Kunstkopf - Stereofonie

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wodim
Gesperrt
#1 erstellt: 07. Sep 2007, 18:37
Hallo,

wo finde ich etwas über das Prinzip der Kunstkopf - Stereofonie im Unterschied zum "üblichen" Verfahren?

Danke im Voraus
MusikGurke
Hat sich gelöscht
#2 erstellt: 09. Sep 2007, 00:01
was willst du wissen?

der schall wird beim ankommen am ohr einige male am kopf bzw. in der ohrmuschel hin und her reflektiert. je nach einfallsrichtun bekommt er eine andere verfärbung. das ganze ist natürlich bei beiden ohren unterschiedlich. das gehirn kann aus den "beschädigungen" des signals hochrechnen woher der sound gekommen ist.

bei normalen stereoaufnahmen für lautsprecher wird der vorgang nicht berücksichtigt.

es gibt spezielle aufnahmen für kopfhörer bei denen der effekt berücksichtig wurde. da hat man einem plastikkopf (kunstkopf) einfach 2 micros in die gehörgänge geschoben.
wenn man die resultierende aufnahme mit einem neutralen kopfhörer (=freifeldentzerrt) abspielt kann man verfärbungsfrei hören und zusätzlich problemlos oben und unten orten. die instinktiven kopfbewegungen des menschen zur besseren ortung funktionieren logischerweise nicht desweiteren sollten die ohren von dem plastikkopf ähnlich aussehen wie deine. sonst funktioniert das ganze nicht. ein equalizer ist für solche spielereien schon fast pflicht.

wenn du eine normale stereoaufnahme unter diesen bedingungen hören würdest würde das gräßlich verfärbt klingen. die natürliche ortung der instrumente lässt sich nicht ohne weiteres wiederherstellen, die verfärbung lässt sich durch einen fest eingestellten equalizer ausbügeln (=diffusfeldentzerrung). einige hochpreisige kopfhörer (z.b. von stax) boten früher mal die möglichkeiten zwischen diffusfeld und freifeld umzuschalten, je nachdem ob du kunstkopf oder normale aufnahmen hören möchtest. fast alle im handel erhältlichen kopfhörer sind inzwischen diffusfeldentzerrt.

es gibt ansätze mit denen man auch die ortung der instrumente rekonstruieren möchte. dazu misst man die impulsantwort des kopfes, diehead-relating-transfer-function (HRTF, also die außenohrübertragungsfunktion des ohres) und faltet (eine integraloperation) diese dann mit normalen aufnahmen. hätten wir menschen genormte ohren würde das auch problemlos funktionieren. diese ganzen dolby-headphone geschichten funktionieren so ähnlich, einige leute haben ohren bei denen das funktioniert. solche kopfhörersets findest du ab ca. 150 euro von philips, pioneer, akg, sennheiser, sony,... wobei die verwendeten verfahren natürlich immer anders heißen.

auf der seite kannst du dir den effekt in folge eines videos anschauen/anhören (vorher kopfhörer aufsetzen:
http://www.am3d.com/...2-A4A5-C76BB9C2F028&

unten findest du links (in roter schrift: razor, rocket, etc.) auf die du klicken kannst. funktioniert mit normalen stereokopfhörern.

interessant ist z.b. das headtracking von beyer bzw. ein konkurrenzprodukt mit namen phönix (beides sauteuer) bei dem sogar kopfdrehungen mittels bewegungssensor im kopfhörer ausgeglichen werden. funktioniert etwas besser als das übliche hochrechnen.
richi44
Hat sich gelöscht
#3 erstellt: 10. Sep 2007, 16:23
Beim Kunstkopf gibt es ein grosses Problem:
Seine Ohren und Deine Ohren sind unterschiedlich ausgeformt. Darum hat Sennheiser mal kleine Miks gebaut, die man sich selbst ins Ohr steckt, damit ein Konzert aufnimmt und zuhasue mit kleinen In-Ohr-Hörern wieder abspielt. Da stimmt die Aufnahme dann für den, der die Stöpsel bei der Aufnahme getragen hat, für die anderen halt nicht.

Und es gibt noch ein weiteres Problem, das alle kopfbezogenen Aufnahmeverfahren tangiert:
Es existieren nicht nur Pegelunterschiede, sondern Frequenzgangunterschiede und vor allem Laufzeitunterschiede zwischen den Kanälen. Diese Laufzeitunterschiede führen zu Phasendifferenzen.
Wenn man eine Stereoaufnahme, die nur aus Pegelunterschieden besteht in Mono abhört, gibt es keine "Löcher" und keine Verfärbungen. Sobald aber eine Aufnahme mit Laufzeitstereofonie in Mono abgehört wird, entstehen diese Fehler. Ausserdem ergeben sich gelegentlich Gegenphasigkeiten.

Jetzt könnte man sagen: Wer hört noch Mono?
Tatsache ist, dass es nach wie vor Geräte gibt, die nicht Stereo sind. Ich denke da an Fernseher oder Radios in Krankenhäusern oder bei Beschallungen im Supermarkt oder wo auch immer. Da sind Monoaufnahmen unverzichtbar.
Und damit das möglich wird, sendet Radio und Fernsehen Mono. Die Stereo-Information wird über einen Hilfskanal aus dem Monosignal zusammengebastelt. Bei Radio wird über den Hilfskanal ein "Seitensignal" übertragen, bei Fernsehen der rechte Kanal. Wenn aber das Monosignal nicht brauchbar ist, lässt sich die Rekonstruktion nicht so ohne weiteres verwirklichen, zumindest wenn noch Hilfsmittel wie Optimod im Einsatz sind (etwas vereinfacht gesagt). Und eine Gegenphasigkeit führt bei Surroundreceivern zu einer Wiedergabe über die Rückkanäle.

Diese ganze komplexe Angelegenheit muss von der Schallplattenindustrie beachtet werden, weil sonst diese Aufnahmen für Radio und Frensehen ungeeignet wären. Und Radio und Fernsehen sind daher auch nicht ohne weiteres in der Lage, solche Aufnahmen im Programm anzubieten.
wodim
Gesperrt
#4 erstellt: 12. Sep 2007, 13:20

MusikGurke schrieb:
was willst du wissen?
Wie ich bei der Entwicklung meines Geräts vorgehen muss (s. der Link in meiner Signatur) - aber ich glaub' ich hab's kapiert: Da werden wir wohl auch mal 'ne Aufnahme mit Mikros in den Ohren machen müssen statt wie üblich nur mit einem Mikro vor der Box abzunehmen.
hank_mo
Stammgast
#5 erstellt: 26. Okt 2007, 10:43
Hallo,
ich habe auf meine Anfrage in einem Hörspielportal gestern einige Kunstkopfaufnahmen geschickt bekommen.
20 auf "einer" DVD. Da war ich schon skeptisch.
Sie waren als MP3 gespeichert. Also zurück gewandelt und auf CD gebrannt.
Es handelt sich jetzt um gute Stereoaufnahmen, aber die typische Szene beim Hörspiel "Einflüsterungen", in der man direkt an der Schläfe, hinter den Ohren etc. Stimmen vernahm, ist jetzt nur noch links-Mitte-rechts zu hören.
Es ist Jahre her, dass ich das Hörspiel in kopfbezogener Stereophonie hörte, aber ich erinnere mich noch genau an die Verblüffung die Geräusche rund um den Kopf zu hören.
Jetzt habe ich den Eindruck, dass bei der Umwandelei das eigentliche Kunstkopferlebnis hinten-vorn-oben-unten auf der Strecke blieb.
Hat jemand mit umgewandelten Kunstkopfaufnahmen Erfahrung?
Gruß Hank Mo
Curiositatis
Stammgast
#6 erstellt: 09. Apr 2010, 03:46
Genau zu dem Thema sind noch Fragen offen.

Kunstkopfstereophone oder Echtkopfstereophone Aufnahmen

(mir ist nicht bekannt das kleine anatonische Unterschiede etwas ausmachen, es sieht ja auch nicht jeder wie ein Kunstkopf aus)

klingen angeblich auf einer Stereoanlage nicht gut.
Aber was geschieht auf einem Surroundreceiver?
Programme wie PL2x oder Neo6 versuchen ja normales Stereo auf 5.1 oder 7.1 zu verteilen. Aber was geschieht mit Kopfstereophonie?

Falls das nicht gut funktioniert, gibt es bessere Methoden um aus Kopfstereophonie 5.1/7.1 zu erzeugen?
Z.B. als Software die eine mehrkanalige Datei (z.B. *.AC3) ausgibt die man dann z.B. als extra Tonspur mit auf eine DVD/BR brennt. Im Gegensatz zur Livewiedergabe ist der Rechenaufwand ja egal. Echtzeit ist nicht nötig.

Was auch noch interessant wäre, wenn man mit so einer Software auch unproblematisches Stereo aus Kopfstereophonie erstellen kann.

So kann man trotz Aufzeichnung als Kopfstereophonie die Wiedergabe als Stereo oder 5.1/7.1-Surround bestmöglich ermöglichen.


[Beitrag von Curiositatis am 09. Apr 2010, 03:50 bearbeitet]
richi44
Hat sich gelöscht
#7 erstellt: 18. Aug 2010, 11:30
Da müssen wir uns zunächst einmal das Prinzip der Surround-Speicherung und -Wiedergabe anschauen, das so gebräuchlich ist. Gespeichert wird zweikanalig (bei Prologic).

Bei einer reinen Stereoaufnahme in XY-Technik (zwei Nieren-Mikrofone direkt übereinander, mit "verdrehter" Einsprechrichtung) wird einzig der Pegel für die Instrumente unterschiedlich aufgezeichnet, das Klangspektrum bleibt unbeeinflusst. Folglich kann man auch mit einem sog. Panoramaregler eine Mono-Quelle zwischen den beiden Kanälen wandern lassen. Das Ergebnis sind also fliessende Pegelübergänge von links (1 Kanal) über Mitte = Mono (2 Kanäle) bis rechts (1 Kanal). Der Vorteil dieser Aufnahmetechnik XY ist, dass man durch einfache Addition aus dem Stereosignal ein Monisignal herstellen kann.

Das "Gegenteil" ist die AB-Stereofonie. Da werden zwei Mikrofone in grösserem Abstand ausfgestellt und gerade auf die Musiker gerichtet. Durch den unterschiedlichen Abstand ergeben sich Pegeldifferenzen, aber auch Klangbildabweichungen sowie Laufzeitunterschiede.

Wenn man also bei XY von gleichen Signalen mit lediglich unterschiedlichem Pegel ausgehen kann, so sind bei AB alle Parameter betroffen.
Und wenn wir nur mal den Laufzeitunterschied betrachten, so kommt es dazu, dass ein Ton (frequenz- und abstandsabhängig) am einen Mikrofon ein Druckmaximum erzeugen kann, am anderen zur gleichen Zeit ein Druck-Minimum. Das bedeutet, dass dieses Signal gegenphasig aufgezeichnet wird, etwas, das es bei XY nicht geben sollte. Und wenn wir aus diesen gegenphasigen Signalen ein Mono machen wollen (durch einfache Addition), so geht das nicht, weil sich diese Signale auslöschen.

Bei Surround wird nun genau dies ausgenützt.
Nehmen wir zunächst den Center-Kanal, über den im Film die Dialoge ablaufen: Das ist reines Mono, also zwei mal genau das Selbe. Nun habe ich gesagt, man könne Mono durch Addition erreichen. Das stimmt zwar, aber nicht in diesem Fall. Da ist nicht nur Voraussetzung, dass es da gleiche Signale als solches sind, sondern dass der Pegel auf beiden Ursprungskälen gleich gross ist. In der Praxis wird also beim Decodieren einmal ein "Mono" gebildet (L+R), einmal aber auch eine Subtraktion, also ein "Minus-Mono" (L-R). Haben wir ein richtiges Mono-Signal, so ist dieses sicher im "Mono" vorhanden, aber sicher nicht im "Minus-Mono". Das bedeutet, dass wir eine Auswertung vornehmen können: Mono "enable" Minus-Mono kein "Disable". Folglich ist Mono oder Center zulässig. Jetzt werden die aufgezeichneten Hauptsignale nicht nur "einfach so" beurteilt, sondern sie werden in einzelne Frequenzbänder aufgeteilt und diese dann verglichen. Und da, wo jetzt das Enable und das Non Disable vorkommen, diese Bereiche werden über den Centerlautsprecher ausgegeben. Das wäre z.B. bei einer Stimme der Fall. Gleichzeitig läuft da aber noch Musik in Stereo. Diese umfasst (es ist Hintergrundmusik, also leiser als die Stimme) noch Frequenzbereiche, welche die Stimme nicht beansprucht. Also gibt es in dem Signalgemisch Frequenzbereiche, bei welchen das reine Mono nicht enable wird. Und das bedeutet, dass somit die Hauptlautsprecher diese Frequenzbereiche übertragen.

Jetzt haben wir noch die Rücklautsprecher: Diese werden aktiv,wenn das "Minus-Mono" grösser ist als das Mono- oder jedes einzelne Kanalsignal. Das bedeutet, dass es sich um ein mehr oder weniger gegenphasiges Signal handelt. Beim ersten Dolby Surround System wurden einfach die Rücklautsprecher in so einem Moment eingeschaltet und zwar beide. Heute gibt es zwar auch nur ein Rücksignal, aber dieses wird pegelabhängig links hinten und rechts hinten verteilt in Abhängigkeit der Pegel der Hauptlautsprecher. So ist es möglich, das Rücksignal genau wie das Frontsignal überall erscheinen zu lassen.

Etwas geht bei diese Decodiererei nicht: Es kann nicht eine Stimme am Center erscheinen und gleichzeitig an den Rücklautsprechern. Das fällt aber kaum auf und kann dramaturgisch gelöst werden. Sind es unterschiedliche Stimmen mit unterschiedlichen Frequenzbereichen ist die Gleichzeitigkeit mehr oder weniger möglich.

Wenn wir nun dies auf ein Kunstkopfsignal anwenden wollten, so gibt es selbt bei kleinsten seitlichen Ablage durch die unterschiedlichen Distanzen und vor allem die unterschiedlichen Wirkungen der Ohrmuscheln keine Mono-Signale mehr, sondern sehr schnell Signale mit höherem gegenphasigem Anteil. Andererseits ergibt ein rückwärts besprochener Kunstkopf zwar eine andere Klangfärbung durch die Ohrmuscheln, aber weder Pegel- noch Phasendifferenzen, sodass es keine Zuordnung zu den Rückkanälen gibt.

Kurz: Das tatsächliche Kunstkopfsignal enthält viele gegenphasige Anteile, die per Prologic nach hinten verfrachtet würden, die aber nicht da hin gehören. Andererseits sind Ereignisse genau hinten im Zentrum nicht als Rücksignal vorhanden, weil sie keine Gegenphasigkeit aufweisen.
Theoretisch wäre denkbar, dem Kunstkopf eine Bearbeitungsmatrix nachzuschalten, welche irgendwie bedient werden muss, etwa durch eine Zahl von Richtmikrofonen, welche richtungsabhängige Pegelsignale liefern und den aufgenommenen Schall so per Phasendrehung entsprechend zuordnen. Rein aus dem originalen Kunstkopfsignal ist es jedenfalls nocht möglich, ein Surroundsignal abzuleiten. Und ein so aufbereitetes Kunstkopfsignal ist dann nicht mehr als Kunstkopfsignal zweikanalig über Kopfhörer abspielbar.
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