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Progressiv - konservativ+A -A |
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Autor |
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Martin2
Inventar |
#1 erstellt: 28. Dez 2007, 00:04 | |||
Welche Komponisten der Musikgeschichte würdet ihr eigentlich als "konservativ", welche als "progressiv" einstufen? Händel war wohl eher konservativ, obwohl es angeblich gewisse Stücke mit Zugeständnissen an den "galanten Stil" gab. Bach war wohl auch eher konservativ. Mozart gilt wohl auch eher als Konservativer. War er es? Mozart hat in besonderer Weise die Musik seiner Zeit aufgesogen und dann mit eigener Genialität zu Musik gemacht. Ist das konservativ? Haydn hat in besonderer Weise Musikgeschichte geschrieben, wie kann so jemand konservativ sein? Beethoven war sicher progressiv, seine Musik unvergleichbar mit vorhergehender, aber war er wirklich progressiv? Schubert gilt als DER Frühromantiker, natürlich kann seine Musik nie und nimmer konservativ gewesen sein? Oder doch? Berlioz war ganz sicher ein Progressiver, seine Musik wirkte revolutionär. Wagner war zu seiner Zeit sicher auch ein Progressiver. Schumann und Mendelssohn eher konservativ? War Brahms wirklich ein Konservativer? Man sagt, daß seine Musik hinter ihrer konservativen Oberfläche doch auch progressiv gewesen sein soll. War Bruckner progressiv? Man könnte das Thema endlos ausdehnen, in dem man das Thema jedem nur denkbaren Komponisten überstülpen würde. War meinetwegen Saint Saens konservativ? Wohl schon, aber geile Musik ist es trotzdem. Erst seit Debussy, Skrjabin, Schönberg, Ives bekommt die Frage nach "konservativ" oder "progressiv" ihre wirkliche Schärfe und polemische Zuspitzung. Oder wie ist das? Haben sich die Hörer von Mozarts Musik wirklich jemals die Frage gestellt, ob seine Musik "konservativ" oder "progressiv" ist. Hat man sich diese Frage im 19. Jahrhundert überhaupt jemals gestellt? Na ja, vielleicht schon, aber die Gräben waren vermutlich doch nicht so unüberwindbar, obwohl der Streit groß war. Wie ist Eure Meinung zu diesem Thema? Gruß Martin |
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premierenticket
Stammgast |
#2 erstellt: 02. Jan 2008, 00:35 | |||
Diese Fragestellung/Kategorisierung ist so absurd wie noch was. Wer nur konservativ war, also nur reproduzierend bewahrt hat, verdient keinen Platz in der Historie. Genie ist immer die Neudefinition von Werten. Ein Genie musiziert immer im Kern anders als alle vorher. |
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Kreisler_jun.
Inventar |
#3 erstellt: 02. Jan 2008, 12:29 | |||
Nein. Mozart war kein großer Revolutionär. Aber er hat fast alle Gattungen in neuartiger Weise behandelt, sie dabei "aufgewertet". Deutlich wird das z.B. am Klavierkonzert, das nicht mehr bloß reine Unterhaltungs- und Spielmusik ist, sondern sinfonischen "erhabenen" Anspruch erhält. Oder das deutsche Singspiel. Ursprünglich waren das simple Stücke, teils mit singenden Schauspielern. Schon in der Entführung mischt Mozart hier den Gesangsstil der ernsten Oper (die Martern-Arie) hinein, dazu kommt ein außergewöhnlich differenzierter und anspruchsvoller Orchestersatz (Nicht nur ein bißchen exotisches tschingderassabum); in der Zauberflöte ist das ganze noch extremer, hier gibt es sogar Choräle und ein polyphones Choralvorspiel a la Bach (die Szene der Geharnischten Männer) zur Charakterisierung der feierlichen Priester. Und direkt daneben die Seria-Koloraturen der Königin und Papagenos Weanarische Situationskomik... Wie man es genau formuliert hat, ist ja zweitrangig. Fest steht aber, dass ein großer Teil von Mozarts Musik als äußerst schwierig, zu "gelehrt", zu lang, "zu viele Noten" usw. galt, obwohl sie natürlich dennoch (oder deswegen) bewundert wurde.
Es kommt immer drauf an, was man unter den Labeln versteht. Schubert war insofern konservativ, als dass er sich, besonders bei seinen frühen Werken (und das sind ja die meisten) recht stur an die Formen der Klassik hielt, also eher "klassizistisch". Aber was er dann in den späten Werken daraus macht und zu welcher Ausdrucksspanne er das einfache Klavierlied führt, könnte man revolutionär nennen. Schumann begann äußerst innovativ (hauptsächlich Klaviermusik), wurde in gewisser Hinsicht konservativer, z.B. in seinen Sinfonien. Also die Gegensätze sind nicht so einfach festzumachen. Klar ist aber, dass jeder Komponist, der irgendwie berühmt wurde, in irgendeiner Weise Neues brachte.
Es gab praktisch seit Anbeginn der Musikgeschichte solche Streitereien. Das erste Mal sprach man Ende des 13. Jhds. von "Ars nova" (Philip de Vitry) und machte damit deutlich, dass man den anderen Kram für antiquiert hielt... Oder Monteverdis Verteidigung der freieren expressiven "Seconda pratica" gegen die konservativen Kontrapunktlehrer, Gluck gegen die Anhänger der Barockoper, die "Neudeutschen" gegen Brahms & Co usw. viele Grüße JK jr. |
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