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Sorabji, K. S.: Klavierwerke+A -A |
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Autor |
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plume
Hat sich gelöscht |
#1 erstellt: 14. Sep 2004, 15:29 | |
Ich hoffe, ich habe beim Durchblättern der verschiedenen Themen nichts übersehen, deshalb wage ich mal zu fragen, wer hier, und wenn ja, welche Erfahrungen mit den Klaviersächelchen von Kaikhosru Shapurji Soprabji gemacht hat. |
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GiselherHH
Ist häufiger hier |
#2 erstellt: 15. Sep 2004, 08:11 | |
Hallo, zuerst bin ich durch einen Artikel in "Fono Forum" (ca. Anfang der 90´er)auf Sorabji aufmerksam geworden, wenn ich ihn damals auch eher als Kuriosität (Öffentlichkeitsscheu, ätzender Sarkasmus seiner Äußerungen, Aufführungsverbot seiner Werke) empfand. Erst nachdem ich Sorabji-Rezensionen von Paul Rapoport in "Fanfare" gelesen hatte (R. ist u.a. Autor der umfangreichen Sorabji-Monographie "Sorabji - A Critical Celebration"), habe ich "gewagt", mich mit einigen Werken etwas näher zu beschäftigen. Manche Stücke wie die Nocturnes "Le jardin parfumé","Djami" oder "Gulistan" besitzen eine mäßig bewegte, schwach schimmernde, dunstig-schwüle Erotik, dann wieder zerfetzt er brutal etwa die "Habanera" aus Carmen in einem Stahlbad aus Dissonanzen. Man kann die Vorbilder wie Liszt, Scriabin, Szymanowski und vor allem Busoni erahnen. Schließlich habe ich mich an das sagenumwobene, hochkomplexe 4-Stunden-Stück "Opus clavicembalisticum" gewagt, allerdings verteilt auf mehrere Hör-Sitzungen. Beschreiben kann man diese Musik eigentlich kaum, sie ist wie ein abweisendes, unzugängliches Gebirge mit scharfen Graten und eisig glänzenden Gipfeln. Teilweise glaubt man gar nicht, daß ein einziger Pianist technisch so etwas überhaupt bewältigen kann. Auf jeden Fall ist Sorabji eine Entdeckung wert! Grüße GiselherHH |
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plume
Hat sich gelöscht |
#3 erstellt: 15. Sep 2004, 08:48 | |
Hallo Giselher, danke für die interessante Nachricht. Wie Sie, habe ich auch einiges von S. in meinem Archiv, darüberhinaus habe ich auch einige seiner Partituren (z. B. das O.C.). Ich war anfangs theoretisch fasziniert (vor allem durch die Berichte über sein Leben und seine sagenhaften Kompositionen im MGG und anderswo), habe sogar den alten Komponisten in seinem "Rückzugsgebiet" (Corfe Castle/Dorset) Ende der siebziger Jahre aufgesucht - leider eine Enttäuschung. Dann kam der Schlag: ich kaufte die erste LP, die damals auf den Markt kam (mit Michael Haberman), und ich muß sagen, daß je mehr ich hörte, ich umso ärgerlicher wurde über das meiner Meinung nach bestehende Mißverhältnis von äußerem Aufwand und musikalischem Ergebnis. Auch die weiteren Erwerbungen änderten daran nichts. Diese Musik wälzt sich wie Lava auf einen zu, immer wieder in sich kreisend, ohne wirkliche Höhepunkte, harmonisch ständig auf Hochdruck ohne Lösung, von erschreckender thematischer Armut bzw. Gesichtslosigkeit/Gleichförmigkeit, von ausgeklügelter kontrapunktischer Kunst à la Lehrbuch, ledern sozusagen (Sie sollten mal die selbstgefälligen Hinweise in seinen "Fugen" im O.C. lesen!). Nur in wirklich kleineren Stücken (etwa in einigen seiner Transzendentalen Etüden) kann er mich auf Dauer überzeugen. Zu vieles ist für meine Wahrnehmung - und im Vergleich zu den Komponisten, die er in seinen Schriften nicht müde wurde zu loben und zu propagieren (Busoni, Rachmaninoff, Medtner, Mahler, Szymanowski) - ein uninspiriertes, bombastisch aufgeblasenes Klavierragout mit immer denselben hysterischen Ausbrüchen im Diskant, verbrämt durch Tiefe und musikalische Gelehrtheit andeutende Titelgebungen - unerquicklich für mich. Aber ich sehe weiteren Einschätzungen anderer Mitglieder hier mit Interesse entgegen. Sorabji glänzte auch durch polemische, aber doch wohl ernst gemeinte "Expertisen", wenn er z. B. über die Bachschen Solo-Sonaten und -partiten für Violine meinte, diese seien fleischlose musikalische Skelette, die erst in Godowskys (stilloser, meine Bemerkung) Übertragung Leben gewönnen, oder wenn er meint, Schuberts Kompositionen, namentlich dessen Lieder, seien gar keine und ebenfalls nur in Godowskys Übertragungen zu geniessen. Noch gegen Ende seines langen Lebens verstieg er sich zu dem Ausspruch, daß Cole Porter etwas von Liedern verstanden habe, Schubert hingegen nicht. Das ist mal ein Kenner, nicht wahr? Britischer Humor ist das auf jeden Fall nicht. |
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GiselherHH
Ist häufiger hier |
#4 erstellt: 15. Sep 2004, 10:13 | |
Hallo plume, in der Ruine von Corfe Castle bin ich auch rumgekraxelt, wenn auch ein paar Jahre später... Haben Sie Sorabji selbst persönlich gesprochen? Eine nähere Schilderung der Begegnung würde mich schon interessieren. Grüße GiselherHH |
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plume
Hat sich gelöscht |
#5 erstellt: 15. Sep 2004, 12:39 | |
Gerne! Ich hatte von diesem "sagenumwobenen Kauz" gelesen und hatte mir vorgestellt, ihn einfach aufzusuchen. Hätte ich damals gewußt, wie abweisend er normalerweise zu ungebetenen Besuchern ist, wäre ich vielleicht nicht gefahren. Aber mein naiver, unangemeldeter Besuch verlief dann zwar nicht katastrophal, aber doch enttäuschend. Ich setzte also per Schiff von Cherbourg nach Plymouth über und fuhr mit meinem damaligen R4 die kurvige Strecke nach Corfe Castle (wunderschöne Landschaft!). Am Ende des Örtchens fand ich dann seine Behausung, ein aus Granitquadern gebautes, einstöckiges Gebäude auf einem ansehnlichen Terrain. Man ging durch die beiden am Eingang zum Grundstück postierten Pfähle, deren merkwürdige Inschriften ich schon aus Berichten kannte. Ich trieb mnich dann eine Weile doch sehr unschlüssig vor dem Hause herum, ohne so recht den Mut zum Anklopfen zu haben. Plötzlich öffnete sich die Tür, und ein sehr kleiner Mann mit einer Riesenwarze trat auf die Schwelle und fragte mich, was ich hier wolle. Ich entschuldigte mich umständlich und sagte, ich sei aus Deutschland gekommen um ihn zu besuchen und ein wenig über seine Musik zu erfahren. Relativ barsch erklärte er, er sei an Diskussionen etc. über seine Musik nicht interessiert. Die Unterhaltung kam so recht ins Stocken, ich sagte noch auf seine Frage hin, woher ich komme: "Aus Deutschland, aus Soest in Westfalen." Er sagte, er spreche leider kein Deutsch, fragte aber, ob ich Französisch spreche. Ich bejahte. Er meinte noch, er sei nie in Deutschland gewesen, erinnere sich aber einer Köstlichkeit, nämlich des westfälischen Schinkens. Dann beendete er das Gespräch mit der Aufforderung an mich jetzt zu gehen, denn er sei sehr beschäftigt. In letzter Verzweiflung kramte ich noch eine Taschenpartitur der 6. Sinfonie von Arnold Bax hervor, die ich einige Zeit vorher bei einem englischen Antiquriat gekauft hatte. Sie enthielt Arnold Bax's eigenhändige Unterschrift und einen handschriftlichen (recht kritischen) Kommentar zum Werk von Harold Rutland, dem Bax die Partitur wohl geschenkt hatte; aber auch wenige kurze Worte, signiert mit K.S.S. standen darin, und ich fragte Sorabji, ob dies wohl seine Partitur gewesen sei. Er bejahte dies und sagte noch, daß Rutland ein guter Mann gewesen sei. Dann aber war wirklich Schluß. Ich verließ das Grundstück, fotografierte noch das Anwesen und die beiden Pfähle am Eingang, stieg in mein Auto und fuhrt nach London. Dort telefonierte ich unbekannterweise mit Yonty Solomon, von dem ich wußte, daß er einige Zeit vorher zum ersten Male Klaviersachen von Sorabji für die BBC und im Konzert gespielt hatte. Sehr freundlich lud er mich ein, ihn einfach zu besuchen, er wolle mir dann etwas vorspielen. Mein Erlebnis mit Sorabji wunderte ihn in keiner Weise, da er die Gepflogenheiten des Meisters offensichtlich kannte. Er meinte auch, es hätte eigentlich noch schlimmer kommen können. Solomon spielte dann "In the hothouse", ein durchaus faszinierendes Stück - leider, wie das meiste von S. - zu lang. Auch lieh er mir die Originalausgaben der beiden inzwischen bekannten Bücher von S., "Mi contra Fa" und "Around Music". Eines davon habe ich mir dann, zurück in Deutschland, fotokopiert und gebunden. Danach dann fing es langsam an, daß man sich per Platte mit mehr von Sorabjis Musik vertraut machen konnte, und mein schon geschilderter Abstieg in der Wertschätzung dieser Musik setzte rapide ein. Grüße, |
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