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Haydn, Joseph: Die Klaviersonaten

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Kreisler_jun.
Inventar
#51 erstellt: 07. Jun 2013, 19:45
Die Haydn-Sonaten sind weitaus vielfältiger und abwechslungsreicher als die Mozarts, auch wenn letztere vielleicht mehr eingängige Melodien enthalten.
Ist auch kein Wunder, da sie beinahe 40 Jahre abdecken. Neben Stücken, die man vielleicht angemessen als "Rokoko" (es ist m.E. kein Zufall, dass dieser Terminus in der Musikgeschichte nur selten verwendet wird) charakterisieren könnte, gibt es "empfindsame" Stücke in der Nachbarschaft von CPE Bach (wie die berühmte c-moll-Sonate), typischen Haydnschen Humor (wie in der C-Dur (Hob.)Nr. 50) und schon beethovensche "Pranke", etwa in der letzten Es-Dur.
Martin2
Inventar
#52 erstellt: 18. Jul 2013, 09:40
Ich wehre mich auch gegen die Einschätzung Sir Henrys der Haydn Klaviersonaten als "Geklimper". Ich meine, wenn er das so sieht, ist das ja OK, aber für mich sind sie halt kein Geklimper.

Nun sind allerdings die Klaviersonaten nicht alle gleich bedeutend, zweitens aber empfinde ich diese Sonaten in ihrer Harmonik und Kontrapunktik oft weitgehend als ziemlich schlicht. Ist nur so mein Eindruck. Darum geht es aber nicht, Haydn spielt mit schönen Formen und diese Sonaten haben für mich oft einen eigenartigen Charme. Ich höre sie gerne in der Membran Box vor allem mit Rena Kyriakou, ich mag aber auch die beiden CDs mit Bart van Oort sehr gerne, die in der Brilliantbox mit drin sind. Der spielt auf einem alten Fortepiano oder Hammerklavier.

Vor einiger Zeit hörte ich Haydn Sonaten mit Alfred Brendel über Spotify und das war für mich eine vollkommene Enttäuschung. Gelegentlich höre ich aber auch gerne die Sviatoslav Richter Einspielungen mit einigen Sonaten.

Wiegesagt "Sensationen" kann man von den Haydn Klaviersonaten nicht erwarten, aber sie sind auf ihre Art durchaus geistreich und kultiviert. Im ganzen genommen höre ich sie auch lieber als die Mozarts.

Bei mir ist das aber auch vollkommen Stimmungssache, in einer irgendwie nervösen Stimmung reizen mich die Haydn Sonaten zur ungeduldigen Langeweile, dagegen in einer entspannten und aufgeschlossenen Stimmung höre ich sie sehr gerne.

Das nur dazu.

Gruß Martin
derherristmeinhirte
Ist häufiger hier
#53 erstellt: 25. Jul 2013, 01:02
Hallo,

ich mag sehr diese CD mit Haydn-Sonaten von Gilead Mishori:
http://www.jpc.de/jp...3323637/hnum/8269539

Aufmerksam wurde ich darauf durch eine Sendung auf D-Kultur mit Christine Schornsheim. Allerdings war diese Platte gar nicht nach Frau Schornsheims Geschmack, sie sagt Haydn auf dem modernen Flügel sei wie mit dem Ferrari auf der Dorfstraße zu fahren.

Ich bin da aber anderer Meinung, v. a. die Sonate Hob. XVI 23 mit ihrem wunderschönen Adagio höre ich gern genau so.

Außerdem habe ich mir mal zwei Haydnsonaten (XVI 34 und XVI 46), interpretiert von Maria Bergmann, aus dem Radio aufgenommen, die mir sehr gut gefallen. Maria Bergmann hat diese zwischen 1961 und 1976 aufgenommen.
http://www.classicstoday.com/review/review-9355/


[Beitrag von derherristmeinhirte am 25. Jul 2013, 01:02 bearbeitet]
Martin2
Inventar
#54 erstellt: 20. Mrz 2015, 17:42
jpc.de

Ich bin jetzt seit neuestem im Besitz dieser hier auch im Forum empfohlenen Box und genieße sie sehr. Wirklich noch mal eine Alternative zu meinen bisherigen Aufnahmen. Die Box ist im moment günstig und ich finde übrigens auch das Begleitheft recht schön, besonders den kleinen Essay, den die Derzhavina über die Klaviersonaten von Haydn schreibt. Hier nun besonders den Satz von der Derzhavina, daß sie es überhaupt nicht leiden könne, wenn jemand die Klaviersonaten von Haydn mit denen von Mozart und Beethoven vergleiche. Die Dame hat recht und ich fühlte mich leider dann gleich auf unangenehme Weise ertappt, denn leider habe ich ähnliche Dinge wie "Die Haydnsonaten sind in der Breite besser wie die von Mozart" oder "Die Haydnsonaten haben nicht die Gewichtigkeit der von Beethoven" leider auch hier in diesem Forum schon gesagt, aber eigentlich hat die Derzhavina recht und eigentlich ist das schlechter Stil. Haydn ist Haydn und Mozart ist Mozart und Beethoven ist Beethoven, das Dreigestirn der Wiener Klassik, sicherlich, aber zunächst einmal drei Personen, drei Individuen, die ihre eigenen Dinge gemacht haben und nicht immer mit anderen verglichen werden wollen.

Die Derzhavinabox gefällt mir jedenfalls im moment recht gut und 5 Sonaten habe ich gehört und auch die frühen gefallen mir recht gut. Dabei habe ich festgestellt, daß die von mir sehr geschätzte Sonate 16, Es Dur, der Bart van Oort einfach zupackender spielt, irgendwie fetziger, was allerdings durchaus nicht gegen die Derzhavina spricht. Im übrigen spielt die Derzhavina, die langsamen Sätze durchaus mit einer gewissen verinnerlichten Versonnenheit, so daß man ihre vordergründige Schlichtheit gar nicht mehr so spürt, umgekehrt gibt sie aber schnellen Sätzen oft eine gewisse pianistische Brillianz, so daß sie niemals banal wirken. Wertet Derzhavina den Haydn dabei gewissermaßen auf? Nein, das sehe ich nicht so, ich finde eher, daß sie aus der Musik mehr von dem Potential heraus holt, was sie hat.

Im übrigen aber will ich mir mit der Erkundung dieser Box Zeit lassen. Gehört habe ich exakt 5 Sonaten. Dabei gefiel mir sehr gut die 3., ein noch unambitionierteres Frühwerk, irgendwie schlicht, aber in dieser Schlichtheit auch irgendwie sehr hübsch und dies kann mir die Derzhavina zeigen. Sehr gut gefällt mir auch die 47. Klaviersonate mit der Derzhavina, empfunden im Adagio, brilliant im Allegro, entspannt und reizend im abschließenden Finale Menuett.

Das nur dazu, ich freue mich sehr über die Box und noch mal gesagt, die Haydnklaviersonaten sind eigentlich toll, sie haben halt gelegentlich eine vordergründige Schlichtheit, sind aber dann doch tiefgründiger, als es beim ersten Hören erscheint und die Derzhavina ist nun ganz sicherlich eine Interpretin, die diese Sonaten vollkommen ernst nimmt und mir dabei ihre Schönheiten zeigt.


[Beitrag von Martin2 am 20. Mrz 2015, 17:44 bearbeitet]
Martin2
Inventar
#55 erstellt: 27. Mrz 2015, 01:54
Ich höre weiter in meiner Box mit der Derzhavina. Und bedanke mich mal bei Kreisler Jr. für die Empfehlung, das war wirklich ein großartiger Tip. Mir gefallen diese Einspielungen ausgezeichnet, die Derzhavina spielt die langsamen Stellen mit ausgesprochener Grazie und dann die schnelleren Stellen mit Brillianz, wobei Haydns Sonaten ja nun keine ausgesprochenen Virtuosensonaten sind und Brillianz hier meint, daß der Schwung mit allergrößter Präzision kommt. Mich begeistert das.

Gehört habe ich insbesondere die CD 3 und wie ich schon sagte waren für mich die Sonaten 3 und 47 ausgesprochene Entdeckungen. Einzig die Sonaten 45 auf der CD weiß mich nicht sonderlich zu begeistern. 19 und 46 dann wieder mehr, wobei die 46 immer schon eine Sonate war, die ich mochte, wobei ich im moment nicht genau weiß mit wem, aber die Derzhavina ist in der Sonate auch begeisternd.

Also noch mal, 45 weiß ich nicht so recht, aber an sich holt die Derzhavina für mich wirklich das letzte aus den Sonaten raus. Da wo andere betulich sind, ist die Derzhavina graziös und wo andere banal wirken in bestimmten Allegri holt die Derzhavina eine Frische raus, die man gar nicht vermutet hätte. Freue mich sehr über diese Box, danke noch mal an Kreisler Jr. für den tollen Tip.
Kreisler_jun.
Inventar
#56 erstellt: 27. Mrz 2015, 13:34
Besonders die frühen Sonaten sind unübersichtlich, was man auch an den teilweise seltsamen Nummern merkt. Die nicht zu unrecht bekannteste der wohl noch in den 1760ern komponierten Sonaten ist die genannte As-Dur Nr. 46, 18, 19, 44 (g-moll, die wurde auch in vielen Anthologien, zB von Richter, Brendel, Schiff, Hamelin gespielt) und 45 gehören vermutlich in dieselbe Zeit.

Ein wenig systematischer wird es dann mit drei Sammlungen von je 6 Sonaten, die Mitte/Ende der 1770er veröffentlicht wurden
21-26 ca. 1773
27-32 ca. 1774
33-39, 20 bis 1780, wobei die bekannteste davon, c-moll Nr. 20 vermutlich schon von ca. 1771 stammt.

Es folgen zwei Dreiergruppen, von denen die erste aber auch Werke unterschiedlicher Zeit enthält

33,34,43 ca. 1783, die bekannteste hieraus ist vermutlich die e-moll.
40-42 ca. 1784, die sind auch relativ häufig eingespielt worden und es gibt auch eine Bearbeitung für Streichtrio.

Die letzten 5 Sonaten 48-52 sind alles Einzelwerke. Wie man sieht, sind zwischendurch Nummern 44-47 ziemlich fehlsortiert, da es sich um viel frühere Werke handelt, wobei 47 gar noch in zwei Fassungen vorliegt.
Martin2
Inventar
#57 erstellt: 27. Mrz 2015, 15:54
Hallo Kreisler Jr.,

danke für die Aufschlüsselung. Ja, ich denke, die Nummerierung der Haydn Klaviersonaten ist relativ verwirrend, weil sie nicht wirklich chronologisch ist. Das heißt teilweise chronologisch ist sie ja wohl doch. Ich hätte es schon für sinnvoll gefunden, sie mal umzunummerieren. Ich meine mit Dvoraks Sinfonien hat man das gemacht, die Nummerierung von Dvoraks Sinfonien war zunächst auch unchronologisch, das heißt die berühmte Sinfonie "Aus der neuen Welt" war ursprünglich die 5. Sinfonie, 6 - 9 frühere Sinfonien. Das hat man aber irgendwann umnummeriert und heute sind die Sinfonien von Dvorak chronologisch nummeriert. Nun könnte allerdings das Problem bei Haydn sein, daß man die Klaviersonaten ohnehin teilweise nicht mehr genau chronologisch zuordnen kann. Warum das eigentlich so ist, weiß ich nicht. Die Sinfonien von Haydn sind wohl chronologisch nummeriert, wahrscheinlich sogar von ihm selber, die Streichquartette hat Haydn offensichtlich selber mit Opuszahlen versehen, die Klaviersonaten dagegen nicht, warum eigentlich? Ich weiß das nicht, aber es ist auch nicht so wichtig.

Gruß
Martin
Kreisler_jun.
Inventar
#58 erstellt: 27. Mrz 2015, 22:03
Opuszahlen in dieser Zeit stammten von Verlegern und sind ähnlich unzuverlässig. Tatsächlich wurden 21-26 als op.13, 27-32 als op.14 und 35-39+20 als op.30 herausgebracht.

Meine Favoriten auf Dershavinas disc 3 sind jedenfalls 19 und 46, das sind wirklich großartige Stücke, gewichtiger als einiges aus den 18 o.g. Sonaten.
Martin2
Inventar
#59 erstellt: 25. Apr 2015, 00:00
So, ich habe mir hier im Hifi-Forum mal ein Vorhaben gesetzt, das ich auch mal durchführen werde. Ich habe in letzter Zeit viel in der Derzhavina gehört, aber leider wieder den Überblick verloren und ich habe mir das Vorhaben gesetzt, die Box jetzt nach und nach durchzuhören und zu jeder der Sonaten etwas zu schreiben. Ich tue das nicht aus reiner Menschenliebe, sondern auch für mich selber, um einfach mehr Überblick über diese Sonaten zu gewinnen, denn ich schätze die Haydnsonaten eigentlich sehr, aber bei 52 Klaviersonaten verliert man leicht den Überblick, ich habe ihn leider immer wieder verloren und das ärgert mich.

Ich fange also mit der CD1 an und zwar mit den ersten drei Sonaten, die auf dieser Scheibe sind.

Das sind drei frühe Sonaten, aber dazu sage ich gleich, daß ich die frühen Sonaten von Haydn durchaus nicht gering schätze. Als ich das heute hörte, dachte ich, nein, die klingen schon anders als die späteren, aber in dem Stil, in dem sie geschrieben sind, sind sie durchaus ausgereift, auch wenn er ein etwas anderer ist als der der späteren, irgendwie CPE Bach näher, energiegeladen, bisweilen auch trillerreich.

Da ist zunächst die Sonate 16

Die mochte ich immer schon sehr gerne, ich kenne die nämlich auch von Bart van Oort und der spielt sie sehr zupackend, die Derzhavina etwas zierlicher und graziöser. Sie gefällt mir gut, sie ist reizend und durchaus originell, das heißt, sie wirkt am Anfang etwas schlicht, aber der erste Eindruck von Schlichtheit verfliegt schnell. Im übrigen folgt sie dem Schema Allegro-Menuett-Presto, so daß gar kein langsamer Satz vorhanden ist und das Menuett sozusagen die Rolle des langsamen Satzes ausfüllt, was ein interessantes Formmodell ist. Eine sehr schöne Sonate.

Sonate 5

Nicht ganz so originell, aber wirkt trotzdem sehr frisch und dadurch sehr hörenswert. Das selbe Formmodell wie 16. Das Menett etwas gravitätisch, wodurch es den langsamen Satz ersetzt. Höre ich auch sehr gerne.

Sonate 12

Ein etwas anderes Formmodell. Es beginnt mit einem langsamen Satz, den ich sehr schön finde, wohingegen das Menuett weniger gravitätitsch ist als bei 5, aber hier muß es ja auch nicht die Rolle des langsamen Satzes ausfüllen. Das Trio des Menuetts etwas melancholisch. Das Finale sehr lebhaft.


Diese drei Sonaten haben mir heute viel Freude gemacht, was ich dazu zu sagen habe, ist sicherlich nicht gerade musikwissenschaftlich, aber ich will mir einfach noch mal einen Überblick über die Sonaten von Haydn verschaffen. Ich habe sie schon viel gehört, da ich sowohl eine 4 CD Box von Membran habe, die ich sehr gerne gehört habe, als auch die Brilliantbox u.a. mit dem fabelhaften Bart van Oort. Ich mag die Klaviersonaten von Haydn eigentlich gerne, das heißt sie sind auf einer bestimmten Ebene schlicht, was sich auch dadurch ausdrückt, daß sie, wie die Derzhavina ausdrückt, von jedem guten Pianisten vom Blatt zu spielen sind, aber ich finde einfach, daß die Klaviersonaten ( die ja bei den früheren eigentlich Cembalosonaten sind) von Anfang an ausgereifter sind als andere Werkzyklen, insbesondere die Sinfonien und deshalb mag ich sie einfach, sie sind nicht gerade "sensationell", jedenfalls die meisten, aber sie haben Charme, allerdings die frühen einen anderen als die späteren, ohne daß ich dabei eigentlich den Eindruck hätte, daß die frühen in irgendeiner Weise "unausgereift" wären.


[Beitrag von Martin2 am 26. Apr 2015, 07:33 bearbeitet]
Martin2
Inventar
#60 erstellt: 25. Apr 2015, 15:47
Ich mache weiter mit drei weiteren Klaviersonaten.

Da wäre zunächst die Klaviersonate 13. Als ich die heute morgen hörte, dachte ich "na ja, für die muß man in der Stimmung sein". Gerade im ersten Satz fand ich sie nicht sonderlich originell, aber irgendwie hörenswert dann trotzdem.

Klaviersonate 14 hat mir besser gefallen. Was mir allerdings dabei auffällt, ist die gewaltige Gravität und Gewichtigkeit der Menuette. In diesen frühen Sonaten sind sie gar keine Tanzsätze, sondern oft sehr melancholische, langsame und gravitätische Stücke, die für mich oft den Höhepunkt der Werke bilden.

Ähnlich Klaviersonate 6. Das ist nun ein Werk, daß als einziges von den sieben Werken auf der 1. CD meiner Box wirklich einem ganz klassischen Muster folgt mit Allegro-Meneutt-Adagio und Schlußfinale. Aber auch hier ist das Menuett nicht nur der längste aller Sätze, sondern auch sehr langsam, gravitätisch und melacholisch und gewissermaßen der Höhepunkt des ganzen Werkes. Auch diese Sonate hörte ich sehr gerne.
Martin2
Inventar
#61 erstellt: 26. Apr 2015, 02:12
Ich mache weiter mit der letzten Klaviersonate, die auf der CD1 ist, der Klaviersonate 2. Die habe ich heute abend mit großer Freude gehört, das heißt, es ist gar nichts "weltbewegendes", aber etwas sehr schönes. Zunächst mal wieder eine ganz andere Form. Einem trotz einer gewissen Schlichtheit sehr heiteren und schwungvollen Satz, folgt dann ein langsamer, eher versonnener, nicht eigentlich melancholischer, sondern eher kontrastierender Satz. Das Menuett fungiert hier ausnahmsweise mal als Schlußsatz, womit aber auch gesagt ist, daß dieses Menuett ganz anders klingt als die eher melancholisch gravitätischen Menuette, die in den anderen Sonaten als Mittelsätze fungieren. Hier ist das Menuett heiter und verspielt, trotz einer gewissen kontrastierenden Mittelpassage. Diese Sonate möchte ich gerne noch mal hören. Wobei ich allerdings Hörern von Haydns Klaviersonaten sehr dringend raten möchte, nicht CD nach CD zu hören. Diese 1. CD etwa enthält 7 Klaviersonaten mit 22 Einzelsätzen und das alles am Stück zu hören ist einfach zu viel.

2. CD

Auf der 2. CD sind nun noch 2 Sonaten Es Dur ohne Hob Verzeichnisnummer darauf.

Die erste davon ist mir im ersten Satz teilweise doch etwas arg schlicht, hat aber einen schönen langsamen Satz, der besonders durch seine repetierenden Begleitfiguren wirkt. Das abschließende Menuett dann wieder fröhlich, aber zivilisiert. Habe das gerne gehört, aber ein weltbewegendes Meisterwerk ist das nicht.

Ähnliches gilt für die 2. Es Dur Sonate ohne Hob Verzeichnisnummer. Eine Sonate ohne einen langsamen Satz, aber auch ohne einen wirklich schnellen. Die Sonate ist nicht sonderlich spektakulär, aber umso fabelhafter finde ich es, was die Derzhavina aus dieser unscheinbaren Sonate raus holt. Speziell auch das Menuett wird bei ihr zur kleinen Perle. Die Sonate steht in der Gefahr, weil sie keine wirklichen starken Kontraste hat, etwas dahin zu plätschern, aber wenn jemand wie Derzhavina sie spielt, dann spürt man eine bewegliche musikalische Intelligenz, die sie davor bewahrt.

Nun folgen auf der 2. CD "frühe kleine Sonaten", man kann auch Sonatinen sagen, das heißt, alle bisher besprochenen Sonaten sind eher kurz, aber die sind nun wirklich noch kürzer, so 4 - 7 Minuten, manche Einzelsätze haben nicht mal die Länge von einer Minute.

Die erste Sonate ist die Klaviersonate 1 in C Dur. Eine Sonate, die in etwas über 7 Minuten dahin rauscht. Der erste kurze Allegrosatz gefällt mir dabei am besten, ich empfinde ihn als irgendwie "munter", die beiden anderen Sätze sind angenehm zivilisiert, darin hörenswert, ohne mich vom Hocker zu hauen.

Dann die Klaviersonate 7, wieder in C Dur. Die ist nun wirklich von aphoristischer Kürze, in etwas über 4 Minuten sind die drei Sätze vorbei, wobei die Zeitangaben auf dem Cover auch nicht so ganz stimmen. Das Menuett empfinde ich als Höhepunkt des Werkes, das einleitende Allegro eher als eine Einleitung, das sehr bewegliche Finale dann als fröhlichen Höhepunkt. Ich denke, Werke solcher kompakten Art werde ich mir gelegentlich auflegen, aber speziell auch diese CD, die gewaltige 28 Tracks hat, kann man wirklich nicht durch hören, gerade diese Kurzformatigkeit sollte dazu anregen, in diese CD rein zu hören, ohne sie in einem Stück zu hören. Deshalb dann morgen mehr.
Martin2
Inventar
#62 erstellt: 26. Apr 2015, 07:21
Was die Sonate 8 anbetrifft, sind dies wieder sehr kurze Sätze. Wie soll man diese Sonate charakterisieren? Ja, ich denke, sie ist einfach unscheinbar. 4 Sätze Allegro-Menuett-Andante-Allgegro. Allegro und Menuett nun wirklich nicht spektakulär, das Andante, wie Derzhavina das spielt, aber sehr lebendig und graziös, fast schon Allegro, weniger Andante, der letzte aber noch mal erheblich schneller, Prestomäßig. Also wirklich die unspektakulärste Musik, die man sich vorstellen kann, vor allem in den ersten beiden Sätzen.

Sonate 9 hat dagegen in ihrer robusten Positivheit etwas von “Hausmusik”, das geht über bloße Unscheinbarkeit schon hinaus, wobei der Höhepunkt der Sonate doch das Menuett ist, das in aller Unscheinbarkeit eben doch graziöse Momente hat.

Sonate 10 dagegen ist bei aller Munterkeit doch ziemlich langweilig und wenn hier Haydns Sonaten “unscheinbare Perlen” genannt worden sind, so ist mir diese Sonate nun wirklich doch arg unscheinbar, wobei das Menuett noch am besten ist. Wieder kann man Derzhavina nicht genug dafür preisen, wie sehr sie sich zur Advokatin dieser doch sehr unscheinbaren Sonate macht, aber ich weiß nicht, eine “unscheinbare Perle” möchte ich dieses doch arg in der musikalischen Rhetorik seiner Zeit verhaftete Werkchen dann doch nicht nennen.

Bei Sonate G1 ist es wieder so, daß ich meine größten Schwierigkeiten habe, dem ersten Allegrosatz etwas sonderliches abzugewinnen, während das Menuett wieder, ohne sonderlich originell zu sein, eben doch hörenswert ist. Musik dieser Art stundenlang hören zu müssen, würde mich aber wahnsinnig machen. Und am Ende würde gerade diese Sonate auf dem Cembalo doch besser wirken.

Sonate D1 war dann für mich wieder eine Überraschung dahingehend, daß es zwar unspektakuläre, aber schöne Musik ist. Zunächst mal sehr angenehm, daß das Werk mit einem kurzen Satz “Thema und drei Variationen” sind, diese munteren Allegros hingen mir doch schon zum Hals raus. Das Menuett wieder schön und das Finale dann wirklich der Höhepunkt des Werkes, wenn die Derzhavina das spielt, fetzt es geradezu, auch wenn das an sich gar nicht spektakulär ist.



CD 3

Zunächst mal als Anmerkung, daß mir die CD 3 durchaus nicht neu ist, wie natürlich vieles von Haydns Klaviersonaten, so daß ich zu dieser Musik also durchaus nicht unerfahren komme.

Da wäre zunächst die Sonate 3, von allen kleinen, frühen Klaviersonaten die längste. Ich habe sie oft gehört und sie ist einfach etwas, was man ohne Übertreibung eine Perle nennen kann und zwar in allen drei Sätzen, auf ihre Art einfach vollkommen. Geistvoll der erste Allegrosatz und auch schön, seelenvoll der langsame Satz und als Finale ein graziöses Menuett, das ist einfach schöne Musik, die ich sehr gerne höre. Von den frühen 9 kleinen Klaviersonaten ist dieses Werk für mich der Höhepunkt.

Dann die Sonate 4, diese ist im Gegensatz zu allen anderen nur zweisätzig. Das heißt, der Kontrast besteht nur zwischen dem lebhaften 1. Satz und dem graziösen zweiten, einem Menuett. Ist die Sonate 3 eine große Perle, so ist die 4 doch eher eine kleine, die ich aber an sich auch sehr hörenswert finde.

Die Sonaten, die jetzt auf dieser CD folgen, sind keine kleinen mehr und auch keine frühen, sondern werden angegeben als Sonaten zwischen 1762 und 1775. Sie unterscheiden sich stilistisch schon von dern frühen, gehen mehr in Richtung dessen, was wir den klassichen Stil der Wiener Klassik nennen können, sind dahingehend “spektakulärer” und einem modernen Musikgeschmack zugänglicher.

Die Sonate 47 habe ich in letzter Zeit viel gehört und sie gehört zu meinen liebsten Klaviersonaten von Haydn. Sie ist als rare Ausnahme eine Mollsonate, dabei aber schön und keinesfalls im Sinne eines tragischen Molls zu verstehen. Sie gefällt mir von Anfang bis Ende in allen drei Sätzen und ist erfüllt von einer soilden Inspiriertheit, die dieses Werk immer wieder anhörenswert macht. Was sie von den bisher besprochenen Sonaten unterscheidet ist eine etwas neuzeitlichere Expressivität. Mir gefallen wiegesagt alle drei Sätze, der langsame sehr expressive erste, der zweite sehr schnelle setzt dazu einen guten Kontrast und der letzte Menuettsatz ist sehr schön graziös. Die Sonate ist ein Bringer, sie ist einfach gut.

Sonate 45 dagegen ist für mich das Stiefkind dieser CD. Und das beginnt einfach schon beim ersten Thema des ersten Satzes, daß ich - es tut mir leid - einfach nur banal finde. Auch in den weiteren Sätzen habe ich das Gefühl, daß Haydn nichts besonderes eingefallen ist. Also alles nur Durchscnnitt? Na ja, mag sein, aber jetzt beim Wiederhören dachte ich, es ist halt doch Joseph Haydn und die Meisterschaft darin, Musik als Klangrede zu komponieren, zeigt sich auch in dieser Sonate, die nun wirklich nicht sonderlich inspiriert ist und deshalb höre ich auch diese Sonate irgendwie gerne.

Ähnliches gilt für die Sonate 19, auch diese Sonate gehört nicht zu meinen Lieblingssonaten, aber die Kunst der “Klangrede” ist in ihr weit entwickelt, auch wenn die “Ideen” in ihr nicht immer sonderlich originell wirken mögen und das Werk gipfelt im “Allegro Assai”, dem letzten Satz, wo man - die Derzhavina, die solche Vergleiche nicht mag, möge mir verzeihen - geradezu die Beethonsche Pranke heraus hört. Alles Graziöse aber, daß ich in vielen frühen Sonaten noch heraus höre, scheint bei einem solchen Bedürfnis nach Expressivität sich geradezu aufgelöst zu haben.

Sonate 46 dagegen halte ich für ein in jederlei Hinsicht gelungenes Meisterwerk. Eine ganz tolle Klaviersonate, auch wenn der erste Satz sicherlich nicht mit spektakulären Themen aufzuwarten hat. Schön auch besonders der langsame Satz und dann der letzte quicklebendig und dieses “so und nicht anders” hat man oft in dieser Sonate, also diese Sonate ist mir wirklich ans Herz gewachsen.

Insgesamt aber muß ich sagen, daß ich diese CD 3 wirklich sehr gerne gehört habe, also ich würde Leuten, die diese CD Box erworben haben empfehlen, doch lieber mit dieser CD anzufangen, als mit den beiden ersten, Kommen wir also zur

CD 4

Auch diese CD habe ich schon oft und sehr gerne gehört, da sie hervorragende Musik enthält.

Kommen wir also zunächst zur Klaviersonate 18. Ja, was ist das für eine Sonate? Ja, irgendwie ist diese Sonate eigenartig. Sie ist nur zweisätzig, beide Sätze in moderatem Tempo, ohne starke Kontraste. Das eigenartige dieser CD ist, daß dies entspannte Musik ist von einer sehr hohen Qualität, die aber sicherlich nie Begeisterung im engeren Sinne auslösen wird, was aber durchaus noch nicht gegen diese Musik spricht. Also diese Musik ist schlicht “einfach gut”, das ist Musik, die “einfach gut” ist, ohne daß sie jemals starke Emotionen auslösen wird und das ist ihre ganz besondere Qualität.


[Beitrag von Martin2 am 27. Apr 2015, 21:08 bearbeitet]
WolfgangZ
Inventar
#63 erstellt: 26. Apr 2015, 10:35
Deine knappen Bemerkungen finde ich nicht uninteressant, Martin, so dass ich bei Gelegenheit mit meiner Gesamtaufnahme (s.u.) gegenhören ( ) werde.

amazon.de

Ich hoffe, dass die Nummern eindeutig sind - ich glaube schon - andernfalls würde ich quasi um eine nachträgliche Konkordanz bitten. Aber das wird wohl nicht nötig sein.

Danke Dir!

PS: Die Besprechung beim Partner - Florestan - ist von Dir, stimmt's? Bloß eine Kleinigkeit: Die griechische Pianistin heißt Rena Kyriakou.

Wolfgang
Kreisler_jun.
Inventar
#64 erstellt: 26. Apr 2015, 10:59
Ich hoffe sehr, dass die Nummern die Hoboken-Nummern sind (ich verwende immer die, außer bei Streichquartetten, dort opus), nicht Landon oder Wiener Urtext oder was es sonst noch so geben könnte. (Die normalerweise als letzte gelistete Es-Dur-Sonate ist bei Hoboken 52, sonst 62 - aber die Verschiebung um genau 10 trifft nur auf die letzten paar Sonaten zu...)
Martin2
Inventar
#65 erstellt: 26. Apr 2015, 13:10
Hallo Wolfgang,

danke, ich finde die Brilliantbox ja teilweise auch sehr gut, aber ich denke diese Box ist besser und wenn ich offen bin, höre ich Haydn doch lieber auf einem modernen Klavier. Die Kundenrezension ist wohl von mir. Der Box habe ich damals 4 Sterne gegeben, aber der Derzhavinabox würde ich wirklich auch 5 Sterne geben. Die Brilliantbox ist meiner Meinung nach einfach unausgewogen, Bart van Oort fand ich sehr gut, wenn auch anders als Derzhavina, Hogland und Dütschler durchaus hörbar, wenn auch nicht gänzlich überragend, anderes aber auch eher schwach. Ich meine, überlegs Dir mal, die Derzhavinabox ist für 20 Euro zu haben und das ist wirklich ein guter Preis für 9 durchgehend randvoll gefüllte CDs ( Brilliant braucht 10). Die Nummern dürften wirklich die ursprünglichen Hobokennummern sein, jedenfalls sind sie, soweit ich das bemerkt habe, mit anderen identisch.

So, ich mache dann mal weiter, wir waren auf CD 4

Jetzt kommen zwei Klaviersonaten, die immer schon zu meinen Lieblingssonaten von Haydn gehört haben.

Da ist zunächst die Sonate 44, eine Sonate in g moll. Ja, Moll, was ist das für ein Moll? Dieses ist keine Melancholie, sondern pure Eleganz, was durch gewisse "Verschleppungen" im ersten Satz ( diese etwas lahmen Triller) Sviatoslav Richter sehr gut heraus gearbeitet hat, dessen Interpretation ich deshalb auch immer noch gerne höre. Das gelingt der Derzhavina so nicht, aber ihre Interpretation ist aller Ehren wert. Das ist eine tolle Sonate und sicher eine der besten von Haydn.

Mit der Klaviersonate 21 beginnen 6 Sonaten für den Fürsten Esterhazy in der der Derzhavinabox.

Ganz toll ist auch die Sonate 21, von Derzhavina fabelhaft gespielt, aber ich hänge noch sehr an der Interpretation von Kyrakou. Das heißt, die Derzhavina spielt sehr subtil, aber Kyriakou etwas fließender. Diese C Dur Sonate empfinde ich als heiter, allerdings nicht als heiter im Sinne von lustig, sondern im Sinne eines heiteren, blauen Himmels, an dem kein Wölkchen steht, also als von durchaus positiver Grundstimmung, gewissermaßen lichtdurchflutet. Das trifft besonders auf den ersten Satz zu, aber auch auf den langsamen zweiten und der letzte ist dann munter, aber auch diese Munterkeit wieder im Sinne ungetrübter, lichtdurchfluteter Heiterkeit.

Die Sonate 22 dagegen war mir wieder neu, bzw. wenn sie mir nicht neu war, hatte ich sie zumindestens nicht so auf dem Schirm. Obwohl sie nicht ganz so viel versprechend zu beginnen scheint, ist sie eigentlich aber recht schön, wobei es im ersten Satz eine klanglich - harmonisch sehr faszinierende Passage gibt, die immer wieder kehrt und dem Satz sein Gepräge gibt. Versonnen dann der langsame Satz und sehr ruhig ausklingend - kein Kehraus - das gemessen schreitende Finale im Tempo di Menuetto.


[Beitrag von Martin2 am 26. Apr 2015, 13:11 bearbeitet]
arnaoutchot
Moderator
#66 erstellt: 26. Apr 2015, 16:18
Ich kann diese Ausgabe hier noch ins Rennen schicken: The Virtual Haydn - Naxos 4 Blu Ray Audios - dts HD Master Audio 5.0 - 2009, die allerdings keinen Flügel, sondern diejenigen Instrumente verwendet, auf denen die Sonaten vermutlich komponiert wurde (also Cembalo, Clavichord, Tafelklavier, Fortepiano). Zusätzlich wurden sie in neun verschiedenen virtuellen Räumen aufgenommen, die dem jeweiligen Hintergrund der Komposition angepasst sind (also zB die Prinz-Esterhazy-Sonaten im Festsaal des Esterhazy-Schlosses oder die Marie-Esterhazy-Sonaten in einem Prunkraum der Albertina in Wien). Gespielt wird das 15-Stunden-Projekt der kompletten Musik für Solo-Keyboard vom kanadischen Musikprofessor Tom Beghin.

Bitte unbedingt die Hoboken-Nummern verwenden, damit ich die Sonaten in dieser Ausgabe wiederfinde - danke.

amazon.de
Martin2
Inventar
#67 erstellt: 26. Apr 2015, 18:45
Weiter mit der CD 4

Ich komme zur Klaviersonate 23. Sicher habe ich die auch schon öfter gehört, aber es ist eine Klaviersonate, die sich nicht angesichts gewisser Einzelheiten ins Gedächtnis brennt und die man von daher auch leicht übersieht. Trotzdem ist es eine gute Sonate. Zeigt aber die 21. Klaviersonate eher die Heiterkeit des wolkenlosen Himmels, so zeigt sich in dieser Sonate doch auch etwas genuine Fröhlichkeit, wenn auch nicht Lustigkeit, trotz einiger kleiner Eintrübungen. Dies gilt zumindestens für die beiden Ecksätze, die sind fröhlich positiv. Der Kontrast bildet dann der Adagio Mittelsatz, der einfach von einer sich verströmenden Kantabilität ist, mit gelegentlichen Ausflügen in die Melancholie, die ich sehr schön finde. Also eine eigentlich gute Sonate, die man leicht übersehen könnte, was man aber nicht tun sollte.

Die 24. Klaviersonate ist dagegen eine Klaviersonate, die ich immer sehr geschätzt habe. Es ist eine Sonate höchster Originalität, in der Haydn alle Register zieht. Alle Register, einschließlich sehr eindrucksvoller Generalpausen. In der Anlage vollkommen klassisch, also genauso wie die 23. Klaviersonate zwei eher fröhliche Ecksätze und ein ausdrucksvoller langsamer Mittelsatz, nur ist diese Sonate einfach origineller und hat dadurch einen höheren Wiedererkennungswert und von daher eher kein Geheimtip. Kyriakou spielt sie glaube ich auch, daher kenne ich sie.

CD 5

Die 25. Klaviersonate ist nur sehr kurz und zweisätzig. Ich mag sie insofern, als ich sie als geschmackvoll empfinde und vor allem im zweiten Satz nicht ohne entspannte Gelassenheit wenn nicht sogar Eleganz. Wieder keine der Sonaten, die unbedingt in Erinnerung bleiben, aber die man doch mal gelegentlich hören könnte. Aber kein Geniestreich wie die 24.

Auch die 3 sätzige 26. Klaviersonate ist sehr kurz, der 3. Satz, ein Presto, dauert gar nur 44 Sekunden. Sie ist solider Haydn, den man hören kann, ohne daß sie Begeisterung bei mir erweckt. Das Haydnsche Spiel mit der musikalischen Klangrede ist da, so daß diese Musik nicht langweilt und zum Verweilen einlädt, aber diese Sonate ist jetzt auch nicht bestürzend originell. Am schönsten wie so oft finde ich den Mittelteil, das Menuett.

Die folgenden Sonaten werden auf der Derzhavinabox einfach nur als "Sechs Sonaten" angegeben.

Die dreisätzige 27. Klaviersonate dauert 12 Minuten. Sie gehört nun wieder, im Gegensatz zu den etwas schwächeren Sonaten 25 und 26 zu denen, die ich unbedingt auf dem Schirm habe. Was mich an dieser Sonate beeindruckt, ist, daß sie gewissermaßen keine fragwürdigen Ausflüge in irgendwelche Spielereien macht, sondern daß man wirklich das Gefühl hat, hier ist keine Note zu viel. So ist der erste Satz kurz, aber alles passiert gewissermaßen mit Notwendigkeit und diese Sonate hat gewissermaßen nicht das geringste Fett angesetzt. Hier beinhaltet Kürze wirklich Prägnanz und diese Sonate höre ich sehr gerne.
Klassikkonsument
Inventar
#68 erstellt: 26. Apr 2015, 21:59

Martin2 (Beitrag #65) schrieb:
Da ist zunächst die Sonate 44, eine Sonate in g moll. Ja, Moll, was ist das für ein Moll? Dieses ist keine Melancholie, sondern pure Eleganz, was durch gewisse "Verschleppungen" im ersten Satz ( diese etwas lahmen Triller) Sviatoslav Richter sehr gut heraus gearbeitet hat, dessen Interpretation ich deshalb auch immer noch gerne höre. Das gelingt der Derzhavina so nicht, aber ihre Interpretation ist aller Ehren wert. Das ist eine tolle Sonate und sicher eine der besten von Haydn.

Die Sonate Hob. XVI / 44 (die bei mir auch als Nr. 32 firmiert) habe ich bislang nur von Rudolf Buchbinder:

amazon.de

Diese Aufnahme aus den 70ern gibt's neu anscheinend nur noch im Rahmen von Boxen

jpc.de
jpc.de

Der Charakter ist vielleicht nicht melancholisch, aber kommt mir durchaus leidend vor. Vielleicht eine Klage, die auch etwas Edles hat und somit vielleicht auch etwas Elegantes. Ich kann mich gerade an gar kein konkretes Beispiel erinnern, aber die Exposition des ersten Satzes hat für mich etwas von einer Arie, die durchaus einen traurigen Inhalt hat, vielleicht eher vorklassisch oder barock. Und die Stilisierung scheint mir eine Distanz zum gemeinten Ausdruck herzustellen - vielleicht, weil kunstmäßige Ausgeglichenheit wichtiger ist als spontaner Ausdruck oder weil ich von dem Arrangement der Affekte nicht so unmittelbar ergriffen werde wie Haydns Publikum.

Edit: Ich habe die Sonate auch noch auf dieser CD der Clavichordistin Marcia Hadjimarkos (Zig-Zag, 1993):

amazon.de

Gleich mal hören.


[Beitrag von Klassikkonsument am 26. Apr 2015, 22:04 bearbeitet]
Martin2
Inventar
#69 erstellt: 26. Apr 2015, 23:14
@ Klassikkonsument, mag sein, daß man die 44. auch "leidend" spielen kann, aber tut mir leid, wenn der Sviatoslav Richter das spielt, empfinde ich sie nicht so.

Ansonsten wiegesagt muß ich mal sehen, wie dieses "Durchhören" bei mir weitergeht. Ich weiß nicht, ob man die Sonaten so wirklich noch genießen kann, aber ich muß einfach sagen 52 Sonaten und dann noch 4 Unnnummerierte, also am Ende 56 Sonaten mit vielleicht schätzungsweise 160 Einzelsätzen oder so, da verliere ich persönlich einfach den Überblick. Das heißt, ich höre die Klaviersonaten von Haydn wirklich nicht seit gestern und wahrscheinlich habe ich sie fast alle oder sogar alle irgendwann mal gehört, aber ich habe nie wirklich einen Überblick über sie bekommen und durch dieses Durchhören wird das mal anders. Ich konnte am Ende kaum noch etwas zuordnen, wobei einer der Hauptgründe einfach darin liegt, daß es für mein Gefühl auch wirklich große Wertunterschiede zwischen den Sonaten gibt. Aber an sich muß ich sagen mag ich diese Sonaten sehr und wenn ich dieses "Durchhörprojekt" abgeschlossen habe, dann weiß ich einfach: Diese Sonaten sind meine Lieblingssonaten, andere sind es vielleicht nicht, aber die möchte ich eventuell trotzdem gelegentlich mal hören und dann gibt es drittens vielleicht auch welche, die ich nicht unbedingt schön finden muß, und die ich vielleicht auch einfach vernachlässigen kann, vor allem sind das glaube ich einige der frühen Sonaten, die mir nicht so gefallen, aber eben auch unter den frühen gibt es ein paar schöne.

Ich finde überhaupt, daß solche Durchhöraktionen durch gewisse Werkzyklen wirklich auch mal ne sinnvolle Sache wären. Zum Beispiel auch bei den Haydnsinfonien. Allerdings ich hätte da keine Lust zu. Das heißt, ich habe ja in meiner Brilliantbox wirklich alle Haydnsinfonien mit dem Fischer, 33 CDs, aber das höre ich im Leben nicht. Ich meine, daß die Pariser und Londoner toll sind, ist klar. Aber ich habe da teilweise die 50 er und 60er Nummern gehört und fand das furchtbar langweilig. Deshalb habe ich auch keine wirkliche Lust, mich systematisch durch die Sinfonien zu hören, aber die Klaviersonaten habe ich grundsätzlich immer schon sehr geschätzt, ich höre das einfach sehr gerne. Aber wenn hier jemand mal wirklich einen großen Opfergang antreten wollte und sich durch 106 Haydnsinfonien durch hören wollte ( abgezogen mal die Pariser und Londoner), also einfach mal alles hört, und mir sein Urteil darüber mitteilt, wäre mir das sehr recht.

Gut, es gibt auch Konzertführer oder so was, die auch sehr gut sind und die sicherlich fundierter über Dinge reden können als ich. Aber erstens fehlt bei gewissen Konzertführern auch bei wirklich hohen Kulturgütern der Mut zu sagen "Mag ich nicht, finde ich belanglos" oder so was. Außerdem ist der Reklam Klavierführer, sofern ich ihn da in Erinnerung habe, auch nicht ganz fair. Ich meine Alfred Schmidt, der hier nicht mehr schreibt, hat glaube ich weiter oben von Haydns Klaviersonaten als "unscheinbaren Perlen" geredet. Das trifft es nun auch nicht in jedem Fall, aber ist ein Aspekt der Sache. Haydns Klaviersonaten sind eben bei weitem nicht so spektakulär wie die von Beethoven, man sollte sie aber in ihrer anscheinenden Unscheinbarkeit eben nicht gering schätzen, dann tut man ihnen Unrecht. Mir geht es sowieso darum, mir ein eigenes Urteil zu bilden. Das heißt, der Reklamführer schreibt auch einiges, gucke gerade mal rein, findet aber zum Beispiel die Klaviersonate 23 großartig, die ja auch nicht schlecht ist, die 24., die ich aber absolut großartig finde und besser als die 23. , erwähnen die nur kurz als "blaß", also Daumen nach unten. Ja, gut, wie die zu diesem Urteil gekommen sind, weiß ich nicht, es ist schlicht nicht meine Meinung, ich sehe das ganz anders, genauso findet etwa die Sonate Nummer 44 bei Reklam überhaupt keine Berücksichtigung und das sind nur zwei Beispiele. Na ja, aber das ist dann halt der Geschmack des Reklamführers und ich habe einen ganz anderen. Deshalb kann ich persönlich mit dem Reklamführer nichts anfangen. Wie die teilweise so grandiose Musik einfach abbügeln können, verstehe ich nicht, mit Beethoven hätten sie sich das nie getraut. Das heißt im übrigen nicht, daß andere meiner Meinung sein müssen, aber ich teile sie eben auch gerne mit. Und insgesamt muß ich sagen, auch wenn ein paar Sachen bei Haydn wirklich auch etwas belangloser sind, ist da immer noch eine ganze Menge, was wirklich toll ist.

Gruß
Martin
Klassikkonsument
Inventar
#70 erstellt: 27. Apr 2015, 03:31

Martin2 (Beitrag #69) schrieb:
@ Klassikkonsument, mag sein, daß man die 44. auch "leidend" spielen kann, aber tut mir leid, wenn der Sviatoslav Richter das spielt, empfinde ich sie nicht so.

Leider habe ich sie nicht auf Youtube gefunden.


Ich finde überhaupt, daß solche Durchhöraktionen durch gewisse Werkzyklen wirklich auch mal ne sinnvolle Sache wären.

Wie du vorher schreibst, bringt einem das Überblick und Orientierung.

Letztens gab's ja im "Stammtisch"-Thread das Thema 'Marathon mit den Streichquartetten'. Da wandte ich u.a. ein, dass die Gefahr besteht, dass einzelne Werk nicht mehr in seiner Individualität wahrzunehmen. Das ist allerdings auch nicht unbedingt der Weisheit letzter Schluss. Denn sich einem Werk intensiv zu widmen dauert viel Zeit. Es bleibt (wie die Frage, wie oft man einem Werk nochmal eine Chance gibt) eine pragmatische Entscheidung.
Live-Marathons stehe ich skeptisch gegenüber. Sie haben für mich etwas Kraftmeierisches, Leistungsshow-mäßiges, das mir an dem Interesse an Musik vorbeizugehen scheint. Durchhöraktionen dagegen, die man heute gut zuhause und nach selbstgewählter Frequenz durchführen kann, sind dagegen etwas anderes.


Zum Beispiel auch bei den Haydnsinfonien. Allerdings ich hätte da keine Lust zu. Das heißt, ich habe ja in meiner Brilliantbox wirklich alle Haydnsinfonien mit dem Fischer, 33 CDs, aber das höre ich im Leben nicht.

Den Wagner-Würfel von Decca, der alle bekannteren Opern in Live-Aufnahmen aus Bayreuth enthält, hat auch 33 CDs. Nicht unwahrscheinlich, dass ich jede mehr als einmal gehört habe.
Was Haydn-Sinfonien angeht, liebäugele ich ja ein wenig mit dem Russell Davies-Würfel. Aber eigentlich habe ich erstmal schon genügend vorrätig, die ich mal näher kennenlernen könnte.


Gut, es gibt auch Konzertführer oder so was, die auch sehr gut sind und die sicherlich fundierter über Dinge reden können als ich. Aber erstens fehlt bei gewissen Konzertführern auch bei wirklich hohen Kulturgütern der Mut zu sagen "Mag ich nicht, finde ich belanglos" oder so was. Außerdem ist der Reklam Klavierführer, sofern ich ihn da in Erinnerung habe, auch nicht ganz fair. Ich meine Alfred Schmidt, der hier nicht mehr schreibt, hat glaube ich weiter oben von Haydns Klaviersonaten als "unscheinbaren Perlen" geredet. Das trifft es nun auch nicht in jedem Fall, aber ist ein Aspekt der Sache.

Es ist ja eigentlich auch so, dass praktisch kein Musikliebhaber, Verfasser von Konzertführern, Musikwissenschaftler, Musiker oder Komponist wirklich alle Haydn-Sonaten oder -Symphonien kennt. Der Mut zur Lücke, das Vertrauen auf das Urteil anderer, das pauschale, über einen Kamm scherende Vorurteil, ja, die Unkenntnis gehört anscheinend bei allen notwendig dazu. Schließlich kann man nicht alles gleich gut & intensiv kennen. Nur kann der Musikliebhaber sich noch mehr nach Lust und Laune orientieren als Fachleute.


Haydns Klaviersonaten sind eben bei weitem nicht so spektakulär wie die von Beethoven, man sollte sie aber in ihrer anscheinenden Unscheinbarkeit eben nicht gering schätzen, dann tut man ihnen Unrecht.

Das geht mir ähnlich. Ich kenne noch nicht alle Haydn-Sonaten; die frühen haben auch nicht die größte Priorität, wobei die wahrscheinlich irgendwann im Rahmen einer Gesamtbox den Weg in mein Zuhause finden werden. Jedenfalls war mir jeden Haydn-Sonate, die ich bisher kennenlernte recht schnell sympathisch. Vielleicht liegt das auch an dieser Unscheinbarkeit, die womöglich etwas Unprätentiöses oder Entspanntes hat.


Wie die teilweise so grandiose Musik einfach abbügeln können, verstehe ich nicht, mit Beethoven hätten sie sich das nie getraut. Das heißt im übrigen nicht, daß andere meiner Meinung sein müssen, aber ich teile sie eben auch gerne mit. Und insgesamt muß ich sagen, auch wenn ein paar Sachen bei Haydn wirklich auch etwas belangloser sind, ist da immer noch eine ganze Menge, was wirklich toll ist.

Es ist ja auch oft Zufall, dass ein Musikstück besondere Bedeutung erlangt. Sei es die Verwendung in einem Film, dass man sich an eine Phase seines erinnert, sei es dass man überraschend Verbindungen zu anderen Werken findet.


[Beitrag von Klassikkonsument am 27. Apr 2015, 03:32 bearbeitet]
Martin2
Inventar
#71 erstellt: 27. Apr 2015, 13:38
So, ich mache mal weiter mit meiner Durchhöraktion. Wir sind auf CD 5

Zur Klaviersonate 28 nicht viele Worte. Sie ist nett und gefällig, aber ein bißchen anonym. Man kann sie mal hören.

Die 29. Klaviersonate finde ich dagegen schon wieder besser. Ich komme jetzt nicht dazu, mein Hörerlebnis zu vertiefen, aber diese Klaviersonate möchte ich durchaus noch mal wieder hören. Der erste Satz auf jeden Fall kompakt genug und interessant genug um zu fesseln, das Adagio schön und das Tempo die Menuett hatte durchaus auch reizende Züge. Diese Sonate höre ich mal wieder.

Die 30. Klaviersonate ist die längste der CD, obwohl sie nur zwei Sätze hat, die aber sehr lang sind. Also mir sind sie ein bißchen arg lang geraten. Dabei finde ich es bemerkenswert, wie der erste Allegrosatz nicht in einer triumphierenden Schluß endet, sondern praktisch versickert und das anschließende Tempo di Menuetto hat seine reizenden Züge, ist aber ein bißchen lang.

Klaviersonate 31 finde ich einfach in den Sätzen ungleichgewichtig. Den Eingangssatz finde ich etwas anonym, aber das folgende Allegretto dann wieder sehr hörenswert und das Finale ein munterer Kehraus. Gerade wegen des Allegrettos finde ich die Sonate aber doch hörenswert.

CD 6

Die Klaviersonate 32 habe ich jetzt beim Wiederhören sofort auf dem Schirm. Eine tolle Sonate! H moll und dieses Moll ist auch durchaus etwas düsterer, wobei der Mittelsatz allerdings konstrasierend lieblicher ist. Diese Sonate sollte man unbedingt mal hören.

Genauso sofort auf dem Schirm hatte ich die Klaviersonate 35. Auch eine ganz tolle Sonate, aber größer könnte der Kontrast zu der vorhergegangen 32. Sonate gar nicht sein. Diese Sonate verbreitet einfach gute Laune, vor allem schon im Eingangssatz, einem Allegro con Brio, schön schwelgerisch dann der Mittelsatz und das Finale greift die gute Laune des Eingangssatzes wieder auf.
Kreisler_jun.
Inventar
#72 erstellt: 27. Apr 2015, 14:25
Ich vermute schon, dass es Musiker gibt, die einen erstaunlich großen Bestand von Musik "im Kopf" haben. Selbst wenn man darunter versteht, das meiste davon auswendig vorspielen zu können, es gibt hier außerordentliche Begabungen. Aber das war wohl nicht so streng gemeint, sondern nur zu wissen, um welches Stück es sich handelt und es sofort zu erkennen, wenn es vorgespielt wird. Das können viele von uns normalen Hörern bei Stücken wie Beethovens Sinfonien oder den bekannten Opern Mozarts oder Verdis und ich sehe keinen Grund, warum nicht manche Leute das bei hunderten oder tausenden Stücken können sollten.

Da Haydns Sonaten alles andere sind als ein "Zyklus" (der Ausdruck wird ja verbreitet eigentlich falsch verwendet), sondern die Werke aus etwa 30 Jahren mit ganz unterschiedlichem Anspruch, ist kaum verwunderlich, dass nicht alle gleichermaßen prägnant im Gedächtnis bleiben. Zumal Dershavina sogar eine Reihe zweifelhafter Werke (wie die ohne Hob.Nummern auf disk 2) miteingespielt hat.

Wie oben schon angedeutet, sind einige meiner Favoriten, die mit vielen späteren Sonaten locker
"mithalten" können, auf CD 3, nämlich 19 und 46. Die bekannte g-moll 44 ist auch zu Recht häufig eingespielt, ebenso die F-Dur 23, hauptsächlich wegen dem langsamen Satz.
21,22 und 24 müsste ich jetzt nochmal anhören, die habe ich nicht trennscharf gegenüber den späteren 20er Nummern präsent.
Martin2
Inventar
#73 erstellt: 27. Apr 2015, 19:37
Ich mache weiter mit CD6

Es folgt die Klaviersonate 36, die ich nicht auf dem Schirm habe. Eine durchaus dunkel gefärbte Cis moll Sonate, die mir eigentlich durchaus wertig erscheint, ohne daß sie im ersten Satz wirklich zu zünden weiß. Das Scherzando ist reizend, das abschließende Menuett sehr langsam und melancholisch. Musik, für die man allerdings in der Stimmung sein muß.

Klaviersonate 37 hatte ich dagegen wieder auf dem Schirm. Das Eingangsallegro ein ganz putzmunteres Sätzchen und hauptsächlich wegen diesem hatte ich die Sonate auch auf dem Schirm. Ist dieser Satz nun sehr extrovertiert, so ist der verinnerlichte, ernste langsame Satz sehr introvertiert, und offen gesagt, Musik lebt sehr wohl von Kontrasten, aber dieser Kontrast ist mir doch ein bißchen zu stark. Das Finale dann wieder ein munterer Satz. Jedenfalls eine sehr anhörenswerte Sonate.
Klassikkonsument
Inventar
#74 erstellt: 27. Apr 2015, 21:26

Kreisler_jun. (Beitrag #72) schrieb:
Ich vermute schon, dass es Musiker gibt, die einen erstaunlich großen Bestand von Musik "im Kopf" haben. Selbst wenn man darunter versteht, das meiste davon auswendig vorspielen zu können, es gibt hier außerordentliche Begabungen.

Klar, Musiker und Leute vom Fach eignen bzw. gucken sich viel an. Aber Alles geht nun einmal nicht. Überblickswissen gibt ihnen dabei Orientierung. Es sind immer Lücken zu füllen. Und die werden pragmatisch ausgewählt, auch nach Geschmackskriterien.
Aber ich wollte auch gar keine quantitative, sondern eine qualitative Aussage machen. Leute, die Musik als Beruf haben, kennen mehr, aber die suchen halt auch aus. Ein Interpret braucht nicht alle Haydn-Sonaten auf dem Schirm zu haben, um eine konzertreif aufzuführen.
Heute kann man, Brilliant sei Dank, praktisch den ganzen Mozart oder Bach auf CD haben. Es würde mich nicht wundern, wenn Beethoven nicht so einen enzyklopädischen Zugang zu deren Werken hatte. Trotzdem "verstieg" er sich zu positiven Aussagen über Mozart und meinte über Bach, er solle "Meer heißen".
Martin2
Inventar
#75 erstellt: 27. Apr 2015, 22:23
Klaviersonate 38 dagegen finde ich ganz einfach nur langweilig. Das heißt, das Adagio hat vielleicht auch ein paar edle Momente, aber im ganzen gesehen ist diese Sonate einfach nicht inspiriert. Das ist schade, denn alle andere Werke auf dieser CD finde ich durchaus hörenswert.

Klaviersonate 39 finde ich dagegen sehr hörenswert. Sehr munter der erste Satz. Das Adagio ist allerdings ein bißchen arg lang, aber auch dies ist hörenswert.

Zusammengefaßt gesagt, ist auch diese 6. CD sehr hörenswert, auch wenn nicht alles gleich gut ist, ärgerlich nur, daß Haydn nicht selbstkritisch genug war, ein schwächeres Werk wie die Sonate 38 einfach zurück zu halten. Ich muß immer wieder sagen, daß ich die die Haydn Klaviersonaten ganz toll finde, ich habe sie immer gerne gehört, aber da sind eben immer Sachen dabei, die ich einfach schwach finde, und die ziehen die guten Dinge einfach runter.

Nun kommen wir zur

CD 7

Klaviersonate 20. Diese Klaviersonate ist sehr lang und dabei genauso langatmig wie langweilig. Ich werde sie wohl nicht wieder hören.

@ Kreisler Jr. Danke noch mal für den Hinweis auf die Sonaten 18 und 23, die ich ja auch durchaus hörenswert fand, auch wenn sie bislang noch nicht zu meinen Favoriten zählten.
Martin2
Inventar
#76 erstellt: 28. Apr 2015, 00:28
Nach der langweiligen 20. Klaviersonate die ebenso langweilige 43. Klaviersonate. Die ist nett und gefällig und dahingehend ein Muster einer Klaviersonate, aber die ist mir nun wirklich ein bißchen zu schlicht. Die werde ich nicht wieder hören.

Danach folgt die 33. Klaviersonate. Die hatte ich völlig auf dem Schirm und gehörte immer schon zu den von mir geschätzten Klaviersonaten Joseph Haydns. Sie ist etwas lang, aber nicht zu lang, sie ist nicht überbordend fröhlich, aber schön und wirklich sehr hörenswert. Und die Derherzhavina spielt diese sehr schöne Klaviersonate auch wirklich sehr schön.

Auch die 34. Klaviersonate gehört für mich zu den wirklich eigenartigen und besonderen Klaviersonaten Haydns. Eine Mollsonate und dieses ist ein dunkles Moll, fast ein Beethoven Moll. Die Sonate ist nicht lang, aber sehr prägnant, vor allem in den Außensätzen. Der Mittelsatz ist schön, wenn auch weniger prägnant und bildet den Ruhepunkt des Werkes. Auch diese Sonate sollte man kennen.
Martin2
Inventar
#77 erstellt: 28. Apr 2015, 01:33
Die CD 7 beenden dann zwei wunderhübsche kleine Perlen, die Sonaten 40 und 41, beide sind zweisätzig, beide kurz und beide verzichten auf einen langsamen Satz, den man bei dieser Musik aber durchaus nicht vermißt. Die Derzhavina spielt beide Sonaten mit Eleganz.

Das besondere Angebot der Derzhavinabox gilt jetzt übrigens nicht mehr. Danke an Kreisler Jr., daß er mir diese Box empfohlen hat, ich bin sehr glücklich, sie zu besitzen.
Klassikkonsument
Inventar
#78 erstellt: 28. Apr 2015, 02:32

Martin2 (Beitrag #75) schrieb:
Nun kommen wir zur

CD 7

Klaviersonate 20. Diese Klaviersonate ist sehr lang und dabei genauso langatmig wie langweilig. Ich werde sie wohl nicht wieder hören.

Aber sie hat doch im ersten Satz durchaus ihre dramatischen Ausbrüche. Ich habe ja ohnehin eine gewisse Voreingenommeheit für Moll, und diese Sonate erfüllt durchaus meine Erwartungen. Da habe ich die (Hob. XVI) Nr. 44 g-moll blasser in Erinnerung.
Martin2
Inventar
#79 erstellt: 28. Apr 2015, 14:33
Hallo Klassikkonsument,

ich finde es gut, daß Du Dich für die 20. Klaviersonate stark machst, ich werde sie dann doch noch mal hören. Allerdings sind die Geschmäcker gelegentlich auch verschieden und das ist auch gut so.

CD 8 + CD9

Heute morgen hörte ich die beiden Sonaten 42 und 48. Die sind in der Anlage durchaus ähnlich, einem sehr langen "Andante con esspressione" Satz folgt ein sehr viel kürzerer schneller. Die Sonate 42 ist dabei ein sehr gutes Werk, auch wenn es nie zu meinen Lieblingen zählen wird. Klaviersonate 48 gefällt mir sogar noch besser.

Kurz hörte ich noch in die 49. Klaviersonate herein. Sehr schön. Ansonsten habe ich aber beschlossen, mein Durchhören durch die Klaviersonaten einzustellen. Die Klaviersonaten 48 - 52 repräsentieren für mich halt das Spätwerk, also der reife Haydn auf dem Höhepunkt seiner Reife und Inspiriertheit. Die kenne ich alle, die 52. Klaviersonate kennt ja vermutlich jeder, der für Haydn etwas Interesse zeigt, die 51. ist kurz, aber dadurch bekannt, daß sie schon frühromantische Züge hat und auch die 49. und 50. sind sicher gut, aber ich will sie im moment nicht hören. Genauso wenig interessiert mich im moment der Anhang mit Werken, die wohl gar nicht von Haydn sind, Fragmenten, Einzelstücken oder ähnlichem.

Deshalb komme ich jetzt mal zu einem kurzen Resumee. Ich würde jedem, der diese Derzhavinabox erworben hat, empfehlen, mit der 3. CD einzusteigen, denn auf den ersten beiden CDs sind halt sehr frühe Dinge, die nicht immer noch den Geschmack von heute treffen. Ich würde mich freuen, wenn ich dem einen oder anderen Hinweise gegeben hätte, was sich bei Haydn eventuell lohnt, auch wenn selbstverständlich niemand meine Urteile teilen muß. Wiegesagt, die frühen Klaviersonaten sind ein Fall für sich und vielleicht sollten sie auch tatsächlich besser auf dem Cembalo gespielt werden. Mir hat es auf jeden Fall große Freude gemacht, mich durch diese Box mal durch zu hören. Dabei habe ich versucht, konzentriert zu hören. Und es wird dabei sicherlich ein paar Werke geben wie die 18. und 23. Klaviersonate, die ich noch einmal gründlicher hören werde.

Und ich sage noch mal, diese Notizen hier in diesem Forum waren zunächst Notizen für mich selber und höhere Ambitionen habe ich mit ihnen auch nicht verbunden. Dabei sage ich deutlich, daß man die negativen Urteile von mir mit Vorsicht genießen sollte, denn möglicherweise gibt es dort auch tatsächlich auch Werke, zu denen ich noch nicht den rechten Zugang gefunden habe. Das mag sein. Die positiven Urteile sind aber sicherlich verläßlicher, denn sie zeigen echte Begeisterung.

Insgesamt sage ich noch mal, daß ich die Klaviersonaten von Haydn ganz toll finde und daß sie die mir liebsten sind neben Beethoven. Und ich hoffe, daß sich etwas von dieser Begeisterung auch auf andere übertragen hat.

Gruß
Martin
Kreisler_jun.
Inventar
#80 erstellt: 29. Apr 2015, 11:39
Ich habe jetzt noch einmal in einige Sonaten der CDs 4-6 reingehört. Die letzte Sammlung (35-39,20) finde ich durchgehend sehr hörenswert; das waren nach den späten auch die ersten Haydn-Sonaten, die ich kennengelernt habe (es gab eine Einzel-CD mit Staier). Die bekanntesten sind die D-Dur 37 und die c-moll, aber insgesamt ist das eine sehr abwechslungsreiche Sammlung.
(Die drei kurzen Sonaten 40-42 sind eh hervorragend, es gibt sie auch in einer hübschen, vermutlich aber nicht von Haydn selbst stammenden Bearbeitung für Streichtrio.)

Bei den anderen beiden finden sich auch einige weniger interessante Stücke, oder solche, bei denen ein m.E. durchaus gelungener Kopfsatz mit einem etwas flachen Tempo di menuetto kombiniert wird (zB 25). Zu meinen Favoriten außer der h-moll 32 gehört jedenfalls noch die 24 und die E-Dur 31 (tolles Finale). Überhaupt sind die spritzigen Finalsätze für mich oft die überzeugendsten. Da gibt es kaum einen Unterschied zu den späten Sonaten. Die Menuettfinali oder Mittelsätze (manchmal mit Variationen) spielt Dershavina teils sehr lyrisch quasi als Ersatz für einen langsamen Satz, da kann ich verstehen, dass man das etwas langatmig findet, es gefällt mir aber recht gut, zB in 30 A-Dur.

Und das Urteil "langweilig" über die berühmte c-moll-Sonate (vermutlich außer den letzten 3-4 die meistgespielte) kann ich natürlich ganz und gar nicht teilen. Selbst wenn die cis-moll, h-moll und e-moll vielleicht etwas zu Unrecht in deren Schatten stehen, ist das jedenfalls ein großartiges Stück. Vielleicht die einzige frühe Sonate, die in Ausdruck und Anspruch in die Nähe der großen "Sturm-und-Drang-"Stücke um 1770 kommt.
Martin2
Inventar
#81 erstellt: 29. Apr 2015, 12:37
Hallo Kreisler Jr.,

ich werde die c moll Sonate noch mal hören. Wenn ich ihr Unrecht getan haben sollte, bitte ich um Verzeihung. Ich höre sie noch mal.

Gruß
Martin
Martin2
Inventar
#82 erstellt: 29. Apr 2015, 13:21
So, ich habe die c moll Sonate jetzt doch noch mal gehört, also die 20. und na ja, sie ist doch besser als ich dachte, doch mal hörenswert, aber ich mag sie immer noch nicht sonderlich. Das heißt, wir haben nun mal immer einen verschiedenen Geschmack und da dem so ist, muß man sich ja auch nicht einig werden.
Martin2
Inventar
#83 erstellt: 29. Apr 2015, 15:26
Übrigens, wo ich das Durchhören der Haydnsinfonien oben weiter ansprach, da bietet das Taminoforum eine Besprechung aller Haydnsinfonien an, die sicherlich fundierter sind als den Senf, den ich zu den Klaviersonaten gegeben habe. Ich habe da mal rein gelesen, klingt super. Also wenn ich mich mal wieder auf die Suche nach Haydnsinfonien jenseits der Bekannten machen sollte, werde ich dies lesen.
Klassikkonsument
Inventar
#84 erstellt: 30. Apr 2015, 01:07

Martin2 (Beitrag #83) schrieb:
Übrigens, wo ich das Durchhören der Haydnsinfonien oben weiter ansprach, da bietet das Taminoforum eine Besprechung aller Haydnsinfonien an, die sicherlich fundierter sind als den Senf, den ich zu den Klaviersonaten gegeben habe.

Mich interessiert dein Senf durchaus. Die Beiträge verschiedener User schließen sich ja nicht per se aus.


Ich habe da mal rein gelesen, klingt super. Also wenn ich mich mal wieder auf die Suche nach Haydnsinfonien jenseits der Bekannten machen sollte, werde ich dies lesen.

Und ebenso hat dein Senf mich dazu angeregt, einige Haydn-Sonaten nochmal zu hören.
Kreisler_jun.
Inventar
#85 erstellt: 30. Apr 2015, 08:30
Für die Haydn-Sinfonien gibt es inzwischen auch viele sehr gute Wikipedia-Artikel; als 2008 das Tamino-Projekt begonnen wurde, sah das noch anders aus.
derherristmeinhirte
Ist häufiger hier
#86 erstellt: 18. Mai 2016, 23:04

Martin2 (Beitrag #76) schrieb:
Auch die 34. Klaviersonate gehört für mich zu den wirklich eigenartigen und besonderen Klaviersonaten Haydns. Eine Mollsonate und dieses ist ein dunkles Moll, fast ein Beethoven Moll. Die Sonate ist nicht lang, aber sehr prägnant, vor allem in den Außensätzen. Der Mittelsatz ist schön, wenn auch weniger prägnant und bildet den Ruhepunkt des Werkes. Auch diese Sonate sollte man kennen.


Schade dass in diesem Thread so wenig los ist. Martin, wenn du denkst niemand liest deinen Senf, dann liegst du falsch, ich jedenfalls bin sehr dankbar für deine Ausführungen.

Nun aber zu Sonate 34: Gestern gab es auf SRF2 eine Sendung über den belgischen Pianisten Julien Burms, die ich mitgeschnitten habe.

Nein, ich kannte ihn bis gestern auch nicht. Seine erste (?) CD, die netterweise fast komplett gespielt wurde, enthält neben der Klaviersonate D960 von Schubert und einem Werk von Villa-Lobos die oben genannte Sonate XVI 34. Ich habe bisher eine Aufnahme von Maria Bergmann und natürlich die von Ekaterina Derzhavina, aber diese gefällt mir vorläufig am Besten- geht gut ab (aber weniger schnell als Derzhavina), schöne "Verzierungen".
Martin2
Inventar
#87 erstellt: 15. Jul 2016, 17:28
Danke, das freut mich. Ich werde übrigens meine Besprechung sämtlicher Klaviersonaten doch mal beenden. Mir ist ja dann irgendwann zum Schluß die Puste ausgegangen, so daß ich über die ganz späten Sonaten dann nichts mehr geschrieben habe, aber das hole ich noch nach.

Gruß
Martin
Martin2
Inventar
#88 erstellt: 31. Aug 2016, 07:40
CD 8

So, ich wollte doch meine Durchhöraktion durch die gesamten Klaviersonaten noch mal zu einem vernünftigen Abschluß bringen.

Über die Sonaten 42 und 48 hatte ich ja schon geredet, das sind wirklich sehr schöne Sonaten, wobei die späte Sonate 48 auch wirklich einen Haydn zeigt, der durchweg in einem Stil komponiert, den man einfach mit dem Siegel "klassisch" versehen kann. Nicht nur ist der erste Satz Andante expressione sehr schön, sondern der schnellere zweite hat eben diese klassische Ausgewogenheit und Erfülltheit, die typisch ist für Haydns Spätstil.

Die Sonate 49 gefällt mir auch ganz großartig. Auch das ist eine vollkommen durchblutete Musik, die einfach fabelhaft ist in allen drei Sätzen. Einfach klassischer Haydn.

Die Sonate 52 ist dann eine der drei englischen Sonaten, mit denen sein Haydn sein Klavierwerk abgeschlossen hat, vermutlich überhaupt die bekannteste Klaviersonate, so genau weiß ich das allerdings nicht. Für mich war sie immer eine der Lieblingsklaviersonaten, die ich immer schon gerne gehört habe. Der erste Satz sehr lebendig. Die Derzhavina spielt ihn klassisch ausgewogen, Sviatoslav Richter etwas typischer, aber Walter Klien gefällt mir auch sehr gut. Es gibt da so eine bestimmte typische Figur im ersten Satz, die bei Klien besser raus kommt als bei der Derzhavina, aber die Derzhavina ist aller Ehren wert.

Der langsame Satz ist auch sehr schön, versonnen und schlicht über weite Strecken, aber dann auch eine ganz kurze Stelle, wo der Klang plötzlich viel moderner, fast atonal wirkt. Und der letzte Satz dann wieder sehr klassisch und erfreulich.

So, demnächst mache ich dann mal CD9, da ist dann neben den berühmten Sonaten 50 und 51, die ja nun zu den berühmten englischen Sonaten gehören, auch der "Apendix" drauf, also wahrscheinlich Sonaten, deren Urheberschaft nicht so ganz klar ist und auch kürzere Stücke, wahrscheinlich weniger weltberühmt, aber zu den Sachen will ich dann auch noch etwas schreiben.


[Beitrag von Martin2 am 31. Aug 2016, 18:39 bearbeitet]
Martin2
Inventar
#89 erstellt: 31. Aug 2016, 18:40
CD 9

Ich hörte jetzt noch die zwei englischen Sonaten 50 und 51

Sonate 50 überraschte mich am Anfang durch eine oberflächliche Schlichtheit, die fast an frühere Sonaten erinnert. Weniger Vollgriffigkeit, weniger oberflächliches Raffinement, nein eher Schlichtheit, obwohl dies ein Spätwerk ist, so kommt der erste Satz daher, der nun wirklich weniger Effekt macht als der erste Satz der zeitglichen Sonate 52. Aber diese Schlichtheit hat etwas und diese Musik hat etwsa ungemein lebensjahendes und fröhlich stimmendes.

Der zweite Satz auch nicht raffiniert, sondern teilweise fast ein wenig liedhaft stimmungsvoll. Der Satz dauert fast 7 Minuten.

Ganz kurz dagegen der Schlußsatz, etwas über 2 Minuten, aber diese 2 Minuten und 17 Sekunden sind gefüllt mit Witz und Esprit, wie sie wahrscheinlich nur so ein Altmeister wie der alte Joseph Haydn heraus hauen konnte.

Sonate 51 ist dagegen ein kurzes Werkchen, nur fünfeinhalb Minuten, aber diese über 5 Minuten sind sehr erstaunlich dahingehend, daß dieses Werk in seiner romantische Bezirke streifenden Gesanglichkeit sehr schubertnah ist, was bei dem Erfinder des klassischen Stils doch eher erstaunlich ist, aber dabei doch die erstaunliche Universalität des Meisters Haydn zeigt.

So, nach diesen beiden Sonaten folgt der sogenannte "Anhang". Ich hatte da kurz rein gehört, aber nach den phantastischen Sonaten 50 und 51 war das eher eine Antiklimax, so schlicht kam diese Musik daher. Es sind die Sonaten 5, 47, 15 und 17. Sind dies nun Sonaten, die Haydn zu Unrecht zugeschrieben worden sind, oder warum sind diese Sonaten in einen sogenannten Anhang verbannt worden. Fragen, die Kreisler Jr eventuell beantworten könnte. Es sind dann auch noch ein paar ganz kurze Einzelstückchen drauf, die teilweise nicht einmal eine Hobokennummer haben.


[Beitrag von Martin2 am 31. Aug 2016, 18:42 bearbeitet]
Hüb'
Moderator
#90 erstellt: 19. Okt 2016, 08:26
Hallo zusammen,

jpc.de

Joseph Haydn (1732-1809)
Sämtliche Klaviersonaten

Klaviersonaten H. 16 Nr. 1-16, 18-52; H. 16: G1 (alte Nr. 4);H. 17: D1 (alte Nr. 7); H deest in Es (alte Nr. 17);H deest in Es (alte Nr. 18)
+Variationen H. 17 Nr. 2, 3, 5-7; Alternativfassung zu H. 17 Nr. 2
Rudolf Buchbinder
10 CDs
Telefunken/Warner, ADD, 1973/74

Mein Zugang zu den Werken Haydns ist ein wenig problematisch. Natürlich nicht, weil die Musik grundsätzlich Zugangsschwierigkeiten bereitet, sondern vielmehr weil es in den jeweiligen Subgenres so viel gibt, was er komponiert hat. Die Fülle der Klaviersonaten, Sinfonien, Klaviertrios und Streichquartette ist kaum "beherrschbar". Hierin begründet liegt auch der subjektive und leise Verdacht, ob das alles denn von hoher Qualität sein kann und ob ein Komponist überhaupt (selbst in einem langen Leben) genug Ideen auffahren kann, damit die verschiedenen Werke einer Kategorie hinlänglich unterscheidbar und interessant erscheinen mögen?
Erschwerend - und wiederum ganz subjektiv - kommt hinzu, dass Haydns Musik oftmals ein gewisses schelmisches, augenzwinkerndes, humorvolles Moment innewohnt, welches von der Ernsthaftigkeit und Güte der Werke ablenken mag - die eben auch enthalten ist! Für denjenigen - wie mich - der vorwiegend nach schwelgerischen, romantischen und melancholischen Kompositionen "giert" etwas, dass man als Hürde empfinden kann.
Wenn ich nun versuche, mich der oben gezeigten Gesamtaufnahme durch Rudolf Buchbinder möglichst vorurteilsfrei zu nähern, dann komme ich zu dem Ergebnis, dass es sich in Summe um ganz wunderbare Musik handelt. Spätestens ab den mittleren Sonaten schält sich eine hohe Eigenständigkeit der Kompositionen heraus. Im zeitlichen Verlauf gewinnen Sie an Wiedererkennungswert und ihr Profil wird schärfer, auch experimentierfreudiger. Da ist vieles dabei, was ich (man) häufiger hören möchte und sollte. Es würde sich durchaus lohnen. die einzelnen Sonaten genauer zu betrachten, die Musik und die einhergehenden Empfindungen näher zu beschreiben - allein mir fehlt für so etwas die liebe Zeit.
Wie nun die Interpretation durch Buchbinder, der - neben der alten Eterna-D"D"R-Produktion von Walter Olbertz - sicher einen der frühesten Zyklen vorgelegt hat, nun zu bewerten ist, mag ich nicht sagen. Vielleicht reicht es auch, festzuhalten, dass die Interpretation meine Voreingenommenheit gegenüber der Musik überwunden hat und mich sogar für diese begeistern konnte.
In klanglicher Hinsicht scheinen mir die Einspielungen gelungen, auffällig allenfalls im Diskant bei lauten Passagen einiger (weniger) Sonaten. Hier neigt der klang zu leicht "hysterischer" Aggressivität. Ich müsste das via Kopfhörer noch einmal abhören, um zu verifizieren, ob es sich tatsächlich um übersteuerungsbedingte Verzerrungen handelt, wie vermutet.
Unterm Strich bleibt jedenfalls ein dickes Plädoyer für Haydns Klaviersonaten. Sie waren mir eine große Hörfreude, die bei Gelegenheit vertieft werden wird.

Viele Grüße
Frank
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