Zählt das "Musical" noch zur Sparte "Klassische Musik"?

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Alfred_Schmidt
Hat sich gelöscht
#1 erstellt: 23. Feb 2004, 00:16
Hallo,
Diese Frage ist gekommen, als im thread "Belebung dieses Klassikforums" von zwei oder drei Postern angeführt wurd, sie würden Muscals "nicht mögen"
Spontan reagierte ich innerlich mit dem Gedanken: Kein Wunder, das ist ja auch Unterhaltungsmusik. (Wobei ich die Operette als Grenzfall noch zur Klassik zähle.

Wie seht ihr das ?

Gruß
Alfred


[Beitrag von Alfred_Schmidt am 23. Feb 2004, 01:20 bearbeitet]
Miles
Inventar
#2 erstellt: 23. Feb 2004, 00:32
Das würde ich auch so sehen. Schliesslich werden in Musicals Pop-Songs gesungen. Mit Klassik hat das nichts zu tun. Zumindest bei den Musicals der letzten 30 Jahre (Hair, Andrew Lloyd Webber, usw) ist das klar, bei den ganz alten (Gershwin's "Porgy and Bess") aber nicht so sehr.
wn
Inventar
#3 erstellt: 23. Feb 2004, 01:53
Klassische Musik gehört für mich ebenso zur Unterhaltungsmusik wobei ich die Operette noch eher dem klassischen Musiktheater zurechne. Musicals hingegen verwenden eher Elemente aus dem Jazz oder Pop Genre und haben sich dadurch von den klassischen Strukturen mehr und mehr entfernt.
Der Grund, weshalb ich Musicals absolut nicht mag, liegt aber eher in der oft infantilen Thematik, der ebensolchen Umsetzung und dem völlig unmotivierten Herumgehüpfe. Ein Übriges tut dann noch eine gekonnte Übersetzung der eh schon schlichten englischen Texte ins Deutsche. Meine Lieblingsmusicals mit garantiertem Hassfaktor sind My Fair Lady, Mary Poppins und The Fiddler on the Roof.

- Gruss, Wilfried
op111
Moderator
#4 erstellt: 23. Feb 2004, 16:01
Hallo,
prinzipiell stimme ich mit Alfreds Auffassung überein, wobei ich eher dazu neige, die meisten Operetten nicht zur Klassik zu zählen.

Bei Andrew LLoyd Webbers einfallslos zusammengestoppelten Machwerken habe ich Probleme, das überhaupt noch als Musik einzustufen.
Andererseits Ragen Leonard Bernsteins Candide und West Side Story so weit aus dem Üblichen heraus, daß ich sie als Klassik bezeichnen würde.
Jacques Offenbach wäre da ein vergleichbarer Fall.

Franz
Alfred_Schmidt
Hat sich gelöscht
#5 erstellt: 23. Feb 2004, 16:53
Franz.J
schrieb bezüglich Zuordnungen von Operetten zur Klassik:

Jacques Offenbach wäre da ein vergleichbarer Fall


Gerade bei Offenbach bin ich mit nicht sichher ob er das gewollt hätte, sind doch Offenbachs "Operetten", zumindest die ersten, eher eine fast bösartige "Parodie" auf das Genre Oper, in gewisser Hinsicht verwandt mit Nestroys (heute vergessenen) Parodien von Wagners Opern.
(Beispiel: Tannhäuser, oder die Keilerei auf der Wartburg)
Offenbach ist (vor allem im französichen Original) stets bissig bis zur Bösartigkeit, schrill, und durchaus nicht wählerisch in seinen Mitteln. Die deutsche Version der Großherzogin von Geroldstein (EMI-Operettenserie) bietet immerhin annäherndes ein Bild dieser eigenartigen Kunstform (die ich sehr schätze !!)und sollte jedem Kabarettfreund und Zyniker wärmstens empfohlen werden.
Hier ist nichts ausgelassen: Weder die nach jungen Männern dürstende Landesfürstin (Parodie auf Katharina die Große??).
noch der dumme brutrünstige General (Seine Strategischen Pläne muß man gehört haben, sie sind immerhin 100 Jahre vor Bush und Rumsfield), der affektierte Zeremonienmeister (in dieser Aufzeichnung mit Sprachfehler , er lispelt). Betrachtungen über die Sinnhaftigkeit von Kriegen, Korruption ,ein Genuss.
Die "Wiener Operette" ist wohl einerseit *eher* "Klassisch", andererseits IMO eine Verdrehung der eigentlichen Absichten Offenbachs. Da kommen die Engländer Gilbert und Sullivan
viel näher an Offenbach heran (Pirates of Penzance)
Aber ich sehe schon: Das wird ein eigener Thread, da werden die Fetzen fliegen´: "Wert und Unwert der Operette "

Gruß
Alfred
op111
Moderator
#6 erstellt: 23. Feb 2004, 17:16

Franz.J
schrieb bezüglich Zuordnungen von Operetten zur Klassik:

Jacques Offenbach wäre da ein vergleichbarer Fall


Gerade bei Offenbach bin ich mit nicht sichher ob er das gewollt hätte, sind doch Offenbachs "Operetten", zumindest die ersten, eher eine fast bösartige "Parodie" auf das Genre Oper,

Alfred,
habe ich die richtig verstanden,
Offenbach hätte sich *nicht* gern als Klassiker gesehen,

oder aber

lieber nicht mit ALWebber in einer leichtgewichtigen nur oberflächlichen Kategorie?

Franz
drbobo
Inventar
#7 erstellt: 23. Feb 2004, 18:08

Zählt das "Musical" noch zur Sparte "Klassische Musik"?


Hallo,
für mich eindeutig NEIN
Erfüllt für mich keine der typischen Kriterien.
Vereinzelt gibt es "Klassiker", wie auch in Rock oder anderer Populärer Musik.
Bedeutsam finde ich diese Einteilung in Klassik(e-Musik) und U-Musik aber nicht, hier im Forum sorgt sie für mehr Übersicht.
Der Mensch braucht halt seine kleinen Schachteln...
sound67
Hat sich gelöscht
#8 erstellt: 23. Feb 2004, 18:47

Erfüllt für mich keine der typischen Kriterien.


Die da sind?

Für mich sind Musicals nichts anderes als die modernisierte Form der Operette und sind somit auch genauso zu bewerten: an der Grenze zwischen U- und E-Musik. Nicht jedes Musical hat nur kurzatmige Hänchen-Klein Melodien zu bieten. Nicht umsonst bezeichnete Lloyd-Webber z.B. "Jesus Christ Superstar" als "Rock-Oper" und "Phantom of the Opera" als "Oper". Auch "Evita" und andere sind dramaturgisch eher der Oper als dem Pop zuzurechnen.

Gruß, Thomas
Susanna
Hat sich gelöscht
#9 erstellt: 23. Feb 2004, 18:54
Hallo,

@ drbobo: Was sind für Dich "typische Kriterien"? Selbst wenn viel aus dem Jazz-Blues-Bereich anklingt, so sind doch die meisten musikalischen Stilmittel in Musicals der abendländischen Musiktradition entnommen. Ich finde z. B. "My fair Lady" klassischer als manche Operetten.

@ Alfred und Franz: Das mit Offenbach habe ich (noch) nicht verstanden. Was meint Ihr mit "vergleichbarer Fall" und "ob er das gewollt hätte" ?
Daß Offenbach parodiert hat, ist bekannt. Seine Operetten finde ich klassich, wie auch, nur in anderer Weise, die von J. Strauß.

@ Wilfried: Du schriebst: "Klassische Musik gehört für mich ebenso zur Unterhaltungsmusik....."
Finde ich auch. Musik soll mich auf jeden Fall unterhalten, egal in welcher Stimmung ich gerade bin.
"My fair Lady" z. B. hat aber keine "infantile Thematik", finde ich. Dann doch schon eher "Im Weißen Rößl" u.ä. Unmotiviert herumgehüpft wird in Operetten auch reichlich!

@ Miles: Fast alle Arien im "Figaro" sind auch schon kurz nach der Uraufführung zu "Popsongs" geworden, will sagen, jedermann trällerte sie an jedem Ort. Und diese Oper ist wahrhaftig klassisch. "Porgy und Bess" ist für mich absolut eine Oper.

Aber es stimmt schon: Klassik kann man so oder so definieren.

Gruß,
Susanna
Susanna
Hat sich gelöscht
#10 erstellt: 23. Feb 2004, 18:57

Nicht jedes Musical hat nur kurzatmige Hänchen-Klein Melodien zu bieten. Nicht umsonst bezeichnete Lloyd-Webber z.B. "Jesus Christ Superstar" als "Rock-Oper" und "Phantom of the Opera" als "Oper". Auch "Evita" und andere sind dramaturgisch eher der Oper als dem Pop zuzurechnen.



Hallo Thomas!

Ja!

Gruß,
Susanna
drbobo
Inventar
#11 erstellt: 23. Feb 2004, 19:06
Hallo Susanna



@ drbobo: Was sind für Dich "typische Kriterien"? Selbst wenn viel aus dem Jazz-Blues-Bereich anklingt, so sind doch die meisten musikalischen Stilmittel in Musicals der abendländischen Musiktradition entnommen. Ich finde z. B. "My fair Lady" klassischer als manche Operetten.


gute Frage, man sollte doch vorher überlegen was man so dahinschreibt.
typische Kriterien, hmm, schwierig.
vielleicht besser treffend eine rückwertsgewandte Einteilung von Musik anhand ihrer formellen und rezeptionsgeschichtichen Entwicklung
okok, eine weitere Worthülsenproduktion
ganz ehrlich, eher so eine Art Gefühl.
Sachlich vielleicht folgendes Argument
Musicals sind häufig eher eine Aneinanderreihung einzelner musikalischer Einfälle. Es fehlt das verbindende Thema (musikalisch). Natürlich trifft das nicht auf alle Musicals zu.
So genug der Rechtfertigung.


[Beitrag von ehemals_hj am 23. Feb 2004, 21:39 bearbeitet]
op111
Moderator
#12 erstellt: 23. Feb 2004, 21:11
Hallo Susanna,


Susanna schrieb: @ Alfred und Franz: Das mit Offenbach habe ich (noch) nicht verstanden. Was meint Ihr mit "vergleichbarer Fall" und "ob er das gewollt hätte" ?
Daß Offenbach parodiert hat, ist bekannt. Seine Operetten finde ich klassich, wie auch, nur in anderer Weise, die von J. Strauß.

Ich meinte, Offenbachs Werken ragen für mich qualitativ ebenso aus dem Genre Operette heraus, wie Bernsteins Musicals aus dem Durchschnitt dieses Genres.
Gilbert und Sullivan sind ebenfalls sehr witzig, aber weniger beißend satirisch.

Verstanden habe ich allerdings Alfreds Anmerkung nicht. Ich kann mir nicht vorstellen, daß Offenbach nicht doch einen gewissen klassischen Anspruch an seine Werke gestellt hat.

Alfred Tip: Offenbachs "Großherzogin von Geroldstein" ist ein sehr gutes Beispiel für Offenbachs Werk
Gruß
Franz

PS: Irgendwie spielt die Forumssoftware gerade verrückt, alles ist rechtsbündig und die Tags tot.


[Beitrag von ehemals_ah am 23. Feb 2004, 21:40 bearbeitet]
Alfred_Schmidt
Hat sich gelöscht
#13 erstellt: 23. Feb 2004, 21:25
Hallo Franz und Susanna,

Ja ihr habt mich schon richtig verstanden:

Ich glaube, daß etliche Offenbach-Operetten
(alle kenne ich nicht) IMO nicht zu Klassikzu zählen sind.
Bei der Großherzogin von Geroldstein, damit wir gleich dabei bleiben, werden heroische Chöre eher als parodistisches Element, denn als "Triumphmarsch" eingesetzt.
Das ganze werk ist von Anfang bis Ende eine (köstliche)
Blödelei.
Offenbach dürfte das auch so gesehen haben, aber da müsste ich genauer recherchieren.

Gruß
Alfred

BTW: Hübsches Layout, Franz
op111
Moderator
#14 erstellt: 23. Feb 2004, 21:50

Hallo Franz und Susanna,
Ja ihr habt mich schon richtig verstanden:
Ich glaube, daß etliche Offenbach-Operetten
(alle kenne ich nicht) IMO nicht zu Klassikzu zählen sind.
Bei der Großherzogin von Geroldstein, ...
werden heroische Chöre eher als parodistisches Element, denn als "Triumphmarsch" eingesetzt.
Das ganze werk ist von Anfang bis Ende eine (köstliche)
Blödelei.

Aber ohne blöd zu sein.


Offenbach dürfte das auch so gesehen haben, aber da müsste ich genauer recherchieren.

Von Offenbach kenne ich leider viel zu wenig, mein Opernführer, der von Heinz Wagner, listet eine unglaubliche Menge.
Meilhac und Halevy, die Librettisten, sind nicht ganz unschuldig am Erfolg. Soweit ich weiß, war einer von ihnen ein hoher Regierungsbeamter, der sein Insiderwissen verwertete.



BTW: Hübsches Layout, Franz

Ich arbeite dran.
Leider aber eher unfreiwillig, und jetzt ist's wieder fast ok.

Gruß
Franz
Alfred_Schmidt
Hat sich gelöscht
#15 erstellt: 23. Feb 2004, 21:59
Hallo Franz,

Echte Bödler sind nie blöde, den auch zum Blödelm gehört Hirn


Wer Fehler sollte 100% behoben sein.
Zwei Minuten nach meiner Meldung kam die Korrektur.

Gruß Alfred
Susanna
Hat sich gelöscht
#16 erstellt: 23. Feb 2004, 22:34
Hallo Alfred,

Alfred schrieb:

Hallo Franz und Susanna,

Ja ihr habt mich schon richtig verstanden:

Ja,jetzt schon.


Bei der Großherzogin von Geroldstein, ... werden heroische Chöre eher als parodistisches Element, denn als "Triumphmarsch" eingesetzt.


So ist das auch bei "Orpheus in der Unterwelt" oder "Die schöne Helena".
Man darf dennoch nicht vergessen, daß auch in "richtigen" Opern deren Komponisten durchaus parodiert haben.Man denke an die Quacksalber und näselnden Notare bei Mozart oder Bürgermeister bei Lortzing.
Unser Diskurs hier könnte auch in die Rubrik "Humor..." passen.

Echte Bödler sind nie blöde, den auch zum Blödelm gehört Hirn

Das ist ein wahres Wort!

Grüße,
Susanna
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