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Interpretationen von Klavierkompositionen - die denkwürdige Aufnahme

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AcomA
Stammgast
#1 erstellt: 19. Mai 2005, 11:06
liebe forumsmitglieder,

es gibt sie nicht zu hauf, interpretationen von klavierwerken auf tonträger, die auch z.b. in 50 jahren noch besprochen werden und zu den lieblingen von piano-freaks gehören. dieser thread soll diesen einzigartigen aufnahmen gewidmet sein. es muss sich bei den interpretationen nicht zwangsläufig um referenzeinspielungen handeln. es gibt z.b. exzentriker, deren interpretation richtungsweisend für deren zeit gewesen sind und viele nachfolgende auch top-pianisten in ihren bann schlugen, und man diesen ansatz selbst übernahm.

ich mache mal einen anfang:

nicolai medtner

gesamtaufnahme der klaviersonaten auf 4 cds

marc-andre hamelin, piano (steinway d)


hyperion, DDD, aufn. 1996-98

amazon.de

die klaviersonaten medtners sind kostbarkeiten der spätromantik. der klaviersatz ist äußerst dicht, ja manchmal erdrückend. medtner verwendet viel kontrapunktik. überdies ist der einfallsreichtum an melodien scheinbar unerschöpflich. die einspielung hamelins ist eine pianistische orgie. dieser pianist blüht meistens da auf, wo man vor lauter bäumen den wald nicht mehr sieht. bei der darstellung einer mozartsonate z.b. scheint er ratlos. aber hier vollbringt er ware wunder. es ist nicht nur die technische omnipotenz, sondern der sonore anschlag und das ausgeklügelte klangempfinden. unter seinen händen 'atmet' die musik medtners, und als zuhörer gerät man in einen wahren 'sauerstoff'-rausch. ich kann es nicht besser ausdrücken. im vergleich zu vielen späteren hyperion-aufnahmen ist der klavierklang hier noch sehr direkt und nicht 'gesoftet' aufgenommen.

gruß, siamak


[Beitrag von AcomA am 20. Mai 2005, 11:07 bearbeitet]
AcomA
Stammgast
#2 erstellt: 20. Mai 2005, 11:04
frederic chopin
sonate nr. 2 b-moll op. 35 *

maurice ravel
gaspard de la nuit

sergei prokofiev
sonate nr. 6 a-dur op. 82

ivo pogorelich, piano


DG, ADD*/DDD, aufn. 1981*/1982



die chopin-sonate stammte von pogorelichs debutplatte bei der DG. er wurde als finalist des warschauer chopin-wettbewerbs 1980, der die jury am ende spaltete und nicht zum sieger erklärt wurde, von der DG unter vertrag genommen. das scherzo und das finale habe ich weder vorher noch später so klar und mit motorischem drive gehört. seine anschlagsrafinesse war hier schon auszumachen.
ravels gaspar de la nuit und prokofievs 6. sonate erschienen zusammen auf einer LP. es war die 3. veröffentlichung des pianisten bei der DG. beide werke gehören schon technisch zum anspruchsvollsten der klavierliteratur. die ondine habe ich nie wieder so schön gesungen gehört. genauso die bedrohliche athmosphäre des scarbo. als referenz der 6. sonate gelten für mich noch immer die interpretationen s. richters und i. pogorelichs. während bei richter die brutalität betont wird, entlockt pogorelich erstaunlich ironische momente gerade durch seine anschlagskunst. madame prokofiev hörte sogar pogorelich mit diesem werk ihres mannes in paris live und war wohl richtig begeistert und fand es schade, dass ihr mann ja nicht beiwohnen konnte. wie auch immer, diese aufnahmen werden auch künftige generationen in ihren bann ziehen.

gruß, siamak


[Beitrag von AcomA am 20. Mai 2005, 11:06 bearbeitet]
AcomA
Stammgast
#3 erstellt: 22. Mai 2005, 11:17
franz liszt

etudes d'execution transcendante

alfredo perl, piano


arte nova, DDD, aufn. 1999

amazon.de

die hohe kunst bei der interpretation dieser 12 technisch extrem anspruchsvollen stücke liegt darin, dermaßen über den technisch-physischen hürden zu stehen, dass der transzendentale gehalt hervortritt. die berühmt-berüchtige mono-aufnahme aus den 50er jahren mit lazar berman ist sicherlich immer noch die schnellste und lauteste. nur hat man dies einmal gehört, so kommt dann irgendwann langeweile und gleichgültigkeit auf. claudio arrau, dessen technischen möglichkeiten nie zu unterschätzen waren, hat gezeigt, welche klangzaubereien und melodiebögen zu entlocken sind. alfredo perl verfolgt den arrauschen ansatz weiter. ich kenne keine andere aufnahme, die in puncto phrasierung und klangempfinden gepaart mit fulminanz dem hier gebotenen gleichkommt. überhaupt ist der anschlag und der pedalgebrauch betörend.

gruß, siamak
AcomA
Stammgast
#4 erstellt: 25. Mai 2005, 19:05
alexander scriabin
fantasie op. 28

franz liszt
5 transkriptionen von schubert-liedern
funerailles

sergei rachmaninov
6 moments musicaux op. 16

lazar berman, piano


ermitage, ADD, live-aufn. 28.11.1989

(leider kein bild im netz verfügbar).

es handelt sich hierbei um einen klanglich exzellent gelungenen live-mitschnitt aus lugano mit dem reifen lazar berman. alle vorzüge der klavierschule alexander goldenweisers kommen hier zum vorschein: technische perfektion und vor allem die kunst des singens ! nicht viele pianisten können so weiträumig die melodiebögen spannen und atmen lassen (natürlich der einzigartige v. horowitz !). eine besonderheit bermans ist dabei die kunst, auch die oktavpassagen zu 'singen'. lazar berman war der erste pianist, der sich mit dem kompletten zyklus der moments musicaux von rachmaninov öffentlich beschäftigte. es gibt auch eine studio-einspielung von ihm bei der DG (damals gekoppelt mit prokofievs achter sonate). weil es bei diesen stücken gerade auf die sangeskunst ankommt, scheinen viele pianisten diese zu meiden. ivo pogorelich präsentiert sie gelegentlich im konzert, wobei er sie aber bis zur unkenntlichkeit dehnt und auseinander fallen lässt. erst jüngst hat v. ashkenazy diesen zyklus eingespielt. dieser mitschnitt ist mittlerweile klaviergeschichte, lazar berman verstarb anfang dieses jahres.

gruß, siamak
AcomA
Stammgast
#5 erstellt: 28. Mai 2005, 12:18
ludwig van beethoven
sonate nr. 13 es-dur op. 27,1

franz liszt
sonate h-moll

fryderyk chopin
ballade nr. 4 f-moll op. 52
nocturne h-dur op. 62,1
scherzo nr. 1 h-moll op. 20

claudio arrau, piano


ermitage, ADD, live-aufn. 17.09.1971

amazon.de

auch hier handelt es sich um einen aufnahmetechnisch sehr guten mitschnitt eines klavierabends herausgegeben von ermitage. ort des geschehens war ascona. das claudio arrau ein erstklassiger beethoven-interpret war, ist allgemein bekannt. erstaunlich sind hier jedoch seine darbietungen der lisztschen sonate und der chopinschen werke. horowitz sagte, arrau würde sooo langweilig spielen ! zum zeitpunkt dieses recital befand sich arrau auf der absoluten höhe seiner kunst. überragend nicht nur sein transparentes glasklares spiel, sondern arrau riskiert hier enorm viel. das temperament, mit dem er sich in den fugato-abschnitt der liszt-sonate stürzt, kommt der argerich schon gleich. ein paradestück arrauscher kunst ist chopins erstes scherzo. die läufe im a-teil sind bedrohlich-aggressiv und klanglich berauschend, debussy vorausahnend. im melancholischen mittelteil zeigt dann arrau, was ihn von einem brillianten youngster wie yundi li abgrenzt, seine sangeskunst ! natürlich auch in dem späten nocturne. ich selbst habe den 80-jährigen arrau in neuss mit dem 1. chopin-scherzo gehört, eine bestätigung dieses früheren recitals.

gruß, siamak


[Beitrag von AcomA am 28. Mai 2005, 12:19 bearbeitet]
AcomA
Stammgast
#6 erstellt: 31. Mai 2005, 11:25
robert schumann

kinderszenen op. 15
kreisleriana op. 16
novellette f-dur op. 21,1

vladimir horowitz, piano


DG, DDD, aufn. 1985/1987



der späte horowitz war etwas ganz besonderes auch für horowitz-verhältnisse. seine manuellen voraussetzungen waren immer noch außergewöhnlich. hinzu kam nun eine konzentration auf das singen und die berrschung der klangpalette im leisen bereich. die rubati sind herrlich altmodisch und trotzdem nie aufgesetzt. einzigartig die kunst, mittelstimmen hervorzuzaubern. überdies sind die manierismen der siebziger jahre verschwunden. das gelegentliche aufblühen seiner berühmten bässe stört nicht, im gegenteil, das publikum war sowieso süchtig danach. auf dieser cd sind schumannsche schlüsselwerke dreier verschiedener aufnahmesitzungen vereint. die kinderszenen sind ein konzertmitschnitt aus wien aus dem jahre 1987. die träumerei habe ich nicht vorher und auch nicht später so mehrstimmig und kantabel gehört. die meiner meinung nach schönste novelette spielte svjatoslav richter in den 60er jahren drängender und aufgewühlter, horowitz gibt dagegen den melodien mehr raum, er genießt und gerät dabei selbst ins schwärmen.
zentrum dieser cd ist die komplexe kreisleriana, welche horowitz in den 60er jahren schon einmal einspielte. das werk scheint geradezu für ihn komponiert worden zu sein. das dämonische dieses zyklus wird entblößt, was dem trefflichen wilhelm kempff nicht so gelang, da er nicht über ein ehernes manuelles rüstzeug verfügte. horowitz bringt die ganze palette seiner anschlagsmodi zum einsatz.

gruß, siamak
AcomA
Stammgast
#7 erstellt: 05. Jun 2005, 19:17
carl maria von weber
sonate nr. 3 d-moll op. 49

johannes brahms
capriccio c-dur op. 76,8
intermezzo e-moll op. 116,5
ballade g-moll op. 118,3
rhapsodie es-dur op. 119,4

sergei prokofiev
sonate nr. 6 a-dur op. 82

sviatoslav richter, piano


ermitage, ADD, aufn. (radiomitschnitt) 08.09.1966

(leider keine abbildung im netz)

die aufnahmequalität des rundfunkschnittes ist gut. etwas dumpf vielleicht. dieses recital hat mehrere besonderheiten. die webersche sonate ist eine rarität, erst recht im repertoire von super-pianisten. sie ist technisch schon sehr vertrackt, kaum einer kennt sie. lohnt sich der aufwand ? bei richter ja ! dann die klavierstücke des späten brahms, die häufig sehr verklärt und weltabgewandt interpretiert werden. zuletzt dann die brutale und extrem schwere 6. sonate prokofievs, die richter zur vollsten zufriedenheit des komponisten aufführte, so dass er ihm schließlich die 9. sonate komponierte und widmete. bei allen stücken präsentiert sich richter auf der höhe seines pianistischen könnens. richters kunst, mal abgesehen von seinen immensen technischen reserven, besteht in der entwicklung der stücke aus einem atem. er interpretiert die stücke quasi mit dem adlerblick. die energien, welche er investiert führen zu wahren explosionen. die werke von brahms erstrahlen plötzlich in jugendlichem glanz. so vehemnt und technisch überlegen habe ich das op. 118,3 nicht mehr gehört. und der prokofiev bleibt in dieser darstellung immer noch referenz !

gruß, siamak
AcomA
Stammgast
#8 erstellt: 11. Jun 2005, 12:26
igor strawinsky
petroushka-suite

sergei prokofiev
sonate nr. 7 b-dur op. 83

anton webern
variationen op. 27

pierre boulez
sonate nr. 2

maurizio pollini, piano


DG, ADD, aufn. 1971/1976



hierbei handelt es sich um eine sammlung von aufnahmen mit ewigkeitswert. währenddessen es bei den werken weberns und boulez' keine signifikanten vergleichseinspielungen gibt, sieht das bei den russischen kompositionen schon anders aus. die petroushka-suite, die strawinsky auf bitten arthur rubinsteins erstellte, wird von pollini mit einer pianistischen vollkommenheit dargeboten, die konkurrenzlos ist. ich kenne interpretationen, alle sehr gut, mit kissin (live), misha dichter, michel beroff und a. gourning (junger polnischer pianist), keine hält die rhythmik der danse russe bei sehr zügigem tempo wie pollini. kaum pedaleinsatz. die 7. prokofiev-sonate wird zum einen markant und doch mit pianistischer eleganz dargeboten. pollini verbindet die motorik eines richter oder gawrilov mit dem klangempfinden eines benedetti-michelangeli. das tempo des finalsatzes (precipitato) wird nur noch von martha argerich leicht überboten, welche jedoch nicht die rhythmische straffheit und transparenz darbietet. wahrlich jahrhunderteinspielungen !

gruß, siamak
AcomA
Stammgast
#9 erstellt: 22. Jun 2005, 12:28
max reger
variationen und fuge über ein thema von bach op. 81

franz liszt
variationen über 'weinen, klagen, sorgen, zagen'
präludium und fuge über b-a-c-h
transkription von fantasie und fuge g-moll bwv 542

wilhelm kempff
bach-transkriptionen (choräle)

ferruccio busoni
transkription von toccata und fuge d-moll bwv 565
transkription von chaconne aus der violinpartita bwv 1004

gerhard oppitz, piano


hänssler classic, DDD, aufn. 2002





eine aktuelle einspielung, die meiner meinung nach schon in diesen thread gehört. gerhard oppitz befindet sich auf der höhe seines könnens und verwirklicht hier die deutsche romantische bach-tradition mit gewaltiger klavierkunst. was die extrem schweren regerschen variationen angeht, stelle ich diese interpretation sogar noch etwas über die exzellenten einspielungen von hamelin und schiff. oppitz verwirklicht hier am kompromisslosesten den orgel-sound. der virtuose zugriff ist bei allen werken sehr großzügig und weiträumig. da oppitz auch meisterschüler von kempff war, sind die kempffschen transkriptionen eine herzensangelegenheit. schlusspunkt dieses 'marathons' ist die berühmte bearbeitung busonis von der violin-chaconne. es gibt höchst virtuose einspielungen z.b. mit kissin, bolet (live) oder pletnev (live). aber ich finde die interpretation oppitz' am organischsten. er entwickelt das werk aus einem einzigen fluss heraus ! übrigens darf man schon sehr gespannt sein auf die demnächst ebenfalls bei hänssler erscheinende gesamteinspielung der beethoven-sonaten mit oppitz.

gruß, siamak
op111
Moderator
#10 erstellt: 29. Jun 2005, 10:14
Hallo zusammen,
das Thema wörtlich gemommen,
denkwürdig im wörtlichen Sinne, weil ich beim Thema "Beethovens Klaviersonaten" immer an diese Aufnahme denke, erscheint mir seit Jahrzehnten folgende Einspielung

Ludwig van Beethoven
Die Klaviersonaten
(und Klavierkonzerte )

Claudio Arrau

1998 Philips 14 CDs 002894623582



Keine Sparversion, Arrau bleibt seinem Grundsatz treu und spielt alle Wiederholungen.
Auch heute akzeptable Klangqualität.
Höre ich immer wieder gern und entdecke Neues.

Gruß
Franz
op111
Moderator
#11 erstellt: 29. Jun 2005, 10:24
Gleich noch eine Beethoven CD

Ludwig van Beethoven
Klaviersonaten Nr. 32 c-moll op. 111

(+ Nr. 30 E-dur op. 109; Nr. 31 As-dur op. 110)
Maurizio Pollini

1977 Deutsche Grammophon 2CDs 002894295702



op. 111 abseits aller Routine und ganz anders als Arraus Sichtweise.

Gruß
Franz
AcomA
Stammgast
#12 erstellt: 29. Jun 2005, 11:43
hallo Franz,

es gibt wenige gesamteinspielungen der beethoven-sonaten, die abseits aller trends auch in der zukunft ihren referenzcharakter bewahren werden. eben dieser arrau, gulda, brendels digitale philips-einspielung und mittlerweile auch pollini. ich habe übrigens arrau in seiner spätphase zweimal live gehört (düsseldorf/essen). beide male spielte er die 'waldstein' und 'appassionata'. keine zurschaustellung vordergründiger virtuosität, sondern exakt am notentext ausgerichtet und organisch interpretiert.

gruß, siamak
AcomA
Stammgast
#13 erstellt: 29. Jun 2005, 11:58
fryderyk chopin

mazurken (auswahl)

ignacy friedman, piano


the piano library oder naxos, AAD, aufn. 1930



trotz mono-aufnahme kann man nachvollziehen, dass bedeutende chopin-interpreten der damaligen zeit (arthur rubinstein, vladimir horowitz) der ansicht waren, dass die überzeugensten darbietungen der mazurken durch friedman erfolgten. der wunderbare stefan askenase ging sogar soweit, kaum mazurken zu spielen, in ehrfurcht zu friedmans interpretationen. sowohl das tänzerische element (leichtfüßig im durchgehaltenen mazurkenrhythmus) als auch die klangzauber kommen zur geltung. damit vereint diese interpretation die leistungen arthur rubinsteins und arturo benedetti michelangelis auf dem mazurka-territorium. wie schwierig diese mazurken zu realisieren sind, und dass eine starke linke hand benötigt wird, konnte ich vor zwei tagen bei einem klavierabend boris blochs in düsseldorf erleben. bloch spielte als zugabe die mazurka b-moll op. 24 nr. 4, die auch in der friedmanschen aufnahme vertreten ist. die linke hand hatte keine eigenständigkeit. der mazurkenrhythmus kam nicht heraus. es klang pauschal und plump. naja, jedenfalls hat friedman mit den mazurken unsterblichkeit erlangt. der leschetitzky-schüler musste aufgrund seiner polnisch-jüdischen herkunft europa verlassen und wurde schließlich australischer staatsbürger, wo er letztlich unbeachtet starb.

gruß, siamak
Adri
Stammgast
#14 erstellt: 30. Jun 2005, 14:58
Meine Klavier-Klassiker sind:


Schönberg, Arnold (1874-1951)
Sämtl. Klavierwerke op. 11, 19, 23, 25, 33a+b
Maurizio Pollini, Klavier
CD DG
Sorry schon wieder eine CD von Pollini.

und die Klavieraufnahme schlechthin:


Tschaikowsky, Peter Iljitsch (1840-1893)
Klavierkonzert Nr. 1
Mussorgsky, Modest
Bilder einer Ausstellung (Klavierfass. VH)
Vladimir Horowitz,
NBC Symphony
Arturo Toscanini
CD RCA

Gleich 2 Evergreens auf einer CD.
Spannender und lebendiger geht es nicht.


[Beitrag von Adri am 30. Jun 2005, 14:58 bearbeitet]
AcomA
Stammgast
#15 erstellt: 30. Jun 2005, 18:59
hallo Adrian,

für den pollini brauchst du dich nicht zu entschuldigen, ehre wem ehre gebührt.

die kombination von 'horowitz'' bilder und 1. tschaikowsky sind legendär und ich hatte sie schon als schüler auf LP. übrigens hatten wir seine bilder auch im musikunterricht der schule verwandt ! neben richters live-darbietung in sofia (195?) wohl die packendste, nervenaufreibendste version.

gruß, siamak
Adri
Stammgast
#16 erstellt: 01. Jul 2005, 17:19

AcomA schrieb:
für den pollini brauchst du dich nicht zu entschuldigen, ehre wem ehre gebührt.


Hallo Siamak,
so viel Pollini aber weit und breit kein Gould.
Das muß sich ändern:
2 originelle Titel von vielen:


Beethoven, Ludwig van Klavierkonzerte Nr. 1-5
Gould, Columbia SO, Golschmann (Nr. 1);
Columbia SO, New York PO, Bernstein (Nr. 2-4);
American SO, Stokowski (Nr. 5)



Mozart, Wolfgang Amadeus
Klaviersonaten Nr. 1-18
+Fantasien KV 397 & 475
Glenn Gould, Klavier
Susanna
Hat sich gelöscht
#17 erstellt: 01. Jul 2005, 17:25

Adri schrieb:
Mozart, Wolfgang Amadeus
Klaviersonaten Nr. 1-18
+Fantasien KV 397 & 475
Glenn Gould, Klavier

Hallo Adri,

was ist Dein Eindruck von Goulds Mozartspiel?

Gruß,
Susanna
Adri
Stammgast
#18 erstellt: 01. Jul 2005, 17:33
Hi Susanna,
eigenwillig originell.
Völlig gegen die übliche Aufführungspraxis in Tempo, Dynamik ... und Gesang .
Eine Provokation.
Keine Frage: Wenn es Mozart sein soll dann ist
M. Uchida eindeutig näher am Text.

Ich hätte auch Beethoven speziell die Apassionata anführen können. Die ist auch sehr ungewöhnlich ausgefallen, aber die konnte Gould nicht ertragen;
Mozarts Sonaten dagegen schon.

Gould ist denkwürdig und einmalig!


MfG


[Beitrag von Adri am 01. Jul 2005, 17:39 bearbeitet]
Susanna
Hat sich gelöscht
#19 erstellt: 02. Jul 2005, 09:44

Adri schrieb:
eigenwillig originell.
Völlig gegen die übliche Aufführungspraxis in Tempo, Dynamik ... und Gesang .
Eine Provokation.

Hallo Adrian,

danke! Das entspricht auch meiner Einschätzung. Mir gefällt es nicht. Ich frage mich, ob Gould nur provozieren wollte oder vielleicht doch an diesen "anderen" Mozart glaubte.

Gould ist denkwürdig und einmalig!

Das auf jeden Fall.

Gruß,
Susanna
op111
Moderator
#20 erstellt: 02. Jul 2005, 10:58

Susanna schrieb:
Ich frage mich, ob Gould nur provozieren wollte oder vielleicht doch an diesen "anderen" Mozart glaubte.

Hallo zusammen,
im Falle Mozarts vermute ich letzteres.
An die Appassionata hat Gould nach eigener Aussage definitiv nicht geglaubt und sie bewusst hingerichtet.
Haydn, Mozart und Beethoven von Gould spalten selbst die Fans.
Mich wundert, daß noch niemand so konsensfähige bewunderte Gould-CDs wie die Goldberg-Variationen und das Wohltemperierte Klavier aufgeführt hat, mag die keiner?

Gruß
Franz


[Beitrag von op111 am 02. Jul 2005, 11:04 bearbeitet]
AcomA
Stammgast
#21 erstellt: 02. Jul 2005, 11:03
hallo Franz,

in jedem falle, wenn bis dato es keiner tut, werde ich das erledigen.

gruß, siamak
op111
Moderator
#22 erstellt: 02. Jul 2005, 11:05

AcomA schrieb:
in jedem falle, wenn bis dato es keiner tut, werde ich das erledigen.

Hallo Siamak,
warte erst mal mal ab, mal sehen was andere beizutragen haben.
Gruß
Franz
Susanna
Hat sich gelöscht
#23 erstellt: 02. Jul 2005, 12:20

Franz-J. schrieb:

Susanna schrieb:
Ich frage mich, ob Gould nur provozieren wollte oder vielleicht doch an diesen "anderen" Mozart glaubte.

Hallo zusammen,
im Falle Mozarts vermute ich letzteres.

Hallo Franz und Alle,

in einem Interview hat Gould, so weit ich mich erinnere, mal so etwas gesagt.

Bevor ich mich von siamaks fachmännischem Urteil zu sehr einschüchtern lasse, schnell mein Eindruck : Die angeführten Werke kenne ich sowie seine Interpretation vom Italienischen Konzert, der Inventionen, Franz.Suite usw. Ich meine, daß es sich schon um exemplarische Einspielungen handelt, die ich mit den Begriffen glasklar, kühl, im Wortsinn unheimlich präzise, fast ans mechanisch Grenzende verbinde. Eigentlich die Verkörperung dessen, was mir im Musikunterricht als der "mathematische Bach" vermittelt wurde.
Um Gould wurde zeitweise ja ein Geniekult betrieben, den ich heute nicht mehr nachvollziehen kann.

Grüße,
Susanna
Adri
Stammgast
#24 erstellt: 02. Jul 2005, 14:05

Susanna schrieb:
Mir gefällt es nicht. Ich frage mich, ob Gould nur provozieren wollte oder vielleicht doch an diesen "anderen" Mozart glaubte.


Hallo Susanna,

mir gefällt Goulds Mozart schon, besonders KV331, die Musik übersteht auch diese Art von Willkür recht gut.

Beethovens Klaviersonate Nr. 23 in f-Moll op.57 dagegen ist nicht ohne Komik. Die höre ich lieber anders als von Gould gespielt.

Gruss
AcomA
Stammgast
#25 erstellt: 02. Jul 2005, 19:30
bohuslav martinu (1890-1959)
sonate nr. 1

roman berger (*1930)
suite f. klavier fis-moll op. 1

alexander scriabin (1872-1915)
sonate nr. 3 op. 23

josef bulva, piano


mediaphon, DDD, aufn. 1991

(leider keine abbildung)

aufnahmen josef bulvas und ein live-recital erwähnte ich schon im 'gerade hören' und 'konzerterlebnis'-thread. hier nun eine herausragende platte dieses sonderlings, von dem man seit jahren gar nichts mehr erfährt. am bekanntesten ist natürlich die scriabin-sonate. sie fällt auf das ende der mittleren schaffensphase scriabins, wo er die tonalität noch nicht verlassen hat. b. martinu ist ein tschechischer komponist, der in frankreich ausgebildet wurde und im exil arbeitete. seine sonate präsentiert im ersten und zweiten satz impressionistische elemente, im dritten satz, sehr kompakt, wird man an prokofiev erinnert. roman berger schließlich ist polnischer herkunft, wurde jedoch ausgebildet in der slowakei. seine suite bedient sich traditioneller satzformen und prokofievscher klaviertechnik. übrigens wurde die revidierte fassung josef bulva gewidmet. bulva nun interpretiert sehr eigenartig. selbstverständlich steht er über der manuellen technik. er nimmt gewissermaßen die klänge unter die lupe, so dass man tatsächlich meint, bei einem akkord die töne einzeln zu vernehmen. jemand sprach hier vom pianisten des 'wissenschaftlichen zeitalters'. alle drei werke kommen bulva sehr entgegen, da der klang eine wesentliche rolle spielt. im zweiten satz der martinu-sonate wird eine gespenstische athmosphäre erzeugt. der angstschauer wird eiszapfenartig (trillernd) produziert. die scriabinsche sonate habe ich nicht besser gehört, auch nicht mit horowitz oder shukov. schade, dass dieses dokument nicht mehr aufgelegt wird.

gruß, siamak
AcomA
Stammgast
#26 erstellt: 10. Jul 2005, 12:08
franz schubert
sonate d-dur D 850

franz liszt
sonate h-moll

emil gilels, piano


rca victor (living stereo), ADD, aufn. 1960/1964

amazon.de

diese 'platte' gehört zu den wichtigen dokumenten des klavierspiels des 20. jahrhunderts. sie offenbart die kunst des emil gilels auf dem zenit seines pianistischen könnens. es ist eine frühe stereo-aufnahme mit für damalige verhältnisse sehr transparentem und präsentem klavierklang. emil gilels gehörte zu den wenigen pianisten, die über einen 'eigenen' sonoren anschlag (wie z.b. auch rubinstein oder horowitz) verfügten, was in dieser aufnahme sehr gut herauskommt. die schubert-sonate gehört nicht zu den sehr bekannten, da sie viel schwieriger zu formulieren ist. ein zwar perfektes jedoch zurückgenommenes spiel produziert langeweile, das interesse des hörers schwindet (wie z.b. bei c. zacharias). der lebhafte zugriff gilels rettet dieses werk.

liszts h-moll sonate gehört heute nahezu bei jedem pianisten ins standard-repertoire. damals war das anders. die kombination von pianistischem anspruch und komplexer form schreckte viele davon ab. horowitz, rubinstein, richter und eben gilels hatten sie als erste im repertoire. und diese aufnahme fasziniert durch die organische und straffe beherrschung der form. der vorletzte abschnitt mit dem fugato (allergro energico) hat grandiose durchschlagskraft. überhaupt, man höre sich gilels trillerkunst an ! ich kenne keine so überlegene formale gestaltung dieser sonate außer bei horowitz, richter und in neuerer zeit bei zimerman und pollini. die versionen pogorelichs und pletnevs sind pianistisch auch eindrucksvoll, aber diese interpretationen sind nicht repräsentativ, es sind eigenwillige geschichten. erwähnen möchte ich, dass von gilels ein live-mitschnitt (melodiya) aus dem großen saal des moskauer konservatoriums (mitte der 60er jahre) existiert mit schumanns 1. sonate, chopins 2. sonate und eben liszts h-moll sonate. hier sprengt der pianist die grenzen des ausdrucks (er haut hier auch ein paarmal daneben). wer die möglichkeit hat, sich dieses dokument anzuhören, der sollte es unbedingt tun.

gruß, siamak
AcomA
Stammgast
#27 erstellt: 11. Jul 2005, 19:41
alexander scriabin

24 preludes op. 11
sonate nr. 4
sonate nr. 10

michail pletnev, piano


virgin, DDD, aufn. 1994 (z.t. live)



eine der besten scriabin-platten, die ich kenne. das betrifft alleine schon die auswahl der werke, die frühere, mittlere und späte schaffensphase des komponisten reflektieren. die preludes begeistern mit ihren kantablen linien als auch vehementen ausbrüchen. hinzu kommen wunderbare pedal-tricks, die der komponist vorschrieb. die 4. sonate vermittelt den wunsch des komponisten, den gestirnen entgegenzufliegen. die 10. sonate nun verläßt die grenzen der tonalität. bei allen stücken geht es auch um kontrollierte ekstase. pletnev ist ein idealer scriabin-spieler. beim hören bekommt man selbst das gefühl, vom boden abzuheben ! die einzige gleichwertige aufnahme der preludes und der 4. sonate, die ich kenne, sind auf einer der ersten digital-platten andrei gawrilovs bei emi zusammengefasst. pletnev jedoch beherrscht zudem die kunst des leisen spiels.

gruß, siamak
Adri
Stammgast
#28 erstellt: 12. Jul 2005, 21:37
amazon.de

Prokofieff
Konzert für Klavier und Orchester Nr. 3 C-dur op. 26

Ravel
Konzert für Klavier und Orchester G-dur (1929-31)

Gaspard de la nuit

Lt. Amazon:
London Symphony Orch.
Martha/Abbado,
Claudio/Argerich

Lohnt allein schon wegen des Ravel Konzerts und
der Gaspard ist kein "gaspard de l'ennuie".

Gruss


[Beitrag von Adri am 12. Jul 2005, 21:40 bearbeitet]
AcomA
Stammgast
#29 erstellt: 13. Jul 2005, 11:43
hallo Adrian,

danke für deinen beitrag. die prokofiev/ravel-konzerte hatte ich als schüler auf mc. die junge argerich war wohl damals wie ein blitz eingeschlagen. es gibt noch eine spätere aufnahme des ravel-konzertes mit argerich/abbado und dem LSO aus 1988, ebenfalls bei der DG. abgesehen davon, das die klangqualität (DDD) traumhaft ist, ist das spiel der argerich noch freier als damals (eigentlich logisch, dass sie sich in 25 jahren weiterentwickelt hat ). die poesie und kantabilität der pianistin im mittelteil des 1. satzes/ im 2. satz und funkelnde motorik/rhythmik im 3. satz sind unwiderstehlich.

gruß, siamak
AcomA
Stammgast
#30 erstellt: 14. Jul 2005, 19:29
carl maria v. weber
sonate nr. 2 as-dur op. 39

johannes brahms
balladen op. 10
fantasiestücke op. 116

emil gilels, piano

harmonia mundi s.a. praga, ADD, aufn. (live) 1968/1973/1978

allein schon die wege dieser cd sind interessant. die lizenzen dieser live-aufnahmen aus prag gehören dem tschechischen radio, herausgegeben hat die cd harmonia mundi. gekauft habe ich sie vor jahren in einem kleinen gemütlichen plattenladen in faro (portugal), quasi als andenken vom dortigen urlaubsausflug.

diese zusammenstellung ist denkwürdig, da sie den intensiven live-eindruck dieses pianisten zu seiner reifen und pianistisch immer noch starken zeit repräsentiert. die 2. sonate von v. weber wird selten ins programm genommen, da sie technisch und vom klaviersatz aufwendig ist und die zuhörer das werk großteilig nicht kennen. alfred brendel erwähnt dieses werk in einem seiner bücher, so dass er es wohl schon öffentlich gespielt hat. das werk hat operncharakter, was die themen und die deklamatorische art der durchführung im ersten satz betrifft. ein starkes werk intensiv interpretiert. die brahmsschen werke nun sind paradestücke des gilelsschen repertoires. es gibt studioaufnahmen aus den 70er jahren bei der DG. hier, so empfinde ich, spielt gilels sie noch um eine spur freier mit noch größerer dynamik. man hört hier wahrlich pp und gar fff. leider gibt es keine abbildung der cd im internet, ich vermute fast, dass sie gar nicht mehr aufgelegt wird. schade.

gruß, siamak
AcomA
Stammgast
#31 erstellt: 19. Jul 2005, 11:32
sergei rachmaninov
corelli-variationen op. 42
etudes-tableaux (auswahl)

ludwig van beethoven
sonate nr. 26 es-dur op. 81a 'les adieux'

felix mendelssohn-bartholdy
andante cantabile e presto agitato b-dur/g-moll
rondo capriccioso op. 14

frederic chopin
grande polonaise brillante précédée d'un andante spianato op. 22

mikhail pletnev, piano


DG, DDD, aufn. 1998



mikhail pletnev nahm dieses recital, das sämtlich stücke aus dem konzertrepertoire sergei rachmaninovs enthielt, am originalen rachmaninovschen steinway-flügel in der villa des komponisten am vierwaldstätter see auf. es handelt sich bei dieser hommage an rachmaninov zugleich um eine pianistische sternstunde des 'tüftlers', der hier entgegen seiner gewohnheit die großzügige attitüde in der gestaltung der stücke anbringt. die corelli-variationen, die auf dem berühmten iberischen thema 'la folia' beruhen, gehören zu rachmaninovs stärksten kompositionen. pletnev gelingt hier die synthese von analyse und klang. die les adieux-sonate von beethoven kommt tief empfunden und enthusiastisch im finale herüber. hier merkt man, was z.b. dem exzellenten beethoven-spieler alfredo perl etwas abgeht, undzwar mehr freiheit und spontaneität in der gestaltung. in den werken chopins und mendelssohns läßt pletnev dann seiner filigranen anschlagskunst (non-legato) freien lauf. das ganze programm wird in sinne der hommage von werken rachmaninovs eingerahmt. delikater beigeschmack: der warme und obertonreiche sound des historischen steinway-flügels !

gruß, siamak
AcomA
Stammgast
#32 erstellt: 23. Jul 2005, 11:58
fryderyk chopin

preludes op. 28

ivo pogorelich, piano


DG, DDD, aufn. 1989



ivo pogorelichs spiel zeichnet sich durch folgende eigenschaften aus:

große dynamische bandbreite, sonorer klang, ausgefeiltes non-legato-spiel, starke linke hand, ausgeprägtes rhythmisches feeling, der drang zum exzentrischen mit zunehmendem lebensalter.

diese fähigkeiten kommen gerade bei einem zyklus wie den preludes entgegen. diese aufnahme steht pianistisch extrem oberhalb des guten, so dass man das kaum richtig formulieren kann. natürlich gibt es einige super-aufnahmen dieses werkes: a. rubinstein, c. arrau, m. argerich und m. pollini. aber pogorelich sprengt den rahmen. es gibt zum beispiel rubati in rubati. verzögerungen von bruchteilen einer sekunde in einer übergeordneten gesamtverzögerung, wie ich sie vielleicht noch von pletnev kenne. die arabesken werden bis ins ppp abgestuft.

zum beispiel das prelude nr. 12 gis-moll: ich hörte es zum erstenmal als jugendlicher als erkennungsstück für eine damalige jugend-kriniserie im fernsehen, 'das haus der krokodile'. es geht eine beispielhafte bedrohung von diesem stück aus. entweder wird es mit betonung der linien gespielt wie bei arrau, dann ist es aber kein presto, wie vorgeschrieben. argerich z.b. macht es presto, aber die linien sind nicht mehr gut kenntlich. bei pogorelich ist alles vorhanden, das presto, die linien und die bedrohung. und so könnte man für jedes prelude fortfahren...

gruß, siamak
AcomA
Stammgast
#33 erstellt: 28. Jul 2005, 19:34
nikolai medtner (1880-1951)
knight errant op. 58,2
russischer rundtanz op. 58,1

sergei rachmaninov (1873-1943)
suite nr. 2 op. 17
russische rhapsodie op. posth.
symphonische tänze op. 45

dimitri alexeev & nikolai demidenko, pianos


hyperion, DDD, aufn. 1993



sämtliche hier eingespielte werke sind für zwei klaviere konzipiert. davon abgesehen, dass beide komponisten miteinander sehr befreundet waren, so gibt es auch musikalisch gemeinsamkeiten: polymelodik, exotische rhythmik, stark kontrapunktische konstruktionen. beide sind der spätromantik verpflichtet. die bedeutendsten schöpfungen sind rachmaninovs 2. suite f. zwei klaviere (alexander goldenweiser gewidmet) und quasi seine letzte komposition ('mein letzter funke'), die symphonischen tänze. zwar wurden die tänze für eugene ormandy und seinem philadelphia orchestra geschrieben, aber zunächst erschienen sie als version f. zwei klaviere, so dass meiner meinung nach dieses werk auf den flügeln viel reichhaltiger wirkt als mit orchester.

dimitri alexeev und nikolai medtner sind beide schüler dimitri bashkirovs (petersburger und moskauer konservatorium) gewesen, so dass sie mit ihren fähigkeiten für obige komponisten prädestiniert sind: kunst des singens, ehernes technisches rüstzeug, 'russische seele'. beide komponisten haben immer wieder ihr ausgeprägtes heimweh kompositorisch zum ausdruck gebracht. was dieses duo so interessant macht (ähnlich wie bei argerich und freire): es handelt sich nicht um geschwister, die ein leben lang immer zusammen gespielt ahben und wie eine einheitliche maschine sich präsentieren, sondern ihre unterschiedlichen arten zum verschmelzen bringen. ihre interpretation der 2. suite ist argerich/freire ebenbürtig, die symphonischen tänze habe ich nicht besser gehört. lyrischer höhepunkt: der mittelteil (lento) des ersten satzes aus den symphonischen tänzen. eine jener wunderschönen melancholischen melodien rachmaninovs, wie wir sie auch in den etudes tableaux oder den corelli-variationen antreffen. Aufnahmetechnisch exzellent bei etwas hart intonierten flügeln erstellt.

gruß, siamak
AcomA
Stammgast
#34 erstellt: 29. Jul 2005, 19:42
ludwig van beethoven

diabelli-variationen op. 120

alfred brendel, piano

philips, DDD, aufn. 1988




es gibt wohl (zumindest mir nicht bekannt) keinen pianisten, der beethovens diabelli-variationen dreimal auf tonträger eingespielt hat, außer eben alfred brendel (und daniel barenboim). bei vanguard hatte er sie in den 60er jahren, bei philips anfang der 80er jahre als live-mitschnitt und eben diese zuletzt 1988 als studio-interpretation aufgenommen. insgesamt gibt es einige wertvolle aufnahmen des werkes (barenboim, serkin, gulda). diese brendel-aufnahme ist pianistisch perfekt ! zum einen erzeugt hier brendel einen hohen grad an verinnerlichung zum anderen gelingt es ihm, die grotesk-komischen passagen (oder wie er es nennt, das 'umgekehrt erhabene') herauszuarbeiten. z.b. besteht die außerordentliche kunst brendels darin, den erhabenen höhepunkt herrlich gesungen und verinnerlicht zu spielen (var. 24, fughetta/andante) ohne dabei zu langsam zu werden und in ein adagio zu fallen, wie es viele machen. und dann beschwört er geradezu gelächterartige klangspiele (var. 16, 17, 23 und vor allem 27 !). die vorletzte variation, eine großartige fuge, wird mit der erforderlichen vehemenz und zielstrebigkeit dargeboten. großartiges beethovenspiel basierend auf 30 jahre erfahrung.

gruß, siamak
AcomA
Stammgast
#35 erstellt: 30. Jul 2005, 17:05
ludwig van beethoven
sonate nr. 32 c-moll op. 111

robert schumann
symphonische variationen op. 13
toccata op. 7

ivo pogorelich, piano


DG, DDD, aufn. 1981



hierbei handelt es sich um die zweite platte pogorelichs, welche bei der DG erschien. die kombination eines beethovenschen spätwerkes mit dem frühen klavierwerk schumanns ist nicht abwegig. neulich hörte ich live gerhard oppitz mit den diabelli-variationen und eben den symphonischen etüden schumanns. zwischen den werken liegen entstehungsgeschichtlich gute 10 jahre. alle werke vereint die verwendung bewährter barocker kompositionsmittel wie polyphonie, fugieren, imitation, variation. am ausgeprägtesten in schumanns hässlich schwerer toccata, wo jeder einzelne finger im durchgehenden sechzehntelverlauf sein eigenes bewegungszentrum hat.

das pogorelich nun nach seiner debut-cd mit chopin ausgerechnet beethovens letzte sonate auf das programm setzte, war für einige eine art provokation. man warf ihm textuntreue etc. vor. ich habe mir damals das vergnügen bereitet, die aufnahme mit den noten zu verfolgen, und siehe da, alles was pogorelich machte, war im text verankert, jedes diminuendo, sforzato etc.. die interpretationen basieren nicht auf erfahrung sondern pianistischer extraklasse, selbstständiges denken und einen eigenen weg. ich muss gestehen, so schön und logisch habe ich die arietta aus op. 111 noch nicht gehört trotz anderer berühmter einspielungen. die schumannschen werke werden ebenfalls mit einer ausgeprägten liebe zum detail und einer differenzierten anschlagskunst dargeboten. schwierigste techniken werden mit größter transparenz gespielt. das gleiche gilt für die toccata. einsame spitze, wie pogorelich im fugato-mittelteil, dem höhepunkt, einen rhythmischen groove produziert und am ende mit einer zuversichtlichen ruhe endigt. eine jahrhundertaufnahme, wo pogorelich noch nicht der exzentrik erlag.

gruß, siamak
gantenbein67
Ist häufiger hier
#36 erstellt: 30. Jul 2005, 20:17
......

Da ich mittlerweile , nur mit einem altem Kofferradio ausgestattet, an der Westküste lebe und dem Wind und Meer lausche, habe ich nur selten noch die Gelegenheit, hier `reinzuschauen.
Deswegen nur kurz, aus einem Internet-Cafe in Niebüll:

Ich lese immer wieder nur Pollini , Pollini, Pollini.
Erinnert mich an die Geschichte vom Rattenfänger. Oder des Kaisers neue Kleider...

Ich habe Pollini einige Male gehört, ca 1982 in Hamburg mit Chopin und Schönberg, dann ca 1986 in Wien, in den 90-igern einige Male in Berlin, mal begleitet von einem Orchester, mal Solo; und immer mit Beethoven.
Sagt mal, hört Ihr es denn nicht...?
Sein Beethoven ist ungenau, lieblos, kalt, pedalig vernebelt, wie Etüden heruntergeleiert.
Ich weiß, der große Kaiser beschwört in der SZ noch immer die Altersweisheit, die tieferen Strukturen, die großen Linien, das Besinnen aufs Wesentliche.
Sorry----für mich ist das leeres Gerede , voller Ahnungslosigkeit.
Und so bin ich leicht erschüttert.....hatte mich so gefreut und lese voller Erwartung diesen thread über denkwürdige Aufnahmen und erhoffte geheime Tips und bisher verborgene Perlen....und was lese ich.....

Gehe nun an den Deich zurück, wieder etwas schwermütiger geworden, und einsamer.

der Gantenbein;
wieder allein.
und das widerwillig zunehmend gern.
Jeremias
Stammgast
#37 erstellt: 30. Jul 2005, 20:41
Dem muss ich heftigst widersprechen! Ich habe Pollini vor einigen Wochen in Essen gehört mit der Pathetique und er Hammerklaviersonate. Insbesondere zu Pathetique muss ich sagen, dass ich einen derart frischen, aber auch beherzten und ergreifenden Beethoven in dieser Art in meinem Leben so nur ganz selten bisher hören durfte, ähnlich der Interpretation der op.111 von Sokolov. Pollini erwies sich zum einen als Analytiker, der sich streng an die Partitur hielt, andererseits schaffte er es, die wenigen sich daraus ergebenden Freiheiten optimal zu nutzen. Auch die sonst eher spröde interpretierte Hammerklaviersonate hat mir ausgesprochen gut gefallen. Gewiss muss man zugeben, dass Pollini im 4. Satz nicht immer lupenrein spielte, aber es war dennoch atemberaubend, wie er diese vertrackte und auch körperlich anstrengede Fuge bis ins letzte ausreizte. Wenn mein Vorredner einen absolut sauberen Beethoven haben möchte, dann soll er von mir aus Brendel oder wen auch immer hören, aber dann muss er auch damit leben, dass diese Aufnahmen schnell uninteressant werden.

Und um noch einen draufzusetzen, hier einer meiner Favoriten, eine bis heute unerreichte Interpretation, mit der Pollini sich ein Denkmal gesetzt hat:

amazon.de

Und ich frage meinen Vorredner: Warum hast Du seine Konzerte überhaupt noch besucht, wenn Du Pollini sowieso nicht magst?


[Beitrag von Jeremias am 30. Jul 2005, 20:43 bearbeitet]
AcomA
Stammgast
#38 erstellt: 31. Jul 2005, 12:14
hallo gantenbein,

ich wundere mich doch ein bischen über deinen unmut. bis dato hatten sich lediglich drei von 34 beiträgen mit pollini beschäftigt ! nun gesellt sich durch jeremias ein weiterer dazu, meiner meinung zu recht. es ist nicht auszuschließen, dass sich irgendwann ein weiterer beitrag mit pollini beschäftigt, aber von einer 'pollini-inflation' kann doch hier nicht die rede sein. aber, wie angekündigt, hast du dich wieder an deinen deich zurückgezogen, so dass hier leider die diskussion sich nicht entwickeln kann.

gruß, siamak
Jeremias
Stammgast
#39 erstellt: 31. Jul 2005, 17:42
Dies ist sicherlich eine Aufnahme, die noch in vielen Jahrzehnten unerreicht bleiben dürfte. Wr sich (wie ich) einmal an den Godowsky-Etüden versucht hat, der wird kläglich gescheitert sein. Was Hamelin auf diesen 2 CDs für die Ewigkeit festgehalten hat, ist Klavierkunst von einem anderen Stern. Ich habe Hamelin mit einigen dieser Etüden vor ein paar Tagen in Mülheim erleben dürfen. Es scheint so leicht zu sein, diese Etüden zu spielen, doch musste auch Hamelin ein wenig kämpfen.

amazon.de
AcomA
Stammgast
#40 erstellt: 31. Jul 2005, 18:54
hallo Jeremias,

es ist sehr beeindruckend, z.b. die 'revolutionsetüde' im arrangement für die linke hand allein zu hören und zu 'sehen' ! aber es stellt sich grundsätzlich die frage, ob das chopinsche original nicht doch die bewegendere musikalische aussage birgt. ich kenne jemanden, der godowsky wegen dieser arrangements/studien verabscheut. aber zugegeben, dieser hamelin hat da was nahezu unmögliches zustande gebracht.

gruß, siamak
AcomA
Stammgast
#41 erstellt: 03. Aug 2005, 19:37
john corigliano
etude fantasy (1976)

aaron copland
piano variations (1930)

ben weber
fantasia (1946)

george tsontakis
ghost variations (1991)

stephen hough, piano


hyperion, DDD, aufn. 1996/1997



diese cd unter dem titel 'new york variations' ist ein juwel. es handelt sich um komplexe werke new yorker komponisten für klavier. dabei handelt es sich um die erstmalige aufnahme der besagten werke von corigliano, einem der bedeutendsten zeitgenössischen komponisten überhaupt, und tsontakis. die etude fantasy besteht aus 5 studien, die erste für linke hand allein. sie befinden sich in der tradition der debussyschen etüden und haben vergleichbare titel. bei den anderen drei werken handelt es sich um ausgeklügelte variationswerke. tsontakis läßt hier das thema des 3. satzes aus mozarts es-dur klavierkonzert KV 482 wiederholt und in variierter form als 'geist' auftreten. sowohl die intellektuellen, die klanglichen als auch die grifftechnischen ansprüche sind enorm. hough, der eigentlich bekannt ist für die interpretation spätromantischer musik und neulich eine gesamteinspielung der rachmaninov-konzerte vorlegte, zieht hier alle register seines pianistischen könnens. ich kenne kaum eine interpretation zeitgenössischer klaviermusik (komplex), die so unter die haut geht und zum anderen einem genauso folgerichtig erscheint wie z.b. die darbietung von beethoven-sonaten.

übrigens studierte hough die werke von corigliano und tsontakis unter der anleitung der komponisten.
gruß, siamak


[Beitrag von AcomA am 03. Aug 2005, 19:38 bearbeitet]
Jeremias
Stammgast
#42 erstellt: 03. Aug 2005, 19:44
Mir scheint, Du hast dieses Konzert auch besucht? Was für ein Zufall! Ich habe auch Stimmen gegen Godowsky gehört an dem Abend, zumal Godowsky und Chopin ja Landsleute waren. Aber ich finde die Bearbeitungen selber höchstinteressant. Diese Harmonien sind in den Originalen natürlich nicht derart ausgeprägt, von daher sind die Bearbeitungen auch höchst interessant. Für alle, die diesem Konzert nicht beiwohnen konnten sei gesagt, Hamelin spielte als letztes die allererste Etüde und irgendwann musste er neu ansetzen. Und als 4. Zugabe (!) spielte er diese Etüde noch einmal für die Radioaufzeichnung
AcomA
Stammgast
#43 erstellt: 06. Aug 2005, 11:28
w.a. mozart

sonate a-moll KV 310
fantasie c-moll KV 396
rondo a-moll KV 511
duport-variationen KV 573

alfred brendel, piano


vanguard, ADD, aufn. 1969

amazon.de

man darf sich durch das cover (meine frühere ausgabe ist da besser gelungen) nicht täuschen lassen. das photo zeigt den 'späten' brendel, die aufnahmen stammen jedoch vom gut 30-jährigen pianisten (habe sein geburtsjahr nicht im kopf). nach wiederholtem hören über die letzten jahre komme ich zu dem ergebnis, dass es sich hierbei um eine der besten mozart-platten handelt (piano), die ich hörte. schon die kompositionen sind herausragend: die a-moll sonate vereint dramatik und eleganz, die fantasie steht der c-moll KV 475 in nichts nach, das rondo und die duport-variationen reflektieren mozarts 'spätstil', sofern man davon überhaupt sprechen kann. die duport-variationen warten dabei auch mit technischen finessen auf.

brendels spiel ist pianistisch und musikantisch extrem überlegen. der anschlag ist delikat mit singendem legato-spiel. die linke hand zeigt sich sehr stark und unabhängig. die phrasierungen sind perfekt, sie unterstreichen die einfache melodik und verbreiten charme. die dramatischen steigerungen in den ecksätzen der a-moll sonate sind erheblicher als z.b. bei lipatti und dennoch sprengen sie nicht den intimen charakter. neulich hörte ich den 'starpianisten' yundi li in mülheim mit einer mozart-sonate, ein desaster, wenn man diese brendel-aufnahme vergleichend heranzöge. brendel hat schon damals erkennen lassen, dass er bei edwin fischer gelernt hat, dabei aber halt über eine moderne und ausgereifte manuelle technik verfügt.

gruß, siamak
BirgitS
Ist häufiger hier
#44 erstellt: 07. Aug 2005, 06:21
Hallo zusammen,

„denkwürdig“ kann eine Aufnahme ja auch sein, weil die Umstände besondere waren. Das ist hier ganz besonders der Fall: Lipattis letztes Recital am 16. Sept. 1950 beim Festival von Besancon. Für mich immer wieder eine Gänsehaut-CD.



Viele Grüße, Birgit

P.S.: Übrigens liebe ich diesen Thread, vor allem Siamak hat immer so tolle Anregungen parat, einfach klasse!
AcomA
Stammgast
#45 erstellt: 08. Aug 2005, 12:14
hallo Birgit,

ich habe leider nie lipattis letzten abend gehört. ich las jedoch, dass er bedingt durch seine erkrankung schon deutliche schwächen auch im spiel zeigte ? konntest du beim hören auch diesen eindruck gewinnen. und wenn ja, bei der interpretation welchen stückes hört man es am deutlichsten ?

gruß, siamak
Jeremias
Stammgast
#46 erstellt: 08. Aug 2005, 12:36
amazon.de

Ich denke, diese Cd darf hier auf keinen Fall zählen. Godowsky ist ja primär als Virtuose und Bearbeiter Werke anderer Komponisten bekannt. Diese CD beinhaltet nunmehr seine beiden größten und wichtigsten Originalkompositionen. Die Sonate hat eine Spieldauer von knapp 1 Stunde und ost lyrisch, wenn auch eher spätromantisch gehalten. Die Passacaglia über die ersten 8 Takte aus der Unvollendeten von Schubert zählen zum Beeindruckendsten, was ich je gehört habe. Horowitz soll gesagt haben, man bräuchte wohl 6 Hände, um sie zu spielen. In den letzten Jahren sind mehrere Aufnahmen der Passacaglia entstanden, u.a. mit Scherbakov, Siirala und eben Hamelin. Und der Kanadier ist es (einmal mehr), der den Ton angibt und dieses vielleicht schwerste Stück der Klavierliteratur meistert wie kein anderer
BirgitS
Ist häufiger hier
#47 erstellt: 08. Aug 2005, 13:07

AcomA schrieb:
hallo Birgit,

ich habe leider nie lipattis letzten abend gehört. ich las jedoch, dass er bedingt durch seine erkrankung schon deutliche schwächen auch im spiel zeigte ? konntest du beim hören auch diesen eindruck gewinnen. und wenn ja, bei der interpretation welchen stückes hört man es am deutlichsten ?

gruß, siamak :)


Hallo Siamak,

offensichtlich liegt ein Missverständnis vor: Ich bezeichne diese Lipatti-Aufnahme nicht als denkwürdig, weil ich hier eine bestimmte pianistische Leistung als Maßstab zugrunde lege. Mein Maßstab ist in diesem Falle die menschliche Leistung eines zu dem Zeitpunkt längst Todgeweihten, dem die Musik so viel bedeutet haben muss, dass er sich entgegen dem Anraten seines Arztes noch einmal dem Publikum präsentierte und mit fast überirdisch anmutendem Durchhaltevermögen ein letztes Mal den Geist über den Körper stellte.

Hier nach einzelnen Kritikpunkten zu suchen, halte ich nicht für angebracht.

Viele Grüße,
Birgit
AcomA
Stammgast
#48 erstellt: 08. Aug 2005, 19:32
hallo Birgit,

ich verlange ja gar nicht nach technischen höchstleistungen und habe schon sehr gut verstanden, warum du dieses recital hier aufführtest. ich als nichtkenner dieses abends fragte nach einer einschätzung, um vielleicht eine vorstellung zu bekommen. insbesondere deshalb, da ich neulich einen jahrhundertpianisten live hörte, der möglicherweise an einer unheilbaren erkrankung mit befall des zentralen nervensystems leidet ! körperliches gebrechen im sinne von allgemeiner kräftereduktion ist eine schlimme sache, wenn aber das zentrale nervensystem betroffen ist bei im grunde guter allgemeiner körperlicher verfassung, dann ist das für den ausführenden wohl noch schlimmer.

gruß, siamak
AcomA
Stammgast
#49 erstellt: 08. Aug 2005, 19:52
bela bartok

drei burlesken BB 55
sieben skizzen BB 54
fünfzehn ungarische bauernlieder BB 79
improvisationen über ungarische bauernlieder BB 83
zehn leichte klavierstücke BB 51

zoltan kocsis, piano


philips, ADD/DDD, aufn. 1980/1998

amazon.de

diese cd soll hier stellvertretend für kocsis' gesamteinspielung des bartokschen klavierwerkes stehen. es handelt sich hier um kompositionen, die zwischen 1908 und 1920 entstanden sind. die burlesken erheben höheren pianistischen anspruch, während z.b. die zehn leichten klavierstücke für den klavierunterricht verfasst wurden. aber ihre schlichtheit ist durchaus berührend. die übrigen zyklen verarbeiten motive aus ungarischer volksmusik, letztlich ein ergebnis jahrelanger forschungsarbeit bartoks und kodalys auf diesem gebiet. wobei die integration dieser motive in dem meist komplexen gesamtzusammenhang bartoks sehnsucht nach wärme und seiner heimat ausdrückt, was schließlich in seinen spätwerken eine noch deutlichere rolle spielt.

zoltan kocsis nun, mitschüler von andras schiff, deszö ranki und jenö jando, ist eine autorität auf diesem gebiet. seine anschlagsrafinessen und insbesondere klangliche beherrschung als auch fulminante motorische begabung werden dem bartokschen werk vollauf gerecht. für mich ist ein höhepunkt die darbietung des BB 79. diese letztlich subtile ausdeutung des bezugs zur volksmusik kann schon zum 'weinen ' verleiten. und das will was bedeuten.

letztlich ist es sehr schade, dass das meiste von kocsis' einspielungen bei philips gestrichen wurde, z.b. eine wundervolle debussy-platte und vor allem die kunst der fuge.

gruß, siamak
Jeremias
Stammgast
#50 erstellt: 15. Aug 2005, 22:17
amazon.de

Steven Osborne ist ein absolutes Multitalent, wie es nur alle Jahrzehnte einmal geboren wird. Er erhielt eine klassische Ausbildung und gewann bereits 1991 im Alter von nur 20 Jahren den Haskil-Wettbewerb. Osbornes Repertoire reicht von Bach bis Messiaen, aber er fühlt sich auch beispielsweise im Jazz-Bereich wie zu Hause und ist ein geniales Improvisationstalent, wie ich es bisher nur von Fazil Say kannte. Osborne kann dabei auf eine fantastische Technik bauen und beherrscht sämtliche Klangfarben und Facetten, die der Konzertflügel hergibt. Von daher ist er der ideale Interpret für die Werke Kapustins. Gewiss verfügt auch ein Hamelin über eine famose Technik, aber man merkt Osborne doch an, dass er dem Jazz-Bereich vertrauter ist. Für mich eine denkwürdige Einspielung!
AcomA
Stammgast
#51 erstellt: 16. Aug 2005, 20:07
hallo Jeremias,

danke für deinen kapustin/osborne-beitrag. die cd ist exzellent. und gestern abend besuchte ich im rahmen des klavierfestivals ruhr das recital von steven osborne in bochum. sagenhaft ! die reise ging von beethovens späten bagatellen über das komplexe monstrum von tippet über eigene improvisationen bis hin zu reißern von oscar peterson.

gruß, siamak
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