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Der Jazzrock – Fusionen, Helden, Platten (eine Geschichte)+A -A |
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Autor |
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arnaoutchot
Moderator |
#51 erstellt: 05. Dez 2020, 10:11 | |
Michael, danke für die weitergehenden Erläuterungen. Kleine Anekdote zum Bitches-Brew-Cover: Die Sogwirkung entfaltet das Cover heute noch. Ich hab vor ein paar Wochen erst die LP mit aufgeklapptem Cover in "meinem" Plattenladen ausgestellt ... wenige Stunden später war die Platte verkauft, und zwar an einen relativ jungen Käufer, der ansonsten offensichtlich eher auf der Rock-Seite unterwegs war. Ob's ihm musikalisch gefallen hat, ist nicht überliefert ... Hier eine weitere aus 1970 von einer britischen Band, die aus meiner Sicht nie so bekannt geworden sind, wie sie es verdient hätten: If - s/t - Island 1970. Konzeptuell wie Chicago oder Blood, Sweat & Tears eine Rock-Band mit Bläsern, am bekanntesten davon heute noch der Saxophonist Dick Morissey. Ich finde die erste If spektakulär, reinhören kann man unter dem Link unter dem Bild, Anspieltipp gleich das erste Stück I'm Reaching Out on All Sides. https://www.discogs.com/If-If/release/1566743 [Beitrag von arnaoutchot am 05. Dez 2020, 10:51 bearbeitet] |
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Mr._Lovegrove
Inventar |
#52 erstellt: 06. Dez 2020, 08:30 | |
Einen ganz anderen Blickwinkel auf die Fusion lässt uns der aus New York stammende Flötist Jeremy Steig gewähren. Im Februar 1970 nahm er mit "Wayfaring Stranger" eine nahezu akustisch gehaltene Platte in Top- Besetzung auf, die dennoch zu den Pioniertaten dieses Genres gezählt werden muss: Jeremy Steig Wayfaring Stranger Blue Note, 1970 Bass – Eddie Gomez Drums – Don Alias Flute – Jeremy Steig Guitar – Sam Brown Nun mag die Scheibe, die großenteils ohne Gitarrist Sam Brown auskommt (er ist nur im Titelstück zu hören), gerade wegen der puristischen Besetzung gar nicht wie eine Jazzrockplatte erscheinen, doch Steig an einer vehementen und souligen Flöte, sein bis zu seinem Tod langjähriger Partner-in-Crime Eddie Gomez an einem konturenscharfen Bass und ein Don Alias, der die beiden (drei) manchmal vor sich her treibt, wie der Kutscher seiner Pferde, legen ein ordentliches Pfund Groove und großteils rockigen Beats auf, dass es sich gewaschen hat. Das ist jazzy, rockig, funky, soulig und alles zugleich. Steig veröffentlichte im übrigen 1972 ein Album, was er bezüglich des Inhaltes und seiner Passion auch ganz passend und simpel "Fusion" nannte. Auch eine sehr schöne und deutlich elektrischere Platte, die noch Thema sein wird. [Beitrag von Mr._Lovegrove am 06. Dez 2020, 08:31 bearbeitet] |
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Mr._Lovegrove
Inventar |
#53 erstellt: 06. Dez 2020, 09:10 | |
Eine der mit Sicherheit 5 wichtigsten Platten der frühen Ära des Jazzrock ist das Debütalbum von Bassist Miroslav Vitous. Miroslav Vitous Infinite Search, 1970 Bass – Miroslav Vitous Drums – Jack DeJohnette, Joe Chambers Electric Piano – Herbie Hancock Guitar – John McLaughlin Tenor Saxophone – Joe Henderson Der aus Prag stammende Bassist zählt zu den eminenten Schlüsselfiguren des Jazzrock, was sich mit Sicherheit auch darin begründet, dass er zu den Gründungsmitglieder von Weather Report zählt und den frühen Sound dieser Band entscheidend mitgeprägt hat. Doch schon davor hatte Vitous eine recht gefestigte Vorstellung von der Fusionierung von Jazz und Rock. Und gleich der Opener seines Debüts ist ein Zeichen, welches kaum klarer sein kann; eine berauschende und unglaublich dicht verwobene Jazzrockversion von Miles Davis' "Freedom Jazz Dance". Das Stück selber gilt ja als Ikone des Modern Jazz der 60er und Vitous transferiert diesen Status in die Fusion. Hier verschmelzen all die Klänge des Umbruchs dieser Zeit im Jazz in einem explosiven Moment. Vitous düster timbrierter Bass, McLaughlins giftige Gitarre, Hancocks beschwörerische Linien am E- Piano und Joe Hendersons hypnotisches Tenor und das animalisch- treibende Drumkit von Jack DeJohnette, all das vermischt sich zu einer dichten Klangwolke, in die man einfach hineingesogen wird. Das zweite Stück, "Mountain in the clouds", ist in mehrfacher Hinsicht ein wichtiges, denn es ist eine Art Hymne des Bassisten, die er ein paar Jahre später im Trio mit Terje Rypdal und wieder Jack DeJohnette auf ihrem zweiten Trioalbum "To be continued" nochmals kongenial einspielte. Außerdem bildet das Stück den Alternativtitel der gesamten Platte bei einigen Wiederveröffentlichungen in späteren Jahren. Vitous und seine Mannen fahren nach diesem hitzigen Start ein paar Gänge zurück und lassen es ruhiger, aber nicht minder intensiv angehen, nur um "I will tell him on you" nochmals ordentlich Stoff zu geben. Der Epilogue ist dann ein fast schon harmonisch erklingender Abschluß dieses Meisterwerkes des Fusionjazz, das zu den ersten wirklich vollends ausgestaltenen Alben dieser Ära gezählt werden kann. Wer sich bei Discogs mal die lange Liste der Wiederveröffentlichungen anschaut, der merkt schnell, dass es nicht nur ziemlich viele sind, sondern dass sie eben verschiedene Namen haben ("Infinite Search", "Mountain in the clouds" und "The Bass"). Und nicht nur dass! Einige davon enthalten einen Remix der Mehrspurbänder, der zwar in Ordnung ist, aber mit dem deutlich koheränteren Originalmix nicht mithalten kann und auch noch eine andere Kanalverteilung beinhaltet. Leider gilt dies auch für die bis vor kurzem erhältliche und günstige Warner CD im pseudo- Japan- Look. |
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arnaoutchot
Moderator |
#54 erstellt: 06. Dez 2020, 14:35 | |
Hier eine Platte, die man als Bitches Brew des Progressive Rock oder der damaligen Underground-Szene bezeichnen könnte: Soft Machine - Third - Columbia 1970. Wo die Rhythmen bei Miles durchaus immer noch aus der schwarzen Historie kommen, wirken sie bei den weissen Briten psychedelisch und teilweise noch avantgardistischer als bei dem Schwesterwerk. Klangtipp: Auf CD oder bei den Streamern unbedingt die remasterte CD von 2007 nehmen, die deutlich besser als die Vorgänger klingt. https://www.discogs.com/Soft-Machine-Third/release/1177808 |
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HansFehr
Inventar |
#55 erstellt: 07. Dez 2020, 14:29 | |
Die finde ich nicht. Meine Aufnahme bei Tidal HiFi ist ganz schlecht. Dazu kommt noch der Gesang beim dritten Stück... Mir gefällt Soft Machine grundsätzlich immer, aber dieses Album nicht. |
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andreas3
Inventar |
#56 erstellt: 07. Dez 2020, 21:30 | |
Am Wochenende habe ich ausgiebig Miles Davis gehört, natürlich auch Bitches Brew. Ich erinnere mich noch daran, dass ich sie damals mal ausgeliehen hatte, der Begriff "Stacheliges Biest" kam mir zwar nicht in den Sinn, aber gefallen hat sie mir überhaupt nicht. Heute hört sich die Welt ganz anders an, und ich bin fasziniert von dieser Musik. Miles hatte damals eine Schaffensperiode, die leider nicht kontinuierlich, sonder erst später tröpfchenweise veröffentlicht wurde. Bitches Brew entstand Ende August 1969. Im November 69 nahm er mit ähnlicher Besetzung, aber Steve Grossman am Saxophon und wieder Ron Carter am Bass, ergänzt durch zwei indische Musiker an Sitar und Tambura wieder auf: Das Stück Great Expectations findet sich auf der 1974 erschienen Big Fun. Im Januar 1970 enstand Lonely Fire, ebenfalls auf Big Fun zu finden, sowie das von David Crosby komponierte Stück Guinnevere, das sich auf der weiter oben bereits genannten Circle in the round findet. Beide ebenfalls in großer Besetzung und ebenfalls mit indischen Musikern dabei. Bedenkt man, dass beide Stücke zusammen 40 Minuten dauern, wäre das schon eine LP gewesen. Aus Februar 1970 stammen zwei Aufnahmen, die 1981 auf Directions erschienen: Duran wieder mit Shorter und Hancock, McLaughlin, Holland, Cobham. Willie Nelson mit Grossman, im Quintett mit DeJohnette, Holland, McLaughlin und Grossman, ohne Keyboarder!. Gleiche Besetzung im März 70 auf Big Fun mit Go Ahead John. Am 10. April 1970 trat er mit Grossman, sopran sax, Chick Corea, e- piano, Dave Holland, bass, Jack DeJohnette, drums und Airto Moreire, percussion im Fillmore West, San Francisco auf. Das Konzert erschien unter dem Titel Black Beauty erst 1977. Vom Mai 1970 stammt das Stück Konda auf Directions: Im Quartett mit John McLaughlin, Keith Jarrett, und Airto Moreira. Vom 17. bis 20 Juni spielte er an vier aufeinanderfolgenden Abenden im Fillmore East, New York. Daraus erschien noch 1970 das gleichnamige Doppelalbum: Miles Davis At Fillmore Columbia/CBS 1970 Miles Davis - trumpet Steve Grossman - soprano sax Chick Corea - e- piano Keith Jarrett - organ Dave Holland - e- bass, ac. bass Jack DeJohnette - drums Airto Moreira - percussion Jeweils eine LP- Seite enthält Ausschnitte aus einem der vier Abende, daher gibt es Stücke wie Bitches Brew, Sanctuary, Its About That Time in verschiedenen Ausführungen. Für mich absolut hörenswert, wie alles hier genannte. [Beitrag von andreas3 am 07. Dez 2020, 22:07 bearbeitet] |
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Mr._Lovegrove
Inventar |
#57 erstellt: 08. Dez 2020, 08:18 | |
Danke, Andreas, für den ausführlichen Beitrag zu einer Platte, die ich ehrlicherweise noch gar nicht wirklich kenne. Doch ich komme nochmal zurück zum "Paten der Fusion", Larry Coryell. Er trommelte 1970 Teile des "Inner Circles", so mag ich das mal nennen, des frühen Jazzrock zusammen und nahm ein weiteres faszinierendes Puzzlestück dieses Genres auf. Larry Coryell Spaces, 1970 Bass – Miroslav Vitous Drums – Billy Cobham Electric Piano – Chick Corea Guitar – John McLaughlin, Larry Coryell Das Album erschien zunächst mit dem ersten Cover, welches irgendwie langweilig ist, nur um dann ein paar Jahre später vom Label Vanguard selber durch das zweite, sehr coole, ersetzt zu werden. Dieses Cover ziert auch meine US- Import CD aus den 80ern. Die Besetzung bedarf keiner Kommentare mehr, sie bildet einen Teil der Essenz ab, aus dem die Fusion entstanden ist. Dass Coryell, selbst natürlich ein virtuoser Sechsaiter, sich mit John McLaughlin einen mindestens ebenbürtigen MItspieler an der Gitarre an Bord geholt hatte, spricht für ihn - und McLaughlin. Da beide aber recht unterschiedliche Spielstile aufweisen, verhalten sie sich hier wie Salz und Pfeffer und das funktioniert wunderbar. Die Erwartungshaltung an diese Besetzung zu dieser Zeit mag womöglich eine härtere und aggressivere Herangehensweise an den Jazzrock sein, doch dahingehend enttäuscht das Quintett den Hörer. Das Titelstück als Opener hält zwar sehrwohl als prototypisches Jazzrockstück mit eng verwobenem Gruppenklang und einem vehementen Grundduktus her, aber danach legt Coryell als Bandleader den Fokus auf die insgesamt 12 Saiten und schaltet ein paar Gänge zurück. Er und McLaughlin halten ihre Klänge oft in wenig verzerrten und eher semiakustischen Gefilden. Cobham, Corea und Vitous sind auf dieser Platte eher als Edelstatisten, bzw. kaum solistisch tätige Rhythmusgruppe zu hören, die die beiden Gitarreros kompetent begleitet. Es gibt sicher experimentellere Fusionscheiben aus dieser Zeit, aber Coryell manifestiert auch hier seinen Sonderstatus innerhalb der Jazzrockszene recht eindrucksvoll. Ich mag die Platte gerade weil sie ruhiger, intimer und zugänglicher geformt ist. |
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arnaoutchot
Moderator |
#58 erstellt: 08. Dez 2020, 10:23 | |
@Hans: Bei Apple Music kann ich bei Soft Machine zwischen dem (schlechten) ursprünglichen Mastering und dem 2007er Mastering wählen. Nun, Du hast recht, meine Lieblingsplatte von Soft Machine ist es auch nicht, aber sie wird dennoch generell für epochal gehalten. @Andreas:
Reizvolle Idee, die späten 1969er und frühen 1970er Aufnahmen mit den indischen Musikern als Bitches Brew, Part II zusammenzustellen. Das wären dann Great Expectations, Orange Lady, Lonely Fire und Guinnevere, in den Rohfassungen mit knapp 70 Minuten sogar deutlich mehr Musik als die von Dir genannten 40 Minuten. Wenn man mögliche Längen noch etwas beschnitten hätte, wäre da nochmals ein gutes Album herausgekommen. Du hast das spätere verstreute Erscheinen der o.g. Titel (Orange Lady steckt in dem 27minütigen Great Expectations mit drin) schon richtig zugeordnet, die Complete Bitches Brew Sessions enthält aber auch alle Titel chronologisch geordnet. Hier noch was, eher aus dem damaligen Underground-Jazz-Avantgarde-Bereich kommend: Wolfgang Dauner - Output - ECM 1970. Dauners mit heutigen Ohren etwas quäkend empfundene Soli an Clavinet und Ringmodulator sind etwas enervierend, aber gerade Eberhard Weber am Bass und Fred Braceful legen auf Stücken wie Nothing to Declare ein ziemlich groovig-rockendes Fundament. Das Cover tut sein übriges ... https://www.discogs.com/Wolfgang-Dauner-Output/master/697881 [Beitrag von arnaoutchot am 08. Dez 2020, 11:00 bearbeitet] |
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ardina
Inventar |
#59 erstellt: 09. Dez 2020, 12:12 | |
Bisher wurde das Thema doch mehr von der Jazz-Seite beleuchtet. Ich will jetzt mal ein wenig mehr die Rock-Seite einbringen. Als erstes die wunderbare Band Colosseum und dann auch gleich ein Nachtrag für das Jahr 1969. Für mich ist Colosseum schon mehr Rock als Jazz, aber doch klar mit dem Ansatz der Fusion. Alleine schon mit dem wunderbaren Jon Hiseman am Schlagzeug und Dick Heckstall-Smith am Saxophon sind doch zwei echte Jazzer im Boot. Somit zunächst die Valentyne Suite von `69, eine wirklich tolle und mitreißende Platte. Bass Guitar – Tony Reeves Drums – Jon Hiseman Guitar – James Litherland Organ, Vibraphone, Piano – Dave Greenslade Saxophone – Dick Heckstall-Smith Dann für 1970 mit "Daughter Of Time" das nächste Werk von Colosseum. Vielleicht etwas mehr Jazz und etwas größerer Besetzung. Dazwischen eine etwas andere Variante von Valentyne Suite, The Grass Is Greener, mit neuem Gitarristen Dave (Clem) Clempson. Bass Guitar – Louis Cennamo (tracks: A2 to A4, B2), Mark Clarke (tracks: A1, B1, B3) Drums, Percussion – Jon Hiseman Flute, Saxophone [Tenor, Soprano, Alto, Baritone], Vocals – Barbara Thompson (tracks: A1 to A4) Guitar – Dave Clempson Piano, Organ, Vibraphone, Vocals – Dave Greenslade Tenor Saxophone, Soprano Saxophone – Dick Heckstall-Smith Vocals – Chris Farlowe (tracks: A1, A2, A4, B1, B3) Und dann kommt da ja im Jahr 1971 auch noch die wirklich überzeugende Live Platte „Colosseum Live“, ein echtes Meisterwerk. Und was haltet ihr von so einer verrückten Scheibe wie „Guru Guru – Ufo“? Sicher mehr Experimental, aber mit dem legendären Mani Neumeier und Uli Trepte auch zwei sehr versierte Musiker aus dem Jazz Umfeld. Bass, Electronics [Verstärker, Mikrofon, Intercom, Mixer], Tape [Tonband], Sounds [Transistor-Radio] – Uli Trepte Drums [Elektrische Trommeln], Cymbal [Cymbals], Gong [Gongs], Voice, Electronics [Kontaktmikrophon], Tape – Mani Neumeier Guitar, Effects [Echogerät, Pedal] – Ax Genrich Grüße, Andreas |
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Gomphus_sp.
Inventar |
#60 erstellt: 09. Dez 2020, 21:09 | |
@ Andreas, klasse Platten... Die Valentyne Suite habe ich schon ("The Machine Demands A Sacrifice" ), die anderen beiden Platten hätte ich auch noch gerne. Gruß Heiko |
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Mr._Lovegrove
Inventar |
#61 erstellt: 11. Dez 2020, 08:03 | |
@Andreas: Vielen Dank für diesen Input, der die ganze Sache mal von der anderen Seite beleuchtet. Sehr schön! Und hier geht es nun nochmal um Miroslav Vitous und eine leider bisher nie offiziell auf CD erschienene Platte: Miroslav Vitous Purple, 1970 Bass – Miroslav Vitous Drums – Billy Cobham Electric Piano – Joe Zawinul, Miroslav Vitous Guitar – John McLaughlin Die Scheibe erschien ausschließlich in Japan, da aber immerhin bei der CBS, und es ist so erstaunlich wie auch enttäuschend, dass es nicht einmal eine Japan CD davon gibt. Der Bassist variiert seine Grundidee aus "Infinite Search" hier massiv ab, spielt in kleiner Besetzung, sogar meist ohne Gitarre (McLaughlin spielt nur auf einem Stück) eine unglaublich dichte, oft fibrige Mixtur, die auch mal an "In a silent way" erinnert, doch insgesamt eine gewisse Härte und Aggressivität aufweist, welche auch durch einen gnadenlosen Billy Cobham hervorgerufen wird, während Joe Zawinul am E-Piano für atmosphärische Spannung sorgt. Vitous bedient sich oft des Bogens, lässt sein Bass so ganz ureigen erklingen und macht aus dieser Platte etwas sehr eigenes. |
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arnaoutchot
Moderator |
#62 erstellt: 11. Dez 2020, 09:38 | |
Interessante Platten hier, in der Tat. Mit meinen Beiträgen zu Soft Machine und If glaubte ich mich auch durchaus von der Rock-Seite zu kommen Colosseum hatte ich auch auf der geistigen Liste. Hier noch eine, die ich eher für Rock-Jazz (statt Jazz-Rock) halte: Jean-Luc Ponty: King Kong - Jean-Luc Ponty Plays the Music of Frank Zappa (Blue Note 1970). Zappa spielt auf ein oder zwei Stücken auch mit. Ein Klassiker inzwischen ... |
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andreas3
Inventar |
#63 erstellt: 11. Dez 2020, 21:34 | |
arnaoutchot #58 schrieb:
Um die ganzen "The Complete..." habe ich bisher einen Bogen gemacht, wann soll ich das alles hören? In diesem Fall sollte ich vielleicht mal eine Ausnahme machen. ardina #59 schrieb:
Das wundert mich dass wir die in 1969 vergessen haben, gehört auf jeden Fall erwähnt. Übrigens haben sie Anfang 1969 bereits ihren erste LP Those Who Are About To Die Salute You herausgebracht, sehr zu empfehlen. Valentyne Suite war die Zweite, ebenfalls 1969, Daughter Of Time die Dritte und letzte Studioplatte. Leider! Guru Guru finde ich auch passend, da gabs Anleihen und Annäherungen zum Jazz abseits des damaligen Jazzrock. Hier ist noch der Mitschnitt des MD- Konzerts vom April 1970, erst 76 erschienen: Black Beauty - Miles Davis At Fillmore West Columbia 1976, rec. April 1970 Miles Davis - trumpet Steve Grossman - soprano sax Chick Corea - e-piano Dave Holland - bass Jack DeJohnette - drums Airto Moreira - percussion Hier ist ein komplettes Konzert wiedergegeben, was ich noch faszinierender finde als die vier Ausschnitte aus vier Abenden mit teils gleichem Material auf der oben genannten Miles Davis At Fillmore. Interessant dass er dabei auf McLaughlin verzichtete. Aber auch so hat die Musik es in sich. [Beitrag von andreas3 am 11. Dez 2020, 21:36 bearbeitet] |
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ardina
Inventar |
#64 erstellt: 11. Dez 2020, 23:32 | |
Hier noch diese für 1970, obwohl schon 1968 aufgenommen. Jack Bruce – Things We Like Bass – Jack Bruce Drums – Jon Hiseman Guitar – John McLaughlin Saxophone – Dick Heckstall-Smith Gut, das ist schon mehr Jazz wie Jazzrock. Mehr Hardbop mit festeren Strukturen und wenig Improvisation. Die jungen Herren machen ihre Sache aber recht anständig. Bei allen ist auf jeden fall auch der Hang zum Rock oder Blues vorhanden. |
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Mr._Lovegrove
Inventar |
#65 erstellt: 12. Dez 2020, 09:28 | |
Asche auf mein Haupt, dass ich deine Beiträge nicht auch "gelobt" habe. Aber Mensch, hier ist ja sowieso insgesamt richtig was los. Mich freut es, dass euch dieses Thema so interessiert und das so zahlreich mitgemacht wird. @ardina: Schöne Platte. Kannte ich auch noch nicht. Vorallem schönes Cover. Der Ferrari schien Bruce ja wirklich zu gehören; da muss zu der Zeit eine Menge Kohle in seiner Tasche gewesen sein. So ein 365 GTB/4 war schon damals kein günstiges Vergnügen. Doch zurück zum Thema. Hier läuft gerade ein Album, das in vielerlei Hinsicht ein absoluter Markpunkt in der Jazzgeschichte dieser Zeit ist: Freddie Hubbard Red Clay, 1970 Bass – Ron Carter Drums – Lenny White Piano – Herbie Hancock Saxophone – Joe Henderson Trumpet – Freddie Hubbard Für sowohl Hubbard als auch Produzent und CTI Besitzer Creed Taylor war diese Platte ein absoluter Wendepunkt in ihrer Geschichte. Das Label existierte als Unterlabel von A+M Records schon seit 1967, aber erst 1970 leitete der jazzerfahrene Manager, Produzent und Begründer die Firma als eigenständiges Unternehmen. "Red Clay" war die erste Platte, die die Vision Taylors, Schallplatten als Gesamtkunstwerk zu verkaufen, aufzeigte. Die Produktion, das Cover, später auch die musikalischen Arrangements, die Don Sebesky großenteils erarbeitete, all das war in den Händen des Labels. So entstanden einige der bekanntesten und erfolgreichsten Fusionplatten der 1970er. Und für Hubbard war das Album eine Kehrtwende, die weg vom Hard Bop hin zu Fusion und Jazzfunk führte. Hier noch ganz ohne Streicher und großes Brimborium spielt ein Quintett von wahren Könnern voll auf Zug und Spannung. Die fünf damals schon weltbekannten Herren bilden eine brillante Einheit, die hier gar nicht so sehr rockige Elemente einbaut, sondern eher geschickt Hard Bop, Funk,Soul und Blues mischt. Wobei gerade das Titelstück als Opener schon recht klar den Weg aufzeigt, den nicht nur Hubbard gehen würde, sondern auch das Label. Einfach eine geile Platte! [Beitrag von Mr._Lovegrove am 12. Dez 2020, 09:30 bearbeitet] |
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Dominos
Stammgast |
#66 erstellt: 12. Dez 2020, 10:07 | |
Zufällig gestern Abend noch gehört The Atlantic Family Live in Montreux ist eine Live-Aufnahme, die 1977 beim Montreux Jazz Festival aufgenommen wurde. Es zeigte das Don Ellis Orchestra zusammen mit der Average White Band und Gastmusikern. Kommt sauber und druckvoll rüber, hatte ich so gar nimmer in Erinnerung. Gruß |
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Dominos
Stammgast |
#67 erstellt: 12. Dez 2020, 10:27 | |
Da ich hier relativ oft Larry Coryell sehe und lese, für die sie nicht kennen -At the Village Gate von 1971. Für mich die beste Coryell, mega druckvoll und dynamisch was die 3 köpfige Band da abliefert. Zwar mehr auf der rockigen Seite (mag ich von Coryell sehr), und erinnert mich stark an Hendrix. Eine meiner Topscheiben auf Vinyl Gruß |
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Mr._Lovegrove
Inventar |
#68 erstellt: 12. Dez 2020, 10:49 | |
Hallo Dominos. Vielen Dank für deine interessanten Nennungen, allerdings gehen wir in diesem Thread chronologisch vor. Wir sind gerade im Jahr 1970. |
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Dominos
Stammgast |
#69 erstellt: 12. Dez 2020, 11:16 | |
Sorry, das hatte ich nicht mitbekommen Gruß |
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Gomphus_sp.
Inventar |
#70 erstellt: 13. Dez 2020, 18:48 | |
1970? Dann habe ich da genau das richtige am Start. Jazz trifft Rock. Und das ergibt Jazz Rock. Gerade auf dem Plattenteller: Manfred Mann Chapter Three ~ Volume Two von 1970 - Meine Pressung ist ein Reissue aus dem Jahr 1979. Mike Hugg, vormals Schlagzeuger bei Manfred Mann, ist mittlerweile zu Klavier und E-Piano gewechselt und singt zudem auch noch. Der größte Teil der Kompo- sitionen stammt von Mike Hugg. Die Bläser Arrangements sind allerdings von ihm und Man- fred Mann der bei diesem Album mehr als Organist im Hintergrund verweilt. Auf diesem her- voragenden Jazz Rock Album, das einen Hang zum sehr düsteren Underground hat, wirkten noch folgende Musiker mit: Acoustic Guitar, Backing Vocals – Brian Hugg Alto Saxophone – Bernie Living Baritone Saxophone – David 'Dozy' Coxhill Bass Guitar [Electric And Acoustic] – Steve York Drums – Craig Collinge Soprano Saxophone, Tenor Saxophone – Clive Stevens Tenor Saxophone – Dave Brooks Trumpet – Sonny Corbett Gruß Heiko |
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Mr._Lovegrove
Inventar |
#71 erstellt: 17. Dez 2020, 09:31 | |
Ich persönlich wäre jetzt mit dem Jahre 1970 durch, allenfall sollte Frank Zappa nochmals eine Erwähnung wert sein, der in diesem Jahr eine weitere klassische Platte angesiedelt irgendwo zwischen harten Jazzrock und freakiger Rockrevue herausgebracht hatte: Frank Zappa Chunga´s Revenge, 1970 Ich bin ja absolut kein Zappa Experte, das ist ja eher mein Namensvetter hier, aber dass der Meister zu den Pionieren der Vermischung von Jazz und Rock zählt, ist unbestritten und diese Platte zeigt auch das kongenial auf. |
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vampula
Stammgast |
#72 erstellt: 17. Dez 2020, 10:06 | |
arnaoutchot
Moderator |
#73 erstellt: 17. Dez 2020, 10:17 | |
Nun, danke für die Blumen, ob ich ein Zappa-Experte bin, weiss ich nicht, er begleitet mich nur musikalisch schon so lange ... und: Ja, Zappa ist fast immer eine Erwähnung wert ! Die Chunga's Revenge wäre mir zum Thema Jazz-Rock zwar weniger eingefallen, das ist eher ein buntes Gemisch aus allem Möglichen (ja, Jazz ist in einem Stück wie Twenty Small Cigars schon auch dabei). Eher noch die Burnt Weeny Sandwich, wo es in Holiday in Berlin oder Little House I Used to Live in doch eher jazz-rockig zur Sache geht. Aber gut. 👍 Mir fällt zu 1970 auf Anhieb auch nichts mehr ein. Ich hatte mir eine kleine Liste gemacht, da steht nur noch Chicago II drauf, aber das driftete dann zunehmend in reinen Rock (später Soft Rock) mit Bläsern. Gerne weiter zu 1971. Die Spannung steigt. Edit 1: Eine ist mir noch eingefallen zu 1970. Affinity - s/t - Vertigo 1970. Blieb das einzige Album der Formation mit der Sängerin Linda Hoyle, aber was für ein Debut das war ! Anspieltipp I Am And So Are You, ein Ohrwurm ! Edit 2: Da will ich zu 1971 gleich noch eine Platte anfügen, die möglicherweise auch weniger bekannt ist, als sie verdient hat. Keith Tippett Group - Dedicated to You, But You Weren't Listening - Vertigo 1971. Natürlich entstammen die Musiker teilweise der Canterbury-Szene, aus der auch die o.g. Soft Machine Third hervorging, aber mit dem Titelstück oder Green and Orange Night Park hat sich Tippett hier deutlich freigeschwommen. Hörenswerte Platte ! Das Cover ist übrigens von Roger Dean. https://www.discogs....ening/release/464764 [Beitrag von arnaoutchot am 17. Dez 2020, 10:47 bearbeitet] |
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crim63
Inventar |
#74 erstellt: 17. Dez 2020, 11:14 | |
Hallo !
Die beiden werde ich mir auch mal genauer anschauen, Dein Geschriebenes und die Cover sehen schon mal gut aus. Gruß Maik |
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arnaoutchot
Moderator |
#75 erstellt: 17. Dez 2020, 13:30 | |
Maik, speziell die Affinity könnte ein ziemlich heisser Tipp für Dich sein .. leider gehen Originalpressungen bei €200 los und zu Nachpressungen auf Vinyl kann ich keinen Input geben. Ich hab die Repertoire Papersleeve Edition auf CD, die ist ok. Aber den Tippett solltest Du auch mal antesten ... wenngleich minimal schwerere Kost. Stichwort Tippett: Julie Driscoll, später née Tippett, Künstlername Tippetts, nahm schon im Jahr 1969 mit ihrem zukünftigen Mann und dessen Group auf, das Album hiess 1969, erschien aber erst 1971. Auch ein Klassiker des innovativen britischen Jazz-Rocks. Und ein schönes Cover, wenngleich mW nicht von Dean. https://www.discogs.com/Julie-Driscoll-1969/release/2030190 [Beitrag von arnaoutchot am 17. Dez 2020, 13:41 bearbeitet] |
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höanix
Inventar |
#76 erstellt: 17. Dez 2020, 14:18 | |
Hallo, schämt ihr euch gar nicht? Ich bin noch nicht mal mit der Focus-Box aus dem Classic Rock Stammtisch durch und hier kommen solche schönen Vorschläge. Wann soll ich das denn alles hören? Aber macht gern weiter so, wirklich schöne Sachen dabei, lasst mich ruhig leiden. [Beitrag von höanix am 17. Dez 2020, 14:20 bearbeitet] |
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arnaoutchot
Moderator |
#77 erstellt: 17. Dez 2020, 14:24 | |
Wie heisst es so schön bei einem gerade ein paar Posts weiter oben genannten Herrn: The Torture Never Stops ! Ich dachte erst, 1971 gibt gar nicht so viel her, aber meine eigene kleine Gedanken-Sammlung brachte es jetzt immerhin auf 17 Platten ... da kommt noch mehr |
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höanix
Inventar |
#78 erstellt: 17. Dez 2020, 15:00 | |
Ich bin schon sehr gespannt, von 1971 habe ich nur Embryo - Embryo's Rache und The inner mounting flame vom Mahavishnu Orchestra. Und meine Ausgabe von Spaces von Larry Coryell ist von 1974, hab gar nicht gewußt das sie original schon 1970 rausgekommen ist. Man lernt eben nie aus. [Beitrag von höanix am 17. Dez 2020, 17:49 bearbeitet] |
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Mr._Lovegrove
Inventar |
#79 erstellt: 17. Dez 2020, 16:13 | |
Ich habe auch einiges für 1971 auf der Liste. Wird spannend. |
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arnaoutchot
Moderator |
#80 erstellt: 17. Dez 2020, 19:07 | |
Na gut, dann noch eine eher unbekannte Platte: Lighthouse - One Fine Morning - GRT Canada 1971. Lighthouse waren nahezu schon eine Rock-Big-Band zu nennende Band aus Kanada um den Drummer Skip Prokop mit mehr als 10 Mitgliedern, die neben Bläsern auch Streicher dabei hatte. Musikalisch finde ich die Mischung aus Prog Rock und Jazz-Anklängen sehr gelungen. Anspieltipps: Das Titelstück und 1849. Und damit sich der Kreis schliesst, gab es 1974 eine Best of (mit den meisten guten Stücken der One Fine Morning), für deren Cover wiederum Roger Dean verantwortlich zeichnet ... der Druck auf Maik wächst, noch dieses Jahr eine weitere Bestellung auszulösen ... |
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crim63
Inventar |
#81 erstellt: 17. Dez 2020, 22:00 | |
interessante Vorstellungen, na mal sehen was wird....... Gruß Maik |
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andreas3
Inventar |
#82 erstellt: 17. Dez 2020, 23:01 | |
Und eine der Triebfedern des Fusion wandte sich erstmal ganz anderen Dingen zu: John McLaughlin - My Goal´s Beyond Douglas 1971 John McLaughlin - guitar Dave Liebman - soprano sax Jerry Goodman - violin Charlie Haden - bass Billy Cobham - drums Airto Moreira - percussion Badal Roy - tabla Mahalakshmi - tambura Trotz Billy Cobham: kein Jazzrock, sondern auf der ersten Seite der LP indisch angehauchter World- Jazz, auf der Zweiten McLaughlin Solo auf der akustischen Gitarre, wobei er sich auf einer zweiten Spur ebenfalls akustisch begleitet. Beides ist genial und absolut hörenswert. Und er machte ein reines Jazzalbum: John McLaughlin - Where Fortune Smiles Dawn / OneWayRecords 1971 John McLaughlin - guitar John Surman - tenor sax Karl Berger - vibraphone Dave Holland - bass Stu Martin - drums Hard Bop, Free, was auch immer, jedenfalls eine Richtung in die der Jazz damals ja auch marschierte. Jedenfalls ein Statement, dass völlig zu Unrecht immer etwas im Schatten des Mahavishnu Orchesters stand, das wurde ja bereits angekündigt und traf damals den Zeitgeist wohl besser. Grüße! |
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Mr._Lovegrove
Inventar |
#83 erstellt: 18. Dez 2020, 08:31 | |
Bevor ich zu den Schwergewichten dieser Zeit kommen, habe ich hier noch Fusion aus Belgien am Start: Placebo Ball fo Eyes, 1971 Baritone Saxophone, Bass Clarinet, Flute, Percussion – Johnny Dover Bass – Nick Kletchkovsky Drums, Percussion – Freddy Rottier Piano, Electric Piano, Electric Harpsichord, Melodica – Marc Moulin Soprano Saxophone, Tenor Saxophone, Flute – Alex Scorier Trumpet – Nic Fissette Trumpet, Flugelhorn – Richard Rousselet Die vom Keyboarder Marc Moulin gegründete und geleitete Gruppe hielt es auf ihrem Debütlbum stilistisch eher wie die frühen Chicago und präsentierte funkige, Bläsersatz- getränkte Fusion. Moulin selbst war ein echter Fuchs an den Keyboards und dominiert die Szenerie mit feinen Soli und auffälliger Ryhthmus- und Begleitarbeit. Eine feine, teils sehr entspannte Platte mit diesem Extrakick durch die tollen E-Piano und Keyboardarbeiten. Und bevor mir die einer wegschnappt, muß ich natürlich noch diese hier erwähnen: Michael Naura Quartett Call Bass – Eberhard Weber Electric Piano– Michael Naura Drums – Joe Nay Vibraphone – Wolfgang Schlüter Ob das wirklich Fusion ist oder nur moderner Quartettjazz mit einem E-Piano? Das ist völlig egal - es ist einfach eine wahnsinnig gute Platte! Und ich würde es doch als eine Fusion bezeichnen, weil die Kompositionen, die Themen und auch das Rhythmusskelett durchaus jazzfremde Anleihen mitbringen. Joe Nay am Schlagzeug ist ein echtes Tier und peitscht die Meute vor sich hier, in manchen Takten kennt er tatsächlich keine Gnade. Dann wäre da noch Eberhard Weber am korpuslosen E- Kontrabass; alleine dieser Fakt beinhaltet ja schon eine Fusion. Wolfgang Schlüter an einfach bärenstarken und wandelbaren Vibes ist der Hauptsolist in diesem Knabenchor und gestaltet all seine Parts mit einer faszinierenden Virtuosität, mit gestalterischer Finesse und konkurrenzlosem Ideenreichtum. Ja und Naura? Naura hält sich spielerisch dezent im Hintergrund, flüstert seinem Rhodes die Akkorde und Begleitlinien zu, tritt selten in den Vordergrund, leistet in seiner Funktion als Komponist und eben genialer Begleiter aber Großes, ganz Großes. Die Platte ist mal drängend, mal raffiniert, mal groovy, mal atmosphärisch; die Themen gehen sofort ins Blut, der Swing der Truppe überträgt sich wie eine Infusion sofort auf den Hörer! Für mich, zusammen mit dem ein Jahr später erschienen und noch besseren "Rainbow Runner, die beste deutsche Jazzplatte aller Zeiten! [Beitrag von Mr._Lovegrove am 18. Dez 2020, 08:44 bearbeitet] |
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arnaoutchot
Moderator |
#84 erstellt: 18. Dez 2020, 10:55 | |
Wäre beinahe passiert, ich bin Dir auf den Fersen ... Natürlich alles vollkommen in meinem Sinne, was Du zu der Call schreibst ! Eine winzige Anmerkung: Eberhard Weber spielte mW zum Zeitpunkt der Aufnahme noch nicht seinen korpuslosen Stand-Up-Bass, sondern noch einen herkömmlichen E-Bass, siehe Rückseite des Covers der Call links unten. Der innovative Eigenbau kam etwas später. Bleiben wir noch ein wenig in der Welt des Rock-Jazz. Traffic waren stilistisch für mich schon immer schwer greifbar, speziell auf den früheren Platten war es doch mehr Psychedelic und Folk, aber die The Low Spark of High Heeled Boys (Island 1971) zeigte doch erkennbare Jazz-Anklänge, besonders im Titelstück oder in Rainmaker. Eine wunderbare Platte, wie ich gerade hörend feststelle. Das Schöne an solchen Threads wie diesem hier ist für mich, dass ich Platten wieder ausgrabe, die ich lange nicht gehört hatte. https://www.discogs....Boys/release/5503643 [Beitrag von arnaoutchot am 18. Dez 2020, 11:00 bearbeitet] |
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höanix
Inventar |
#85 erstellt: 18. Dez 2020, 11:38 | |
Moin Michael Ich habe von der Traffic nur eine italienische Ausgabe, da ist laut discogs nur Pop Rock drauf. Werde ich demnächst mal kontrollieren. Gruß Jörg |
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arnaoutchot
Moderator |
#86 erstellt: 18. Dez 2020, 13:25 | |
Den Italienern wollte man damals den Jazz-Anteil nicht zumuten und liess ihn weg .... Spass beiseite: Sicherlich keine Jazz-Rock-Platte, die einem zuerst einfallen würde, aber dennoch mit Einflüssen davon ... siehe meinen Text dazu oben. |
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Mr._Lovegrove
Inventar |
#87 erstellt: 18. Dez 2020, 18:20 | |
Danke für die Richtigstellung. Die Rückseite hatte ich mir mangels Exemplar mit einer originalen noch nie angeschaut. Man lernt halt nie aus. Wenn ich mir meine Liste bezüglich 1971 so anschaue, so sind da schon einige Klassiker drauf. Weather Report, Zawinul solo, Mahavishnu Orchestra, Miles Davis, Herbie Hancock, Klaus Doldinger mit Passport, Freddie Hubbard, Volker Kriegel....oh man, das wird spannend, auch wenn einige von uns all diese Platten schon kennen. |
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andreas3
Inventar |
#88 erstellt: 18. Dez 2020, 20:36 | |
Dann fangen wir doch direkt mit Weather Report an: Weather Report CBS 1971 Wayne Shorter - soprano sax Joe Zawinul - piano, e-piano Miroslav Vitous - bass Alphonse Mouzon - drums Airto Moreira - percussion An der Entwicklung dieser Gruppe kann man schön die Entwicklung des Jazz hin zum Jazzrock nachvollziehen: Spielten sie auf diesem Erstling noch weitgehend auf Augenhöhe, subtil und experimentell, so entwickelte die Musik sich von Platte zu Platte immer mehr zum Keyboard- dominierten und rhythmusbetonten Jazzrock, der zu den großen Erfolgen führte. |
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wilder-Denker
Stammgast |
#89 erstellt: 18. Dez 2020, 22:34 | |
... das ist wirklich ein sehr interessanter Thread hier, massig mir wohl vertrauter und geschätzter Musik ist hier vertreten ... allerdings tue ich mir etwas schwer mit der chronologischen Folge der Vorstellungen und auch mit der Ausdehnung in Bezug auf Jazz(Rock) ... Chunga*s Revenge ist nicht unbedingt DAS Beispiel von FZ in Richtung Jazz, eine etwas frühere "Uncle Meat" wäre m.E. passender, Embryo waren in anderer Mission unterwegs ... Traffic, ich liebe diese und Steve Winwood innig, aber das ist für mich eine andere musikalische Ecke (persönlich kann ich gar keinen Jazz in einer "Low Spark ..." finden) ... ... wie auch immer, ich will hier nicht stören, interessant sind allemal die unterschiedlichen Wahrnehmungen und genau in diesem Sinne sollte es hier für mich als Mitleser auch weitergehen ... .... sorry, dass ich gerade nicht eine 71er zur Verfügung habe, ich hatte "einen Nachbarn" - wenn das hier schon so breit gefasst ist - Pierre Moerlen / Gong in Verdacht, bin aber in der Timeline wohl doch noch etwas zu früh // Gruß [Beitrag von wilder-Denker am 18. Dez 2020, 22:38 bearbeitet] |
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Mr._Lovegrove
Inventar |
#90 erstellt: 19. Dez 2020, 08:02 | |
Danke Joerg für deine Einwürfe. Du störst überhaupt nicht. Ich finde es immer gut, wenn Meinungen und Ansichten vernünftig eingebracht werden und Dinge (wie das mit Zappa) aus Erfahrung und Kompetenz heraus eingeordnet werden. Dies ist ja kein Aufzählungsthread von Platten, sondern eine lebendige Beschäftigung mit einem für anscheinend recht viele Teilnehmer interessantem Thema. Da sind solche Kommentare auf jeden Fall hilfreich. Und wenn Andreas schon den Wetterreport einbringt, schiebe ich das als wichtige Ergänzung das passende Soloalbum von Joe Zawinul hinterher: Joe Zawinul Zawinul, 1971 Bass – Miroslav Vitous, Walter Booker Electric Piano – Herbie Hancock, Joe Zawinul Flute – George Davis, Hubert Laws Liner Notes – Miles Davis Melodica – Jack DeJohnette Percussion – Billy Hart, David Lee, Jack DeJohnette, Joe Chambers Soprano Saxophone – Earl Turbinton, Wayne Shorter Trumpet – Jimmy Owens Woody Shaw Als Teil von Miles Davis Gruppe, die entscheidende Impulse in der Entwicklung der Fusion ausgestossen hatte, führt Zawinul viele seiner eigenen Ideen auf diesem konsequent weiter. Vorallem die Modalität spielt hier eine gewichtige Rolle, bestimmt große Teile dieses Abenteuers. Harmonische und auch melodische Strukturen werden in Teilen völlig aufgelöst zu Gunsten einer spielerischen und interaktiven Freiheit, wie sie schon von "Bitches Brew" bekannt. Dies ist eine Platte aus direkter Erbfolge jenes Meilenstein und des ebenso wichtigen Vorgängers "In a silent way", dessen Titelstück der Österreicher hier in einer kurzen Variante nochmals Revue passieren lässt. Zawinul verlagert den Gesamtschwerpunkt allerdings weg von einem dominierenden Groove hin zu einem deutlich ausbalancierteren, koheränteren und lichterem Gruppenklang mit mehr Fokus auf eine faszinierende Art von Tempivariierung. Auf die Mitspieler muß ich hier nicht weiter eingehen; siesind das Herz dieser musikalischen Revolution. Doch ich komme nochmal zurück zu CTI und zu Freddie Hubbard. Nach dem 1970er Erfolg von "Red Clay" kehrten der Trompeter sowie Produzent Creed Taylor zurück zu Rudy van Gelder ins Studio, um dieses Mal mit Hilfe von Don Sebesky, deutlich voluminöser und kommerzieller angelegt, eine weitere erfolgreiche Platte zu machen: Freddie Hubbard First Light, 1971 Ich erspare mir die lange Liste an Musikern, die Creed Taylor und Arrangeur Don Sebesky hier aufgefahren haben, mal. Ist hier auch nicht unbedingt von Nöten, denn diese Musik baut weniger auf der Interaktion von Solisten auf, denn auf einem groß arrangierten Gesamtklang des Ensembles. Sebesky war von Beginn an Arrangeur bei CTI und entwickelte einen sofort erkennbaren Signature Sound, der Bläser und Streicher durchaus geschickt in jazziger Manier vereinte. Dies gelang mal mehr, aber auch mal weniger gut im Sinne eines Swings. "First Light" ist auf jeden Fall ein Klassiker des Labels, denn gerade das Titelstück entwickelt einen kraftvoll leuchtenden Swing und einen unwiderstehlich- schmelzigen Groove, der von einem kongenialen Thema sogar noch überstrahlt wird. Hubbard, der ja vom Hard Bop kommt, soliert in feinster Manier, taucht tief in seine eigene exzellente Komposition ein und lässt pures Gold erstrahlen. Danach flacht die Platte allerdings ab und ergeht sich in teils etwas schmalzigem Mittelmaß. Keines der weiteren Stücke kann dieses Meisterwerk auch nur annähernd erreichen und es erweckt sich der Eindruck von einigen Lückenfüllern, die durch aufwändige Arrangements geschönt wurden. Aber das Titelstück sollte man auf jeden Fall kennen. [Beitrag von Mr._Lovegrove am 19. Dez 2020, 08:58 bearbeitet] |
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arnaoutchot
Moderator |
#91 erstellt: 19. Dez 2020, 10:04 | |
Joerg, ich halte die chronologische Vorgehensweise für gut und wichtig, ohne eine Ordnung, sei es alphabetisch oder chronologisch, versanden solche Threads sehr schnell. Und aus meiner Sicht sollte hier lieber eine Platte mehr genannt werden als eine zu wenig, die Szene war doch sehr vielfältig. Die Traffic hatte ich selbst ja genannt, die Soli in dem langen Titelstück haben aus meiner Sicht schon einen gewissen jazzigen Charakter. Und Twenty Small Cigars auf Zappas Chunga's Revenge ist definitiv ein Jazz-Stück. Nun, egal, wie gesagt, aus meiner Sicht sollte man das nicht zu eng sehen. Aber Michael (Mr. Lovegrove) ist hier der Chef und sollte sagen, wie eng er das abgrenzen will. Noch eine, über deren Zuordnung man sicherlich diskutieren kann. Osibisa - s/t - MCA 1971. Discogs sagt Funk und Afrobeat, ich höre da aber durchaus auch deutliche Jazz-Einflüsse darin. Und das schöne Cover ist wieder von Roger Dean ... |
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Dominos
Stammgast |
#92 erstellt: 19. Dez 2020, 10:59 | |
Herbie Mann - Push Push 1971 Als bekennender Herbie Fan darf diese Scheibe nicht fehlen. Bezeichnen würde ich sie als Fusion Jazz mit Einflüssen von RnB, Rock und Funk. Die "Push Push" neben der" live at the Village Gate" zähle ich zu seinen stärksten Alben, die Push Push alleine wegen der Gitarrensolos von Duane Allman.(den ich noch lieber mag) Gruß |
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höanix
Inventar |
#93 erstellt: 19. Dez 2020, 11:31 | |
So ein Mist, ist die Musik schöner als das Cover? Dann muss ich sie wohl doch noch anhören, nach einem Blick auf das Cover ist sie ungehört ins Regal gewandert. |
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Gomphus_sp.
Inventar |
#94 erstellt: 19. Dez 2020, 11:38 | |
arnaoutchot, da hast du vollkommen recht. Sehr Funklastig, aber auch jede Menge Jazz. Und bei den anderen Osibisa Platten scheint das auch so zu sein. Wie diese hier... ... Osibisa ~ Woyaya Die zweite Platte dieser Weltmusik / Jazz Rock Band wurde auch noch 1971 veröffentlicht. Die zweite Platte meiner DLP ist Heads. Sie ist das dritte Album der Band und kam aber erst 1972 raus. Ist aber auch jede Menge Jazz Rock drauf. [Beitrag von Gomphus_sp. am 19. Dez 2020, 11:42 bearbeitet] |
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Mr._Lovegrove
Inventar |
#95 erstellt: 19. Dez 2020, 12:06 | |
Ich bin da ganz entspannt. Und da die Ränder im Jazz ja relativ weit verfransen, vertraue ich einfach eurem Wissen und euren Erfahrungen. Wie ich allerdings schon in meinem Eingangspost schrieb, sollten wir uns ganz grob thematisch an der Vermischung von Jazz und Rock festhalten und den ab einem gewissen Punkt eigenständigen Bereich des Jazzfunk nicht mehr beackern. Da gibt es natürlich auch Überschneidungen und untrennbare Vermischungen, aber wenn man sich die schier unzählige Anzahl an Jazzfunk-Veröffentlichungen ab Anfang der 1970er anschaut, so wäre dies sicher sogar einen eigenen Thread wert, würde aber in der möglichen Vielzahl der Nennungen meine Idee eines Thread über Jazzrock etwas ad absurdum führen und die eigentliche Erzähllinie übertünchen. Aber ansonsten freue ich mich über eine weiterhin rege Beteiligung hier. |
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andreas3
Inventar |
#96 erstellt: 19. Dez 2020, 22:33 | |
Miles brachte 1971 eine Filmmusik, die er im April und November 1970 aufgenommen hatte: Miles Davis - A Tribute To Jack Johnson Columbia 1971 Miles Davis - trumpet Steve Grossman - soprano sax John McLaughlin - guitar Herbie Hancock - keyboards Michael Henderson - fender bass Billy Cobham - drums Zwei Stücke: Right Off ist eigentlich ein fetter Bluesrock, den McLaughlin, Cobham und Hendersen zelebrieren als hätten sie nie was anderes gemacht. Was McLaughlin hier auf der Gitarre spielt ist perfekt, und wie die Band über die 26 Minuten immer wieder Fahrt aufnimmt, abebbt, auch Hancocks Einlagen, das ist beachtlich. Das zweite, ähnlich lange Stück Yesternow ist eine Neuauflage von Shh/Peaceful aus dem In A Silent Way -Album, die mir zumindest nicht schlechter gefällt. Bliebe noch zu sagen, dass Davis das Ganze, auch die Einsätze der Musiker, wirklich perfekt arrangiert hat, wenn alles stimmt, schickt er Grossman zum Vorheizen ans Mikro, um dann zuletzt selbst seinen Part einzubringen. Schlicht genial. |
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andreas3
Inventar |
#97 erstellt: 19. Dez 2020, 23:36 | |
wilder_Denker #89 schrieb:
Diese Gedanken beschäftigen mich auch, ist das schon Jazzrock wenn einer Saxophon spielt? Ist Lou Reeds Walk on the wild side hier richtig, sogar Kontrabass? Was ist mit James Last und Max Geger? Big Band ist schließlich auch Jazz? Nach nochmaligem Hören habe darauf verzichtet, Rare Earths Get Ready (viel Sax!) und auch den Erstling von Gong Magic Brother Mystic Sister (noch ohne Moerlen, aber bereits mit Didier Malherbe) hier zu posten, kein Jazzrock. Embryo hatten aber später mit Charlie Mariano gespielt. Erhellend fand ich den Gedanken, den ich im Netz fand: Der Jazz nahm auf den Rock dergestalt Einfluss, dass die übliche Songstruktur Strophe - Refrain - Strophe ersetzt wird durch Vorstellen des Themas - Improvisation - Wiederholung des Themas. Dann gehören Cream und In-A-Gadda-Da-Vida schon hier hin.. Grüße! |
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Mr._Lovegrove
Inventar |
#98 erstellt: 20. Dez 2020, 09:21 | |
Das Thema der Definition ist auch diesem Fall ein sicherlich komplexes. Ich versuche es bezüglich meiner Ansicht mal kurz zu halten. Wenn in der Musik erkennbar ist, dass die Rhythmen sowohl jazziges als auch rockig- straightes beinhalten, wenn die Interpreten versuchen, geradlinige Rockstilismen wie typische Taktmaße, Gitarrenarbeit etc. mit Elementen des Jazz, wie z.B. Bläsersätze, solistische Ausflüge, die auf Jazzryhthmik und Harmonik basieren oder gar hörbar danach improvisiert sind oder Jazzrythmen mischen, dann ist das für mich irgendeine Art von Jazzrock, Rockjazz, Fusion oder wie auch immer man das nennen möchte. Das können aus beiden Bereichen auch nur kleine, aber hörbar charakteristische Elemente sein. Der Einsatz für die jeweiligen Musikgattungen typischen Instrumente reicht in meinen Augen da natürlich nicht aus. Das Saxophon als Beispiel ist auch im Rock und Pop ein gängiges Instrument, die Gitarre und der E-Bass im Jazz. Kommen wir zu womöglich dem frühen Beispiel dafür, was ich oben versuchte habe, zu definieren: Klaus Doldinger/Passport Doldinger, 1971 Drums – Udo Lindenberg Electric Bass – Lothar Meid Organ – Jimmy Jackson Saxophones, Synthesizer, Electric Piano – Klaus Doldinger Tenor Saxophone, Flute – Olaf Kübler Ein Album, das wie Meteoriteneinschlag wirkt! Doldinger, der Ende der 60er schon unter dem Pseudonym Paul Nero Coverversionen im leicht jazzig angehauchten Easy Listening- Popsound spielte und damalige Hits coverte, explodiert mit diesem Album aus dem Nichts heraus in eine ganz neue Klangwelt. Wo viele der amerikanischen Fusionpioniere zu dieser Zeit immer noch auf dem Weg durch diese neuartige Galaxie waren und eine soundmäßige Heimat suchten, wo ihre Platten geprägt waren von Experimenten und Klangforschungen, teils schwer durchdringbaren Improvisationsorgien und harmonischen Versuchen, Jazz und Rock zu vermengen, da hatte Doldinger nicht nur einen neuen Planeten entdeckt, sondern sich dort schon niedergelassen. Die Platte sitzt wie eine gute Jeans, man schlüpft ohne Probleme rein, schnallt den Gürtel zu und man fühlt sofort die Passform. Die Truppe legt mit "Uranus" ohne Umschweife los und zeigt, wie Doldinger sich denn so einen Jazzrock vorstellt. Lindenbergs dreschender Beat, Doldinger und Kübler mit eingängigem Bläserthema und Lothar Meids prägnanter E-Bass meißeln die Worte "Jazzrock" regelrecht in Stein; und das ganz ohne E-Gitarre!! "Schirokko" ist dann ein späterer Klassiker, der das Konzept von Passport gar noch transparenter und nachvollziebarer aufzeigt. Jimmy Jackson spielt gleich zu Beginn ein souliges Solo an der Orgel, während Lindenberg und Meid den Beat hart vorantreiben und Meid und Doldinger im Duo eingreifen. Und es geht so weiter; mal jazzig- freier im Duktus, mal mehr von der Rockmusik der Jahrzehntwende beeinflußt, aber immer perfekt ausbalanciert mit dem einen Fuß fest im Jazz und dem anderen im Rock. Doldinger macht hier nicht rum und wabert im Klangnebel, er präsentiert ein fertiges Konzept, einen schon hier ausgearbeiteten Sound, den er natürlich über die Jahrzehnte variiert und ihn auch glattgebügelt hat (gerade in den 80ern), der aber aber dennoch immer sofort erkennbar war und ist. [Beitrag von Mr._Lovegrove am 20. Dez 2020, 09:24 bearbeitet] |
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arnaoutchot
Moderator |
#99 erstellt: 20. Dez 2020, 11:02 | |
Zum Stichwort Passport > Udo Lindenberg fiel mir noch etwas ein, es ist allerdings ein Nachtrag, denn die Platte wurde schon 1970 aufgenommen: Niagara - s/t - United Artists 1970. Das Schlagzeug- und Percussion-Orchester um den Jazz Drummer Klaus Weiss machte diese epochale Platte im (aus meiner Sicht) Grenzgebiet zwischen (Kraut) Rock, Funk und eben auch Jazz. Lustig ist die Einordnung bei Discogs die mit Jazz, Latin, Soul, Funk, World, Folk & Country so ziemlich alle Möglichkeiten offen lässt ! Einer der Schlagzeuger ist Udo Lindenberg, deswegen kam ich darauf. Auch hier bietet das Cover (im raren & teuren Vinyl-Original ausklappbar !) was fürs Auge ... https://www.discogs.com/Niagara-Niagara/release/803508 Nun aber noch etwas, was IMHO deutlich exakter zum Thema passt: George Benson - Beyond the Blue Horizon - CTI 1971. Man höre hier die ersten Takte von So What, und man kann auch als musikalischer Laie unterscheiden, was der Unterschied zwischen Jazz (Miles Davis) und Jazz-Fusion (Benson) ist. Zwar kommt Benson in seinen Soli doch immer noch deutlich hörbar vom Jazz und Vorbildern wie Wes Montgomery, aber die Grundlage ist dennoch eine andere. Das ist noch eine gute Platte, danach glitt mir Benson zu stark in den Pop ab. https://www.discogs....zon/release/12314248 |
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andreas3
Inventar |
#100 erstellt: 21. Dez 2020, 20:47 | |
Und nochmal Miles: Miles Davis - LIVE / EVIL Columbia 1971 Die Aufnahmen entstanden bei drei Sessions im Februar, Juni und Dezember 1970 und passen sich wie Puzzlestücke in die Aufnahmen ein, die ich in #56 erwähnt habe. Die Besetzungen wechseln von Stück zu Stück, neben den bereits genannten auch Neue: Gary Bartz kommt am Saxofon mal dazu, und im Dezember dann der neue Funk- Bassist Michael Henderson, den Davis bei Stevie Wonder abgeworben hatte. Angeblich mit den Worten: I´ll take your fuckin´ bassist. Die Musik ist vielfältig, knüpft an Bitches Brew an, und macht Spaß. Und weil sie so schön ist noch die Rückseite, die das Evil ergibt: |
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arnaoutchot
Moderator |
#101 erstellt: 22. Dez 2020, 11:10 | |
Ich wollte das hier noch einfügen aus dem laufenden Hörthread.
Ansonsten laufe ich jetzt langsam leer mit 1971er Platten. Eine obskure oft zum Jazz-Rock gezählte amerikanische Band namens Sod erweckt zwar wegen der Bläser Erinnerungen an Chicago oder If, aber ist aus meiner Sicht eine reine Rock-Band mit Gebläse. Auch Audience - House on the Hill spielt zwar mit Jazz-Ansätzen, aber ist nicht Jazz-Rock. George Duke's 1971er Aufnahmen für MPS sind zwar eindeutig Fusion, aber erschienen erst 1974 als The Inner Source ... https://www.discogs....urce/release/2107481 Aus meiner Sicht fehlt noch eine wichtige für 1971 (wenn ich nichts übersehen habe) ... |
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