Wattmeter, Test von Endverstärkern

+A -A
Autor
Beitrag
gst
Inventar
#1 erstellt: 10. Nov 2022, 15:03
Ich hatte da vor längerer Zeit im Restpostenbereich ein Gehäuse für einen Switch aus seinerzeit Taiwan erworben; den Preis hatte ich schon vergessen, aber höher als 10 Euro war er wohl nicht.
Er war im nicht so schönen Beige lackiert. Also bekam er ein Mittelgrau oben und an den Seiten verpasst. Während ich ursprünglich dachte, er sei 435 mm breit, bewies er seine Herkunft für den 19-Zoll Einsatz und machte meine Ideen für ein Gerät der Receiver - Kassettendeck- CD Player - Kette zunichte und zeigte mir mit 445 mm, was eine Harke war .

Switch-Gehäuse1

Switch-Gehäuse2

Aber ziemlich zum gleichen Zeitpunkt fielen die mir bei Reichelt erworbenen Lastwiderstände wieder ein, die wollten ja auch noch ein Haus haben. Eigentlich war das Gehäuse dafür zu schade, aber ewig Rumliegen im Keller für die Widerstände ist auch nichts Sinnvolles. Die ursprünliche Ansammlung von Ethernet-Anschlüssen machte eine neue Frontplatte erforderlich. Alu-Front-Platten im Internet sind sauteuer und dann nicht mal zugeschnitten. Außerdem habe ich keine Säge mit 440 mm Schnittbreite und mit Sticksäge wird das bei meiner Geschicklichkeit nie etwas. Per Zufall habe ich 25 km weit weg eine Firma entdeckt, die Schaltgehäuse-Schränke erstellt. Ich da mal testweise hin und fragte, ob sie mir Alu-Blechstücke abkanten könnten. Ich dachte, wenn die so etwas herstellen, sollte das ein Leichtes sein. Nee, sagten die, so etwas würden die gar nicht machten. Aber ich sollte die Maße angeben und einen Telefonnummer, dann würden sie Bescheid sagen, wenn sie das mal zwischendurch gelasert hätten.
4 Tage später rufen die an, 2 Bleche gelasert, könnte ich abholen. 20 Euro habe ich in Kaffekasse gedrückt und alles war gut.
(5kW Laser!)
Ein paar Löcher an der halbwegs richtigen Stelle in der Frontplatte gebohrt und es sah so aus:

P1110043

innen nicht ganz so schön, weil ich die schräg übernommen Abstandsbolzen im Boden übernehmen wollte, aber sieht keiner außer mir:

P1110041

Vier Lastwiderstände à 8 Ohm und 100 Watt, das muss für meine Zwecke reichen.
Opfer wurde der Yamaha RX797, der immerhin 2x160W an 4Ohm verspricht. Sicherheitshalber am Trenntrafo mit Amperemeter angeschlossen. Sinusgenerator an beide Kanäle, damit die Bedingungen auch echt und hart werden.
Außerdem beguckte ich mit dem Oszi die Kurvenform; über den Luxus einer Klirrfaktormessbrücke verfüge ich leider nicht. Bei rund 60 V Spitze-Spitze rührte sich das Ameremeter schon erheblich. Wie ich denn 76Vss ablesen konnte, fing der Verstärker an, zu begrenzen. Netzeingangsstrom war bei 2,3A, aber der Trenntrafo kam schon ins Schwitzen und bot nur noch 220V. So geht das natürlich nicht und ich regelte die Netzeingangsspannung wieder auf 230V. Alle Abplattungen wieder weg, aber ich regelte die Verstärkung noch auf 74Vss runter, um auf jeden Fall aus der Verzerrungszone heraus zu sein.
Ja, 74 Vss sind nur 26,25 Veff, aber an 4 Ohm 172W. Beide Kanäle zusammen also rund 345 Watt. Die stehen einer Eingangsleistung von 530 Watt gegenüber, was einen Wirkungsgrad von nur rund 65% ergibt. In der Theorie wäre das alles besser, aber jeder Kanal hat eben rund 6 Watt Ruhestromverluste und die Versorgung des Prozessors, Vorstufen, Display gibt's nicht umsonst. Im Ruhezustand ohne Aussteuerung verbraucht das Gerät 24 Watt, also alle Ergebnisse vorhersehbar, nichts Überraschendes. Da mag höchstens die maximale Eingangsleistung des Trafos mit 650Watt überzeugen, ist eben kein China-Ramsch.
Braucht man ein Leistungsmessgerät? Nicht unbedingt, aber Holzohren sind manchmal so trügerisch, dass ein bißchen Objektivität nicht schaden kann.
gst


[Beitrag von gst am 10. Nov 2022, 17:55 bearbeitet]
EffEmm
Ist häufiger hier
#2 erstellt: 27. Dez 2022, 14:27
Schönes Projekt, so etwas will ich mir auch noch bauen. Ich habe noch jede Menge alte Hochlast-Zementwiderstände hier rumliegen (je 11 W / 3,9 Ohm). Die werden dann so verschaltet, dass man 2, 4 und 8 Ohm als Messwiderstand auswählen kann.
Ein Tip für ein geeignetes 435 mm-Gehäuse: Hier kann man sehr gut ein passendes, ausrangiertes HiFi-Gerät aus dem Schrott nehmen, z. B. ein flaches Gehäuse von Analog-Tunern, wie sie ja momentan in Mengen weggeworfen werden.
Bei der Kühlung der Leistungswiderstände würde ich mal nachmessen, wie heiß die werden im Lastbetrieb. Nominal können die zwar 100 Watt verbraten, aber nur, wenn sie auf einem ausreichend großen Küklkörper montiert werden. Von der Optik her würde ich den Kühlkörper auf ca 1,5°/Watt schätzen. Wenn dem jetzt z. B. dauernd 200 Watt als Leistung zugeführt werden, würde sich das Ganze auf 200 W x 1,5°/Watt + T amb. = 300°+ Umgebungstemperatur aufheizen. Dabei ist auch noch die Derating-Kurve der Lastwiderstände zu beachten. Da verhält es sich in der Regel so, dass bei 150° Widerstandstemperatur die zulässige Leistung nur noch bei 50% liegt. Wenn die Messungen aber immer nur sehr kurz dauern, ist die Erwärmung natürlich kein Problem, eventuell könnte man noch einen kleinen Lüfter im Gehäuse verbauen, z. B. aus einem alten Beamer, die sind sehr leise.

EffEmm


[Beitrag von EffEmm am 27. Dez 2022, 14:30 bearbeitet]
gst
Inventar
#3 erstellt: 27. Dez 2022, 15:56
Schau ich eben auf meine ungelesenen Beiträge - oh, hat jemand eine Antwort auf meinen Lastwiderstands-Bericht geschrieben!
Wegen der Hitze der Lastwiderstände hast du im Prinzip recht.
Wenn man auf die Rückseite des Switches weiter oben schaut, kann man zwei Lüfter - Durchbrüche erkennen. Aus dem Grund hatte ich das alte Netzteil nicht rausgeschmissen, um bei längerem Bedarf der Leistungsmessung einen Lüfter für Zuluft und einen für Abluft verwenden zu können. Bei mir mussten die kurzzeitig 2x170W=340W aufnehmen.
Ich denke aber nicht, dass die heutigen Hifi-Verstärker für eine längere Sinus-Leistungsabgabe als viellleicht 5 Minuten gebaut sind. Solange müssen die Zementwiderstände auf dem mickrigen Kühlkörper aushalten.

Ich habe selber drei Yamaha-Tuner und ein altes DVD-Gehäuse für Zwecke der 435mm-Linien gehortet. Die Frontplatte muss natürlich immer neu gemacht werden, für ein weiteres Projekt für einen Eingangswahltschalter für HDMI hatte ich mir eine Frontplatte schneiden lassen. Ich muss eben nicht groß AVR haben; es reicht mir, vom DVBT-Receiver, DVD-Player und vom Rechner die Video-Anteile auf einen größeren Monitor und die Soundanteile auf die (Stereo)-Anlage zu schicken. Wie ich bei der Firma wg. Alu-Abschnitte nachfragte, hatte ich nicht gewusst, dass die mir sogar eine Frontplatte bohren und Ausschnitte schneiden würden, wenn ich nur eine Autocad-Datei hinmailen würde. Die Firma schneidet mit einem 5kW-Laser. Jetzt plane ich, neben den HDMI-Umschalter einen Bluetooth-Konverter in das neue Gerät zu integrieren. Aber eben ist es in meiner Werkstatt zu kalt, um mit Spass daran zu arbeiten.
gst


[Beitrag von gst am 27. Dez 2022, 16:06 bearbeitet]
EffEmm
Ist häufiger hier
#4 erstellt: 27. Dez 2022, 16:21
Es ist schön zu hören, dass es heute noch Firmen gibt, die nicht nur die heute übliche "ich-mach-dir- das -ab 10000 Teilen"-Einstellung haben.
Für Blechplattenzuschnitte kann ich glücklicherweise auf eine Schlagschere in der Firma zugreifen. Eine Abkantvorrichtung für Eisen-/Alublech habe ich mir vor langer Zeit mal selbst aus Flachmaterial und Wasserrohren zusammengeschweißt. Sieht etwas abenteuerlich aus, aber funktioniert 1a. Die kann man in den Schraubstock einspannen und dann das Blech biegen, geht erstaunlich gut. Habe sie damals so ausgelegt, dass man mindestens 45 cm breit abkanten kann, genau wegen des 435 mm-Standardbreite. Muss die bei Gelegenheit mal wieder rauskramen und ein Foto machen.

EffEmm
gst
Inventar
#5 erstellt: 27. Dez 2022, 19:49
Bezahlt habe ich 20 Euro in die Kaffekasse und muss ein paar Tage warten, wenn es irgendwo am Ende mit reinpasst. Soviel Service wie ein 10.000-Stückzahl-Kunde bekomme ich natürlich nicht, aber Ausschnitte für VU-Meter würde ich selber nie in die Frontplatte schön hinbekommen.
Ich habe mal vor Jahren Gehäuse selber gebaut, hatte aber die Technik, dass ich mit Winkel-oder T-Eisen Rahmen zusammenschweißte und später mit 1mm Blech "beplankte". Mein erstes Schutzgas-Schweißgerät ("Lorch") kaufte ich Ende der 70er Jahre und kostete mich ein Monatsgehalt, und viele der Gewerblichen hielten damals von der neuen Technik gar nichts. Innerhalb der nächsten 8-10 Jahre änderte sich das schlagartig. Heute gehöre ich zu den Rückständigen, die eher ein Gerät reparieren als entsorgen wollten. So gut schweißen wie früher tue ich auch leider nicht mehr, zu wenig Training und schlechter werdende Augen...
Genug gejammert, schauen wir, was das nächste Jahr bringt!
gst
Suche:
Das könnte Dich auch interessieren:
Onboard Soundkarte Frequenzgang Test
hopfenn am 26.02.2013  –  Letzte Antwort am 16.03.2013  –  17 Beiträge
Audioqualität Messen/Prüfen /vergleichen
nand am 14.02.2010  –  Letzte Antwort am 15.02.2010  –  3 Beiträge
Manual Philips/ Fluke PM6665 Timer/ Counter
rorenoren am 11.08.2007  –  Letzte Antwort am 11.08.2007  –  5 Beiträge
Wer kalibriert Messgeräte? Oder hat die Servicemanuals?
55Snoopy am 03.05.2023  –  Letzte Antwort am 25.05.2023  –  15 Beiträge
Yamaha RX-V 2400 Kanalwiedergabe links<->rechts unterschiedlich?
Syncronisator am 08.01.2007  –  Letzte Antwort am 21.01.2007  –  2 Beiträge
Leistung des Verstärkers messen, ein paar Grundlagen darüber
Zulu110 am 25.08.2009  –  Letzte Antwort am 18.09.2009  –  5 Beiträge
Level-Abgleich bei VHS (Multimeter mit dB-Skala?)
Volker-S am 16.03.2008  –  Letzte Antwort am 02.04.2008  –  2 Beiträge
1:300 teiler für osziloskop im selbstbau.
eric1985 am 21.05.2010  –  Letzte Antwort am 13.07.2010  –  9 Beiträge
Laute "Modem"-Geräusche durch Bluetooth
berni1234 am 05.08.2016  –  Letzte Antwort am 07.08.2016  –  6 Beiträge
Analyse von Peaks im Rauschen von Interface
bobbiplett am 18.10.2017  –  Letzte Antwort am 13.11.2017  –  2 Beiträge
Foren Archiv
2022

Anzeige

Produkte in diesem Thread Widget schließen

Aktuelle Aktion

Partner Widget schließen

  • beyerdynamic Logo
  • DALI Logo
  • SAMSUNG Logo
  • TCL Logo

Forumsstatistik Widget schließen

  • Registrierte Mitglieder927.709 ( Heute: 9 )
  • Neuestes MitgliedJörg_Schlömer_
  • Gesamtzahl an Themen1.556.291
  • Gesamtzahl an Beiträgen21.655.851

Hersteller in diesem Thread Widget schließen