Mal wieder ein Teufelsgeiger: Nemanja Radulovic

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Steffen_Bühler
Inventar
#1 erstellt: 05. Feb 2015, 12:53
Liebes Forum,

gestern gab's in meinem Münchner-Philharmoniker-Abo Elgar und Paganini. Von letzterem das erste Violinkonzert, dargeboten von einem mir bis dato gänzlich unbekannten Künster namens Nemanja Radulovic.

Um's kurz zu machen: es hat mir nicht gefallen. Mag an dem Konzert selbst liegen, was für mich doch ein starker Mozart-Abklatsch ist, nur eben mit den für Paganini unerlässlichen virtuosen Kadenzen.

Aber es ist gerade diese (ohne Zweifel vorhandene) Virtuosität Radulovics, die mich eher abstößt. Schau her, wie schnell ich spielen kann. Auch wenn das Publikum noch so trampelt, klatscht und links und rechts von mir "Unglaublich!" zu hören ist, es langweilt mich einfach. Und ich war froh, dass Elgars erste mich anschließend wieder ein wenig beruhigen konnte.

Bin ich allein mit dieser Einstellung?

Ratlos
Steffen
Hüb'
Moderator
#2 erstellt: 05. Feb 2015, 13:11
Hi Steffen,

ich kann da nur ganz allgemein schreiben, da ich den Geiger nicht kenne.
Werke die vom Interpreten ein Übermaß an Virtuosität erfordern, reizen mich eher wenig. Mir ist das zu sehr "artistische Aufführung".
Meiner Ansicht nach sollten Komponisten vor allem "musikdienlich" schreiben, also etwas auf's Notenpapier bringen, was in sich schlüssig ist und gut funktioniert. Klar darf es da Ausflüge geben, die dem Interpreten Raum für eine manuelle Selbstdarstellung geben - IMHO aber bitte immer werkdienlich und nie als Selbstzweck. Insofern kann ich bspw. mit Paganini so gar nix anfangen. Abseits vom Anspruch dem Künstler Schwierigkeiten zu bereiten, ist mir das einfach zu "dünn".

EDIT:
HIER mal der Link zur Homepage des Geigers. Wenn ich mich dort umsehe, dann bekomme ich den Eindruck, die ganze Vermarktung ziele auf das Klischee des "Zigeuner-Geigers". Mich persönlich spricht das überhaupt nicht an und um diese (künftige?!) cash-cow (?) des Universal-Labels werde ich einen weiten Bogen machen.

Grüße
Frank


[Beitrag von Hüb' am 05. Feb 2015, 13:21 bearbeitet]
WolfgangZ
Inventar
#3 erstellt: 05. Feb 2015, 19:24
Ich bin angesichts der Homepage absolut Eurer Meinung. Die CDs, die er präsentiert, entsprechen genau dem von Frank beschriebenen Sampler-Klischee. Eine Ausnahme sehe ich im Namen des Komponisten Eugène Isaye, denn das ist relativ moderne und anspruchsvolle Solomusik ohne allzu ausgeprägt folkloristischen Hintergrund.

Im Gegensatz zu Gestalten wie Garrett oder Rieu strahlen Name wie Gesicht immerhin zumindest authentisches Zigeunerflair tatsächlich aus. Ein Typ für die offene Schiegermutter allenthalben (und damit auch für Plattenlabels).

Wolfgang
cptnkuno
Inventar
#4 erstellt: 05. Feb 2015, 19:46
Die homepage ist sowieso eine Katastrophe
Bei den Konzertankündigungen stehen noch die Termine vom letzten Jahr drinnen, die Bio mit weißer Schrift auf hellem Hintergrund. absolut unprofessionell das ganze
Mr._Lovegrove
Inventar
#5 erstellt: 25. Feb 2015, 10:02
Im aktuellen RONDO Magazin ist ein Interview mit dem guten Mann.
Seinem Image scheint er sich sehr bewußt sein, gibt aber auch an,
dass das alles von ihm kommt. Seine Klamotten, sein Stil, das alles
schein kein Marketinggag zu sein, sondern er selbst. Und dass er
folkloristische Musik spielt, ist laut seinen Angaben eine Sache, die er
schon immer gemacht hat. Die Mitmusiker sind Leute, mit denen er
schon lange zeit spielt.
Mag man alles glauben oder auch nicht...
Steffen_Bühler
Inventar
#6 erstellt: 27. Feb 2019, 13:51
Er startet nun offenbar noch einmal mit einer Tournee durch. Sein Münchner Konzert habe ich nicht gesehen, aber die Süddeutsche hat sich förmlich überschlagen ("Bravi!").

Entweder mag der Kritiker plötzlich derartige Virtuositäten (was ich nicht glaube) oder man müsste sich seine aktuellen Sachen noch mal unbefangen anhören.
op111
Moderator
#7 erstellt: 27. Feb 2019, 19:54

Steffen_Bühler (Beitrag #6) schrieb:
Entweder mag der Kritiker plötzlich derartige Virtuositäten (was ich nicht glaube) oder man müsste sich seine aktuellen Sachen noch mal unbefangen anhören.

Ich habe den Eindruck, seit die neueren Redakteure (?) in den Medien alles hochjubeln, ist der Zustand der Musikkritik weit unter das Nievau gefallen, das z.B. Eleonore Büning (Frankfurt) oder Ulrich Schreiber (Düsseldorf) repräsentiert haben.
Alles neue optisch auffallende ist toll.
Im Blindvergleich bröckelt dann aber oft die Hochglanz-Fassade.
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