Hornsystem im "Wohnzimmer" / Raummoden / Großflächen- vs. Kugelstrahler

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Zatzen
Stammgast
#1 erstellt: 29. Aug 2014, 23:31
Das Thema Raummoden ist ja sicherlich schon sehr ausführlich hier behandelt. Allerdings käme bei mir ein neuer Faktor hinzu, da ich über ein komplett frontgeladenes Hornsystem nachdenke. Nicht nur zu Unterhaltungszwecken, sondern weil ich darauf auch Musik produzieren möchte, wenn es denn klanglich letzlich hochwertig genug wird. Dazu mag man unterschiedlicher Meinung sein wie sinnvoll so ein Vorhaben ist.
Allerdings ist die Weichzeichnung von kleinen Direkstrahlern und die Impulsschwäche dieser in den tiefen Mitten mindestens so nachteilig wie eventuelle Klangfärbungen, die man Hörnern gerne nachsagt.

Für mich liegen also die Vorteile bei sorgfältig konstruierten Hörnern in der Impulsivität und der Dynamik, generell überhaupt der Stabilität des Klanges, Hörner können "hart" klingen, wenn es erfordert wird, Direktstrahler neigen zum weichzeichnen oder schwammigen Mitten. Zudem ist bei Hörnern eine ungünstige Raumakustik weniger gravierend, zumindest oberhalb vom Bass, wo man eine deutliche Richtwirkung hat.

Auch noch eine Sache, Wirkungsgrad. Es gibt Leute die sagen, je mehr Wirkungsgrad ein System hat, desto schlechter muss es klingen. Aber es gibt auch einen genau umgekehrten Ansatz: Je weniger Leistung im Lautsprecher verloren geht, desto weniger Verzerrungen gibt es.

Aktuell habe ich ein Basshorn testweise hier im Raum stehen. Diesen sagt man nach, die Wellen hätten in relativ kleinen Räumen "keinen Platz sich auszbreiten", jedoch ist alles was ich beobachte einfach nur die üblichen Probleme mit den Raummoden, d.h. insgesamt werden alle Frequenzen im Bass abgestrahlt, jedoch lediglich je nach Ort im Raum unterschiedlich laut.
Für mich wäre demnach geklärt, dass Basshörner in kleineren Räumen durchaus funktionieren, aber eben die gleichen Probleme mit Raummoden haben wie "normale" Subwoofer, vielleicht jedoch wegen Richtwirkung doch ein wenig anders, und Hörner mögen in Räumen im Vergleich zu z.B. Bassreflex etwas weniger "fett" klingen, weil sie ab einer bestimmten Größe auch bei Wandaufstellung eher linear klingen, während ein direkstrahlender Subwoofer dort eine Bassanhebung erfährt.
Dass ein Basshorn im Car-Hifi Bereich nicht funktionieren soll, da man dort praktisch Druckkammerbedingungen hat, kann ich nachvollziehen, habe es aber selbst noch nicht nachgeprüft.

Ich verwende momentan direktstrahlende Lautsprecherboxen mit einer großen Abstrahlfläche, diese ist für jeden Frequenzbreich, mit Ausnahme vom Tiefbass, im Prinzip so groß, dass der Strahlungswiderstand durchgehend angemessen hoch ist. Der Klang ist mit "Kugelstrahlern", also Lautsprecherboxen mit "zu wenig" Fläche nicht zu vergleichen.

Ich suche immer noch nach einer physikalischen Erklärung, warum das Hörerlebnis mit viel Fläche (für mich zumindest) ein so viel realistischeres ist, obwohl sich im weitesten Bereich der High-End Akustik alle am liebsten einen 1 cm kleinen Lautsprecher wünschen würden der das ganze Frequenzspektrum auf einmal wiedergibt. Ich bestreite nicht dass die Verwendung möglichst kleiner Strahler eine sehr feine Zeichnung der Höhen und eine hohe Transparenz (zumindest der Höhen wiederum) ermöglicht, jedoch vermisse ich dabei die Festigkeit und Kontur eines großflächigen Systems, dessen Lebendigkeit. Zudem scheint die Auflösung und Transparenz in den tiefen Mitten unterschätzt zu werden, die ich erst mit diesem großflächigen System erlebt habe.

Vielleicht hat es mit folgender, vielleicht jedem mehr oder weniger bekannter Tatsache zu tun: "Bei einer ebenen fortschreitenden Welle sind Schallschnelle und Schalldruck phasengleich." (und bei Kugelstrahlern nicht)
Sobald Richtwirkung im Spiel ist, haben wir ja mehr oder weniger eine Ebene Welle. Richtwirkung lässt sich ohne weiteres ersteinmal nicht vermeiden wenn man einem hohen Strahlungswiderstand gerecht werden will. Ob es irgendeinen Effekt auf das Gehörte hat, wenn Druck und Schnelle in Phase sind?
Über den Ansatz der Kugelstrahler-Befürworter, der sich auf die Natürlichkeit bezieht möchte ich einwerfen: Nein, nicht jedes natürliche Schallereignis strahlt kugelförmig. Alle Säugetiere beispielsweise geben Laute aus einem eher hornförmigen Stimmorgan, nur ein leiser Anteil wird z.B. bei Menschen über Brust und Rücken kugelförmig abgegeben. Und dann ist die Frage, was einer tatsächlichen akustischen Situation mehr gerecht wird: Ein großes Klangfenster (großfläche Direkstrahler oder Hörner) oder wenn die Akustik wegen der Forderung nach einer Punktschallquelle quasi durchs Nadelöhr muss.

Das nur nebenbei. Jetzt zur meiner Überlegung:

Der nächste Schritt für mich wäre, dieses großflächige System nicht wie jetzt durch Multichassis zu realisieren, sondern über Hörner. Dabei müsste ich das Basshorn ungefaltet bauen und je nachdem zwei Meter in den Raum hineinragen lassen, damit ich Laufzeitunterschiede vermeiden kann, indem ich alle anderen Hörner der Anlage auch in der Ebene des Hornhalses vom Basshorn beginnen lasse.

Die Frage ist, ob ich damit jetzt direkt zwei Fliegen mit einer Klappe schlage. Subwoofer dicht an der Wand zu positionieren ist ja problematisch, aber wenn der Hornmund eben nicht an der Wand ist, wäre das ja besser. Ich denke, das lästige Problem der Auslöschungen durch Reflexion an der Wand hinter dem Subwoofer wäre damit auch vom Tisch. Der Raum ist etwa 7 Meter lang, der Hornmund daher auch nicht genau in der Mitte, was ja nochmals gut ist.

Eigentlich frage ich mich nur, ob es irgendwelche Nachteile gibt mit dieser Idee ein Horn in den Raum hineinragen zu lassen. Denn die Alternative wäre vergleichsweise, einen direktstrahlenden Subwoofer an diesem Platz aufzustellen, wo der Hornmund wäre. Aber direktstrahlend kenne ich schon...
Also, wäre ein Basshorn möglicherweise sogar vorteilhaft gegenüber einem Direkstrahler, wenn sich der Hornmund etwas weiter im Raum befindet? Als Vorteile würden mir die generellen Vorteile von Hörnern genügen, wie Dynamik und Präzision, auch wenn sich alles andere wie ein Direkstahler verhält.


[Beitrag von Zatzen am 30. Aug 2014, 00:00 bearbeitet]
Zatzen
Stammgast
#2 erstellt: 06. Sep 2014, 15:45
Zwischenzeitlich ist mir aufgefallen, es ist sinnlos über die Vorteile von Großflächenstrahlern oder Kugelstrahlern zu streiten. Für eine realistische Wiedergabe von diversen Klängen können beide Varianten oder alles "dazwischen" ideal sein. Klänge, die in der Natur kugelförmig abstrahlen und dazu vielleicht in den Höhen gerichtet strahlen, für soetwas ist wohl eine kompate 2-Wege "Regalbox" ideal. Will ich aber z.B. eine Tuba realistisch wiedergeben, muss ich schon ein entsprechend großes Horn oder entsprechend viele Multichassis bemühen. Konsequent weitergedacht könnte das zu einem experimentiellen Multikanal-Projekt führen, mit vielen Lautsprechern die jeweils auf alle möglichen Abstrahlcharakteristiken spezialisiert sind.


[Beitrag von Zatzen am 06. Sep 2014, 15:46 bearbeitet]
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