder Beethoven. Woran liegt dies? Mozart ist ja schließlich kein Dieter Bohlen, der immer die gleiche Rhythmusstrukur a la
modern talking hat...?
Viele Grüße von Ralf an Martin und den anderen, deren wertvolle Beiträge ich gerade durchgelesen habe.
Thomas133
Hat sich gelöscht
#29 erstellt: 09. Dez 2011, 19:13

Wilke schrieb:
Die Frage die ich mir als fortgeschrittenen Klassikhörer manchmal stelle ist: warum
erkenne i c h Mozart bei einem Blindhören immer wieder heraus, bei Brahms, Beethoven kann ich dies jedoch nicht.


Hallo Ralf und Andere,

wer es noch nicht getan hat, kann sich ja hier diesbezüglich testen...
Haydn-Mozart Streichquartett-Quiz

vorausgesetzt natürlich man kennt noch nicht die Streichquartette Mozarts zu gut.

Ein Anderer etwas einfacherer Test...
Mozart oder Salieri?

Ich brauche übrigens auch immer wieder meine Pausen von Mozart, aber auch bei einigen anderen Komponisten...je wertvoller mir eine Musik ist umso mehr möchte ich mir dieses Besondere an ihr erhalten und ja nicht die Gefahr eingehn mich damit zu übersättigen. Das ist zum. bei mir der Grund warum ich fast mehr Musik von Komponisten höre die ich zwar auch mehr oder weniger mag aber nicht zu meinen absoluten Lieblingskomponisten zähle.

Habe mir jetzt auch das Youtube-Video mit Böhm angeschaut. Ich kann ihn höchstens mehr oder weniger verstehn wenn er mit "fertig auf die Welt gekommen" damit meint, das man schon anhand der ersten Werke ein gewisses Potential erkennen bzw. erahnen konnte - dann hat er sich aber ziemlich schlecht ausgedrückt. Ansonsten hab ich mich ja schon dazu geäussert, Harnoncourt ist zwar auch gerade zu ein Missionar für die frühen Werke Mozarts aber selbst er sieht eine deutliche Entwicklung wie zB beim Opernschaffen "...einerseits seinen operndramatischen Kinderschuhen bereits entwachsen war, andererseits aber noch keine großen Werke geschrieben hatte. Idomeneo ist die erste Oper, in der Mozart das volle Rüstzeug des Musikdramatikers, die volle Palette der Möglickeiten einbringt." oder einmal auf die Frage "Gibt es bei Mozart keinen Entwicklungsprozess?"
"Den gibt es schon. Er hat natürlich das Handwerk nicht fertig beherrscht, als er auf die Welt kam. Was er gehabt hat, war der Musenkuss. Was er im jeweiligen Stadium seines Lebens gemacht hat, war immer begnadet."
Das trifft es auf jeden Fall viel besser (die Relation zum jeweiligen Alter) und zwischen seiner 1.Sinfonie und Requiem liegen viele Jahre des Kompositionsstudiums, wäre ja schlimm wenn das an einem Komponisten wie Mozart so spurlos vorbei gegangen wäre. Böhm müsste das (würde er noch leben und man hätte die Möglichkeit mit ihm darüber zu diskutieren) sicherlich auch eingestehn sonst wäre er in Fachkreisen sicher so ziemlich alleine mit seiner Meinung.

gruß
Thomas
Klassikkonsument
Inventar
#30 erstellt: 11. Dez 2011, 05:57

Kreisler_jun. schrieb:
Bei einigen Anmerkungen ist mir nicht ganz klar, ob sie sich auf Mozarts Personalstil oder auf den Stil des späten 18. Jhds. beziehen. "Dekoratives", also Verzierungen sind im Barock (oder bei Chopin) eigenlich viel stärker ausgeprägt als in der Klassik.


Na ja, bei dem, was ich an klassischen Klavierkonzerten so kenne, scheint Mozart eben noch relativ stark von der barocken improvisierenden Tradition geprägt zu sein.
Bei Beethovens letztem Klavierkonzert bleibt dann kein Raum mehr für Improvisation. Es geschehe so, wie es der Meister sich gedacht hat.
Das "Ornamentale" (im Sinne von Verzierungen) kommt zwar aus der Improvisation, kann aber fixiert sein - im Barock wohl z.B. recht exzessiv bei François Couperin.


Oder auch bei der angeblichen "Heiterkeit". Verglichen mit Tristan kann man Figaros Hochzeit sicher als "heiter" beschreiben, aber auch eine komische Oper hat Konflikte und Dramatik, d.h. viele Stücke daraus sind nicht unbedingt heiter. Nur geht es eben ohne Tote und irgendwie gut aus.


Ich glaube nicht, dass die Heiterkeit bei Mozart "angeblich" ist. Vielmehr ist sie doch der Grund für seine außerordentliche Popularität.
Natürlich ist nicht alles heiter bei Mozart. Aber die Heiterkeit, die mir bei Haydn bislang so begegnet ist, rollt mir halt nicht so die Zehennägel hoch, dass ich mich damit irgendwie arrangieren müsste. Im Gegenteil, da kann ich ganz gut mitgehen.
Martins "apollinisch" als Charakterisierung von Mozarts Heiterkeit scheint mir nicht so abwegig, weil sie mir oft unpersönlicher, auch unverbindlicher vorkommt als Haydns.

Kreisler_jun.
Inventar
#31 erstellt: 11. Dez 2011, 20:26

Klassikkonsument schrieb:

Kreisler_jun. schrieb:
Bei einigen Anmerkungen ist mir nicht ganz klar, ob sie sich auf Mozarts Personalstil oder auf den Stil des späten 18. Jhds. beziehen. "Dekoratives", also Verzierungen sind im Barock (oder bei Chopin) eigenlich viel stärker ausgeprägt als in der Klassik.


Na ja, bei dem, was ich an klassischen Klavierkonzerten so kenne, scheint Mozart eben noch relativ stark von der barocken improvisierenden Tradition geprägt zu sein.
Bei Beethovens letztem Klavierkonzert bleibt dann kein Raum mehr für Improvisation. Es geschehe so, wie es der Meister sich gedacht hat.


Ja, hier hat Beethoven die Kadenzen ausgeschrieben. Aber es sind dennoch welche da. Stilistisch sind doch Mozarts Klavierkonzerte näher an Beethovens als an Bachs, oder? Das Ornamentale gehört zu fast jeder Musik, gerade zum Konzertanten, selbst im 20. Jhd. Dass das bei Mozarts reifen Konzerten gegenüber Beethoven dominiert, kann man m.E. nicht sagen.




Oder auch bei der angeblichen "Heiterkeit". Verglichen mit Tristan kann man Figaros Hochzeit sicher als "heiter" beschreiben, aber auch eine komische Oper hat Konflikte und Dramatik, d.h. viele Stücke daraus sind nicht unbedingt heiter. Nur geht es eben ohne Tote und irgendwie gut aus.


Ich glaube nicht, dass die Heiterkeit bei Mozart "angeblich" ist. Vielmehr ist sie doch der Grund für seine außerordentliche Popularität.


Die Popularität dürfte kaum in einer Eigenschaft der Musik liegen. Zumal eben nicht besonders klar ist, was mit "heiter" gemeint sein soll. Daher das Beispiel. Eine komische Oper ist keine Tragödie. Aber sie ist nicht konfliktfrei, sie ist auch nicht slapstickmäßig witzig (auch wenn solche Elemente vorkommen können). Wie gesagt, weiß ich nicht so genau, was mit "heiter" gemeint ist (außer beim Wetter). Aber es scheint doch so etwas wie "gelassen", "unbeschwert" usw. gemeint zu sein. Gewiss gibt es solche Musikstücke von Mozart. Aber selbst die haben oft andere Aspekte und es gibt auch viele andere. Den von Dir o.g. Kopfsatz des Konzerts KV 467 oder die Jupitersinfonie würde ich z.B nicht unbedingt als heiter bezeichnen. Optimistisch, kraftvoll, vielleicht auch festlich. "heiter" ist vielleicht die sonata facile.



Martins "apollinisch" als Charakterisierung von Mozarts Heiterkeit scheint mir nicht so abwegig, weil sie mir oft unpersönlicher, auch unverbindlicher vorkommt als Haydns.


Das scheinen die meisten Musikfreunde eher umgekehrt zu empfinden.... Melancholie, persönlichen Ausdruck, Leidenschaft finden viele anscheinend leichter bei Mozart als bei Haydn. Haydn ist humorvoller i.S.v. geistreichen Überraschungen. (Ich kann wie gesagt, mit solchen globalen Charakterisierungen von Werkbeständen, die hunderte ganz unterschiedlicher Stücke umfassen, nicht so viel anfangen).
Klassikkonsument
Inventar
#32 erstellt: 11. Dez 2011, 22:41

Kreisler_jun. schrieb:
Ja, hier hat Beethoven die Kadenzen ausgeschrieben. Aber es sind dennoch welche da. Stilistisch sind doch Mozarts Klavierkonzerte näher an Beethovens als an Bachs, oder? Das Ornamentale gehört zu fast jeder Musik, gerade zum Konzertanten, selbst im 20. Jhd. Dass das bei Mozarts reifen Konzerten gegenüber Beethoven dominiert, kann man m.E. nicht sagen.


Das "Ornamentale", so wie Martin es ins Gespräch gebracht hat, scheint mir zwei Aspekte zu verbinden, die nicht unbedingt zusammengehören: Einmal die Improvisation, die im Barock oft in einem spontanen Auszieren gegebener Musik bestand. Ein anderes Mal die Verzierung, die dann später häufiger oder ausschließlich verbindlich in den Notentext aufgenommen wurde. Sie hat wohl ihren Ursprung in der spontanen Praxis früherer Zeiten.
Schönberg unterscheidet in seiner Klaviermusik sogar explizit Arpeggio aufwärts und abwärts, indem er einen Pfeil oben oder unten an dieser vertikalen Schlangenlinie ranschreibt. An Trillern, Vorschlägen u.s.w. lässt er es auch nicht mangeln, aber der Raum für Improvisation beschränkt sich wohl nur auf das rhythmische und tempomäßige Freiheiten einräumende Espressivo-Spiel.


Die Popularität dürfte kaum in einer Eigenschaft der Musik liegen. Zumal eben nicht besonders klar ist, was mit "heiter" gemeint sein soll.


Die Popularität dürfte doch wohl weniger in einem sorgfältigen Abwägen aller Eigenschaften der Musik liegen. Mir ist eher ein Rätsel wie man die heitere, meinetwegen auch leichte oder liebliche Tendenz der Mozartschen Musik überhören kann, die sie sie offensichtlich so besonders beliebt macht über die Kreise des engeren Klassik-Publikums hinaus.
Klar, man muss nicht erst das Requiem oder den Don Giovanni hören, um auch andere als heitere Aspekte in Mozarts Musik zu entdecken. Popularität hat auch etwas mit Überhören und Projektion zu tun. Dass die jedoch wiederum kein Vorrecht der einfachen Leute sind, sieht man gut an den Einlassungen von Karl Böhm.




Martins "apollinisch" als Charakterisierung von Mozarts Heiterkeit scheint mir nicht so abwegig, weil sie mir oft unpersönlicher, auch unverbindlicher vorkommt als Haydns.


Das scheinen die meisten Musikfreunde eher umgekehrt zu empfinden.... Melancholie, persönlichen Ausdruck, Leidenschaft finden viele anscheinend leichter bei Mozart als bei Haydn. Haydn ist humorvoller i.S.v. geistreichen Überraschungen. (Ich kann wie gesagt, mit solchen globalen Charakterisierungen von Werkbeständen, die hunderte ganz unterschiedlicher Stücke umfassen, nicht so viel anfangen).


Interessant, für mich ist der Eindruck der Unverbindlichkeit ein Grund, das Heitere und Festliche nicht einfach wörtlich zu nehmen und mich damit arrangieren zu können.

Joachim49
Inventar
#33 erstellt: 11. Dez 2011, 23:56

Klassikkonsument schrieb:
Mir ist eher ein Rätsel wie man die heitere, meinetwegen auch leichte oder liebliche Tendenz der Mozartschen Musik überhören kann, die sie sie offensichtlich so besonders beliebt macht über die Kreise des engeren Klassik-Publikums hinaus.


Also ehrlich gestanden, kann ich das nicht nachvollziehen und ich glaube nicht, dass es nur an meinem persönlichen Geschmack liegt. Frag mal Leute die Klassik hören, welche Mozartstücke per Genre für sie typisch sind. Ich glaube nicht, dass da wirklich mehrheitlich heitere, liebliche oder leichte Stücke dabei sind.

Konzerte: Für Klavier würden wahrscheinlich am meisten 466 und 491 genannt, also dramatisch ernste Werke. Beliebt sind weiterhin 271, 467, 488, 595. Allenfalls 467 könnte man leicht oder heiter nennen.
Die Sinfonia Cocertante: gewiss nicht heiter.
Das Klarinettenkonzert: weder leicht noch lieblich.

Kammermusik: Das beliebteste Qintett ist wahrscheinlich 516, das nur im Schlusssatz 'trostlos fröhlich' (Hildesheimer) ist. Die Haydnquartette oder die Preussischen?

Sinfonien: Am populärsten zweifellos 550. Unter den populären Haffner, Linzer, Prager, 543, Jupiter kann man auch nur mit good will vielleicht zwei als leicht und heiter charakterisieren.

Opern: gut die Zauberflöte, gewiss der Publikumsliebling und am ehesten leicht und heiter. Aber diese plumpe Heiterkeit des Vogelfängers ist doch bei Mozart eher selten. Der Don Giovanni ist zwar ein 'Dramma giocoso' aber nur selten fröhlich. Wirlich leicht und heiter in der Grundstimmung ist Cosi fan tutte, aber merkwürdigerweise nicht ganz so beliebt wie die anderen Da Ponte Opern. Und jede der Mozartopern enthält einen wunderbaren Reichtum an den verschiedensten Stimmungen und es wäre verzerrend heiteres, unbeschwertes, leichtes etc. besonders hervorzuheben.

Die ausserordentlicher Beliebtheit des Requiem spricht nun auch nicht gerade für einen leichten Mozart. Zugegeben, ich habe die kleine Nachtmusik vergessen ... aber die hängt wohl jedem echten Mozartfreund zum Hals heraus. Und die düstere Bläserserenade trägt sie nicht mit mehr Recht auch den Namen Nachtmusik.
Freundliche Grüsse
Joachim
Wilke
Inventar
#34 erstellt: 12. Dez 2011, 10:40
Also ich habe gestern noch einmal die Jupitersymphonie gehört, anschließen von Holst "Die Planeten". Dann auch noch mal Beethovens 9te. Jedenfalls ist Mozart irgendwie besser durchhörbar, irgendwie leichter.
gruß Ralf.
Kreisler_jun.
Inventar
#35 erstellt: 12. Dez 2011, 12:48



Die Popularität dürfte kaum in einer Eigenschaft der Musik liegen. Zumal eben nicht besonders klar ist, was mit "heiter" gemeint sein soll.


Die Popularität dürfte doch wohl weniger in einem sorgfältigen Abwägen aller Eigenschaften der Musik liegen.


was ich meinte war "bloß in einer einzigen Eigenschaft liegen". Sie liegt m.E. nicht zuletzt auch an der Vielfalt von Mozarts Musik. Abgesehen davon ist zB der Walkürenritt sehr populär und weder leicht noch heiter.



Mir ist eher ein Rätsel wie man die heitere, meinetwegen auch leichte oder liebliche Tendenz der Mozartschen Musik überhören kann, die sie sie offensichtlich so besonders beliebt macht über die Kreise des engeren Klassik-Publikums hinaus.


Eine Kleine Nachtmusik, o.k. und meinetwegen auch der Vogelfänger (wobei der eher volkstümlich-komisch ist als himmlisch heiter). Aber schon das vielleicht populärste Opernstück, "La ci darem la mano" würde ich verführerisch, schwärmerisch, was auch immer nennen, aber nicht heiter.



Klar, man muss nicht erst das Requiem oder den Don Giovanni hören, um auch andere als heitere Aspekte in Mozarts Musik zu entdecken.


Das sind aber doch zwei sehr populäre Werke.




Das scheinen die meisten Musikfreunde eher umgekehrt zu empfinden.... Melancholie, persönlichen Ausdruck, Leidenschaft finden viele anscheinend leichter bei Mozart als bei Haydn. Haydn ist humorvoller i.S.v. geistreichen Überraschungen. (Ich kann wie gesagt, mit solchen globalen Charakterisierungen von Werkbeständen, die hunderte ganz unterschiedlicher Stücke umfassen, nicht so viel anfangen).


Interessant, für mich ist der Eindruck der Unverbindlichkeit ein Grund, das Heitere und Festliche nicht einfach wörtlich zu nehmen und mich damit arrangieren zu können.


Ich weiß nicht, was damit gemeint ist. Wie gesagt, ist mir in dem ganzen thread oft nicht klar, ob überhaupt der Zeitstil und einige von Mozarts Eigentümlichkeiten getrennt werden. Wer sich jahrelang mit Wagner "zudröhnt", dem mag fast alle Musik aus den 1780er Jahren erst einmal "leicht und heiter" erscheinen. Ebenso wie manch anderem Wagner undifferenzierter Lärm.
Selbst wenn man dann die Zauberflöte insgesamt als heiteres, lustiges Märchen hören mag, wird man aber doch mit minimaler Differenzierungsfähigkeit, die Arien der Königin oder Paminas "Ach ich fühls" auch die Bildnisarie kaum als komisch-heiter wie etwa "Ein Mädchen oder Weibchen" wahrnehmen. Ich meine keine Subtilitäten wie "falsche Fröhlichkeit", "Lächen unter Tränen" usw. (die man auch finden wird), sondern in der Musiksprache sehr klare Unterschiede, die freilich ein wenig Hörerfahrung mit der entsprechenden Musik voraussetzen.
Thomas133
Hat sich gelöscht
#36 erstellt: 12. Dez 2011, 18:19

Wilke schrieb:
Also ich habe gestern noch einmal die Jupitersymphonie gehört, anschließen von Holst "Die Planeten". Dann auch noch mal Beethovens 9te. Jedenfalls ist Mozart irgendwie besser durchhörbar, irgendwie leichter.
gruß Ralf.


Gut, ich glaub dazu muss man nicht Vergleichshören um das schon vorab anzunehmen, da jeweils andere Epochen und Stilistiken.
Etwas Anderes wäre es wenn man Mozart mit seinen Zeitgenossen vergleicht und die Unterschiede ausmacht warum er neben Haydn der herausragende Komponist seiner Zeit war.

Ich denke nämlich das für diese Thematik dieses Forum ein entscheidendes Manko hat. Die meisten User dieses Forums hören im Regelfall Romantik bis Moderne und sind wie Kreisler schon schrieb eine ganz andere Tonsprache gewohnt (es beteiligen sich ja hier auch nicht die meisten Stammbeiträgler, eventuell lesen sie ja mit) Indem man Mozart mit Komponisten anderer Epochen vergleicht tut man das Pferd von hinten aufzäumen. Wenn man sich allgemein mit der Stilistik dieser Epoche mehr auseinandersetzt wird man sicher auch besser verstehn wie fortschrittlich, teils seiner Zeit weit voraus, experimentell und kreativ Mozart in vielen seiner Kompositionen war. Er wurde ja nicht umsonst von den meisten ihm folgenden grossen Komponisten sehr verehrt (Brahms wollte sogar unbedingt bei seiner Ankunft in Wien dort wohnen wo einst Mozart einmal für kurze Zeit lebte) und die Gründe dafür stecken im Herzen seiner Komposition nicht der Hülle der damaligen Tonsprache der Zeit oder weil man einfach nur dafür schätzte das er "heitere" Musik geschrieben hätte, dafür erfordert es aber etwas nähere Beschäftigung (wie natürlich auch mit diversen anderen Komponisten).

gruß
Thomas


[Beitrag von Thomas133 am 12. Dez 2011, 18:21 bearbeitet]
Klassikkonsument
Inventar
#37 erstellt: 13. Dez 2011, 00:47
Die Zauberflöte ist vielleicht ein zu billiges Beispiel, wobei es da ja auch so ein Adorno-Diktum gibt (ich zitiere aus dem Gedächtnis), da sei es noch einmal gelungen, in der Musik Volkstümlichkeit und hohen Kunstanspruch zu vereinen.
Nein, für meine These Mozarts Musik sei generell von leichtem, heiteren Charakter reicht der Don Giovanni vollkommen aus, zumal dieses Beispiel bereits in der Ouvertüre demonstriert, dass Mozart selbstverständlich "auch anders konnte".
Mozart spricht halt ein bestimmtes Bedürfnis eher an. Auch während des Don Giovanni immer wieder. Es gibt genügend Leute, die mit Wagner und Beethoven nicht so viel anfangen können.

Was Thomas schrieb:

Ich denke nämlich das für diese Thematik dieses Forum ein entscheidendes Manko hat. Die meisten User dieses Forums hören im Regelfall Romantik bis Moderne und sind wie Kreisler schon schrieb eine ganz andere Tonsprache gewohnt (es beteiligen sich ja hier auch nicht die meisten Stammbeiträgler, eventuell lesen sie ja mit)


oder Kreisler jr.:

Wer sich jahrelang mit Wagner "zudröhnt", dem mag fast alle Musik aus den 1780er Jahren erst einmal "leicht und heiter" erscheinen. Ebenso wie manch anderem Wagner undifferenzierter Lärm.


scheint mir eher meinen vielleicht etwas schwammig vorgetragenen Eindruck zu bestätigen.


Thomas133 schrieb:
Er wurde ja nicht umsonst von den meisten ihm folgenden grossen Komponisten sehr verehrt (Brahms wollte sogar unbedingt bei seiner Ankunft in Wien dort wohnen wo einst Mozart einmal für kurze Zeit lebte) und die Gründe dafür stecken im Herzen seiner Komposition nicht der Hülle der damaligen Tonsprache der Zeit oder weil man einfach nur dafür schätzte das er "heitere" Musik geschrieben hätte, dafür erfordert es aber etwas nähere Beschäftigung (wie natürlich auch mit diversen anderen Komponisten).


Ja, eben, ich schätze Mozart trotz seiner Heiterkeit aus anderen Gründen. Die bringt halt meine Fußnägel dazu sich aufzurollen oder stört mich vielleicht immer weniger. Bei Haydn oder Beethoven habe ich mit dieser Ambivalenz nicht zu kämpfen.



Edit: Wobei vielleicht die Medea von Cherubini, die ja auch noch "klassischer" klingt als vieles von Beethoven, für mich eine wichtige Erfahrung war, um mich besser auf Mozart und wohl auch Haydn einlassen zu können.


[Beitrag von Klassikkonsument am 13. Dez 2011, 00:54 bearbeitet]
Kreisler_jun.
Inventar
#38 erstellt: 13. Dez 2011, 01:29

Klassikkonsument schrieb:
Die Zauberflöte ist vielleicht ein zu billiges Beispiel, wobei es da ja auch so ein Adorno-Diktum gibt (ich zitiere aus dem Gedächtnis), da sei es noch einmal gelungen, in der Musik Volkstümlichkeit und hohen Kunstanspruch zu vereinen.


Das war nicht der Punkt in meinen Beispielen (Weber ist das im Freischütz auch gelungen). Sondern dass "leicht und heiter" keine vernünftige Beschreibung von der volkstümlichen Komik der Papageno-Lieder, der lupenreinen Seria-Arien der Königin und der "klassisch-empfindsamen" Arien Paminas oder Taminos und dem "erhabenen" Stil der Priester und Sarastros ist. Wer "In diesen Heilgen Hallen" oder die Bildnisarie "leicht und heiter" nennt, verwendet diese Ausdrücke in einem ziemlich seltsamem Sinn. Und wer die entsprechenden Unterschiede zwischen allen diesen Stücken nicht wahrnimmt, sondern das gesamte Werk schlicht als heiteres Märchen ist einfach kein besonders guter Zuhörer.



Nein, für meine These Mozarts Musik sei generell von leichtem, heiteren Charakter reicht der Don Giovanni vollkommen aus, zumal dieses Beispiel bereits in der Ouvertüre demonstriert, dass Mozart selbstverständlich "auch anders konnte".


Die These ist Unsinn, sorry. Oder ein undifferenzierter Gebrauch dieser Adjektive,



Mozart spricht halt ein bestimmtes Bedürfnis eher an. Auch während des Don Giovanni immer wieder. Es gibt genügend Leute, die mit Wagner und Beethoven nicht so viel anfangen können.


Und umgekehrt, wie dieses Forum oder diese eigenartige Diskussion zeigen, gibt es auch Leute, die mit Mozart nicht so viel anfangen können. Ja und? Wie kommst Du darauf, dass man hier im Falle Mozarts von *einem* bestimmten Bedürfnis sprechen und die Attraktivität auf dessen Bedienen festlegen könnte? Welches Bedürfnis spricht denn Wagner an? Auch nur ein bestimmtes oder mehrere?
mackimessa
Stammgast
#39 erstellt: 13. Dez 2011, 03:44
Ja der Mozart ! Immer irgendwie verkannt. Wagner, Beethoven, Schumann, Schubert, Liszt und Haydn um nur mal die populärsten zu nennen werden häufig für Bedeutender genommen und besonders natürlich Beethoven und Haydn sind alleine durch ihre immense Schaffens Vielfalt sicher auch insgesamt ergiebiger, wenn es um herausragende Sinfonien geht. Doch finde nicht nur ich dass es nur 3 Götter der Klassik gibt : Bach, Mozart & LvB. Haydn steht nicht weit hinter diesen Größen zurück ihm fehlt aber etwas die Dramatik und Tiefe durch sein doch langes und erfolgreiches gutes Leben.
Über Bach brauchen wir uns ja nicht zu unterhalten - Die Formsprache wurde mit ihm auf ein ganz neues Niveau gebracht und Mozart hat das natürlich verstanden. Was mir bei der doch bisher leider recht oberflächlichen Beschäftigung mit seiner Musik aufgefallen ist - die schiere Freude am Überfluss, es sprudelt nur so aus ihm heraus und wenn man denkt : Wow, das war's jetzt aber setzt er gerne noch mal ein paar völlig unerwartete Glanzlichter.
Besonders gut nachzuhören bei den Klavier Sonaten gespielt von Vlado Perlemutter. Die Aufnahmen mögen nicht zu den besten gehören aber die Präzision mit der Vlado Mozart zum Besten gibt passt einfach super. Bei Gould oder Barenboim denke ich oft jetzt höre ich eine Interpretation von WA Mozart. Bei Vlado scheint der Schalk von Amadeus durch.
Ganz Großes Kino.
Trotz seiner anfänglichen Abneigung gegenüber Blas Instrumenten gefallen mit besonders die Flöten Konzerte 35 mit Maurica Andre (HvK) u.
Sinfonien Sir Charles Mackerras mit dem SCO - Toll die hoch bit Fassungen von LINN von 39-41 -aber auch der 10 CD Set aus den 90ern mit den Pragern ist empfehlenswert. Zu den Opern da bin ich für Die Zauberflöte. Kein anderes Werk hab ich so oft gehört. Sehr schön Rene Jacobs neue Fassung..
Karajan hat auch so einige Glanzlichter mit Mozart eingespielt : Der Haffner, Krönunsmesse Te Deum, Requiem etc. pp.
Übrigens habe ich gerade erst eine sehr schöne CD mit dem Violinen Konzert No 1 gekauft - Pinchas Zuckerman mit dem Saint Paul Chamber Orchester - hervorragend. Ebenfalls empfehlenswert Anne Sofie Mutter mit ihrem 5 CD Mozart Set, Die Violine ist also durchaus würdig vertreten. Allerdings mehr als Solo Instrument, denn als Kammer Musik - das war WA Mozart's ding gar nicht. Das Höfische Städtische Großartige war sein Metier...
Dennoch mag ich Haydn's Streich Quartette insgesamt lieber und auch Beethoven's Symphonien haben doch noch mehr Ausdrucks Tiefe, aber das hat sicher viel zu tun mit der Zeit, in der jeder lebte und arbeitete. Ausserdem kenne ich auch viel mehr von Beethoven als von Mozart. Trotzdem ganz großes Tennis !


[Beitrag von mackimessa am 13. Dez 2011, 04:14 bearbeitet]
Joachim49
Inventar
#40 erstellt: 13. Dez 2011, 12:24
Hallo Mackimessa,
so manches von dem was du schreibst reizt zum Widerspruch. Am meisten wohl, die Kammermusik sei nicht Mozarts 'Ding' gewesen (vielleicht ist sie nicht DEIN Ding).
26 Streichquartette, worunter 9 gewichtige Werke sind, die Haydn zeigen, dass auch er (Mozart) die Kunst versteht.
5 Streichquintette (sie sind einsame Klasse, gewiss doch für ihre Zeit - die Boccherini Fans mögen mir verzeihen.)
Ein herrliches Klarinettenquintett.
Ein ganz aussergewöhnliches Streichtrio, dessen harmlose Bezeichnung Divertimento sehr irreführend ist (K 563)
Ein Trio für Klarinette und Streichinstrumente (Kegelstatt)
Ein paar Flötenquartette, 12 Klaviertrios (die Hälfte 'reife' Werke), 16 'richtige' Violinsonaten, die einen unglaublichen Reichtum an Einfällen zeigen ....
Die Bläserserenaden, worunter die unvergleichliche Grand Partita (wenn man die noch Kammermusik nennen will).
Mozart mochte (angeblich) die Flöte nicht, aber die Klarinettenfamilie hat er heiss geliebt.
Herbert von Karajan traue ich so manches zu, aber er wird die Flötenkonzerte wohl kaum in einer Transkription für Trompete aufgenommen haben. Ich nehme an, dass Aurel Nicolet den Flötenpart gespielt hat. Aber Mozart war sein (Karajans) Ding nun ganz gewiss nicht.
Interessant aber der Hinweis auf Vlado Perelmutter, der selbst in Frankreich nur von ein paar Kennern geschätzt und gepriesen wird.
Freundliche Grüsse
Joachim
Frank1970
Stammgast
#41 erstellt: 13. Dez 2011, 12:33
Hallo zusammen,

Joachim49 schrieb:
Ein ganz aussergewöhnliches Streichtrio, dessen harmlose Bezeichnung Divertimento sehr irreführend ist (K 563)


Was ich nur bestätigen kann, nachdem ich es gerade gestern erst kennengelernt habe!

Und zwar in dieser Version hier:
jpc.de

Gab es hier günstig zum Download.

Viele Grüße
Frank
Kreisler_jun.
Inventar
#42 erstellt: 13. Dez 2011, 16:35

Joachim49 schrieb:

26 Streichquartette, worunter 9 gewichtige Werke sind, die Haydn zeigen, dass auch er (Mozart) die Kunst versteht.


Nach der üblichen Zählweise sind es 23 (vermutlich hast Du die Divertimenti KV 136 oder so mitgezählt), jedenfalls aber 10 reife (14-19 "Haydn", 20: KV 499 "Hoffmeister" und 21-23 "Preußische") Quartette



Ein paar Flötenquartette, 12 Klaviertrios (die Hälfte 'reife' Werke), 16 'richtige' Violinsonaten, die einen unglaublichen Reichtum an Einfällen zeigen ....


Wie kommt man auf 12 Trios? Üblicherweise zählt man 6, wobei ein relativ frühes Divertimento schon dabei ist und das Kegelstatt. Ich finde keine Info zu frühen Trios.
(Selbst mit den späten Trios bin ich seltsamerweise bisher nicht recht warm geworden, außer Kegelstatt natürlich.)
Thomas133
Hat sich gelöscht
#43 erstellt: 13. Dez 2011, 16:53
Ist immer interessant was für Thesen sich da Einzelne zusammenreimen, nicht nur bei Mozart aber vor allem bei ihm immer wieder zu lesen/hören. Das Kammermusik nicht seins wäre ist genauso wie die These das er schon von Kind auf vollkommen fertig und vollendet war. Sorry wenn ich das so sagen muß, aber klingt kaum besser als die Meinung von Falco und Bohlen er würde heute das Gleiche wie sie machen.

Tatsache ist das Mozart seine kunstvollsten Kompositionen in der Kammermusik geschrieben hat, denn diese waren oftmals für rein private Aufführungszwecke bestimmt und konnte somit gerade hier seinen eigenen künstlerischen Ansprüchen (die sehr hoch waren mußte er sich nicht zwangsläufig einem gewissen Publikumsgeschmack oder dem des Auftraggebers beugen) sowie erproben neuer kompositorischer Ansätze nachkommen. Und gerade dieses Feld war es auch was Viele der nachfolgenden großen Komponisten besonders an Mozart schätzten. Schubert schrieb in einer Tagebuchaufzeichnung
„13. Juny 1816. Ein heller, lichter, schöner Tag wird dieser durch mein ganzes Leben bleiben. Wie von ferne leise hallen mir noch die Zaubertöne von Mozarts Musik. Wie unglaublich kräftig u. wieder so sanft ward’s durch Schlesingers meisterhaftes Spiel ins Herz tief, tief eingedrückt. So bleiben uns diese schönen Abdrücke in der Seele, welche keine Zeit, keine Umstände verwischen, u. wohlthätig auf unser Daseyn wirken. Sie zeigen uns in den Finsternissen dieses Lebens eine lichte, helle, schöne Ferne, worauf wir mit Zuversicht hoffen. O Mozart, unsterblicher Mozart, wie viele, o wie unendlich viele solche wohlthätige Abdrücke eines lichtern bessern Lebens hast du in unsere Seelen geprägt! – Dieses Quintett ist, so zu sagen, ein’s seiner größten kleinern Werke..."
Und Schubert selbst hatte es in den Gattungen Streichquartett und quintett auch zur höchsten Meisterschaft gebracht.

Die an Haydn gewidmeten Streichquartette sind kompositorisch komplexer als die meisten anderen Werke die Mozart geschrieben hat, bekannt ist daraus auch die vor allem für damalige Zeiten sehr ungewöhnliche Einleitung des Dissonanzen-Quartett. Hier ein link dazu, wo erklärt wird warum es sich hier um eine Klangreihe handelt welche erst im 20.Jhdt. aufkam.
http://www.klangreihenmusik.at/skriptum-mozart-01.php3

Aber auch der Rest dieser "Haydn-Quartette" lohnt sich einer Analyse und man sollte das besser tun bevor man lediglich mit "...ist nicht Mozarts Ding" Vorurteile, bislang mangelnde Beschäftigung oder wie von Joachim vermutet persönlich subjektive Geschmacksurteile damit preisgibt.

gruß
Thomas
mackimessa
Stammgast
#44 erstellt: 13. Dez 2011, 19:40
Hallo Thomas,
Sehr interessante Ausführungen, ich bin halt Neuling aber interessierter Neuling in Punkto Klassik und dachte bei Kammer Musik hauptsächlich an Streich Quartete und die gefallen mir von Haydn ausgesprochen gut - Vor allem die "Sonnenquartette" auf TACET. Das ist für mich die Krönung.
Kleine Auflistung der Mozart Einspielungen, die mir besonders gut gefallen:
Karajan ist oft dabei..

Anne Sophie Mutter - The italian Concertos DG DoCd
Alfred Brendel Artist's Choice Piano Concerto 17 und
Brendel Spielt Mozart.
Arthur Rubinstein & Guarneri Quartet - Collection CD 75
ABBADO & Chicago Symphony Orchestra - Horn Concerto No. 5
Abbado & Gulda No 25 & 27 Vienna Philharmonic Orchestra DG LP

Karajan - Linzer & Haffner Berliner DG LP
Karajan - Kathleen Battle & Wiener - MISA Cornonation & Bruckner TE DEUM DG CD
Karajan La Nozze De Figaro & Wiener Philharmoniker & Chor Der Wiener Oper EMI Classics
Karajan Maurice Andre - Horn concertos (!!!)

Glenn Gould - Piano Sonatas

Böhm & Berliner - Pariser Symphonien(!!!)
Karl Böhm & Wiener - Klarinettenkonzert !
Böhm , Maurizio Pollini & Wiener - Klavierkonzerte 23 & 19

HEIFETZ Living Stereo - Bach Mozart Brahms (Sinfonia Concertanto)

Immerseel & Midori - Les Grandes Viennoise Sonatas DoCD

Kathleen Battle Andre Previn & Royal Philharmonic Orchestra - Exsultate, jubilate Arias
Keith Jarrett - Mozart Rondos auf ECM (DoCD)
Piano Sonaten : Barenboim 5 CD und vor allem diese hier :
Perlemuter 4 CD auf VOX The 1956 MastersMozart - Piano Sonatas CD2


[Beitrag von mackimessa am 13. Dez 2011, 19:42 bearbeitet]
Thomas133
Hat sich gelöscht
#45 erstellt: 14. Dez 2011, 12:19

mackimessa schrieb:
Hallo Thomas,
Sehr interessante Ausführungen, ich bin halt Neuling aber interessierter Neuling in Punkto Klassik


Hallo,
bei so viel Reumut werd ich mal nicht so sein und verzeih deinen urteilenden Fauxpas.

Ein Tip für dich und auch für Andere die sich noch nicht intensiver mit Mozarts Musik auseinander gesetzt haben und wissen wollen was man denn überhaupt an seiner Musik konkret schätzen sollte, dem lege ich zB das Buch
"Mozart Seine Musik" von Wilhelm Sinkovicz nahe,
der darin alle Besonderheiten der wichtigen Werkgattungen mit den jeweils wichtigsten Werken erklärt dabei aber gerade für den Einsteiger und musikalischen Laien verständlich bleibt (für detaillierte Werkanalysen würde es dann wieder weitere Literatur geben) und es mit ca.130 Seiten kein allzu zeitraubendes Unterfangen ist.
Sinkovicz studierte Kompositions- und Musikwissenschaft, ist derzeit Musikkritiker und unterrichtet am Musikkonservatorium in Wien.

Über die an Haydn gewidmeten Quartette schreibt er zB
"...Auch (im Bezug zu Haydn) Mozarts Quartette sind von ungemein geschmeidiger Faktur, beweglich in allen vier Stimmen, die völlig unabhängig voneinander, doch in unvergleichlicher Harmonie geführt sind. Das Beispiel des Finalsatzes des ersten, im Dez. 1782 komponierten G-Dur-Werks (KV 387) ist symptomatisch für die Freiheit, die Mozart handwerklich erreicht hat. Hie strenge kontrpunktische Arbeit in den Fugeneinsätzen, da lichte, transparente, ja komödiantische Freiheit in den homophonen Verbindungsteilen, scheinbar Unvereinbares verschmilzt da unter dem übergeordneten Gesichtspunkt der Sonatenform zum harmonischen Ganzen.
Unter der anscheinend perfekt geglätteten Oberfläche finden sich von Satz zu Satz die kühnsten, ungeheuerlichsten Erfindungen und Freizügigkeiten. Man nehme nur die rythmisch-metrischen Verwirrspiele, die in allen sechs Werken mit der Menuett-Form getrieben werden. wer dazu den höfischen Tanz tanzen wollte, müßte kläglich scheitern. ...
Zuweilen findet der wagemutige Komponist in seinem so aufregend vielgestaltigen Werkzyklus Gelegenheit, seine souveräne Formbeherrschung für außermusikalische Zeichensetzung zunutzen...(des Weiteren die Ausführung von Constanzes Erinnerungen er hätte bei KV 421 die Geburt des Sohn Raimund Leopold in Tönen verschlüsselt)"


Ich traue mich zu behaupten das diese Intensitat an Kunstfertigkeit in diesen Werken allerhöchstens ein halbes Dutzend aller Komponisten der gesamten Musikgeschichte zu komponieren in der Lage waren (Viele grosse Namen würde ich hier ausschliessen behalte mir es aber vor diese zu nennen um nicht unnötig Glaubenskriege von manchen Anhängern zu entfachen)

Wir haben übrigens die gleichen Lieblingskomponisten, insofern kannst du mir glauben wenn ich dir sage das dir sicher etwas bislang entgangen ist indem du dich noch nicht näher mit Mozarts Kammermusik auseinandergesetzt hast. Den wichtigsten Satz dazu habe ich ja im Zitat fett markiert.

Übrigens- was ich noch sagen wollte - einige von dir erwähnte Komponisten werden nur innerhalb von Klassikkreisen (bei denen die Musikgeschichte erst ab der Romantik aufwärts beginnt) höher bewertet, bei der breiten Masse ist er ganz weit vorne...leider jedoch aus fragwürdigen Motiven heraus da hier oft gerade meist die seichtesten Stücke dafür als Synonym herangezogen werden ( wie zB kleine Nachtmusik oder der Vogelfänger bin ich ja)
Aber mir fiel auch auf das er bei den meisten grossen Dirigenten und Komponisten sehr angesehn und an vorderster Front ist und war und die werden wohl hoffentlich bessere Gründe als die breite Masse dafür haben.

gruß
Thomas


[Beitrag von Thomas133 am 14. Dez 2011, 12:23 bearbeitet]
Klassikkonsument
Inventar
#46 erstellt: 14. Dez 2011, 21:00

Kreisler_jun. schrieb:
Sondern dass "leicht und heiter" keine vernünftige Beschreibung von der volkstümlichen Komik der Papageno-Lieder, der lupenreinen Seria-Arien der Königin und der "klassisch-empfindsamen" Arien Paminas oder Taminos und dem "erhabenen" Stil der Priester und Sarastros ist. Wer "In diesen Heilgen Hallen" oder die Bildnisarie "leicht und heiter" nennt, verwendet diese Ausdrücke in einem ziemlich seltsamem Sinn. Und wer die entsprechenden Unterschiede zwischen allen diesen Stücken nicht wahrnimmt, sondern das gesamte Werk schlicht als heiteres Märchen ist einfach kein besonders guter Zuhörer.


Ja, Wolferls Musik ist ein Kosmos. Na und? Cherubinis und Haydns Musik sind zeitstilmäßig ganz nah dran, aber ich meine halt eine leichte und heitere Tendenz, fast bei allem, was ich gehört habe (z.B. Klavierkonzert Nr. 24 c-moll), vernommen zu haben, wenigstens immer wieder durchbrechend (außer vielleicht beim Requiem, müsste ich mal wieder hören).
Scheint mir halt ein Personalstil-Merkmal zu sein, das man mögen kann, aber nicht muss.
Ist es denn immer bloß ein Vorurteil, wenn Leute bestimmte Musik meiden? Ich meide Mozart nicht, auch wenn ich viele bedeutende Werke noch nicht kenne, und habe bereits einen ersten Eindruck davon, was zu der Zeit musikalisch sonst noch los war.



Nein, für meine These Mozarts Musik sei generell von leichtem, heiteren Charakter reicht der Don Giovanni vollkommen aus, zumal dieses Beispiel bereits in der Ouvertüre demonstriert, dass Mozart selbstverständlich "auch anders konnte".


Die These ist Unsinn, sorry. Oder ein undifferenzierter Gebrauch dieser Adjektive


Spannend am Don Giovanni ist doch gerade, dass diese Oper Komödien- und Tragödien-Eigenschaften vermischt, anders als die "reine" Tragödie Medée von Cherubini. Schon deshalb glaube ich, dass an meiner These was dran ist.
Auf der Bühne sterben zwar auch mal welche, aber wem Tragödien sonst zu streng sind, findet im DG auch was Heiteres.




Mozart spricht halt ein bestimmtes Bedürfnis eher an. Auch während des Don Giovanni immer wieder. Es gibt genügend Leute, die mit Wagner und Beethoven nicht so viel anfangen können.


Und umgekehrt, wie dieses Forum oder diese eigenartige Diskussion zeigen, gibt es auch Leute, die mit Mozart nicht so viel anfangen können. Ja und? Wie kommst Du darauf, dass man hier im Falle Mozarts von *einem* bestimmten Bedürfnis sprechen und die Attraktivität auf dessen Bedienen festlegen könnte? Welches Bedürfnis spricht denn Wagner an? Auch nur ein bestimmtes oder mehrere?


Er spricht natürlich nicht nur ein Bedürfnis an, aber es wird immer auch bedient. Sonst wäre er tatsächlich ein musikalischer Pralinenfabrikant. Das meinte ich aber nicht.

flutedevoix
Stammgast
#47 erstellt: 15. Dez 2011, 04:47

Mozart, wie ich ihn verstehe, war zweifellos ein Genie, das sich aber kompositorisch mehr oder weniger im Rahmen des damals Üblichen bewegte.


Das kann ich nur bedingt so sehen!
Wenn man sich den Einsatz der Hozlbläser in seinen Klavierkonzerten näher ansieht, dann wird man auch im Vergleich zu Konzerten seiner Kollegen feststellen, daß dies schon stark vom zeittypischen diefferiert. Man könnte in einigen Fällen fast schon davon sprechen ein Konzert für Klavier und Holzbläser solo mit Orchesterbegleitung vor sich zu haben.

Alles andere als im Rahmen des zeitüblichen ist Mozarts Opernschaffen. Im Vergleich zu Haydn oder Salieri, um die vielleicht heut bekanntesten zeitgenössischen Opernkomponisten zu nennen, fällt die hohe Charakterisierungskunst Mozarts auf, gerade auch was den Einsatz der Holzbläser als chrakterisierende Merkmale betrifft. hier ist vor allem die leider immer noch zu sehr unterschätzte Cosi fan tutte zu nennen.
Wilke
Inventar
#48 erstellt: 15. Dez 2011, 11:19
Hallo flutedevoix,

kannst Du mir ein oder zwei Konzerte nennen, wo bei den
Klavierkonzerten die Holzbläser stark zu hören sind?
Danke ralf
Kreisler_jun.
Inventar
#49 erstellt: 15. Dez 2011, 17:24

Wilke schrieb:

kannst Du mir ein oder zwei Konzerte nennen, wo bei den
Klavierkonzerten die Holzbläser stark zu hören sind?


Sehr deutlich in Nr. 24 c-moll KV 491 im Mittelsatz, der teils fast wie eine Bläserserenade klingt. Ähnlich in Nr.22 Es-Dur, ebenfalls besonders deutlich im 2. und 3. Satz. In diesen Konzerten (und Nr. 23) ist das u.a. so gut zu hören, weil das die einzigen mit Klarinetten sind, deren Farbwerte Mozart dann auch weidlich ausnutzt. Aber in Nr. 17 KV 453 oder 18 KV 456 findet man auch schon viele solistische Bläserstellen (Flöten, Oboen, Fagott).

Abgesehen von der Rolle der Bläser ist mir jedenfalls kein Konzert eines Mozart-Zeitgenossen (vor Beethoven) bekannt, bei dem das Orchester ein solches "sinfonisches" Gewicht hat, wie bei Mozart. Das betrifft natürlich nicht nur die Instrumentation, sondern auch den Ernst, die "Tiefe" und Komplexität der Stücke. Ich halte diese Entwicklung der (Klavier-)Konzertform für eine Leistung, die beinahe allein auf Mozart zurückgeht (selbst wenn sie mit Beethoven erstmal ein Ende findet und im 19. Jhd. eher vereinzelt und wieder in der Spätromantik).
Wilke
Inventar
#50 erstellt: 15. Dez 2011, 18:12
Danke Kreisler junior,
mal wieder ein Grund, Mozart zu hören!
gruß RAlf.
Kreisler_jun.
Inventar
#51 erstellt: 15. Dez 2011, 21:02

Klassikkonsument schrieb:

Kreisler_jun. schrieb:
Sondern dass "leicht und heiter" keine vernünftige Beschreibung von der volkstümlichen Komik der Papageno-Lieder, der lupenreinen Seria-Arien der Königin und der "klassisch-empfindsamen" Arien Paminas oder Taminos und dem "erhabenen" Stil der Priester und Sarastros ist. Wer "In diesen Heilgen Hallen" oder die Bildnisarie "leicht und heiter" nennt, verwendet diese Ausdrücke in einem ziemlich seltsamem Sinn. Und wer die entsprechenden Unterschiede zwischen allen diesen Stücken nicht wahrnimmt, sondern das gesamte Werk schlicht als heiteres Märchen ist einfach kein besonders guter Zuhörer.


Ja, Wolferls Musik ist ein Kosmos. Na und? Cherubinis und Haydns Musik sind zeitstilmäßig ganz nah dran, aber ich meine halt eine leichte und heitere Tendenz, fast bei allem, was ich gehört habe (z.B. Klavierkonzert Nr. 24 c-moll), vernommen zu haben, wenigstens immer wieder durchbrechend (außer vielleicht beim Requiem, müsste ich mal wieder hören).
Scheint mir halt ein Personalstil-Merkmal zu sein, das man mögen kann, aber nicht muss.


Ich glaube, dass immer noch "leicht und heiter" unterschiedlich verwendet wird.
Es ist unbestritten, dass eine komische Oper "heiter" verglichen mit einer Tragödie ist und dass der Instrumentalstil von Mozart, Haydn u.a. durchaus von der komischen Oper geprägt ist. Aber sie ist eben nicht "heiter" in dem Sinne wie ein Unterhaltungsfilm mit Peter Alexander. Insbesondere enthält die "Zauberflöte" eben neben den Papageno- und Monostatos-Passagen eine ausgewachsene Rache-Arie und viele andere Stücke, die überhaupt nicht heiter im üblichen Sinne sind. Es sei denn, man findet alles, was nicht wie Matthäuspassion oder Tristan klingt, heiter. Es ist einfach kein geeignetes Attribut für eine vernünftige Beschreibung.

Ich kann zB nicht nachvollziehen (und ich kenne von beiden beinahe alle bedeutenderen Werke, viele davon ziemlich gut), in welchem Sinne Mozart eher leicht und heiter sein sollte als Haydn. Haydn ist zB viel häufiger direkt witzig, aber auch "leicht und heiter". Man nehme einen Satz wie den mit dem Paukenschlag, auch wenn der ein Extrembeispiel sein mag. Ungeachtet der einen Variation in Moll ist der leichter, heiterer und witziger als fast alles in den Sinfonien 33-41 von Mozart.
Welche besondere Art von leichter Heiterkeit mozarttypisch sein sollte, die man nicht ähnlich oder deutlicher bei Haydn, Boccherini oder Johann Chr. Bach fände, weiß ich nicht.
Es scheint mir umgekehrt beinahe Konsens, dass Mozarts Musik erheblich leidenschaftlicher, "tragischer" sei als die dieser drei Komponisten. (Da spielen auch Klischees hinein, aber es ist einigermaßen nachvollziehbar



Ist es denn immer bloß ein Vorurteil, wenn Leute bestimmte Musik meiden?


Natürlich nicht immer. Aber wenn sie Mozart meiden, weil der halt leicht und heiter sei wie Lehar oder Peter Alexander, dann ist es ein Vorurteil, weil sie dann mit Mozarts Musiksprache nicht ausreichend vertraut sind.



Spannend am Don Giovanni ist doch gerade, dass diese Oper Komödien- und Tragödien-Eigenschaften vermischt, anders als die "reine" Tragödie Medée von Cherubini. Schon deshalb glaube ich, dass an meiner These was dran ist.
Auf der Bühne sterben zwar auch mal welche, aber wem Tragödien sonst zu streng sind, findet im DG auch was Heiteres.


s.o. Trivialerweise ist Don Giovanni in diesem Sinne "heiter", dass es keine Tragödie ist. Aber nicht in dem Sinne eines Schwanks mit Scheinkonflikten, die sich in Wohlgefallen auflösen. Es geht schließlich um Mord, Vergewaltigung, Nötigung usw.
Meinst Du wirklich, Mozart sei so beliebt, weil es keine echte Tragödie in seinen Opern gibt und nur eine ziemlich bekannte "ernste Oper" (Idomeneo)? Und weil viele Menschen Tragödien nicht aushalten (warum sind dann Tosca oder La Boheme noch beliebter als Mozarts Opern)?
Warum ist Wagner so beliebt? Weil es nur ein bißchen Pseudokomik in den Meistersingern (oder Spott gegenüber Kreaturen wie Mime) gibt?
Das sind doch extrem äußerliche Merkmale, die über die Details dieser Musiktheaterstücke gar nichts aussagen.
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