Minuetta Top Light Quick & Dirty - ein Baubericht

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janni4u
Stammgast
#1 erstellt: 20. Aug 2006, 22:03
Hallo,

hiermit möchte ich euch an der Entstehung meiner Minuetta Top Lights teilhaben lassen. Ich werde alles Schritt für Schritt erklären. Die Fotos dazu findet ihr bei

Bilder vom Bau meiner MTL Q&D

unter "Minuetta Top Light Q&D".

Quick and Dirty, weil:

- Ihr braucht nicht: Fräse, Lötkolben, Farbe und das entsprechende Know-how, um damit umzugehen
- Was ihr braucht: Stichsäge, Bohrmaschine, Bügeleisen und Spaß am Basteln

Um es vorweg zu nehmen, es war nicht wirklich Quick, aber bestimmt schneller, als ein Lack-Finish. Für die Puristen ist es an einigen Stellen bestimmt Dirty, dazu werde ich aber jeweils was sagen. Ob es insgesamt Dirty geworden ist, dürft ihr dann selber entscheiden.


Das Gehäuse:

Also los geht's. Zunächst gilt es, das Holz zu besorgen. Ich habe mich für weiß beschichtete Spanplatte in 19mm Dicke entschieden. Die gibt es überall und ist sehr preiswert. Häufig werden auch andere Farben angeboten, vor allem schwarz.


Tipp: Gebt dem Mann an der Säge im Baumarkt Teile mit zumindest einer gleich langen Seite hintereinander auf eurer Liste an. Die Chace ist dann groß, dass er ein großes Brett mit dieser Seitenlänge sägt und dann daraus die einzelnen Teile absägt. Dies kommt der Passgenauigkeit zu Gute. Und vermeidet Zeiten, in denen er eh unter Stress steht, z.B. Samstag Vormittag. Nachmessen kann trotzdem nicht schaden...


So sieht es dann aus, wenn die Einzelteile für zwei Boxen auf dem Küchentisch ausgebreitet sind.

Bild 1

Und so, wenn sie passgenau lose zusammengelegt sind.

Bild 2

Ich habe mir dann die Lage von Deckel, Boden und Verstärkung mit Bleistift auf der Innenseite der Seitenwände markiert, damit man sehen kann, wo später der Kleber hin muss.

Bild 3

Dann habe ich sämtliche Kanten abgeklebt, an denen später der Leim herausquillen kann. Es wird nämlich sehr viel Leim wieder aus der Klebestelle austreten. Man erspart sich dadurch, den Leim sofort wieder mit einem feuchten Tuch entfernen zu müssen. Das gelingt meißtens nie ganz vollständig, so dass auf der glatten weißen Oberfläche Klebereste übrig geblieben wären, die man nicht abschleifen könnte. Wie sich später herausstellte, wäre das aber kein Problem gewesen, denn sie weiße Beschichtung ist sehr hart und Klebereste können mit einem kleinen Messer ganz gut abgeschabt werden. Trotzdem hat sich das Abkleben bewährt, denn wer will schon großflächig Leim abkratzen.

Bild 4
Bild 5

Also geht es los mit dem Verleimen. Auf beide zu verklebenden Seiten trage ich dazu zunächst einen durchgehenden Leimwulst auf. Als Leim habe ich Ponal Express verwendet, der relativ schnell aushärtet. Das Verschieben und Zurechtdrücken der Teile klappt damit nur kurze Zeit, man muss also zügig arbeiten. Wer noch ungeübt ist und etwas "Schonzeit" haben möchte, sollte besser normalen Ponal oder Ähnliches nehmen.

Bild 6

Dieser wird dann mit dem Finger flächig verstrichen, so dass jede Stelle der Klebefläche mit Leim bestrichen ist.

Bild 7

Dann werden die Teile zusammengesetzt und beschwert. Trotz der abgeklebten Kanten sollte der herausquillende Leim mit einem feuchten Lappen abgewischt werden. Es kommt nämlich eine ganze Menge Leim heraus, der schnell fließende Nasen bilden kann. Zunächst habe ich Deckel, Boden, Verstärkung und Seitenteile zusammengeklebt und trocknen lassen, danach kamen Front und Rücken dran, jeweils in einem Arbeitsgang. Da ich in der Küche gearbeitet habe, habe ich zum Beschweren das genommen, was gerade zu greifen war.

Bild 8
Bild 9

Die mit dem Whisky beschwerte Box klang später übrigens etwas erdiger...

Nachdem alles gut getrocknet war, ging es ans Aussägen der Öffnungen. Zunächst zur Rückseite.


Tipp: Als erstes habe ich die komplette Fläche mit Klebeband abgeklebt. Dies schützt die Oberfläche vor Kratzern, wenn man mit der Stichsäge hantiert.


Darauf habe ich dann mit Zirkel und Lineal die Öffnungen für Reflexrohr und Anschlussterminal aufgezeichnet. In die Mitte der Markierung für das Reflexrohr und in die Ecken der Markierung für das Terminal habe ich jeweils ein Loch gebohrt. Der Durchmesser der Bohrung muss ausreichen, um das Sägeblatt hindurchstecken zu können.

Bild 10

Die Öffnung für das Reflexrohr wurde mit einer Rundsäge in passender Größe ausgeschnitten, eine Stichsäge hätte es aber auch getan. Dann hätte man anstatt des Führungsloches für die Rundsäge in der Mitte mehrere Bohrungen entlang aber innerhalb des Lochkreises angebracht, um sich dann von Loch zu Loch zu sägen (siehe unten für den Tieftöner).

Bild 11

Der Ausschnitt für das Terminal ging ganz einfach mit der Stichsäge auszuschneiden. Das Ergebnis für die Rückseite sieht dann so aus.

Bild 12

Die Front habe ich im Prinzip genauso gefertigt. An der Innenseite des Tieftönerkreises habe ich acht Bohrlöcher angefertigt und habe dann mit der Stichsäge von Loch zu Loch gesägt.

Bild 13


Tipp: Nehmt für die Stichsäge ein spezielles Kurven-Sägeblatt. Dieses ist im Profil wesentlich schmaler, als ein normales Sägeblatt und ermöglicht auch "schärfere" Kurven. Außerdem kann man für ein präziseres Arbeiten auch die Pendelhub-Funktion der Stichsäge abschalten.


Für die Anschlüsse des Hochtöners hat die Öffnung dann noch ein Paar "Ohren" mit der Stichsäge bekommen. Passt, wackelt und hat Luft!

Bild 14

Hat man die Chassis augerichtet, kann man gleich die Schraubenlöcher mit einem Bleistift markieren. Vorsicht, dabei hat sich schon so mancher Profi die Membran durchbohrt, genauso wie später beim Anschrauben...

Die Schraubenlöcher werden dann dünn vorgebohrt.

Bild 15

Und so "dirty" sieht es von innen aus, aber das sieht man ja nicht.

Bild 16

Damit ist der Grundaufbau des Gehäuses abgeschlossen.

Dirty-Alarm: Wie ihr bemerkt habt, werden die Chassis nicht versenkt. Da man ja schon viel von Kantenreflexionen gehört hat, die den Klang ins Grauenhafte verschieben sollen, habe ich vorher natürlich bei Udo mal nachgefragt, ob die "Aufputzmontage" statthaft ist. Klare Antwort: Dem Eton ist das völlig wurscht (kein Wunder, wenn man sich den zerklüfteten Korbrand anschaut...) und der Seas NoFerro 800 quittiert das messtechnisch mit einer kleinen Senke bei 8000 Hz, die aber selbst im A-B-Vergleich nicht zu hören sein soll. Also Entwarnung. Man muss halt damit leben können, dass die Chassis ein paar Millimeter herausschauen.


Die Frequenzweiche und Gehäusedämmung

Bevor es ans Finish geht, muss erst noch die Frequenzweiche aufgebaut werden. Dafür habe ich mir erstmal zwei kleine Grundplatten-Podeste aus dünnem Multiplex gebaut, um etwas Luft auf der Unterseite zu haben.

Bild 17

Dann werden seitlich der Bauteile Löcher gebohrt, durch die man Kabelbinder führen kann, um die Bauteile zu fixieren. Unterschätzt nicht die Länge der benötigten Kabelbinder, ich habe 25cm lange genommen. Den Verschluss habe ich auf die Unterseite des Podestes gelegt. Überstehende Reste werden einfach abgeschnitten.

Bild 18
Bild 19

Dirty-Alarm: Verbunden werden die Bauteile mit kleinen Kabelbrücken, die mit Lüsterklemmen an den Bauteilen fixiert werden. Dabei müsst ihr darauf achten, dass die Klemmen nicht zu groß sind, denn sonst lassen sich die dünnen Drätchen der Bauteile nicht fixieren. Der Hohlraum zwischen Schraube und Wand wäre zu groß. Zieht die Schrauben fest an und noch mindestens zwei mal mit zeitlichem Abstand nach, sonst rutscht gerne mal wieder eine Verbindung raus. Und es schadet nie, die Weiche nochmal auf richtige Verkabelung hin zu überprüfen. Fehler lassen sich anders als beim Löten jetzt noch relativ einfach beheben.

Bild 20

An den Kabelenden für die Chassis und das Terminal habe ich Flachsteckhülsen angebracht. Grundsätzlich würde ich aber auch eine gelötete Weiche vorziehen, da einfach der elektrische Kontakt besser und sicherer ist. Klanglich Auswirkungen kann ich allerdings erstmal nicht ausmachen. Und dann gaben die Chassis das erste Mal Töne von sich und der Erbauer war stolz, dass alles auf Anhieb klappte.

Bild 21

Dirty-Alarm: Jetzt wird es richtig dirty! Die Frequenzweiche habe ich auf dem Boden direkt vor der Frequenzweiche angebracht. Befestigt ist sie mit (festhalten!) Pritt Klebepunkten. Das sind so kleine plastische Plättchen, die man mit den Fingern zu einer kneteartigen Kugel formt. Vier Stück davon, das ganze gut angedrückt, feddich! Und was soll ich sagen: Box tragen, seitwärts oder auf den Rücken legen, alles kein Problem, trotz des doch ganz ordentlichen Gewichts der Weiche. Nur auf den Kopf stellen habe ich mich noch nicht getraut, aber man soll das Schicksal ja nicht herausfordern. Wem das zu experimentell ist, der kann natürlich auch kleben, schrauben, schweißen...

Die Box wird dann komplett mit Dämmwolle ausgefüllt. Nur den Bereich zwischen Hochtöner und Reflexrohr habe ich frei gelassen. Die Dämmwolle wird nur locker eingelegt und nicht gestopft.

Bild 22

Einem ersten Testhören steht jetzt eigentlich nichts mehr im Wege.

Das Gehäuse-Finish

Damit zum akustischen Genuss aber auch noch ein optischer hinzu kommt, muss man sich noch um das Gehäusefinisch kümmern. Bislang schauen an einigen Ecken noch die blanken Spanplattenkanten aus der weißen Beschichtung hervor. Diese werden jetzt mit Kantenumleimern abgedeckt.

Dazu habe ich zwei verschiedene Umleiner verwendet. Einmal weißen wie die Spanplattenbeschichtung, der etwas breiter (6mm) ist als die zu verdeckenden Kanten (ca. drei Euro für fünf Meter). Und an der Vorderseite als farblichen Kontrast Arbeitsplatten-Kantenleimer der Firma Resopal (knapp neun Euro für 1,80 Meter). Dieses Material ist sehr hart und hat eine hochglänzende Oberfläche (zumindest in dieser Variante). Ein weiterer Vorteil ist, dass damit kleine Unebenheiten beim Übergang von der Front zum Seitenteil verdeckt werden können.

Das Anbringen ist ganz einfach. Die einzelnen Streifen werden etwas länger als die abzudeckende Kante abgeschnitten. Nacheinander werden die Streifen dann aufgebügelt. Dabei sollte zumindest bei den Resopal-Streifen ein Küchentuch zwischengelegt werden, denn das Bügeleisen gleitet auf der heißen Schutzfolie nicht. Die überstehenden Enden werden mit einem scharfen Messer abgeschnitten bzw. angeritzt und vorsichtig abgebrochen.

Bild 23

Danch werden die Stoßstellen und die Kanten noch mit einem feinen Schleifschwamm angeglichen. Und dann sollte in etwa so etwas dabei herauskommen:

Bild 24
Bild 25

Dass auch die weißen Umleimer etwas auftragen war Absicht, um den Übergang zwischen den Platten abzudecken. Bei gleicher Breite wie die Kante hätte es auch einen sichtbaren Streifen gegeben und die leicht vorhandenen Unebenheiten zwischen den Platten wären deutlich zu sehen gewesen. Das muss jetzt aber jeder mit sich selbst ausmachen.


Tipp: Das Schöne ist, dass sich mit dieser Technik jeder seine farblichen Vorstellungen verwirklichen kann, denn bei der Wahl der Umleimer ist man ja frei. Es gibt eine breite Auswahl, einfach mal im Baumarkt bei den Küchenplatten gucken.


So, das wars. Eigentlich war das Gehäuse als Provisorium gedacht (darum sollte es auch quick and dirty werden), aber wenn ich mir das Ergebnis so anschaue könnte es passieren, dass es ein Dauerprovisorium wird.

Ich hoffe, dass der Bericht für euch interessant war, vielleicht die eine oder andere Anregung gegeben hat und vor allem auch denen Mut gemacht hat, die bislang noch nie eine Box gebaut haben.

Gruß
Steffen
tominz
Ist häufiger hier
#2 erstellt: 21. Aug 2006, 07:28
Hallo,
klasse Bericht, vielen Dank. V.a. gefällt mir, daß Du die Weiche mit Lüsterklemmen verdrahtet hast! Ich habe das bei meinen Hot Sprot ganz genau so gemacht - auch auf einem Grundbrett aufgebaut und die Teile mit Kabelbindern fixiert - hätte mich aber nicht getraut, das zu posten ;-)
Die Weichen funktionieren auch so absolut problemlos und auch bei Lötstellen gibt es mal Kontaktprobleme.
Was das Versenken der Chassis angeht, glaube ich auch, daß das zumeist eine rein akademische Diskussion ist und man im Betrieb in den seltensten Fällen einen Unterschied hören wird.
Viel Spaß mit Deinen Dirty-Schmuckstücken
Thomas
markusred
Inventar
#3 erstellt: 21. Aug 2006, 08:22
Hallo Steffen,

wirklich nett geschrieben und vor allem, dass du die "dirty"-Variante zeigst. In manchen Foren (z.B. Visaton) traut man sich wegen der dort von den Mitgliedern nahezu professionell gefertigten Gehäuse kaum noch, sein eigenes "dilettantisches" Gefrickel (z.B. Lüsterklemmenweiche) zu zeigen.

Eins interessiert mich allerdings: hält der Holzleim tatsächlich dauerhaft auf der beschichteten Platte?
cSharp
Stammgast
#4 erstellt: 21. Aug 2006, 09:43
Hallo,

danke für einen schönen Bericht.

Wenn ich den Bericht so lese und zusammen mit Udo's Pragmatismus ("hört man kaum") dem gegenüber stelle, was z.b. ein MaFoe in seine Box hinein gesteckt hat (URL: MaFoes My85ER4 alias Minuetta), dann noch dazu packe dass viele meiner Bekannten bei den Weichen respektive dem restlichen Zubehör auch nicht mit unter 500€ pro Box hinkommen, würde mich interessieren wie groß der klangliche Unterschied ist zwischen

A) dem pragmatischsten Ansatz mit Weichenbauteilen der "Kaufklasse" mit einfachen Folienkondensatoren und einfachen Kernspulen/Luftspulen, einfaches Gehäuse ohne Versenkung der Chassis und einer einfachen Versteifung, Baumarktlautsprecherkabel usw.)

UND

B) einer Box die bis ins kleinste Detail so nahe wie möglich am Optimum gefertigt wurde, also ausgesuchte / getestete Bauteile, ein schweres Gehäuse mit sauberen Einfräsungen, Silberkabel (oder andere die gemeinhin den Klang verbessern) usw.???

Es würde mich an der Stelle gar nicht wundern wenn zwischen der Q&D und der Highendbox im Blindtest nicht entschieden werden kann, welche die "bessere" Box ist. Bei der Optik ist wohl klar welche Box da gewinnt

gruß
cSharp


[Beitrag von cSharp am 21. Aug 2006, 10:12 bearbeitet]
janni4u
Stammgast
#5 erstellt: 21. Aug 2006, 17:48
Hallo,

ich bin mir für nichts zu schade, auch nicht dafür, hier eine Lüsterklemmenweiche zu posten

Entscheidend ist doch, dass es funktioniert, dass hat nicht unbedingt etwas mit Dilettantismus zu tun. Und ich gehe auch davon aus, dass das im Zweifel niemend in einem AB-Blindvergleich hören wird. Im Übrigen wird die Hörraumakustik wesentlich mehr ausmachen.

Das soll aber keinen davon abhalten, auch handwerklich was amtliches zu machen. Denn das ist ja ein Teil des Spaßes am Boxenbau, jedenfalls für mich, der normalerweise im Büro einen Kopf-Job hat.

@Markus: Mach mir keine Angst, sonst wird es wirklich ein Provisorium... Aber bis jetzt hält es bombenfest. Die Dinger haben im Übrigen auch so ein ganz anständiges Gewicht und können nicht gerade als wackelig bezeichnet werden.

Gruß
Steffen

PS: Lieber ein billiges Gehäuse mit edlem schottischen Getränk beschweren, als ein Super-Gehäuse mit billigem Roten
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