Gehe zu Seite: |vorherige| Erste 2 Letzte

Szell, George: Ein humorloser Tyrann ?

+A -A
Autor
Beitrag
Kings.Singer
Inventar
#101 erstellt: 10. Nov 2011, 13:26
Hallo.

In Anbetracht der Tatsache, dass Charles Dutoit mittlerweile auch 75 ist, werfe ich mal einen weiteren Namen in die Runde, der in dieser Sache meiner Ansicht nach diskutabel erscheint:
Paavo Järvi.

Seine älteren Aufnahmen (v.a. romantischer Musik) erachtete ich immer als etwas saftlos. Aber ich meine auch eine deutliche Weiterentwicklung zu hören und bin sehr gespannt, was er uns zu bieten hat, sobald er Sachen abliefert die zu seinem Alterswerk gehören werden!
flutedevoix
Stammgast
#102 erstellt: 10. Nov 2011, 20:29
auch wenn das der von mir ins Spiel gebrachte Maestro gar nicht so sehen wird: Nikolaus Harnoncourt.

Gerade in der klanglichen Staffelung des Orchesters, dem markanten Blech und den betonten Holzbläsern klingen Szells und Harnoncouirts Dirigate ähnlich. Als ich zum ersten Mal die Szellschen Interpretationen der Beethoven-Sinfonien hörte, mußte ich sofort an Harmnomncourt denken.
Inzwischen neigt der alte Harnoncourt allerdings zu breiteren Tempi, zu einer nachlassenden Straffheit im rhythmischen Sinne. Seine Interpretationen verlieren an Stringenz und gewinnen Weichheit. Damit entfernen sie zusehends von Szells Stil
Steffen_Bühler
Inventar
#103 erstellt: 11. Nov 2011, 11:00

flutedevoix schrieb:
Nikolaus Harnoncourt.

Gerade in der klanglichen Staffelung des Orchesters, dem markanten Blech und den betonten Holzbläsern klingen Szells und Harnoncouirts Dirigate ähnlich.


Ich habe gerade noch einmal Brahms Erstes mit Buchbinder/Harnoncourt gehört. In der Tat, Holz und Blech kommen gut heraus. Was mich aber bei dieser Aufnahme total irritiert, ist das Tempo! Der Anfang des ersten Satzes schleppt sich dahin, die fiebrigen Triller sind mehr Achtelläufe, und das Feuer, das ich in anderen Aufnahmen spüre, ist hier überhaupt nicht vorhanden. Sicher, Brahms hat keine Tempoangabe hingeschrieben, aber so schnarchlangsam kann er's nicht gemeint haben. Keine meiner Aufnahmen kommt mit 25 Minuten im ersten Satz daher.

Es kann natürlich sein, daß sich Harnoncourt am Pianisten orientiert hat, der gute Rudi mag's anscheinend eher gemütlich, was sich auch bei den auf der CD obligatorisch beigefügten Balladen zeigt. Aber diese Aufnahme zumindest würde ich niemals als "wuchtig" bezeichnen.

Viele Grüße
Steffen
flutedevoix
Stammgast
#104 erstellt: 11. Nov 2011, 13:00

Inzwischen neigt der alte Harnoncourt allerdings zu breiteren Tempi, zu einer nachlassenden Straffheit im rhythmischen Sinne. Seine Interpretationen verlieren an Stringenz und gewinnen Weichheit. Damit entfernen sie zusehends von Szells Stil


Das ist eine dieser Aufnahmen, die schon deutlich diesen Altersstil Harnoncourts andeuten bzw. zeigen. Es ist natürlich eine komplett andere Sicht auf das Brahms-Konzert und zeigt in seiner Lamngsamkeit strukturelle Begebenhjeiten auf, die man in anderen Aufnahmen nicht so hört. Ich finde aber die Tempowahl im Sinne eines Gesamteindruckes aber auch nicht schlüssig, zu zerdehnt, die großen Zusammenhänge gehen verloren.
Ganz sicher tendiert dies aber auch nicht mehr in eine ähnliche Dirigierstilistik wie bei Szell (auch direkten Vergleich in den Einspielungen der Brahmskonzerte zu hören). Als gute Beispiele dienen hier die Beethoven-, Mozart- und Schumann-Sinfonien, bei der eine Verwandschaft des Ansatzes der beiden Dirigenten mir offenkundig erscheint.


[Beitrag von flutedevoix am 11. Nov 2011, 13:02 bearbeitet]
Kreisler_jun.
Inventar
#105 erstellt: 11. Nov 2011, 17:06
Das Brahms-Konzert ist unter Harnoncourt eher, aber nicht extrem langsam (Gilels/Jochum benötigen ebenfalls 24 min, das berüchtigte Gould/Bernstein-Konzert über 25 und ich meine, dass Bernstein 20 Jahre später mit Zimerman ähnlich langsam war (diese Aufnahme habe ich nicht), obwohl er sich im Falle Goulds von den breiten Tempi distanzierte).

Aber ich sehe Harnoncourt ebenfalls eher als einen "Anti-Szell". Ich muss zugeben, dass ich nicht allzuviele Szell-Einspielungen kenne. Ähnlich wie bei Reiner (oder Toscanini) kann die Präzision, Geradlinigkeit und Straffheit begeistern, aber sie kommt eben mitunter auch gekoppelt mit einem Mangel an Flexibilität und wie der Titel sagt, Humorlosigkeit.

Von "Klangrede" a la Harnoncourt höre zumindest ich bei Szell wenig bis nichts. Und dieses Sprechende, bis hin zu mitunter manieriert oder "künstlich" wirkender Phrasierung und Artikulation war bei Harnoncourt schon ausgeprägt, als er noch durchweg ziemlich schnelle Tempi anschlug wie bei dem Beethovenzyklus von 1990.

Der heute wohl berühmteste Szell-Schüler dürfte James Levine sein. Der ist inzwischen wohl gesundheitlich ziemlich angeschlagen, aber bei seinen Einspielungen aus den 1970ern zeigen sich wenigstens oberflächlich eine Szell ferne Brillanz und Drive.
flutedevoix
Stammgast
#106 erstellt: 11. Nov 2011, 18:12

Von "Klangrede" a la Harnoncourt höre zumindest ich bei Szell wenig bis nichts. Und dieses Sprechende, bis hin zu mitunter manieriert oder "künstlich" wirkender Phrasierung und Artikulation war bei Harnoncourt schon ausgeprägt, als er noch durchweg ziemlich schnelle Tempi anschlug wie bei dem Beethovenzyklus von 1990.


Nun, sicher geht Harnoncourt in artikulatorischen Fragen weiter als Szell, gerade hier manifestiert sich in besondererweise der Unterschied zwischen historisch informiert und konventionell. Dennoch fällt auf, daß Szell geradezu unerbittlich Artikualtionen ausführen läßt und gerade dadurch eine oft größere Durchhörbarkeit gewinnt als viele seiner Kollegen aus dem "traditionellen" Bereich. Zudem entwickeln sich gerade aus dieser artikulatorischen Genauigkeit ein musikalischer Drive, der mich in vielem an Harnoncourtsche Aufnahmen des klassischen Repertoires aus den 90er-Jahren erinnert.



Aber ich sehe Harnoncourt ebenfalls eher als einen "Anti-Szell". Ich muss zugeben, dass ich nicht allzuviele Szell-Einspielungen kenne. Ähnlich wie bei Reiner (oder Toscanini) kann die Präzision, Geradlinigkeit und Straffheit begeistern, aber sie kommt eben mitunter auch gekoppelt mit einem Mangel an Flexibilität und wie der Titel sagt, Humorlosigkeit.


In der Regel kann ich eher keine wie auch immer geartete Humorlosigkeit feststellen bei Szellschen Interpretationen. Er neigt dazu ein einmal gewähltes Grundtempo natürlich mit agogischen Freiheiten zu halten, wo viele Dirigenten sich größere Freiheiten nehmen. Welche Auffassung nun der Stein der Weisen ist, ist je später die Komposition im 19. Jh. anbzusiedeln ist um so mehr diskutabel. Beim klassischen und frühem romantischen Repertoire dürfte der Fokus doch eher auf Tempokonstanz (mit agogischen Freiheiten) liegen als auf vielen Rubati bzw. Tempowechsel, zumindest wenn man den erhaltenen Quellen dieser Zeit Glauben schenkt.


[Beitrag von flutedevoix am 11. Nov 2011, 18:32 bearbeitet]
Szellfan
Hat sich gelöscht
#107 erstellt: 11. Nov 2011, 19:16
...nun fürchte ich, daß bim Lesen des Thread-Titels gern das Fragezeichen überlesen wird.
Man höre sich dazu doch nur Szells Haydn-Aufnahmen an!
Gerade weil Szell ein äußerst ernsthafter "Arbeiter" war, bleibt besonders eben Platz, Raum und Zeit für feine Agogik und vor allem eben Humor.

Das unterscheidet seinen Stil aus meiner Sicht deutlich von dem Reiners, gerade bei Haydn aber doch auch sehr von dem Harnoncourts.
Darüberhinaus finde ich selbst es häufig kurios, daß Harnoncourt, der Szell ausgesprochen wenig schätzt, so oft dann doch zu ähnlichen Ergebnissen kommt.
Viele Wege führen nach Rom.
Insofern empfinde ich Harnoncourt so zu einer Art "Anti-Szell" was die Herangehensweise an bestimmte Aspekte von Musik betrifft, das Ergebnis dennoch häufig sehr verwandt.

Wobei ich selbst mir dabei, jetzt wieder in dieser Diskussion, die Frage stelle, was für mich eigentlich diese für mich besondere, herausragende Kunst Szells eigentlich ausmacht.
Selbst mit Musikern, die Szell ebenfalls sehr schätzen, versuchten wir gemeinsam, dieses Besondere festzumachen, was uns nicht gelang.
Ist es ja doch eben gerade diese gewisse Strenge, innerhalb derer diese feinen Freiheiten klingen; der Humor innerhalb des Ernstes, das "Loslassenkönnen" innerhalb der äußerlich unerbittlich wirkenden Stringenz.
Letztlich wohl doch die Suche nach dem, was der Komponist "hinter" den Noten auszudrücken suchte. Das wiederum macht Szell vergleichbar zu Harnoncourt.
Mit dann doch dem feinen Unterschied, daß Szell mir selbst "hinter" den Noten die Freiheit und die (Hör)Augabe mitgibt,
das Werk letztendlich nur für mich zu entdecken, während Harnoncourt manchmal doch einen "didaktischen Zeigefinger" spüren läßt.

Szell erreicht dahingehend bei mir eher eine Verwandtschaft mit Brüggen, auch wenn deren beider Stile äußerlich betrachtet weitaus mehr divergieren als die zwischen Szell und Harnoncourt.
Tut mir leid, wenn ich dabei keine besseren Worte finde als diese schwammigen: es geht dabei um das Wesen der Musik.

Herzliche Grüße, Mike
Wilke
Inventar
#108 erstellt: 11. Nov 2011, 19:31
Danke Michael,
danke Mike,

auch wenn ich bei Euren Beiträgen nicht ganz so mitkomme, ich kann eben keine Noten lesen und höre nur gerne klassische
Musik, habe ich bei den Aufnahmen von Szell das Gefühl, dass
sein Orchester sehr genau spielt, die Instrumente sind besser durchhörbar als bei anderen Dirigenten und das gefällt mir eben. Anscheinend gibt es keine anderen Dirigenten, denen dies gelungen ist?!

(ich hatte mal das Orchester von Mexico gehört, leider erinnere ich mich nicht an den Dirigenten, aber auch dieser
dirigierte so, dass ich ein ähnliches Gefühl wie bei Szell hatte. gruß Wilke
flutedevoix
Stammgast
#109 erstellt: 11. Nov 2011, 19:39
Lieber Mike,
du hast eine Differenzierung getroffen, die mir nicht gelungen ist: Arbeitsweise und Stil.

Sicher ist die Arbeitsweise eine Szell eine ganz andere als die Harnoncourts, schon allein daher dürfte die Abneigung Hartnoncourts begründet sein. Frappant ist aber tatsächlich, wie oft sich beider Ergebnis ähnelt! Eben von diesem Ergebnis her konstatierte ich eine Verwandschaft beider Dirigenten. Am wichtigsten und besonders betonenswert scheint mir aber, Deine Feststellung, daß beide harte Arbeiter sind, beide intensives Partitur und auch Quellenstudium als Grundlage ihrer Interpretation haben.

Was denn nun das Geheimniss der Szellschen Kunst ist? Ich fürchte diese Frage muß unbeantwortet bleiben.
Ich konstatiere bei ihm in aller erster Linie ein feines Gespür für Timing, die wichtigen, oft überraschenden Wendungen einer Partitur werden niemals zu früh gebracht (überspielt) oder zu spät (was zu Kitsch führen würde). Gerade darin ist er sowohl Harnoncourt als auch Brüggen sehr verwandt. Dieses feineTiming würde ich aus meiner Erfahrung als Ergebnis harter Arbeit an sich und im Ensemble bzw. Orchester zuschreiben. Und es ist wohl nur mit einem Hang zum Perfektionismus so zu erreichen, daß es derart sicher auf andere Orchester übertragen werden kann.
Sicher ist auch der zunächst rhythmisch strenge Zugang ein Erfolgsgeheimnis. Agogik wirkt dann besonders gut, wenn sie als ein überraschendes, ein "verrücktes" Element wahrgenommen wird. Das wird sie aber in besonderem Maße nur in einem strengen Umfeld. Ich denke, das ist das Geheimnis, warum bei Szell viele agogische Wendungen und damit die besonderen Stellen einer Komposition so überraschend klingen, so stringend. Etwas was z.B. Harnoncourt oft über Artikualtiopn erreicht!

So, dies nur ein kleiner, unvollkommener Erklärungsversuch. Nun ruft eine Probe, ich denke morgen bleibt mehr Zeit zum Hören, Nachdenken und Schreiben
Szellfan
Hat sich gelöscht
#110 erstellt: 11. Nov 2011, 19:48
Hallo Ralf,
entschuldige ich bitte nicht daür, "nur" gern Klassische Musik zu hören und keine Noten lesen zu können,
denn bei Beidem haben wir beide etwas gemeinsam.
(Hast Du meine pm bekommen?)

Und Du, lieber Johannes, hast mir mit deinem Beitrag meine eigenen Worte erklärt. Danke.
Herzliche Grüße, Mike
Kreisler_jun.
Inventar
#111 erstellt: 12. Nov 2011, 11:52
Ich hatte eine Haydn-CD mit Szell (93,95, 97). Die habe ich irgendwann aussortiert. Schlecht war sie natürlich nicht, aber z.B. der Kopfsatz von 93 viel zu langsam und insgesamt in meinen Ohren nicht humorvoll (abgesehen von unmöglich zu verpassenden Sachen wie dem farzenden Fagott in 93,i).
Am besten war meiner Erinnerung nach die #95, deren Strenge und gewisse Steifheit Szell entgegenkommt.

Von den Mozart-Sinfonien, die ich kenne, bin ich durchaus angetan, ich wollte auch keineswegs einer generellen Abneigung gegen Szell Ausdruck verleihen. Nur kommt mir die Harnoncourt-Parallele eben ziemlich bizarr vor.
Und ähnlich wie zB bei Leibowitz' Beethoven habe ich hier manchmal den Eindruck, dass die Geradlinigkeit und Straffheit, die damals vielleicht noch etwas besonderes war, inzwischen eh Standard ist, daher dieses Aufnahmen doch etwas von ihrem Ruf eingebüßt haben. Mag natürlich sein, dass ich Subtilitäten verpasse und ich kenne, wie gesagt, auch nur einen kleinen Ausschnitt aus Szells Diskographie. Davon finde ich vieles durchaus sehr gut, aber auch wieder nicht so, dass ich jetzt beim Standardrepertoire alles nochmal mit Szell haben müsste.
Szellfan
Hat sich gelöscht
#112 erstellt: 12. Nov 2011, 12:21
Hallo Kreisler,
eben erst hörte ich wieder haydns 93 mit Szell, auch im Vergleich.
Erst im Vergleich bemerkte ich, wie langsam Szell den Kopfsatz nimmt. Dann habe ich sie komplett gehört und die temporelationen stimmten untereinander und damit erschien mir das tempo wieder "richtig".
Und vom "Furz" abgesehen, da sind wirklich noch ganz viele Kleinigkeiten, Verzögerungen, "sprechende Pausen", die den Doppelten Boden und damit den Humor Haydns so vorzüglich treffen. Ich kenne z.B. einfach keinen anderen paukenschlag, der selbst beim wiederholten Hören immer noch überrascht, weil er so absolut genau an der richtigen Stelle kommt.

Leibowitz, zumindest mit Beethoven, wirkt mir selbst auch einfach glatt, ich würde beider Namen für mich nie in einem Atemzug nennen.
Herzliche Grüße, Mike
flutedevoix
Stammgast
#113 erstellt: 12. Nov 2011, 18:54
Ich denke es ist natrürlich immer eine Frage der Hörprioritäten:

Dennoch, ich bleibe dabei, in der klanglichen Staffelung des Orchesters, gerade ds modernen Sinfonieorchesters sind für mich die Parallelen zwischen Szell und Harnoncourt evident. Bei beiden spielen Bläser eine wichtigere klangliche Rolle als dies gemeinhin üblich ist, bei beiden ist das Blech die klangliche Krone, die auch aus dem Orchester ausbrechen darf und nicht eingebunden sein muß. Dies ist finde ich etwa bei Beethovens 7. Sinfonie sehr gut zu hören. Auch im Schlußsatz der Jupiter-Sinfonie ist das gut zu hören.

Beiden gemeinsam ist, daß sie keine Hemmungen haben, Kontraste voll auszuspielen und durch die Stringenz in der Tempofrage ungemein vitale, pulsierende Interpretationen vorlegen, die bei aller Geradlinigkeit und Stringenz aber doch noch ein Auge für Feinheiten und Agogik jenseits dieser Stringenz haben.

Beide legen allergrößten Wert auf die Durchhörbarkeit des Orchesterssatzes, diese Gemeinsamkeit erreichen sie letztendlich über eine sehr genau ausgearbeitet Artikulation. Allerdings gilt hier das der Ansatz, der Parameter der gleiche ist, allerdings die Methode der Anwendung dieses Parameters stark differiert.
Harnoncourt ist artikulatorisch wesentlich flexibler, verfügt als Dirigent in meinen Augen auch über eine größere artikulatorische Bandbreite, setzt Artikulation natrülich mehr im Sinne einer Klangrede ein, das ist ja Harnoncourts großes Lebensthema.
Szell dagegen sieht für mein Gefühl in der Artikulation ein wesentlicher Bestanteil zur Orchesterorganisation, zur klanglichen Gestaltung der "Massen". Gerade in seinen Beethoven-Interpretationen hört man, daß er die Partitur sehr gehnaui studiert hat und klangliche und artikulatorische Details hörbar macht, die bei fast allen außerhalb der historisch informierten Herangehensweise überspielt werden. Die Pastorale ist dafür ein gutes Beispiel. Das finde ich in seinen Interpretationen tatsächlich "unerhört", aus diesen Gründen ist Szell für mich eine derartige Entdeckung in diesem Jahr.

Die aufgekommene Frage war ja, welche Dirigenten am ehesten mit Szell verglichen werden könnten. Da höre ich ,wohlgemerkt im Ergebnis, die meisten Parallelen bei Harnoncourt oder P. Järvi, dem aber etwas die Stringenz fehlt (kenne allerdings nur Beethoven mit ihm). Ich höre sie ehrlich gesagt weder bei Reiner noch bei Toscanin, deren Orchester ganz anders klingen, die zwar ähnlich straff und wenn man will "entromantisierend" unterwegs sind, die aber doch öfters etwas das Gefühl für Timing fehlen lassen und weniger Gespür für agogische Feinheiten haben. (aber auch Reiner kenne ich nur von einigen wenigen Aufnahmen). Diese Frage des Vergleichs dürfte aber immer auch stark Geschmacks abhängig sein bzw. ganz anders beantwortet werden, je nachdem auf welche interpretatorische Fragen der Hörer sein Hauptaugenmerk richtet.

Vieles aus dem Standardrepertoire (Beethoven, Brahms, Dvorak, Bartok, Schubert) hat in Szells Interpretationen für mich neue Nuancen gezeigt. Und das ist mehr als ich von 95% aller Dirigenten sagen kann. Daher werde ich auch in Zukunft mich in Sachen Szell hörend weiterbilden.
Suche:
Gehe zu Seite: |vorherige| Erste 2 Letzte
Das könnte Dich auch interessieren:
Szell, George
Ippig am 22.05.2006  –  Letzte Antwort am 22.05.2006  –  3 Beiträge
Klemperer, Otto: Ein Gigant.
Alfred_Schmidt am 23.04.2004  –  Letzte Antwort am 27.01.2021  –  93 Beiträge
Maazel, Lorin: Ein Wunderkind ?
Alfred_Schmidt am 27.04.2004  –  Letzte Antwort am 13.07.2014  –  20 Beiträge
Gulda, Friedrich: Ein genialer Geck?
Marthaler am 28.01.2005  –  Letzte Antwort am 21.06.2007  –  40 Beiträge
Levine, James: Ein verblassender Stern ?
Alfred_Schmidt am 25.03.2004  –  Letzte Antwort am 19.11.2018  –  36 Beiträge
Arrau, Claudio: Ein unvergessener Pianist
Alfred_Schmidt am 25.02.2004  –  Letzte Antwort am 31.03.2017  –  26 Beiträge
Giulini, Carlo Maria: Ein Feingeist
Alfred_Schmidt am 02.04.2004  –  Letzte Antwort am 15.12.2013  –  64 Beiträge
Leinsdorf, Erich : Noch ein Vergessener?
Hüb' am 28.09.2004  –  Letzte Antwort am 30.09.2004  –  12 Beiträge
Jochum, Eugen: Nur ein Kapellmeister ?
Alfred_Schmidt am 19.03.2004  –  Letzte Antwort am 14.10.2004  –  54 Beiträge
Lang Lang - ein ernstzunehmender Pianist?
Wilke am 18.07.2007  –  Letzte Antwort am 09.02.2010  –  23 Beiträge

Anzeige

Produkte in diesem Thread Widget schließen

Aktuelle Aktion

Partner Widget schließen

  • beyerdynamic Logo
  • DALI Logo
  • SAMSUNG Logo
  • TCL Logo

Forumsstatistik Widget schließen

  • Registrierte Mitglieder925.925 ( Heute: 13 )
  • Neuestes MitgliedHifi-Werner
  • Gesamtzahl an Themen1.551.596
  • Gesamtzahl an Beiträgen21.550.766

Hersteller in diesem Thread Widget schließen