Stereoplay Blindtests von 1990 (Digital/Analog)

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pinoccio
Hat sich gelöscht
#1 erstellt: 16. Nov 2009, 09:40
Hi

Die nachfolgenden Postings liefern Beschreibungen von zwei größeren Blindtests, welche von der STEREOPLAY im Jahre 1990 getätigt und in Ausgabe Nr. 5 (Mai) und Nr. 9 (August) im Jahre 1990 innerhalb der damals blauen Extra-Seiten "Grundlagen der Hifitechnik" veröffentlicht wurden.

Meinem Wunsch, die beiden Tests 1:1 z.B. als Scan zu veröffentlichen, wurde von der jetzigen Redaktion nicht entsprochen, weil sie angeblich noch dem Copyright unterliegen, was lt. Aussage der jetzigen Redaktion insbesondere die Fotos der Fotografen betrifft. Jedoch wurde mir freigestellt, dass ich auszugsweise Texte als Zitate verwenden dürfe. Ich habe daher versucht mich präzise an den sinngemäßen Wortlaut der damaligen Texte und Aussagen zu halten, um mit meinen Worten detailliert(er) diese beiden interessanten Audioblindtests beschreiben zu können.

Bitte deshalb auch beachten, dass die Artikel nicht meine persönlichen Meinungen reflektieren, sondern die der damaligen Redaktion bzw. schreibenden Redakteure. Sollte etwas unklar sein, oder missverständlich (meinerseits) formuliert, bitte ich um Nachfrage

Zusammenfassung über "Blindtest" allgemein > hier

Gruss
Stefan
pinoccio
Hat sich gelöscht
#2 erstellt: 16. Nov 2009, 09:40
Einfluss des AD/DA-Wandlers auf den Klang (Grundlagen der HiFi-Technik 73)


Einleitung

Die STEREOPLAY versuchte 1990 in aufwändigen Audioblindtest die Frage zu klären, ob die von einer Fangemeinde vehement favorisierte LP gegenüber der CD besser klingen würde und ob dies auf kompetenten Hörerfahrungen oder gar nur auf diversen Vorurteilen beruht.

In einem Interview für die "Welt" vom 17. August 1988 beschrieb der polnische Pianist Krysztian Zimerman:
"Wir haben am Anfang diese silberne Scheibe als sehr hell und sehr schrill empfunden, nach zwei Jahren ist das ganze Gerede plötzlich weg, und heute haben wir uns an diese Tonkultur gewöhnt. Ja, wir haben eine neue Ton-, eine neue Klangästhetik gefunden durch die Compact Disc". Auf die Frage: Fühlen Sie sich wohl mit dieser Digitaltechnik? antwortete Zimerman: "Ehrlich gesagt: nein. Ich bin einerseits fasziniert, da ich selbst immer ein bisschen mit Elektronik gefummelt habe. Was den Klang betrifft, so erreicht die CD eine Treue, die keine Optionen mehr für das, was in der Kunst das Magische ist, das, was irgendwie zwischen den Tönen passiert, zulässt."

In einem Artikel aus dem Jahr 1984 der österreichischen Zeitschrift "Vox" über "Die Zukunft der Audio-Technik" schrieb H. G.:
"Was ist nun konkret am CD-PCM-Klang auszusetzen? Durch die nun schon jahrelang geführte Diskussion kristallisiert sich folgendes heraus: Kein Mensch bekrittelt die allgemeinen Eigenschaften des Verfahrens wie Dynamik, Rauschabstand, Kanaltrennung, da ist die CD wirklich super. Keine Einwände gibt es bei der Wiedergabe der tieferen Frequenzen - dem Bassfundament und dem Grundtonbereich. Alle Kritik konzentriert sich nur auf die Hochtonwiedergabe - etwa von fünf bis zwanzig Kilohertz -, der Obertonbereich, der für Klangfarben und Klangcharakter verantwortlich ist. Die leichten Klangverfremdungen erkennt man am besten bei menschlichen Stimmen und "singenden" Instrumenten, wie etwa der Violine. Die Stimmen bekommen eine etwas roboterartige Verzeichnung; die Geigen klingen so, als ob der Bogen nicht mit Kolophonium, sondern mit Schmirgelpaste eingelassen worden wäre; ein Bösendorfer Flügel klingt nach Steinway. Generelle Tendenz: der CD-PCM-Klang wird als eher rauh, scharf, künstlich statt künstlerisch, technisch statt musikalisch angesehen. Der Mediziner Dr. Diamond hat bei Versuchspersonen sogar Gesundheitsstörungen durch psychische Stresserscheinungen festgestellt, nachdem sie über längere Zeit mit Digitalmusik beschallt worden sind."

Zudem wurden damals so wie auch heute die subjektiven Vorstellungswelten beschrieben, wie z.B. dass musikalische Signale bei der Digitalisierung in Stufen, Dreiecke und Gartenzäune zerlegt wurden und dadurch die "Seele der Musik" verloren ginge.


Versuchsbedingungen

Bei jedem Hörvergleich LP gegen CD kann normalerweise jeder Proband sofort die LP an ihrem (möglichen) gelegentlichem Knistern, Knacken, Rauschen oder Rumpeln und die CD an völlig völliger Abwesenheit derselben erkennen. Wie bei Audioblindtests üblich durften Probanden keinerlei Hinweise und Infos auf und zu den gerade zu hörenden Klangquellen oder zu testenden Geräte erhalten, um hörfremde Sinnesbeeinflussungen auszuschließen.

Daher wurden nicht LPs mit ihren kaufbaren CD-Pedanten verglichen, sondern die von LP kommenden Signale dem AD/DA-Wandler eines DAT-Recorders zugeführt und "hinterdigital" mit dem analogen Signal verglichen. Signal "A" und das Signal "D" unterschieden sich somit nur dadurch, dass "D" jeweils die Umwandlung Analog/Digital und zurück (Anmerk: Und durch weitere Kabel und DAT-Gerät) durchlaufen hatte. Die Lautstärke war exakt gleich. Alle, die bei der LP üblichen, Nebengeräusche waren in "D" genauso enthalten wie in "A". Hörfremde Rückschlüsse auf die Herkunft des Signals waren dadurch ausgeschlossen.

Es wurden nur analog aufgenommene LPs verwendet, um alle möglichen negativen Einflüsse, damals und früher schon möglicher, digitaler Aufnahmetechnik fernzuhalten.

Es kam eine, für die Funkausstellung 1989 entwickelte, Umschalteinheit von der BASF zum Einsatz. Sie wechselte 15x zwischen den Hörsequenzen hin und her, wobei auch Placebos vorkamen. Das schaltbare Muster war in vier wählbaren Festspeichern vorgegeben. Eines davon ging wie folgt: A, D, A, D, A, A, D, D, A, D, A, D, A, A, D, D. Ein anderes lautete D, A, D, A, D, A, D, A, D, D, A, A, D, A, D, A. Jede Testsequenz dauerte 18 Sekunden. Die Probanden mussten jede Hörprobe mit der vorausgegangenen vergleichen und in einer Liste eine der drei Möglichkeiten markieren: "besser", "schlechter", "gleich".


Testsetup

Lautsprecher: Apogee Diva Reference
Endstufen: Pioneer M 6
Vorverstärker: Burmester 808 (für die Pegel- und Lautstärkeeinstellung)
MC-Vorverstärker: Burmester 838
CD-Spieler: Sony CDPX 7 ESD (nur als Signalquelle für den Pegelabgleich)
DAT-Recorder: Pioneer D1000 ("hinterdigital" abgehört, Signalquelle D), Plattenspieler Linn LP 12 mit Tonarm Linn Ekos und Tonabnehmer Audio-Technica ART1

Symmetrische Verbindungen zwischen Vor- und Endstufen mit Burmester Lila, Cinchleitungen mit Oehlbach RG 214 Superflex und Gessner Symo 1 mit WBT-Steckern, 0,7 Meter lange Kabel Symo LS 4 X zu den Lautsprechern.

Die BASF-Umschalteinheit war mit hermetisch dichten DIL-Reed-Relais konstruiert, die sehr nahe bei den Ein/Ausgangsbuchsen angeordnet waren und damit nur geringe und konstante Übergangswiderstände aufwiesen.


Probanden

Als Probanden wurden von der damaligen Redaktion Personen gewonnen, welche vertrauten Umgang mit HiFi besaßen, sei es als Hobby oder im gewerblich Rahmen. Es nahmen z.B. elf HiFi-Fachhändler aus dem Großraum Stuttgart, fünf Leser und 14 Redaktionsangehörige. Unter den Probanden aber auch Personen, die zuvor wütende Leserbriefe gegen die CD geschrieben hatten.


Hörraum

Als Hörraum diente der damalige Konferenzraum I des Verwaltungsgebäudes der Motor-Presse.

Originalaussage der STEREOPLAY:

Nach der gerade richtigen Bedämpfung durch Probanden klang es in jeder Hinsicht nach Absoluter Spitzenklasse, ob nun Klassik oder Pop an der Reihe war.


Anmerkung: Weitere Beschreibungen oder gar Messdiagramme sind nicht zu entnehmen. Die gezeigten Bilder zeigen einen größeren Konferenzraum (grob geschätzt 60-70m²), in dem raumakustische Maßnahmen zu erkennen sind. So sind z.B. an den Wänden Diffussoren erkennbar. Der Testleiter befand sich mit den Geräten in der Mitte der LS und die Probanden mussten auf Stühlen im Raum Platz nehmen. Sie befanden sich also nicht alle im Sweetspot.


Ablauf und Klangbeispiele

Der Schwanensee" mit dem National Philharmonie Orchestra unter Richard Bonynge (Decca 6.35514)
"Songbirds" vom Fleetwood-Mac-Album "Rumours" - Warner Brothers 56344 (1977)
Decca-Aufnahme der Schubert-Arpeggione-Sonate mit Rostropowitsch und Britten (SXL 6426, 1970)
"Autumn In New York" und „My Funny Valentine" - Aloi Records AKH 005 (1985)

Die Probanden wurden über Versuchsaufbau, Bedingungen sowie die Absicht des Hörtests detailliert informiert. Zuerst erfolgte ein Klassik-Durchgang zum Einhören und Einüben. Danach erfolgte der eigentliche Blindtest: Zuerst ein Klassik-Durchgang, dann eine Erholungspause, Umstellen auf neues Umschaltprogramm, Tonabnehmer zurück in Ausgangsstellung, zweiter Durchgang; Pause, Schaltprogrammwechsel, erster Pop-Durchgang, Erholungspause, viertes Schaltprogramm, zweiter Pop-Durchgang; Insgesamt 60 angebotene Vergleiche.

In Gesprächen mit den Probanden wurde von ihnen der Wunsch nach längerer Dauer der Umschaltintervalle geäußert. Danach wurde nach einem vorher vom Testleiter schriftlich fixierten Schaltmuster, welches auch Placebos enthielt, manuell umgeschaltet. Durch Handzeichen wurden die Schaltvorgänge visuell angezeigt, denn durch das Umschalten entstanden weder erkennbare Pausen noch Geräusche. Nach dieser Methode wurden zwei Klassikdurchgänge und einer mit Pop-Sequenzen durchgeführt.

Die visuelle Konzentration auf die Handzeichen schien die vermeintlichen Vorteile längerer Hörsequenzen allerdings wieder zu negieren. Wunsch der Probanden: Man sollte nur zwischen den beiden Hörproben ohne Placebos hin- und -hergeschalten. Diesem Wunsch wurde ebenfalls entsprochen und sie konnten bei diesem Durchgang auch wieder zwischen den drei Entscheidungen wählen: "besser", "schlechter", "gleich". Das Risiko, falsch zu liegen, reduzierte sich auf 50%. Wurden keine Unterschied ausmacht, durfte der Proband dies auch textlich fixieren.

Ergebnisse dieses Tests: Zehn Probanden hielten Analog für besser, 17 Digital, und zwei hörten keinen Unterschied.


Ergebnisse und Auswertungen

Durch die Ergebnisse dieses letzten Durchgangs kam man zu dem Schluss, zur Auswertung der anderen beiden Testserien zwei Probandengruppen zu bilden: die A-Gruppe, mit 10 Personen, welche Analog favorisierten, und die Digital-Gruppe, mit 17 Personen die digital für besser hielten. Wenn sie richtig gehört hatten, musste folglich die Analog-Gruppe auch in den ersten beiden Testserien Analog bevorzugt haben, und umgekehrt die Digital-Gruppe das Signal, welches die Digitalisierung durchlaufen hatte.

Von den 600 möglichen Vergleichen nahm die Analog-Gruppe 526 wahr. Darunter befanden sich 214 Entscheidungen "Analog besser", aber auch 180 widersprüchliche zugunsten Digital. Der Unterschied zugunsten Analog betrug 34. Diese Maßzahl für die Erkennbarkeit des Unterschieds, bezogen auf die Summe der Entscheidungen in Prozent, ergibt:

34
--- X 100 = 8,6%
394

Die gleiche Auswertung für die Digital-Gruppe ergab bei 324 Entscheidungen, die das digitalisierte Signal für besser hielten, und 315 widersprüchlichen, die Analog für besser hielten, eine Maßzahl von nur 1,4%

Originalzitat:

Wertet man die Entscheidungen der beiden damaligen leitenden Redakteure von STEREOPLAY aus ihrer A-Gruppe, als getrennte Zweiergruppe nach demselben Schema aus, ergibt sich die Kennzahl 22,7 Sie hörten zusammen 54mal Analog richtig heraus und hielten aber nur 34mal Digital für besser.


Alle Probanden konnten im zweiten Testdurchgang mit den verlängerten Intervallen noch weniger konsequent Unterschiede heraushören. Die entsprechenden Kennzahlen wurden sogar negativ, heißt: Die Analog-Gruppe hielt Digital geringfügig für besser und die Digital-Gruppe ebenso geringfügig Analog. Nur die beiden leitenden Redakteure entschieden auch da wieder kohärent mit einer Kennzahl von 22.

Die beiden Tabellen enthalten die Ergebnisse jedes einzelnen Probanden, geordnet nach abnehmender Kennzahl. Zusätzlich sind Antworten auf einige persönliche Fragen vermerkt, soweit die Probanden sie freiwillig geben wollten.

Digitalgruppe:
http://www.abload.de/img/digitalgruppe5wfq.jpg

Analoggruppe:



Schlussfolgerungen

Zwischen Analog und Digital gab es bei diesem Audioblindtest hörbare Unterschiede. Sie waren jedoch extrem gering, dass selbst die damals beiden leitenden Redakteure, welche im Umgang mit Hifi geübt waren und dadurch genügend Hörerfahrungen besaßen, nur eine Kennzahl von rund 17 Prozent erreichten, die 100 oder nahezu 100 hätten sein müssen, wenn die Unterschiede eindeutig verifizierbar gewesen wären.

Trotzdem lies sich aus den Tabellen schließen, dass diejenigen, die im 50%-Test Analog für besser hielten, signifikant die "besseren Ohren" hatten. Zwar können die subtilen Unterschiede zwischen Analog und Digitalisierung durchaus dazu führen, dass der Proband Digital für besser hielt, aber alle Probanden mit negativen Kennzahlen haben sich im 50%-Test selbst widersprochen. In der jeweils anderen Gruppe wären ihre Kennzahlen positiv, die Urteile der ersten Testserie und des 50%-Tests kohärent. Die redaktionseigenen (also erfahrenen) Hörtester erzielten keine Spitzenergebnisse. Interessant war auch, dass in der A-Gruppe vier Juroren Analog bevorzugten, während in der D-Gruppe acht Probanden die Digitalisierung vorzogen.


Fazit von Karl Breh als Originalzitat:


Die Digitalisierung und Rückverwandlung von Musik durch einen guten AD/DA-Wandler verändert den Klang extrem geringfügig, und dann auch noch so, daß neun von 27 Juroren den digitalisierten Klang für besser halten, was -gemessen am Original - nicht sein kann.
Damit ist noch nicht bewiesen, daß die CD nicht schlechter klingt als die Analogplatte, denn auch das Ansprechen der Fehlerkorrektur, deren Auslegung und bestimmte mechanische Einflüsse könnten den Klang der CD verschlechtern. Um dies zu untersuchen, hat sich die stereoplay Redaktion einen weiteren, überaus raffinierten Hörtest ausgedacht. Also bis demnächst in diesem Theater.


[Beitrag von pinoccio am 16. Nov 2009, 10:47 bearbeitet]
pinoccio
Hat sich gelöscht
#3 erstellt: 16. Nov 2009, 09:41
Verschlechtert der Transfer von LP zu CD und CD-Wiedergabe den Klang? (Grundlagen der HiFi-Technik 74)


Einleitung

Nachdem dem in Heft 5/90 der Blindtest über Digitalwandler und seinen Einfluss auf den Klang veröffentlicht wurde, wollte die STEREOPLAY klären, ob sich der Klang durch den Transfer auf CD und Abspielen im CD-Player verschlechtert. Der Bericht und die Ergebnisse wurden in Heft 8/90 wiederum in den blauen Seiten "Grundlagen der HiFi-Technik 74" veröffentlicht.


Die Frage die sich zunächst der Redaktion stellte war: Wie konnte man Musik und Klang der Platte mit CD vergleichen? Man hätte dazu eine Aufnahme, die sowohl auf CD als auch auf LP vorlagen nehmen können. Aber wie man auch damals schon wusste, war ja eben nicht garantiert, dass die gleichen Aufnahmen auf beiden Tonkonserven in gleichen Abmischungen/Mastering vorlagen.

1990 war es nicht so ohne weiteres möglich Musik von LP zu digitalisieren und auf CD zu transferieren. Die STEREOPLAY lies sich daher mit einem Linn LP 12 mit Tonarm Ekos und Tonabnehmer Audio-Technica ART 1, Ikea-Tischchen und Burmester MC-Vorverstärker 838 in Freiburg bei Dr. Bernfelds Firma "Harmonia mundi acustica" zehn vorher ausgesuchte (analoge) Musikbeispiele auf CD überspielen. Letztendlich waren auf der CD digitale Kopien der Originale von den vorher ausgesuchten LPs. Für den geplanten Blindtest wurden die LPs von den gleichen Geräten wiedergegeben, die auch für die Kopien eingesetzt wurden und wurden somit im Test mit den Kopien auf der CD direkt verglichen.


Versuchsaufbauten

Die Versuchsbedingungen sollten folgende Einflüsse und Parameter ausschließen:

- Alle Klangbeispiele wurden analog aufgenommen und gemastert

- Alle Klangbeeinflussungen durch die Zusammenstellung der analogen Abspielkette.

- Jegliche Möglichkeiten, die Quellen der Klangbeispiele durch Tonträger-typische Hinweise zu erkennen.

- Die auf CD-Kopie vorliegenden Klangbeispiele enthalten alle Signale wie die LPs und zusätzlich digitale "Unsauberkeiten". Aber sie profitierten nicht von den technischen Vorzügen der Digitaltechnik wie Dynamikumfang, Kanaltrennung, Rausch-, Knack- und Rumpelfreiheit. Die CD-Klangbeispiele als Kopien von LPs konnten somit bestenfalls gleich, aber nie objektiv besser klingen.


Die Versuchsbedingungen

Bei Erreichen des Anfangs des Klangbeispiels auf LP wurde der CDP per Index-Markierung gestartet, die Lautstärke am Master-Steller des Burmester 808 Mk III aufgedreht, die Ziffernanzeige (1 oder2) für die Probanden eingeschaltet und zwischen 1 und 2 hin- und hergeschaltet, so lange, bis jeder der 30 Probanden zu seine Urteile gefällt hatte. Die Umschaltungen geschahen so, dass 1 und 2 etwa die gleichen Klangsequenzen anboten. Die Zuordnung A/D zur digitalen Anzeige 1/2 wurde nach dem Schema auf der vorigen Seite invertiert.


Die Probanden

Es waren 14 namhafte Entwickler und Industrierepräsentanten, ein Tonmeister des SDR, der Leiter des der Musikhochschule Karlsruhe, ein Klassikrezensent von STEREOPLAY sowie alle Tester und einige andere hörerfahrene Redaktionsmitglieder anwesend.

Unter ihnen waren u.a. vertreten:

Siegfried Amft, T+A; Gottfried Auer, Grundig; Norbert Braasch, Linn; Dieter Burmester; Karl-Heinz Fink, ART; Dieter Fricke, Ecouton; Horst Heyder, Canton; Gela J. Hildebrandt, Harmonie Design (Melissa-Meßsystem); Thomas Hintze, Pioneer; Manfred Oehlbach; Wolfgang Kelpin, Revox; Martin Mezger, Klassikrezensent; Tatsuo Nishimura, Denon; Andreas Priemer, SDR; Helmut Schaper, Quadral; Marc Seiffge, Musikhochschule Karlsruhe; Dr. Franz Thomanek, Elac.

(Anmerkung: Auf einem Bild im Hörraum zu sehen)


Hörraum und Testsetup

Als Hörraum diente wieder der Konferenzraum I des Verwaltungsgebäudes der Motor-Presse. Neben den Apogee Diva sollten anfangs auch die neue Referenzen der Absoluten Spitzenklasse I, die B&W-Matrix 800, und die stp 250 hinzukommen. Nach längeren Versuchen, Suchen des optimalen Standorts und Schallmessungen entschloss sich die Redaktion aber doch zur DIVA.

Lautsprecher: Apogee Diva Reference, angeschlossen an je einer Mono-Endstufe mit Rowland Research Modell 7 mit Straight Wire Maestro (3,0m)
Vorverstärker: Burmester 808MK3 - Symmetrische Verbindung zu Mono-Endstufen mit Burmester-Lila
CDP: Sony CDP X77 ESD - Cinchverbindung zum Vorverstärker mit RG214 Superflex
Plattenspieler: Linn LP12 mit Audiotechnica ART1, Tonarm Linn Ekos
MC-Vorverstärker: Burmester 838
Umschalteinheit: Eigenbau

(Alle Pegel lt. STP aufs Millivolt angeglichen)


Verwendete Musik

Dire Straits, gleichnamige Debut-LP, Titel: Sultans Of Swing (Philips)
Lou Reed: Transformer, Titel: Walk On The Wild Side (RCA)
Carol Kidd: All My Tomorrows, Titel: Autumn in New York (Aloi Records)
The Nits: Home Before Dark, Titel: Henk (CBS)
The Waterboys: Strange Boats, Titel: Fisherman's Blues (Chrysalis)
Rodrigo: Concierto d'Aranjuez, Academy of St.Martin-in-the-Fields, Marriner (Philips)
Berlioz: Symphonie Fanta-stique, Szene auf dem Land, Orchestre de Paris, Münch, (EMI)
Tschaikowsky: Schwanen-see, National Philharmonie Orchestra, Bonynge (Decca)
Tschaikowsky: Klavierkonzert b-moll, Ashkenazy, London Symphony Orchestra, Maazel (Decca)



Zuordnungsschema von 1 und 2 zu Analog und CD und der Klangbeispiele. Bei den Spalten 1,5,6,11 und den Spalten 2,3,4,7,8,9,10 wurden die Klangbeispiele invertiert.


Testablauf

Jeder auditive Vergleich dauerte 120-180 Sekunden. Dabei wurde geräuschlos und pausenfrei zwischen den beiden Quellen hin- und hergeschaltet. Die Probanden hatten nur subjektiv zu evaluieren, ob ihnen Musiksequenz 1 oder 2 besser erschien oder ob sie keinen Unterschied wahrnahmen. Die Zuordnung der Quellen zu den Anzeigen 1 oder 2 wurde wie aus dem Diagramm oben zu ersehen geändert. Dafür gab es keine Placebos. Nach elf sehr konzentrierten Hördurchgängen waren die Probanden geschlossen der Meinung, dass weitere Hörvergleiche nichts mehr an den Ergebnissen ändern würden.


Ergebnisse und Auswertung

Bei 30 Probanden und elf Hörvergleichen ergab die Summe der Entscheidungen 330. Davon fielen zugunsten LP 157 = 47,57%. Zugunsten der CD 123 = 37,27 Prozent "gleich gut" lautete das Urteil bei 50 = 15,15% der Urteile. Den 47,57% Urteile pro LP standen somit 52,42% gegenüber, die CD besser - was eigentlich nicht sein konnte - oder gleich gut fanden, was dann der Fall ist, wenn CD den Klang gar nicht veränderte. Dieses Ergebnis bewies, dass auch alle mit der Digitalisierung verbundenen Signalumwandlungen und Bearbeitungen bis hin zum Abspielen im CDP den Klang so geringfügig verändern, dass die Veränderungen nur in weniger als 50 Prozent aller Urteile als eine Verschlechterung des Analogsignals erkannt werden, diese so gestaltet sind, dass sie in 37,27% der Urteile sogar als Verbesserung bewertet worden sind.


Vorurteile, hatten sie eine Chance?

Auf den Testbögen konnten sich die Probanden wahlweise mit verschiedenen Aussagen identifizieren.

Zur Aussage "Ich bevorzuge die LP, weil musikalischer" bekannten sich damals fünf Probanden. Die Extra-Auswertung dieser Untergruppe ergab:

52,73% pro Analog
38,80% pro CD
9,10% Urteile "gleich".

Ebenfalls fünf Juroren bekannten sich zur Aussage "Ich bevorzuge bei gleicher Aufnahmequalität die CD". Ihre Gruppenauswertung:

50,91% pro Analog
34,54% pro CD
14,54% "gleich".

Elf Juroren kreuzten Aussage "Ich mache vom Klang her keinen Unterschied zwischen Analog und CD" an. Ihre Gruppenauswertung:

44,62% pro Analog
31,40% pro CD
23,96% "gleich"

Diese Probanden taten sich von der inneren Einstellung her leichter. Sie entschieden sich für "gleich", wenn es z.B. besonders schwierig war, einen klanglichen Unterschied festzustellen.

Neun Probanden kreuzten keine der wählbaren Aussagen an. Als Untergruppe ausgewertet:

46,46% pro Analog
45,45% pro CD
8,10% "gleich"

Diese Analyse zeigte der STEREOPLAY ganz deutlich, dass der Audioblindtest von seinem gesamten Testdesign her Vorurteilen keine Chance geben konnte.


Die Rolle der Klangbeispiele?

Nachstehende Tabelle zeigt, wie häufig die im Grunde falsche Entscheidungen pro CD bei welchen Musiksequenzen gefällt wurde:

Häufigkeit-Musikbeispiel
18(9)- 9
10 - 3
19(9,5) - 4
13 - 2
10 - 7
13 - 6
10 - 5
13 - 8
17 - 10

Musiksequenzen Nr. 9 und 4 wurden jeweils für zwei Hörtests verwendet, daher musste deren Häufigkeit durch 2 geteilt werden, um Vergleichbarkeit herzustellen. Aus der Analyse lies sich der Schluss ziehen, dass die Musiksequenzen alle mehr oder weniger gleich gut für den Blindtest geeignet waren. Nur die relativ alte, kaum durchsichtige Aufnahme des Tschaikowsky-Klavierkonzerts führte etwas häufiger auf falsche Fährten. Die gleiche Analyse bei den "gleich"-Urteilen zeigte, dass das "Concierto d'Aranjuez" sich als sehr wenig brauchbar für spezifische Klangunterschiede erwiesen hatte (Häufigkeit 12, neben den Häufigkeiten 3 für die Klangbeispiele 4 und 6; 4 für 2 und 8; 5 für 5 und 9 und 6 für Lou Reed).


Fazit von Karl Breh als Originalzitat:


Dieser unbestechliche Hörtest zeigte, daß die Überspielung analoger Aufnahmen auf CD zu winzigen, aber hörbaren Klangveränderungen führt. Dabei durfte die Digitalaufnahme und ihre weitere Verarbeitung bis zum Tonträger ihre systembedingten Vorteile nicht ausspielen. Was herauskommt, wenn sie das darf, wird ein weiterer ausgeklügelter Hörtest zeigen.


(Anmerkung: MWn erfolgte nie ein dritter Test)


[Beitrag von pinoccio am 16. Nov 2009, 09:46 bearbeitet]
visir
Inventar
#4 erstellt: 16. Nov 2009, 10:52
Vielen Dank für die Mühe, das ist sehr interessant!

Das letzte Fazit kann ich nicht nachvollziehen, denn die Angabe "finde ich besser" ist - nach statistischen Regeln - praktisch gleichverteilt.

Nach diesem Test (der von den Goldohren garantiert wieder zerpflückt wird) verursacht selbst die Digitalisierung zum Stnd 1990 keine signifikanten klanglichen Nachteile.

Was der Test nicht behandelt, ist das, was CD und LP nun stärker unterscheidet, was im Bericht ja auch als "Vorteile der Digitaltechnik" erwähnt werden:


Dynamikumfang, Kanaltrennung, Rausch-, Knack- und Rumpelfreiheit.


Über Rausch-, Knack- und Rumpelfreiheit brauchen wir eh nicht diskutieren. Aber gerade die bessere Kanaltrennung der CD verdächtige ich als Ursache, warum Vinylfreaks die LP bevorzugen: es klingt mehr "wie aus einem Guss", weniger "steril".
Mein Bruder führte mir einmal dasselbe Stück über LP und über CD vor (wobei ich jetzt nicht weiß, ob jeweils dasselbe mastering vorliegt), und in diese Richtung ging damals auch mein Eindruck. War allerdings auch eine Aufnahme nur mit Gesang und Gitarre, wo sich also das allermeiste in der akustischen Mitte abspielt. Insofern wäre interessant, das mit einer Aufnahme zu probieren, wo die Schallquellen über die ganze Breite verteilt sind.

lg, visir
pinoccio
Hat sich gelöscht
#5 erstellt: 16. Nov 2009, 11:26
Hi

Bei Plattenspieler bzw. LP vers. CD sollte man mE trotzdem hier aufpassen und nicht zuviel den Tests "abgewinnen". Verschiedenes Mastering (usw.) von CD und LP ist mMn nicht oder nur bedingt vergleichbar. MWn hat ein Mastering für LP auch schon erhebliche Einschränkungen gegenüber einer Überspielung auf CD oder PCM usw. Es muss ja Rücksicht auf Schneidstichel und Abtaster genommen werden, was z.B. mit Mono-Bass, Tiefbassfilterung mit Oberbassanhebung, RIAA usw. usf. gemacht wird. Alles in Allem sind das wohl komplexe Vorgänge, bei Überspielung und aber auch späterer Abtastung mit Entzerrung, die aber mehr o. weniger "ein Original" verändern.

Es mag ja auch sein, dass das spezielle Formatmastering seine Liebhaber findet, tut es wahrscheinlich auch. Wenn für sie das insg. subjektiv "besser" klingt, dann ist das eben objektiv so der Fall. Das liegt dann zwar am Mastering o. Abtastung, und nicht am Tonkonserven-Medium. Da sollte mE auch jeder sein persönliches Deckelchen finden und die Faszination "Plattenspieler" sollte das mMn auch nicht ankratzen.

(Ich mag aus nostalgischen Gründen drehende Teller auch gerne, wenngleich ich die digitale Wiedergabe, auch aus subjektiven Gründen, vorziehe. )

Das letzte Zitat kann ich schon nachvollziehen, da ich aus der Aussage..

"Dabei durfte die Digitalaufnahme und ihre weitere Verarbeitung bis zum Tonträger ihre systembedingten Vorteile nicht ausspielen"

…auch rauslese, dass eben auch keine Bearbeitungen der Aufnahmen stattgefunden haben. Ich denke da schon an psychoakustische Manipulationen, damit die Musikaufnahme beim Hörer event. als authentischer Empfunden wird. Heinrich (Quinton) hat da ja einige Sachverhalte bereits gut vermitteln können. Meist klingt es authentischer, wenn bearbeitet wurde. Schade, dass es damals keinen dritten Test über diese Thematik gegeben hatte.

Möglich könnte es ja schon sein, dass die damaligen Überspielungen zu Klangveränderungen führten. Die Frage ist aber dann, ob man diese (etwaigen) Klangänderungen als schlechter oder besser empfindet...und nicht nur, ob man einen Unterschied verifizieren konnte. Letzteres finde ich nur "grottenlangweilig".

Daher finde ich bei diesem Präferenz-BT u.a. die "subjektive Evaluation" im BT interessant. Bei einigen Probanden läuft sie entgegen der vorher eingetragenen und/oder vorgetragenen individuellen Einstellung oder gar auch Total-Ablehnung. Und das, obwohl die damaligen Wandler von 1990 (zudem mit dem zusätzlichen "Weg" durch mehr Kabel und "Hinterband") zumindest technisch mit den heutigen wahrscheinlich nicht konkurrieren können.

Und hier komme ich dann immer mehr zur Überzeugung, dass man eigentlich den "bösen BT" ( ) brauchen könnte, um sein persönliches Geschmacks-Deckelchen besser zu finden. Ist ja eigentlich das was die meisten wollen: Eine Wiedergabe oder Reproduktion die ihren persönlichen Geschmack befriedigt


(der von den Goldohren garantiert wieder zerpflückt wird)


"Zerpflücken" ist mE immer gut. Egal wie ein BT ausging und was für Ergebnisse er zeigt, man sollte ihn immer kritisch unter die Lupe nehmen dürfen. Ein BT suggeriert u.a. auch automatisch Objektivität. Hier steckt(en) mMn nicht nur viel persönliches Konfliktmaterial, sondern auch durch verschiedene Interessen und (z.T. geschäftliche) Interessensvertreter viele Manipulationsmöglichkeiten drinnen. Das ist mE nicht ganz unproblematisch, bei positiven und negativen Ergebnissen. Meist betrafen kontroverse Diskussionen nicht den BT oder deren Ergebnisse ansich, sondern z.T. weitreichende aber unseriöse Schlussfolgerungen, die man aufgrund der Testszenarien (nicht Testgegenstände) nicht unbedingt ziehen sollte.



Gruss
Stefan


[Beitrag von pinoccio am 16. Nov 2009, 12:56 bearbeitet]
visir
Inventar
#6 erstellt: 16. Nov 2009, 13:10

pinoccio schrieb:


(der von den Goldohren garantiert wieder zerpflückt wird)


"Zerpflücken" ist mE immer gut. Egal wie ein BT ausging und was für Ergebnisse er zeigt, man sollte ihn immer kritisch unter die Lupe nehmen dürfen. Ein BT suggeriert u.a. auch automatisch Objektivität. Hier steckt(en) mMn nicht nur viel persönliches Konfliktmaterial, sondern auch durch verschiedene Interessen und (z.T. geschäftliche) Interessensvertreter viele Manipulationsmöglichkeiten drinnen. Das ist mE nicht ganz unproblematisch, bei positiven und negativen Ergebnissen. Meist betrafen kontroverse Diskussionen nicht den BT oder deren Ergebnisse ansich, sondern z.T. weitreichende aber unseriöse Schlussfolgerungen, die man aufgrund der Testszenarien (nicht Testgegenstände) nicht unbedingt ziehen sollte.


Wir sehen das wohl ähnlich, mit "zerpflücken" habe ich aber die Reaktion gemeint, gewaltsam irgendeinen Grund zu finden, wieso das Ergebnis nicht gültig wäre.

Freilich, welche Aussage von dem Test abgeleitet werden kann, muss man sich genau überlegen - wie ich ja am Anfang meines Beitrags gemacht habe.

lg, visir


lg, visir
cr
Inventar
#7 erstellt: 18. Nov 2009, 21:57
Da sieht man, daß vor langer Zeit - unter Karl Breh - noch sinnvolle Fragestellung getestet wurden, wobei allerdings der 2. Test überflüssig ist. Daß bei der CD nämlich - außer bei gravierenden Störungen - die originalen Daten an den Wandler geschickt werden, war bereits damals bekannt. Welch neuen Erkenntnisse sollte daher der 2. Test gegenüber dem ersten bringen?

Irgendwann, knapp ehe ich aufhörte, die HiFi-Zeitungen zu lesen, wurde mal ein Hörtest kopiergeschützte (Cactus Datashield) versus unbeschädigte CDs angekündigt. Ist euch bekannt, daß es dazu kam?

Im übrigen vielen Dank an Pinoccio, dieses Thema aufgegriffen und so ausführlich dargestellt zu haben.


[Beitrag von cr am 18. Nov 2009, 21:58 bearbeitet]
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