Langgaard, Rued (1893-1952)

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Pink
Ist häufiger hier
#1 erstellt: 08. Nov 2005, 22:38
Hallo allerseits,

nachdem hier in den letzten Tagen ein regelrechter Boom an Threads mit skandinavischen Inhalten eingesetzt hat, möchte ich einen mir sehr wichtigen Komponisten nicht unerwähnt lassen.

Die Stunde, in der mich ein guter Klassikfreund (vor ca. 10 Jahren) mit der nun von mir vorgestellten Symphonie bekannt machte, darf ich wohl als eine der glücklichsten meines Lebens bezeichnen!
Es handelt sich um den sowohl zu seinen Lebzeiten wie bis heute im Musikleben bedauerlicherweise kaum wahrgenommenen dänischen Komponisten und Organisten

Rued Langgaard (1893-1952)





Die hier empfohlene Symphonie Nr. 1 mit dem Beinamen 'Klippenpastorale', entstanden 1908/09 (und 1909-11 mehrmals überarbeitet), erweist sich als ein vollendetes und reifes Werk, das den damals 15- bzw. 16-jährigen Tonschöpfer im Vollbesitz seiner kompositorischen und instrumentatorischen Fähigkeiten zeigt, ähnlich der Begabung des Wunderkindes Erich Wolfgang Korngold (1897-1957).
Langgaards exakt 102 Orchestermitglieder verlangende Symphonie besitzt sowohl in ihrer zeitlichen Ausdehnung (annähernd 70 min.) als auch in ihrer emotionalen Wucht Ausmaße Mahlerscher Symphonik, mit ungeheuren Steigerungen und gewaltigen Höhepunkten. Gleichzeitig steht sie ganz in der romantischen Tradition der Programmusik, z. B. der symphonischen Dichtungen eines Richard Strauss. Auch die brillante Instrumentierungskunst Langgaards braucht den Vergleich mit ähnlichen Mammutwerken der genannten Komponistenkollegen keinesfalls zu scheuen. Ein phantastisches Meisterwerk eines exzentrischen Einzelgängers, dessen Bedeutung noch Jahrzehnte nach Langgaards Tod im dänischen Musikleben nicht erkannt wurde.

Die fünf Sätze lauten:
1. Brandung und Sonnenschimmer. Maestoso
2. Gebirgsblumen. Lento
3. Legende. Lento misterioso
4. Bergbesteigung. Marcato - Andante e con espressione - Tempo I
5. Lebensmut. Maestoso allargando

Von den beiden einzigen existierenden Einspielungen möchte und kann ich nur die hervorragende - die zahlreichen rauschhaften Höhepunkte bestens in Szene setztende - Aufnahme mit dem Danish National RSO unter Leitung von Leif Segerstam auf Chandos (9249) empfehlen!!!





Aus dem etwa 400 (!) Werke umfassenden Gesamtoeuvre des skurrilen Spätromantikers Langgaard möchte ich außer den restlichen 15 Symphonien noch seine bedeutende (und einzige) Oper 'Antichrist' (1921-23 / 1926-30) und die für ihre Entstehungszeit (1916-18) erstaunlich modern konzipierte 'Sphärenmusik' für Sopran, Chor und Orchester (in Form einer Raumklangkomposition) erwähnen.





Schöne Grüße
Johannes
Martin2
Inventar
#2 erstellt: 08. Nov 2005, 23:02
Lieber Johannes,

ich kann Deine Begeisterung für Langaard nicht so ganz nachvollziehen. Ich habe mich selber mal vor einigen Jahren durch jemand im Internet breit schlagen lassen, mir diese "Klippenpastorale" zu holen ( in eben jener CD, die du anpreist, aber es gibt glaube ich sowieso nichts anderes, was zu denken gibt). Im großen und ganzen rausgeschmissenes Geld. Die ersten beiden Sätze sind noch ganz OK, den Rest kannst Du vergessen. Der Vergleich mit Mahler/ Strauss ist abwegig, da klaffen einfach Welten dazwischen. Später hörte ich dann noch mal 3 andere Sinfonien, die ich mir aus der Bücherei auslieh. Definitiv langweilig.

Es gibt schlicht und ergreifend besseres, viel besseres.

Gruß Martin
Pink
Ist häufiger hier
#3 erstellt: 09. Nov 2005, 02:16
Hallo Martin,

tja, so extrem können die Meinungen über die Musik auseinandergehen. Ich kann jedenfalls versichern, daß sämtliche Klassikliebhaber aus meinem Freundes- und Bekanntenkreis, denen ich diese Symphonie bisher vorstellte, genauso hellauf begeistert davon waren wie ich.
Aus der gleichfalls enthusiastischen Besprechung des FonoForum, das die Chandos-Einspielung im August 1994 immerhin mit dem 'Stern des Monats' auszeichnete, möchte ich kurz zitieren:
"Fast 70 Minuten dauert dieser fünfsätzige Koloß, bei dem von jugendlicher Stilunsicherheit absolut nichts zu merken ist. Diese Sinfonie erscheint als die Großankündigung eines Originalgenies. Als solche begreift es auch Leif Segerstam am Pult des Dänischen Rundfunksinfonieorchesters ..."

Und, wie ich bereits angedeutet habe, kann man wegen der stilistischen Vielfalt, die Langgaards Oeuvre beinhaltet, aufgrund der Kenntnis von zwei, drei Werken kaum irgendwelche Rückschlüsse auf alle restlichen 397 Werke ziehen.
Ein eindrucksvolles Beispiel, wie wandlungsfähig sein Stil war, zeigt allein ein Vergleich der beiden von mir erwähnten und zeitlich nicht weit auseinanderliegenden Werke, der 'Symphonie Nr. 1' [1908/09] (die noch ganz in spätromantischen Klängen schwelgt) und der 'Sphärenmusik' [1916-18] (die man aufgrund ihrer modernen Kompositionsverfahren ca. fünfzig Jahre später einordnen würde).

Daß man den Komponisten keinesfalls als zweitklassigen Spätromantiker abtun kann, sondern daß er durchaus imstande war, visionäre Werke zu schaffen, die weit in die Zukunft vorauswiesen, zeigt eine Begebenheit aus den 60-er Jahren, die ich ebenfalls gerne zitieren möchte:

"'Sphärenmusik' ist eine der originellsten dänischen Kompositionen aus der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts. Es sollten jedoch fünfzig Jahre vergehen, ehe dieser Umstand erkannt wurde. Das Stück wurde zwischen 1916 und 1918 komponiert und ein Jahr später veröffentlicht ... 1921 und 1922 wurde es in Deutschland aufgeführt, doch dann fiel es der Vergessenheit beziehungsweise Mißachtung heim.
1968 gehörten der ungarische Komponist György Ligeti und der dänische Komponist Per Nørgård einer Jury an, deren Aufgabe die Beurteilung neuer Musikstücke war. In die Auswahl hatte Nørgård heimlich 'Sphärenmusik' eingeschmuggelt. Nachdem er Langgaards Partitur einige Minuten lang studiert hatte, verkündete Ligeti (mit einem humorvollen Augenzwinkern): "Soeben ist mir klar geworden, daß ich Langgaard-Epigone bin!"
Ligeti hatte gleich erkannt, daß die Kompositionsverfahren von 'Sphärenmusik' in seinen eigenen Werken der sechziger Jahre anklingen, und zwar insbesondere in 'Atmosphères' (1961).
Im selben Jahr wurde 'Sphärenmusik' in Stockholm aufgeführt, ein Ereignis, das Ausgangspunkt einer so nachhaltigen Langgaard-Renaissance war, daß zu seinem hundertsten Geburtstag 1993 ein vollständiger Werkskatalog, eine Biographie und Aufnahmen der bedeutendsten Werke Langgaards vorlagen ..."

Wie gesagt, ist das Oeuvre Langgaards äußerst umfangreich und vielseitig (gattungsmäßig wie stilistisch), so daß für den am 20. Jahrhundert interessierten und neugierigen Musikliebhaber einige lohnende Werke dabei sein dürften. Hier noch ein Link zu einem Gesamtverzeichnis seiner Werke:

http://www.klassika.info/Komponisten/Langgaard/wvjh.html


Schöne Grüße
Johannes


[Beitrag von Pink am 09. Nov 2005, 03:30 bearbeitet]
embe
Stammgast
#4 erstellt: 09. Nov 2005, 11:25
Hallo,
vom rüden Rued gefällt mir auch nicht alles.
Die 4. + 5. Sym höre ich öfter.
Auch die Sphärenmusik, Drapa + de Profundis hab ich noch im Ohr.
Alles andere müsste ich mir nochmal zu Gemüte führen aber ich habe noch so viele
Neue Sachen zu hören....
Gruß
embe
teleton
Inventar
#5 erstellt: 09. Nov 2005, 12:22
Hallo Langgaard-Freunde,
hallo Pink, embe und martin2,

mit der Sinfonie Nr.1 Klippenpastorale bin ich auch nicht gleich vor Begeisterung vom Hocker gefallen. Ein Kollege, der sehr viele Werke aus der nordischen Ecke hat, hatte mir die CD ausgeliehen und ich wollte diese nichtmal konservieren.
Heute besitze ich die CHANDOS-Segerstam-CD auch --- man mu- Zeit und Geduld mitbringen, dann lohnt es schon.

Die Sinfonien von Langgaard sind untereinander sehr kontrastreich, von energiegeladen bis langatmig. Wenn man dann wie im Falle martin2 an die falschen Sinfonien geraet --- dann ist der Ofen erstmal aus.

Da mein Kollege weiss, welche Art von Orchesterwerken ich bevorzuge, hatte er mir auch die CHANDOS-CD der Sinfonien Nr.4,5,6 mit Neeme Jaervi Danish SO *DDD 1991* geliehen - diese nenne ich inzwischen auch mein Eigen und bin absolut begeistert:


Hier geht es richtig zur Sache - zahlreiche Paukenstellen geben den Sinfonien den richtigen Drive !
Die 3Werke sind alles andere als langatmig - das erkennt man auch schon an der straffen Spielzeit - 3Sinfonien auf einer CD !


[Beitrag von teleton am 09. Nov 2005, 12:23 bearbeitet]
Martin2
Inventar
#6 erstellt: 10. Nov 2005, 19:41
Lieber Johannes,

noch mal Klippenpastorale. Wie ich sagte, fand ich die ersten beiden Sätze OK. Das heißt, eigentlich fand ich sie gut! Insofern war das dann wohl doch kein "rausgeschmissenes Geld". Ich denke, ich werde mir das gerne mal wieder anhören. Allerdings nur die ersten zwei Sätze.

Gruß Martin
teleton
Inventar
#7 erstellt: 03. Nov 2010, 02:56
Hallo martin,

wie sieht es denn nun nach 5jahren mit Langgaard bei Dir aus ?

Inzwischen gibt es die hervorargende Langgaard-Sinfonien-GA mit Thomas Dausgaard (DACAPO, DDD), die ich bereits als Einzel-CD´s angeschafft hatte, als die GA noch gar nicht auf dem Markt war.
Von der Interpretation und der aktulellen Klangqualität sind diese Aufnahmen der Sinfonien Nr.1-14 erste Sahne.
Die Sinfonien Nr.2 und 3, Nr.12-14 sind sogar nur als SACD zu haben.

Die Sinfonie Nr.1 ist bei Dausgaard kürzer und straffer gehalten - auch sehr gut.
Allerdings muß ich damals wie heute Johannes (PINK) zustimmen, dass die Segerstam-Aufnahme (Chandos) trotzdem, wegen des weit besseren Auslotens der Tiefe und Dramatik dieser Partitur einfach vorzuziehen ist.

Auch die von mir geschätztesten Sinfonien Nr.4-6 höre ich gerne mit Dausgaard, aber auch nach wie vor in der noch etwas fetzigeren Aufnahme mit Järvi (Chandos, 1991, DDD).

Langgaard ist sehr uneinheitlich in seiner Entwicklung. Man sollte annehmen, das die Sinfonien mit den Jahren und steigender Zahl moderner werden ! Bei Langgaard ist das nicht so - bei die letzten Sinfonien besinnt sich Langgaard alter Traditionen und wird eher unmoderner - aber teils auch langweiliger ...
Martin2
Inventar
#8 erstellt: 03. Nov 2010, 15:55

teleton schrieb:
Hallo martin,

wie sieht es denn nun nach 5jahren mit Langgaard bei Dir aus ?



Hallo Wolfgang,

ja irgendwie gar nicht. Habe die CD mit der 1. immer noch, aber nie wieder gehört. Ich könnte es aber doch mal wieder tun. Meine obige Antwort war etwas schroff.

Gruß Martin
Martin2
Inventar
#9 erstellt: 03. Nov 2010, 18:42
Habe eben noch mal die Klippenpastorale gehört. Ein paar passable Ideen, aber meistens zu dick instrumentiert, viel Blech, viel Eindruck schinden. Das Finale hohler Bombast. Mich ärgert der Mangel an Selbstkritik bei Langaard. Man kann Jugendsünden verzapfen, aber dann überarbeitet man sie eben vernünftig oder zieht sie eben zurück. Aber die ersten 3,4 Sätze sind so schlecht nicht ( obwohl auch da der Vergleich mit wirklich erstklassigen Komponisten abwegig ist), aber die Sinfonie wird immer schlechter.

Gruß Martin
Klassik_Fan
Stammgast
#10 erstellt: 19. Jan 2023, 20:11
Hallo zusammen,

da es zu Rued Langgaard bereits einen Thread gibt, werde ich diesen hier fortführen und einige Einspielungen vorstellen.

Rued Langgaard ist ein dänischer Komponist und erarbeitete über 400 Kompositionen. Er schrieb die Oper Antikrist, 16 Sinfonien, 7 Streichquartette, Kammermusik, sehr viele Orgel- und Klavierwerke sowie Vokalmusik. Eines seiner bekannteren Werke ist die "Sphärenmusik"

Zu den Sinfonien:

Für die erste Sinfonie liegen zwei sehr empfehlenswerte Einspielungen vor:

amazon.de

Diese Deutung der Sinfonie 1 "Klippen-Pastorale " von Leif Segerstamm ist eine fulminante, mitreißende Aufnahme. Was dieser Drigent, den ich eigentlich bislang nur von einer Aufnahmen mit Musik von Sibelius kenne, hier aus diesem Orchester herausholt ist schon außergewöhnlich. Was für eine großartige Musik.!!! Ungemein kraftvoll, wuchtig, mitreißend, jederzeit spannend.

Ich kannte Langgaard bisher kaum, es ist mir unbegreiflich, dass dieser Komponist in Deutschland weitgehend unbekannt ist (die Experten werden ihn natürlich kennen) , auch habe ich den Namen noch nie auf einem Konzertprogramm gelesen.

Das macht ungeheure Lust auf weitere Hörerfahrungen mit diesem Komponisten.

Eine Alternative ist die folgende Einspielung:

jpc.de

Diese 1. Sinfonie des gerade einmal 20jährigen wurde 1913 mit den Berlinern Philharmonikern uraufgeführt. Sakari Oramo hat sich immer wieder für Langgaard eingesetzt und hat mit den BP eine exzellente Interpreation der Musik eingespielt

Arnaoutchot schrieb:


Hier auch Langgaard, wie oben schon angedroht, traf die Symphonie No. 1 "Klippenpastoraler" ein. Brandneu aufgenommen in einer deutlich kürzeren (55 statt 70 Minuten) revidierten kritischen Edition von 2010 von Sakari Oramo und den Berliner Philharmonikern im Juni 2022 in der Philharmonie.

Ich finde die Musik das sehr ansprechend. Die lebendige Mehrkanal-Aufnahme versetzt einen in ein Klangbad sondergleichen, inhaltlich etwa so, als hätte Mahler eine Meeres-Symphonie geschrieben. Das ist eine jugendlich überschwengliche grossformatige Symphonie als Hymne an die rauhe nordische maritime Natur !



Zu den weiteren Sinfonien die folgende Empfehlung:

jpc.de

Hier überzeugt Sakari Oramo mit den Wiener Philharmonikern.


Ähnlich wie bei der ersten Sinfonie mit Segerstamm am Pult hier eine ungemein kraftvolle und dynamische Einspielung der Sinfonien 2 & 6-
Insbesondere die zweite Sinfonie hat mir sehr gut gefallen. Eine exzellente Aufnahme.

Agon hat dazu einen sehr eindrucksvollen Beitrag verfasst :


Ich habe mir jetzt neben der Sinfonie Nr. 6 auch noch die Sinfonie Nr. 2 "Frühlingserwachen" von 1914 angehört.
Beide Werke würde ich als ausgesprochen spätromantisch bezeichnen, die deutlich in der Tradition von Wagner, Bruckner, Mahler und Richard Strauss stehen.
Als störend habe ich lediglich den Einsatz des Soprans im letzten Satz der zweiten Sinfonie empfunden. Ich kenne nur diese Aufnahme, aber die schrille Stimme von Anu Komsi ist kein Hörvergnügen. Mit einem besseren Sopran lässt sich das sicher auch anders darstellen.
Nun, "Eindruck" machen diese beiden Sinfonien durchaus und sie sind Kinder ihrer Zeit. Üppigst instrumentiert, geradezu überladen, heftig bis apokalyptisch im Ausdruck, Bekenntnismusik. In Deutschland und Österreich konnte er damit einige Erfolge erzielen, in Dänemark hingegen überhaupt keine. Dort wurde die zweite Sinfonie als "Missgeburt" bezeichnet. Auch die sechste Sinfonie wurde in seinem Heimatland betont unfreundlich und geringschätzend aufgenommen.
Wenn ich mir so den Booklettext durchlese und dazu noch den unten verlinkten Text von Volker Tarnow über Langgaard, so wird klar, daß er zwar ein musikalisches Wunderkind war, teilweise genial, aber aufgrund seiner charakterlichen Schwächen, seines elitären Gehabes, seiner Ablehnung der Moderne, seines Desinteresses am Publikum und auch wegen seiner Ablehnung von Carl Nielsen das war, was man als "schwierig" bezeichnet, ein Sonderling. In Dänemark wurde er wirklich komplett ignoriert und arbeitete als Organist "am Arsch der Welt", wie man so sagt. Er wurde völlig vergessen und erst 1968 durch Per Norgard wiederentdeckt.
Sakari Oramo setzt sich sehr für Langgaard ein und animiert die Wiener Philharmoniker zu furiosem Spiel. Das geht eigentlich nicht besser.


Hüb hat ergänzend geschrieben:


Die Ausführungen von Philipp (Agon) kann ich sehr gut nachvollziehen, wobei mich die Stimme der Sopranistin allerdings nicht so sehr stört. Bin allerdings in Sachen klassischem Gesang auch sehr wenig bewandert. Die Sinfonien empfand ich insgesamt als Gewinn und beinahe durchweg gut anhörbar. Aufbauend auf einem breiten, spätromantischen Fundament, zeigen sich in einigen (kurzen) Sequenzen durchaus modernere oder zumindest eigenwillige Wendungen. Dann gibt es aber auch wieder fast banal wirkende Abschnitte. Dennoch in Summe für mich eine Bereicherung.




Des weiteren gibt es eine Einspielung der Sinfonien 4-6

amazon.de

Hier ist Neeme Järvi am Pult des Danish National Radio Symphony Orchestra. Ebenfalls schöne, kraftvolle Musik, die eine ungeheure Energie ausstrahlt, obwohl es auch einige leisere, fast schon berührende Passagen gibt.
Eine CD, die ich ebenfalls nicht missen möchte.




Wer eine Gesamtaufnahme aller 16 Sinfonien in Betracht zieht, dem sei die folgende Einspielung von Thomas Dausgaard ans Herz gelegt

jpc.de

Ich habe persönlich diese GA noch nicht, sie wird aber sicher bei den nächsten Bestellungen mit auf dem Einkaufszettel stehen



Das vielleicht bekannteste Werk sind die "Sphärenklänge" Sehr empfehlenswert ist die folgende Aufnahme:

amazon.de
Langgaard_Spheres

Diese Einspielung von Gennady Rozhdestvensky mit dem Danish National Radio Symphony Orchestra. Schöne, aber ungewöhnlich Musik, durchaus ansprechend, manchmal gar spannend. Wenn man den Titel "Music of the Spheres" nicht kennen würde, könnte man bei dieser Musik unwillkürlich daran erinnert werden. Vom Musikstil her kenne ich ehrlich gesagt nichts vergleichbares. Aber absolut hörenswert.


Textliche Ergänzungen oder weitere Empfehlungen "highly appreciated"

Viele Grüße

Harry








Viele Grüße

Harry


[Beitrag von Klassik_Fan am 20. Jan 2023, 16:06 bearbeitet]
Agon
Hat sich gelöscht
#11 erstellt: 20. Jan 2023, 17:17
Es ist schön, dass man hier weiter über Langgaard schreiben kann. Es gibt ja doch einiges zu ihm zu sagen. Seine Person wie auch seine Musik sind ja nach wie vor sehr unbekannt.

Es ist wirklich zu hoffen, dass noch weitere Sinfonien-Aufnahmen unter Oramo oder auch anderen Dirigenten erfolgen werden. Mit Dausgaard bin ich nicht so glücklich. Segerstam und Järvi sind ausgezeichnet.

Auch seine Streichquartette sind absolut hörenswert. Da war ich gleich überzeugt von:

amazon.de
WolfgangZ
Inventar
#12 erstellt: 20. Jan 2023, 20:05
Vor wenigen Wochen hatten wir im Neutral-Faden bereits Austausch zu Langgaard - da wusste ich genauso wie Harry, der Klassik-Fan, nicht von diesem speziellen Thread, den Harry vorgestern entdeckt hat. Darüber freue auch ich mich. Daher möchte ich weitgehend original einen damaligen Beitrag von mir im Kontext hier einstellen. Es ging um den Aspekt des Negativen im Werk Langgaards. Ich hatte behauptet, dass die Sphären-Sinfonie Ausdruck eines kaum gebrochenen Optimismus des Komponisten sei.

WolfgangZ (Beitrag #28256) schrieb:



Meines Erachtens kann man die "Negativismen" im mir bekannten sinfonischen Werk [...] wirklich nur in den beiden späten Kurzsinfonien und dem noch seltsameren Res absurda erkennen[, nicht aber in der Sphärenmusik].


Darauf eine Anwort von Andreas alias Hörstoff:


Er hat schon negative Elemente repräsentiert. Er selbst urteilte über seine Komposition: "In Sphärenmusik habe ich in nächtlicher Dunkelheit und Verzweiflung jegliche Art von Motivik, Struktur, Form oder Kohärenz aufgegeben. Die Musik ist von einem schwarzen Schleier und den undurchdringbaren Nebeln des Todes verhüllt." (Zitat gemäß Wikipedia)

Die Oper "Antikrist" dürfte bei manchen wohlwollenden Christinnen und Christen übel aufstoßen.

Aber warum sollten abgründige Dinge ausgespart werden? Gehören diese nicht ebenso zum menschlichen Dasein, zur Existenz dazu? Sind diese nicht auch in den Religionen rezipiert?

Meines Erachtens sprechen auch "religiöse Eingebungen" nicht gegen den Komponisten.


Hierzu wieder meine Replik - nunmehr aus Gründen des Kontextes leicht verändert:


Das Zitat des Komponisten zu seiner Sphärenmusik war mir nicht bekannt und es widerlegt natürlich meine vorher geäußerte Ansicht bis zu einem gewissen Grad zumindest. Es ließe sich vielleicht argumentieren, dass Gutes und Böses, Helles und Dunkles sich einer nach vorne gerichteten quasi revolutionär angehauchten Ästhetik zuordnen lassen. Das ist auf alle Fälle charakteristisch für die künstlerischen Tendenzen der Jahrhundertwende und auch Skrjabin lässt ja dem Dunklen und Bösen viel Raum. Aber gerade für das Prinzip einer "Kunst um der Kunst willen" ist so etwas wie ein Basisoptimismus, eine hohe Fremd- und Selbsteinschätzung des Künstlers quasi Voraussetzung. Dazu gehört vor allem, dass der Künstler des Fin de Siècle sich lösen will, abheben will von Alltagsgegenständen.

Aber zweifellos hast Du Recht, dass zum Bild der Sphären-Harmonie auch im Sinne eines Rued Langgaard das Negative ebenso gehört.

Was die Resignation des Komponisten und den Zynismus in Teilen seines Spätwerks und in Äußerungen von ihm anbelangt, dürfte es, so wie ich die Booklet-Informationen verstanden habe, wie folgt gewesen sein: Langgaard war ein Erzromantiker - das gehört nun auch zum Fin de Siècle - und wurde von den Modernisten überrannt. Es steht dies auch nicht im Widerspruch zur Sphären-Sinfonie, die nicht die Tonalität auflöst, sondern gedanklich und in der Struktur und Motivbehandlung völlig eigene Wege geht.

Gegen die mangelnde Anerkennung der Modernisten hat er sich verzweifelt gewehrt. Insofern sind seine Sinfonien nie modern - die sonderbaren Kurzwerke - nämlich die beiden grotesken Kurzsinfonien (11 und 12) im späteren Werk sowie Res absurda - sind Parodien auf eine (übersteigerte) Romantik, der er letztlich nie ganz abgeschworen hat - ganz eklatant zu hören in Res absurda. Das zu Zeiten von Dodekaphonie oder Neuer Sachlichkeit.

Man bedenke auch einen Titel zur finalen Phrase in der 12. Sinfonie: Ein Komponist explodiert ...

Wolfgang

NB: Originellerweise gab es den Skandinavien-Boom also vor rund 18 Jahren auch schon - siehe den Anfang des Threads!


[Beitrag von WolfgangZ am 20. Jan 2023, 20:28 bearbeitet]
WolfgangZ
Inventar
#13 erstellt: 20. Jan 2023, 20:43

Martin2 (Beitrag #9) schrieb:
Habe eben noch mal die Klippenpastorale gehört. Ein paar passable Ideen, aber meistens zu dick instrumentiert, viel Blech, viel Eindruck schinden. Das Finale hohler Bombast. Mich ärgert der Mangel an Selbstkritik bei Langaard. Man kann Jugendsünden verzapfen, aber dann überarbeitet man sie eben vernünftig oder zieht sie eben zurück. Aber die ersten 3,4 Sätze sind so schlecht nicht ( obwohl auch da der Vergleich mit wirklich erstklassigen Komponisten abwegig ist), aber die Sinfonie wird immer schlechter.

Gruß Martin


Martin hat im Forum schon länger nicht mehr geschrieben. Ich war nicht immer seiner Meinung, aber so richtig widersprechen möchte ich ihm an dieser Stelle durchaus nicht. Die Klippenpastorale hat Langgaard wohl spontan ziemlich berühmt gemacht, sie wurde wohl am häufigsten aufgeführt, ist wohl am bekanntesten von seinen Werken - oder ist das eher die Sphären-Sinfonie? - und Klangsprache wie Idee eines noch nicht Erwachsenen werden bewundert.

Wird vielleicht in doch hohem Maße das Alter des Komponisten bewundert? Natürlich muss man den Duktus dieses Werks im Kontext eines bürgerlichen Optimismus zur Jahrhundertwende bedenken, die Sehnsucht nach dem Rauschhaften, nach Klangmassen und Klanggewalt, den Schönheitskult. Es bedarf heutzutage vielleicht eher der rechten Tagesverfassung, um eine solche Musik zu genießen.

Ob aber Martin so ganz unrecht hat? Was mich betrifft: Eine Handvoll mehr oder minder aufmerksame Hörsitzungen habe ich hinter mir. Der Eindruck währenddessen und hinterher hat fluktuiert, so auch die Begeisterung. Bislang habe ich noch keine differenzierte Analyse zu dem Werk lesen oder hören können, sei sie so objektiv wie möglich, sei sie schattiert in welche Richtung auch immer. Ich könnte mir meinen Reim schon machen und wäre sehr interessiert.

Wolfgang
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