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5 Platten, die den Jazz erklären

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Mr._Lovegrove
Inventar
#1 erstellt: 02. Okt 2014, 12:02
Stellt euch vor, ein Freund, Bekannter oder wer auch immer es sein mag, kommt
auf euch zu und fragt euch: "Nenn mir 5 Alben, die mir den Jazz erklären!"
Und der- bzw. diejenige hat natürlich keine Ahnung vom Jazz und möchte als unbedarfter
Hörer an die Sache herangehen.

Es sollen also nicht (unbedingt) eure Lieblingsalben sein, sondern Scheiben, die nach
eurer Meinung als Jazzexperten und langjährige Hörer mit Wissen um die Historie der
improvisierten Musik einem unbedarften Hörer den Begriff Jazz erklären.

Erklären steht bei dieser Frage für mich dabei für die Grundpfeiler, die diese Richtung ausmachen:
Improvisation, wichtige Instrumente, Musizieren im Kollektiv, Spiel der Solisten, Harmonik
der "Sound" dieser Musik, wie er einem Neuling gefallen könnte.

Dabei können es Alben aller Äras sein. Man muß nicht auf Klassiker fixiert sein, auch wenn ich als
Beispiel zwangsläufig bei einigen gelandet bin.

Ich hoffe, ihr könnt meiner Idee folgen und findet sie so spannend, um mitzumachen.
Es dürfen wirklich nur 5 Scheiben sein und es sollte eine kurze Begründung für jede Auswahl geben.

Ich fange mal an:
1. Miles Davis - Kind of Blue
jpc.de
Das wunderschöne Zusammenspiel der Herren, die herausragenden Themen, diese äußerst intensive Stimmung und der in meinen Augen leichte Zugang zu den Stücken dieses Überklassikers lassen das Album zu meinem Tipp Nr. 1 werden. Erstaunlicherweise ist das modale Harmoniekonzept eigentlich sehr komplex und dennoch steht diese Scheibe für den Jazz wie keine andere. Eines der ganz wenigen Alben, das in der Allgemeinheit angekommen ist.

2. Herbie Hancock - Maiden Voyage
jpc.de
Alleine das wunderwunderschöne Titelstück mit seinem herausragenden Thema macht das Album zu Tipp Nr. 2.
Hancock und seine allseits bekannten Mitspieler beweisen, dass Jazz nicht nur unterhaltend sein kann, sondern
über einen ganze Platte hinweg ein Konzept haben kann. Die dichten und virtuosen Soli und vorallem das intuitive Zusammenspiel zeigen exemplarisch auf, wie Jazz auf höchstem Niveau "funktioniert" und trotzdem gut verfolgbar ist.

3. Dave Holland Quartet - Dream of the elders
jpc.de
Eine "jüngere" Jazzplatte, deren Wirkungsweise ähnlich ist, wie die von "Maiden Voyage". Dicht gedrungene, stimmungsvolle Themen verknüpfen sich mit gekonnt eingewobenen Soli zu einer sehr charaktervollen Musik.
Ich habe die Scheibe auch deshalb gewählt, weil sie, wie die anderen auch, kein musikalisches Unikum darstellt, sondern
ein Höhepunkt im Schaffen des Künstlers (Dave Holland) ist und zudem die Ideen von Sound und Konzept des Bassisten
perfekt aufzeigt.

4. Cannonball Adderley - Somethin' Else
jpc.de
So bekannt die Platte ist, so berechtigt ist ihr Status. In meinen Augen zeigt kaum eine "klassische" Jazzscheibe der Nachkriegsära schöner und zugänglicher auf, wie wunderbar das Genre sein kann. MIt Adderley und Miles Davis spielen zwei überragende Köpfe des Jazz mit und dies absolut inspiriert und virtuos.

5. Jacky Terrasson - Jacky Terrasson
jpc.de
Tja, die Auswahl wird so manchen wundern, aber dieses grandiose Debüt ist einfach nicht nur eine großartige Trioplatte, sondern Terrasson schafft es, trotz großer Vorbilder nicht als Epigone zu enden. Auch verliert er sich nicht in sinnleeren Klavierläufen und Notenwi....reien, sondern bringt dem Hörer in Standards und Originals auf unterhaltsame, eigenständige und gewitzte Art und Weise die Kunst des Klaviertrios bei. Zudem hat der Pianist mit Ugeno Okegwo und Leon Parker zwei gleichwertig agierende und äußerst kreative Partner. Das macht die Scheibe zum fünften und meinem persönlichen Trio- Tipp, den man gegebenenfalls auch mal im Hintergrund laufen lassen kann.

.............
peacounter
Inventar
#2 erstellt: 02. Okt 2014, 12:07
imo ist die aufgabe einfach unmöglich.
dazu ist jazz viel zu vielseitig.
natürlich sind das grundsätzliche "must-have"-scheiben aber ohne dixie kann man jazz imo nicht erklären und ohne free-jazz auch nicht.
Heijohpeih
Inventar
#3 erstellt: 02. Okt 2014, 13:50
Cooler Thread!
Hier werd' ich ernsthaft mal ein Blick reinwerfen.
Damit ich in dreißig, vierzig Jahren Bescheid weiß, was ich unbedingt hören muss! Denn um Jazz zu verstehen muss man mindestens siebzig Jahre alt sein?
peacounter
Inventar
#4 erstellt: 02. Okt 2014, 14:08
was heißt schon "verstehen"?
oder meinst du mögen?
HansFehr
Inventar
#5 erstellt: 02. Okt 2014, 14:17
Die mehr als 100 Jahre alte Jazzgeschichte mit ein paar wenigen Platten zu beschreiben, ist ein Ding der Unmöglichkeit, denke ich.

Vielleicht fängt man Mitte des letzten Jahrhunderts an. Mit dem Miles Davis Quintet zum Beispiel. ’Round About Midnight und die oben aufgelistete Kind of Blue sind tolle Vertreter des Jazz. Dann die Veränderungen Ende der 60er/Anfang der 70er Jahre mit den Rockeinflüssen. Da gibt es unzählige Beispiele. Herbie Hancock ist für Einsteiger besonders gut geeignet. Eben, Maiden Voyage. Oder Head Hunters.
Heijohpeih
Inventar
#6 erstellt: 02. Okt 2014, 14:22

peacounter (Beitrag #4) schrieb:
was heißt schon "verstehen"?
oder meinst du mögen?


Ist das im Fall von Jazz nicht gleichzusetzen?
Zumindest suggeriert mir die Thread-Titel, dass mir etwas erklärt wird, sodass ich am Ende etwas verstehen muss/sollte?
Ansonsten, werd' ich hier und da mal reinhören (ehe ich 70 bin), vielleicht mag ich ja das ein oder andere Klang-Beispiel, noch bevor ich den Sinn von dem Gehörtem begreife.


[Beitrag von Heijohpeih am 02. Okt 2014, 14:24 bearbeitet]
peacounter
Inventar
#7 erstellt: 02. Okt 2014, 14:23
nee, imo müßte man auch am anfang beginnen!
mitte des letzten jahrhunderts ist viel zu spät!
jazzrock halte ich dagegen nicht wirklich wichtig für das verständnis.
free-jazz schon viel mehr.
HansFehr
Inventar
#8 erstellt: 02. Okt 2014, 14:28
Ich habe einfach Mühe, eine durchgehende Kleinschrift zu lesen. Strengt an.
peacounter
Inventar
#9 erstellt: 02. Okt 2014, 14:30
du schaffst das schon!
HansFehr
Inventar
#10 erstellt: 02. Okt 2014, 14:32
Ich bin Ü60. Da lässt die Energie allmählich nach.

Das mit dem Einbezug von Free Jazz ist richtig. Muss sein. Vielleicht nicht gerade Brötzmann mit Machine Gun.

Um jemandem den Jazz zu erklären, ist vielleicht nicht ungeschickt, an die Anfänge zurück zu gehen. Das ist angeblich die allererste Aufnahme. Original Dixieland Jass Band - Livery Stable Blues. Tatsächlich "Jass". 1917. Ob man die Platte noch irgendwo bekommt, weiss ich nicht. Auf YouTube kann man sie hören.



[Beitrag von HansFehr am 02. Okt 2014, 15:09 bearbeitet]
peacounter
Inventar
#11 erstellt: 02. Okt 2014, 16:02
ich fänd "machine gun" schon nen sinnvollen ansatz.
arnaoutchot
Moderator
#12 erstellt: 02. Okt 2014, 16:06

Mr._Lovegrove (Beitrag #1) schrieb:
Stellt euch vor, ein Freund, Bekannter oder wer auch immer es sein mag, kommt
auf euch zu und fragt euch: "Nenn mir 5 Alben, die mir den Jazz erklären!"
Und der- bzw. diejenige hat natürlich keine Ahnung vom Jazz und möchte als unbedarfter
Hörer an die Sache herangehen.


Ich hab es schon mehrfach geschrieben in diesem Forum, die entscheidende Frage für mich ist, welche Musik dieser "Freund" sonst hört bzw. welche musikalische Vorbildung er besitzt.

Wenn es jemand ist, der aus der klassischen Musik kommt und sich idealerweise auch mit kammermusikalischen Strukturen befasst hat, dann mag das über den von Mr. Lovegrove oder Hans genannten Weg mit den genannten Platten klappen. Ist es ein jüngerer "Freund", der aktuelle Popmusik oder gemässigten Rock hört, dann wird er möglicherweise verständnislos vor den aus seiner Sicht manirierten und langweiligen Tönen eines Miles Davis oder Cannonball Adderley stehen und sich über die Original Dixieland Jass Band im besten Fall kranklachen. Für diesen Typ wäre dann ggf. Vocal Jazz mit einer langsamen Steigerung der Freiheitsgrade sinnvoll. Ist - um noch ein drittes Szenario zu entwerfen - der "Freund" gar ein Anhänger härterer Musikarten wie Metal, dann könnte man ihn über so was wie zB Panzerballett oder John Zorn einfangen.

Auch Vorlieben für bestimmte Instrumente spielen sicherlich eine grosse Rolle, wenn jemand zB Flöte in der Rockmusik oder Klassik mag, dann wird er automatisch Verständnis und Zuneigung zu diesem Instrument im Jazz-Kontext haben (das ist übrigens ein Live-Beispiel, ich hatte wirklich mal einen Bekannten, der sich als Amateur-Flötist den Jazz über die Flöte erschliessen wollte). Einen Audiophilen hingegen könnte man mit sehr gut aufgenommenen Platten ködern etc.

Sollte der "Freund" für eine strukturierte Angangsweise offen sein, so würde ich wahrscheinlich einen historisch-fundamentalen Ansatz wählen und erst mal mit dieser Kompilation beginnen: The Riverside History of Classic Jazz. Da geht es wirklich bei afrikanischer Musik, Blues, Ragtime etc. los, die in sinnvoll gewählten Musikbeispielen langsam das herausarbeiten, was Jazz ist.

amazon.de
arnaoutchot
Moderator
#13 erstellt: 02. Okt 2014, 16:07

peacounter (Beitrag #11) schrieb:
ich fänd "machine gun" schon nen sinnvollen ansatz.


Genau. Wahrscheinlichkeit hoch, dass uns einer weniger die Jazzplatten wegkauft ....
arnaoutchot
Moderator
#14 erstellt: 02. Okt 2014, 16:18
Noch eine Idee: Erklärung des Jazz anhand eines einzelnen Musikers und seines Werdegangs. Gutes Beispiel ist John Coltrane. Man könnte fünf Platten von oder mit Coltrane auswählen, an denen sich Entwicklung und Vielfalt des Jazz demonstrieren lassen, zB

1. Round Midnight (klassischer Beginn)
2. Giant Steps (Freispielen in Eigenständigkeit, hohe instrumentale und kompositorische Kompetenz)
3. Africa Brass (orchestraler Jazz)
4. Live at the Village Vanguard (Steigerung der Freiheitsgrade, Gipfelpunkt der Improvisation)
5. A Love Supreme (Verschmelzen von Spiritualität und Musik, Abstraktion)

Mehr dazu in diesem Thread ... http://www.hifi-foru...um_id=67&thread=1068

Es gelten natürlich die oben gemachten Einschränkungen, wenn der "Freund" nichts mit Coltrane anfangen kann, ist das Ganze hinfällig.


[Beitrag von arnaoutchot am 02. Okt 2014, 16:19 bearbeitet]
peacounter
Inventar
#15 erstellt: 02. Okt 2014, 16:50
ich würde vermutlich versuchen, mit robert glasper ein paar dinge klarzustellen.
der hat dazu viele gute und griffige sachen formuliert und seine musik ist auch recht aussagekräftig.

danach wär ich dann tatsächlich schnell bei zorn und panzerballett...


[Beitrag von peacounter am 02. Okt 2014, 16:50 bearbeitet]
Mr._Lovegrove
Inventar
#16 erstellt: 02. Okt 2014, 18:04
OK, ich sehe schon, ich muß was den Sinn der Sache anbegeht, etwas ausholen.
Ich persönlich habe die Frage aus der Sicht meines ehemaligen Jobs als Musikhändler gesehen.
Da kam es durchaus zu ähnlichen Fragestellungen von Kunden.

Ich glaube, ihr seht die Sache zu komplex und zu sehr aus historischer Sicht.
Ich sehe diese Aufgabe aus der Sicht des Gegenüber. Einem Gegenüber, der
keine große Ahnung von Jazz hat und womöglich diese Musik auch nicht aus ihrer
sozio- historischen Sicht sehen will und erstmal kaum daran interessiert, ALLE
Jazzstile kennenzulernen. Er will aber eine Grundidee vom Sound des Jazz, von
Grundzügen seiner harmodo- melodischen Idee und des Zusammenspiels von
Musikern gewinnen.

Ich kann die Bedenken verstehen, dass 5 Scheiben nicht im geringsten den Jazz in seiner
ganzen VIelfalt aufzeigen können, aber man kann demjenigen die Idee dahinter sehrwohl vermitteln.

In meinen Augen geht das mit 5 Platten ganz gut. Jeder, der dann Feuer gefangen hat
forscht dann weiter, kauft sich anderen Platten der Zeit oder der Musiker.
So hat das doch bei vielen angefangen.
1-0-1
Inventar
#17 erstellt: 02. Okt 2014, 18:54

Mr._Lovegrove (Beitrag #16) schrieb:
Ich kann die Bedenken verstehen, dass 5 Scheiben nicht im geringsten den Jazz in seiner
ganzen VIelfalt aufzeigen können, aber man kann demjenigen die Idee dahinter sehrwohl vermitteln.
Das ist nicht das gleiche wie erklären. Ich hätte die Aufgabenstellung auch zunächst mal eher so verstanden, dass man dem Fragesteller eine Idee davon vermitteln möchte, was Jazz ist. Die Aufgabe halte ich für lösbar, allerdings nicht universell, sondern man müsste wissen, was der Fragesteller sonst für einen Musikgeschmack hat und könnte darauf aufbauend sicher einen Vorschlag machen.
arnaoutchot
Moderator
#18 erstellt: 02. Okt 2014, 19:18

Mr._Lovegrove (Beitrag #16) schrieb:
Ich kann die Bedenken verstehen, dass 5 Scheiben nicht im geringsten den Jazz in seiner
ganzen VIelfalt aufzeigen können, aber man kann demjenigen die Idee dahinter sehrwohl vermitteln. ... In meinen Augen geht das mit 5 Platten ganz gut.


Hier muss ich leider widersprechen. Das kann nur reiner Zufall sein, wenn man mit fünf Platten wirklich ein Idee vermittelt. Viel wahrscheinlicher ist, dass man völlig danebenliegt. Nicht umsonst war bei den meisten von uns die Jazz-Entwicklung ein jahre- bzw. jahrzehntelanger Prozess.
HansFehr
Inventar
#19 erstellt: 02. Okt 2014, 22:16

peacounter (Beitrag #9) schrieb:
du schaffst das schon! :prost

Wir hatten schon mal so einen respektlosen Kleinschreiber.

poubelle

Der ist inzwischen aus dem Forum verschwunden.
peacounter
Inventar
#20 erstellt: 02. Okt 2014, 23:48





@topic:
ich denke auch, um "feuer zu fangen", wie der te schreibt, braucht ein metal-fan ganz andere scheiben als zum beispiel ein hip-hopper.
da gibt es nicht "die universellen fünf".


[Beitrag von peacounter am 02. Okt 2014, 23:52 bearbeitet]
Mr._Lovegrove
Inventar
#21 erstellt: 03. Okt 2014, 09:29
Ich kann diese Unterscheidung bei Nicht-Jazzern nicht ganz nachvollziehen.
Warum sollte ein Metal Fan gänzlich andere Jazzscheiben benötigen, als ein Hip Hopper?
Braucht der Metalhead dann sowas wie Stanley Clarke oder Al Di Meola und der Hip Hopper
Branford Marsalis' Buckshot Lefonque oder US3? Letztere haben mit Jazz als aktiv gespielte
Musikrichtung im übrigen nix zu tun, haben aber sicherlich dennoch einige zu der Originalen geführt.
Aber US3 würde ich niemals als Antwort geben, weil das nicht die Idee hinter Jazz vermittelt.

Und das mit dem "Erklären" habe ich geschrieben, weil ich ein griffiges Wort für die Idee brauchte.
Erklären kann ja verschiedene Tiefen haben.

OK ich modifiziere die Gesprächssituation. Geht doch mal einfach davon aus, dass ihr überhaupt gar nicht wisst,
was euer gegenüber hört. Spontane Frage mit spontaner Antwort aus dem Bauch eines Kenners.
peacounter
Inventar
#22 erstellt: 03. Okt 2014, 10:10
wie kommst du denn auf al di meola und stanley clarke?
arnaoutchot hatte ja schon panzerballett genannt, mit sowas oder matthias i a eklund würd ich da rangehen.
arnaoutchot
Moderator
#23 erstellt: 03. Okt 2014, 10:15

peacounter (Beitrag #22) schrieb:
wie kommst du denn auf al di meola und stanley clarke?


Al DiMeola ist eigentlich ohnehin kein richtiger Jazz, eher Fusion ... aber war in den 70ern durchaus ein Katalysator auf dem Weg zum Jazz bei mir, neben Weather Report, Return to Forever und der jazzigen Seite Zappas.
peacounter
Inventar
#24 erstellt: 03. Okt 2014, 10:22
ich hab nur den bezug zum metal nicht verstanden.
ansonsten hat meola sicherlich öfter mal als einstiegsdroge funktioniert.
bei mir warn's als kind dixie und swing, an denen ich spass hatte.
find ich für kinder eigentlich auch naheliegend.
zappa hat dann später eher die verbindung aufrecht erhalten.

die klangliche Ästhetik eines metal-freundes trifft man sicher besser mit energiegeladenem jazzcore als mit loungigem saxophon-gedüdel.


[Beitrag von peacounter am 03. Okt 2014, 10:59 bearbeitet]
Salinas
Hat sich gelöscht
#25 erstellt: 19. Okt 2014, 23:17
man sieht hier schon an den verschiedenen Antworten, daß fast jeder eine völlig unterschiedliche Sichtweise hat..
Man könnt auch noch hunderte andere Beispiele für den Einstieg in Jazz nennen....

die Nennungen sind meistens das Ergebnis von Liebhaberei bzw. Präferenzen, wie es halt jeder macht.

Wenn man das rein historisch und nicht unbedingt sofort Tonträger genannt bekommen möchte, kann man Hinweise in der entsprechenden Literatur finden, z.B. eines von vielen: J.E. Berendt auf deutscher Seite, http://de.wikipedia.org/wiki/Joachim-Ernst_Berendt#Werke etc.
Das neue Jahrtausend fehlt natürlich hier komplett...

Die fünf Platten gibt es nicht, m.M. nicht einmal die 500 Platten...


[Beitrag von Salinas am 20. Okt 2014, 13:50 bearbeitet]
dietmar_
Inventar
#26 erstellt: 21. Okt 2014, 21:41
Vielleicht könnte man es mit Jazz "nahe bringen" versuchen?
Vielleicht wirklich ein Ding der Unmöglichkeit, trotzdem eine Antwort von mir:

Ich habe nicht lange überlegt, meine Auswahl ist recht spontan. Ich werde ein paar Alternativen zu den Fünfen nennen, die nach mM genauso geeignet wären.

basie 1 Oder dieses Best-Of daraus: basie 2

Count Basie - DECCA Recordings

Das ist der ganz frühe Basie. Hier gibt es so viele unsterbliche Melodien, unglaubliche Solisten, allen voran der lässige Lester Young – noch auf voller Höhe seiner Kraft und Inspiration, ein bescheidener Riese. Wer sagt, Jazz ist eine ernste Sache, irrt, das hier ist Spaß pur. Dafür liebe ich die Swing-Ära.

Alternativ würde ich etwas von Duke Ellington aus den Blanton/Webster-Jahren empfehlen:
ELLINTONBLANTONWEBSTER


Ella and Louis 2

Ella Fitzgerald & Louis Armstrong - Ella And Louis

Warm + herzig fällt mir zuerst ein wenn ich diese Scheibe auflege. Ein ausgesprochen freundlicher, respektvoller Umgang der zwei großen Sänger auf diesem Album, Ja, Sänger, auch Louis ist hier zu aller erst Sänger, seine kurzen Einwürfe auf der Trompete sind stimmig, geben eine Ahnung was ein Jazz-Neuling allein aus seinem Trompetenspiel ziehen kann – gut, wenn ich Armstrong als Instrumentalist vorstellen müsste, würde ich andere Alben wählen. Die Begleiter sind hier zwar nur Begleiter, aber es ist das Oscar Peterson Quartett (Ellis, Brown, Rich)! All das ist perfekt, ich kenne kein besseres Gesangsduo im Jazz.


everybodydigs

Bill Evans Trio - Everybody Digs Bill Evans

Evans’ Durchbruch mit seinem Trio. Zwischen zwei Anstellungen bei Miles Davis, was in Kind Of Blue kulminierte, spielte er dieses wohl erste Meisterwerk ein.
Er ist einer der stilbildenden Pianisten des Modern Jazz, sein introvertiertes und lyrisches Spiel hat etliche nachkommende Pianisten beeinflusst.
Seine Klavier-Trios beschritten erstmals einen vollkommen neuen Weg des Zusammenspiels, das Klavier wurde nicht von Bass und Schlagzeug begleitet, sondern es gab schon während der Vorstellung der Themen und nicht erst in den Soli ein völlig gleichberechtigtes Neben- und Miteinander. Zugegeben ist das auf dem nachfolgenden Portrait In Jazz deutlicher – LaFaro und Motian wechseln in die Band – doch hier liegt mehr mein (Anfänger-)Herz dran.
Und dann gibt es hier noch eines der wundervollsten Klaviersolos im Jazz überhaupt „Peace Piece“, da sträuben sich mir die Nackenhaare.


Lee_Morgan_The_Sidewinder

Lee Morgan - Sidewinder
Fast jeder kennt das Stück “The Sidewinder”, es war tatsächlich zwei Mal ein Hit. Doch dem Album tut man unrecht es auf dieses eine Stück zu reduzieren. Die Musik hat so viel Energie und steht mE exemplarisch für viele Bläserensembles vom Quartett bis zum Sextett. Ich finde, es erklärt aus sich heraus wie Jazz in einer seiner Blüten in den 60ern funktionierte. Dass es damals schon ganz andere Spielarten gab, würde ich dem Interessierten erst einmal noch unterschlagen (ich glaube, es braucht, den Free Jazz nicht unbedingt um Jazz zu erklären, es gab schließlich schon mindestens 50 Jahre zuvor so etwas wie Jazz).
Oder man empfiehlt Cannonball Adderleys Mercy, Mercy,Mercy.
mercy


pine 1

Courtney Pine - Modern Day Jazz Stories

Diese Album zeigt wie vielfältig, aufgeschlossen vorwärts sowie rückwarts schauend neuere Jazztendenzen (das Album ist auch schon 19 Jahre alt) sein können. Pine schafft es damals wie heute – ich konnte ihn im vergangenen Frühling live sehen – „in the tradition“ und zeitgemäß zu klingen, mal ganz abgesehen von seinem fantastischen Spiel, besonders auf dem Sopransax – er ist sicher einer der allerbesten auf dem Instrument.
Hier steht vor einem Courtney Pine und sagt mit seinem ganzem beeindruckendem Selbst : wir sind hier und jetzt, dankbar wissend um das Vergangene stehen wir ganz in dieser Zeit.
Drum and Bass, Samples vereint mit einer klasse Band (Charnett Moffett, Ronnie Burrage, Mark Whitfield, Geri Allen, Eddie Henderson) und dem coolen Gesang einer Cassandra Wilson, einer der Sängerinnen seit den achtziger Jahren.


Mir fällt auf, bis auf die Evans habe ich eigentlich nur Alben ausgesucht, die eher als Vertreter der U-Musik durchgehen. Es ist viel Pop im weitesten Sinne dabei, auch auf die Lee Morgan und Courtney Pine Alben lässt sich tanzen.

Müsste ich morgen auf so eine Frage antworten, würde ich wahrscheinlich 5 andere Alben wählen? Auch wenn die Aufgabe nicht einfach ist.
Salinas
Hat sich gelöscht
#27 erstellt: 21. Okt 2014, 23:34
Hallo Dietmar,

"Vielleicht könnte man es mit Jazz "nahe bringen" versuchen?" du sagts es....genau die richtige Formulierung

das waren und sind bisher ja auch tolle Vorschläge, wenn einer wirklich am Jazz interessiert ist, damit kann man nichts falsch machen.

So etwas wie Diana Krall aber würde ich persönlich allerdings nie aufzählen, da gab es früher und auch heute deutlich mehr, was in irgendeiner Weise wirklich mit Jazz zu tun hat auf der Reise ins Neue in der jeweiligen Epoche......
arnaoutchot
Moderator
#28 erstellt: 22. Okt 2014, 08:13

dietmar_ (Beitrag #26) schrieb:
Vielleicht könnte man es mit Jazz "nahe bringen" versuchen?


Dietmar, sehr gute und schlüssige Heranführung ... aber meine Einwände habe ich schon weiter oben geäussert, je nach musikalischer Vorbildung und Geschmack wird manch einer die wunderbare "Ella & Louis" für altbackene Schnulzen halten.
kinodehemm
Hat sich gelöscht
#29 erstellt: 22. Okt 2014, 09:11
Moin


die Frage nach dem 'Jazz-Überblick in 5 Platten' kommt mir ähnlich vor wie die Touri-Nummer:
'Germany in 3 days', die man in Japan oder USA gerne verkauft..

Wenn es nur darum geht, jemanden für diesen Stil zu interessieren oder begeistern, kann das ne Idee sein- aber mit nur 5 Platten kann man ja nicht einmal MD alleine 'erklären'..
dietmar_
Inventar
#30 erstellt: 22. Okt 2014, 13:29

arnaoutchot (Beitrag #28) schrieb:
je nach musikalischer Vorbildung und Geschmack wird manch einer die wunderbare "Ella & Louis" für altbackene Schnulzen halten.
Sicher, Michael, das wird wohl stimmen, aber das kann dir letztlich mit jedem Album passieren. Zünden muss die Sache beim jeweiligen Hörer. Und wenn eines der fünf zündet, hat eine Auswahl seinen Sinn gehabt.

Ich habe auch mit "Kind Of Blue" begonnen, wie so viele andere, und ich finde immer noch es ist ganz tolle Musik. Lange Zeit war das meine einzige Jazzplatte, irgendwann wolte ich wissen, was es sonst noch gibt. 'Wen kenne ich denn noch? ... Armstrong, Brubeck ... , ach, Armstrong singt auch ... ich mag lieber Trompete und Saxophon als Klavier oder Gitarre im Vordergrund, später dann doch die Entdeckung von Bill Evans usw.usf.' Heute schätze ich die Vielfalt am Jazz, vom Duo mit Bass und Gitarre bis zur großen Band mit ordentlich Gebläse, meistens höre ich Instrumentales, aber dann muss es auch wieder mit Gesang sein.

Ich stelle mir jetzt einfach einmal vor ich würde diese Frage einem Metaller stellen und der würde mir 5 exemplarische Alben raussuchen. Ich bin mir relativ sicher, dass es bei mir nicht klick machen würde und ich würde zum Metal-Fan.

Ich habe mit meiner Auswahl versucht ein größeres Spektrum abzudecken, von der zeitlichen Einordnung, von der Ensemblegröße und von den Instrumenten - und Gesang sollte auf jeden Fall auch dabei sein.
Alle genannten Alben präsentieren ganz tolle Musik, doch keines davon zähle ich zu meinen absoluten Lieblingen. Vielleicht in den jeweiligen Sparten: die Basie und die Ellington (in "Big Band" oder "Swing") oder Ella & Louis (in "Gesang") schon?


[Beitrag von dietmar_ am 22. Okt 2014, 16:46 bearbeitet]
peacounter
Inventar
#31 erstellt: 22. Okt 2014, 13:40
Einen Überblick bietet deine Auswahl aber imo auch nicht.
Das geht einfach nicht mit 5 Scheiben!
dietmar_
Inventar
#32 erstellt: 22. Okt 2014, 14:17

peacounter (Beitrag #31) schrieb:
Einen Überblick bietet deine Auswahl aber imo auch nicht.
Das geht einfach nicht mit 5 Scheiben!

Ich glaube von "Überblick" hat hier auch keiner gesprochen? Dafür taugen z. B. dicke Jazzbücher mit mehreren hundert Seiten. Entweder funktioniert das anfixen oder nicht. Ich bin doch kein Missionar. *achselzuck*

Ach so, einen meiner frühen Einflüsse habe ich noch vergessen: ein Tatort(?) mit Jutta Speidel(?) als Lehrerin(?) die zuhause immer "Sketches Of Spain" spielt. Ich glaube, das Cover wurde gezeigt, so dass ich erkennen konnte wer da spielt: Ah, auch Miles Davis. So kam dann ein Puzzlestück zum anderen.


[Beitrag von dietmar_ am 22. Okt 2014, 16:47 bearbeitet]
peacounter
Inventar
#33 erstellt: 22. Okt 2014, 14:31
Imo liest sich der eröffnungspost so, dass nach 5 Platten gefragt wird, die einen Überblick geben und das geht nicht.
Von Dixieland über hardbop bis jazzinspirierten Mathcore ist das Genre einfach zu breit gefächert.
Das wäre aber bei Metal oder Volksmusik nicht anders.
dietmar_
Inventar
#34 erstellt: 22. Okt 2014, 14:45
Ein Überblick könnte hier schon entstehen, wenn verschiedene User eine Auswahl von fünf Alben nennen.
Ich weiß, das war nicht die Ursprungsfrage des TE.
Nobody0699
Stammgast
#35 erstellt: 22. Okt 2014, 14:56
Hallo Jazz-Verfechter

Darf man sich diesen Treath anschließen?

übrigens höre ich grad St. Germain Titel der LP Boulevard

als Jugendlicher hörte ich über Pink-Floyd, D. Bowie, Camel, Genisis . . . . .. ! eines weis ich sicher > die Musikstyle ändert sich mit dem Alter
Als Jugendlicher fand ich Jazz Krass das fängt irgendwo an u. hört irgendwo auf!

Als Junggebliebener High-end-Einsteiger bin ich ca. vor 10 Jahren auf den Jazz Geschmack gekommen u. richtig begonnen hat das mit Pat Methenny Group!
einmal hörte ich eine JazzNr mit Trompete, die musste ich einige male repeat hören! nun suchte ich mir Interpreten mit Jazz-Trompeter
so kam ich auf Rüdiger Baldauf mit one-style > Name der CD!
Durch reinhören in You-Tube, iTunes usw lernte ich immer mehr kennen

De Phazz u. St. Germain sind/ist meine Favoriten-Richtung u. das wird sich nicht recht ändern weil es 100% mein Stil ist


[Beitrag von Nobody0699 am 22. Okt 2014, 15:52 bearbeitet]
Nobody0699
Stammgast
#36 erstellt: 22. Okt 2014, 14:59
wenn gewünscht folgen natürlich Fotos

dieser Treath so hoffe ich, eröffnet mir die Möglichkeit neue Interpreten kennen zu lernen

Danke
arnaoutchot
Moderator
#37 erstellt: 22. Okt 2014, 15:19

Mr._Lovegrove (Beitrag #1) schrieb:
Stellt euch vor, ein Freund, Bekannter oder wer auch immer es sein mag, kommt
auf euch zu und fragt euch: "Nenn mir 5 Alben, die mir den Jazz erklären!"
Und der- bzw. diejenige hat natürlich keine Ahnung vom Jazz und möchte als unbedarfter
Hörer an die Sache herangehen.


Ich hatte Mr. Lovegrove so verstanden, dass er bis zu fünf Platten sucht, die den "Freund" oben anfixen, d.h. demjenigen eine Idee dessen geben, was eine Jazzplatte ausmacht. Ich hatte ihn nicht so verstanden, dass man mit fünf Platten die Jazzgeschichte abdecken kann. Also sind solche schlaglichtartigen Impulse wie von Dietmar geschildert mit einer "Sketches of Spain", die in einem Film verwendet wird, durchaus richtig am Platz hier.

Bei mir - erinnere ich mich dunkel - war es mal das Stück "Hot Nuts" von Volker Kriegels "Elastic Menu", das eine Initialzündung auslöste. Ein Freund legte die Platte kurz nach Erscheinen auf, als damaliger Nur-Rock-Hörer war ich gleichermassen abgestossen und angezogen. Das Cover fand ich sofort gut. Nun, wie schon geschrieben, dann kamen RTF, Weather Report, Zappa, Eberhard Weber, etc. und der Rest ist Geschichte, wie man so schön sagt.

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Nobody0699
Stammgast
#38 erstellt: 22. Okt 2014, 15:37
Die versprochenen Bilder

Ian Garbarek ist ohnehin schon fast eine Jazz-Legende

die Besetzung auf diesen Album > Witsch - Tai - To < mit Bobo Stenson Quartet ist der Oberhammer
auf der B-Seite ist nur eine Nr. mit einer Dauer v. 20:25 drauf
IMG_0437[1]

schon darauf hingewiesen > 'De Phazz eine Deutsche Gruppe mit einigen CD´s /LP´s auf dem Markt
IMG_0440[1]


ebenso erwähnte ich bereits St. Germain ebefalls mit mehreren LP´s vertreten! eine Französiche Jazz-Group
IMG_0438[1]


ebenso ein Hammer Barbara Thompsons > mischte seinerzeit in den 1970ern auch mit Colosseum mit
IMG_0428[1]


und wenn das als Jazz gilt > rare earth mit einer Ihrer TraumNr auf dieser LP "Ma" eine Amerikanische Group ebenfalls aus den 1970ern
IMG_0436[1]


[Beitrag von Nobody0699 am 22. Okt 2014, 15:41 bearbeitet]
Nobody0699
Stammgast
#39 erstellt: 22. Okt 2014, 16:11
@dietmar Danke für Deinen Einblick in "Deine Welt" des Jazz

Du bemerkst:

Diese Album zeigt wie vielfältig, aufgeschlossen vorwärts sowie rückwarts schauend neuere Jazztendenzen (das Album ist auch schon 19 Jahre alt) sein können. Pine schafft es damals wie heute – ich konnte ihn im vergangenen Frühling live sehen – „in the tradition“ und zeitgemäß zu klingen, mal ganz abgesehen von seinem fantastischen Spiel, besonders auf dem Sopransax – er ist sicher einer der allerbesten auf dem Instrument.
Hier steht vor einem Courtney Pine und sagt mit seinem ganzem beeindruckendem Selbst : wir sind hier und jetzt, dankbar wissend um das Vergangene stehen wir ganz in dieser Zeit.

da werde ich mal aufmerksam reinhören wenn der sein Intrument so gut beherrscht
. . .auf dem Sopransax – er ist sicher einer der allerbesten auf dem Instrument.


seh schon an den Beiträgen das es viel zu tun gibt
dietmar_
Inventar
#40 erstellt: 22. Okt 2014, 17:11
Gern geschehen, Nobody0699.

Ich muss aber erwähnen, dass drei der von dir genannten Bands/Musiker eigentlich den Jazz nur streifen. Von St. Germain kenne ich allerdings nur die "Tourist", aber die "Boulevard" soll wohl eher weniger jazzig sein und in Richtung House gehen, die "Death By Chocolate“ ist für mich eher Lounge und Rare Earth tangiert den Jazz auch nur am Rande. Aber sei's drum, ich erinnere mich noch an Diskussionen der Vergangenheit ob die "Allman Brothers At Fillmore East" J. ist oder nicht, so ganz eindeutig konnten wir das nicht klären.
Micha_L
Stammgast
#41 erstellt: 23. Okt 2014, 08:39

Mr._Lovegrove (Beitrag #1) schrieb:
Stellt euch vor, ein Freund, Bekannter oder wer auch immer es sein mag, kommt
auf euch zu und fragt euch: "Nenn mir 5 Alben, die mir den Jazz erklären!"
Und der- bzw. diejenige hat natürlich keine Ahnung vom Jazz und möchte als unbedarfter
Hörer an die Sache herangehen.



Mr._Lovegrove (Beitrag #21) schrieb:
Ich kann diese Unterscheidung bei Nicht-Jazzern nicht ganz nachvollziehen.
Warum sollte ein Metal Fan gänzlich andere Jazzscheiben benötigen, als ein Hip Hopper?


Gerade so funktioniert es sicherlich nicht.
Aus eigener Erfahrung möchte ich sagen, daß ein Einsteiger Verwandtes zu seinen bisherigen Pop-(oder Klassik)-Vorlieben braucht.

Mich (vorher Hendrix, Gallagher, Collosseum, Cream usw.) konnten nur das Mahavishnu Orchestra und Stanley Clarke dazu bringen, zum Jazz zu wechseln.
Mit älteren Stilen (Bop, Swing usw.) hätte man mich nicht "hinter dem Ofen hervorlocken" können.

Schon der Electric Miles als nächster Schritt war eine Herausforderung. Aber ich bin dank dieser Brücke meinen Weg zum Jazz weitergegangen.

Gruß
Micha


[Beitrag von Micha_L am 23. Okt 2014, 08:41 bearbeitet]
arnaoutchot
Moderator
#42 erstellt: 23. Okt 2014, 09:43

Micha_L (Beitrag #41) schrieb:
Aus eigener Erfahrung möchte ich sagen, daß ein Einsteiger Verwandtes zu seinen bisherigen Pop-(oder Klassik)-Vorlieben braucht.


Genauso sehe ich es. Bei mir war es ähnlich. Als Prog-Rock- und Beatles-Hörer in den 70ern hätte ich vermutlich direkt auf eine "Kind of Blue" oder gar "Bitches Brew" gesprungen ratlos davorgestanden. Ich weiss noch, dass ein Freund damals die "Bitches Brew" ausgeliehen hatte und wir beide reingehört haben und uns als etwa 18jährige kopfschüttelnd gefragt haben, wer sich so einen chaotischen Krach ernsthaft anhört ...
chriss71
Inventar
#43 erstellt: 23. Okt 2014, 09:49

arnaoutchot (Beitrag #42) schrieb:
Ich weiss noch, dass ein Freund damals die "Bitches Brew" ausgeliehen hatte und wir beide reingehört haben und uns als etwa 18jährige kopfschüttelnd gefragt haben, wer sich so einen chaotischen Krach ernsthaft anhört ... :.


Da sieht man wie sich Zeiten ändern.... Für mich ist es defacto unmöglich auf diese Frage hier in dem Thread zu antworten, denn ein jeder Mensch ist unterschiedlich und was für mich gilt muss nicht für andere gelten....



[Beitrag von chriss71 am 23. Okt 2014, 09:50 bearbeitet]
Dualplattenspieler
Inventar
#44 erstellt: 23. Okt 2014, 10:08

Mich ..konnten nur das Mahavishnu Orchestra und Stanley Clarke dazu bringen, zum Jazz zu wechseln..... Aber ich bin dank dieser Brücke meinen Weg zum Jazz weitergegangen.


My thoughts exactly. Bei mir war es ein angebliches Zitat von Jimi das ich als Pimpf aufgeschnappt hatte, in dem er von Miles und "Cosmic music" sprach.Also musste jemand gefunden werden, der uns Bitches Brew anhören lassen würde (eine echte Aufgabe im Jahre 70 ) Da fing es an.
Musik ist Empfindungssache, dies betrifft das Machen ebenso wie das Hören. Ein intellektueller Zugangsansatz darf gern an Universitäten bzw. Konservatorien verfolgt werden, bedeutet jedoch nicht dass man die Musik zwangsläufig mögen muss. Den Jazz zu erklären, my ass.
HansFehr
Inventar
#45 erstellt: 23. Okt 2014, 10:37
Als ich so 18/19 Jahre alt war (Ende der 60er Jahre) habe ich gemerkt, dass ich nur noch Instrumentalmusik hören möchte. Keinen Robert Plant oder Ian Gillan mehr.

Aber was sollte ich kaufen? 1972 hat mich ein Arbeitskollege zu einem Drink eingeladen. Es lief Live-Evil. Ich war elektrisiert. Zum ersten Mal Musik von Miles Davis. Und sowas. Am nächsten Tag ging es rasant in den größten Plattenladen der Stadt. Da konnte man Platten anhören. Bitches Brew sofort gekauft. Dann ging es los. Ich wollte wissen, was Miles Davis in den Jahren zuvor gespielt hat. Wunderbar die beiden Quintette. Ebenso habe ich die Mitmusiker von Bitches Brew verfolgt. Es folgte der Kauf von Alben der Bands Weather Report, Return to Forever und Mahavishnu Orchestra.

Ich ging dann auch jeweils an Mittwochabenden in einen Jazzclub in Zürich. Free Jazz. Da musste ich teilweise leiden. Zum Beispiel bei Alexander von Schlippenbach am Klavier.

Es war und ist spannend. Zufall, das Ereignis mit Live-Evil.
Mr._Lovegrove
Inventar
#46 erstellt: 29. Okt 2014, 09:20
Oh, ich hatte diesen (meinen) Thread ganz aus den Augen verloren, aber hier wird ja doch partiell noch
diskutiert. Na immerhin hat meine Fragestellung zumindest einen angeregten Diskurs beginnen lassen.

Und der Inhalt der Aussagen zeigt zumindest, wie vielfältig diese Musik ist, und zwar so vielfältig, dass
meine Aufgabenstellung scheinbar eine unerfüllbare ist. Ich hatte mir zwar ein anderes Ergebnis erhofft,
aber da die Mehrheit hier einer Meinung ist, stehe ich auch gerne allein auf weiter Flur.

@arnaoutchot: Das Wort "anfixen" bringt es schon gut auf den Punkt. Aber auch hier wäre wahrscheinlich
wieder eine persönliche Analyse des Geschmackes desjenigen nötig.

Meine Idee war ja die einer universell geltenden Aussage, aber ich sehe sehrwohl, dass das so radikal nicht
möglich ist (auch wenn ich es weiterhin so versuchen würde).

Dann wäre jetzt ja zumindest der Kompromiß interessant, z.B.:

- 5 Nennungen für Klassikhörer
- 5 Nennungen für Black Music Hörer
- 5 Nennungen für Rock/Metal Hörer
- 5 Nennungen für Radiopophörer
.......

Sind nur Beispiele. Aber vielleicht funktioniert diese Idee ja zumindest so.
dietmar_
Inventar
#47 erstellt: 29. Okt 2014, 10:50
Dann macht jetzt mal schön alleine weiter. Ich glaube, ich habe alles gesagt, was mir dazu einfällt.
peacounter
Inventar
#48 erstellt: 29. Okt 2014, 11:03
Ich auch aber ich les gern weiter mit.
Vielleicht kommen ja noch ein paar interessante tips.
Auch wenn ich niemanden "anfixen" will...
Dualplattenspieler
Inventar
#49 erstellt: 29. Okt 2014, 18:56
Ich mach' erst wieder mit wenn es um die Top five Stellungen aus dem Kamasutra geht
dual : out
Rascas
Inventar
#50 erstellt: 20. Mai 2015, 22:51
Interessanter Ansatz!

Ich versuche mal 5 Alben zu nennen, die mir den Jazz erklär(t)en:

jpc.de

Benny Goodman - Carnegie Hall Concert 1938

Swing Legende mit ersten Ansätzen von BeBop. Was lernt man daraus? Alles ist im Fluss! Es gibt keinen Anfang und Ende einer Stilrichtung im Jazz. Gab es 1938 schon nicht...

jpc.de

Duke Ellington at Newport 1956

Manchmal kommen sie wieder... Totgeglaubtes ist plötzlich wieder da. Es wandelt sich, erfindet sich neu und weist den Weg in andere Richtungen. Ohne das Swing-Comeback von Duke Ellington (mit dem phantastischen Saxophon-Solo von Paul Consalves) hätte es vielleicht John Coltrane und andere musikalisch so nicht gegeben.

jpc.de

Cannonball Adderlay - Somethin' else

Leute, wie Duke Ellington oder Miles Davis waren immer auf der Suche nach etwas neuem. Jeder auf seine Weise. In immer neuen Konstellationen entstand jeweils etwas anderes. Eine Schublade wurde meist erst später daraus gemacht... Miles Davis war an dieser Platte maßgebend beteiligt...

jpc.de

The Dave Brubeck Quartett at Carnegie Hall

Gute Musiker und gute Musik ergeben etwas hörenswertes. So einfach ist das (manchmal). Wenn das noch perfekt eingefangen wird macht das zuhören der Konserve Spass. Auch 50 Jahre später...

jpc.de

Keith Jarett - The Köln Concert

Ich konnte lange nicht verstehen, warum ich das schön finde. An der Musik (im herkömmlichen Sinne) kann es nicht liegen. Es ist einfach die Abfolge der Töne und das Gefühl, mit dem es vorgetragen wird und was es auslöst. Ist es dann nicht egal, in welcher Schublade das ist? Hauptsache es berührt einen? Und man kann sich damit auseinandersetzen? Ich glaube, dass das das verbindende Element ist.

Jazz hat eine irrsinnige Bandbreite. Fröhlich bis depressiv. Melodisch bis disharmonisch. Leichtgängig bis extrem schwer verständig. Leichtfertig bis durchdacht bis ins Detail. Das läuft alles unter dem gleichen "Label".

Kein Wunder, dass es so viele Schubladen gibt und dass es so viele Fraktionen wie Musikrichtungen innerhalb des Jazz gibt. Jeder sucht sich halt das heraus, was ihm gefällt oder was ihm etwas gibt.

Auch ich glaube nicht, dass es 5 Platten gibt, die den Jazz erklären. Es gibt höchstens 5 Platten, die das Wesen des Jazz erklären. Und diese stehen wieder stellvertretend für viele andere..

Empfohlen sei in diesem Zusammenhang:

amazon.de

Roger Willemsen versucht auf unterhaltsame Weise viele Facetten des Jazz zu erklären. Dabei geht es um Musikstile, historischer Ablauf, Instrumente, Musiktheorie, Musiker, Plattenlabels und vieles mehr. Das erklärt den Jazz besser als einzelne Platten es könnten...
arnaoutchot
Moderator
#51 erstellt: 22. Mai 2015, 12:48
Schöne Herleitung, rascas. Macht Sinn !
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