Beethoven, Ludwig van: Sinfonie Nr. 6 "Pastorale"

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Klassikkonsument
Inventar
#1 erstellt: 01. Dez 2009, 19:16
Wenn ich das beim Durchsurfen der Threadliste "Orchestermusik" richtig gesehen habe, hat Beethovens 6te Symphonie noch keinen eigenen Thread.
Hier wird sie lediglich im Verein mit ihrer (anscheinend beliebteren) Schwester Nr. 5 behandelt.

Zu einem speziellen Aspekt, die Triolen im 1. Satz, schrieb ich eben anderswo:


So ähnlich wie ich bei Beethovens 6ter Sinfonie erst mit Hilfe der Noten den Eindruck bekommen habe, dass die Triolen im 1ten Satz sehr wichtig sind: Sie scheinen mir auf schon fast zotige Weise für die Dynamik der Natur zu stehen, wie auch die penetrante Motiv-Wiederholung in der Durchführung (gegen die ja auch eine triolische Begleitung gesetzt ist). Deshalb müsste man die Triolen, auch wenn sie Begleitung sind, meiner Meinung nach deutlicher spielen, so stumpf und banal das einem vielleicht zunächst scheinen mag.


Gerade der 1. Satz wirkt überhaupt schlichter, allenthalben Wiederholungen und Vogel-Rufe. Wird sie vielleicht deshalb weniger geschätzt (& braucht die 5. als Zugpferd )?

Mehr fällt mir zu dem Thema gerade nicht ein.

Viele Grüße
Martin2
Inventar
#2 erstellt: 01. Dez 2009, 23:38
Hallo Klassikkonsument,

mir war nicht klar, daß die Pastorale "weniger geschätzt" wird. Vielleicht ist sie nicht ganz so populär wie die 5., aber sie ist doch schon sehr populär und die beiden Sinfonien sind an sich auch vollkommen unterschiedlich. Weniger geschätzt werden vielleicht Beethovens 1., 2. und 4., aber die Pastorale ist sehr populär und wenn man an etwas Pastorales denkt, denkt man sofort an diese Sinfonie.

Jetzt fragt mich aber bitte nicht, welches denn nun die beste Einspielung ist - das habe ich überhaupt nicht präsent. Gerne angehört habe ich mir den Blomstedt und den Markewitsch - Karajan habe ich bis heute nicht gehört, genausowenig wie den Zinman, beides steht bei mir im Regal. Walter, Krips und Kegel habe ich lange nicht mehr gehört. Obwohl ich also einiges im Regal stehen habe, treibt mich die Frage nach der "absolut besten" 6. nicht wirklich um. Höre mir gerne Blomstedt oder Markewitsch an.

Gruß Martin
teleton
Inventar
#3 erstellt: 02. Dez 2009, 11:48
Hallo Klassikkonsumer und Martin,

ich finde es unangemessen zu sagen, das irgendeine Sinfonie Beethovens allgemein geringer geschätzt wird als eine Andere.
Als Beethoven-Hörer kennt man die Beehoven-Sinfonien und weiss was zu erwarten ist, daher schätze ich alle Beethoven-Sinfonien im Prinzip gleichermaßen hoch ein.
Das ich dennoch eine Rangfolge aufzeigen könnte ist eine reine Geschmacksfrage; deshalb schätze ich aber Beispielsweise Nr.1 und 2 nicht weniger !

Zum Thema Sinfonie Nr.6 Pastorale:
Welches die beste Einspielung ist kann man ohnehin nur subjektiv beantworten.

Meine Favoriten sind Bernstein und Karajan.
Karajan (DG, 1984):
Mit Recht werd der letzte Karajan-Zyklus (DG, 1984, DDD) als der Schwächste bezeichnet, weil vieles zu glatt ohne den letzten Esprit und das Herausarbeiten der Ecken und Kanten der Werke erfolgte.
Die Sinfonie Nr.6 finde ich aber von seinen drei DG-Aufnahmen (die Erste auf EMI in MONO interessiert mich nicht) die Beste. Karajan voll in seinem Element und der Gewittersatz ist nicht nur interpretatorisch ausgefeilt und spannend bis ins letzte Detail, sondern auch klangtechnisch erste Sahne. Sie übertrifft in allen Punkten ganz klar einige andere Aufnahmen aus dem letzten Zyklus (die Schwächste ist IMO die Sinfonie Nr.8, die mir zu "hausbacken" kommt).

Bernstein (SONY und DG):
Als ich Bernstein´s Aufnahme mit den Wiener PH (DG, 80er, DDD) das erste mal hörte war ich wirklich "Feuer und Flamme". Diese gehört zu den klangschönsten Aufnahmen des Werkes. Bernsteins typische Art der "Verschmelzung mit dem Werk" ist greifbar. Man muß es hören - es ist eine der Besten.
Mit noch etwas mehr jugendlichem Überschwang ist auch seine CBS-Erstaufnahme mit den New Yorker PH (SONY, 1963, ADD) ein Favorit, den ich genauso schätze. Klangtechnisch sind Beide ganz natürlich - ein wichtiger Punkt, ohne den ich eine Aufnahme gar nicht als Favorit benennen könnte und würde.

Weitere herausragende Aufnahmen sind Szell (SONY), Solti (Decca, ADD). Wobei bei Szell leider das Rauschen etwas stört. Solti auch erste Klasse, denn hier stört sein etwas ausgefeiltes langsameres Tempo nicht; das Chicago SO sehr detailreich und klanglich eine Spitzen-Analosaufnahme.

Blomstedt (Brilli) ist OK, mir aber vom Tempo zu langsam.
Zinman (Arte) hat bei den Sinfonien noch nie meinen 100%-Zuspruch erhalten - das ist die Aufnahme von der ich mich als Erste trennen würde.



Ich bin gespannt auf Leibowitz(Chesky), denn die Auslieferung der GA hat sich noch verzögert !
op111
Moderator
#4 erstellt: 02. Dez 2009, 13:20
Hallo zusammen,
in dem Thread, auf den Klassikkonsument schon verlinkt hat, schrieb ich:

op111 schrieb:
Die 6. höre ich so gut wie nie, vielleicht Toscanini oder Szell, da wird der Bach nicht zur Wolga aufgemotzt.

Das hat sich geringfügig geändert, seit ich die neue Mackerras Aufnahme und die Giulinis (DG) und Karajans (1975) besitze.

Dennoch stelle ich immer wieder fest, dass ich auch in zügigen Wiedergaben beim 2. Satz einschlafe um dann beim Gewitter unsanft geweckt zu werden.
Das wird nicht nur daran liegen, dass dieses Stück so oft als (Film+TV) Stimmungsstück herhalten musste, bis es (mir) "zum Halse heraus hing".
Hatte ich die 6. nicht auch in BBBs verdienstvollem Thread Klassische "Hass-Objekte" aufgeführt? Anscheinend nicht.
(Auch) Der letzte Satz ist für mein Empfinden viel zu lang und ereignislos, erst recht, wenn alle Wiederholungen gespielt werden, um die Spannung zu halten.


[Beitrag von op111 am 02. Dez 2009, 13:50 bearbeitet]
Martin2
Inventar
#5 erstellt: 02. Dez 2009, 13:50
Hallo Franz,

das ist bedauerlich. Die Pastorale ist in der Tat ein spannungsarmes Werk, was aber beim Schildern pastoraler Stimmungen auch nur naheliegt. Ich habe die Pastorale heute mal wieder mit Markewitsch gehört. Sehr schön! Ich finde das Pastorale pastoraler Stimmungen gibt die Pastorale sehr gut wieder. Aber wenn Du die Pastorale langweilig findest, wie soll es dann erst bei Werken wie Vaughan Williams 3. und 5. aussehen? Das sind Werke, speziell die 3., die sehr pastoral sind. Ich finde diese Werke auch sehr schön, Vaughan Williams ist der einzige, der diese pastorale Stimmung ( vielleicht auch im Oboenkonzert oder Lark Ascending) wirklich trifft. Aber im Vergleich zu Beethoven verlangt Vaughan Williams 3. zum Beispiel eine noch größere Bereitschaft, sich auf die Spannungsarmut pastoraler Empfindungen einzulassen. Aber vielleicht liegt Dir das einfach nicht?


Gruß Martin
op111
Moderator
#6 erstellt: 02. Dez 2009, 13:58
Hallo Martin,

Martin2 schrieb:
Aber im Vergleich zu Beethoven verlangt Vaughan Williams 3. zum Beispiel eine noch größere Bereitschaft, sich auf die Spannungsarmut pastoraler Empfindungen einzulassen. Aber vielleicht liegt Dir das einfach nicht?

in der Tat höre ich VWs 3.+ 5. fast nie. Berlioz' fantastique mit dem pastoralen Mittelsatz dagegen sehr gern.
Ich vermute, es liegt (in geringerem Maß) an der 6. selbst viel mehr aber an deren exzessiver Verwendung als Stimmungsmusik. Ähnliches kennt man von der Warsteiner-Zarathustra Fanfare oder Vivaldis Pizza-Zyklus.


[Beitrag von op111 am 02. Dez 2009, 13:59 bearbeitet]
Martin2
Inventar
#7 erstellt: 02. Dez 2009, 14:07
Hallo Franz,

Du guckst zu viel Fernsehen!

Ich dachte bei der Menge an klassischer Musik, die Du hörst, bliebe Dir dazu keine Zeit mehr.

Gruß Martin
op111
Moderator
#8 erstellt: 02. Dez 2009, 14:19
Hallo Martin

Martin2 schrieb:
Du guckst zu viel Fernsehen!

seit langem nicht mehr, aber ich spüre die Spätfolgen!

Gehört ein solches Stück wie die 6. nicht auch zu denjenigen, die viel zu präsent sind und zu denen wir nahezu keine Distanz haben, um sie halbwegs objektiv beurteilen zu können?

Ich fürchte, ich gehöre zu den Hörern, die auf das Gewitter warten und für die dann das Werk zu ende ist.
Und für dieses Publikum soll (lt. einer Kritik) Toscanini die passende Werkauffassung/-aufführung geliefert haben.
Joachim49
Inventar
#9 erstellt: 03. Dez 2009, 12:20

Martin2 schrieb:
Aber im Vergleich zu Beethoven verlangt Vaughan Williams 3. zum Beispiel eine noch größere Bereitschaft, sich auf die Spannungsarmut pastoraler Empfindungen einzulassen.


Gruß Martin


Welch köstlicher Text. Du solltest dich bei einer Werbeagentur bewerben. Das klingt, als ob du einen halbsüssen Portugieser Weissherbst aus Rheinhessen mit den Worten anpreisen wolltest, der Wein verlange eine grosse Bereitschaft sich auf die Geschmacksarmut der Traube einzulassen. Irgendwo habe ich einmal den recht treffenden Vergleich gelesen, die 3.Symphonie sich anzuhören, sei so aufregend, wie eine Stunde nach einer bewegungslosen Kuh auf einer Weide zu schauen.
Freundliche grüsse
Joachim
Kreisler_jun.
Inventar
#10 erstellt: 03. Dez 2009, 12:37
Ich glaube, daß Beethovens Pastorale nach wie vor eine seiner beliebtesten Sinfonien ist. Vermutlich gemeinsam mit 5 und 7 die populärste (die häufigen Festaufführungen der 9. dürften deren Beliebtheit nicht angemessen wiedergeben).

Ebenso glaube ich, daß op.111 recht hat, daß viele von uns das Werk ebenso wie die 5. oder die Jupitersinfonie einfach zu oft gehört haben und erst wieder Distanz gewinnen müssen, um ein Urteil zu bilden. Allerdings muß ich zugeben, daß sie auch bei mir seit längerer Zeit die am wenigsten gemochte der Beethoven-Sinfonien ist. (Zusammen mit dem Violinkonzert ist sie ziemlich sicher das berühmte Beethovenwerk, was ich anscheinend deutlich weniger schätze als die Mehrheit.) Als Anfänger liebte ich sie jedoch sehr (ich habe sie zufälligerweise vor der 5. u.7. kennengelernt) auch noch Jahre später.

Die beiden genannten Sinfonien von Vaughan Williams habe ich ebenfalls eher zufällig auf einer CD als erste Werke dieses Komponisten gehört und sie haben mich erstmal auf einige Jahre ob ihrer Langweiligkeit abgeschreckt, bis ich später abwechslungs- und spannungsreichere Werke von ihm kennenlernte. Sie auch noch auf eine CD zu packen ist wirklich eine Einschlafgarantie...

JK jr.
op111
Moderator
#11 erstellt: 03. Dez 2009, 13:45

Joachim49 schrieb:
Das klingt, als ob du einen halbsüssen Portugieser Weissherbst aus Rheinhessen mit den Worten anpreisen wolltest, der Wein verlange eine grosse Bereitschaft sich auf die Geschmacksarmut der Traube einzulassen.

Auf dem Buchmarkt gibt es solche Texte schon. Auf dem Waschzettel einer ambitionierten Neuveröffentlichung hieß es sinngemäß, dass der Roman langweilig und spannungslos wirke, dies aber nicht so sei, weil (Doppelbödigkeit!) der/die Autor(in) dies so beabsichtigt hätte.
op111
Moderator
#12 erstellt: 03. Dez 2009, 16:37
Hallo zusammen,
um die Kurve zum Thema zum Thema wieder zu nehmen:


Klassikkonsument schrieb:
Gerade der 1. Satz wirkt überhaupt schlichter, allenthalben Wiederholungen und Vogel-Rufe.

was mir am ersten Satz auffällt, ist die Kontrastarmut.
Bereits die beiden Themen kontrastieren nicht im von Beethoven gewohnten Maß.
Der Satz läuft nahezu "ereignislos" ab, obwohl die einfachen Motive fleissig verändert und kombiniert werden.
Hört man diesen Satz nach dem Kopfsatz der 5., ist es, als ob Ludwig sich früh nicht nur in Minimal Music betätigt habe, sondern auch die erste symphonische Dichtung geschaffen habe.
Diese Sinfonie soll nahezu gleichzeitig mit der 5. komponiert worden sein.


[Beitrag von op111 am 03. Dez 2009, 20:55 bearbeitet]
cr
Inventar
#13 erstellt: 17. Okt 2010, 11:56
Weiß jemand, aus welchem Jahr diese Eroica stammt (diese Veröffentlichung ist von 1999, Aufnahme muß aber viel älter sein): amazon.de
Kreisler_jun.
Inventar
#14 erstellt: 17. Okt 2010, 13:40
Ich weiß zwar nicht, warum das im thread zur Pastorale steht, aber diese Aufnahme stammt vom Januar 1964. Es ist dieselbe, die auch im Zyklus mit dem New York Philharmonic enthalten ist. M.E. eine der besten Einspielungen des Werks.

JK jr.
Martin2
Inventar
#18 erstellt: 17. Okt 2010, 22:57
Es gibt einen Thread zur Eroica, den ich auch durch die alphabetische Suche gefunden habe. Ich schlage praktischerweise vor, die Diskussion über die Eroica hier:

http://www.hifi-forum.de/viewthread-195-493.html

fortzuführen.
Moritz_H.
Stammgast
#19 erstellt: 18. Okt 2010, 10:46
Zurück zum eigentlichen Thema:

Hört euch mal diese Aufnahme an – Schnipsel gibt es auch auf der Homepage des Labels - und dann kann weiter diskutiert werden …

amazon.de

Klingt verdächtig super gut – ich glaube, da wird bald noch was mit der Post ankommen …
Hüb'
Moderator
#20 erstellt: 18. Okt 2010, 13:40

cr schrieb:
Weiß jemand, aus welchem Jahr diese Eroica stammt

1964 produziert von John McClure.

Grüße
Frank
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