Mustonen , Olli: Gould--Verschnitt oder Musik-Ikone?

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Alfred_Schmidt
Hat sich gelöscht
#1 erstellt: 02. Apr 2004, 14:33
Liebe Regulars dieses Forums

Jede Zeit bring ihre "Enfant terribles" hervor, im speziellen Fall meine ich Künstler die gegen den Strom schwimmen, die ungeschriebene Gesetze brechen, kurz, die neutral gesagt "unkonventionell" sind.
In diese Gruppe reihe ich neben Glenn Gould, Nigel Kennedy, Ivo Pogorelich auch den Pianisten und Komponisten Olli Mustonen ein.
Naturgemäß scheiden sich an solchen Musikerpersönlichkeiten die Geister.
Ein mir ebenfalls durch ein Forum bekannter Pianist, rauft sich die Haare wenn er nur den Namen hört, und behauptet, allein durch die Nennung dieses Namens sei ihm der Tag verdorben.
Andere wiederum finden Mustonens Interpretationsansatz zumindest "interessant" oder "jugenslich", oder was dergleichen Attribute mehr sind....

Die Frage ist nun ganz einfach zu erraten:
Wie ist eure Position dazu, bzw. wer hat überhaupt CDs von ihm ???

Gruß
aus dem sonnigen Wien
Alfred
Markus_Berzborn
Gesperrt
#2 erstellt: 02. Apr 2004, 18:40
Bisher kenne ich nur diese Bach/Schostakowitsch-CD. Dabei ist mir aber, ehrlich gesagt, nichts weltbewegend neues aufgefallen. Wieso hat er denn diesen Ruf als "Enfant terrible"?

Gruß,
Markus
Miles
Inventar
#3 erstellt: 02. Apr 2004, 22:10
Die Shostakovitsch/Bach CD habe ich auch, und eine Decca-Einspielung von Hindemiths "Ludus Tonalis" und Prokofievs "Visions fugitives".

Eine Kontroverse um Mustonen war mir nicht bekannt (bin aber kein regelmässiger Klassikforum-Leser) und die Aufnahmen sind auch nicht sonderlich skurrill, wobei es mir aber bei Hindemith an Vergleichsmöglichkeiten fehlt.
Alfred_Schmidt
Hat sich gelöscht
#4 erstellt: 14. Apr 2004, 09:52
Hallo,

das Internet istg ein eigenwilliges Medium:
Wenn man etwas belegen will, so findet man es meist nicht.

Andeutungsweise fand ich aber bei Harenberg, warum er von manchen angefeindet wird, Wobei zu sagen ist, daß Harenberg eher progressiv in seiner Grundtendenz ist, als traditionsbewusst.
Hier findet sich folgender Satz:


Als radikal expressiver, geder Tendenz zur Glätte abgeneigter Musiker gelangt Mustonen im heftigen Ausbruch, wie in empfindsamer Verhaltenheit, zu ungewöhnlich eindringlichen, intensiven Interpretationen
.

Im Musikerforum Schreibt "Eusebius" unter anderem:


Wer Mustonen unter Harnoncourt mit dem dritten Klavierkonzert von Beethoven gehört hat, wird sagen, dass man sich seit neuestem auch noch die Ohren zuhalten muss. Es ist meiner Meinung nach einfach eine Unverschämtheit, Beethoven auf eine so extravagante, in keiner Weise an Stil und Seriosität der Musik angepasste Eigen-Art zu "interpretieren".



Ein Sonderling der Flügelvirtuosen ist Olli Mustonen, dessen eigenwillig weit ausgreifendes Spiel anfangs viel Kopfschütteln im Publikum verursachte
.
Auch von einer Musikseite.....

ditto:

der exzentrische Olli Mustonen Liebling der sensationshungrigen Kritik,



Als Pianist ist Olli Mustonen durch extrem individuelle, gelegentlich auch provozierende Deutungen der Werke von Bach, Beethoven und Schostakowitsch hervorgetreten

Aus einer Rondo Kritik von Thomas Schulz

sehr interessant auch die vergleichende Kritik Olli Mustonen vs. Till Fellner von Peter Cossé:

Klassik-Heute:Mustonen-Kritik


So wird man den Sibelius-Anstrengungen einer kapriziösen Autorität wie jener des finnischen Exzentrikers Olli Mustonen entschieden Gewicht beimessen, denn dieser im besten Sinne sonderbare Klavierartist (mit Sinn für das Außerordentliche, für das Ungemütliche im Gewohnten!) verfährt mit den Klavierstücken Sibelius’ so zart und zugleich so eindringlich, als handele es sich um heiße Kartoffeln, die man mit spitzen Fingern von ihrer Pelle befreien müßte,


ebenfalls aus einer Kritik von Cossé, "Klassik heute"

Grüße aus Wien
wo Musik noch gelegentlich
"geglättet" (nicht "geplättet wird)
Alfred
Sixtus
Schaut ab und zu mal vorbei
#5 erstellt: 28. Jun 2004, 20:59
Olli Mustonen gehört ganz gewiss zu jenen Künstlern, die sich nicht vor der Frage drücken, warum sie ein Werk der Vergangenheit heutigen Menschen zu Gehör bringen wollen. Seine Einspielungen sind niemals nur Wiedergabe des Notentexts, sondern engagierte Interpretationen, also Antworten auf die Frage: Was sagt mir das Werk?
Das geschieht nicht nur auf allerhöchstem pianistischen Niveau, sondern stets mit ungeheurer Frische und Vitalität. Hier wird im besten Sinne "Werktreue" geleistet, weil dem individuellen Charakter eines jeden Stücks nachgespürt wird. Und zugleich versteckt sich der Interpret nie hinter den Noten, sondern betont seine eigene Sicht.
Ich empfehle dringend die Philips-Aufnahme des Strawinsky'schen Gesamtwerks für Violine solo und Violine mit Klavier (zusammen mit Isabelle van Keulen). Mustonens unglaublich differenzierte Anschlagskunst unterstützt in jedem Duo-Stück den verteufelt sinnlichen Ton der Geigerin und steht immer im Dienst der Komposition wie auch der Partnerin. Bloßer "Begleiter" ist er nie - aber er drängt sich auch nie vorlaut in den Vordergrund. Die Doppel-CD zählt zu meinen absoluten Favoriten.
mahlerfreak
Hat sich gelöscht
#6 erstellt: 01. Jul 2004, 09:10
Zustimmung, nachdrücklich.

Gerrit
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