Passt ein röhrenverstärker an meine Dali

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uwe_holtz
Stammgast
#1 erstellt: 14. Nov 2021, 11:38
Moin zusammen
Ich habe eine Frage an euch .
Ich habe hier die DALI FAZON F5 stehn mit der ich sehr zufrieden bin.Ich betreibe sie an einen Vincent Hybrid Verstärker.Ich möchte einen neuen Verstärker haben ,die Fazon hat 86 DB kann ich sie mit einer Röhre betreiben oder lieber nicht .
Würde mich über Antworten freuen
laminin
Inventar
#2 erstellt: 14. Nov 2021, 13:07
Solange der Verstaerker genuegend Watt (oder besser: Strom) liefert, damit es dir laut genug ist, sind die 87.5dB (laut Dali) weniger interessant. Dali empfiehlt Verstaerker von 40-180W, und das koennen einige Roehrenverstaerker ohne weiteres.

Wichter bei einem reinen Roehrenverstaerker, oder einem, wo die Endstufe ueber Roehren laeuft, ist das Impedanzverhalten: aufgrund des in der Regel niedrigen Daempfungsfaktor moegen die meisten dieser Verstaerker keine grossen Impedanzschwankungen ueber den Frequenzbereich. Bassreflexboxen wie deine Dali haben meist einen recht hohen Impedanzbuckel im Bass Bereich, heisst: hier gehen so mancher Roehrenverstaerker in die Knie.
pragmatiker
Administrator
#3 erstellt: 14. Nov 2021, 14:28
Servus zusammen,

bei der DALI Fazon F5 liegt eine Impedanzüberhöhungsspitze bis auf ca. 47[Ohm] bei ca. 56[Hz] vor --> https://media-dali.azureedge.net/1664/fazon-f5-whitepaper.pdf, Seite 8 - das heißt, die Impedanz steigt in diesem Bereich deutlich an.

Davon gehen Röhrenverstärker allerdings nicht "in die Knie" - aufgrund ihres meistens relativ geringen Dämpfungsfaktors (also relativ hohen Innenwiderstands) steigt bei steigenden Lastimpedanzen lediglich ihre Ausgangsspannung an dieser Stelle dann mehr oder weniger an (um wieviel, wird maßgeblich durch den Gegenkopplungsgrad des Röhrenverstärkers bestimmt). Dieser selektive Impedanzanstieg in einem bestimmten, eng begrenzten Baßfrequenzbereich kann sich dann möglicherweise durch "Dröhnen" bei Musikstücken, welche in diesem Baßfrequenzbereich Musikmaterial enthalten, bemerkbar machen. Ob und wie stark es da ggf. "dröhnt", hängt neben dem Röhrenverstärker durchaus auch von den akustischen Eigenschaften des Hörraums ab.

Gegensteuern kann man diesem Verhalten durch Einsatz eines passend auf den Lautsprecher dimensionierten Impedanzlinearisierungsglieds, welches diese Impedanzüberhöhung ausbügelt. Dieses Impedanzlinearisierungsglied (welches üblicherweise aus drei Bauteilen - einer Spule und einem Kondensator in Serie geschaltet (die bilden einen Saugkreis) und einem dazu in Serie geschalteten Hochlastwiderstand - besteht) wird im Regelfall einfach parallel zu an die Klemmen des Lautsprechers geschaltet. Wenn man mal aus dem Impedanzplot die Impedanz bei 20[Hz] und ca. 140[Hz] abließt, dann sind das ca. 10[Ohm] (das geometrische Mittel zwischen 20[Hz] und 140[Hz] ist ca. 53[Hz] - damit trifft man die Impedanzspitze von ca. 56[Hz] recht genau). Um diese ca. 10[Ohm] auch bei 56[Hz] zu erreichen, muß man den dort vorliegenden ca. 47[Ohm] also einen Hochlastwiderstand von ca. 12,7[Ohm] parallelschalten - diese ca. 12,7[Ohm] dürfen natürlich nur über einen passend dimensionierten L/C Saugkreis rund um diese Impedanzüberhöhung mehr oder weniger wirksam angeschaltet werden. Die Dimensionierung dieses Saugkreises ist a bisserl Rechnerei und Simulation, um genau den entgegengesetzten Kurvenformverlauf der Impedanzspitze zu erreichen. Selbstverständlich müssen die Verluste der echten Bauteile des fertig dimensionierten Saugkreises dann noch in den finalen Wert des Hochlastwiderstands mit eingerechnet werden, um in der Kombination dann diese ca. 12,7[Ohm] zu erreichen.

Generelles zum "in die Knie gehen" bei Röhrenverstärkern (also solchen, in denen auch die Endstufen wirklich röhrenbestückt sind - keine Hybridgeräte): Sollten Röhrenverstärker tatsächlich kurzschlußähnliche Lastimpedanzen "sehen", dann sinkt halt ihre Ausgangsspannung an dieser Stelle des Frequenzgangs mehr oder weniger ab und die Verzerrungen steigen an - das war es dann aber auch. Schäden tragen Röhrenverstärker - anders als vielleicht der eine oder andere Halbleitergeselle bei höheren Wiedergabepegeln - von sowas nicht davon.

Wenn man nicht gerade Diskothekenpegel oder Techno-Tiefstbaßorgien fährt, sollten bei einem Lautsprecherwirkungsgrad von ca. 86[dB/W/m] bis ca. 88[dB/W/m] ca. 40[W] bis 50[W] Ausgangsleistung pro Kanal völlig ausreichen. Unter der Annahme, daß der Lautsprecher bei der unteren Frequenzgrenze des Impedanzschriebs von 20[Hz] auch "noch was tut", braucht es allerdings einen Röhrenverstärker, der auch "so weit runterkommt". Für solche Tiefbaßfähigkeiten braucht es Eisen, viel Eisen - also große und schwere Ausgangsübertrager. Ein solcher "20[Hz] bei voller Leistung und geringen Verzerrungen"-Röhrenverstärker wird also recht groß und schwer und teurer (aber das sollte bei einem Neupreis eines Paars der DALI Fazon F5 von ca. EUR 3.000,-- vermutlich nicht die größte Rolle spielen). Mit üblichen und bezahlbaren Eintaktverstärkern ("Single ended class A") ist bei diesen Leistungen kein Staat mehr zu machen - hier braucht es relativ straff gegengekoppelte Class-AB-Gegentaktverstärker ("Push-Pull"). Übliche Endröhrenpärchen, die in dieser 40[W] bis 50[W] Leistungsklasse unterwegs sind, sind EL34, KT88 etc.

Die Impedanz der DALI Fazon F5 ist vom Hersteller mit 6[Ohm] angegeben --> https://media-dali.a..._f5_anleitung_de.pdf (diese 6[Ohm] vermag ich übrigens im oben verlinkten Impedanzschrieb nirgends zu entdecken - der niedrigste Impedanzwert, den ich da bei ca. 200[Hz] rauslesen kann, ist ca. 8[Ohm] bis 9[Ohm]). Deswegen wäre ein Röhrenverstärker, der Lautsprecher-Anschlußmöglichkeiten für 4[Ohm] und 8[Ohm] bietet, absolut vorzuziehen (für genau 6[Ohm] dürfte es kaum handelsübliche Röhrenverstärker geben) - dann kann man ausprobieren, welcher Anschluß "besser" oder "richtiger" klingt (beim 4[Ohm] Anschluß dürfte diese Impedanzspitze deutlich weniger ins Gewicht fallen als beim 8[Ohm] Anschluß).

Sollte allerdings beim Röhrenverstärker ein Selbstbau eine Option sein, dann bietet sich je nach Geldbeutel und Fähigkeiten natürlich eine Fülle von Möglichkeiten, was Schaltungskonzept, Röhrenauswahl und dergleichen angeht - auch kann man so ein Gerät natürlich auch für einen 6[Ohm]-Lautsprecher auslegen.

Grüße

Herbert


[Beitrag von pragmatiker am 14. Nov 2021, 15:35 bearbeitet]
laminin
Inventar
#4 erstellt: 14. Nov 2021, 15:01
Danke fuer dir Richtigstellung und die detailierte Beschreibung wie man das umgehen kann. Ich habe dazu gelernt.
pragmatiker
Administrator
#5 erstellt: 14. Nov 2021, 16:18
Hier mal eine SEHR rohe "quick-and-dirty"-Simulation, wie so ein Impedanzkorrekturnetzwerk ganz GROB aussehen KÖNNTE:

Simu Impedanzkorrektur DALI Fazon F5 für Röhrenverstärker

Das ist wirklich äußerst roh und nur sehr beispielhaft "schnell hingeschossen", da mir weder die Details des Röhrenverstärkers noch die Details der Lautsprecherbox bekannt sind (wie stark wirkt sich z.B. die Impedanzüberhöhung tatsächlich im Pegel aus?). Von einer zuverlässigen und genauen Detailausarbeitung ist diese Simulation sehr weit entfernt.

Der Kondensator und der Widerstand (den man aus mehreren Teilwiderständen zusammensetzen muß) sind von der Beschaffung her kein großes Problem - eine 100[mH] Drossel, die hinreichend niederohmig ist, ist allerdings - besonders in der Ausführung als verzerrungsarme Luftspule - ein ziemlicher "Klopper".

Grüße

Herbert


[Beitrag von pragmatiker am 14. Nov 2021, 16:22 bearbeitet]
uwe_holtz
Stammgast
#6 erstellt: 20. Nov 2021, 12:36
wow ich bin begeistert von euren Antworten .
ich denke es wird eh mindestens eine Röhre mit KT88 bestückung werden .Habe da schon 3 oder 4 in der Auswahl wobei der Preis nicht über 5000 Euro gehn sollte
AndyGR42
Stammgast
#7 erstellt: 21. Nov 2021, 09:42
Moin.

Ich habe in etwa den Gleichen Weg hinter mir, nur nicht so hochwertigen Lautsprechern. Aber mit ähnlichem Wirkungsgrad. Und ich habe einen 2x50 Watt KT88 PP Verstärker hier stehen, welcher inkl. Netzteil über 30Kg auf die Waage bringt. Und ich würde das so nie wieder machen. Mittlerweile haben meine Lautsprecher >92dB Wirkungsgrad und brauchen nur noch 5 (-max 10) Watt, um mir den Kitt aus der Brille zu pusten. In der nächste Interration "speckt" die Endstufe auf 2x30 Watt ab. Das macht sie nicht kleiner oder leichter, verbessert aber etwas den Wirkungsgrad und die Lebenserwartung der Röhren. Einen kompletten Umbau auf z.B. SE lasse ich sein, da ich eine Menge Zeit und Geld in die vorhandenen Komponenten (inkl. Gehäuse) gesteckt habe, was ich mit einer SE Konfiguration zu einem erheblichen Teil nicht mehr verwenden könnte.

Mit deinen Lautsprechern und dem Budget würde ich mir ernsthaft überlegen, ob nicht ein Hybrid die bessere Option wäre. In meinem Fall war und ist die ganze Bastelei gewollt, weil ich den Teil als Hobby betrachte und ganz bewusst sehr viel Zeit mit dem Bau der Geräte verbringe. Wenn Du das nicht willst oder kannst, solltest Du vielleicht erstmal schauen, ob Du solche Kombinationen mal Probehören kannst.

Grüße

Andreas


[Beitrag von AndyGR42 am 21. Nov 2021, 09:42 bearbeitet]
tubescreamer61
Inventar
#8 erstellt: 21. Nov 2021, 09:45
Moin,

mal eine "blöde" Frage ........ auch wenn`s ein wenig am Thema vorbei geht.
Warum unbedingt eine Röhrenendstufe (mit allen ihren wohlbekannten Nachteilen) ?
Du hast doch schon das "Ideal" ............. Röhrenvorverstärker (noch dazu in gegenkopplungsfreier SRPP-Schaltung) mit Halbleiterendstufe.
Das große Manko und die größte Schwachstelle einer Röhrenendstufe ist immer (!!!) der Ausgangsübertrager - Leistungsverstärkung können Transistoren auf jeden Fall besser.
Ich habe im Laufe meines Lebens schon sehr viele Anlagen gehört und das, was ich immer als ideal empfand, war die Kombination eines Röhrenpre`s mit einer Halbleiterendstufe - idealerweise in reinem Class A Betrieb.
Nach meiner Meinung lohnt sich eine Röhrenendstufe nur, wenn sie im Eintakt A Betrieb arbeitet - denn das lässt sich mit einer Halbleiterschaltung auch nicht besser im Sinne von einfacher (weniger Bauteile im Signalweg) realisieren.
............. und da benötigt man um ausreichende (raumfüllende) Lautstärken zu erreichen, Lautsprecher mit hohem Kennschalldruck. Bei mir jetzt aktuell 97 - 99 dB/1W - je nach dem welches Chassis (habe da 2 Paare 12"er für 114 Liter Wechselschallwand - BR-Gehäusen mit Multicell - Hörnern für den SHT zur Auswahl - und demnächst noch 2 TQWT`s mit 8" Chassis).

Aber wahrscheinlich geht`s dir um das schöne glühen der sichtbaren Pullen ............. und hast dich vom exklusiv/ esoterischen Ruf der Röhrenamps beeindrucken lassen.

Die Frage ist, ob du damit auf Dauer glücklich wirst - oder letztendlich auch nur jemand, der auf Dauer Röhrenamps frustriert den Rücken kehrt.
Wenn Röhrenamps, dann solltest du dich auch hinsichtlich der Lautsprecher darauf einlassen - sonst ist das nur "die halbe Wahrheit".
Also bitte nicht böse auf mich sein,

Gruß
Arvid


[Beitrag von tubescreamer61 am 21. Nov 2021, 16:16 bearbeitet]
uwe_holtz
Stammgast
#9 erstellt: 21. Nov 2021, 12:50
Moin
Ja danke ihr zwei,ich habe jetzt in den letzten Tagen viele Testberichte gelesen und bin in der Tat ein wenig am zweifeln ob die Röhre der richtige weg ist.
Mich drängt ja keiner also werde ich noch weiter lesen und den Weg in den Fachhandel gehn
tubescreamer61
Inventar
#10 erstellt: 21. Nov 2021, 16:24
Ja - mach`das .......... allerdings würde ich mein Hauptaugenmerk auf das "hören" richten und weniger auf das lesen (von Testberichten)
Ideal wäre, wenn Du dir mal den einen oder anderen Amp an deiner Anlage in deinen eigenen 4 Wänden anhören könntest.

Aber ich nehme mal an, das sich nicht viele Händler bereit erklären, die Amps deines Interesses dir für einen gewissen Zeitraum leihweise (quasi als "Vorführer") zur Verfügung zu stellen.

MfG
Arvid
pragmatiker
Administrator
#11 erstellt: 21. Nov 2021, 17:24
.....vielleicht sind da die Händler im möglicherweise kommenden Winter-Lockdown kompromißbereiter?

Grüße

Herbert
uwe_holtz
Stammgast
#12 erstellt: 21. Nov 2021, 19:24
ja das war auch mein gedanke ,oder sie bieten sie zu besseren preisen an
13mart
Inventar
#13 erstellt: 01. Dez 2021, 15:27

tubescreamer61 (Beitrag #8) schrieb:

Wenn Röhrenamps, dann solltest du dich auch hinsichtlich der Lautsprecher darauf einlassen - sonst ist das nur "die halbe Wahrheit".


Das würde ich als langjähriger Nutzer von Röhrenendstufen inzwischen auch so sehen.
Hart aufgehängte Basschassis, die Wirkungsgrad mitbringen aber 'untenrum' leicht ab-
fallen, waren und sind die idealen Partner für Röhrenendstufen. Weich aufgehängte und
auf Tiefbass gezüchtete Basslautsprecher hingegen sind für Transistoren ideal, denn sie
brauchen keinen Ausgangstrafo.

Gruß Mart
tubescreamer61
Inventar
#14 erstellt: 03. Dez 2021, 20:09
Moin,

ich würde das mal so beschreiben:
Da Röhren keine hohen Ströme schalten können, sondern nur hohe Spannungen, muss die Wandlung um Lautsprecher zu betreiben über den Ausgangsübertrager erfolgen (elektromagentische Induktion). In diesem wird die hohe Spannung mit geringem Strom in niedrige Spannung mit zum Antrieb eines Lautsprechers ausreichendem Strom transformiert.
Zudem sind die Schaltungen hochohmig, da die Verstärkungsfunktion gewissermaßen durch "Widerstandsgefälle" erreicht wird. Der Betrieb eines niederohmigen Lautsprechers wird ebenfalls durch Anpassung mittels des AÜ`s erreicht.
Daher behaute ich mal, das ideale Lautsprecherchassis für Röhrenverstärker mit möglichst leichten Membranen und kurzen Schwingspulen ausgerüstet sein sollten. Hier findet nicht die übliche "Strom-gesteuerte" Kontrolle des Lautsprecherchassis durch den Verstärker statt, sondern der Lautsprecher kontrolliert quasi den Verstärker. Somit fällt der Paarung Lautsprecher - Verstärker besonderes Gewicht zu
Um ausreichend tiefe Frequenzen abstrahlen zu können, müssen diese Chassis demzufolge verhältnismäßig große Membranflächen haben - Schall ist ja nix weiter als "bewegte Luft" (kleine Membranflächen mit großem Hub erfordern lange und daher schwere Schwingspulen sowie schwere Membranen ..... und sind bei Röhrenverstärkern eher kontraproduktiv).
Häufig ideal sind daher oftmals große PA Breitbänder (weil Breitbänder aufgrund ihrer Funktion schon mit leichten Membranen ausgerüstet sein müssen) mit hohem Kennschalldruck - oder entsprechende Vintage- Chassis aus der gleichen Ära wie die Röhrentechnik (bzw. Chassis, die nach diesem Baumuster konstruiert worden sind). Hier wird dann der Tiefbass durch aufwändige Gehäusefunktionen wie Expo- Hörner oder TQWT / Transmissionlines erreicht, welche den fehlenden oder früh abfallenden tiefen Schalldruck- Frequenzgang des Lautsprecherchassis anheben/ auffüllen
.............. leider sind letztere häufig nicht hoch belastbar und harmonieren mit "Stromlieferanten" wie Halbleiter-Verstärkern eher weniger.
Gruß
Arvid


[Beitrag von tubescreamer61 am 03. Dez 2021, 20:31 bearbeitet]
pragmatiker
Administrator
#15 erstellt: 04. Dez 2021, 11:31
Servus Arvid,

tubescreamer61 (Beitrag #14) schrieb:
Da Röhren keine hohen Ströme schalten können, sondern nur hohe Spannungen

So pauschal würde ich das nicht sehen. Die PL519 kann z.B. 500[mA] Dauergrenzkathodenstrom und 1,5[A] Spitzengrenzkathodenstrom - so wenig ist das nun auch wieder nicht http://frank.yueksel.org/sheets/010/p/PL519.pdf . Bei 4[Ohm] Last und 50[W] Leistung fließen durch den Lautsprecher ca. 3,53[Aeff] - sowas wäre mit etwa sechs parallelgeschalteten PL519 auch ohne Ausgangsübertrager anzutreiben (zumal die PL519 ein sehr robustes Rohr ist). Und es gab / gibt durchaus Röhren, die noch größere Ströme können.

da die Verstärkungsfunktion gewissermaßen durch "Widerstandsgefälle" erreicht wird.

Nicht nur bei Röhrenverstärkern, sondern auch bei Halbleiterverstärkern findet die Verstärkungsfunktion durch "Widerstandsgefälle" statt - auch die C/E-Strecken von bipolaren Transistoren bzw. die D/S-Strecken von (MOS)Fets sind letztlich nichts anderes als strom- bzw. spannungssteuerbare Widerstände.

Hier findet nicht die übliche "Strom-gesteuerte" Kontrolle des Lautsprecherchassis durch den Verstärker statt

Bei handelsüblichen Halbleiterverstärkern findet keine "übliche Stromsteuerung" des Lautsprechers statt - das sind lupenreine Spannungsquellen mit meistens sehr geringem Ausgangs-Innenwiderstand (auch, weil sie im allgemeinen über einen höheren Gegenkopplungsgrad verfügen als Röhrenverstärker - und ein höherer Gegenkopplungsgrad senkt den Ausgangs-Innenwiderstand). Wenn man es aus der Sicht des Ausgangs-Innenwiderstands des Verstärkers sieht, sind eher Röhrenverstärker mit ihrem (verglichen mit Halbleiterverstärkern) wahrnehmbar größeren Ausgangs-Innenwiderstand mehr in "Richtung Stromquelle" zu verorten als Halbleiterverstärker.

Der Weg des Membranhubs eines Lautsprechers ist allerdings in etwa linear proportional zum durch die Lautsprecherspule fließenden Strom - und nicht zur an den Lautsprecherklemmen anliegenden Spannung. Insofern wäre unter diesem Aspekt gesehen eigentlich die ideale Ansteuerquelle für einen Lautsprecher eine Stromquelle (mit hohem Innenwiderstand) und keine Spannungsquelle (mit niedrigem Innenwiderstand) - also wäre hier eigentlich ein Röhrenverstärker besser. Daß das in der Praxis so nicht funktioniert, liegt am schwer kontrollierbaren "Eigenleben" des Lautsprechers, welches umso prominenter in Erscheinung tritt, je weniger der Lautsprecher durch seine Ansteuerquelle (also den Verstärker) gedämpft wird. Zur möglichst guten Dämpfung des "Eigenlebens" eines Lautsprechers sollten an seinen Klemmen deswegen idealerweise kurzschlußähnliche Verhältnisse herrschen. Deshalb sind niederohmige Verstärker (also Halbleiterverstärker mit größerem Dämpfungsfaktor) aus der "Eigenleben-Dämpfungssicht" hier besser geeignet als hochohmigere Verstärker (also Röhrenverstärker mit eher geringem Dämpfungsfaktor) - Halbleiterverstärker sind hier also häufig der bessere Kompromiß. Und deswegen sind für für den Betrieb mit Röhrenverstärkern Lautsprecher mit von Haus aus geringerem "Eigenleben" hier häufig die bessere Wahl - was oft auf hart eingespannte Lautsprecher mit geringem Membranhub (und der damit einhergehenden größeren Membranfläche) hinausläuft.

Zur physikalisch eigentlich korrekten Methode der Stromsteuerung von Lautsprechern gibt es auch ein sehr gutes Buch:

amazon.de

Daß diese dort beschriebenen Methoden der (eigentlich idealen) Stromsteuerung nicht in handelsüblichen Verstärkern verwendet werden (und stattdessen der Spannungssteuerungs-Kompromiß den Markt dominiert), hat einen einfachen Grund: Die Dimensionierung einer solchen Verstärkerschaltung muß komplett auf genau den an den Lautsprecherklemmen hängenden Lautsprechertyp ausgelegt werden - eine universelle Verwendbarkeit eines solchen Verstärkers mit x-beliebigen Lautsprechertypen ist nicht möglich. Und sowas ist für die Hersteller und den Handel, die / der ja universell (mit unbekannten Lautsprechern betreibbare) Verstärker verkaufen wollen / will, natürlich ein Unding.

Möglicherweise werden ja in manchen aktiven Lautsprechern (bei denen der eingebaute Verstärker ja genau "weiß", welchen Lautsprecher er dranhängen hat) solche Techniken verwendet - wissen tue ich das aber nicht, weil ich mich noch nicht mit den technischen Details der "Innereien" von Aktivlautsprechern beschäftigt habe. Diese Möglichkeit und die fehlenden passiven Frequenzweichen vor den Lautsprecherchassis dürften auf alle Fälle einige der Gründe dafür sein, warum Aktivlautsprecher oft "besser" sind als ihre passiven Pendants (und warum Aktivlautsprecher in der professionellen Studiotechnik - also da, wo's "drauf ankommt" - praktisch ausschließlich verwendet werden).

Grüße

Herbert


[Beitrag von pragmatiker am 04. Dez 2021, 12:12 bearbeitet]
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