Physikalischer Hintergrund bekannt?

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Bergamo
Stammgast
#1 erstellt: 07. Nov 2003, 03:21
Hallo,

ich habe schon sehr oft gehört, dass es einen Unterschied macht, ob z.B. ein Vollverstärker warm ist oder noch relativ kalt.
Dabei geht es mir um die klanglichen Auswirkungen. In dem Fall soll ja ein aufgeheiztes Gerät besser, schöner klingen.

Falls diese Aussage richtig ist, kann ich mir nur vorstellen, es hängt mit den Speicher-Kondensatoren zusammen. Meiner Überlegung nach, können diese ihre Energie schneller abgeben, wenn sie eine bestimmte Temperatur erreicht haben.

Was haltet Ihr davon?


Grüße.
richi44
Hat sich gelöscht
#2 erstellt: 07. Nov 2003, 07:33
mit den Kondensatoren wat es am allerwenigsten zu tun. Eigentlich gibt es keinen direkten Zusammenhang, wohl aber einen indirekten.
Verstärkerschaltungen, vornehmlich Endstufen, sind in der Regel als Gegentakt Klasse B gebaut. Diese Schaltungsart erzeugt Übernahmeverzerrungen (wenn die beiden Endtransistoren sich die "Arbeit übergeben"). Je höher der Ruhestrom (Klasse AB oder A), desto geringer sind diese Verzerrungen.
Verrzerrungen kann man durch starke Gegenkopplungen reduzieren. Allerdings werden solche Verstärker "langsam", sodass sie auf Transienten (einzelne Impulse) falsch und verzerrt reagieren. Dies ist hörbar, genau wie der Übernahme-Klirr. Je nach Konstrukteur findet man dann grössere Übernahmeverzerrungen oder grössere Gegenkopplung.
Transistoren haben die Eigenschaft, dass mit steigender Temperatur ihr Stromfluss zunimmt. Wenn also eine Schaltung in Klasse AB lauft, sind noch Reste der Übernahmeverzerrungen vorhanden. Wird das Ding warm, steigt der Strom in der Endstufe und sie geht gegen Klasse A, also ohne diese Verzerrungen.
Ähnliche Effekte kennt man bei normalen IC. Diese sind meist auch mit Gegentaktstufen versehen und darum auch etwas wärmeempfindlich, was den Klang und die Verzerrungen angeht.
Aber eben, das ganze ist eine Frage der Schaltung und deren Konzeption. Wärmer kann besser sein, muss es aber nicht. Schlechter ist es bestenfalls im Bezug auf rauschen.
westmende
Hat sich gelöscht
#3 erstellt: 07. Nov 2003, 08:15
Taugliche Audio-Verstärker haben auch im
unaufgeheizten Zustand genug Ruhestrom, damit
keine hörbaren Übernahmeverzerrungen auftreten;
schließlich reichen dazu schon ein paar
dutzend Milliampere - sollte das nicht der Fall
sein, dann hat die Endstufe klar zu wenig
Ruhestrom, hier sollte man nicht mit jedem
Milliampere geizen.
Daß gegengekoppelte Verstärker falsch auf
Transienten reagieren, ist bei jedem
halbwegs tauglichen Verstärker nicht der Fall -
ein Verstärker, der 20 bis 20000 Hz wiedergeben
kann, kann im allgemeinen auch den hörbaren
Anteil jeder Transienten richtig wiedergeben.
Gegenkopplung ist nichts Schlechtes, sondern
unverzichtbar und hat in der Regel nur
Vorteile (höhere Eingangsimpedanz;
niedrigere Ausgangsimpedanz;
niedrigere Verzerrungen;
höhere Temperaturstabilität;
niedrigere Wärmeentwicklung wegen
niedrigerem Ruhestrom usw...)
und keinen hörbaren Nachteil.
Oliver67
Inventar
#4 erstellt: 07. Nov 2003, 10:13
Richtig: Gegenkopplung hat keinerlei negative Auswirkungen, wenn der Verstärker gut konstruiert ist. Gegenkopplung dazu angewandt, schlechte Verstärker zu guten Werten zu verhelfen ist natürlich des Teufels.

Um es mal mit Autos zu vergleichen:

Ein Golf ist mit ESP besser als ohne
Einem Trabbi kann auch ESP nicht mehr helfen

Oliver
richi44
Hat sich gelöscht
#5 erstellt: 07. Nov 2003, 17:38
Warum misst man dann die TIM, also Transienten-Intermodulation? Die kommt zustande, weil allein schon durch die Laufzeit einer elektronischen Schaltung Fehler in der Korrektur entstehen und der erste Moment einer Schwingung verfälscht wird. Es ist weiter Tatsache, dass die Laufzeit bei stärkerer Gegenkopplung zunimmt.
Sicher, ohene gegenkopplung geht nichts, aber sie muss ja nichjt gleich 100 dB über 3 Stufen sein. Es reicht, wenn sie 20 dB pro Stufe ist. Dann ist alles beherschbar. st sie aber zu gross und die Kette, über welche gegengekoppelt wird zu lang, gibt es Probleme bis hin zu Schwingneigung und Unstabilität.
Wer selber Schaltungen entwickelt, kennt die Problematik.
westmende
Hat sich gelöscht
#6 erstellt: 07. Nov 2003, 18:05
Ein Verstärker wird durch Gegenkopplung nicht
langsamer, sondern schneller, weil seine
Bandbreite steigt (bei gleichzeitig meist steilerem
Frequenzgangabfall an der oberen
Grenzfrequenz)
- von Laufzeitfehlern
durch Gegenkopplung kann also bei jedem
halbwegs tauglichen Verstärker keine Rede sein.

TIM entsteht durch Verstärker, die im Open-loop-Betrieb
zu langsam sind. Das mag in den 70 Jahren, als
der 741 mit seinem Verstärkungs-Bandbreite-Produkt von
1 MHz noch Stand der Technik war, ein Problem
gewesen sein.
Heute nicht mehr:
Da man TIM fast vollständig vermeiden kann, wenn man
die Open-Loop-Bandbreite auf das doppelte
der höchsten zu verstärkenden Frequenz auslegt
(40 kHz ist ja wohl heute im Gigahertz-Zeitalter kein Problem mehr bei
vernünftigem Schaltungsentwurf), ist TIM
heute kaum noch ein Problem, und definitiv kein
hörbares Problem.
Schaltungsentwickler wissen das ja.

Was war noch ?
Ach ja, wieso man TIM mißt.
Wieso mißt man das Klirrspektrum bei Klirrfaktoren
unter 0.01% ? Weil praktisch alle technisch
tauglichen Verstärker heutzutage gleich klingen,
und daher einen Verstärker nicht nach Klang
beurteilen kann, weil er eben meist keinen Eigenklang
hat, muß man eben Messungen heranziehen,
um überhaupt irgendetwas aussagen zu können.
Einfach nur zu sagen "klingt genauso wie
jeder andere Transistorverstärker" wäre halt
etwas langweilig als Testergebnis.
In diesem Sinne
Grüße
cr
Inventar
#7 erstellt: 07. Nov 2003, 19:42
Ich frage mich immer, was das soll, wie es in einer HiFi-Zeitung gemacht wird, dass man von der Verteilung der Kn-Klirrfaktorkurven (in Abhängigkeit von der Leistung) auf den Klang schließen will, wenn diese alle in einem Bereich von -80 dB abwärts liegen.
"Die bei höherer Leistung ansteigenden ungeradzahligen Oberwellen fördern Räumlichkeit und Frische" so zum Harmann PA 4000.
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