TDA2050 als Kopfhörerverstärker

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TrueHighFidelity
Stammgast
#1 erstellt: 27. Jul 2023, 23:13
In einem anderen Thread, in dem es um den CMoy-Kopfhörerverstärker ging, hat Nutzer Kay* mir den TDA2050 empfohlen. Und an anderer Stelle im Forum hat jemand geschrieben, dass er mit dem TDA2030 einen Kopfhörerverstärker gebaut hätte. Die Idee ist gar nicht so dumm: Der TDA2030/2050 kann genug Strom liefern für niederohmige Kopfhörer und hat ausreichend Betriebsspannung für hochohmige Kopfhörer. Aber auch der niederohmigste Kopfhörer zieht viel weniger Strom als ein Lautsprecher, wodurch man am Netzteil sparen kann. Große Kühlkörper braucht man dabei auch nicht.

Von früheren Experimenten hatte ich noch zwei fertige Lochrasterplatinen mit TDA2050 für symmetrische Versorgungsspannung übrig. Das Layout aus dem Datenblatt für symmetrische Betriebsspannung lässt sich relativ einfach auch Lochraster umsetzen:

Screenshot 2023-07-27 at 03-15-45 32 W hi-fi audio power amplifier - cd00000131-9.pdfScreenshot 2023-07-27 at 03-15-59 32 W hi-fi audio power amplifier - cd00000131-9.pdftda2050 platine

Außerdem hatte ich noch eine Netzteilschaltung da, die aus 12 V~ mittels 7809 und 7909 +/- 9 V erzeugt. Es ist also alles vorhanden, um den TDA2050 schnell als Kopfhörerverstärker auszuprobieren.

Die Standardschaltung aus dem Datenblatt hat eine 33-fache Verstärkung. Das ist für Kopfhörer eigentlich viel zu viel - in anderen Kopfhörerverstärkerschaltungen hatte ich bislang Verstärkungsfaktoren unter 10 genutzt - und zeigt sich durch relativ lautes Rauschen im Kopfhörer. Daher habe ich die Gegenkopplungswiderstände auf 15k und 1k abgeändert, wodurch sich eine Verstärkung von 16-fach (+ 24 dB) ergibt. Dies ist laut Datenblatt auch der niedrigstmögliche Verstärkungsfaktor, der nicht unterschritten werden soll.

An den Lautsprecherausgängen habe ich außerdem je 100 Ohm in Reihe geschaltet. Damit ist das Rauschen an einem 56-Ohm-Kopfhörer an der Wahrnehmbarkeitsgrenze, aber noch vorhanden. Eigentlich wäre ein noch niedrigerer Verstärkungsfaktor wünschenswert bzw. für Kopfhörer völlig ausreichend. Und große Serienwiderstände am Kopfhörerausgang will man eigentlich auch nicht haben, da eine hohe Ausgangsimpedanz den Klang verfälschen soll, wobei man andererseits auch argumentieren könnte, dass Ausgangswiderstände von um die 100 Ohm Standard sind und die Kopfhörerhersteller ihre Kopfhörer dementsprechend darauf hin entwickeln. Der Klang an niederohmigen Ausgängen wäre damit der Verfälschte...

Mit der beschriebenen Beschaltung liefert der Verstärker an einem 47-Ohm-Lastwiderstand eine Spannung von ca. 1,6 V und eine Leistung von ca. 54 mW (ermittelt mittels Soundcard Scope und Multimeter). Über Serienwiderstand + Lastwiderstand (147 Ohm) gemessen ergeben sich ca. 5 V und ca. 170 mW. Der Offset am Kopfhörer liegt bei 1,1 mV bzw. 0,7 mV.

Fazit: Der TDA2050 kann in der Tat als Kopfhörerverstärker eingesetzt werden, aber ich denke, es gibt besser geeignete Schaltungen. Insbesondere die zu hohe Verstärkung ist unnötig und unerwünscht. Es sei denn, es gibt Tricks, wie man die noch weiter runterbekommt.
ZeeeM
Inventar
#2 erstellt: 28. Jul 2023, 04:34
Schau dir mal den Lake People G103 an. Der Nutzt einen LM1876
http://www.hifi-foru...7&postID=24191#24191

TrueHighFidelity
Stammgast
#3 erstellt: 28. Jul 2023, 21:18
Habe geschaut. Leider kein Schaltplan.

Läuft aber laut "Typlical Application" aus dem Datenblatt auch mit relativ hoher Verstärkung (21-fach).
Kay*
Inventar
#4 erstellt: 29. Jul 2023, 00:04

Fazit: Der TDA2050 ... Insbesondere die zu hohe Verstärkung ist unnötig und unerwünscht.
Es sei denn, es gibt Tricks, wie man die noch weiter runterbekommt.


Der Verstärkungsfaktor ist frei bestimmbar,
wie bei jedem (!) OPA
wenn man freq-kompensiert (C parallel zum GK-Widerstand zwischen Ausgang und inv. Input).
TrueHighFidelity
Stammgast
#5 erstellt: 29. Jul 2023, 02:26
Genau das habe ich jetzt ausprobiert, mit einem 100k-Poti + 1k-Widerstand parallel zu dem 15k-Gegenkopplungswiderstand:

test

Rechnerisch wäre das bei ganz zugedrehtem Poti ein Verstärkungsfaktor von 937,5R / 1000R + 1 = 1,9375. Ich wollte mal sehen, bei welchem Verstärkungsfaktor der Verstärker anfängt zu schwingen, aber das scheint nicht zu passieren. Zumindest nicht mit meinen primitiven Mitteln zu erkennen. Der Ruhestrom bleibt gleich, der Verstärker pfeift nicht, der Test-Sinus im Soundcard Scope sieht normal aus, und Musikwiedergabe ist unverzerrt.

Die Sache mit dem Ruhestrom verwirrt mich noch etwas. Laut Datenblatt sollte er bei +/- 9 V bei ca. 35 mA liegen:

ruhestrom

Ich messe allerdings nur ca. 15 mA durch die Plus-Leitung des Chips. Bezieht sich das Diagramm auf die addierten Ströme durch beide Versorgungsleitungen?
Keksstein
Inventar
#6 erstellt: 29. Jul 2023, 07:40

Der Verstärkungsfaktor ist frei bestimmbar,
wie bei jedem (!) OPA
wenn man freq-kompensiert (C parallel zum GK-Widerstand zwischen Ausgang und inv. Input).


Naja nicht ganz
Der C über dem GK-Widerstand kompensiert Eingangskapazität des OPVs bzw. parasitäre Kapazitäten des Aufbaus. Stellt man sich eine kleine Kapazität am inv. Eingang gegen Masse vor wird das Problem klar. Das bildet mit dem GK Widerstand irgendwo eine Polstelle, bedeutet eine Phasendrehung in der GK-Schleife. Ist der OPV schnell genug schwingt sich das ganze auf.

Der TDA2050 ist intern so kompensiert das er bei Verstärkung +24dB noch stabil ist. Das kann man bei dem Verstärker von außen nicht beeinflussen und muss man hinnehmen. Unterschreitet man die 24dB Verstärkung muss es nicht gleich schwingen, der Hersteller hat gewisse Reserven eingeplant weil Lautsprecher selbst ja eine Komplexe Last sind und den Verstärker näher an den Schwingungspunkt bringen. Das Datenblatt gibt dazu leider nicht viel her.

Man könnte die Schaltung eventuell verbessern wenn man in Serie zum Kopfhörer eine Induktivität (einige uH) + Parallelwiderstand legt. Das entkoppelt Kapazitive Lasten und gibt Phasenreserve zurück. Meiner Meinung nach lohnt der Aufwand hier aber nicht, der TDA2050 ist hierfür nicht gut geeignet.
Wenn man unbedingt eine ausgefallene Schaltung will, wie wäre es mit dem NE5532 Amp?

https://www.elektormagazine.com/magazine/elektor-201010/19460

Der ist für Lautsprecher gedacht, ich würde für Kopfhörer pro Kanal 15 Doppel OPVs benutzen. Das treibt auch niederohmige Kopfhörer, wollte ich vor Jahren mal bauen, hab mich dann aber doch für die klassische Schaltung mit dem BUF634 entschieden.


Ich wollte mal sehen, bei welchem Verstärkungsfaktor der Verstärker anfängt zu schwingen, aber das scheint nicht zu passieren. Zumindest nicht mit meinen primitiven Mitteln zu erkennen. Der Ruhestrom bleibt gleich, der Verstärker pfeift nicht, der Test-Sinus im Soundcard Scope sieht normal aus, und Musikwiedergabe ist unverzerrt.


Gib mal ein steiles Rechteck auf den Eingang, ich bin mir sicher es gibt Überschwinger am Ausgang des Verstärkers. Kommt dann noch eine Kapazität (z.B. Kopfhörerkabel) dazu wird es Probleme geben. Ich würde daran keinen Kopfhörer anschließen auf den ich nicht verzichten könnte, die Gefahr das der spontan hochgeht ist groß.

Gruß,
Jan
Kay*
Inventar
#7 erstellt: 29. Jul 2023, 12:36
Keksstein
Inventar
#8 erstellt: 29. Jul 2023, 12:47
Intern ist der Chip so kompensiert das er bei 24dB Verstärkung noch stabil ist. Könnte man jeden OP so leicht bei Verstärkung 1 stabil bekommen müsste man ins Datenblatt des TDA2050 ja nicht "minimum gain 24dB" schreiben.


[Beitrag von Keksstein am 29. Jul 2023, 12:49 bearbeitet]
Kay*
Inventar
#9 erstellt: 29. Jul 2023, 13:45
wer's genauer wissen will,
auch mal Lead-Lag lesen

www.ti.com
Op Amps for Everyone Design Guide (Rev. B)
slod006b

p.s.
- die Firma Radio RIM hat seinerzeit TDA2030 einfach verstärkend eingesetzt
- für den 2030 gibt's auch "Power Filter"-Schaltungen

kurz,
man sollte wirklich mal überprüfen,
wann ein 2050 anfängt zu schwingen!


edit
gibt's manchmal für etwa 40€ bei Kleinanzeigen
https://www.raspberr...e-mit-usb-anschluss/

wenn's noch funkt
https://www.kleinanz.../2502420892-168-1573


[Beitrag von Kay* am 29. Jul 2023, 14:16 bearbeitet]
TrueHighFidelity
Stammgast
#10 erstellt: 29. Jul 2023, 17:44

Kay* (Beitrag #9) schrieb:

kurz,
man sollte wirklich mal überprüfen,
wann ein 2050 anfängt zu schwingen!


Ja, das könnte man mal machen. Aber da kein richtiges Oszi vorhanden, muss ich das vorerst jemandem überlassen, der besser ausgestattet ist. Mit der Soundkarte und Rechtecksignalen ist da nichts sinnvoll zu machen. Da sehe ich schon Überschwinger, wenn ich Aus- und Eingang des PCs direkt miteinander verbinde.

Allerdings hatte ich schon einmal bei einem A210K die Verstärkung weiter runtergedreht als laut Datenblatt erlaubt, und damals sah das im Soundcard Scope dann bei höherer Aussteuerung so in der Art aus:

a210k sinus

Ich konnte nicht richtig deuten, was das ist, aber ich wusste, dass das so nicht sein soll. Jedenfalls ist mir sowas jetzt nicht aufgefallen.

Zurück zum TDA2050:

Ich muss allerdings sagen, dass auch mit 24 dB Verstärkung das Grundrauschen schon wirklich minimal ist. Der größere Teil des Rauschens kommt bei weiter aufgedrehtem Lautstärkepoti aus dem Quellgerät (PC-Kopfhörerausgang), und das könnte man ja auch mit einem Spannungsteiler am Eingang noch runterdrücken.
Kay*
Inventar
#11 erstellt: 29. Jul 2023, 18:12
Ein Spannungsteiler, oder mindestens ein Ausgangs-Serienwiderstand sind unbedingt sinnvoll!

Daneben erkenne ich in der Standardschaltung keine Bandbreitenbegrenzung!


p.s.
wenn ein Amp mit Last schwingt, erkennt man an der Stromaufnahme, dass was nicht stimmt
TrueHighFidelity
Stammgast
#12 erstellt: 29. Jul 2023, 18:23

Kay* (Beitrag #11) schrieb:

Daneben erkenne ich in der Standardschaltung keine Bandbreitenbegrenzung!

Ist vorhanden: An den Eingängen Tiefpassilter aus 1k und 470p (sieht man auf der Lochrasterplatine). Ja, die Grenzfrequenz könnte ruhig noch tiefer sein, ich weiß.


p.s.
wenn ein Amp mit Last schwingt, erkennt man an der Stromaufnahme, dass was nicht stimmt

Die steigt halt Richtung Vollaussteuerng an und sinkt wieder, wenn ich dann den Verstärkungsfaktor runterdrehe. Also nichts Auffälliges.
Kay*
Inventar
#13 erstellt: 30. Jul 2023, 22:01

Keksstein (Beitrag #8) schrieb:
Intern ist der Chip so kompensiert das er bei 24dB Verstärkung noch stabil ist. Könnte man jeden OP so leicht bei Verstärkung 1 stabil bekommen müsste man ins Datenblatt des TDA2050 ja nicht "minimum gain 24dB" schreiben.


Jan,
ich stimme dir in allen Punkten zu - prinzipiell -,

es gibt aber keine vollständigen Datenblätter
und man kann froh sein, wenn die Angaben stimmen
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