Pioneer SA 7800 S/G - Restaurierung in Eigenregie

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Explosiv
Stammgast
#1 erstellt: 26. Mrz 2023, 13:28
So, nun ist es endlich soweit. Nach langem Überlegen möchte ich euch an der Restaurierung meines Pioneer SA 7800 S/G teilhaben lassen.


Zur Vorgeschichte:

Es stand nach vielen Jahren ein Lautsprecherwechsel an und ich hatte mich bewusst dafür entschieden, einen potenten älteren Verstärker für meine neuen Standlautsprecher zu erwerben. Ich hatte vor etlichen Jahren einen A 335 von meinen Eltern geerbt, der mich nie im Stich gelassen hatte. Von der Audioqualität her war ich recht zufrieden. Dadurch getriggert, kaufte ich mir einen Pioneer A-676 aus der Brucht, in schöner Champagnerfarbe, ohne optische und technische Mängel (dazu bald ein eigener Thread). Mit dem bin ich im großen und ganzen sehr zufrieden.

Durch Zufall bin ich auf einen Artikel zu einem SA 8800 gestoßen und wurde schlicht von Vintage-Geräten infiziert. Das Non-Switched Design hatte mich so sehr interessiert, dass ich Monatelang auf die richtige Gelegenheit auf einschlägigen Seiten gelauert hatte. Da der 8800er mir etwas zu teuer war, schaute ich mich nach einem SA 7800 um. Ich hatte dann das Glück: Gefunden, gekauft.
Die Vorgeschichte zu meinem SA 7800 S/G finde ich auch sehr interessant. Der Vater des Verkäufers war ein G.I. der US-Armee und hatte sich damals diesen schönen Verstärker im U.S. Store gekauft. Nach vielen Telefonaten, einem Video und vielen Bildern habe ich dann zugeschlagen. Ein paar optische Macken hatte er aufgrund seines Alters schon, dass Furnier hatte sich gelöst.
Bei mir angekommen, unterzog ich dem Verstärker einer Fehleranalyse. Lautes knacken und Kratzen, ein Relais was mehrmals zuschaltet und abfällt und sich dann hält. Dazu kam dann noch ein nach gleicher Zeit auftretendes lautes Knallen. Wie ich festgestellt hatte, waren die Potis verunreinigt, ein Kondensator auf der Netzteilplatine defekt. Das Relais hatte oxidierte Kontaktflächen (vermutlich immer unter Last abgeschaltet, Abrissfunke). Ich dachte mir ok, dass sollte ich auch selbst hinbekommen. Ich hatte etwa 8 Jahre in meinem Beruf im Bereich professional Audio zu tun, was mir neben meiner Elektrotechnischen Ausbildung geholfen hat manches leichter zu verstehen.

Ersteindruck nach dem Aufschrauben war folgender Zustand:

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Gehäuse war schon sehr ramponiert:

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Als aller erstes, stand eine Grundreinigung an. Das heisst öffnen, ausblasen und alle Potis und Schalter reinigen. Ich verwende dafür ausschließlich Teslanol Kontaktreiniger (früher hieß es Oszillin) und Isopropanol. Einen ölfreien Kompressor hatte ich mir extra für dieses Einsatzzweck gekauft.

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Nachdem ich alle Kontakte gereinigt hatte, stellte sich bei mir ein erstes Grinsen ein. Das knacken und knarzen der Regler, die Schwankungen auf den Kanälen waren schon mal weg. Ich konnte dem Gerät einen ersten Ton entlocken. Die Freude war zu dem Zeitpunkt schon sehr groß. Ein 42 Jahre alter Verstärker, der wieder einen Ton von sich gibt, ist etwas ganz besonderes.
Das "Knallen" war jedoch immer noch da. Eine genauere Fehleranalyse ergab zu dem Zeitpunkt, dass ein Elko auf der Netzteilplatine defekt war. Am nächsten Tag einen Ersatz aus der Werkstatt besorgt, eingelötet und im gleichen Zuge kalte Lötstellen nachgelötet. Das Problem war behoben.

Ob es jetzt allein an diesem einen Kondensator lag, oder an einer kalten Lötstelle, kann ich dim Nachhinein nicht mehr sagen. Das Problem war weg.

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Im ersten Hörtest zu meinem A 676 im direkten Vergleich, war ich überwältigt von der hohen Auflösung und Räumlichkeit, die der SA 7800 so unbeschwert in den Raum warf. Das Gefühl, man stehe mitten vor der Bühne, war beeindruckend. Ich kann nicht sagen, dass der A 676 nicht alles wiedergibt, jedoch vernahm ich beim Sa mehr Details und Raum, als mit dem "Youngtimer".

Nach der Grundreinigung beschloss ich dem alten Kandidaten einer umfangreichen Recap-Kur. Erst neulich habe ich bei meinem Kollegen in der Werkstatt gesehen, was so ein nach 20 Jahren platzender Kondensator alles anrichten kann. Nach 40 Jahren wollte ich in dem Bezug kein Risiko eingehen und hatte gleichzeitig die Möglichkeit, die alten Kondensatoren zu prüfen.
Bis auf die Siebelkos und ein zwei anderen Kondensatoren, waren alle noch relativ fit. Manche sogar noch über ihren Kapazitätswerten! Die Siebelkos hatten in etwa 1000 Mikrofarrad eingebüßt, zwei auf dem Phoneboard waren fast hinüber. Leckströme wären bei den alten Kondensatoren auch noch interessant gewesen, jedoch hatte ich nur die Möglichkeit die Kapazitäten zu prüfen.
Ein Recap-Set hatte ich in den Vereinigten Staaten bestellt, dass Servicemanual lag schon bereit. Um die Zeit zu überbrücken, entschloss ich mich die Lautsprecherterminals etwas Zeitgemäßer zu gestalten, meine Kabel passt nicht in die Original-Klemmen. Die passenden Speakerterminals waren schnell gefunden und auch leicht einzubauen.

Alt:
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Neu:

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Nach einem Monat des Wartens, waren die Elkos endlich da. Der Einbau nahm schonmal ein Wochenende in Anspruch:

Austausch der Elkos und LS-Relais:

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Leider passte die Bauform nicht ganz, aber eine Lösung war recht einfach umzusetzen:

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Die Elkos waren getauscht. Ich konnte zum ersten Mal unbeschwert Musik hören. Nichts zuckte, nichts verzerrte, dass Relais schaltet sofort zu. Ich war bis auf ein zwei Fehler, mit dem Ergebnis recht zufrieden. Es stellte sich nämlcih bei dem Umbau heraus, dass 7800 nicht gleich 7800 ist.
Da es sich um eine US-Militär Version handelt (S/G), sind mir beim Umbau am Toneboard unterschiedliche Kapazitäten aufgefallen. Ich dachte zu aller erst, dass die Lieferung falsch war. Nach genauerer Recherche und studieren der Schaltpläne, lag der Fehler nicht seitens des Händlers, sondern auf meiner Seite. In der HG-Version werden statt einmal 10V10uf, 50V22uf und statt 50V1uf, 50V4,7uf. Auch sind auf dem Toneboard meiner S/G Version weitere Komponenten, die sich von HG-Version unterscheiden. Da war die Irretation erst einmal groß, das die Partnummer des Toneboards identisch ist. Evtl. gab es hier verschiedene Revisionen/Verbesserungen? Ich weiß es nicht.
Diesbezüglich suche ich schon seid einiger Zeit die Schaltpläne für die S-S/G Version, da sie im Service-Manual gesondert aufgeführt werden. Da ich im Laufe des Umbaus noch einen defekten SA 7800 gekauft hatte, konnte ich die Unterscheide auch auf der Netzteilplatine ausmachen. Nichtsdestotrotz, hatte ich die alten Kondensatoren am Toneboard wieder eingelötet und mir passenden Ersatz geholt. Eingebaut wurden dann letztendlich "Muse" Kondensatoren von Nichicon.

Nachdem die technische Kur soweit abgeschlossen war, gab es noch einige Punkte die ich unbedingt angehen und abarbeiten wollte. Den defekten SA hatte ich mir geholt, da mein Sa eine unschöne Macke im Display hat. Auch die Knebel sind sehr zerkratzt. Der Austausch hatte für mich Priorität, ich bin in der Hinsicht "leider" Perfektionist.

Austausch Schaumband hinter der Volume-Platte:
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Display mit Macke:

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Einbau neues Display:

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Wie verzweifelt einige Leute sind, um einen SA 7800 am Leben zu erhalten, sieht man hier wunderbar. Den defekten SA 7800 den ich mir gekauft habe, ist einen Transistor-Tot gestorben. Das Phono-Board ist gebrochen. Irgend ein Tüftler hat sich dann selbst eine Platine zusammen gefrimelt (anders kann ich das nicht bezeichnen). Es hat so wohl noch eine ganze Weile beim Verkäufer funktioniert. Samt eigenen kleinen Mini-Trafo!

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Das Woodcase ist gerade bei mir in Arbeit. Das alte Furnier zu lösen war nicht ganz einfach. Mit einem Heißluftföhn konnte ich die Folie jedoch entfernen. Momentan befindet sich das Holz mit Furnier im dritten Zwischenschliff, da ich unbedingt die gleiche glatte Oberfläche ähnlich wie im Original erreichen möchte.

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Der momentane Restaurierungszustand mit getauschtem Display-Glas und Knebeln:

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Das hier zu sehende Woodcase, stammt von einem kürzlich erstandenen TX7800. Das Woodcase muss als Übergang für meine Zwecke herhalten, bis ich mit dem funieren und lackieren fertig bin. Sobald es weitere Fortschritte gibt, poste ich sie hier als Update.

Viel Spaß beim anschauen der Bilder, ich bin für Fragen und Anregungen offen und Verbesserungsvorschläge sind erwünscht! Viele Grüße aus Thüringen.


[Beitrag von Explosiv am 26. Mrz 2023, 14:31 bearbeitet]
Explosiv
Stammgast
#2 erstellt: 28. Mrz 2023, 18:49
Heute habe ich mir etwas Zeit genommen und den Ruhestrom des Verstärkers nach Service Manual abgeglichen.
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Kurze Frage an die Experten hier im Forum, macht es Sinn entsprechend auch das Display neu zu kalibrieren, oder besteht da kein Handlungsbedarf?
shabbel
Inventar
#3 erstellt: 29. Mrz 2023, 06:16
Die Pegelanzeige ist ja nur für die Optik und für die Betriebssicherheit nicht wichtig.
Explosiv
Stammgast
#4 erstellt: 29. Mrz 2023, 13:50
Alles klar, danke für die Auskunft. 👍
Explosiv
Stammgast
#5 erstellt: 02. Apr 2023, 16:26
Heute habe ich das Woodcase fertig gestellt. Das ganze war nicht ganz so einfach und nach einigen Fehltritten und neu furnieren, ist das am Ende dabei raus gekommen. Ich denke ich lasse das jetzt so.

Alt:

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Neu:

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