Tschaikowsky: Klavierkonzert Nr 1 - Virtuosenstück oder Kunstwerk

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Alfred_Schmidt
Hat sich gelöscht
#1 erstellt: 10. Mai 2004, 13:27
Hallo,

Zumindest in meiner Jugend war dieses Werk, jedem Durchschnittsbürger bekannt, zumindest die ersten paar Takte. Egal welche Musikrichtung man bevorzugte, "Tschaikowskys Klavierkonzert" (die Nummer eins unterschlug man zumeist, da die meisten sowieso nicht wussten, daß er drei geschrieben hatte. (das dritte ist unvollendet)) war allgegenwärtig, vor allem aber, wenn man sich eine neue Musikanlage kaufen wollte. "Stereo" war zwar schon längs nichts neues mehr, aber im "Durchschnittshaushalt" war es noch nicht etabliert. Dieses Werk wurde in jener Zeit gerne zu "Missionierung" derer, die partout nicht umsteigen wollten.



Das Werk wurde eigentlich auch in früheren Zeiten "mißbraucht",und mißverstanden, und zwar als "Virtuosenstück" bei Klavierwettbewerben.
Schon ein Freund Tschaikovskys, Nikolai Rubinstein, ließ an dem Stück kein gutes Haar."Vulgär" und "Unspielbar" waren einige der in diesem Zusammenhang gefallenen Worte.
Tschaikowsky ließ sich jedoch nicht beirren, eine Überarbeitung lehnte er ab, hatte er es doch, wie er selbst schrieb, mit vielen Mühen zustandegebracht. Er widmete das Werk schließlich dem Dirigenten und Pianisten Hans von Bülow, der das Werk als "hinreissend in jeder Hinsicht" befand und es am 25.Oktober 1875 in Boston erstmals unter B.J. Lang aufführte.



Was ich tatsächlich nicht weiß ist, wie das Konzert von der Mehrheit heutiger Sammler bewertet wird, und zwar in vielerlei Hinsicht. Ist es ein "herausragendes" Werk, oder einfach nur ein "Virtuosen-Schlachtroß" wie viele andere ?
Und last but not least: Welches ist Eure bevorzugte Einspielung, so Ihr denn eine habt.

Gruß
aus Wien
Alfred


[Beitrag von vanrolf am 07. Aug 2005, 17:17 bearbeitet]
Albus
Inventar
#2 erstellt: 10. Mai 2004, 14:08
Tag,

zuletzt gehört, vor nicht wenigen Wochen, mit Lang Lang als Pianist, dem Dirigenten Christoph Eschenbach und dem NDR-Sinfonieorchester (Hamburger Musikhalle). Wenn da die Erinnerungen an viel früher nicht wären, lang lang ist's her, die Anfänge mit den drei Ear-catchern (T., Grieg, Schumann), dann verflöge die Erwartung rasch, zerfiele beim ersten Wackeln zwischen Solist und Orchester. So trägt noch bloß die Erinnerung. Ein Stück, gut als Mainstream, was es geben muss. Mittlerweile zu oft gehört; Platten sind vermutlich welche in unserem Bestand, aber welche? - Jemand müßte kommen, es erotisch spielen (wirklich vom 1. Satz her, dem Höhepunkt, dem O... - weiß nicht, ob das Wort hier erlaubt ist).

MfG
Albus
walter_f.
Hat sich gelöscht
#3 erstellt: 10. Mai 2004, 17:09

Zumindest in meiner Jugend war dieses Werk, jedem Durchschnittsbürger bekannt, zumindest die ersten paar Takte.


Hallo Alfred,
ich traue mir heute nicht mehr zu, den Stellenwert solcher Werke beurteilen zu können. Warum sollte es heute nicht mehr so "schön" sein wie damals, als ich's zum erstenmal kaufte (van Cliburn)? Ich käme heute genausowenig auf die Idee, mir 'n Bolero, Bilder einer Ausstellung (Planets haben auch schon fast den Status erreicht), Mozarts Klarinettenkonzert, Concierto de Aranjuez, La mer oder eine Nusskanacker-Suite freiwillig von Konserve anzuhören.

Damit bitte ich keinerlei Rückschlüsse auf diese Kompositionen zu ziehen. Ich habe das Zeug schliesslich auch beruflich 25 Jahre fast täglich vor Ohren gehabt. Das liegt nicht am Status der Musik, sondern ausschliesslich an mir (Übersättigung). Die Möglichkeit auf alles jederzeit zugreifen zu können und immer ausgefallenere Marketingmethoden werden in Zukunft die Rangordnung von Werken und Komponisten mit Sicherheit stark verändern. Ein 1 b-moll (oder ein 2tes Rachmaninov) würde ich mir live allerdings immer noch gerne anhören, denn ich kenn's nur als Konserve in zigfacher Ausführung.

Grüsse
Walter
Reinhard_H
Ist häufiger hier
#4 erstellt: 10. Mai 2004, 23:28
Hallo und Guten Abend,
Es gibt tatsächlich Werke, die werden einem so vergällt, daß man jahrelang einen großen Bogen darum macht. Tschaikowskys 1. Klavierkonzert ist für mich so ein Beispiel: Die Anfangstakte waren das Motto von "Dem Frieden die Freiheit - das Solidaritätskonzert des Deutschlandsenders" (Nicht zu Verwechseln mit dem Deutschlandfunk , drum hieß das dann später auch "Stimme der DDR".) - und für mich damals durchaus ein Grund, diesen Tschaikowsky nicht zu kaufen. Ich weiß nicht mehr, ob damals ein Konzerterlebnis oder einfach Neugier eine Rolle spielte - jedenfall stand dann irgendwann in der LP-Sammlung Tschaikowskys Erstes mit Richter und der Leningrader Staatlichen Philharmonie unter Mrawinsky. Für mich ist es ein Werk, daß aus dem Schaffen Tschaikowskys nicht wegzudenken ist, und das ich (inzwischen) immer wieder gern höre.
Ich glaube, ich sollte mir nun wirklich langsam eine Einspielung auf CD zulegen...

Viele Grüße
Reinhard
embe
Stammgast
#5 erstellt: 11. Mai 2004, 22:54
Hi,
wenn schon das 1. dann die Argerich mit Kondrashin
auf Philips, bleibt mein Favorit.
Das 2. Konzert gefällt mir aber besser.
Gruß
embe
op111
Moderator
#6 erstellt: 14. Apr 2015, 19:46
Hallo zusammen,
habt ihr schon mal diese Aufnahme der "Originalfassung" gehört:

Tschaikowsky: Klavierkonzert Nr. 1 (Weltersteinspielung nach der Dirigierpartitur Tschaikowskys)
+Prokofieff: Klavierkonzert Nr. 2
Kirill Gerstein,
Deutsches Symphonie-Orchester Berlin,
James Gaffigan
Myrios, DDD, 2014 SACD stereo/multichannel (Hybrid)
jpc.de


jpc Produktinfo schrieb:

Was wäre Peter Tschaikowskys 1. Klavierkonzert ohne den berühmten »Wumms« zu Beginn? Glaubt man den Betrachtungen der neuesten Tschaikowsky-Forschung, dann dürfte der »Wumms« künftig an Wucht verlieren. Das Tschaikowsky-Archiv in der Nähe von Moskau bereitet anlässlich des 175. Geburtstages des Komponisten eine neue kritische Gesamtausgabe vor. Darin enthalten ist etwa der Urtext von Tschaikowskys Klavierkonzert Nr. 1. Für den Pianisten Kirill Gerstein stellen die lauten Blockakkorde am Anfang des Stücks den auffälligsten Unterschied der heute bekannten dritten Fassung gegenüber dem Original dar...

Thomas133
Hat sich gelöscht
#7 erstellt: 16. Apr 2015, 19:43

op111 (Beitrag #6) schrieb:
Hallo zusammen,
habt ihr schon mal diese Aufnahme der "Originalfassung" gehört:


Hallo Franz,
danke für den Tipp...da es schon einige Jahre zurückliegt, seit ich dieses Werk zum letzten Mal gehört habe, habe ich eher das Gefühl es niemals in irgendeiner Fassung gehört zu haben mal ausgenommen der medialen Zwangsberieselung des bekannten Hauptthemas - aber dieses Thema wurde ja hier schon von Reinhard H und Walter F (welche sich wohl schon ebenso lange nicht mehr hier blicken ließen seit ich das letzte Mal Tschaikowskys 1.KK in voller Länge gehört habe) zur genüge durchgekaut und ich muss mich dem (leider?) anschliessen was ein gewisses Übersättigungsgefühl des Hauptthemas anbelangt...geht mir übrigens mit einigen Mainstream-Werken der Klassik so (was davon bezeugt wie oft das leider schon in diversen Werbungen rauf und runtergenudelt wurde da ich das Werk freiwillig höchstens 1-2 Mal in meinem Leben gehört habe...sicher gibt es davon auch schon eine Schlagerfassung "Roooot soo roooot wie diese Roosen sie blüüüühn wenn die Gefüüüüühle für dich so unwiedersteeeehlich aufglüüühn..." )
Inwieweit gibt es denn da überhaupt Unterschiede? Welche würdest du bevorzugen? Zum. den Mittel und Schlußsatz kann ich ja mal wieder anhören. Die Klangqualität scheint auch gut zu sein oder?
op111
Moderator
#8 erstellt: 17. Apr 2015, 14:07
Hallo Thomas,

das 1-b-moll-Konzert habe ich schon seit langem nicht mehr bewusst gehört. Die neue Ausgabe liegt vorerst im Merkzettel, das Bedürfnis das anzuhören ist bei mir deutlich geringer, als meine neuen Ries- oder Casella-CDs intensiver anzuhören.

Franz
op111
Moderator
#9 erstellt: 21. Apr 2022, 12:38
Peter Iljitsch Tschaikowsky (1840-1893)
Klavierkonzert Nr. 1 (Urschrift - nicht die übliche Siloti-Bearbeitung!)

aus
Sämtliche Werke für Klavier & Orchester (Urschriften)

Klavierkonzerte Nr. 1-3; Fantaisie de Concert G-Dur op. 56 für Klavier & Orchester (Klavierkonzert Nr. 4); Allegro c-moll für Klavier & Streicher; Ungarische Zigeunerweisen f-moll für Klavier & Orchester (nach Skizzen von Sophie Menter, die auf Franz Liszt zurückgehen)
+Rede von Peter Tschaikowsky auf einem Edison-Wachs-Zylinder, aufgenommen 1890.

Andrej Hoteev,
Tchaikovsky Chamber Orchestra,
Vladimir Fedoseyev

Hänssler, DDD, 1997
jpc.de

s.a.
DLF Kultur:Peter Tschaikowskys Klavierkonzert b-Moll

Die Urschrift des op. 23

DLF schrieb:
„Wenn die Liebe stirbt...“
Peter Tschaikowskys Klavierkonzert b-Moll
Gast: Andrej Choteew, Pianist (02. Dezember 1946[ in Leningrad; † 28. November 2021)
Moderation: Jan Brachmann
(Wdh. v. 22.02.2009 in memoriam Andrej Choteew)


1997 erschien eine Gesamtaufnahme der Werke für Klavier & Orchester (in den Urschriften), die bisher wohl noch keine weite Verbreitung in der Aufführungspraxis gefunden hat. Nach wie vor wird z.B. das 1. Klavierkonzert in der 3. Bearbeitung/Aufführungsversion von Siloti gespielt. Diese unterscheidet sich, wie Choteew nachgewiesen hat, in mehr als 200 Details (es beginnt bereits beim Anfang [orig. Andante statt Allegro] und endet in Kürzungen des Schlusssatzes) vom Original.


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