Merkwürdiger Defekt an Transistor

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Ichhörnichtauf
Ist häufiger hier
#1 erstellt: 03. Mrz 2017, 10:09
Hallo zusammen,

ich mache mir gerade einen Harman Kardon 150+ wieder schick. Die Receiver scheinen öfters Temperaturprobleme an der Vorstufe zu haben. Mein Modell hatte das Problem, dass das Ausgangssignal am rechten Kanal erst nach einer gewissen Zeit (ca.1-2h) anlag. Nachdem ich die Vorstufe mit dem Oszi durchgewobbelt habe und ein paar Messungen vorgenommen habe, hatte ich den Schuldigen gefunden. Es handelt sich um einen Transistor Typ 2SC693G (NPN).

Dieser hat folgendes Fehlerbild:

Strecke C-E schaltet nicht durch beim anliegen einer positiven Steuerspannung an B (C-E hochohmig). Zudem lässt er den Strom teilweise von C nach B durch (z.T. niederohmig). Im China Komponetententester wurde der Transistor jedoch als intakt angezeigt. Die Werte waren auch in Ordnung.

Das Fehlerbild lässt scheinbar nach einen Temperaturanstieg in dem Bauteil nach, bis er voll funktioniert und ordentlich durchschaltet.

Nun würde es mich interessieren was das für ein Defekt ist bzw. hatte das schonmal jemand gehabt? Ist ja auch nicht immer leicht zu finden

Hier sind noch Bilder von dem Schuldigen. Dazu sei gesagt, dass die 2SC693G in der Schaltung recht heiß werden und auch die benachbarten Elkos z.T. braun aussehen lassen.

DSCN3667

DSCN3668
shabbel
Inventar
#2 erstellt: 04. Mrz 2017, 10:15
Ich würde sagen, es ist nicht der Transistor alleine. Die benachbarten Bauteile dürften das Fehlerbild hervorrufen.
Ichhörnichtauf
Ist häufiger hier
#3 erstellt: 04. Mrz 2017, 14:44
Komisch, ich habe den "defekten" Transistor gegen einen vorläufigen Ersatztypen getauscht. Jetzt ist das Fehlerbild komplett verschwunden. Deshalb würde ich schon sagen, dass es an dem Transistor liegt.
Zudem habe ich auch noch einen HK 900+, welcher bis auf das CD4 Board identisch zu dem 150+ ist. Hier wurden auch sämtliche 2SC693G auf der Vorstufe getauscht.

Bei audiokarma wurde das Problem der Vorstufen schon öfters erwähnt. Eigentlich sind alle Modelle der Quadroreihe betroffen (75+,150+,900+ usw.)

http://audiokarma.or...output-issue.625601/
http://www.audiokarm...-75-problems.540609/
http://audiokarma.or...uad-reciever.584379/

Ja, wie dem auch sei, ich werde alle 2SC693G gegen Ersatztypen ersetzen. Ich weiß nur noch nicht ob ich den KSC1845F oder BC546B nehme.


[Beitrag von Ichhörnichtauf am 04. Mrz 2017, 14:45 bearbeitet]
shabbel
Inventar
#4 erstellt: 05. Mrz 2017, 09:07
Schau mal bei Pollin. Das könnte die Frage beantworten.
Steffen_Bühler
Inventar
#5 erstellt: 06. Mrz 2017, 09:34
Es dürfte sich da um ein thermisches Problem handeln, wie ja auch in einem der Links erwähnt. Typischerweise findet man sowas mit Fön und Kältespray. Was da genau im Transistor passiert, kann ein Halbleiterphysiker bestimmt gut erklären, ist aber letztendlich wurscht.

Viele Grüße
Steffen
Bertl100
Inventar
#6 erstellt: 06. Mrz 2017, 11:47
Hallo zusammen,

nun häufig ist der Kollektor temperaturabhängig offen. Sowas ist typischerweise "lifted bond", der Bonddraht ist nicht mehr fest mit dem Silizum verbinden.
Bei älteren Transistoren gibt es auch öfter mal Leckströme (auch bei Silizium typen). Diese fallen vor allem dann auf, wenn sie die B-C Strecke betreffen.

Aufall in Kurzschluß "von sich aus" ist relativ selten, kommt natürlich schon vor, ist aber zu 99% Folge einer thermischen und/oder elektrischen Überlastung (EOS - electrical overstress).

Gruß
Bernhard
Ichhörnichtauf
Ist häufiger hier
#7 erstellt: 06. Mrz 2017, 12:22
Ich danke euch für die Erklärung. Also wie schon vermutet, handelt es sich um eine thermische Überlastung. Da der Defekt häufig vorkommt, gehe ich von einer falschen Auslegung seitens des Ingenieuren von Harman Kardon aus.
Je genauer ich mir die Geräte (ich besitze einen HK150+ und 900+) anschaue, desto mehr Bauteile mit Blessuren finde ich. Zu dem zählen angeschmorte Widerstände, überhitzte Endstufen usw. Sprich, die Geräte sind sehr am Limit ausgelegt, wodurch thermische Probleme im Gerät auftauchen. Ein weiterer Kandidat ist der FM Stereo-IC MC1307P, welcher anscheinend durch eine zu hoch bemessende Spannung vom Netzteil gern gegrillt wird (bei Modell 150+). Beim 900+ wurde da schon am Netzteil seitens von HK nachgebessert.

Oh Mann, da lobe ich mir fast meinen Pioneer, der doch recht robust ausgelegt ist. Es gibt noch viel zutun am Harman ...

Wünscht ihr eigentlich einen Restaurationsbericht bzw. besteht Interesse?

@shabbel: Der BC546B ist ja bei Pollin so billig, dass man meinen könnte das ist Chinakram
Steffen_Bühler
Inventar
#8 erstellt: 06. Mrz 2017, 13:01

Ichhörnichtauf (Beitrag #7) schrieb:
Also wie schon vermutet, handelt es sich um eine thermische Überlastung. Da der Defekt häufig vorkommt, gehe ich von einer falschen Auslegung seitens des Ingenieuren von Harman Kardon aus.


Nein, in diesem Fall hat der Transistor einen internen Defekt, der auch schon bei geringer Erwärmung (sogar Eigenerwärmung) auftritt. Es mag sein, dass beim thermischen Management ansonsten noch Luft nach oben ist, aber dieser Effekt wäre auch in anderen Geräten aufgetreten. Bertl hat das gut beschrieben, danke dafür.
Ichhörnichtauf
Ist häufiger hier
#9 erstellt: 06. Mrz 2017, 13:27

Aufall in Kurzschluß "von sich aus" ist relativ selten, kommt natürlich schon vor, ist aber zu 99% Folge einer thermischen und/oder elektrischen Überlastung (EOS - electrical overstress).


Ist doch richtig, thermische Überlastung des Transistors
Bertl100
Inventar
#10 erstellt: 06. Mrz 2017, 13:46
Hallo zusammen,


Ist doch richtig, thermische Überlastung des Transistors

Nein. Thermische Überlastung bedeutet, dass z.B. die Tj die 150°C bei weitem überstiegen hat.
Das was Du meinst, ist ein gehäuftes Ausfallen, verursacht durch hohe Betriebstemperatur.

Nehmen wir mal einen TO92 Transistor in der Spannungsverstärkerstufe einer Endstufe. Diese setzen schon mal einige 100 mW Verlustleistung um. Dadurch hat das Gehäuse dann z.B. 80°C, und die Tj liegt vielleicht bei 100°C. Das mag heiß wirken, und die Platine braun verfärben. Das ist aber alles bei weitem innerhalb des Zulässigen. Nur ist es halt so, dass die Ausfallrate (zufällige Ausfälle) dadurch eben höher ist.
Verantwortlich dafür sind verschiedene Vorgänge. Das können Diffusionsprozesse sein, wo Umwelt"gifte" oder Gehäusebestandteile ins Silizium diffundieren. Oder ein mimimaler CTE-Missmatch zwischen Silizium und Gehäuse, der bei jedem Thermozyklus (Gerät aus - Gerät ein), minimalst am Bonddraht zieht.

Sowas so zu dimensionieren ist eigentlich ok. Ist ja keine Raketentechnik, sondern nur Unterhaltungselektronik. Würde man da jedes Bauteil um den Faktor 5 überdimensionieren, würde einen der zuständige Kaufmann zum Mond schießen!

Gruß
Bernhard
Ichhörnichtauf
Ist häufiger hier
#11 erstellt: 06. Mrz 2017, 13:58
Ah ja, jetzt habe ich es verstanden. Besten Dank Bernhard
hf500
Moderator
#12 erstellt: 06. Mrz 2017, 20:33
Moin,
ein wesentlicher Stressfaktor ist der wiederholte Temperaturwechsel Einschalten/Ausschalten. Oftmals ist das die Hauptursache fuer Ausfaelle.
Ob die Geraete "grenzwertig" konstruiert wurden, muesste man genauer untersuchen. Sie wuerden fuer eine Lebensdauer von etwa 10 Jahren ausgelegt, diese Zeit haben sie in der Regel ueberstanden. Viele Geraete waren aus thermischer sicht tatsaechlich ungluecklich konstruiert/gefertigt. Das faengt mit dem Ausreizen von Verlustleistungen an, geht ueber aufliegende Montage von warmen Bauteilen auf der Platine bis zu z.B. "Kuehlblechen" aus Stahl (die alles koennen, aber nicht sinnvoll kuehlen).

73
Peter


[Beitrag von hf500 am 06. Mrz 2017, 20:34 bearbeitet]
eckibear
Hat sich gelöscht
#13 erstellt: 07. Mrz 2017, 18:01
Viele Geräte im HiFI Bereich werden von Designern maßgeblich mitgestaltet, die nur auf äußere, visuelle Merkmale achten. Die am häufigsten zu findende Anordnung von größeren Leistungs-Kühlkörpern innerhalb des Gehäuses von Verstärkern ist jedenfalls eine ingenieurstechnisch ausgewiesene Idiotie. Nur Hausfrauen finden so etwas gut. Am besten noch ein hübsches Tischdeckchen drauflegen...
Broesel02
Inventar
#14 erstellt: 08. Mrz 2017, 01:16
Wie hier bereits geschrieben, die Geräte sollten 10 Jahre halten. sie müssen die Garantiezeit überstehen, früher ein Jahr, jetzt zwei Jahre.
Beide Zeiträume sind lange überschritten.
Ich finde in den 25 bis 40 Jahre alten Geräten alle möglichen Bauteile die aufgeben, einige sicher auch wegen unglücklicher thermischer Einbausituation aber ganz sicher nicht nur. Manchmal sind die Bauteile selber mit mechanischen Spannungen verlötet und die Lötstellen brechen auf oder die Bonds gehen auf wie vielleicht bei dir.
Manchmal werden Widerstände auch durch Feuchtigkeit "müde", Folienkondensatoren versterben an HF- Peaks, Kerkos leiden extrem bei Feuchtigkeit und so weiter und so weiter.
Eigentlich fahren wir ja hier mit Oldtimern rum und da darf man sich nicht wundern wenn mal was verstirbt. Hat ja schliesslich auch schon lange durchgehalten

Richard
Ichhörnichtauf
Ist häufiger hier
#15 erstellt: 08. Mrz 2017, 10:20
Ja sicher, ihr habt schon recht. Bei einem 40 Jahre alten Gerät können Bauteile schon gern mal müde werden. Hier denke ich, dass früher auch noch großzügiger dimensioniert wurde, im Gegensatz zu heute. Jedoch muss ich feststellen, dass es Unterschiede in der Haltbarkeit zwischen den Herstellern gibt. Der Harman Kardon gehört meines erachtens zu den Geräten, welche nicht so sehr haltbar ausgelegt wurden. Es handelt sich ja bei dem defekten Transistor um einen systematischen Defekt, welcher bei sehr vielen Geräten aufritt. Der FM IC gehört hier ebenfalls dazu.
Wie dem auch sei, der HK150+ bekommt eine ordentliche Revision. Das Gerät bietet eine gute Basis. Anfangs wollte ich mir eigentlich den HK900+ wieder herrichten, da er seltener ist. Jedoch ist das Gerät im Inneren sehr marode. Es wurde scheinbar in seinem früheren Leben "verheizt". Sprich, es sind braune Widerstände auf dem SQ Board vorhanden, das Netzteil hatte schonmal einen abbekommen (Gleichrichterdioden und Transistoren wurden gewechselt) und die Elkos sind alle kurz vor dem Tod, wenn nicht schon geschehen. Die wahrscheinlich anschließende Lagerung in feuchter Umgebeung (Keller, Dachboden) gab dem HK900+ den Rest. Zwar könnte ich jetzt alle Elkos und die defekten Widerstände wechseln, jedoch ist mir das Risiko zu hoch, dass in Zukunft weitere Bauteile ausfallen. Ich kann ja nicht alles wechseln. Eigentlich schade um den HK900+
shabbel
Inventar
#16 erstellt: 08. Mrz 2017, 16:22
Bei Harman Kardon Receivern aus den 70-ern habe ich eigentlich gute Erfahrungen gemacht. Ausgetauschte Gleichrichter können auch auf einen Kurzschluss der Lautsprecher zurückzuführen sein. Das würde dann unter Anwenderfehler und nicht Materialalterung fallen. Ich würde dem HK900+ eine Chance geben.
Dominik.L
Inventar
#17 erstellt: 08. Mrz 2017, 18:15
@Richard
Ja, früher gab es "Garantie" und die war ein Jahr lang.
Heute gibt es keine Garantie mehr sondern "Gewährleistung", das ist ein großer Unterschied.
denn es haftet nicht mehr der Hersteller sondern der Verkäufer und das auch nicht die kompletten
24 Monate sondern zuerst einmal 6 Monate, danach gilt die sog. Beweislastumkehr und der Verbraucher
muß beweisen, das der Mangel schon bei Kauf bestand....das ist jedem nat. schwer möglich.

Trotz dessen, das die Hersteller gar nichts mehr "müssen", geben diese von Hause aus eine eigene "Garantie"
auf die verkauften Produkte....verpflichtet dazu sind diese nicht

@TE
HK hat grundsätzlich keine "empfindlicheren" Geräte gebaut als andere Hersteller auch.
Auch dieser Hersteller mußte in den "Halbleitertopf" greifen, der da war und das war leider
nicht immer das Beste (Es gab ja auch fast nichts anderes...und so gab es viele Halbleiter-
hersteller, die leider Bauteile konstruierten die nach 30 bis 40 Jahren mit merkwürdigen
Symptomen ausfallen (Siehe spezielle Transistoren von Hitachi oder die berühmten JFET´s,
die laaaaaaaaangsam versterben)
Auch der Transistortyp aus deinem ersten Thread ist so eine Möhre, das Problem lag aber am Gehäuse
welches in späteren Serien aber verändert wurde.

Die Halbleitertechnologie hat sich weiterentwickelt und damit die Haltbarkeit der Bauteile.

Das hat also nichts mit dem Speziellen Hersteller HK zu tun sondern ist allgemein so.
(Wobei die "Inschenjöre" bei HK teilweise schon derbe verbeemt beim Schaltungsdesign waren )


just my 2 cents

Dominik
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