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Beethoven: Das ertaubte Genie+A -A |
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Autor |
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Martin2
Inventar |
#1 erstellt: 22. Apr 2007, 09:40 | |||
Ich weiß gar nicht, wann Beethoven eigentlich ertaubt ist und kann dies zur Musik gar nicht in Beziehung setzen. Bei welchen Sinfonien und Klaviersonaten war Beethoven bereits ertaubt? Und - das Thema erweiternd - hört man dies seiner Musik an? Es ist ja eigentlich unvorstellbar, daß ein tauber Mensch Musik komponiert. Daß man sich eine Melodie im Kopf vorstellen kann, zu dieser Vorstellung reicht es bei mir ( das kann ich auch), aber nie mehr die Möglichkeit zu haben, harmonische und instrumentale Vorstellungen zu überprüfen, das ist in der Tat unvorstellbar. Ich habe mal gehört, daß Gustav Mahler, nach einer Aufführung ich glaube der 5. Sinfonie Änderungen an der Instrumentation anbrachte. Der hatte seine Sinfonie hören können und dann war es offensichtlich doch so, daß das "innere Ohr" dem "äußeren" nicht entsprach. Wie komponiert eigentlich ein Komponist? In der Regel doch am Schreibtisch, manche vielleicht auch am Klavier? Zu letzterem meinte Malcolm Arnold: Wer am Klavier komponiert, schreibt Sachen wie Franz Liszt. Und das war offensichtlich nicht gerade ein Kompliment für Franz Liszt. Wenn aber die meisten Komponisten am Schreibtisch komponieren, so sind sie doch in der Situation von Beethoven: Sie können das, was sie da komponieren, selber nicht hören, nicht einmal am Klavier und sind völlig ihrer inneren Klangphantasie ausgeliefert. Aber ist die vollkommen? Nun ja, ein Anton Bruckner konnte auch nur das wenigste seiner Werke selber hören, er mußte sich ganz seinem inneren Ohr überlassen. Trotzdem hat man nie die Vorstellung unvollkommenen Hörens. Aber was macht die Vorstellungskraft eines Komponisten aus? Die Tatsache, daß er viel Harmonik und Instrumentation erfahren hat? So daß sich aus seiner Erfahrung eine Fähigkeit des inneren Hörens entwickelt? Oder ist es sogar so, daß sich ein Komponist ganz neue Dinge in seinem inneren Ohr ausdenken kann ohne dabei überhaupt auf Erfahrung zurückzugreifen? |
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Hüb'
Moderator |
#2 erstellt: 22. Apr 2007, 10:03 | |||
Hallo Martin! Wikipedia dazu:
http://de.wikipedia.org/wiki/Beethoven (Wer Googeln kann ist klar im Vorteil... :D) Grüße Frank |
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Kreisler_jun.
Inventar |
#3 erstellt: 22. Apr 2007, 10:31 | |||
Wenn man das ohne weiteres hören würde, könnte ja jeder Hörer recht genau sagen, ab wann er taub war. Ganz genau weiß das wohl niemand. Erste Anzeichen der Taubheit müssen bereits um 1800 aufgetreten sein, denn das Heiligenstädter Testament vom Sommer 1802 nimmt Bezug auf dieses Leiden. Das 5. Klavierkonzert hat er als einziges nicht selbst uraufgeführt (1811), in diese Zeit fällt auch sein letzter Auftritt als Pianist in der Kammermusik (Trio op.97 1814). Das hat sich also ziemlich lange hingezogen. Wirklich gar nichts mehr gehört hat er vermutlich erst ab 1820 oder so. Erst ab 1818 führt er die Konversationshefte, weil offenbar sonst keine Kommunikation mehr möglich war. Bei allen Werken ungefähr ab der Sonate op. 106 war er also praktisch taub, aber vermutlich schon zur Zeit der 7. u. 8. Sinfonie (1812) ziemlich schwerhörig.
Als Nichtmusiker ist mir so schwer vorstellbar, wie man überhaupt komponiert, da macht das Taubsein auch nicht mehr viel. Beethoven selbst hat meines Wissens das soziale Handicap der Taubheit als schlimmer empfunden als das musikalische. Lektürempfehlung in jedem Fall V. Seth: An equal music ("Verwandte Stimmen")
Beethoven hatte ja, als er dann taub war, über 30 Jahre Erfahrung als Musiker und Komponist; sein Vorstellungsvermögen war ausreichend, vielleicht von ein paar Instrumentationsdetails in der 9. Sinfonie abgesehen. Andererseits enthalten die 9. und die Missa Solemnis stellenweise auch klanglich ziemlich raffinierte Effekte. Er komponierte anscheinend aber, selbst als er schon taub war, mitunter noch am Klavier (zwischendurch besaß er eine Sonderanfertigung mit mehrfacher Besaitung, um noch etwas zu hören). Ich halte den Einfluß der Taubheit für eher gering viele Grüße JK jr. |
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JohnD
Stammgast |
#4 erstellt: 23. Apr 2007, 12:14 | |||
Ich halte es auch nicht für unvorstellbar. Nach so vielen Jahren Komponiertätigkeit kann man sich die Musik sicher sehr genau vorstellen. Selbst ohne klangliche Vorstellung kann man nach Nummer-Sicher-Regeln sehr komplexe Harmonisierung von Choralmelodien schreiben, das kann jeder der musikalisch einigermaßen begabt ist, innerhalb kurzer Zeit lernen. Wenn man dann Beethoven nimmt, ist es dann schon gar nicht mehr vorstellbar, wie man überhaupt mit dem Komponieren aufhören kann. Und um dem ganzen noch eine Krone aufzusetzen: Es gab auch erblindete Maler. Monet zum Beispiel war immer stark kurzsichtig (daher waren ihm Lichtstimmungen wohl auch wichtiger als klare Linien, der mann hat ja nur unscharf gesehen...) und im Alter dann blind. Trotzdem hat er weitergemalt. Und Renoir war im Alter gelähmt und hat trotzdem mit Hilfe einer Apparatur weitergemalt. |
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Martin2
Inventar |
#5 erstellt: 28. Apr 2007, 11:25 | |||
Danke für die Hinweise. Was mir nicht so ganz klar war, ist, daß sich der Prozeß der Ertaubung wohl über eine sehr lange Zeitstrecke hingezogen hat. Ein langsamer Abschied sozusagen. Opus 106 als Grenze zur absoluten Ertaubung werde ich mir mal merken. Sind die Opuszahlen da offensichtlich wirklich als chronologisch aufeinanderfolgend zu denken? Ist dies bei Beethoven so? Ich habe nämlich oft bei Komponisten Sachen lesen müssen wie "Diese hohe Opuszahl ist irreführend" et cetera. Gruß Martin |
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Kreisler_jun.
Inventar |
#6 erstellt: 28. Apr 2007, 12:45 | |||
Dei Opuszahlen bei Beethoven sind im großen und Ganzen chronologisch mit einigen größeren und kleineren Ausreißern. Fast alle Werke wurden ein bis zwei Jahre nach der Kompositione publiziert, aber manche schneller und bei anderen dauert es einige Jahre länger. Das Quartett op.95 wurde z.B. um 1810 komponiert, deutlich vor der 7. u. 8. Sinfonie (opp. 92 u. 93, 1812), zwischen den Sonaten op.101 und 106 liegen auch etwa zwei bis drei Jahre (1815/18), aber die Reihenfolge ist korrekt. Grobe Ausreißer sind fast immer eher unwichtige Stücke. Das Bläseroktett op.103 ist z.B. ein sehr frühes Werk aus den 1790er, vermutlich vor den ersten Opusnummern geschrieben. (Das habe ich jetzt zum Teil auch nachgeschlagen) viele Grüße JR |
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AH.
Inventar |
#7 erstellt: 03. Dez 2018, 18:45 | |||
Liebe Leserinnen und Leser, Ludwig van Beethoven gehört mit Recht zu den berühmtesten Komponisten. Wenig bekannt sind wohl leider seine letzten Streichquartette (op. 95, op. 127, op. 130, op. 131, op. 132 und op. 135), die sehr avantgardistisch sind. Hören Sie die "große Fuge": https://www.jpc.de/j...Nr-1-16/hnum/2873391 Beethoven komponierte zahlreiche Klaviertrios, darunter das "Geister-Trio", hier gespielt vom Beaux Arts Trio: https://www.jpc.de/j...o-trios/hnum/5891940 Seine Violinsonaten werden hier gespielt von Clara Haskiel und Arthur Grumiaux, darunter die berühmte "Kreutzer-Sonate": https://www.jpc.de/j...Nr-1-10/hnum/1149275 Alle seine 32 Klaviersonaten spielt hier Paul Badura-Skoda an einem wohlklingenden Bösendorfer Imperial: https://www.jpc.de/j...Nr-1-32/hnum/1674991 Berühmt ist er für seine Sinfonien, immerhin schrieb er mit der "Pastorale" die erste mir bekannte Programmsinfonie, hier eine Gesamtaufnahme mit Herbert Kegel: https://www.jpc.de/j...nfonien/hnum/4263425 Eines seiner schönsten Werke ist sein lyrisches Violinkonzert, hier gespielt von Wolfgang Schneiderhan: https://www.jpc.de/j...t-op-61/hnum/7287334 Meine Aufnahme der beiden Violinromanzen ist nicht verfügbar, erproben Sie diese: https://www.amazon.d...hoven+Violinromanzen Sein viertes und fünftes Klavierkonzert hier mit Wilhelm Kempff: https://www.jpc.de/j...-Nr-4-5/hnum/7287325 Sein drittes Klavierkonzert hier mit Sviatoslav Richter: https://www.jpc.de/j...rt-Nr-3/hnum/4746377 liebe Grüße Andreas [Beitrag von AH. am 03. Dez 2018, 18:48 bearbeitet] |
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