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Bruckner, Anton: Sinfonie Nr. 9+A -A |
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Autor |
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vanrolf
Inventar |
#51 erstellt: 09. Mrz 2007, 01:54 | |||
Ja Franz, ich wünschte auch, es gäbe mehr Bruckner von Szell.
Wenn ich mir Schuricht 5,8+9, Klemperer 4,5,6(!),7,8+9, Szell 3+8 oder Wand 5,8+9 anhöre: Nein, braucht er nicht. Jedenfalls nicht für mich. Gruß Rolf |
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teleton
Inventar |
#52 erstellt: 09. Mrz 2007, 09:22 | |||
Hallo Bruckner-Freunde, s.bummer hat es gestern Abend schon richtig erkannt:
Wenn ich es gestern gelesen hätte, wäre auch meine Antwort direkt gekommen. Was die Solti-GA-Aufnahme, auch von der Sinfonie Nr.9 (in deren Thread wir uns befinden) ausmacht, ist das sie insgesamt an keiner Stelle langweilig ist und schon gar keinen Wand-Langweiler präsentiert. Das Solti bei Bruckner 2.Liga sein soll möchte ich für meine Empfindungen und Hörgeschmack weit zurückweisen - für mich sind Referenzaufnahmen dabei - zum Beispiel die Sinf.Nr.1,2,6 und 8. Weiter OFFTOPIC: Einzig die Sinfonie Nr.4 mit Solti ist nicht so durchschlagend geraten und bietet nicht diese stahlharte Interpretattion aus Eisen und Stahl eines Karajan (DG). Ausgerechnet diese Aufnahme hat embe als einzige auf CD. Er sollte unbedingt den Rest auch mit Solti holen (wie seine Nr.3 auf DVD). Mit meinen beiden Bruckner-GA mit Karajan (auf DG als Einzel-CD´s) und Solti (Decca-Box) fühle ich mich, im Vergleich zu sehr vielen anderen Aufnahmen, auf jeden Fall bestens bedient. --------------------- Ich ahbe nochmal nachbearbeitet um die Sinfonien Nr.1 und 2 oben im Text hinzuzufügen - sie sind für mich auch die Referenzaufnahmen mit Solti. [Beitrag von teleton am 09. Mrz 2007, 10:37 bearbeitet] |
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Joachim49
Inventar |
#53 erstellt: 13. Mrz 2007, 21:31 | |||
Wenn ich nichts übersehen habe, fehlt bei den Empfehlungen eine der wichtigsten Aufnahmen, die es von Bruckners Neunter gibt: die Aufnahme mit Hermann Abendroth und dem leipziger Radioorchester aus den frühen 50-er Jahren. Mich hat sie schlichtweg überwältigt, und wer Extreme nicht liebt sollte die Finger weglassen. Der erste Satz wird mit einem 'drive' gespielt, wie man ihn bei Bruckner fast nie hört, der Zweite ist geradezu überhetzt. Merkw¨¨urdig doch wie sehr man Abendroth in Deutschland vernachlässigt. Wenn man die (guten) Pariser CD-Läden betritt, dann hat man eine gute Chance Abendroth-aufnahmen zu finden, den in Frankreich ist Abendroth sehr geschätzt (viele Auszeichnungen in 'diapason' oder 'Le Monde de la musique'. In Deutschland hat eine Abendrothaufnahme seltenheitswert. Gerne würde ich etwas mehr zu Klemperers Aufnahme hören. Ist sie je auf CD erschienen? Irgendwo habe ich gelesen, dass die EMI sie vom Markt genommen hat, weil sie ziemlich misslungen sein soll (was man von Klemperers Bruckner sonst gewiss nicht behaupten kann). Und was seine 8. betrifft. Es wäre dumm auf sie zu verzichten wegen der Schnitte. Es gibt bei Bruckner ja ohnehin viele verschiedene Versionen, und selbst Furtwängler hat eine eigene der Achten gespielt). Freundliche Grüsse Joachim |
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s.bummer
Hat sich gelöscht |
#54 erstellt: 13. Mrz 2007, 22:05 | |||
Hallo, zu den späten Klemp Aufnahmen (8. und 9.) eine kleine Anmerkung, ich wiederhole mich (siehe oben): a) man hört (mehr in der 8. als in der 1/2 Jahr früher aufgenommenen 9. ) zu viele Orchesterfehler als das man es durchgehen lassen sollte. Dies ist teilweise Klemp anzulasten, er interessierte sich zu dieser Zeit nicht mehr für perfektes Orchesterspiel, mehr für die grosse Linie (Interviews mit Heyworth), zusätzlich wurde Ende der 60iger allgemein beklagt, dass das NPO nur noch 2. Liga sei. b) Klemp hat vor allem in der 8 sehr starre Tempi, eben unflexibel, der 1. Satz ist fast seltsam eingeebnet, was Dynamik im Orchester anbelangt und er war auch zu echten Temposteigerungen nicht fähig. Das Scherzo ist nur was für Klemp Fans (also auch für mich). Beeindruckend ist für mich allerdings die dadurch entstandene Unmittelbarkeit der Sinfonien, die aller Weihe entkleidet werden. Doch ich fürchte, die Dokumente des späten Klemperer (ca. ab 1968, also nach seiner mehr als 1/2 jährigen Zwangspause infolge eines Hüftbruches) sind mehr was für Sammler, denn für Menschen, die sich Bruckner unvoreingenommen nähern wollen. Obwohl, und dieser Seitenhieb muss sein, sie mir immer noch authentischer und moderner vorkommen als beispielsweise der Jochumsche Ansatz, der in seiner letzten Einspielung in Dresden quasi ein Fallback in weihevolle Zeiten versucht hat oder die eitle Selbstbeweihräucherung eines Schaustellers vom Schlage eines Celibidache. Zu Abendroth: Ich fürchte, er wurde ein Opfer der Adenauerzeit: Im Osten lebend, also nicht eigentlich existent. Und: Er starb vor der eigentlichen Stereoeinführung! Damit war er nicht gut zu vermarkten. Ein Ossi mit historischen Aufnahmen, was soll das?? Brücke zu Klemp: dieser bedauerte, dass die Restauration des westdeutschen Kulturlebens nach dem WKII fast vollständig ohne die Mitwirkung der Exitlkünstler betrieben wurde. (Die galten in den 50igern ja auch als Vaterlandsverräter, oder wie ein "älterer Herr" mir mal sagte. "Die saßen in den USA in Luxushotels während uns die Bomben auf den Kopf fielen." Kommentar nicht notwendig) S. [Beitrag von s.bummer am 14. Mrz 2007, 20:17 bearbeitet] |
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Joachim49
Inventar |
#55 erstellt: 14. Mrz 2007, 21:56 | |||
Zu Abendroth: Ich fürchte, er wurde ein Opfer der Adenauerzeit: Im Osten lebend, also nicht eigentlich existent. Und: Er starb vor der eigentlichen Stereoeinführung! Damit war er nicht gut zu vermarkten. Ein Ossi mit historischen Aufnahmen, was soll das?? Brücke zu Klemp: dieser bedauerte, dass die Restauration des westdeutschen Kulturlebens nach dem WKII fast vollständig ohne die Mitwirkung der Exitlkünstler betrieben wurde. (Die galten in den 50igern ja auch als Vaterlandsverräter, oder wie ein "älterer Herr" mir mal sagte. "Die saßen in den USA in Luxushotels während uns die Bomben auf den Kopf fielen." Kommentar nicht notwendig) S.[/quote] Ja, so sehe ich das auch. Nur: wir auf diesem Forum können ja etwas dagegen tun. Nämlich für den bedeutenden Brucknerinterpreten Abendroth Reklame machen (und natürlich auch für die Emigranten (Abendroth zählt nicht dazu, er war der Nachfolger Bruno Walters am Gewandhaus im Hitlerdeutschland): es gibt von ihm die Bruckner'sche 5, 7, 8 und 9. Natürlich sind das historische Aufnahmen. Aber ehrlich gestanden, ich weiss nicht ob man das auf einem HiFi-Forum sagen darf, mir ist mit wenigen Ausnahmen ein Toscanini, ein Bruno Walter, ein Fritz Busch, ein Scherchen, ein Rosbaud oder ein Abendroth hundertmal lieber als die klanglich perfekte DDD Massenware. Ich weiss nicht, ob das am Alter liegt, weil dann die Ohren ohnenhin schlechter werden (so suggerierte ein Beitrag im Brahmsforum), aber es hat sicher etwas damit zu tun, dass wir (die etwas ältere Generation) eine gewisse Verantwortung haben, dass dieses grosse Erbe nicht in Vergessenheit gerät. Ich kann den HiFi-freaks nur empfehlen: Hört euch zum Beispiel Erich Kleibers 'Figaro' an und stellt euch ernstlich die Frage, ob damit irgendetwas ernsthaft konkurrieren kann, dass im Stereozeitalter oder DDD produziert wurde. Ein rauschender Toscanini Jahrgang 1939 ist mir jedenfalls lieber als ein klanglich peerfektes Produkt, das mich interpretatorisch nicht befriedigen kann. Freundliche Grüsse Joachim |
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op111
Moderator |
#56 erstellt: 14. Nov 2007, 09:40 | |||
Hallo zusammen, eine Aufführung der komplettierten 9. kann zurzeit als Stream beim Schwedischen Rundfunk gehört werden LINK (Mausklick auf Klicka här för att lyssna på konserten! öffnet per javascript ein popup-Fenster in dem man Format (real/wma) und Übertragungsbandbreite (Broadband) wählen kann und den Player startet.) Das gesamte Programm: Mendelssohn: Violinkonzert e-moll op 64 Daniel Hope, Violine Pause Anton Bruckner: 9. Sinfonie d-moll (Aufführungsfassung mit Finale von Samale, Phillips, Cohrs, Mazzuca, 2007) Schwedisches Radio Symphonie Orchester Daniel Harding Aufnahme: Berwaldhallen, Stockholm, 9. November 2007 Mehr zur Aufführungsfassung hier. Eine SACD (Hybrid) dieser Fassung ist seit einiger Zeit im Handel Sinfonieorchester Aachen, Marcus Bosch Sound: stereo & multichannel (Hybrid) Label: Coviello , DDD/LA, 2007 Soweit mir bekannt ist, wurde bei beiden Aufnahmen die antiphonale Aufstellung der Violinen (I. links, II. rechts) realisiert. [Beitrag von op111 am 14. Nov 2007, 12:33 bearbeitet] |
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arnaoutchot
Moderator |
#57 erstellt: 14. Aug 2010, 13:59 | |||
Habe mal meine Neunten von Bruckner revidiert und komme gerade mal auf 6 Aufnahmen. Es sind die folgenden: Furtwängler/BPO, DGG Japan 1944 Walter/Columbia SO, Sony 1959 Jochum/SOdBR, DGG 1964 Giulini/VPO, DGG 1989 Celibidache/Münchner PO, EMI 1995 Harnoncourt/VPO, RCA SACD 2002 Mein Favorit ist nach wie vor Giulini, der Celibidache ist sicherlich was Spezielles und den Harnoncourt finde ich nicht so schlecht, wie er von vielen gemacht wird. Klanglich sowieso nicht. Jochum hab ich in der Komplett-Box, auch wieder so eine Box, die ich eigentlich nicht mehr unbedingt brauche, weil ich fast alles besser in Einzelausgaben habe. Der Furtwängler ist eine rare Japan-CD, die hab ich mal billig in Second Hand gekauft, ist sicherlich vom Klang her historisch, aber vom Aufnahmedatum nicht uninteressant, Juli 1944, Beethovensaal Berlin, Höhepunkt des Bombenkrieges. Den Bruno Walter hab ich schon lange nicht mehr gehört. Was wäre noch die eine, die ihr mir unbedingt mit auf den Weg gebt ? Habe den Thread hier gelesen, Namen wie Schuricht, Giulinis 70er Jahre, Abendroth, Karajan und Solti usw. habe ich wohl vernommen, jedoch stünde mir der Sinn eher nach jüngeren Dirigenten und möglicherweise neueren (Mehrkanal-) Aufnahmen. Gab es da in den letzten drei Jahren neue Erkenntnisse ? Edit: Einschätzungen folgender Aufnahmen wären interessant für mich: Luisi/Staatskapelle Dresden, Sony SACD Järvi/Frankfurt RSO, RCA SACD van Zweden/Netherlands RSO, Exton SACD Janowski/O de la Suisse Romande, PentaTone SACD Bosch/Aachen SO, Coviello SACD Grüße Michael [Beitrag von arnaoutchot am 14. Aug 2010, 14:15 bearbeitet] |
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Martin2
Inventar |
#58 erstellt: 14. Aug 2010, 16:05 | |||
Hallo Michael, man weiß bei so alten Threads nie, ob man da nicht schon mal was geschrieben hat. Ich habe nicht 6, aber immerhin 5 Einspielungen. Furtwängler BPO Karajan BPO Jochum BPO Jochum Dresden Haitink Concertgebouw Furtwängler hat einen lausigen Klang, ist in einer Box drin, habe ich aber interpretatorisch als ausgezeichnet in Erinnerung. Karajan fand ich großartig, Haitink weniger. Jochum ist etwas eigenartig, aber unbedingt hörenswert. In beiden Aufnahmen, aber die Berliner ist besser ( nur klanglich nicht). Gruß Martin |
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Joachim49
Inventar |
#59 erstellt: 14. Aug 2010, 20:52 | |||
Ich habe auch mal gezählt: Abendroth - Leipzig RSO Walter - Columbia Jochum - Dresden Jochum - Bayern RSO Barenboim - Berliner Ph. Barenboim - Staatskapelle Bln. (mp3) Barenboim - Wiener Ph.(mp3) Horenstein - Wiener Symphoniker Karajan - Berliner Ph. Karajan - Berliner Ph. (dvd) Furtwängler - Bln. 1944 Asahina - Osaka (mp3) Boulez - ??? (mp3) Luisi - Staatskapelle Dresden (mp3) Haitink - A'dam (mp3) Roshdesventsky - Moskau (mp3) Die mit mp3 gekennzeichneten Aufnahmen sind Mitschnitte von Radiosendungen. Mein Favorit ist und bleibt trotz deutlich mässiger Aufnahmequalität Abendroth. Die Aufnahmen mit Jochum schätze ich auch sehr. Walter ist mir viel zu friedlich. Abendroth klingt dagegen wie der Schrei von Munch. Meine Luisi-Aufnahme ist der Mitschnitt eines Konzerts. Ob die CD - Aufnahme identisch ist, weiss ich nicht. Ich fand die Luisiaufnahme recht überzeugend, obwohl vielleicht die Tonschönheit etwas zu Lasten der Expressivität geht. Auch Giulini - den ich mal geliehen hatte - finde ich irgendwie ein bisschen lammfromm. Karajans dvd geniesst man am besten wie der Dirigent selbst: mit geschlossenen Augen. Der Boulez ist glaube ich recht alt, vermutlich ein Gastspiel beim Südwestfunk. Kennt eigentlich jemand Klempereurs Bruckner 9. Die Aufnahme soll erstaunlicherweise völlig misslungen sein, jedenfals habe ich sie nie finden können und wurde sie offensichtlich von der EMI aus dem Verkehr gezogen. Freundliche grüsse Joachim |
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Kaddel64
Hat sich gelöscht |
#60 erstellt: 16. Aug 2010, 10:42 | |||
Guter Tipp. Ich habe den Anblick der unsäglichen Bildregie nur einen Satz lang ausgehalten. Typische Bildästhetik der 80er Jahre, die sich in ziemlich farblosen, weichgezeichneten Gegenlicht-Nahaufnahmen ergeht. Dabei werden die wirklich interessanten Details leider komplett ausgespart. Und dem besseren Verständnis der Musik ist das auch nicht gerade dienlich. Mit ausgeblendetem Bildschirm kann man sich den Karajan hingegen antun. Vielen gilt Günter Wand als DER Bruckner-Experte schlechthin. Man muss seine Sichtweise nicht mögen, aber wer auf der Suche nach mehr als einer guten Aufnahme der Neunten ist, sollte sich nicht davon abschrecken lassen, dass es sich bei Wands späten Deutungen meist um Konzertmitschnitte handelt. Seine Aufnahme mit den Berlinern dürfte klanglich (wenn auch nicht SACD) und interpretatorisch immer noch auf einem der Spitzenplätze liegen. |
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arnaoutchot
Moderator |
#61 erstellt: 16. Aug 2010, 11:16 | |||
Danke für den Hinweis. Wand ist mir bekannt, ich habe bei den anderen Sinfonien auch Aufnahmen mit Wand (allerdings scheinbar keine mit den Berlinern, sondern mit dem NDR-SO; klanglich waren die eher durchschnittlich). Eine weitere Komplettaufnahme suche ich aktuell auch nicht. Heute fiel mir zufällig diese hier günstig in die Hand, Luisis Strauss war hörenswert, sonst kenne ich nichts von ihm. |
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op111
Moderator |
#62 erstellt: 16. Aug 2010, 21:39 | |||
Die 9. ist überwiegend in der DG-Aufnahme vom 10.Juli 1944 unter den unterschiedlichsten Labels im Programm Timing: DG CD 445 4182 57:55 =1. 23:22 2. 9:16 3. 25:06 Ausgabe 1894 Ed. Alfred Orel (wie auch Walter und Schuricht vor 1957 - die Wiener EMI-Aufnahme folgt Nowak) Die Spielzeiten sagen nichts über die Tempi, da bei Dr.Fus exzessivem Rubato kaum einmal 2 aufeinanderfogende Takte das selbe Tempo haben. Was man da hört, hat vielleicht mit der heute allgemein akzeptierten Brucknersicht nichts gemein, ist aber in jedem Takt atemberaubend spannend. Dagegen haben die meisten modernen Aufnahmen einen schweren Stand. Giulinis m.E. beste 9. hat die EMI 1976 in Chicago aufgenommen. Noch Walter / Columbia und Schuricht EMI und die 3-sätzige 9. ist weitgehend ausgeleuchtet. Unter Wands zahlosen Aufnahmen gefällt mir die späte Berliner nicht nur wegen des überragenden Orchesters am besten. Solti war bei der 9. (1981) nicht nervös und hektisch, Karajan (um 1975) m.E. auch hervorragend diszipliniert. [Beitrag von op111 am 16. Aug 2010, 21:42 bearbeitet] |
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arnaoutchot
Moderator |
#63 erstellt: 17. Aug 2010, 11:20 | |||
Danke, Franz, für den guten Überblick. Vermutlich ist das alles, was man braucht. Ich bin trotzdem noch neugierig, ob nicht in neuerer Zeit noch ein Interpret etwas zu dem Thema zu sagen hat. Zu dem Luisi schreibe ich was, wenn ich ihn in Ruhe gehört habe. |
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op111
Moderator |
#64 erstellt: 17. Aug 2010, 16:20 | |||
Hallo Michael, meine kursorische Liste bedeutet keineswegs, dass nach 1981 (Solti) und Wand (um 1999) nichts adäquates mehr erschienen ist oder mir neuere Aufnahmen nicht mehr gefallen hätten. Keineswegs. Ich vermisse nur abweichende / neuere Ansätze in den Sätzen 1-3 (die (Re-)Konstruktionen / Neuschöpfungen des Finales lasse ich mal ausser Betracht). Thielemann und z.T. auch Barenboim zelebrieren gern etwas was sie für einen Furtwängler-Stil halten. Die Masse folgt einem ziemlich uncharakteristischen Mainstream. Wenig originelles Neues. Da bleibe ich besser bei den Vorbildern, zumal die meisten klanglich noch akzeptabel bis hervorragend sind. [Beitrag von op111 am 17. Aug 2010, 16:22 bearbeitet] |
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arnaoutchot
Moderator |
#65 erstellt: 17. Aug 2010, 18:56 | |||
Nun ja, bei einer Symphonie wie der 9. von Bruckner heute noch originelles Neues zu finden, dürfte ans Unmögliche grenzen (oder an die Grenzen des guten Geschmacks). Ich hab mir nun den Giulini von 1976 noch geholt (in der Chicago-Recordings-Box), das hat mich nun doch neugierig gemacht, inwieweit sie sich von der von mir sehr geschätzten DGG-Aufnahme unterscheidet. Den Luisi habe ich nun gehört, er fällt vermutlich in die Kategorie des "Mainstreams". Alles recht breit, pastös und warm, und die Tiefenstaffelung des Orchesters in der Semperoper sehr schön eingefangen. Sicherlich nicht schlecht, aber der Harnoncourt hatte insbesondere im Scherzo und im Adagio mehr Ecken und Kanten. Ich werde mir als nächstes mal den Furtwängler anhören, bin nach Deinen Aussagen schon gespannt darauf. |
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Martin2
Inventar |
#66 erstellt: 17. Aug 2010, 19:13 | |||
Hallo Franz, daß die Masse außer Furtwängler, Barenboim und Thielen einem "Mainstream" folge, kann aber unmöglich auf den Jochum zutreffen. Diese Box ist unschlagbar günstig ( JPC habe ich nicht gecheckt) und enthält über den Jochum hinaus noch die 0. mit Skrowachewski. Ich empfehle sie immer wieder gerne. Gruß Martin |
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arnaoutchot
Moderator |
#67 erstellt: 17. Aug 2010, 19:29 | |||
Die meisten Stimmen, die ich hier und anderswo gelesen habe, ziehen aber den DGG-Zyklus von Jochum vor. Der ist natürlich etwas teurer. Ausserdem hatte ich Franz so verstanden, dass gerade Thielemann und Barenboim eben Furtwängler folgen - ? |
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Martin2
Inventar |
#68 erstellt: 17. Aug 2010, 19:35 | |||
Also ich hatte Franz eher so verstanden, daß Barenboim und Thielen versuchen, Furtwängler zu kopieren, aber dabei bei weitem nicht erreichen. Ein Grund, warum mich das weniger interessiert. Jochum spielt auch Rubati oder so was, ist aber unbedingt "sein eigener Mann". Gruß Martin |
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Moritz_H.
Stammgast |
#69 erstellt: 17. Aug 2010, 20:05 | |||
Kennt jemand schon diese (neue) Aufnahme? Hat eigentlich eine relativ positve Kritik erhalten; macht jedenfalls Lust zum Hören ... http://magazin.klassik.com/reviews/reviews.cfm?TASK=review&REID=11272 |
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Martin2
Inventar |
#70 erstellt: 17. Aug 2010, 20:23 | |||
Meinst Du diesen hier? Der ist nicht "etwas", sondern erheblich teurer. Nämlich 55 Euro im Vergleich zu 20 und er enthält auch nicht die 0. Sinfonie. Da frage ich mich, ob das sinnvoll ist. Ich habe die 4., 7., 8. und 9. aus dem DGG Zyklus, die sind alle hervorragend, aber möglicherweise auch als Einzel CDs erhältlich. Die sind alle mit den Berliner Philharminker und das ist nun mal ein Weltklasseorchester, die anderen aus dem DGG Zyklus aber mit dem Bayrischen Sinfonieorchester und ob die soviel besser sind als die Dresdner? Denn der Interpretationsansatz hat sich für mein Gefühl bei Jochum nicht wesentlich geändert, der Grund, warum die DGG Zyklus vermutlich besser ist, ist die Klasse der Berliner Philharmoniker. Leider ist es aber wohl so - habe das soeben bei Amazon und JPC mal gecheckt - daß diese großartigen Aufnahmen, die ich noch in der Reihe "Resonance" relativ günstig kaufte, nicht mehr als Einzel CDs erhältlich sind. Wer dran kommen will, muß wohl in den sauren Apfel beißen und die DGG Gesamteinspielung kaufen. Gruß Martin |
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arnaoutchot
Moderator |
#71 erstellt: 18. Aug 2010, 07:46 | |||
Ja, die meine ich. Ich kenne die Dresdner-Aufnahme nicht, aber ich darf mal einen Rezensenten aus amazon zitieren, der die beiden Aufnahmen verglichen hat. Das klingt - wie gesagt nur in Kenntnis der DGG-Box - nicht unplausibel für mich. Und nicht nur aus Lokalpatriotismus halte ich das SO des BR für ein hervorragendes Bruckner-Orchester (zumal sie nur die 2,3,5 & 6 spielen). Und: Der Preis ist für mich nicht das alleine entscheidende Element
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Hüb'
Moderator |
#72 erstellt: 18. Aug 2010, 07:51 | |||
Hallo, ja, das SO des Bayerischen Rundfunks ist ein Weltklasseorchester, dass heute wirklich keinen Vergleich scheuen muss. Damals mag das etwas anders ausgesehen haben :?.
Der Dirigent heißt übrigens richtig "Thielemann". Erkennbar an seinem schön deutschen (:L) Scheitel. Um den Jochum/Bruckner-Reigen zu vervollständigen, hier noch der Hinweis auf die Aufnahme der 5. mit dem Concertgebouw-Orchester für Philips: Grüße Frank [Beitrag von Hüb' am 18. Aug 2010, 07:56 bearbeitet] |
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Kings.Singer
Inventar |
#73 erstellt: 18. Aug 2010, 09:57 | |||
Man werfe Thielemann und Gielen in einen Topf - und man erhält einen Thielen. Wäre im Übrigen eine äußerst interessante Mischung... |
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Martin2
Inventar |
#74 erstellt: 18. Aug 2010, 12:16 | |||
Und damit hast Du auch Recht. Angesichts der Tatsache, daß diese Aufnahmen nicht mehr einzeln zu bekommen sind, kann ich wiegesagt aus meiner Kenntnis der Sinfonien 4, 7,8 und 9, die ich aber einzeln besitze, den DGG Zyklus mit Jochum doch empfehlen. Ich werde ihn mir aber nicht holen, da der Emizyklus auch nicht schlecht ist und ich das für mich interessanteste schon habe. Gruß Martin |
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op111
Moderator |
#75 erstellt: 18. Aug 2010, 13:02 | |||
Martin, die Methode, nahezu jedes Crescendo mit einem Accelerando zu verbinden, wie Jochum, war lange Zeit üblich und ist auch in den Dresdner-Aufnahmen zu finden, wenn auch nicht mehr so extrem häufig wie in der DG-Aufnahme . |
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Martin2
Inventar |
#76 erstellt: 18. Aug 2010, 13:38 | |||
Hallo Franz, ich habe für diese Dinge ein schlechtes Gehör und müßte da bewußt drauf achten. Ich finde Jochums Bruckner sehr gut, wobei ich im Falle der 5. den Karajan lieber mag, dafür aber bei der 7. und 8. den Jochum. Bei der 9. müßte ich einmal einen bewußten Hörvergleich anstellen, also mir mal alles an einem Tag bewußt anhören. Aber fünfmal Bruckners 9. hintereinander ist mir schlicht zuviel. Mein Motto war immer: Erlaubt ist was gefällt. Und mir gefällt Jochums Bruckner, speziell die Sinfonien 4 und 7-9 mit den Berliner Philharmonikern. Gruß Martin |
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op111
Moderator |
#77 erstellt: 18. Aug 2010, 16:44 | |||
Hallo Martin, um festzustellen wann es viel lauter und gleichzeitig viel schneller wird, brauchst du aber kein gutes Gehör. Das höre ja sogar ich. |
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Martin2
Inventar |
#78 erstellt: 18. Aug 2010, 16:55 | |||
Hallo Franz, ich höre aber absolut nicht "analytisch". Ich lausche der Musik und lasse mich von ihr davon tragen - jedenfalls meistens. Ich will gar nicht immer unbedingt wissen, was mir an einer Musik oder Interpretation gefällt. Das hat für mich etwas von "Entzauberung". Mich in dieser Hinsicht von Musik verzaubern zu lassen, ist ein Privileg, das ich mir als musikliebender Laie vorbehalte - über "Accelerandos" und "Crescendos" mögen sich andere Gedanken machen. Ich registriere so etwas nur, wenn es mich stört, wie bei der langweiligen Bruckners 7. mit Chaily oder bei Bruckners 8. mit Karajan, wo es im langsamen Satz Karajan nicht gelingt, die potentielle Trivialität nicht zurückzunehmen ( gleiches gilt für die Mahlers 4. mit Bernstein, wo etwas, was bei Szell sehr nobel klingt, beim Expressivostil von Bernstein trivialisiert wird). Wiegesagt: Ich möchte eigentlich gar nicht analysieren, was mit an einer Interpretation oder Musik gefällt. Gruß Martin |
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Moritz_H.
Stammgast |
#79 erstellt: 18. Aug 2010, 17:32 | |||
@Martin, mit dieser Aufnahme habe ich den Einstieg zu Bruckner erhalten. Langweilig finde ich diese Aufnahme überhaupt nicht ... |
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op111
Moderator |
#80 erstellt: 18. Aug 2010, 18:32 | |||
op111
Moderator |
#81 erstellt: 18. Aug 2010, 18:45 | |||
In diese Kategorie gehört für mich Furtwänglers Aufnahme von 1944. Diese Aufnahme hat diese verzaubernde Aura. |
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Martin2
Inventar |
#82 erstellt: 19. Aug 2010, 08:09 | |||
Hallo Franz, ja diese Aufnahme habe ich auch und sie hat mir sehr gut gefallen. Nur leider ist sie von diesem TIM Label und diese 10 CD Box war sehr billig, aber wie es um die Qualität der Transfers aussieht, weiß ich leider nicht. Gruß Martin |
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Martin2
Inventar |
#83 erstellt: 19. Aug 2010, 08:13 | |||
Hüb'
Moderator |
#84 erstellt: 19. Aug 2010, 08:28 | |||
Joachim49
Inventar |
#85 erstellt: 19. Aug 2010, 09:18 | |||
Die Formulierung suggeriert, dass es mehrere Aufnahmen der Bruckner'schen Nr. 9 unter Furtwängler gibt. Soviel ich weiss, hat F sie nur einmal aufgenommen, 1944 mit den Berlinern. Diese Aufnahme ist aber 26 mal bei verschiedenen Labels erschienen. Freundliche grüsse Joachim (mich hat diese Aufnahme, wohl unter dem Eindruck von Abendroths Version, relativ kalt gelassen. Bei Abendroth wirkt der Kopfsatz keinen Augenblick statisch, sondern wird mit "drive" gespielt. Allerdings sind Abendroths "Temposchwankungen" noch berüchtigter und auffälliger als die Jochums oder Furtwänglers) Joachim |
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Hüb'
Moderator |
#86 erstellt: 19. Aug 2010, 09:22 | |||
Das wußte ich nicht. Aufgrund der Vielzahl von Ausgaben war ich tatsächlich von mehreren verschiedenen Aufnahmen ausgegangen. Grüße Frank |
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Martin2
Inventar |
#87 erstellt: 19. Aug 2010, 09:42 | |||
Joachim49
Inventar |
#88 erstellt: 19. Aug 2010, 16:29 | |||
Hallo Martin, Abendroth ist nach meiner Einschätzung ein mit Furtwängler gleichrangiger Dirigent und für bedeutend halte ich vor allem seine Bruckner, Brahms, Beethoven und Schubert-Aufnahmen. Vor einigen Jahren wurden die Aufnahmen von Berlin Classics verramscht, aber die meisten Einzelausgaben sind vom Markt verschwunden. Die Aufnahmen der Tahra oder Music&Arts sind dagegen meist teuer. Auch die umfangreichen Arlecchio-Aufnahmen sind wohl kaum noch zu finden (vielleicht ist das (Piraten?)Label verschwunden.) Auf e-bay wird die Bruckner 9 für 27.99 euro angeboten, was absurd ist, da sie ja für weniger in der von Dir erwähnten Box enthalten ist. Da für die Berlin Classic Einzelaufnahmen z.Zt. fast 10 euro gefragt werden (jpc, ebay) ist die 7 CD Box wahrscheinlich im Moment die günstigste Gelegenheit Abendroth kennenzulernen. Freundliche Grüsse Joachim |
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arnaoutchot
Moderator |
#89 erstellt: 19. Aug 2010, 19:18 | |||
Ich habe die japanische DGG/Polydor KK Ausgabe von 1991 (POCG-2347). Nachdem die Japaner ja meist rechte Perfektionisten sind, haben sie die Aufnahmen recht gut aufgearbeitet. Die leisen Stellen klingen recht gut, nur in den Fortissimos matscht es etwas. Interpretatorisch fiel mir im ersten Satz auf, dass F. zahlreiche Pausen macht, die mir bei den anderen nicht so gegenwärtig sind. Kann das sein ? Auch sind seine Tempi sehr wechselhaft, mal schneller, mal langsamer. Die Monoaufnahme lässt durchaus andere Dinge in den Vordergrund treten wie die Stereoaufnahmen. Ob es eine Jahrhundertaufnahme ist, wie von vielen gepriesen, kann ich noch nicht beurteilen. |
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op111
Moderator |
#90 erstellt: 19. Aug 2010, 20:45 | |||
Um den Kauf der Aufnahmen Abendroths habe ich bisher einen Bogen gemacht. Die politische Einstellung Abendroths im sogen. 3. Reich erscheint mir als recht suspekt. |
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Joachim49
Inventar |
#91 erstellt: 19. Aug 2010, 23:56 | |||
Zunächst einmal: wenn wir die politische Einstellung zum 3. Reich als Kriterium für unsere CD-Einkäufe machen, dann wird wohl so manches zu beanstanden sein. Also holen wir mal die Mülltonne und übergeben ihr unsere Karajans, Böhms, das vermutlich einzige Werk von Orff aus unserer Sammlung, unsere Aufnahmen mit Kempff vermute ich, Backhaus und wahrscheinlich viele andere. (Ich habe Furtwängler bewusst nicht in die Liste aufgenommen). Mehr konkret: was wissen wir denn wirklich über Abendroths politische Einstellung? Gut, er wurde Nachfolger Bruno Walters am Leipziger Gewandhaus, nachdem dieser vor seinen Verfolgern in die Emigration flüchtete. (Aber bitte, dann müssen wir auch den Dresdner Nachfolger von Fritz Busch gleich behandeln). 1934 verlor Abendroth alle seine Ämter in Köln, trotz des grossen Beitrags, den er zum Aufbau des Kölner Musiklebens geleistet hat. Man warf ihm, der 1934 kein Mitglied er Nsdap war, vor: - freundschaftliche beziehungen zu jüdischen gesellschaftskreisen in Köln zu haben - besonders häufig jüdische Solisten einzuladen -jüdische Komponisten zu begünstigen - eine sowjetfreundliche Einstellung zu haben (Gastspiele in Moskau und Leningrad) - russenfreundliche Zeitungsartikel über diese Gastspiele geschrieben zu haben. Als sich an der Musikhochschule in Köln Kollegen und Studenten mit Abendroth solidarisierten, wurde die Hochschule von der SA gestürmt. Einige der professoren wurden schwer misshandelt. Abendroth gastierte danach bei verschiedenen Orchestern im Ausland aber auch in deutschland, ua. in Weimar. Im Oktober 1934 übernahm Abendroth die Stelle in Leipzig. Die Stelle wurde ihm mit Unterstützung des Kölner NS Bürgermeisters Riesen, der Furtwänglers und der des Vorsitzenden der Kölner Konzertgesellschaft vermittelt. Im allgemeinen deutschen Musikverein, in dem er eine leitende Funktion hatte, hat sich Abendroth bis 1937 für die Aufführung von Werken bereits verbotener Künstler eingesetzt. Dem Musikverein wurde vorgeworfen Vorschlâge nationalsozialistischer Organisationen nicht genügend zu berücksichtigen und den Schottverlag zu begûnstigen, obwohl dieser viele Kompositionen jüdischer Komponisten verlege. Abendroth (aber auch Richard Strauss !)werden in diesem Zusammenhang persönlich genannt. 1937 wurde der Verein, der sich u.a. für Uraufführungen einsetzte, aufgelöst. Abendroth hatte das gewandhausorchester schon sehr frûh dirigiert, er bewarb sich 1922 um den Posten des Chefdirigenten, unterlag jedoch Furtwängler (die Orchestermitglieder sollen jedoch Abendroth vorgezogen haben). Nachdem der Leipziger Bürgermeister Goerdeler zurückgetreten war (nämlich wegen des Abrisses des Mendelssohn-Denkmals) wurde Abendroth von dessen Nachfolger gezwungen Mitglied in der Nsdap zu werden oder den Posten am gewandhaus aufzugeben. Am 1. Mai 1937 wurde Abendroth Mitglied in der NSDAP. Seit 1934 hat Abendroth keine Werke jüdischer Komponisten mehr aufgeführt. Er trat auch im besetzten Frankreich auf. Es gibt Aufsätze im "Musikerzieher" die floskelhafte positive Erwähnungen der nazi-ideologie enthalten. Es gibt aber auch aus unverdächtigen Quellen (also nicht aus Szelbstdarstellungen A's) Beweise, dass sich Abendroth für verfolgte und verfemte Musiker einsetzte, u.a. hat er eine in Mischehe lebende jüdische Frau unterstützt, als deren Mann von der Gestapo inhaftiert wurde.Wer die V. Klemperer Tagebücher kennt, weiss wie ungewöhnlich und wie gefährlich ein solches verhalten war.)Wie für die berliner Philharmoniker gab es auch auf Abendroths Andringen für die Musiker des Gewandhauses eine Sondergenehmigung, die sie vom Kriegsdienst befreite. Am 8. Juli 1945 leitete Abendroth ein konzert zur begrûssung der Roten Armee (Beethoven und Tschaikowsky), am 26. Juli führte er Mahlers 1. Und Mendelssohns Violinkonzert auf (das er 1934 zum letzten Mal dirigiert hatte). Am 5. November 1945 wurde A. wegen seiner NSDAP Mitgliedschaft entlassen (Konwitschny wurde sein Nachfolger). Sehr wahrscheinlich hatte es Abendroth der Gunst der Russen in der damaligen SBZ (für jüngere: Sowjetische Besatzungszone) zu danken, dass er als Dirigent schnell wieder zum Einsatz kam. Einerseits am Weimarer Nationaltheater, andererseits als Professor fûr Dirigieren an der Weimarer Musikhochschule. Abendroths Entnazifizierungsprozedur enthält die entlastende passage: "über diese (NSDAP)Mitgliedschaft hinaus, ist nichts politisch Belastendes bekannt geworden". 1950 trat Abendroth wieder vor das Kölner Gürzenich Orchester, aber weitere Auftritte wurden auf persönliche Initiatve Adenauers verhindert, der es unerwünscht fand, dass ein Repräsentant der DDR in der BRD gefeiert wurde. Es kam zwar zu einigen wenigen weiteren Auftritten im 'Westen', aber der Kalte Krieg sorgte dafür, dass Abendroths Arbeitsschwerpunkt östlich des Eisernen Vorhanges zu liegen kam. Ich habe selbst keinen Zweifel, dass Abendroth heute, ohne diese historischen Umstände, mit Furtwängler in einem Atemzug genannt werden würde. Soviel zur 'politischen Einstellung' Abendroths. mit freundlichen Grüssen Joachim (u.a. ein eifriger Sammler von Abendrothaufnahmen) |
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Hüb'
Moderator |
#92 erstellt: 20. Aug 2010, 06:07 | |||
Das ist mal ein flammendes und - meinem Eindruck nach - kenntnisreiches Plädoyer! |
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Hüb'
Moderator |
#93 erstellt: 20. Aug 2010, 06:23 | |||
Posting von Wolfgang aus einem anderen Thread:
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arnaoutchot
Moderator |
#94 erstellt: 20. Aug 2010, 08:01 | |||
@ Joachim: Danke für die Aufklärung. Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass bis zur Erwähnung des Namens "Abendroth" in diesem Thread dieser Dirigent völlig unbekannt war. Wieder was gelernt. Gestern Abend hab ich noch die 9. von Giulini aus der Chicago-Box angehört. Wirklich eine sehr gute Aufnahme, die vor allem auch klanglich der DGG-Version (zumindest ohne direkten Vergleich) in nichts nachsteht. Mir schien es auch so, als wäre sie einen Tick frischer als die Wiener-Aufnahme 13 Jahre später. Um meine Bruckner-Studien jetzt noch vorläufig zu beenden, habe ich Geld in die Hand genommen und die von einem befreundeten Bruckner-Kenner sehr gelobte neue Skrowaczewski-Aufnahme aus Japan auf SACD geordert. Der deutsche Skrowaczewski-Zyklus wurde ja schon angemessen gelobt, ich meine, dass wir hier nochmals die Möglichkeit haben, einen Dirigenten der "alten Garde" in aktueller Klangqualität zu erleben. Ich bin gespannt. |
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op111
Moderator |
#95 erstellt: 20. Aug 2010, 08:53 | |||
Hallo Joachim, vielen Dank für die ausführliche Darstellung. So differenziert behandeln die meisten Publikationen Abendroths Rolle in der Zeit 33-45 nicht. Zur Ergänzung: Fritz Buschs Nachfolger an der Semperoper war Karl Böhm (1934-43). [Beitrag von op111 am 20. Aug 2010, 09:45 bearbeitet] |
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Joachim49
Inventar |
#96 erstellt: 20. Aug 2010, 10:14 | |||
Ich habe mich auf die Abendroth-Biographie der Archivarin der Weimarer Musikhochschule, Irina Lucke-Karminiarz, gestützt. Sie hatte früher schon eine Abendroth-Ausstellung organisiert, die in Weimar und Jena zu sehen war. Die Abendroth-Biographie, auch interessant im Hinblick auf die Geschichte des Kölner Musiklebens, gibt's inzwischen zum Spottpreis von 5 Euro. http://www.jpc.de/jp...th/buchnum/134761164 Freundliche Grüsse Joachim |
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cr
Inventar |
#97 erstellt: 18. Okt 2010, 23:14 | |||
Zu Paavo Järvis Neunter hat noch keiner was gesagt. Mich hat zumindest beim Anhören nichts gestört und klanglich scheint sie top zu sein. Meistens höre ich die Bruckner-Sym. mit Giulini und Solti... |
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Martin2
Inventar |
#98 erstellt: 19. Okt 2010, 12:33 | |||
Das sollte vermutlich positiv gemeint sein, klingt aber für mich eher nach einem vernichtenden Urteil. Ich kenne eine Dvoraks 9. mit Paavo Järvi und die finde ich grottenschlecht. Von daher zieht mich wenig dahin, Paavo Järvi zu hören, zumal ich mit Karajan, 2 mal Jochum, Haitink, Abendroth und Furtwängler Aufnahmen habe, die mich nicht bloß "nicht stören". Am liebsten gehört habe ich erstaunlicherweise den Karajan. |
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cr
Inventar |
#99 erstellt: 19. Okt 2010, 14:36 | |||
Ja, das war verhalten positiv gemeint. Wenn ich ein Stück gut kenne, und ich höre es mit wem Neuen, dann kann sein, dass mich etwas irritiert* (die 6. Bruckner mit Lopez-Cobos habe ich zB extrem diletantisch empfunden, ohne dies im Detail brgründen zu können. Meist liegt es an der Rhythmik/Tempi) * (unterschiedliche Ansätze irritieren mich nicht generell, sonst könntw ich nicht ohne Irritation dieselbe Symphonie mit Karajan, Solti, Guilini und Jochum hören) Aber vielleicht kann zur Neunten unter P.Järvi noch wer seinen Eindruck schildern. |
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klutzkopp
Inventar |
#100 erstellt: 29. Apr 2022, 08:39 | |||
To whom it may concern: Die (nicht unumstrittene) 1990er Liveaufnahme mit Lennie B. und den Wienern gibts günstig in dieser - nicht auf den ersten Blick als solche zu erkennenden Aufmachung - zu kaufen: [Beitrag von klutzkopp am 29. Apr 2022, 08:48 bearbeitet] |
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Agon
Hat sich gelöscht |
#101 erstellt: 01. Mai 2022, 10:46 | |||
Diese Aufnahme der Neunten Bruckner durch Bernstein und die WP schätze ich extrem. Sie steht für mich auf einer Stufe mit Carlo Maria Giulinis Aufnahme mit den WP (ebenfalls DG). Es mag auch noch einige andere gelungene Aufnahmen geben, aber diese beiden werden für mich wohl immer die Fixsterne bleiben. |
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