Tuner (MR-71) oder Sender Schuld?

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Keksstein
Inventar
#1 erstellt: 14. Jan 2020, 20:40
Hallo!

meinen McIntosh MR-71 Röhrentuner habe ich gebraucht erworben, das Gerät ist geprüft die Papierkondensatoren wurden schonmal getauscht. Er empfängt trotz Zimmerantenne gut und ist trennscharf, nun ist mir aber etwas aufgefallen:

Bei manchen Sendern, hauptsächlich jene welche den Optimod ein wenig zu viel einsetzen, also keine gute Tonqualität bieten, ist ein sehr sehr leises "zwitschern" im Hintergrund zu hören, klingt ähnlich wie ein MP3 Encoder. Nicht immer aber oft, das ist so leise das es mir über den Lautsprecher in der Werkstatt garnicht aufgefallen ist, meine Kopfhörer sind da aber schonungslos. Auffällig ist, der Effekt verschwindet wenn man den Tuner auf Mono schaltet. Es betrifft nicht alle Sender, ein Klassiksender klingt überschand gut.

Die Frage ist nur, wer ist Schuld? Ideen:

1) Der Stereodekoder vom Tuner hat eine Macke, darin wurde mal eine Röhre gewechselt. Glaube ich deshalb nicht weil der Fehler dann immer da wäre.
2) Es ging 1963 als der Tuner auf den Markt kam nicht besser oder das Gerät hat mit der extremen Aussteuerung Probleme.
3) Die Kompression beim Radiosender ist schuld, aber warum dann nur bei Stereo?
4) Der Effekt tritt bei Sendern auf die gut empfangen werden aber keine optimale Signalstärke bieten, der Tuner braucht viel Pegel für gutes Stereo.

Leider habe ich keinen anderen Tuner mit dem ich vergleichen könnte, was meint Ihr?

Gruß,
Jan


[Beitrag von Keksstein am 14. Jan 2020, 20:41 bearbeitet]
DB
Inventar
#2 erstellt: 15. Jan 2020, 12:01
Es ergeben sich hier mehrere Ansatzpunkte.

Zunächst einmal wäre das die für den Tuner inadäquate Zimmerantenne, die im häuslichen Störnebel und vielleicht das ganze Gebäude in einer heiklen Empfangslage liegt. Sauberer Stereoempfang benötigt etwa den zehnfachen HF-Pegel.

Ist der Tuner schon mal komplett abgeglichen worden? Das würde erklären, weshalb er bei Stereo etwas schwächelt. Ich meine, Kaskodeeingangsstufe und vier ZF-Stufen, da sollte schon ordentlich was gehen. Wobei die Verstärkung pro ZF-Stufe so hoch auch nicht zu sein scheint, sie sind alle nicht neutralisiert.

Eine weitere Sache ist, daß sich im Decoder selbst Probleme ergeben können. Die höchsten Frequenzen, die er ohne Amplituden- und Phasenfehler angeboten bekommen muß, sind 53kHz, aber auch nicht mehr. Problematisch sind 114kHz, die hier Probleme mit dem Nachbarkanal erzeugen kann. Da müßte man sich anschauen, was das SCA-Filter tut.
Was dem Tuner auf alle Fälle fehlt, sind dem Decoder nachgeschaltete Pilottonfilter (19/38kHz).

MfG
DB
Keksstein
Inventar
#3 erstellt: 15. Jan 2020, 19:58
Danke DB für Deine Einschätzung!

Ich probiere das mal indem ich die Antenne durch das Fenster nach draußen verlagere, bekomme aber auch so einige Sender mit hohem Pegel.

Ich vermute der Tuner erhielt seinen letzten Abgleich im Werk, kann es natürlich nicht sicher sagen. Er hat nicht so viele Betriebsstunden hinter sich, das (mit McIntosh gestempelte) Magische Auge hat volle Helligkeit und keine Einbrennspuren, Röhren dürften also OK sein. Hältst Du einen Neuabgleich einfach durch das alter (oder die getauschte Röhre im Stereodecoder) für notwendig? Habe ich für unkritisch gehalten. Mir selber fehlen da die Möglichkeiten.


Eine weitere Sache ist, daß sich im Decoder selbst Probleme ergeben können. Die höchsten Frequenzen, die er ohne Amplituden- und Phasenfehler angeboten bekommen muß, sind 53kHz, aber auch nicht mehr. Problematisch sind 114kHz, die hier Probleme mit dem Nachbarkanal erzeugen kann. Da müßte man sich anschauen, was das SCA-Filter tut.


Das SCA Filter ist auf dem Chassis montiert, der Schwarze Kasten mit dem Tiefpass Symbol. Da lässt sich nichts abgleichen an der Stelle:

https://www.radiomuseum.org/r/mcintosh_mr_71.html

Wenn da ein Problem besteht wäre doch der Sender egal, manche Sender bekomme ich aber Störungsfrei. Mir fehlt wie gesagt der Vergleich und ich kenne niemanden der einen brauchbaren Tuner zum testen ausleihen könnte.

Gruß,
Jan
DB
Inventar
#4 erstellt: 15. Jan 2020, 20:14
Naja, so ein Abgleich erfordert Meßtechnik und Erfahrung und selbst dann kann es sein, daß das Gezwitscher nicht weg ist. Es ist einfach das Problem, daß Stereo da empfindlicher auf Nachbarkanalstörungen reagiert. Generell waren die Röhrendecoder und Schalterdecoder mit Spitzengleichrichtung da recht empfindlich.
Du wirst vermutlich damit leben müssen.
hf500
Moderator
#5 erstellt: 15. Jan 2020, 21:46
Moin,
als amerikanische Konstruktion duerfte der Tuner eine ziemlich breite ZF haben. Die UKW-Senderdichte, die wir hierzulande haben, gab es in den USA nie, da konnte man Sender mit 300kHz Abstand plazieren. Hier hockt oft genug der naechste Sender 100kHz oder weniger entfernt und ist oft genug auch noch ziemlich stark. Nachbarkanalstoerungen sind da nicht auszuschliessen.
Am Ende ist das Geraet in Ordnung und nur mit den hiesigen Verhaeltnissen ueberfordert. Da helfen dann auch imposant 16 Kreise nichts, wenn das Geraet nicht fuer das dichte deutsche Sendernetz konzipiert wurde. Denn damit sind wir ziemlich allein... (Gegen Anfang der 60er hat man aus Frequenzmangel den Nachbarkanalabstand von 300kHz auf 100kHz geaendert. Dazu muss man wissen, dass der UKW-Bereich bis in die 80er hinein nur bis 100MHz ging und erst dann auf 104MHz, spaeter auf 108MHz erweitert wurde. Grund waren Stoerungen des Flugfunkes (beginnt bei 108MHz, zuviele UKW-Sender unter unserem Luftraum))

73
Peter


[Beitrag von hf500 am 15. Jan 2020, 21:53 bearbeitet]
Keksstein
Inventar
#6 erstellt: 16. Jan 2020, 09:02
Danke nochmal für Eire Antworten,

wenn es kein Fehler ist sondern eine Eigenheit des Tuners, dann kann ich damit leben. An den Abgleich hätte ich mich selbst nicht getraut bei dem Gerät, da die meisten Röhrenradios aus den 50ern noch keinen Neuabgleich benötigen nahm ich an das das auch hier nicht der Fall sein wird. Die Filter in diesem Tuner sind ja hochwertiger als die in den Heimradios, habe ich für unwahrscheinlich gehalten das die einfach so driften.

Das SCA Filter schafft wohl 250dB Dämpfung pro Oktave laut McIntosh, davon ausgehend das es noch richtig funktioniert. Ich vermute das es ein LC-Tiefpass ist, eventuell ist der C ja gealtert. Wobei in den meisten kritischen Stufen Glimmerkondensatoren sind, die Papierkondensatoren saßen in der Spannungsversorgung.

Der Tuner könnte hier gekauft worden sein, es gab einen Schweizer Import der Geräte, eventuell hat McIntosh hier angepasst. Die Deemphasis ist jedenfalls werkseitig richtig für Deutschland. Er läuft an 234V (!) was auch gegen Import spricht.
rummsdikabumms
Hat sich gelöscht
#7 erstellt: 16. Jan 2020, 11:28
Bei Mehrwegeempfang bekommt man Stereo-"Gezwitscher" auch mit modernen Tunern (außer SDR, wo diese Art Störung herausgerechnet werden kann). Mit einer einfachen Wurfantenne und in besiedeleten Gebieten passiert das praktisch immer, richtig guter Empfang ist mehr oder weniger Zufall.
Evtl. hat der MR71 einen Ausgang für Oszilloskope, damit lässt sich die Empfangslage bzw. Mehrwegeempfang sehr gut bestimmen.
Besser sind Richtantenne oder Kabelanschluß, wobei der einfache Tuner mit hohen Pegeln schnell überfordert.


[Beitrag von rummsdikabumms am 16. Jan 2020, 11:28 bearbeitet]
Bertl100
Inventar
#8 erstellt: 16. Jan 2020, 13:15
Hallo zusammen,

nach meiner Erfahrung übersteuern Röhren-HF-Teile nicht soo schnell.
Was in diesen Tagen vielleich auch zu bedenken ist, sind Überreichweiten. Diese können auch zu zwitschern führen, und treten in Herbst- und Wintertagen häufiger mal auf.

Bei dieser Art von Demodulation ist die Gleichwellenselektion nicht besonders gut (schlechter als bei modernen Geräten), daher könnte das Gerät recht sensibel auf solche Überreichweiten reagieren.

Gruß
Bernhard
DB
Inventar
#9 erstellt: 16. Jan 2020, 17:30

Keksstein (Beitrag #6) schrieb:
Das SCA Filter schafft wohl 250dB Dämpfung pro Oktave laut McIntosh

Im Leben nicht. Welcher Ordnung soll das Filter denn dafür sein?

MfG
DB
hf500
Moderator
#10 erstellt: 16. Jan 2020, 19:30
Moin,
wahrscheinlich fehlt ein Komma oder es ist eine Null zuviel.
(Man rechne mal aus, was fuer ein Verhaeltnis zu 250dB gehoert ;-)

73
Peter
Keksstein
Inventar
#11 erstellt: 16. Jan 2020, 19:57

Bei Mehrwegeempfang bekommt man Stereo-"Gezwitscher" auch mit modernen Tunern (außer SDR, wo diese Art Störung herausgerechnet werden kann). Mit einer einfachen Wurfantenne und in besiedeleten Gebieten passiert das praktisch immer, richtig guter Empfang ist mehr oder weniger Zufall.


Der Tuner nutzt dafür das Magische Auge, bei Mehrwegeempfang flackert es.


Was in diesen Tagen vielleich auch zu bedenken ist, sind Überreichweiten. Diese können auch zu zwitschern führen, und treten in Herbst- und Wintertagen häufiger mal auf.

Bei dieser Art von Demodulation ist die Gleichwellenselektion nicht besonders gut (schlechter als bei modernen Geräten), daher könnte das Gerät recht sensibel auf solche Überreichweiten reagieren.


Das würde erklären warum es nicht bei jedem Sender passiert.


Im Leben nicht. Welcher Ordnung soll das Filter denn dafür sein?


Das Service Manual sagt:

SCA

Das Service Manual sagt eigentlich von 67kHz auf 74khz beträgt die Dämpfung dieses Filters 50dB, was ich schon für extrem halte. Die Hochrechung dient wohl dem Entwicklerstolz und soll zeigen das das Filter extrem steil ist.


Denn damit sind wir ziemlich allein... (Gegen Anfang der 60er hat man aus Frequenzmangel den Nachbarkanalabstand von 300kHz auf 100kHz geaendert.


Ich habe was in der BDA für das Schweizer Modell gefunden:

MR71


[Beitrag von Keksstein am 16. Jan 2020, 19:58 bearbeitet]
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