Pollini, Maurizio: Der Pianist

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Jeremias
Stammgast
#1 erstellt: 03. Dez 2005, 01:30
Ich hatte gerade das große Vergnügen, Maurizio Pollini in Köln zu hören. War zufällig jemand von Euch auch da? Von diesem Konzert werde ich wahrscheinlich in 50 Jahren noch meinen Enkeln erzählen! Pollini's Konzert im März 97 in Köln war eines der größten Musikerlebnisse meines Lebens. M.E. hatte er vor etwa 3 Jahren eine Phase, in der alles ein wenig routiniert klang. Dann habe ich ihn dieses Jahr in essen wieder gehört mit einem Schönberg/Beethoven-Programm und heute ENDLICH einmal ein reines Chopin-Programm. Frisch wie eh und je, musikalisch auf allerhöchstem Niveau, die Nocturnes wunderbar melodisch, es funkelte und gänzte überall. Und ich habe noch NIE erlebt, dass ein Pianist dann noch ein Stück die die 1.Ballade u.a. als Zugabe spielt.....

Habt Ihr ähnliche Erlebnisse gemacht? Oder wie ist Eure Meinung zu Pollini?
teleton
Inventar
#2 erstellt: 06. Dez 2005, 11:33
Hallo Jeremias,

ich hatte ein ähnliches positives Erlebnis wie Du mit Pollini, allerdings nicht Live im Konzert sondern zu Hause.

Die Bartok-Klavierkonzerte wollten sich mir in der sonst so hochgelobten Anda/Fricsay-Aufnahme mir nie so recht erschließen, bis ich diese Super-Bartok-CD hörte:


Bartok:Klavierkonzerte Nr. 1 & 2
+Strawinsky:3 Sätze aus Petruschka (ist auf meiner alten DG-Ausgabe nicht drauf)
Pollini, Chicago SO, Abbado
Aufnahme DG 1971 ADD

s.bummer
Hat sich gelöscht
#3 erstellt: 06. Dez 2005, 21:22
So ist es,
eine prima Aufnahme mit Pollini.
Das einzige, was an der CD wirklich nervt, ist das Cover.
Nicht, das es schlecht fotografiert ist, nein: Warum bildet man auf CDS nicht den Künstler mit einem Foto aus DER ZEIT ab, in der die Tonaufnahme entstanden ist?
So entsteht ein falscher Eindruck.
Gruß S.
gantenbein67
Ist häufiger hier
#4 erstellt: 09. Dez 2005, 14:51
Schön, daß Euch Pollini so gefallen hat.

Dabei ist er ein relativ schlechter Pianist; die Konzerte, die ich erlebt haben, zeichneten sich durchgehend durch kalte Oberflächlichkeit aus, Gleichgültigkeit gegenüber den vielen Details, Gleichgültigkeit gegenüber der Vielfältigkeit der Klangfarben, waren gekennzeichnet durch übermäßigen Pedalgebrauch , zeugten von Unverständnis gegenüber der Musik.
Typisch auch die Rezensionen...aus purer Not wird an den Kaisers Kleidern festgehalten und herumgeschwafelt von " Altersweisheit ", "nie das Ganze aus den Augen verlierend ", "berührende Abgeklärtheit ", "tiefe Strukturen deutend " und so weiter. Meist in sprachlicher Poesie und abstrakten Phrasen. Wie immer, wenn ein Kritiker keine Ahnung hat.

Warum wird er so geschätzt?
Weil der alte SZ-Kaiser ihn so gehypt hat ?
Weil er gute Plattenverträge hat ?
Weil sich niemand traut, seinen eigenen Ohren zu vertrauen ?

Gut, ein einziges Mal war ich angetan, ca 1983, ein Abend mit Schönberg und Chopin; aber ansonsten, ...insbesondere Beethovenabende waren ein Graus, nein, waren grottenlangweilig, und ärgerlich, wenn man weiß, wie wunderbar diese Musik sein kann.
Ich habe ihn oft gehört, schreibe nicht einfach so dahin.
Ich werde ihn nicht wieder hören wollen, weder den aktuellen Pollini, noch seine Aufnahmen.
Ich besitze eine Aufnahme des ganz ganz jungen Pollini, und sorry, Leute, auch damals war es keine hohe Kunst.
Und seine immer wieder hervorgehobene Einspielung der Chopin-Etuden...kann jeder technisch gute und mit Kraft ausgestatte Klavierstudent-----kann mir bitte jemand irgendeinen Takt dieser Aufnahme nennen, der einen Zauber, ein Staunen offenbart, der berührt, gar rührt ??

Immer wieder erschreckend, wie wichtig Publicity und Image ist, für die Masse, und eigentlich widerum ganz beruhigend, daß dort, wo alle sind, die Kunst sich meistens leise und heimlich davonstehlt.

In diesem Sinne einen guten 3. Advent
wünscht der alte Gantenbein
gantenbein67
Ist häufiger hier
#5 erstellt: 09. Dez 2005, 20:42
..und was für ein Zufall, lese jetzt, einige Stunden später, in der SZ eine Kritik von Helmut Mauro---zugegeben, dafür kann der Pollini nichts, und doch ist sie bezeichnend...

Zitat:

" Seine ruhige, betont unspektakuläre Art, auch technisch schwierige Stellen so einzubinden, dass man nie abgelenkt ist von der im Moment erwachsenden Gesamtgestalt, ist derart souverän, dass man irgendwann jeden Vergleich vergisst"


---Was sagt dieser Satz über sein Spiel---das es technisch versiert ist, mehr nicht. Der Rest ist hohle Phrase--eine Gesamtgestalt erwächst nicht im Moment, wenn schon, dann in der Folge aneinandergereihter Momente. Und was ist eigentlich der Unterschied zwischen einer Gestalt und einer Gesamtgestalt ?? Lauter leere, dumme Worthülsen, wenn man sie genau liest.

Weiter im Text:

"Da wird der Salon zur Fabrikhalle, da werden Bassfiguren zu Motoren und Legati zu ledernen Keilriemen."

---Nur gut, daß niemand gezwungen werden kann, solche Poesie lesen zu müssen.

" Auch wenn man bei ihm hin und wieder einen sehr forschen italienischen Zug spürt, so sind seine Höhepunkte doch Orte der ruhe, das spannungsgeladene Aushalten zwischen Tastenwirbel und Ungewissheit. "

" Für Pollini ist es Symptom ( meint hier der Autor vielleicht Zeichen oder Symbol ?? ) für einen völlig anderen Blick auf Chopins musikalische Visionen. "

--Was sind eigentlich "musikalische Visionen" ??

Nun gut , ich will Euch nicht weiter quälen, nur , merkt ihr was ? Des Kaiser`s neue Kleider.

Bei einer guten Flasche Wein schreibe ich gern schon die nächsten Kritiken für die nächsten Pollini-Konzerte, Anfragen bitte an gantenbein@wederitalienischforschnochtastenwirbelndungewiss.

Gantenbein


[Beitrag von gantenbein67 am 09. Dez 2005, 20:55 bearbeitet]
Jeremias
Stammgast
#6 erstellt: 09. Dez 2005, 23:20
Darf ich fragen, welche Pianisten Du bevorzugst?
ruhri
Stammgast
#7 erstellt: 09. Dez 2005, 23:59
Hallo Gantenbein,

tut mit leid, aber solche Totalverisse finde ich immer peinlich.

Grüße

Ruhri
Martin2
Inventar
#8 erstellt: 10. Dez 2005, 00:00
Also ich besitze von Pollini nur die Einspielung der Beethoven Klavierkonzerte ( Deutsche Grammophon). Die finde ich fade. Wenn ich dagegen die Einspielung der Beethoven Klaviersonaten mit Arthur Schnabel halte - welch ein Unterschied! Nur leider sehr alt. Ich erinnere mich allerdings auch schwach, Pollini mal mit Beethoven Klaviersonaten gehört zu haben. Gefiel mir auch nicht.

Aber über Pollini kann ich kein Urteil abgeben, dazu kenne ich ihn ja auch nicht gut genug. Wie es nun mal so ist, macht man meistens einen Versuch mit einem Interpreten und wenn der dann durchfällt, beschäftigt man sich nicht weiter mit ihm. Ich mache es zumindestens so.

Insofern verwundert mich das negative Urteil von Gantenbein. Wieso sollte man sich mit einem Interpreten, den man nicht schätzt, soweit beschäftigen, um zu einem objektiven Urteil mit ihm zu kommen? Also mir ist das ehrlich gesagt zu hoch, Gantenbein hat ihn "oft gehört", kennt ihn offensichtlich sehr gut, findet ihn anderseits aber grottenschlecht. Warum tut ein Mensch sich das an?

Mit verwunderten Grüßen
Martin
ruhri
Stammgast
#9 erstellt: 10. Dez 2005, 00:26
Hallo Martin,

hör doch mal in die Einspielung von Beethovens 5. Klavierkonzert mit Pollini und Abbado vom 30.12.1967 in Rom mit dem RAI-Orchester rein (la Grande Classica, sehr preiswert, Klangqualität nicht so toll) - die finde ich weit entfernt davon, fade zu sein. Aber das ist natürlich immer auch Geschmackssache.

Grüße

Ruhri


[Beitrag von ruhri am 10. Dez 2005, 12:31 bearbeitet]
Martin2
Inventar
#10 erstellt: 10. Dez 2005, 00:56

gantenbein67 schrieb:
Immer wieder erschreckend, wie wichtig Publicity und Image ist, für die Masse, und eigentlich widerum ganz beruhigend, daß dort, wo alle sind, die Kunst sich meistens leise und heimlich davonstehlt.



Also diesen Satz finde ich köstlich. Ich finde es schon ausgesprochen entzückend, daß sich jemand so "beruhigt" zeigt, einen solchen auserlesenen Geschmack zu haben, während "die Masse" halt Pollini hört. Es wäre ja auch äußerst beunruhigend, keiner Elite anzugehören.

@ Ruhri

Danke für den Tip, aber ich denke, ich werde ihm nicht nachgehen. Allerdings mag es sehr wohl sein, daß die Tatsache, daß mir Pollinis Einspielung von Beethovens Klavierkonzert 3 und 4 nicht so gut gefiel, auch am Dirigenten Böhm gelegen haben mag ( Böhms Mozart finde ich auch stinklangweilig, den Wagner erstaunlicherweise nicht - was ich von Böhm halt so kenne und das ist nicht viel) Klavierkonzert 1 und 2 ( mit Jochum) gefiel mir da schon wesentlich besser und das höre ich mir auch gerne noch mal an.

Gruß Martin
gantenbein67
Ist häufiger hier
#11 erstellt: 10. Dez 2005, 14:35
Erfreut über Eure Reaktionen versuche ich, Euch zu antworten.

Jeremias: Ich mag vor allen Dingen Sokolow, gehe seit ca 6 Jahren in seine Konzerte. Er ist m.E.technisch allen anderen deutlich überlegen, seine Möglichkeiten, den Klang und Ton zu gestalten, sind faszinierend, seine Interpretationen sind bis ins Letzte und intensivst gestaltet, er kümmert sich um jeden Ton, liebt und achtet jede Note. Vielleicht macht es sich doch bemerkbar, wenn man sein Repertoire pro Saison auf einige Stücke reduziert, wie er es tut, er spielt ca. 6mon. immer das gleiche Programm, verzichtet auf Schallplatteneinspielungen bis auf einige Live-Mitschnitte, verzichtet darauf, wie z.B. Barenboim innerhalb von 2wo 5 verschieden Programme herabzuspulen.
Ich stelle ihn auf eine Stufe mit Gould und Michelangeli, und freue mich für ihn, daß mittlerweile einige Kritiker und der größere Teil des Publikums es genauso empfindet.
Vergleichbare Pianisten kenne ich nicht.
Falls Du die Möglichkeit, höre ihn, oder kaufe Dir den DVD-Mitschnitt eines Konzertes, gibt es von dem Filmemacher, der auch die Gould-Filme und den Richter-Film gemacht hat.
Ansonsten: Tja, wird schwer. Radu Lupu hat mich letztens mit einer Schubert-Sonate sehr beeindruckt, Afanassiew sehr ambivalent, aber ernsthaft, Andnes auch durchwachsen, aber ebenfalls nicht oberflächlich, Kovacevich auch teilweise sehr intensiv und beeindruckend; vor langer Zeit Arrau in einem Live-konzert, Perrahia (?) mit Mozart live irgendwie langweilig, aber seine Bach-Einspielungen mag ich durchaus auch, richtig klasse ist Gulda, wenn er Mozart spielt ( Es gibt Mozartklavierkonzerte mit ihm und dem von mir ungeliebten Harnoncourt, sind wunderbar, das gleiche Konzert mit Abbado deutlich schlechter; Abbado kann halt Mozart und Beethoven nicht), Michelangeli finde ich großartig, rührend seine letzten Konzerte, weil mutig und konsequent, wenn auch das Kitschige streifend;
Enttäuschend empfand ich Konzerte mit Brendel, Kissin, Buchbinder, Say, Grimaud, Làimard (?), Barenboim, von einem gehypten Russen, komme nicht auf den Namen, wie heißt er noch, anyway, erinnere jetzt nur die Konzerte der letzten Jahre.

Ruhri: ich empfinde eher den Gebrauch des Wortes "immer "
als störend. Gegen Totalverisse habe ich nichts, wie Du merkst- wenn sie sogenannte Stars betreffen.

Erinnere mich an eine Radiosendung, in der hämisch und wiederholt vorgeführt wurde, wie die Berliner Philharmoniker unter Barenboim , Bruckners 5., Sony, im 3.Takt schon auseinander waren und , ich glaube, ca. 18 Takte benötigten, um wieder halbwegs zusammenzuspielen.
Danach wurde eine Einspielung von einem kleinen canadischen Orchester vorgeführt, um zu zeigen, wie jene Musik sauber musiziert klingen kann.

Martin 2: Wenn Du der Meinung bist, daß Verkaufs/und Besucherzahlen auf Qualität hinweisen, bitte, dann gehe in die meistgespielten Kinofilme, orientiere Dich an den Bestsellerlisten, höre Klassikradio, und mag sein, daß die Spinner, die doch gelegentlich Arte sehen, Möchtegernelitäre sind.
Übringens habe ich nichts gegen Eliten. Der Ausdruck selbst ist zwar schwierig, vielleicht sollte man ihn durch Kenner, Experten, ersetzen.
Dir jedenfalls viel Spaß bei KlassikRadio.
Und setze Dich bitte nicht elitär davon ab.

Warum beschäftige ich moch so oft mit z.B. Brendel und Pollini.....na, weil ich natürlich doch lange an mir zweifele, ob ich da etwas nicht erkenne, nicht höre, mein Urteil vorschnell war, weil ich für mich lernen und vor allem konkret benennen können möchte, was mich stört, woran es liegt, wenn ich mich langweile.
Pollini allerdings und Brendel brauche ich für mich jedoch nicht mehr erleben.

bummer: man gestaltet Cover so, weil man sie verkaufen will, egal wie, und arbeitet daher mit bewußter Irreführung des Käufers. Würde ich auch so machen, wenn mich Kunst und Wahrhaftigkeit nicht interessieren.

Es grüßt Euch
Gantenbein, mit stiller diebischer Freude, das der PolliniBeethoven Euch auch fade schmeckt; Sieh an, sieh an....


[Beitrag von gantenbein67 am 10. Dez 2005, 14:43 bearbeitet]
Martin2
Inventar
#12 erstellt: 10. Dez 2005, 16:16

gantenbein67 schrieb:
Martin 2: Wenn Du der Meinung bist, daß Verkaufs/und Besucherzahlen auf Qualität hinweisen, bitte, dann gehe in die meistgespielten Kinofilme, orientiere Dich an den Bestsellerlisten, höre Klassikradio, und mag sein, daß die Spinner, die doch gelegentlich Arte sehen, Möchtegernelitäre sind.
Übringens habe ich nichts gegen Eliten. Der Ausdruck selbst ist zwar schwierig, vielleicht sollte man ihn durch Kenner, Experten, ersetzen.
Dir jedenfalls viel Spaß bei KlassikRadio.
Und setze Dich bitte nicht elitär davon ab.



Lieber Gantenbein,

was soll denn das? Immerhin bin ich der einzige hier, der Deine Meinung über Pollini ( ohne wiegesagt allzuviel von ihm zu kennen) unterstützt hat, da ich ihn fade fand. Ich orientiere mich persönlich überhaupt nicht an Verkaufszahlen.

Klassikradio habe ich einmal vor 15 Jahren gehört.

Totalverrisse finde ich ja eigentlich auch ganz lustig. In einer Zeitung lese ich sie gern. In einem Forum sind sie immer ein bisserl problematisch, denn man stellt mit ihnen den Vertreter der anderen Meinung als totalen Deppen dar.

Ich wäre jedenfalls sehr vorsichtig mit Aussagen wie: "Die wahre Kunst ist äußerst selten." Sie mag manchmal tatsächlich auch selten sein, aber daß sie es immer ist, bestreite ich entschieden.

Hier in diesem Forum ( wie in anderen Klassikforen) schreiben jedenfalls in erster Linie engagierte Klassikliebhaber und ich sehe keinen Grund sie anzugreifen, als seien sie der letzte Pöbel.

Ich gebe zu, das Elitäre schmeckt mir im Gegensatz zu Dir überhaupt nicht. Vor allem sind mir Leute sehr suspekt, die immer und überall zur Elite gehören wollen. Mir ist an Schostakowitsch zum Beispiel sehr sympathisch, daß es für ihn etwas gab, was fast noch wichtiger war als seine Musik, nämlich wie die russischen Fußballclubs mal wieder gespielt hatten. Das sind ja auch sehr wichtige Dinge. Das macht den Mann Schostakowitsch menschlich und sympathisch.

Gruß Martin ( der sich jetzt gleich mal die neuesten Bundesligaergebnisse reinzieht)
gantenbein67
Ist häufiger hier
#13 erstellt: 10. Dez 2005, 20:17
Lieber Martin,

eigentlich kenne ich mich in der Geschichte der Bundesliga besser aus als in der Musik, verfolge sie kontinuierlicher, um nicht zu sagen jeden Samstag seit vielen vielen Jahren.

Ich wollte hier niemanden anpöbeln, wählte einen provokativen Ton, ja, nicht um jemanden anzugreifen, sondern um der Diskussion willens.
Aber ich kann gerne vorsichtiger schreiben, ich denke auch langweiliger und nivellierter dann. OK.
Werde aber weiterhin nicht jedem meiner Sätze voranstellen, daß er meine subjektive Einschätzung wiedergibt und keinen Anspruch auf Objektivität darstellt.

Das alles Geschmackssache ist, ist meine Meinung ebenfalls nicht.
Aber jeder soll hören und lieben, was er mag und ihm gefällt, und das ist nicht zynisch gemeint, sondern ernst.

Du hattest mir elitäres Denken um des Elitär-seinwollens unterstellt, meinen Satz als köstlich belächelt....daher meine Reaktion.

Ich denke weiterhin allerdings, daß wirkliche Kunst, oder von mir aus große Kunst, schwer und selten ist.
Und das man hört, wenn ein Gould sich monatelang im Studio einschließt, um an seinen Tönen herumzufeilen, oder ob ein Horowitz nur Sonntagnachmittags auf seinem eigenen Flügel spielt, ob ein Michelangeli jedes zweite Konzert absagt, weil er seinen Ansprüchen nicht genügt, ob ein Michelangeli
auch nur auf seinem eigenen Flügel spielt und gar in der Pause die Mechanik auswechseln läßt, oder ob ein Sokolov über eine Saison lang die immerselben Stücke spielt...
Kunst ist schwierig, und wenn man außerordentliches vollbringen will, dann geht es nur mit Perfektionswillen, mit Konzentration, meist Beschränkung , mit Eigenwillen.

Und ja, dort wo "die Masse " ist, in Bayreuth, Salzuburg, bei Pollini und Barenboim, im Multiplexkino und im Phantom der Oper, dort, tja, dort ist sie nicht zu finden, die große Kunst. Oder ganz ganz selten.
Ich will Euch Pollini gar nicht vermiesen..er ist ein guter Pianist, wie viele andere auch, aber außerordentlich, das ist er nicht.
Und noch zuletzt: Kunst hat auch etwas mit Wagnis zu tun, mit Einsatz, mit Kompromißlosigkeit. Kunst muß etwas beinhalten, was über das reine Handwerk hinausgeht.

Soweit der Gantenbein,
möchte Euch Eure Stimmung nicht vermiesen und werde mich ab jetzt zurückhaltender äußern.
Ich werde niemandes Meinung mehr in Frage stellen, werde gepflegtem Geplauder zuhören und still sein dabei.

G.


[Beitrag von gantenbein67 am 10. Dez 2005, 20:18 bearbeitet]
ruhri
Stammgast
#14 erstellt: 10. Dez 2005, 20:28
Hallo Gantenbein,

das wird immer peinlicher ...


Grüße

Ruhri
gantenbein67
Ist häufiger hier
#15 erstellt: 10. Dez 2005, 21:31
Ruhri,


wie gut, das auch der Eindruck von Peinlichkeit "Geschmackssache " ist, oder wie Du schreibst.." natürlich immer auch "......mit einem Lächeln verabschiedet sich Gantenbein aus diesem Thread, ohne Lust auf solche Kommentare.

Natürlich immer auch.

G.
AcomA
Stammgast
#16 erstellt: 11. Dez 2005, 22:07
hallo sehr geehrter herr gantenbein67, liebe pollini-freunde,

grundsätzlich finde ich radikale äußerungen ermunternd, wenn es sich nicht um politik, religion oder berufliche dinge handelt. nun zu pollini. ich habe ihn ein einziges mal live erlebt (köln, vor 2-3 jahren) mit beethovens op.57 und chopins vier balladen. ich fand den klavierabend tatsächlich routiniert bis langweilig. Jeremias war damals auch dort und war tendentiell ähnlicher meinung. ich vertraue daher Jeremias, dass er diesmal einen ganz anderen eindruck bekam.

von hause aus verehre ich pollini sehr. ich habe seine debütplatten bei EMI und der DG als schüler kennen und lieben gelernt. jetzt nach über 25 jahren halte ich diese aufnahmen weiterhin für großartig, teilweise für referenzen (chopin: 1.konzert, etüden, preludes; beethoven: klavierkonzerte 3-5 mit böhm, hammerklaviersonate, mozart: konzerte nr. 19 und 23 mit böhm, schumann: 1.sonate, symph. etüden, schubert: wanderer-fantasie und D 845, prokofiev: 7.sonate, strawinsky: petroushka, bartok: konzerte 1 und 2, schönberg: solo-werk).

aber auch unter seinen späteren einspielungen befindet sich großartiges spiel: beethoven-sonaten, berg: sonate, debussy. es gibt aber auch einige platten, die tatsächlich sehr routiniert, mit recht viel pedalgebrauch, und komprimiert klangen.

abschließend würde ich sagen, pollini ist in jedem falle einer der ganz großen und mit sicherheit pianistisch hochgradig versiert. aber jedem ist zugestanden, in der kreativität einbußen hinzunehmen. bei ihm scheint sich nach Jeremias' einschätzung ein 'zweiter frühling' einzustellen. man sollte ihn also weiter verfolgen.

gruß, siamak


[Beitrag von AcomA am 11. Dez 2005, 22:09 bearbeitet]
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