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Liszt, Franz: nicht so beliebt?

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Autor
Beitrag
Wilke
Inventar
#1 erstellt: 19. Jan 2011, 13:03
Liebe Klassikfreunde,
ich habe mal die Suchfunktion benutzt und relativ wenig
zu Liszt gefunden. warum ist dieser Komponist nicht so beliebt? gruß wilke
Steffen_Bühler
Inventar
#2 erstellt: 19. Jan 2011, 13:47
Zu Liszt selber kann ich nicht viel beitragen, mein Favorit ist er auch nicht.

Interessanterweise aber läuft im Capriccio-Forum gerade ein Liszt-Thread [1], aus dem mir ein Satz im Kopf geblieben ist:


Wie aber steht es um Liszts Bedeutung als Komponist? Ein fast schon zum Topos gefrorenes Urteil lautet, Liszt sei größer als Anreger denn als Schöpfer großer Werke gewesen.


Natürlich widerstrebt es mir, auf Konkurrenz-Foren hinzuweisen, aber Du kannst da ja mal reinschauen.

Viele Grüße
Steffen

[1] http://www.capriccio...ler-möglichen-orden/
Wilke
Inventar
#3 erstellt: 19. Jan 2011, 15:11
Danke für den Hinweis! ist doch eine Bereicherung,auch mal in andere Foren reinzuschauen. gruß Wilke
Joachim49
Inventar
#4 erstellt: 20. Jan 2011, 01:23
Ich habe 35 CD mit Liszt ..... und ich höre sie fast nie. Vieles ist mir zu leicht, zu bombastisch oder zu langweilig (das sind wahrscheinlich so ziemlich alle gängigen Vorurteile in einem Satz). Mag sein, dass meine Symphonischen Dichtungen vom Billiglabel Brilliant (Budapest Symphony O. - Arpad Joo) nicht das Optimum rausholen, jedenfalls haben mich die Aufnahmen nicht gereizt mir eine renommiertere Box (Masur?) zuzulegen. Die Opernparaphrasen sind zwar erträglicher als die schmalzigen Originale aber sind halt auch nur ein bisschen Entertainment. Professor Brendel hat sich zwar am Piano und in Schriftform für den verkannten Komponisten stark gemacht, aber trotzdem sind es nur wenige Stücke aus den "Annees de Pelerinage I + II) die mich reizen können. Und das dritte Buch der "pelerinage" ist mir wegen seiner extremen Reizlosigkeit ein Rätsel. Wirklich schön sind viele der Schubertrtranskriptionen, aber das liegt wohl vor allem an Schubert. Die Dantesymphonie und die Faustsymphonie waren auch eine Quälerei, der ich mich auch nur unterzogen habe, um damit anzugeben, dass ich sie mal gehört habe (allerdings sollte ich vielleicht versuchen die Aufnahme(n?) mit Bernstein zu bemächtigen. Wenn das nicht hilft, wird wohl nichts helfen. Die Ungarische Phantasie ist natürlich schön, aber wenn man sie ein paar mal gehört hat, reicht's. Beim Oratorium "Christus" bin ich wahrscheinlich eingeschlafen, denn ich habe keinerlei Erinnerung. "Via crucis" werde ich wahrscheinlich mal wieder anhören, wenn die Fastenzeit eine gewisse Zurückhaltung im Genussleben erfordert
Bleibt die h-moll Sonate, die ich in einer Uraltaufnahme mit Horowitz habe, die ich aber sicher mit Argerich und Grimaud noch hören möchte. Argerich kann nicht schlecht sein, und für Hélène habe ich eine Schwäche ganz egal was und wie sie spielt.
Ammeisten kann ich mich wahrscheinlich mit den Konzerten anfreunden und die Orchestrierung der Wandererfantasie (Bolet-Solti) und der Totentanz (Bolet-Ivan Fischer) haben mich angenehm überrascht.
Aber in den meisten Fâllen stört mich die aufprotzende Vituosität oder die Langeweile.
Freundliche grüsse
Joachim


[Beitrag von Joachim49 am 20. Jan 2011, 01:27 bearbeitet]
Wilke
Inventar
#5 erstellt: 20. Jan 2011, 05:30
vielen Dank Joachim für Deinen ausführlichen Kommentar.

Langweilige Komponisten und Kompositionen sind auch nicht so mein Ding. Wie gefällt Dir denn im Klavierbereich Satie?

würdest Du ihn auch als langweilig einstufen? gruß ralf.
Steffen_Bühler
Inventar
#6 erstellt: 20. Jan 2011, 11:34

Joachim49 schrieb:

Ammeisten kann ich mich wahrscheinlich mit den Konzerten anfreunden [...]
Joachim


Ja, mich als alten Brahmsianer sprechen die Klavierkonzerte auch noch am meisten an. Ich habe hier die Aufnahmen von Byron Janis und Andor Foldes, kann mich aber immer noch nicht entscheiden, welche mir mehr zusagt. Aber sonst sind mir's einfach auch zuviel Zweiunddreißigstel.

Viele Grüße
Steffen
Hörbert
Inventar
#7 erstellt: 20. Jan 2011, 12:10
Hallo!

Gerade die Klavierkonzerte von List sagen mir nun gar nicht zu, eher schon Werke wie die wenig bekannten Spanische und Rumänische Rhapsodie, dann das Petraca-Sonett und die Dante-Sonate. Listz´s Klaviermusik ist m.E. entschieden stärker interpretationsabhängig als das z,B, bei Chopin der Fall ist. Wer z.B. einmal die alten Aufnahmen von Simon Laszlo oder Luis Kentner gehört hat hat danach einen völlig anderen Liszt "im Ohr" als z.B. bei Horowitz dem m.E. Liszt überhaupt nicht sonderlich lag.

MFG Günther


[Beitrag von Hörbert am 20. Jan 2011, 19:33 bearbeitet]
op111
Moderator
#8 erstellt: 20. Jan 2011, 15:09
Hallo zusammen,

Liszt steht derzeit nicht so sehr im Mittelpunkt meines Interesses - ich habe mir aber vorgenommen, mich endlich mal mit den weniger populären Klavierwerken zu beschäftigen.
Am häufigsten gehört habe ich die h-moll-Sonate, die Faust-Sinfonie (bis auf den letzten Satz ) - die Solti-Aufnahme ist so etwas wie eine Ehrenrettung für das oft langweilig dargebotene Werk - und einige Tondichtungen.
Les Preludes kann ich nicht ertragen, Hamlet, Prometheus, Orpheus etc. schon eher.
Frank1970
Stammgast
#9 erstellt: 20. Jan 2011, 18:41
Hallo zusammen, Hallo Wilke,

bevor ich auf Liszt eingehe, hätte ich für dich Wilke die Anregung doch mal einen Thread zu eröffnen, in dem du noch allgemeiner nach Klaviermusik fragst, die es für dich noch zu entdecken gibt und wo du vielleicht mal schilderst, was du schon so kennst und wie dir dies gefällt. Natürlich nur, wenn du willst. Da passen das auch Satie und andere gut rein. Stelle ich mir spannend vor...

Zu Liszt: Auch bei mir gehört er nicht zu meinen Lieblingskomponisten. Eine Biografie habe ich trotzdem mal über ihn gelesen und war dort überrascht, wie oft geschildert wurde, dass Wagner etwas von ihm übernommen hat. Nun gehört aber bei mir Wagner sogar zu den Komponisten von denen ich noch weniger höre...

Liszts Tondichtungen liegen zwar bei mir zu hause - habe ich aber noch nicht gehört. Das Liszt-Werk, was ich wirklich liebe, ist seine h-moll-Sonate. Ich glaube, dies ist auch das Werk, was viele schätzen, auch wenn sie Liszt sonst nicht so mögen. Selbst mag ich noch die beiden Klavierkonzerte und den Totentanz sehr. Das Klavierkonzert Nr. 2 kann man sich übrigens auf youtube in einer, mir sehr gut gefallenden Interpretation, von Jenny Lin anhören.

Mit weiterer Klaviermusik Liszts habe ich bisher einige Anläufe unternommen. Aber weder mit den "Ungarische Rhapsodien" (Pizarro), noch mit den "Annees de Pelerinage" (Brendel/Kocsis), noch mit den "Etudes d'execution transcendante" (Ott) bin ich bisher so richtig warm geworden. Es sind da durchaus einige tolle Stücke/Stellen drin - aber in der Gänze ist meine Motivation zum wiederholt Anhören relativ gering. Noch am besten gefielen mir bisher die "Harmonies poétiques et religieuses" gespielt von Ciccolini (EMI). Vielleicht bedarf es aber auch bei mir nur noch etwas Zeit oder der richtigen Aufnahmen, bis der Funke überspringt. Ausschließen mag ich dies nicht...

Viele Grüße
Frank
Kreisler_jun.
Inventar
#10 erstellt: 20. Jan 2011, 23:03
Ich habe keine 35 CDs Liszt, schätzungsweise etwa 20.
Sinf. Dichtungen von Brilliant und ein paar einzelne, eine 5er-Box mit Cziffra, die Konzerte mit Cziffra, Richter, Van Cliburn, die h-moll-Sonate mit Cziffra, Horowitz, Argerich, Faust-Sinfonie (Bernstein) und noch ein paar verstreute Sachen. Eine CD mit zwei Beethoven-Sinfonien (Naxos), auch das für mich eher eine Kuriosität, die ich einmal angehört habe.

Bei den sinf. Dichtungen in der Brilliant-Box weiß ich nicht, ob ich die nie alle gehört habe, oder ob einfach nichts hängengeblieben ist. Habe gerade mit mäßiger Aufmerksamkeit ein davon gehört. "Heroide Funebre" ist etwa, wie ich es in Erinnerung hatte, eine Art Trauermarsch, fast doppelt so lang wie der aus der Eroica und insgesamt bei allem Respekt ein ziemlich langweiliger Schmarrn in meinen Ohren, kein Wunder, dass das kein Mensch kennt. Auch "Hungaria" finde ich kaum besser. "Hamlet" werde ich mal auf die Wiederhören-Liste setzen, auch wenn ich nicht unbedingt in Begeisterung verfallen bin.

Bei den Klavierwerken gefällt mir einzelnes schon ganz gut: Mephisto-Walzer, h-moll-Sonate, Totentanz. Aber wirklich berühren tut mich davon sehr wenig. Vermutlich müsste ich die Sonate noch besser kennenlernen. Sie ist, ebenso wie die Konzerte sehr interessant und raffiniert gemacht und sicher ein wirklich wichtiges Stück, aber auch hier gibt es viel Bombast in meinen Ohren und ich finde das alles ziemlich distanziert.

Oder was ich vorhin gehört habe, eine Auswahl mit Cziffra, inkl. dem Mephisto-Walzer, "Liebestraum", dem donnernden Trauermarsch "Funerailles" und den supervirtuosen koloristischen Sachen wie Wasserspiele, La Chasse, La Campanella, Ronde des Lutins. Das reicht von hübsch bis beeindruckend, aber ich würde wohl jedes beliebige der Chopin-Nocturnes dem Liebestraum deutlich vorziehen und so lapidar-grandios Funerailles auch sein mag, gegenüber ähnlichen Stücken bei Chopin wie dem Trauermarsch aus der b-moll-Sonate oder den Polonaisen As-Dur, c-moll und fis-moll, ist es mir zu gewunden, melodisch nicht einprägsam, zu bombastisch, für mich letztlich auch wieder etwas "kühl-distanziert".

Ich habe mir fürs Liszt-Jahr dennoch vorgenommen, mich etwas mehr mit seiner Musik zu befassen. (Via Crucis habe ich offenbar auch mal gekauft... gehört wohl noch nie...)

JK jr.
Wilke
Inventar
#11 erstellt: 21. Jan 2011, 11:26
Gestern habe ich mir von Liszt die Sonata "Apres une Lecture de Dante" angehört. Ich war begeistert!

Hätte nach den Nicht-Begeistert-Sein-Meldungen nicht gedacht,
dass Franz Liszt mir so gut gefällt.

werde weiter hören und berichten. gruß Wilke
Frank1970
Stammgast
#12 erstellt: 21. Jan 2011, 11:45
Hallo Wilke,

in welcher Aufnahme hast du denn "Après une lecture de Dante" gehört?

Diese "Fantasia quasi Sonata" gehört ja zum zweiten Buch "Italien" der "Années de pèlerinage". Hast du die ganzen "Années de pèlerinage"?

Nach deiner "Begeisterungs"-Schilderung hier, bekomme ich auch Lust mal wieder rein zu hören.

Viele Grüße
Frank
Wilke
Inventar
#13 erstellt: 21. Jan 2011, 12:23
Hallo Frank,

ich habe mir den Ziegelstein "The Ulitmate Piano Collection of the Century" von Brilliant gekauft.

Am Piano hat Lazar Berman sein Können gezeigt, die Aufnahmen stammen vom 22.November 1971.

Auf dieser cd sind noch enthalten: Mephisto Waltz Nr. 1,

"Etudes dèxecution transcendante" - aber nicht alle,
und die rhapsodie espagnole. Liebe Grüße Ralf.

PS. Mit welchem Kopfhörer hörst Du denn?
teleton
Inventar
#14 erstellt: 21. Jan 2011, 12:53
Hallo Liszt-Freunde und Wilke,

so ist das mit den Geschmäckern. Es hängt sehr viel davon ab mit welchen Komponisten man seine eigene Klassiklaufbahn begonnen hat.

Bei mir hatte alles nach Beethoven mit Liszt und Tschaikowsky angefangen.
Meine Schallplattenkassette der Sinfonischen Dichtungen Nr.1 - 13 und die Mephisto-Walzer Nr.1 + 2 mit Haiting/LSO (Philips).
Diese LP´s habe ich begeistert und oft gehört.
Spannungsgeladene Musik mit Power, die mich mit Sicherheit damals schon geprägt hat. Jedenfalls keine Schlafmusik mit Romanitikgedusel die mich langweilen könnte.
Ja, Liszt gehörte damals zu meinen ersten lieblingskomponisten (immer nach Beethoven !).

heute habe ich die ganzen Liszt-Werke natürlich auf CD:
Die wichtigsten Klavierwerke mit Richter und in zahlreichen Einzelaufnahmen.
Die Sonate h-moll wird man kaum besser hören als mit Richter !
Die Sinfonischen Dichtungen wieder mit Haiting (Philips) und in der hervorragenden GA mit Masur / Gewandhausorchester Leipzig (EMI) und in Einzelaufnahmen mit Solti (Decca).
Die Faust-Sinfonie mit Solti (Decca); mit Ansermet (Decca) auf LP (Großartige Int.- steht zum Verkauf) die fantastische Dante-Sinfonie mit Aronowitsch (Eurodisc) - hier nimmt Liszt Schostakowitsch vorweg !

Ganz groß die Werke für Klavier und Orchester (nicht nur die KK Nr. 1 und 2) mit Beroff/Masur (EMI) in der Liszt-GA-Box. Viele schätzen Masur wenig - hier hat er die besten Aufnahmen seiner Laufbahn gegeben.

Bei den Klavierkonzerten Nr.1 und 2 kommt keiner an der Aufnahme mit Richter/Kondraschin ( Philips) vorbei - das ist die Referenz !
Ich habe noch Brendel / Haiting (Philips), die Beide nicht ganz die erforderliche Emotion mitbringen und Zimerman/Ozawa (DG), der klanglich hervorsticht, mir aber Pausen einbaut, wo ich keine sehe !
Beide CD´s beinhalten noch den fantastischen Totentanz für Klavier und Orchester; sehr gut war auch meine alte RCA-LP mit Janis/Reiner. Das ist eines der wohl pianistisch schwierigsten Werke überhaupt und hochvirtuos. An der Spitze sehe ich hier Berfopff/Masur (EMI) Da geht die Post ab - ganz meine Musik !

Dann nicht zu vergessen die Ungarischen Rhapsodien für Klavier Nr.1-19.
Einige hat Liszt für Orchester anders Nummeriert dann als Ungarische RH Nr.1-6 herausgegeben. Die Aufnahme mit Dorati/LSO, in der auch das ungarische Soloinstrument Zimbal nicht fehlt, ist einzigartig und enthält zudem die Enescu-Rumän.RH Nr.1 in ungeahnter Emotionalität.

Ich werde Liszt immer mögen ! Tolle Musik, tolle werke und nicht langweilig ...


Hallo Frank1970,

die Liszt-Dichtungen hattest Du ja von mir gekauft - A.Joo. Bei Deiner Kaufwut ist es einerseits nicht so verwunderlich, dass Du diese noch gar nicht gehört hast, andererseits Schade was Dir entgeht.

Ich empfehle Dir mit der S.Dichtung Tasso lamento e tronfo zu beginnen. Les Preludes , die Bekannteste, kennst Du bestimmt ? Im Gegensatz zu op111, der das Werk nicht mehr hören kann, schätze ich das Werk von Anfang an sehr !
Die Spitzenaufnahmen sind in meiner Reihenfolge
Fricsay (DG), Karajan (DG), Masur (EMI), Solti (Decca).
Wilke
Inventar
#15 erstellt: 21. Jan 2011, 13:12
Danke Wolfgang,
ich bekomme Appetit auf mehr!

Lustig, morgen fahre ich in meine "zweite Heimatstadt Bonn", in der ich schon 10 Jahre nicht mehr war.

Ja, die Geschmäcker sind - zum Glück verschieden.

Es kann eben nicht immer nur Mozart, Bach oder Beethoven sein.

Liebe grüße ralf
Martin2
Inventar
#16 erstellt: 21. Jan 2011, 19:35
Na, das ist ja schön, daß sich mit Wolfgang (Teleton) noch ein Lisztfan geoutet hat. Ich selber gehöre zu der Fraktion der Skeptiker. Auch Solti wußte mich nicht für die Tondichtungen zu begeistern. Den Totentanz mag ich nicht, die Klaviermusik finde ich langweilig.

Es bleibt dann doch meistens immer bei den paar Werken, die hier genannt worden sind. Ganz oben steht die h moll Sonate. Les Preludes fetzt. Die Klavierkonzerte, vor allem das 2., sind gar nicht mal so schlecht. Teilweise die ungarischen Rhapsodien.

Es wird mit Sicherheit mehr geben, aber ich habe schlicht keine Lust, mich durch 100 langweilige Sachen zu hören.

Gruß Martin
teleton
Inventar
#17 erstellt: 22. Jan 2011, 14:45

Zitat Wilke:
Ja, die Geschmäcker sind - zum Glück verschieden.



Zitat martin:
Den Totentanz mag ich nicht


Unglaublich, dass man dieses fetzige Meisterstück Totentanz für Klavier und Orchester nicht mögen kann !??! Mich hatte es schon in meiner Jugend auf der Janis/Reiner-RCA-LP total aufgewühlt und für Liszt schwärmen lassen.
Das Werk wurde und wird ewig als TOP-Krönung im privaten Hörprogramm gesehen. Von dem Stück kenne ich jedes Detail.

Von daher hat mich auch die im Klang sehr gute Aufnahme mit Zimerman/Ozawa (DG) etwas verstört, da Zimerman neue Aspekte einbringt, Pausen an Stellen setzt, die die Spannung unterbrechen. Bei Tamino hatte ich einen langen ausführlichen Beitrag dazu geschrieben, der aber ohne Resonanz blieb, weil warscheinlich keiner meine Intentionen nachvollziehn konnte.

Wäre ich Pianist oder Dirigent, würde dieses hochvirtuose Werk oft auf dem Programm stehen ....

Aber Wilke hat es gesagt - so ist das mit dem Geschmack. Der sich diesesmal bei martin und mir nicht deckt !

@martin
Höre Dir mal den Mephisto-Walzer Nr.1 in der Klavier und Orchesterversion an. Das ist eine weiteres Liszt-Meisterwerk ... könnte Dich für Liszt mehr überzeugen.
AladdinWunderlampe
Stammgast
#18 erstellt: 29. Jan 2011, 03:52
Liebe Liszt-Verehrer und -Skeptiker,

ich zähle mich zur - offenbar mehr und mehr aussterbenden - Fraktion der Liszt-Bewunderer. Ich halte Franz Liszt vor allem auf harmonischem, strukturellen und formalen Gebiet für einen der ganz großen Experimentatoren der Musikgeschichte und sehe ihn in seiner Bedeutung mit seinen großen Generationsgenossen Schumann und Wagner durchaus auf einer Höhe. Liszts Einfluss auf seine Zeitgenossen wie auf nachfolgende Komponistengenerationen ist immens - und übertrifft möglicherweise sogar den Wagners (der dafür seine Spuren auch in allerlei Nachbardisziplinen - Philosophie, Literatur, bildende Kunst - hinterlassen hat). Verblüffend ist, wie unterschiedlich die Komponisten sind, die sich von ihm haben beeinflussen lassen: Wagner und Strauss natürlich, aber auch Borodin, Tschaikowski, Skrjabin, Franck, Saint-Saens, Ravel,Schönberg und Bartok - von den ganzen komponierenden Pianisten des späten 19. Jahrhunderts gar nicht erst zu reden. Allein die Buntscheckigkeit dieser Komponistenliste deutet bereits an, wie vielfältig die Anregungen waren, die von Liszts Musik ausgingen.

Nun muss - wie bereits aus dem Zitat in Steffens Beitrag hervorging - ein großer Anreger nicht notwendigerweise auch ein großer Komponist sein. Und nichts liegt mir ferner, als jedes Musikstück Liszts für ein Meisterwerk zu halten. Liszt hat unheimlich viel komponiert und seine eigenen Werke wieder und wieder bearbeitet, er hat herumexperimentiert, hat sehr bewusst unterschiedliche Anforderungsbereiche bedient - hochfliegend Symponisches steht neben schlichtester liturgischer Gebrauchsmusik, Experimentelles neben virtuosen Petitessen. Anders als beispielsweise Brahms oder Berg hat er weniger Gelungenes nicht zurückgehalten; längst nicht alles scheint mir daher für die Ewigkeit gedacht zu sein; sicherlich ist der "Ausschuss" bei ihm höher als bei Schumann oder Brahms. Und bei manchen Werken scheint mir darüber hinaus das Konzept interessanter zu sein als die Ausführung.

Letzteres betrifft aus meiner Sicht unter anderem einen Teil der Symphonischen Dichtungen. Einige der strukturell dichtesten und formal interessantesten Werke - Ce qu'on entend sur la montagne beispielsweise oder Die Ideale, die beide ungemein schöne Momente enthalten - kranken meines Erachtens daran, dass die thematische Erfindung zu blass ist, um die weitläufigen symphonischen Sätze wirklich zu tragen. Und Liszts Neigung zu triumphalen Schlussapotheosen verleidet mir einige seiner ansonsten kühnsten Werke - zum Beispiel die Symphonische Dichtung Prometheus mit ihren aufregenden Quartschichtungen oder Tasso mit seinem wunderbar melancholischen Hauptthema; in beiden Fällen wird hier anfänglich sehr spannende Musik für mich durch die gewaltsamen Dur-Umdeutung der lärmenden Schlussabschnitte ruiniert.
(Nicht, dass ich grundsätzlich etwas gegen triumphale Apotheosen hätte: In Les Préludes beispielsweise ist die grandiose Reprise des Hauptthemas innerhalb des motivisch dicht gewobenen und zugleich verblüffend vielfältigen Formprozesses weiträumig vorbereitet; und auch das schwungvoll-triumphale und rhythmisch raffinierte Schlussgruppen-Thema aus dem ersten Satz der sowieso vor bewundernswerten thematischen Einfällen nur so strotzenden Faust-Symphonie hat musikalisch-dramaturgisch seine volle Berechtigung.)

Auf der anderen Seite aber hat Liszt aus meiner Sicht mehr als genug durch und durch gelungene Werke hinterlassen, um mich über solche Schwächen hinwegsehen zu lassen. (Wollte man hier kleinlich sein, so müsste man sich auch über manchen Bombast bei Berlioz, über Biedermeierliches bei Schubert, Salon-Süßlichkeiten bei Chopin, über plärrige dritte Themen und schematische Formverläufe bei Bruckner, über mamsellhafte Schwerfälligkeiten bei Brahms und vieles andere mehr mokieren.) Daher möchte ich abschließend kurz andeuten, was mich an Liszt seit meiner Jugend bis heute fasziniert:

1. die vielfältigen Ansätze, Mehrsätzigkeit in der Einsätzigkeit zu realisieren, wie Liszt sie nicht nur in der h-Moll-Sonate, sondern unter anderem auch in den beiden Klavierkonzerten, in Les Préludes oder der großartigen Fantasie und Fuge über den Choral "Ad nos, ad salutarem undam für Orgel entfaltet hat.

2. die kühne Chromatisierung der Harmonik, unter anderem in Orgelwerken wie den Variationen über "Weinen, Klagen, Sorgen, Zagen" oder Fantasie und Fuge über B-A-C-H.

3. die bewundernswerte Fähigkeit zur Thementransformation verbunden mit dem Vermögen, aus kleinen, abstrakten Keimzellen vielfältige musikalische Charaktere zu entwickeln, so etwa wiederum in der h-Moll-Sonate, in der Faust- und in der Dante-Symphonie sowie im furiosen Totentanz und den den Variationen über "Weinen, Klagen, Sorgen, Zagen".

4. die Entdeckung neuer pianistischer und orchestraler Valeurs, so etwa in dem auf Ravel vorausweisenden Klavierstück Les jeux d'eaux à la Villa d'Este oder im thematisch eigentümlichen und harmonisch wie klangfarblich faszinierenden Purgatorio-Satz der Dante-Symphonie.

5. die Entwicklung eines neuen, eigenständigen Typus "poetischer" Klavierstücke, der sich stärker als jeder andere seiner Zeitgenossen und Nachfolger von den Vorbildern Schumanns und Chopins löst - so vor allem in den drei Bänden der Années de pélerinage (etwa im eindrucksvollen Vallée d'Obermann, den drei harmonisch exquisiten und melodisch zauberhaften Sonetti del Petraca, dem kühnen Après une Lecture de Dante: Fantasia quasi Sonata und den beiden Threnodien Aux cyprès de la Villa d'Este) sowie in den Harmonies poétiques et religieuses" (so vor allem in der Bénédiction de Dieu dans la solitude und in Funérailles).

6. das gezielte Experimentieren mit neuartigen Verfahren der harmonisch-melodischen Tonsatzorganisation (Quartschichtungen, Ganztonleitern und übermäßige Dreiklänge, unaufgelöste Dissonanzen usw.)
vor allem in abweisend-kargen späten Klavierstücken wie den veschiedenen Versionen des berührend-resignativen La lugubre gondola, dem beinahe bartók-artigen Csárdás macabre, der diabolischen Bagatelle sans tonalité, dem ausgeblichenen Prä-Impressionismus der Nuages gris, aber auch in Liszts seltsamster Symphonischen Dichtung, dem versonnen Spätwerk Von der Wiege bis zum Grabe.

7. der weit über die Romantik hinausweisende Mut zum Unversöhnten, Gebrochenen, Fragmentarischen, zu kargen, harten, rauen Klängen, so in der faszinierend-abgedunkelten, jede Verklärung oder Apotheose meidenden Symphonischen Dichtung Hamlet, im fragmentierten Orchesterapparat der merkwürdig im Nichts verrinnenden Symphonischen Dichtung Von der Wiege bis zum Grabe, in den Düsternissen des dritten Bandes der Années de pélerinage sowie in den kargen Texturen der späten Klavier-, Orgel-, Kammermusik- und Chorwerke (zum Beispiel Via crucis).


"Mein" Liszt ist also nicht unbedingt derjenige der Ungarischen Rhapsodien (die freilich geniale Unterhaltungsmusik sind) oder der rattenfängerischen pianistischen Virtuosennummern; andererseits ist Virtuosität kein Manko, wenn sie - wie in Klavierkonzerten, im Totentanz oder der h-Moll-Sonate - zur Darstellung der musikalischen Substanz gehört. (Auch die Entwicklung eines neuartigen Klavier- und Orgelstils gehört natürlich zu den Verdiensten des Komponisten.) Und zweifellos zählt die Pseudo-Folklore der Rhapsodien genauso wie die cäcilianistischen Schlichtheiten mancher Chorwerke, die chromatischen Exzesse der Orgelwerke und die radikalen harmonischen Kühnheiten der späten Klavierwerke zur verwirrenden musikalischen Vielsprachigkeit Liszts. Diese Vielsprachigkeit größeren Hörerschichten zu erschließen, die ansonsten nur den Tastenvirtuosen und Salonlöwen Liszt wahrnehmen, wäre nicht die geringste Wirkung, die ein Liszt-Jahr wie das jetzige haben könnte.



Herzliche Grüße
Aladdin


[Beitrag von AladdinWunderlampe am 30. Jan 2011, 03:33 bearbeitet]
Wilke
Inventar
#19 erstellt: 29. Jan 2011, 07:13
danke Aladdin für Deinen tollen informativen Beitrag.

Vielen Dank auch für Deine Werkhinweise, gerade für mich als
Klassikanfänger bzw. leicht fortgeschrittem Klassikliebhaber
ein mich weiterbringender Hinweis, der mich weiterhin dazu veranlassen wird, Lists Vielfäligkeit auszuprobieren und hoffentlicht auszukosten.Danke!

Liebe grüße ralf
op111
Moderator
#20 erstellt: 29. Jan 2011, 11:31
Vielen Dank für dein kompetentes und engagiertes Plädoyer für den vielleicht weniger populären aber kompositorisch zukunftweisenden Liszt, Aladdin!

Die unpopuläre Faust-Sinfonie gehört seit langem zu meinem "Stammrepertoire", obwohl ich sie sicher weniger häufig höre als z.B. Debussys Jeux und Weberns op.6, die ich von je her schätze.


AladdinWunderlampe schrieb:
(Nicht, dass ich grundsätzlich etwas gegen triumphale Apotheosen hätte: In Les Préludes beispielsweise ist die grandiose Reprise des Hauptthemas innerhalb des motivisch dicht gewobenen und zugleich verblüffend vielfältigen Formprozesses weiträumig vorbereitet; und auch das schwungvoll-triumphale und rhythmisch raffinierte Schlussgruppen-Thema der sowieso vor bewundernswerten thematischen Einfällen nur so strotzenden Faust-Symphonie hat musikalisch-dramaturgisch seine volle Berechtigung.)


Meine Einstellung zur Faustsinfonie hat eine sehr wechselhafte Geschichte. Anfangs habe ich sie meistens komplett in der Zweitfassung mit Chor gehört. Den Schlusspart habe ich wie manche naiven Wunderhorn-Episoden in den Werken Mahlers gesehen.
Später erschien mir der Schluss schwer erträglich.
In einer weiteren Phase schien mir nach dem ersten Satz (Faust) alles gesagt zu sein.
Mittlerweile höre ich wieder alle 3 Instrumentalsätze, wobei gerade vom chromatischen Mephisto-Satz eine besondere Faszination ausgeht.
In schwächeres Werk hätte in meiner Sammlung sicher nicht so lange überlebt.
Kings.Singer
Inventar
#21 erstellt: 29. Jan 2011, 17:43
Hi.

Momentan fehlt leieder wieder mal die Zeit hier aktiv mitzumachen (geschweige denn flächendeckend passiv zu rezipieren), aber ich möchte doch auch eine Lanze für Liszt brechen.

Beeindruckend finde ich seit längerem seine Klavier- und Orgelmusik. Nebenbei sei mir die kurze Werbung für unseren Fulder Domorganisten gestattet - er hat Liszts bekannte "Schlachtrösser" der Orgelmusik vorbildlich für Brilliant eingespielt, das damit auch einen der wenigen(?) Ausflüge in den SACD Bereich gemacht hat. Auf einer Ladegast-Orgel, wie auch Liszt sie erlebt hat.

amazon.de

Leider gibt es die SACD wohl bald nicht mehr (Produktion wohl eingestellt), aber die CD Version ist scheinbar noch länger verfügbar.
Es gibt eine zweite Einspielung von Kaiser auf der Domorgel in Fulda (DaCapo), bei der ich aufnahmetechnisch aber kleine Abstriche verbuchen würde. Leider, leider! - Ein tolles Instrument.

Worauf wollte ich denn eigentlich hinaus? Ja, Liszt-Jahr 2011. Ich werde in den Genuss kommen zwei seiner bekannteren Werke singen zu dürfen: Sein monumentales Oratorium "Christus" (laaaaaang) und seine Ungarische Krönungsmesse für 'Franz & Sissi'.
Christus haben wir nun schon einmal angesungen und ich muss sagen, dass ich recht begeistert war. Er trifft genau den Ton der Botschaft, die dahinter steht. Bombast muss man sicherlich woanders suchen, aber er hat seine tiefe und innige Spiritualität 1:1 in diesem Werk verarbeitet. So zumindest mein erster Eindruck - haben bisher nur zwei Nummern angesungen. Gut möglich, dass sich der Eindruck noch wandelt...

Viele Grüße,
Alexander.
AladdinWunderlampe
Stammgast
#22 erstellt: 02. Feb 2011, 02:13
Liebe Liszt-Streiter,

damit dieser Thread angesichts aktueller Komponisten-Ranking-Scharmützel nicht in der Versenkung verschwindet, bevor das Liszt-Jahr überhaupt richtig angefangen hat, melde ich mich nochmal kurz zu Wort, weil mich die Probleme der Liszt-Skeptiker interessieren. Wo meine eigenen Schwierigkeiten mit Teilen aus dem Schaffen dieses Komponisten liegen, habe ich ja schon angedeutet.

Aber da ich heute nach längerer Zeit mal wieder die Faust-Symphonie mit großer Begeisterung gehört habe, hat mich doch verwundert, das ein so kluger und sensibler Musikkenner wie Joachim, dessen Einschätzungen und Urteile ich sehr ernst nehme, seine Höreindrücke von diesem für mich ungebrochen faszinierenden Werk mit dem vernichtenden Ausdruck "Quälerei" zusammenfasst.

Vielleicht wäre die Faust-Symphonie - oder irgend ein anderes Liszt-Werk - auch ein geeigneter Kandidat für ein gemeinsames Hören und Diskutieren hier im Forum, wie es ja vor einiger Zeit mal mit Bergs Lyrischer Suite sehr erfolgreich praktiziert worden ist? (Dass ich mich damals nicht beteiligt habe, lag übrigens nicht an Desinteresse an dieser von mir heiß und innig geliebten Komposition, sondern an der simplen Tatsache, dass in diese Zeit neben einigen weiteren Komplikationen die Geburt unseres zweiten Kindes fiel, so dass vordringlich ein paar andere Dinge zu erledigen waren...)



Herzliche Grüße
Aladdin


[Beitrag von AladdinWunderlampe am 02. Feb 2011, 02:15 bearbeitet]
teleton
Inventar
#23 erstellt: 02. Feb 2011, 13:36
Hallo KingSingers und Aladdin,

ich finmde es angemassen und gut, dass Du auch die Orgel-Werke von Liszt hier einbringst. Die hatte ich in minem letzten beitrag hier nämlich ganz unterschlagen - auch hier habe ich 2 begeisterungswürdige CD´s:

Darunter Präludium und Fuge über BACH, Evocation a la Chapelle Sixtine u.a.


Bei dem vernichtenden Urteil von Joachin, dass Aladdin anführt, erwähnt er in einem Atemzug auch die Dante - Sinfonie als "Quälerei".
Das kann ich nun gar nicht verstehen.

Warscheinlich hat er nicht die richtigen Aufnahmen erwischt !??! Und Bernstein (von dem ich bekanntlich der Riesenfan bin) hat hier wenig erbauliches beizutragen.
Ich finde er findet den Ton für Liszt generell nicht.

Wenn es um die Faust-Sinfonie geht, so ist die
Ansertmet-Aufnahme (Decca-SXL), die ich nur auf Doppel-LP habe und bei mir auf CD Solti (Decca) erste Wahl. Wer diese Aufnahmen hört wird diesen Werken kaum mehr eine solche negative Wertschätzung entgegenbringen.


Die Dante - Sinfonie ist in der Masur-Box (EMI) gut und einwandfrei; aber wenn man die alte aber klanglich ordentiche Stereo-Aufnahme mit dem Orchster des Bolshoi Theaters Moskau / Boris Khaikin (EurodiscLP) kennt, dann kann man meinen Komentar, das Liszt hier Schostakowitsch vorwegnimmt klar nachvollziehen.
Wie spannungsgelden man dieses Werk interpretieren kann, haben offenbar nur die Russen drauf !

Die Conlon-Aufnahme (APEX) ist auch nicht übel und klanglich TOP, aber an die alte russische unter Khaikin - nein, da kommt keine ran !
Frank1970
Stammgast
#24 erstellt: 02. Feb 2011, 14:34
Hallo zusammen,

zuerst kurz Off-Topic zu Ralfs (Wilkes) Frage zu meinem Kopfhörer: Ich höre meistens mit einem Beyerdynamic DT 880, der an einem Meier Audio Headfive Kopfhörerverstärker angeschlossen ist, der wiederum direkt an einem recht preiswerten Onkyo-CD-Player hängt. Außerdem habe ich noch eine AKG K 701, der meistens an meinem Computer hängt, da der Beyerdynamic zum Hören liegend im Bett angenehmer ist.

Zu Liszt: Habe in den letzten Tagen wieder mehr Liszt gehört. Ja Wolfgang, die Symphonischen Dichtungen habe ich dir abgekauft - nur hatte ich mich erst mal auf die vielen CDs aus der Hyperion-Reihe der Romatic Piano Concertos gestürzt (manche, wie z.B. der Scharwenka, könnten dir eigentlich auch gefallen), und der Liszt ist dann erst mal liegen geblieben. Habe aber nun Les Preludes und Tasso gehört. Les Preludes kam mir aber tatsächlich gar nicht bekannt vor, obwohl ich vorher schon die James Conlon Aufnahme hatte - womöglich habe ich sie noch nie von CD oder im Konzert gehört. Gefiel mir doch schon mal sehr gut und hörte ich mir direkt nach dem Tasso noch ein zweites mal an. Trotz der in Aladdins tollem Beitrag beschriebenen gelungen "triumphale Apotheose" in Form einer gut vorbereiteten "grandiose Reprise des Hauptthemas", habe ich doch eben mit dem Ende bisher die größten Schwierigkeiten.

Aber dies war doch schon mal vielversprechend. Nur damit ich sagen kann, dass ich einen Komponisten "liebe", bedarf es doch so einiger Stücke, von denen ich dann Interpretationen kenne, wo ich dann einfach "hin und weg" bin. Das mit den "Interpretationen" habe ich extra betont, da ich doch glaube, dass diese für mich gerade bei Liszt eine noch stärkere Rolle spielen, als bei anderen Komponisten. Die h-moll-Sonate hätte ich wahrscheinlich mit der Pollini-Aufnahme nie lieben gelernt - dieses analytische und recht emotionsarme Spiel lässt mich dort total kalt. Krystian Zimermans Aufnahme, war da schon ganz was anderes und nach mehrmaligem Hören vor vielen Jahren (Liebe auf den ersten Blick war es auch nicht), bin ich nun begeistert von dieser Sonate (inzwischen auch in etlichen anderen Interpretationen).

Meine relative Enttäuschung über Liszt rührt wahrscheinlich daher, dass ich die h-moll-Sonate so liebe, mich aber bisher fast alle seiner anderen Klavierstücke eher kalt lassen. Dies aber nicht in der Art, dass mir seine Musik gar nicht gefällt, sondern eher in der Art, dass sie so vieles verspricht - so verheißungsvoll ist - mich dann aber doch wieder nicht richtig "berührt".

Weitere Versuche der letzten Tage waren "Franz von Assisi predigt den Vögeln" in der Klavierfassung gespielt von Demidenko und Volodos. Wieder empfinde ich die Musik vom Kopf her reizvoll, ohne das sie mein Herz bewegt. Dann noch die "Dante-Symphonie" unter Conlon mit den Rotterdamern - ähnlicher Effekt. Letztere hörte ich in Vorbereitung auf dieses Konzert, welches ich heute besuchen werde, wenn ich es zeitlich schaffe:


02.02.2011 Mittwoch 20:00 Uhr
Kölner Philharmonie

Piotr Anderszewski Klavier
Knaben des Kölner Domchores
SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg
Sylvain Cambreling Dirigent

Claude Debussy / Rudolf Escher
Six épigraphes antiques (1914/1978) Bearbeitung für Orchester

Karol Szymanowski
Sinfonie Nr. 4 op. 60 (1932) für Klavier und Orchester "Symphonie concertante"

Franz Liszt
Eine Symphonie zu Dantes Divina Commedia S 109 (1855-1856) für Frauenchor und Orchester "Dante-Symphonie"


Weiterhin hörte ich auf Ralfs Anregung hin auch noch mal "Après une Lecture de Dante: Fantasia quasi Sonata" - zuerst von Helene Grimauds Debüt-Album dann von Brendel. Auch ein tolles Werk - geht ja ein Stück weit in die Richtung der h-moll-Sonate. Brendels Version fand ich hier etwas langweiliger gespielt, als bei Helene Grimaud. Aber dann das Wunder! Nach dem Brendel hörte ich einfach weiter mit den Annees de Pelerinage - nun das dritte Jahr gespielt von Zoltan Kocsis. Meistens hatte ich bisher Stimmen gehört, welche die ersten beiden Jahre mehr oder weniger toll fanden und das dritte dann nicht mehr so sehr (hier z.B. Joachim). Auch Brendel hatte wahrscheinlich so seine Gründe nach dem zweiten Jahr aufzuhören.

Doch, was soll ich sagen? Die ersten vier Stücke des dritten Buches (immerhin über 30 Minuten) gespielt von Zoltan Kocsis bewegten mich sehr -einfach toll! Danach hörte ich nur noch den Anfang des fünften Stückes, welches doch wieder dunkler und auch karger wurde und es mir trotz Kocsis tollen Spieles schwer machte es zu mögen, so dass ich erst mal meinem Schlafbedürfnis nachgab!

Und noch mal zu den Symphonien, auch da ich gerade sehe, dass Wolfgang noch etwas dazu geschrieben hat. Die Faust-Symphonie unter Conlon hatte ich vor ein paar Jahren mal gehört und war davon durchaus auch begeistert (mehr als von der Dante-Symphonie gestern). Verwunderlich eigentlich, dass ich sie bisher nicht wieder gehört habe - muss ich bald nachholen.

Wenn ich also Bilanz ziehe, dann sieht es bei mir doch gar nicht so übel aus für Liszt. Auch wenn ich mich mit neu kennengelernten Klavier- und Orchesterstücke oft recht schwer tue, so liebe ich immerhin:

- h-moll-Sonate (Zimerman, Demidenko, Argerich)
- Klavierkonzerte 1 & 2
- Totentanz
- Faust-Symphonie (Conlon)
- Annees de Pelerinage - die ersten vier Stücke des dritten Jahres (Zoltan Kocsis)

Viele Grüße
Frank
arnaoutchot
Moderator
#25 erstellt: 02. Feb 2011, 18:52
Nur ganz kurz, inhaltlich wurde es von Euch ja schon sehr gut dargestellt: Ich höre die meisten Klavierwerke sehr gerne, meine Lieblinge sind sogar die virtuosen transzendentalen Etüden, die ungarischen Rhapsodien oder die "Années de Pélèrinage" (alle drei Bücher haben ihren Reiz). Die gross-symphonischen Werke wie Dante oder Faust habe ich bislang nicht durchdrungen, muss ich ehrlich zugeben. Orgelwerke und viele der entlegeneren Klavierstücke kenne ich nicht. Fazit: Bei mir ist Liszt beliebt, alleine schon wegen der Geschichten, die sich um ihn ranken.
Thomas133
Hat sich gelöscht
#26 erstellt: 02. Feb 2011, 19:24
Liszt lieben - ich denke man muß ihn ja nicht unbedingt gar lieben, aber schätzen wäre ja schon ausreichend.
Ich muß gestehn wirklich viel kann ich zum Thema Liszt nicht beitragen da ich ebenso zu wenig CD´s von ihm besitze aber ich kann zum. sagen das ich seine h-moll Sonate sehr schätze und als eines der wichtigsten Werke der Klavierliteratur halte, nicht nur von Struktur, Anlage und ausgelügelter Satztechnik sondern auch von den mich ansprechenden Themen, sehr energiegeladen, kraftvoll aber stellenweise auch mit einem Schuss Melancholie und dabei glücklicherweise nie in irgendeinen Kitsch abdriftend.

Klavierkonzerte kenne ich von ihm noch nicht, habe das bislang aufgrund von mehrfach schlechter Kritiken auf die lange Bank geschoben. Ich werde mir aber diesbezüglich noch mal eine eigene Meinung bilden. Genauso wie mit der Faust-Sinfonie die auch erst kennenlernen muß.

Leider habe ich zum großteil seiner sinfonischen Dichtungen keinen Draht - Les Preludes find ich noch ziemlich gut, die Anderen zwar auch jetzt nicht unbedingt so schlecht aber nicht gut genug um sie einigen anderen sinfonischen Dichtungen manch anderer Komponisten jetzt vorzuziehn (da finde ich jetzt zB den Wassermann von Dvorak, Don Juan von Strauss, Eine Nacht auf dem kahlen Berge von Mussorgksi oder die Ouvertüren von Mendelssohn falls man die mitzählen kann doch reizvoller, origineller)

Ansonsten kenn ich noch manch kleinere Werke die mir stellenweise ganz gut gefallen aber sicher jetzt nicht zu den Aushängeschildern seines Werkumfangs gehören.

Bei mir ist es halt so das es nicht einen Komponisten gleich unbedingt als schlecht finden muß nur weil ich manch andere Komponisten vorziehn würde - hätte ich mehr Zeit zum hören würde ich sicher auch öfters etwas von Liszt hören.

gruß
Thomas
Joachim49
Inventar
#27 erstellt: 02. Feb 2011, 23:13

AladdinWunderlampe schrieb:

hat mich doch verwundert, das ein so kluger und sensibler Musikkenner wie Joachim, dessen Einschätzungen und Urteile ich sehr ernst nehme, seine Höreindrücke von diesem für mich ungebrochen faszinierenden Werk mit dem vernichtenden Ausdruck "Quälerei" zusammenfasst.
Aladdin


Bei dem Ausdruck "klug" zögere ich sehr, denn dies Kompliment muss ich wohl ohne falsche Bescheidenheit zurückweisen. Jedenfalls schäme ich mich immer gewaltig, wenn ich wieder einmal einen unreflektierten Kommentar abgegeben habe, um danach soviel aus Alladins Beiträgen zu lernen. (Etwa bei meinen peinlichen Bemerkungen zum Bolero, oder hier bei Liszt) Ich höre zwar sehr viel und kenne (auch alterbedingt) recht viel, allerdings bedeutet 'kennen' hier nicht ein musikwissenschaftlich fundiertes Kennen, sondern die blosse Tatsache, dass ich die Stücke (mehr oder weniger) intensiv gehört habe. Oft bedauere ich, dass mir die intellektuellen Mittel fehlen, um wirklich zu verstehen, was in einem Stück geschieht (ich kenne leider überhaupt keine Harmonienlehre; hätte ich ein Klavier würde ich allerdings einen Selbstversuch starten, daran etwas zu ändern).

Jedenfalls haben mich die Dante- und Faustsymphonie bisher nicht gereizt, sie wiederholt zu hören. Allerdings habe ich gerade gestern noch einen Versuch mit der Dantesymphonie gestartet, allerdings in einem sehr übermüdeten Zustand. Im ersten Satz hat mich etwas - durchaus auch körperlich - sehr unruhig gemacht. Ich weiss nicht, ob ich es richtig ausdrücke: der Satz kommt harmonisch nirgendwo zur Ruhe. Immer wenn man meint, dass etwa ein Thema mit den nächsten Tönen abgeschlossen ist, geht's irgendwie fast endlos weiter. Und irgend etwas stört mich daran und wenn der Satz vorbei ist, dann ist da irgendwie ein Gefühl der Erleichterung, dass es endlich vorbei ist. (Deshalb war der Ausdruck 'Quälerei' nicht ganz falsch). Aber gut, ich finde es auch eine gute Idee, gemeinsam die Faustsymphonie zu hören und sich auszutauschen. Ich habe (nur?) eine Aufnahme mit Inbal und dem Berliner Rundfunkorchester, die Dantesymphonie habe ich mit Cambreling und dem SWR Orchester gehört. Ich habe eine vage Erinnerung, den Schluss der Faustsymphonie mal mit Bernstein gehört zu haben - und das hat mir damals (lang ist's her) gut gefallen.
Kurzum, ich bin bereit Busse zu tun, und die Faustsymphonie konzentriert zu hören und hoffe, dass viele mitmachen.
mit freundlichen Grüssen
Joachim
Martin2
Inventar
#28 erstellt: 02. Feb 2011, 23:42

Joachim49 schrieb:

Kurzum, ich bin bereit Busse zu tun,


Ja und ich bin überhaupt nicht bereit, "Buße zu tun". Manche Sachen gefallen mir eben nicht und dann sage ich es auch. Und Aladdins Versiertheit gefällt mir zwar, aber ich kann mir sehr gut vorstellen, daß es auch Musik gibt, die ihm durchaus nicht gefällt, die aber trotzdem ihre Qualitäten hat.


Jedenfalls schäme ich mich immer gewaltig, wenn ich wieder einmal einen unreflektierten Kommentar abgegeben habe, um danach soviel aus Alladins Beiträgen zu lernen.


Also Joachim, soviel Devotheit gegenüber Aladdin treibt mir dann wieder die Schamesröte ins Gesicht. Über die Faustsinfonie kann ich allerdings nicht viel sagen - irgendwann habe ich sie möglicherweise mal gehört, aber was ich sagen kann ist, daß mich Liszt in den 2 CDs Tondichtungen, die ich habe, weitestgehend nur enttäuscht hat, und selbst wenns mal ein bißchen besser war, war es mir nicht gut genug. Die Klaviermusik fand ich ebenfalls weitestgehend langweilig.

Gruß Martin
Joachim49
Inventar
#29 erstellt: 03. Feb 2011, 00:01
Hallo Martin,
Devot hin, devot her. Von jemandem lernen, oder Anregungen dazu bekommen, ist immer gut. Man muss, glaube ich, in der Lage sein Musik zu beurteilen ohne dass das Urteil ein reines Geschmacksurteil ist (womit ich überhaupt nicht sagen will, dass ich das kann). Das reine Geschmacksurteil teilt uns etwas über seinen Autor mit - nämlich was sein Geschmack ist - aber relativ wenig über das, was ihm schmeckt. Deshalb fand ich es interessant bei Aladdin etwas über die musikhistorische Bedeutung Liszts zu erfahren - und das hat ja nicht direkt etwas damit zu tun, ob's einem gefällt. Du selbst insistiert, etwas zu oft, auf das Recht Deinen Geschmack zu haben. Natürlich kann und will niemand Dir dieses Recht streitig machen. Aber darum geht's nicht.
Freundliche Grüsse
Joachim
Martin2
Inventar
#30 erstellt: 03. Feb 2011, 00:23
Hallo Joachim,

Aladdins Urteile sind nicht mehr und nicht weniger als meine "Geschmacksurteile" - und sind immer auch gleichzeitig mehr. Die "musikhistorische Bedeutung" Liszts wäre mir auch ohne Aladdin bekannt gewesen.

Und im übrigen gibt mir der Enthusiasmus, mit dem Wolfgang ( Teleton) hier "seinen" Liszt verteidigt, weitaus mehr zu denken, als das, was Aladdin hier zu sagen hat.

Gruß Martin
Thomas133
Hat sich gelöscht
#31 erstellt: 03. Feb 2011, 17:08
Hallo Martin & Joachim,

Find man sollte das sowieso getrennt voneinander betrachten zum. ergeht es mir so, auch wenn natürlich Beides zusammnenkommen kann (sowohl im positiven wie auch negativen Sinne).
Ich erkenne zB die Kunst der 12-Ton-Technik an und lass mir gerne die Faszination die Andere dabei erleben erklären und vielleicht auch dadurch besser verstehen und Manches nachvollziehn zu können, emotional läßt sie mich aber kalt - also nicht mein Geschmack oder zum. wenn dann nur rational für mich erschliessbar.
Hingegen gibt es manche für Klassikverhältnisse nicht so anspruchsvolle Werke die aber irgendwie meinen pesönlichen Geschmacksnerv treffen. Und auch wenn ich zB Fugen oft über ihre Kunstfertigkeit hinaus mag gefällt mir hier auch nicht alles wenn zB das Fugenthema bzw. Motiv oder auch die anschliessende Durchführung für sich nicht so viel für mich hergibt kann auch ein origineller Kontrapunkt nicht mehr helfen - es ist zwar dann noch durchaus im musiktheoretischen Sinne interessant aber ich bin davon auch weniger berührt. So kann ich zB die polyphone Kunst in der Hammerklaviersonate Beethovens anerkennen, darüber hinaus läßt sie mich aber großteils kalt.
Aber ich denke es ist wohl zum. bei mir so das dann auch die Musikstücke bei aller Kunstfertigkeit kaum noch gehört werden wenn mir letztendlich der emotionale Zugang dazu fehlt, also wohl schließlich das Essentielle an der Sache für mich (und ich denke wohl auch für die meisten Anderen)

Musiktheoretische Analysen können aber schon manchmal mehr Verständnis und Respekt gegenüber den Werken bringen (sofern eine kunstvolle Komposition), aber ob das dann genügt ein vorher ungeliebtes Werk faszinierender zu finden muß jeder für sich selbst entscheiden bzw. empfinden.

lg
Thomas
Szellfan
Hat sich gelöscht
#32 erstellt: 03. Feb 2011, 18:29
Sorry,
jetzt auch ich, wenn auch nichts Substanzielles.
Selbst Scherchen hat es nicht geschafft, mich für Liszt zu begeistern.
Dagegen aber besitze ich eine alte Valois- LP mit Andrea Bonatta an Liszts eigenem Klavier, er spielt dort ganz späte Werke.
Und die finde ich sehr spannend, im Gegensatz zu früheren Werken.
Eben der Harmonik wegen, die Liszt dort aufbricht.

Ich bin alles andere als ein Wagner- Freund, aber wenn ich dessen Werke als Klavierauszug höre, staune ich immer wieder.
Wenn mal der ganze "Schwulst"- und der für mich so oft unerträgliche Text- weg bleibt- da sind Liszt und Wagner sich dann doch sehr nahe.

Liszt ist ein Feld, auf dem ich noch zu lernen bereit bin.
Herzliche Grüße, Mike
Joachim49
Inventar
#33 erstellt: 03. Feb 2011, 22:02
Es führt wahrscheinlich nicht zu weit vom Thema des threads weg, wenn ich mir ein paar Bemerkungen zur Frage des Fortschritts in der Musik gestatte. Aladdin sicher(und andere wahrscheinlich auch) begeistern sich für Liszt, weil er "fortschrittlich" ist. Was heisst hier Fortschritt? Dass der Komponist Grenzen überschritten hat und Ausdrucksmöglichkeiten gefunden hat, die es vor ihm nicht gab.Ich nenne ein typisches Beispiel aus Aladdins Beitrag:das gezielte Experimentieren mit neuartigen Verfahren der harmonisch-melodischen Tonsatzorganisation (Quartschichtungen, Ganztonleitern und übermäßige Dreiklänge, unaufgelöste Dissonanzen usw.)
ähnliches gilt wahrscheinlich für Wagner (Tristan) und, ganz gewiss, für Schönberg. Wir sehen (oder hören) wie beim späten Beethoven, bei Liszt, bei Wagner, bei Debussy, R. Strauss, Schönberg jeweils vorher bestehende Grenzen überschritten werden. In diesem Sinn gibt es ganz zweifellos ein Fortschreiten - in einem wertneutralen Sinn.
Angesichts dieser unbestrittenen Tatsache stellt sich die Frage, wie man Komponisten beurteilen muss, die innerhalb der alten Grenzen bleiben. Wahrscheinlich gibt es viele Beispiele: Dvorak, Sibelius' Violinkonzert, Nielsens Violinkonzert, sehr viel russische Musik, etc. Ich habe das Gefühl, dass so manche Leser sich daran stören, wenn der Konservativismus mancher Komponisten mit einem Werturteilverbunden wird.
Die zweite Frage - es ist wahrscheinlich eine altbekannte Frage - lautet: Wohin soll das führen? Oder: ist inzwischen eine Grenze überschritten, die zurecht zu der Reaktion führt, bis hierhin aber nicht weiter (eine Reaktion, die wohl viele im Hinblick auf die serielle Musik zeigen). Die Tatsache, dass bestimmte Tendenzen der Neuen Musik auch bei Klassikfreunden auf Desinteresse oder Ablehnung stossen, ist ja nicht zufällig.
Es scheint mir noch einen anderen Komponistentyp zu geben, der mit dem Erneuerer in Kontrast steht. Ich werde ihn, mehr oder weniger glücklich, den Vollender nennen. Komponisten, die nicht einen Rahmen sprengen, sondern sich auf eine vollendete Weise in einem tradierten Rahmen bewegen, sowohl was die Form, als auch was die Sprache (Harmonie) betrifft. Mit aller Vorsicht will ich ein paar Namen solcher 'Vollender' nennen: JS Bach (?), Mozart und Brahms. Ich bin eigentlich mit Herz und Seele 'Brahmsianer'; ich habe sehr lange gebraucht um einen Schritt über Brahms hinaus zu tun. Diese Vorliebe zu dem Vollender Brahms mag vielleicht meine zögerlich ablehnende Haltung zu den 'Neudeutschen' erklären. (Bruckner empfinde ich nicht als typisch neudeutsch.
Freundliche Grüsse
Joachim
flutedevoix
Stammgast
#34 erstellt: 03. Feb 2011, 23:35
Zunächst: Irgendwo kommt mir diese Diskussion hier bekannt vor. Ich glaube mich zu erinnern, mich mit Martin2 in einer ähnlichen Art hier schon gehofft zu haben.
De gustibus non disputandum est: Es ist schon richtig, daß man über Geschmack nicht streiten kann. Ich finde aber auch, daß es nicht reicht, zu sagen, es gefällt mir nicht, ich finde es langweilig. Ich erwarte schon, daß man wenigstens sagt, warum einem etwas nicht gefällt oder warum einen etwas langweilt. Erst dann hat eine solche Aussage für mich irgendeinen Wert, erst dann ist eine solche Aussage in meinen Augen eine Diskussion wert.

Nun zu Liszt: Gleich vorweg, ich bin auch kein Liszt-Fan. Ich finde seine Bearbeitungen und Paraphrasen, allerdings mit einigen bedeutenden Ausnahmen, fast das interessanteste.
Unbestritten ist sein Rang als eine der wichtigsten Inspirationsquellen für die Musik des grob letzten Drittels des 19. Jh. und auch des 20. Jh. Natürlich ist er auch wegweisend für die moderne Klaviertechnik und den modernen Klavierbau. Seine Schüler sind so legendär wie seine angeblichen Schüler, kaum ein Pianist der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, der nicht aus seiner Schule kommt.
Bemerkenswert ist, wie er immer auf der Suche Nach neuen klanglichen, formalen und harmonischen Möglichkeiten war. Ohne Fragen gehören vor allem seine h-Moll-Sonate, seine Orgelwerke und Teile seines Klavierwerkes (Die Bände der Annees) in den Kreis der Meisterwerke. Die anderen gefühlten 90% seines kompositorischen Werkes Vermögen mich aber nicht zu fesseln. Es gibt immer wieder äußerst interessante Stellen, es gelingt Liszt aber in meinen Augen oft nicht einen spannenden Einfall fesselnd zu entwickeln. Irgendwie entgleitet ihm da immer wieder die Inspiration, es entstehen Längen. ich höre einfach immer wieder zu viel kompositorischen Leerlauf. Ein Schicksal, das Liszt in meinen Augen übrigens mit Wagner teilt.
Als Fazit ein großer Mann, allerdings liegt seine Bedeutung in meinen Augen nicht in erster Linie auf seinem kompositorischen Werk
Martin2
Inventar
#35 erstellt: 04. Feb 2011, 01:27

flutedevoix schrieb:
Ich finde aber auch, daß es nicht reicht, zu sagen, es gefällt mir nicht, ich finde es langweilig. Ich erwarte schon, daß man wenigstens sagt, warum einem etwas nicht gefällt oder warum einen etwas langweilt. Erst dann hat eine solche Aussage für mich irgendeinen Wert, erst dann ist eine solche Aussage in meinen Augen eine Diskussion wert.


Oft entsteht durch ein solches "Geschmacksurteil" erst eine Diskussion. Außerdem macht es schon einen Unterschied, ob ich etwas als langweilig, kitschig oder hohl bombastisch finde - das sind alles negative Geschmacksurteile, die aber spezifisch sind und Spezifisches beinhalten.

Wolfgangs ( Teletons) Beitrag und überhaupt Wolfgangs Beiträge finde ich sehr gut, obwohl sie kaum im musikwissenschaftlichen Sinne elaboriert erscheinen. Und ich glaube, daß ich hier nicht nur für mich selber spreche, denn es wird hier vielen so gehen.

Bitte nehme mal zur Kenntnis, daß ich hier unter einer ganz anderen Perspektive schreibe. Ich bin hier Musikliebhaber und schreibe und lese fast ausschließlich unter der Perspektive, gute Musik und gute Interpretationen für mich zu entdecken und andere auf Dinge, die ich gut finde, hinzuweisen. Inwieweit solche Aussagen "begründet" sind, ist dann etwas, was mich persönlich kalt läßt, so wie mir zum Beispiel auch die "musikhistorische Bedeutung" von Liszt weitestgehend wurscht ist - denn ich höre Musik nicht wegen ihrer musikhistorischen Bedeutung.

Gruß Martin
flutedevoix
Stammgast
#36 erstellt: 04. Feb 2011, 11:57
Es geht ja nicht darum, etwas musikwissenschaftliches zu begründen. Vielmehr Wüste ich grundsätzlich bei Kritiken gerne auf rein emotionaler Ebene schon, warum jemanden etwas begeistert oder abschreckt. Der Vorgang des Begeisterns oder Abschreckens hat ja emotionale Reaktionen hervorgerufen. Die zu erfahren, interessiert mich, diese sagen dann für mich so viel aus wie eine musikwissenschaftliche Analyse. Und ich bin mir sicher, daß es nicht nur mir hier so geht!
Wir diskutieren hier doch immer über Emotionalität in der Musik. Dann schreiben wir doch einmal bei unseren Höreindrücken davon. Aber, entschuldige, wenn ich das so hart schreibe, ein einfaches langweilig, das ist für mich ein Muster ohne Wert. Daran kann ich auch keine Aussage über die Qualität einer Interpretation erkennen, eben gerade weil Geschmäcker verschieden sind!
Szellfan
Hat sich gelöscht
#37 erstellt: 04. Feb 2011, 12:31
Hallo Martin, hallo Johannes,
auch ich bin der Meinung, daß "es gefällt/gefällt nicht" eigentlich nichts sagt.
Auch ich wüßte gern, warum das so ist.
Auch ein "nicht schlecht" sagt eigentlich nichts, denn das liegt genau zwischen "sehr gut" und eben doch "schlecht".

Selbst wenn ich bei vieler Musik auch eher "analytisch" herangehe, bin ich doch immer auf der Suche nach ihrer Emotionalität und das bist Du, Martin, ja doch ganz genauso.
Und darum wüßte ich oft eben gern mehr, warum Dich etwas anspricht oder eben nicht. Denn nur das kan mir helfen, Deine Hörerfahrung auch für mich nutzbar zu machen.
Herzliche Grüße, Mike
Martin2
Inventar
#38 erstellt: 04. Feb 2011, 14:27
Gut, dann bringen wir die Sache doch mal auf den Punkt. Bach mag ich nicht besonders, habe aber immer wieder besondere "Bacherlebnisse", die mir diesen Komponisten näher bringen und wo er mich doch sehr stark berührt. Vor Bach habe ich trotz allem einen großen Respekt und wo ich ihn nicht mag, denke ich: Es wird an mir liegen. Wagner ist auch ein Komponist, den ich zwar teilweise mag, teilweise aber nicht so mag - und trotzdem denke ich, daß Wagner innerhalb seiner eng gesteckten Grenzen ein Komponist ist, der zu berühren weiß, aber eben nur innerhalb seiner Grenzen.

Franz Liszt dagegen ist ein Komponist, den ich nie sonderlich ernst genommen habe und wo ich der Überzeugung bin, daß meine Abneigung nicht nur an mir liegt. Dabei kann Liszt durchaus "fetzig" sein und das haben auch die Nazis gewußt, die sein Les Preludes bis zur Besinnungslosigkeit abgedudelt haben. Ein zweifelhaftes Kompliment für einen Komponisten.

Seine h moll Sonate ist vermutlich sein größtes Werk - aber selbst dieses Werk hat seine vollgriffigen bombastischen Seiten. Dabei würde ich nie bezweifeln, daß Liszt teilweise unheimlich "eingängige" Sachen komponieren konnte - nur als "pures Gold" will mir diese Eingängigkeit nicht erscheinen. Aber ein Komponist kann nicht nur eingängig komponieren und das ist eben das Phänomen bei Liszt, das er, sobald er auch nur etwas weniger "eingängig" komponiert, man bei ihm entdeckt, daß er rein gar nichts zu sagen hat. Das ist ein großer Unterschied zu wirklich bedeutenden Komponisten. Wirklich bedeutende Komponisten können auch etwas vollkommen langweiliges komponieren. Und man wird sie selbst noch in der größten Langeweile erbittert verteidigen. Das sind Komponisten wir Bach oder Mozart. Dagegen Liszt "erbittert zu verteidigen" fiele mir nicht ein. Letzlich gehört er für mich zu den Komponisten, die zwar durchaus "begabt" sind, wo aber das Maß ihrer Begabung mit dem ihrer Hohlheit relativ korrespondiert. Und machmal setzt sich halt die Begabung durch - meistens aber die Hohlheit.

Gruß Martin
Szellfan
Hat sich gelöscht
#39 erstellt: 04. Feb 2011, 14:45
Hallo Martin,
danke! Gewiß ein hartes Urteil Deinerseits, aber ich verstehe es sehr gut und teile es auch fast überall.
Eben nur bei den späten Klavierwerken mache ich Ausnahmen,
die berühren mich auch sehr.
Selbst wenn ich Liszt oft seine Religiosität irgendwie nicht abnehme, die späten Klavierstücke lassen mich jedoch an meinem Zweifel zweifeln.
Dazu kommt aber ganz sicher, daß dieses Instrument, auf dem ich sie kenne, einfach klanglich nicht sofort diesen "Bombast" überträgt wie ein Steinway, sondern farbiger und inniger klingt. Andererseits überhaupt nicht wie ein "Hammerflügel", eher wie ein sehr weich intonierter Bösendorfer.
Ganz sicher auch, weil Bonattas Lesart alles andere als virtuos zu nennen ist, die Kritik warf ihm seinerzeit genau das vor. Für mich aber legt sie die Versonnenheit der Stücke erst offen.

Zur Ergänzung: Cziffra konnte diese Musik auch so spielen.
Herzliche Grüße, Mike
flutedevoix
Stammgast
#40 erstellt: 04. Feb 2011, 19:02
Ich sehe schon, bei uns Dreien wird sich kein Fürsprecher Liszts finden lassen. Aus meiner Sicht ist einfach die Ausschußrate bei ihm zu hoch. Kein Komponist hat nun nur Meisterwerke veröffentlicht, aber bei Liszt sind mir das einfach zu wenige, um ihn zu den ganz Großen zu zählen.
Rotz allem spreche ich von allen Komponisten, die es geschafft haben, eine Rezeptionsgescbichte aufzuweisen mit Respekt. Das ist nämlich mit Verlaub gesagt mehr, als wir alle hier vermutlich erreichen werden. Vielleicht liegt das an meinem Beruf, daß ich um die schöpferischen Schwierigkeiten weiß, daß ich vielleicht auch das rein Handwerkliche so zu schätzen weiß, daß mir allein dieses Können Respekt abnötigt.
Joachim49
Inventar
#41 erstellt: 04. Feb 2011, 23:38

flutedevoix schrieb:
Es gibt immer wieder äußerst interessante Stellen, es gelingt Liszt aber in meinen Augen oft nicht einen spannenden Einfall fesselnd zu entwickeln. Irgendwie entgleitet ihm da immer wieder die Inspiration, es entstehen Längen. ich höre einfach immer wieder zu viel kompositorischen Leerlauf. Ein Schicksal, das Liszt in meinen Augen übrigens mit Wagner teilt.


Ich habe mir jetzt 2 - 3 mal den Kopfsatz der Faustsymphonie angehört und ich muss gestehen, dass ich flutedevoix's Einschätzung recht treffend finde. Gewiss gibt es interessante Stellen - es gibt ein paar Sekunden, da glaubt man das Rheingold zu hören, der zögernd-fragende Beginn ist auch vielversprechend, gewiss gibt es Stellen wo Liszt Neuland betritt ... aber doch, viel fängt er nicht damit an (zumindest ist das bis jetzt mein Eindruck). So ungefähr in der Mitte des Kopfsatzes, das schrecklich banale Trompetengeschmettere & Trommel, enervierend oft wiederholt, dann schlägt die Stimmung (zum Glück) um und spitzt man die Ohren, aber irgendwann ersehnt man,dass der Satz doch bitte bald vorbei ist, in der Hoffnung, dass es im zweiten Satz besser wird. Hoffentlich löscht Aladdin jetzt nicht den Beitrag in dem er mir Klugheit und Sensibilität attestiert, aber ich versuche halt ehrlich zu sein. Es ist eine Sprache, die mich kalt lässt. Vielleicht bessert sich der Eindruck noch. Ich glaube auch nicht, dass es an der Aufnahme liegt (ich habe 2 und wenig Lust eine dritte zu erwerben). Da kann, fürchte ich, auch Solti nicht helfen.
Freundliche Grüsse
Joachim
Thomas133
Hat sich gelöscht
#42 erstellt: 05. Feb 2011, 20:42

flutedevoix schrieb:
Vielleicht liegt das an meinem Beruf, daß ich um die schöpferischen Schwierigkeiten weiß, daß ich vielleicht auch das rein Handwerkliche so zu schätzen weiß, daß mir allein dieses Können Respekt abnötigt.


Da kann ich mich voll und ganz anschliessen, auch als einer der schon ein paar klassische Werke komponiert hat weiß ich was es an Arbeit und Mühe bedeutet solche mehrsätzige Werke aus dem Boden zu stampfen überhaupt wenn sie auch noch originell und kunstvoll sein sollten (woran ich wohl sicher gescheitert bin) Ich denke jeder Musikhörer sollte deswegen vor jedem klassischen Werk Respekt haben auch wenn er es nicht mag da auf jeden Fall einiges an Zeit und Mühe dahintersteckt (für das Werk und auch erstmal das Handwerk zu erlernen). Deswegen kann ich vereinzelte Kritiken wo groß mit der Schlagkeule ausgeholt wird (mit Kraftausdrücken das wäre Mist usw.) nicht verstehn. Man kann etwas nicht mögen aber es ist ja eine Frage wie man es formuliert.
gruß
Thomas
Kreisler_jun.
Inventar
#43 erstellt: 05. Feb 2011, 21:14

flutedevoix schrieb:
Ich sehe schon, bei uns Dreien wird sich kein Fürsprecher Liszts finden lassen. Aus meiner Sicht ist einfach die Ausschußrate bei ihm zu hoch. Kein Komponist hat nun nur Meisterwerke veröffentlicht, aber bei Liszt sind mir das einfach zu wenige, um ihn zu den ganz Großen zu zählen.


Das ist für mich nun kein so schlagendes Argument. Mir ist ziemlich gleich, wenn Liszt dutzende von Opernparaphrasen usw. geschrieben hat, die man höchstens einmal anhören möchte. Man sollte m.E. einen Komponisten erstmal nach seinen besten Werken beurteilen, nicht nach der Ausschußrate (selbst wenn die de facto bei vielen großen Komponisten nur klein ist)

Meine Schwierigkeiten liegen eher darin, dass ich auch von seinen anerkannten Meisterwerken nur selten wirklich begeistert bin. Wenn ich wieder bei meinen CDs bin, werde ich mit der Faust-Sinfonie allerdings auch nochmal einen Versuch machen und evtl. mit ausgewählten Sinf. Dichtungen.

viele Grüße

JK jr.
teleton
Inventar
#44 erstellt: 06. Feb 2011, 14:37

flutedevoix schrieb:
Aus meiner Sicht ist einfach die Ausschußrate bei ihm zu hoch. Kein Komponist hat nun nur Meisterwerke veröffentlicht, aber bei Liszt sind mir das einfach zu wenige, um ihn zu den ganz Großen zu zählen.


Kein Komponist hat nur Meisterwerke geschrieben ... da ist immer eine Menge an werken dabei, die eben nicht so umwerfend rüberkommen. man denke nur an Beethoven, die WoO (Werke ohne Opuszahl) . davon habe ich eine CD-Box, die ich auch sehr selten anrühre ....

Ich möchte jetzt mal eine Auflistung der lohnenden und wirklich hörenswerten Werke (zunächst der Orchesterwerke) machen, die aufzeigt, wie groß Liszt´s Schaffen alleine in diesem Bereich ist. Ob diese nun als große Meisterwerke angesehen werden/werden können ist für mich unerheblich - ich bin damit quasi aufgewachsen.
Die aus meiner Sicht besten Aufnahmen gebe ich gleich mit an:

Klavierkonzerte Nr.1 und 2 - Richter / Kondraschin (Philips)

Totentanz für Klavier und Orchester - Janis/Reiner (RCA)

Ungarische Fantasie für Klavier und Orchester - Cherkassky/ Berliner PH / Karajan (DG)

Faust-Sinfonie - Solti / Chicago SO (Decca)= mit Solti ganz große Klasse, das fetzt ( so wie ich es brauche)

Dante - Sinfonie - Boris Khaikin (Eurodisc) = gibt es derzeit nur als Download - das ist der Wahnsinn mit den Russen

Zwei Episoden zu Lenaus Faust- Der nächtliche Zug und Mephisto-Walzer Nr.1 - Haitink /LSO (Philips)

Mephisto-Walzer Nr.2 - Masur (EMI)

Bergsinfonie SD Nr.1 - Masur (EMI)

Tasso SD Nr.2 - Haitink (Philips)

Les Preludes SD Nr.3 - Fricsay (DG)

Orpheus SD Nr.4 - Masur (EMI)

Prometheus SD Nr.5 - Solti (Decca) = Solti läßt entsprechend die Post abgehen !

Mazeppa SD Nr.6 - Masur (EMI)

Ich finde nun SD Nr.7-12 für mich auch akzeptabel, aber lasse diese mal weg. Sie mögen für den Einen oder Anderen zu aufgesetzt wirken. In der Hunnenschlacht SD Nr.11 geht die Post ab - ich schätze diese SD ebenso !

Von der Wiege bis zum Grabe SD Nr.13 - Solti (Decca)

Ungarische Rhapsodien Nr.1-6 - Dorati / LSO (MERCURY) = das ist wohl einer der CD´s die auch den letzten, der Liszt nicht schätzt überzeugen würde - das sind "die" Aufnahmen in denne auch das Soloinstrument Zimbal zum Einsatz kommt - große Klasse !

Liszt/Schubert-Wanderer-Fantasie für Klavier und Orchester - Richter/Kleiber (EMI)

Grande Fantasie symphonique über Themen aus Lelio von Berlioz für Klavier und Orchester (1834) - Beroff/Masur (EMI) = ein vollkommen unbekanntes Stück dessen 23Minuten es in sich haben.
flutedevoix
Stammgast
#45 erstellt: 06. Feb 2011, 19:30

Kein Komponist hat nur Meisterwerke geschrieben ... da ist immer eine Menge an werken dabei, die eben nicht so umwerfend rüberkommen. man denke nur an Beethoven, die WoO (Werke ohne Opuszahl) . davon habe ich eine CD-Box, die ich auch sehr selten anrühre ....


Deswegen hatte ich ja auch geschrieben, daß keiner nur Meisterwerke geschaffen hat Ein Puzzleteilchen in meiner persönlichen Bewertung und Einordnung eines Komponisten ist aber auch schon die Anzahl der Werke die ich für außergewöhnlich in emotionaler und kompositionstechnischer gut gelungen halte. Unter diese Blickwinkel bleibe ich auch dabei, daß Liszt mir das einfach zu wenige dieser "Meisterwerke" geschaffen hat, um ihn in einem Atemzug nennen zu können mit Bach. Händel, Schumann, Mozart, Beethoven oder Chopin, um mal eine völlig willkürliche Auswahl zu treffen.

Dieser Thread ist aber für durchaus Anlaß, mich zunächst noch einmal seinen Orchesterwerken zu widmen und zwar abseits der "Schlachtrösser" Les Preludes oder Ungarische Rhapsodien.
In erster Linie werde ich mir noch einmal seine Symphonischen Dichtungen, die ich in einer Aufnahme mit Solti habe, und seine beiden literarischen Sinfonien, die Faust- mit Antal Dorati und die Dante mit Sinopoli, anhören. Vielleicht gibt es ja entscheidend Neues zu entdecken!
Martin2
Inventar
#46 erstellt: 06. Feb 2011, 22:22
Also ich habe mir - angeregt durch Wolfgang ( Teleton) - mir meine Solti CD mit Tondichtungen von Liszt noch mal angehört und ich muß doch sagen, daß ich doch sehr positiv überrascht bin. Das war ein sehr schönes Hörerlebnis und man sollte Liszt durchaus nicht unterschätzen.

Meine Solti CD begann mit "Les Preludes", immer wieder gerne gehört und trotz des Fricsays, den ich auch habe, auch mit Solti durchaus nicht schlecht. Aber auch der Prometheus ist ein durchaus nicht schlechtes Stück Musik, schon neulich hatte er mir ganz gut gefallen, aber diesmal noch mehr. Es folgte der "Tanz in der Dorfschenke" - auch durchaus sehr fetzig. Und dann "Von der Wiege bis zur Bahre", ein etwas alberner Titel für ein Stück Musik, aber das Stück selbst gefiel mir sehr gut! Zum Schluß "Festklänge", Sinfonische Dichtung 7, das hatte auch jetzt beim Wiederhören ein paar Längen, anderseits aber auch durchaus gefällige Passagen.

Also zusammengefaßt gesagt: Diese Liszt CD mit Solti ist doch eigentlich ein ziemlicher Knaller und es gibt mehr bei Liszt als nur die "Les Preludes". Und wenn es einem Komponisten wie dem Liszt gelingt, sich über 100 oder sogar 150 Jahre im Repertoire zu halten, dann muß ein solcher Komponist schlicht seine Qualitäten haben.

Die Fähigkeiten der Harmonisierung und Instrumentation fand ich bei Liszt heuete schlicht großartig. Liszt muß aber einfach verlieren, wenn man ihn neben Beethoven und Mahler meinetwegen hält - aber das ist denke ich einfach unfair, nimmt man Liszt als Liszt, dann weiß er schon zu begeistern und ich kann die Begeisterung von Wolfgang schon nachzuvollziehen. Diese Brilliantbox mit dem gesamten Orchesterwerk werde ich mir möglicherweise doch mal holen.

Gruß Martin
AladdinWunderlampe
Stammgast
#47 erstellt: 07. Feb 2011, 03:53
Liebe Lisztomanen (und die, die's - vielleicht - noch werden wollen),

dass hier trotz aller Vorbehalte inzwischen ja doch ein paar Liszt-Empfehlungen eingetrudelt sind, finde ich erfreulich - auch wenn ich persönlich nicht alle Tipps aus dem Bereich der Sinfonischen Dichtungen teilen würde; die Hunnenschlacht beispielsweise finde ich genau so gräßlich wie das zugrunde liegende Gemälde Kaulbachs (ich bin sowieso kein großer Fan von Battaglien und ähnlichem). Und wo meine Probleme mit Tasso und Prometheus liegen, habe ich ja weiter oben schon dargelegt. (Übrigens glaube ich nicht, dass die unbestreitbare Schwäche mancher Liszt'schen Kompositionen allein auf der Unfähigkeit beruht "einen spannenden Einfall fesselnd zu entwickeln"; manchmal scheint mir eher das Gegenteil der Fall zu sein: In Sinfonischen Dichtungen wie Ce qu'on entend sur la montagne und Die Ideale ist das, was aus den musikalischen Einfällen in weitläufigen Metaphorphosen entsteht, oftmals spannender als die eher blassen Ausgangsthemen, auf die Liszt aus Gründen der formalen Geschlossenheit aber zwischendurch und am Ende wieder zurückgreift; exponierende Teile und Reprisen fallen gegenüber den Entwicklungspartien ab, und das kann dann auch durch auftrumpfende Themenapotheosen nicht kaschiert werden.)

Gleichwohl würde ich denjenigen, die Liszt grundsätzlich eine Neigung zu "Schwulst", "Bombast", "banalem Trompetengeschmettere" und ähnlichem vorhalten, dringend empfehlen, einmal die Sinfonischen Dichtungen Orpheus und Von der Wiege bis zum Grabe (deren in der Tat ein wenig alberner, etwas hochtrabend bedeutungsschwanger à la "Tod und Verklärung" daherkommender Titel freilich auf den ähnlich lautenden Titel einer Zeichnung von Mihály Zichy zurückgeht) anzuhören - beides weitgehend ruhige, versonnene, sparsamst instrumentierte Stücke, das erstgenannte von berührend milder Melancholie, das letztgenannte gar eine Musik, die nicht nur in ihrer Zeit beispiellos war, sondern recht eigentlich auch ohne direkte Nachfolge geblieben ist: eine Musik, die zumal in ihren Eckteilen wie ein zartes Gewebe anmutet, das an seinen Rändern ausfranzt, tastend, fragmentarisch, zwanglos - vielleicht entfernt ähnlich manchen Texturen von Debussy und Webern (die freilich beide kompositorisch mit ganz anderen Mitteln arbeiteten und überdies Liszts Komposition kaum gekannt haben dürften).

Dringend würde ich auch die großen Orgelwerke Liszts empfehlen: die weiträumige Fantasie und Fuge über den Choral "Ad nos, ad salutarem, außerdem Präludium und Fuge über B-A-C-H, die ergreifenden Variationen über den Basso continuo der Kantate "Weinen, Klagen, Sorgen, Zagen (für mich eines der ganz großen Variationswerke des 19. Jahrhunderts), "Les Morts - Oraison" sowie die Evocation à la Chapelle Sixtine. Und von den Klavierwerken empfehle ich neben der h-Moll-Sonate erneut die drei Bände der Années de Pelerinage sowie die auch von einigen anderen geschätzen späten Klavierwerke.
(Ich rate aber dringend, all diese Stücke nicht im Dutzendpack zu hören, sondern sich konzentriert auf wenige von ihnen einzulassen.)

Zusammen mit den beiden Klavierkonzerten, dem Totentanz sowie der Faust- und der Dante-Sinfonie und einigen weiteren Sinfonischen Dichtungen komme ich jedenfalls auf mehr hörenswerte Musik als einige andere der hier Mitstreitenden - und das, obwohl ich beispielsweise den Bereich der Chormusik und auch viele Klavierwerke so gut wie gar nicht kenne (ich bin kein Freund von Gesamtaufnahmen in imposanten Sammelboxen).

Wenn trotzdem der "Ausschuß" hier höher sein mag als bei manchen anderen großen Komponisten, so scheint mir dies als Argument gegen Liszt nur wenig triftig - und zwar nicht nur aus den von Kreisler jr. genannten Gründen: Erstens nämlich haben all die Opernparaphasen, Lied- und Sinfonie-Transkriptionen im Musikleben des 19. Jahrhunderts eine nicht zu unterschätzende Vermittlungsfunktion für die damals "neue" Musik erfüllt, die sie im Zeitalter von CDs, Musik-Download und youtube natürlich längst nicht mehr haben. Die schiere Masse dieser Stücke, die uns heute aus dem genannten Grund insgesamt nicht mehr sonderlich interessieren, gegen die vermeintlich verschwindende Zahl originärer Liszt'scher "Meisterwerke" aufzurechnen, ist also insofern ungerecht, als hier verglichen wird, was eigentlich nicht vergleichbar ist.

Und zweitens scheinen mir all diese Paraphrasen und Bearbeitungen eine notwendige Bedingung für Liszts kompositorische Produktivität darzustellen. Liszts (teilweise anscheinend durchaus verbissen verfolgter) Weg vom (zunächst durchaus nicht unumstrittenen) Klaviervirtuosen zum Komponisten war nicht einfach. Wer die pianistischen Effektnummern der frühen Jahre mit den motivisch-thematisch höchst elaborierten Sonaten- und Sinfoniekompositionen der Reifezeit auf der einen und den kargen Spätwerken auf der anderen Seite vergleicht, kann über diese Entwicklung eigentlich nur staunen. Und doch scheint mir in der Frühzeit der Bodensatz für die späteren Meisterwerke zu liegen: Liszts erstaunliche Kunst der Abwandlung und Transformation musikalischer Gestalten dürfte einen wichtigen Ursprung in der improvisatorischen Praxis, in der Paraphrase vorgegebener Melodien gehabt haben. Und all diese Opernfantasien, Konzertparaphrasen, Lied- und Sinfonietranskriptionen waren für Liszt sicherlich zugleich auch ein Verfahren der Aneignung fremder Musik - ein Aufsaugen, Verinnerlichen und Weiterdenken von kompositorischen Gestaltungsverfahren der Vergangenheit und seiner eigenen Gegenwart. Und diese Haltung setzt sich im Ungang mit seiner eigenen Musik fort: Liszt überarbeitet seine Werke fort und fort, erstellt Neufassungen, Erweiterungen, Transkriptionen, Instrumentationen und so weiter. Manches, das für uns heute aus der zeitlichen Distanz zu fertigen, abgeschlossenen Werken geronnen ist, war aus dieser Perspektive sicherlich nur ein Abfallprodukt aus der kompositorischen Werkstatt, ein Zwischenstadium auf dem Weg zu etwas anderem. Auch deshalb scheint es mir im Falle Liszts sinnvoller, sich über die nicht unbeträchtliche Zahl großartiger Werke zu freuen, als sich über Unfertiges und Halbgelungenes zu mokieren.

Abschließend noch ein paar vorläufige Worte zu dem "schrecklich banale[n] Trompetengeschmettere & Trommel" im Kopfsatz der Faust-Sinfonie, an dem Joachim sich stößt:

Meines Wissens kommt im Orchester der Faust-Sinfonie keine Trommel vor; gemeint ist wohl das von den Trompeten vorgetragene triumphale Abschlussthema der Exposition, an das sich eine kurze Stretta anschließt, in der exakt drei Beckenschläge (die ersten Beckenschläge des gesamten Stückes) vorkommen, während die Trompeten hier freilich bis auf ein Achtel pausieren. Was macht die Stelle für Joachim "banal"? Wohl kaum die bloße Tatsache, dass hier am Ende einer langen und komplizierten Entwicklung für einen kurzen Zeitraum Trompeten und Becken eingesetzt werden - denn dann müsste er erst Recht beispielsweise im Finale von Beethovens Neunter (zumal in der fast rossini-artigen Schluss-Stretta), in Berlioz' Symphonie phantastique, im Kopfsatz von Mahlers 2. Sinfonie oder - wenn erlaubt ist, das Becken durch eine Triangel zu ersetzen (und dazu fühle ich mich angesichts der Tatsache, dass Joachim zuvor das Becken durch eine Trommel ersetzte, durchaus befugt) - im dritten Satz von Brahms' 4. Sinfonie von Bauchschmerzen geplagt werden, um von Trompeten-und-Becken-Orgiastikern wie Tschaikowski und Schostakowitsch hier ganz zu schweigen.

Obwohl ich aber durchaus Stellen in Liszt'schen Werken kenne, in denen sich auch für meine Ohren "schrecklich banales Trompetengeschmettere" mit Becken und/oder Trommelschlägen verbindet, finde ich das betreffende Thema der Faust-Sinfonie samt nachfolgender Stretta alles andere als banal. Gegen seine Banalität - im Sinne von Trivialität oder Hohlheit der musikalischen Erfindung - sprechen mindestens drei Argumente: schon für sich selbst betrachtet ist das Thema nicht simpel, sondern in rhythmisch-metrischer Hinsicht durch mehrere Wechsel der Taktart in Verbindung mit taktfremden Akzentsetzungen ziemlich ungewöhnlich gebaut; im musikalisch-formalen Zusammenhang des Satzes ist es ferner motivisch mit den vermeintlich ganz andersartigen Hauptmotiven des Satzes (dem übermäßigen Dreiklang und sowie dem aus großer Septim, großer Terz und kleiner Sekunde gebauten Motiv, die beide in der Einleitung exponiert werden) vermittelt; und schließlich erfüllt es im programmatischen Kontext eines Charakterporträts Fausts eine wichtige semantische Funktion. Bei Interesse werde ich dies alles im Einzelnen aufbröseln (auch wenn das Martin sicherlich nicht gefallen wird), allerdings nicht mehr heute, weil ich jetzt dringend ins Bett muss.



Herzliche Grüße
Aladdin


[Beitrag von AladdinWunderlampe am 08. Feb 2011, 04:16 bearbeitet]
Szellfan
Hat sich gelöscht
#48 erstellt: 07. Feb 2011, 10:35
Hallo Aladdin,
ein sehr lesenswerter, schöner Text! Danke.
Den hab ich mit Sicherheit nicht zum letzten Mal gelesen.
Herzliche Grüße, Mike
flutedevoix
Stammgast
#49 erstellt: 08. Feb 2011, 01:27
Hallo Aladdin,

in der Tat ein beeindruckender Text!

Von mir nur einige Anmerkungen, schließlich habe ich ja dies aus meiner Sicht immer noch zutreffende These des zu großen Ausschußes in die Welt gesetzt!


Dringend würde ich auch die großen Orgelwerke Liszts empfehlen: die weiträumige Fantasie und Fuge über den Choral "Ad nos, ad salutarem, außerdem Präludium und Fuge über B-A-C-H, die ergreifenden Variationen über den Basso continuo der Kantate "Weinen, Klagen, Sorgen, Zagen (für mich eines der ganz großen Variationswerke des 19. Jahrhunderts), "Les Morts - Oraison" sowie die Evocation à la Chapelle Sixtine. Und von den Klavierwerken empfehle ich neben der h-Moll-Sonate erneut die drei Bände der Années de Pelerinage sowie die auch von einigen anderen geschätzen späten Klavierwerke.


Das möchte ich dringend unterstützen. Ich halte auch die Orgelwerke, besonders B-A-C-H und "Weinen, Klagen, Sorgen, Zagen" für unglaublich großartige Werke. Orgelmusik des 19. Jahrhundert, die in ihrer kompositorischen Reife und emotionalen Tiefe vielleicht noch erreicht, aber nicht übertroffen wurde. Das glit so ähnlich auch für viele Stücke aus den Années de Pelerinage.

Ich bin weit davon entfernt, zu behaupten, sein Klavierwerk zu kennen. Dennoch bewundere ich daraus eine nicht unbeträchtliche Zahl seiner Transkriptionen.
Das fängt bei den Übertragungen der Beethoven-Sinfonien an. Liszt hat sich eben nicht nur darauf beschränkt, einen Klavierauszug herzustellen. Dies hätte beinahe jeder Musiker gekonnt, der in der Lage gewesen wäre, selbiges auch auf dem Klavier zu spielen. Vielmehr hat er bewußt durch den Einsatz pianistischer Techniken sozusagen einen Kommentar zu den Beethoven-Sinfonien verfaßt, er hat versucht die orchestralen Wirkungen und die durch die Instrumentation bewirkten Klangfarben auf das Klavier zu übertragen. In diesem Bemühen hat er sehr viel Einfühlungsvermögen und Fingerspitzengefühl gezeigt. Das macht in meinen Augen diese Transkriptionen so spannend!
Ich finde auch seine Paraphrase des Schubertschen Ständchens faszinierend. Wie er es hier schafft, drei klangliche Ebenen auf das Klavier zu zaubern, Hut ab! Man könnte schon fast von einer 3D-Darstellung sprechen. Ich finde das ist großartige Kunst!

Trotz allem, und glaube mir, ich schätze Liszt nicht gering, sehe ich einfach bei anderen Komponisten eine größere Dichte in der Qualität des Schaffens. Eine größere Dichte, die mich emotional anspricht, aber eben auch eine aus meiner Sicht größere handwerkliche Dichte. Daher spielen für mich Komponisten wie Bach, Mozart, Händel oder Beethoven noch in einer anderen Liga (wenn wir es schon irgendwie per Ranking ausdrücken wollen). Vielleicht war die Formulierung des zu großen Ausschusses etwas unglücklich gewählt, sie soll in keiner Weise Liszt diskreditieren.


Bei Interesse werde ich dies alles im Einzelnen aufbröseln (auch wenn das Martin sicherlich nicht gefallen wird)

Unbedingt! Ich verspreche, ich werde mit der Partitur in der Hand und der CD im Player deine Ausführung versuchen nachzuvollziehen.

Viele Grüße
Johannes
Martin2
Inventar
#50 erstellt: 08. Feb 2011, 02:45

AladdinWunderlampe schrieb:
Bei Interesse werde ich dies alles im Einzelnen aufbröseln (auch wenn das Martin sicherlich nicht gefallen wird),


Hallo Aladdin,

ich denke ich kann Dir nur einfach nicht immer folgen. Trotzdem lese ich Deine Beiträge mit Interesse und für andere sind sie möglicherweise sogar von noch größerem Interesse. Es wäre doch insgesamt ein Armutszeugnis für ein Forum, wenn nur eine bestimmte Herangehensweise zugelassen wäre. Meine Herangehensweise an Liszt muß notgedrungenermaßen schlichter sein. Meine analytischen Fähigkeiten sind beschränkt. Ein bißchen mitzudiskutieren macht mir aber trotzdem Spaß.

Meine Herangehensweise an Liszt ist jedenfalls nicht analytisch. Ich höre ihn einfach und ich glaube, Liszt kann sehr packend sein, wie ich erst gestern gemerkt habe, aber manchmal wirkt er auf mich eben auch platt. Zu einem meiner Lieblingskomponisten wird er kaum avancieren. Aber möglicherweise gehe ich doch dem einen oder anderen CD Tip von Wolfgang doch einmal nach.

Gruß Martin
teleton
Inventar
#51 erstellt: 10. Mrz 2011, 16:03
Hallo Aladdin,

ich bin immer wieder begeistert über die tiefen Einblickem die Du den Werken gewährst, wenn Du einmal für etwas Feuer gefangen hast.
Das gibt selbst mir als Liszt-Fan seit ewigen Zeiten noch Informationen an Hand, die ich gar nicht bedacht habe.


Ich möchte noch auf einen Fehler hinweisen, den ich bei meinen Liszt-CD-Empfehungen gemacht habe:
Es geht um die Wanderer-Fantasie.
Dies ist natürlich im Original ein wundervolles Klavierwerk von Schubert.
Ich höre aber auch gerne die Fassung für >Klavier und Orchester< die Franz Liszt arrangiert hat.
Diese findet man aber nicht auf der von mir angegebenen CD mit Richter/Kleiber (EMI), dort nämlich die reine Klavierfassung.
Für die Wanderer - Fantasie für Klavier und Orchester sollte man auf die sehr schöne EMI-Aufnahme mit
Michel Beroff / Gewandhausorchester Leipzig / Kurt Masur (EMI) zurückgreifen.
Auch die anderen Liszt-Werke für Klavier und Orchester sind von Beroff/Masur mustergültig eingespielt worden.

*** Hier das Bild der Liszt-GA der Orchesterwerke auf 7CD von EMI:

amazon.de
EMI, 1980, ADD


* EMI hat jetzt 2011 eine Neuauflage auf 5CD mit den Orchesterwerken ohne Klavier aufgelegt. Unsinn, da gerade auch die Klavier-Orchesterwerke in den Aufnahmen bestechend gut sind.

jpc.de


Auch für Musikhörer, die Masur wenig schätzen. Dies ist eines seiner besten Taten - seines Lebenswerkes.


Neben den beiden Klavierkonzerten komponierte Liszt noch sieben weitere Stücke für Klavier und Orchester. "Malédiction", die Fantasie über Berlioz' "Lélio" und die Fantasie über Beethovens "Die Ruinen von Athen" sind frühe Werke, die noch größtenteils die virtuosen Klavierpassagen in den Vordergrund stellen.
Der "Totentanz" hingegen gehört zu den ausgefeiltesten Stücken des Komponisten. Die dies irae Motivik verarbeitet Liszt zu einem diabolischen Feuerwerk.

Die Fantasie über ungarische Volksmelodien ist ein liebliches Stück voller Variation und Einfall.
Neben einer weniger zwingenden Transkription einer Polonaise aus Webers "L'Hilarité" ist vor allem die Schubert Transkription zur "Wanderer" Fantasie ein beachtliches Stück, mit dem Liszt seinem Unmut und seiner Enttäuschung darüber Ausdruck verlieh, dass Schubert selbst nie ein Klavierkonzert komponiert hatte.

Kurt Masur ist eine ausgezeichnete Wahl für die Orchesterwerke des ungarischen Meisters. Seine perfekt spielenden Leipziger werden unter Masurs straffem, fein nuanciertem Dirigat zu wahren Liszt Exegeten. Zurückgreifen kann Masur auf phantastische Solisten - Mitglieder des Gewandhausquartetts, Michel Béroff als kongenialer Pianist, dessen heroisch zupackender Stil den Werken sehr entgegen kommt - und ausgezeichnete Chöre. Gepaart mit der hervorragenden Aufnahmequalität wird diese Box jedem Klassikliebhaber unentbehrlich.
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