Toshiba SB-445 wird sehr heiß

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Seimalanders
Stammgast
#1 erstellt: 06. Jul 2024, 21:10
Guten Abend,

Ich habe hier einen Kandidaten, bei dem so einige Teile sehr heiß werden. Probiere in diesem Zusammenhang gerade eine Thermokamera fürs Handy aus.
Da ich als Erstes den gemeinsamen Kühlkörper angefasst hatte, und der innerhalb von einer Minute komplett auf lauschige 60 °C temperiert war, schließ ich auf einen sehr hohen Ruhestrom.
Tatsächlich schwankt dieser beim linken Kanal stark zwischen 0 und >500 mA. Insbesondere Q 613 war da schon auf über 70 °C.
Allerdings ist das nicht alles, was heiß wird. Widerstände und Dioden im Netzteil werden z.T. sehr heiß, R 902 = 133 °C / R 906 = 115 °C / R 907 = 97 °C etc.

Augenscheinlich kann man nichts feststellen, wie ausgelaufene Elkos o.ä.
Da der Verstärker aber an sich wie vorgesehen funktioniert, sollten die Endstufentransistoren und die entsprechenden Treiber doch in Ordnung sein!?
Ich messe allerdings Unterschiede im eingebauten Zustand zwischen den gleichen Typen an B/C/E bei abgeschaltetem Strom.

Die Emitterwiderstände sind gut.

Was meint ihr, sollte ich als Nächstes tun, um möglichst zielgerichtet das Problem einzukreisen?

Toshi

Hinweis: Dann sind da auch noch Fehler im Schaltbild. R 901 hat 1 statt 100 Ohm und R 902 hat 330 statt 100 Ohm.


[Beitrag von Seimalanders am 06. Jul 2024, 21:14 bearbeitet]
CarlM.
Inventar
#2 erstellt: 06. Jul 2024, 21:34
Die Widerstände im Netzteil können durchaus sehr heiss werden. Wenn die Spannungen dort stimmen (und somit die Z-Dioden okay zu sein scheinen), sehe ich da keinen Handlungsbedarfs.
Im Netzteil also die Spannungen messen (+/- 44 VDC und +/- 18 VDC). Zudem kannst Du den Wechselspannungsanteil messen also bei den Messungen jeweils auch VAC messen.

In der betreffenden Endstufe würde ich zunächst von einer defekten 3fach-Diode D603 ausgehen, die dafür sorgt, dass Q609 und Q613 fehlerhaft angesteuert werden. Die systematische Vorgehensweise würde die Messungen der Spannungen lt. Schaltplan und vor allem an den Pins der Transistoren vorsehen.
Am besten in den Schaltplan eintragen.
Seimalanders
Stammgast
#3 erstellt: 07. Jul 2024, 07:27
Guten Morgen Carl,

Vielen Dank für die Antwort.
Du hast Recht, erst einmal die Messungen durchführen. Vielleicht fällt dann direkt was auf.
Das mit dem AC-Anteil ist ein guter Tipp.
Die 3fach Dioden hatten (eingebaut) die gleichen Werte, hatten aber schlechte Lötpunkte. Hier verbesserte sich noch nichts.
Valenzband
Inventar
#4 erstellt: 07. Jul 2024, 10:42
Außer D603 ist auch Trimmer R629 eine nähere Untersuchung wert. Bei Wackelkontakten des inneren oder äußeren Schleifkontakts steigt die Vorspannung und damit der Ruhestrom stark an.
Hinzu kommen einige Sicherheitswiderstände (mit Warndreieck im Schaltplan gekennzeichnet), die altersbedingt ihr Eigenleben entdecken.
Poetry2me
Inventar
#5 erstellt: 10. Jul 2024, 21:40
Zur Unterstützung des Troubleshooting hier ein Schaltplan der Endstufen Sektion des Toshiba SB-455 mit farblich markierten Schaltungsstufen und Soll-Spannungen.

Toshiba SB-445 schematic detail power amplifier stages marked

EDIT:
Die Spannungsangaben bei den Basisanschlüssen der Treiberstufe (3, violett) und finalen Stufe (4, blau) sind seltsam niedrig. Daher sind dann auch die Spannungsangaben in der 2. Stufe (Differenzverstärker mit Stromspiegel, rot) rund um die Bauteile zur Ruhestromeinstellung (D603/D604, R627/R628, Poti R629/R630) etwas niedrig und unsymmetrisch um den Nullpunkt. Ich hätte je Transistor eine B-E-Spannung von ca. 0,55V als realistischer gesehen. Aber so grob als Anhaltspunkt genügen die Anhaben wohl.

Man erkennt die Sicherungswiderstände (Fuse Resistors) an ihrem Schaltsymbol (Ausrufezeichen sagt nur dass gleicher Typ als Ersatz verwendet werden muss). Die Sicherungswiderstände altern sehr stark im Laufe der Jahrzehnte und haben häufig ihren Wert verändert, vor allem wenn sie Hitze und/oder Feuchtigkeit ausgesetzt waren. Bei mir fliegen diese Sicherungswiderstände immer als erstes mal pauschal alle raus und werden durch herkömmliche Widerstände ersetzt. Dann kann man weitersuchen.

Die Ruhestromeinstellung verwendet leider auch noch diese Mehrfachdioden STV-3H, welche im Alter interne Kontaktprobleme bekommen. Es wäre natürlich bei einer Ruhestrom-Einstellung fatal, denn wenn es dort zu einer Unterbrechung kommt, dann geht der Ruhestrom für Treiber und Endtransistoren auf Maximum - Exitus. Man kann Ersatz durch frisch produzierte Dioden finden, bei der Vierfach-Variante STV-4H wären es z.B. drei 1N4148 in Reihe.

Daher immer schön vorsichtig beim Troubleshooting und am besten mit einer vorgeschalteten oldschool Glühbirne 60W oder 100W anstelle der primären Feinsicherung starten. Dazu mehr mit Suche nach Glühbirnen Trick im Forum.

Zur Hitzeentwicklung: An Bauteilen wie Transistoren oder Widerständen und Kühlkörpern in Verstärkern sollte es niemals mehr als 55°C sein, also so dass man die Hand gerade noch eine Weile drauf lassen kann.

Gutes Gelingen mit diesem hübschen Verstärker!

- Johannes


[Beitrag von Poetry2me am 11. Jul 2024, 04:59 bearbeitet]
Valenzband
Inventar
#6 erstellt: 11. Jul 2024, 12:41

Poetry2me (Beitrag #5) schrieb:
Die Spannungsangaben bei den Basisanschlüssen der Treiberstufe (3, violett) und finalen Stufe (4, blau) sind seltsam niedrig. Daher sind dann auch die Spannungsangaben in der 2. Stufe (Differenzverstärker mit Stromspiegel, rot) rund um die Bauteile zur Ruhestromeinstellung (D603/D604, R627/R628, Poti R629/R630) etwas niedrig und unsymmetrisch um den Nullpunkt. Ich hätte je Transistor eine B-E-Spannung von ca. 0,55V als realistischer gesehen.


Dahinter steckt wohl Absicht: Q606 / Q615 werden erst bei leicht erhöhtem Ausgangsstrom angefahren, darunter erledigen die Treiber Q601 / Q611 diesen Job über die 150Ohm Widerstände R635 / R637. So einen Schmarrn hat es in den 1970ern unter dem Namen "Edwin Verstärker" u.a. bei elektor gegeben. War sehr beliebt und hatte bei der Sch...-Mucke von damals so oder so keinen hörbaren Nachteil.
Dazu passt auch die Dreifachdiode im BIAS Zweig, denn deren TK kann maximal drei Transen thermisch kompensieren. Hier sind nur die Treiber (leicht über-) kompensiert, da die "echten" Endstufentransen die meiste Zeit mehr oder weniger vor sich hindösen.
Ebenso erkärt sich die positive 30mV Spannung an beiden Emitterwiderständen R639 / R641, denn das ist tatsächlich ein Offset, der durch die Basisströme der Eingangsstufen verursacht wird (U=Ib*(100k-15k-47k)). Man könnte über eine Verkleinerung von R603 auf 38k (39k) den Offset verringern, aber das setzt eigentlich auch gepaarte Eingangstransen voraus. Die Kirche im Dorf sagt nur "bringt hier außer Kosmetik eh nix".
CarlM.
Inventar
#7 erstellt: 11. Jul 2024, 13:31

Valenzband (Beitrag #6) schrieb:
So einen Schmarrn hat es in den 1970ern unter dem Namen "Edwin Verstärker" u.a. bei elektor gegeben. War sehr beliebt und hatte bei der Sch...-Mucke von damals so oder so keinen hörbaren Nachteil.


Nur als Randnotiz. Vielleicht schaffen wir es, den Thread nicht zu sehr zu zweckentfremden.
https://www.elektormagazine.de/magazine/elektor-309/62088
Die Wiederauferstehung des totgeglaubten Edwin ...
Valenzband
Inventar
#8 erstellt: 11. Jul 2024, 16:30
Das Teil war schon damals eine ziemliche Krücke (Klirr um 0.1% wenn man Glück hatte), nur dass es halt ein Jeder ohne Messgeräte usw. nachbauen konnte und die Bude danach nicht (sofort) abbrannte.
Wer etwas ausgiebiger gugelt findet auch die vollständige pdf-Version des damaligen elektor Artikels, für lau...


[Beitrag von Valenzband am 11. Jul 2024, 16:35 bearbeitet]
Poetry2me
Inventar
#9 erstellt: 11. Jul 2024, 21:11
Wie auch immer.
Ich denke der nachbearbeitete Schaltplan kann dem Themenersteller helfen, beim SB-445 die Ruhestromeinstellungen zu überprüfen und dabei die involvierten Bauteile zu beurteilen. Die alternden Sicherungswiderstände und die anfällige Mehrfachdiode sind auf jeden Fall schon mal Risikofaktoren.
Seimalanders
Stammgast
#10 erstellt: 29. Jul 2024, 16:32
Wie peinlich. Natürlich waren es die Sicherheitswiderstände ...

Warum ich die nicht zuerst geprüft habe, weiß ich auch nicht
Drei der vier "Emitterwiderstände" der 3. Stufe waren völlig daneben.

Nach dem Austausch aller insgesamt sechs FRs gegen MOX-Typen und anschließendem Ruhestromabgleich mit gereinigten Potis wurden die Kühlkörper nur noch lauwarm.

Beim Umschalten auf Phono hatte ich dann aber ein Brummen. Bevor ich zu kompliziert denke, habe ich zunächst das Gehäuse wieder halbwegs zusammen gebaut. Das war es auch schon. Die empfindliche Phono-Stufe bekam wohl Einstreuungen oder irgendeine Masse kommt erst mit der Verbindung zustande.

Vielen Dank für die Anregungen

.... und für den Edwin. Den kannte ich noch nicht.
Poetry2me
Inventar
#11 erstellt: 29. Jul 2024, 19:23
____GRATULATION____ zur erfolgreichen Fehlerbehebung

Wieder mal ein Fall, der von Sicherungswiderständen (Fuse Resistors) in der Schaltung verursacht wurde.

Freut mich, dass hier ein brauchbar Klassiker zum Wohle des Planeten gerettet werden konnte.

- Johannes


[Beitrag von Poetry2me am 29. Jul 2024, 19:24 bearbeitet]
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