Pietro Antonio Locatelli (1695 - 1764)

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Klassik_Fan
Stammgast
#1 erstellt: 16. Mai 2024, 22:59
Hallo zusammen,

zu diesem Komponisten gibt es noch keinen eigenen Thread, so dass ich mch entschlossen habe, einen zu eröffnen.
In diesem Thread fasse ich die verschiedenen Empfehlungen aus dem Thread "Was hört ihr gerade zusammen".

Die Violinkonzerte von Locatelli sind meine persönliche Entdeckung des Jahres 2024!

Locatelli war der größte Violinvirtuose seiner Zeit. Mit seinen Konzerten und den 24 Capricci hat er Maßstäbe gesetzt
Zunächst also eine CD mit den Violinkonzerten, hervorragend interpretiert von der Ausnahmegeigerin Isabelle Faust :

Locatelli_Faust

Locatelli hat wunderbare Musik komponiert und fantastische Violinkonzerte mit hochvirtuosen Elementen geschrieben.
Isabelle Faust meistert diese Herausforderungen mit Bravour.

Sehr interessant wieder die Informationen aus dem Booklet, denn nicht irgendein Kritiker sondern die Interpretin selbst, Isabelle Faust, beschreibt aus der Sicht einer virtuosen Geihgerin den Komponisten und Geiger Locatelli:

"Seinen Zeitgenossen was Locatelli vor allem als Teufelsgeiger bekannt, was seien musikalischen Wert als Komponist leider in der Öffentlichkeit schmälerte. Denn zweifellos gehörte das 1733 in Amsterdam gedruckte Werk !L'Arte del violino" op. 3 von Piero Antonio Locatelli zu den einflussreichsten Musikpublikationen des frühen 18. Jahrhunderts"


Weiter schreibt sie:

"Die Capricci sind von einer derart großen technischen Schwierigkeit, dass Locatelli sie ausdrücklich zum ad-libitum-Gebrauch freistellte. Offensichtlich war ihm bewusst dass nicht jede Geigerhand diese Kadenzen meistern kann . Tatsächlich bewegen sich diese Schwierigkeiten auch heute noch entlang der Grenze des technisch Möglichen"

Und:

"Sicher erweiterte Locatelli die technische Palette des Geigenspiels eines Corelli um Lichtjahre. Wir wissen nicht mit Gewßheit ob Nicolo Paganini die Capricci kannte, aber schon die Zahl 24 lässt es vermuten. Sicher war auch bei ihm ein Exemplar op. 3 seines Kollegen Locatelli angekommen und hat ihn zu seinen "24 Capricci" inspiriert.

Eine ideale Ergänzung ist die Einspielung des italienischen Geigenvirtuosen von Giuliano Carminola mit dem Venice Baroque Orchestar unter der Leitung von Andrea Macron

Locatelli_Carmignola

Die Konzerte sind gleichermaßen stimmungsvoll, fröhlich, und man mag kaum glauben, dass diese Musik vor knapp 300 Jahren geschrieben wurde.
Die Musik klingt viel jünger, ist lebendig, spannungsgeladen, mit wirklich virtuosen Partien.

Die Konzerte, die unter dem Opus 3 zusammengefasst werden haben die Überschrift "Die Kunst der Violine"
Ein Kritiker schrieb: "Mitreißend virtuose Barockkonzerte"; dem ist nichts hinzuzufügen.

Und ich darf ergänzen "mit einem wirklich phantastischen Giuliano Carmignola"
Eine sehr gelungene Einspielung mit wunderbarer Musik, Liebhabern des Barock unbedingt zu empfehlen.


Ich hatte im Booklet eine interessante Passage gelesen, die ich Euch nicht vorenthalten will, weil ich sie gleichermaßen als sehr informativ wie faszinierend finde. Der seinerzeit sehr bekannte französiche Musikritiker Francois-Joseph Fayolle wird hier aus seiner Schift :"Paganini et Beriot, Paris um 1831" zitiert:

"Überdiese hatte Locatelli bereits 100 Jahre vor Paganini alle Möglichkeiten (der Violine) ausgeschöpft, die wir heute als neu bezeichnen.....
Schließlich dürfen wir nicht vergessen, dass Locatelli Paganini gegenüber einen Vorteil von 100 Jharen hatte und dass er Schwierigkeiten erdacht hat, die letzterer nichts weiter als abgeschrieben hat"

Wie immer diese Worte auch einzuordnen sind, man kommt nicht umhin, anzunehmen, dass Locatelli einer der ganz großen Meister auf diesem Instrument gewesen sein muss. Mir war das bisher ehrlich gesagt bisher nicht so bewusst. In sofern eine sehr schöne Entdeckung.


Eine weitere, wirklich hervorragende Einspielung habe ich aufgrund einer Empfehlung von Michael arnaoutchot erworben:
drei Violinkonzerte von Locatelli in der Interpretation von Sandrine Cantoreggi, begleitet von dem Latvian Philharmonic Chamber Orchestra unter der Leitung von Carlo Jans.

Locatelli_Sandrine_C


Concerto 11
Concerto 5
Concerto 12

Concierto 11 habe ich bereits in den Einspielungen von Isabelle Faust und Giuliano Carmignola. so dass ich einen Vergleich versuchen kann.
Nach wenigen Tönen fällt auf, dass das Spiel der luxenburgische Violinisten von einer ungeheuren Dynamik und Energie geprägt ist.
Die ohnehin virtuosen Konzerte reißen ein in dieser Deutung förmlich mit.

Ich kannte weder die Interpretin, noch das Orchester und auch nicht das Label Turtle. Ich hätte also ohne Empfehlung eher nicht zu dieser Scheibe gegriffen. Aber nun bin ich froh und dankbar, diese Wunderbare Musik hören zu können .

In meinen Ohren eine großartige Aufnahme dieser wunderbaren Musik mit einem exzellenten Klang

Andreas Hörbert hat eine weitere Empfehlung für die Konzerte ausgesprochen:

Locatelli_Gringolt

Andreas schrieb dazu:
In der Tat, die virtuose Violine ist in seinen Konzerten sehr schön hervorgestellt. Auch ist die Musik abwechslungsreich und kein "typischer" Barock, sondern durchaus recht eigenständig. Gerade sehr gekonnt dargeboten von Ilya Gringolts mit dem Finnish Baroque Orchestra: harmonisch, zueinander passend, barockdynamisch ansehnlich - die Einspielung kann ich guten Gewissens empfehlen.

Nachdem man sich durch die Violinkonzerte durchgehört hat, ist es empfehlenswert, auch einmla die 24 Capricci zu hören
Dazu bietet sich folgende Einspielung von Emmanuele Baldini an:

Locatelli_Capricci

Waren schon die Violinkonzerte für die Interpreten wegen der hohen technischen Schwierigkeiten eine echte Herausforderung, so waren die Capricci als Zugabe gedacht und forderten die Violinisten zum äußersten. Isabelle Faust: "Die Grenze des technisch machbaren"
Viele zeitgenössischen Geiger spielten die Konzerte, aber ohne ein Capriccci "anzuhängen". Lieber spielten sie eigene, in der Regel einfachere Kadenzen.


Diese CD ist eine hochinteressante Ergänzung zu den Konzerten. Die Musik ist nicht wirklich "schön", aber dafür irgendwie fesselnd, und man kommt nicht umhin, die unglaubliche Fingerfertigkeit, die erforderlich ist um solches zu spielen, zu bewundern.
Es ist wirklich unfassbar, was diejenigen, die sich das zumuten und zutrauen, auf dem Instrument leisten.

Im Booklet zu dieser CD ist folgendes zu lesen
Man hat immer wieder Vergleiche zwischen Locatellis Capricci und den berühmteren und bekannteren 24 Capricci Opus 1 von Nicolai Paganini angestellt. Wirkliche Ähnlichkeiten gibt es nicht, außer vielleicht die eine:

"Beide Männer haben die schwierigsten Violinstücke Ihrer Zeit drucken lassen"

Eine bemerkenswerte Aussage!


Hier nun eine CD mit wunderbarer Musik, die mich erst auf Locatelli gebracht hat:
Die 6 Introduttione Taeatrali, dargeboten von dem Freiburger Barockorchester unter der Leitung von Thomas Hengelbrock lebhaft und mit großer Spielfreude intonierten Violinsonaten sind sehr schön anzuhörende Musik.

Locatelli_Introduttioni


Leichte, schwungvolle, ja fast möchte man sagen fröhliche Musik. Ich bin immer wieder überrascht, welch schöne Musik bereits vor mehr als 300 Jahren gespielt wurde. Mir hat es sehr gut gefallen. Es ist wirklich schade, fast jeder kennt den Namen Paganini, kaum jemand kennt den Namen Locatelli. Und so ging es auch mir bis ich auf diese Scheibe gestoßen bin


Locatelli hat auch viele weitere Stücke wie Flötenkonzerte oder Trios komponiert.
Das Label Brilliant hat eine Gesamtausgabe seines Werkes herausgegeben, das sich aber noch nicht besitze und daher nicht kenne:

Locatelli_Edition

Mit 21 CDs ist die Locatelli Complete Edition die umfangreichste Veröffentlichung der Musik dieses Komponisten, die Stand heute verfügbar ist


Ich würde mich über fachkundige Kommentare oder Ergänzungen sehr freuen.


Viele Grüße

Harry


[Beitrag von Klassik_Fan am 16. Mai 2024, 23:09 bearbeitet]
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