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Langweilige Klassik im Musikunterricht?

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Autor
Beitrag
Nite_City
Stammgast
#1 erstellt: 15. Jul 2005, 13:20
Hallo,

es wurde ja schon öfters gesagt, dass man sich Stücke, die einem nicht gefallen nicht anhören muss.
DOCH, manchmal kann man dem nicht entfliehen! Und zwar spreche ich hier vom Musikunterricht in der Schule!

Warum wird den Schülern hier das Interesse an der Klassik schon von Vornherein genommen?

Ich habe jetzt (genau heute!) die 11. Klasse abgeschlossen und wenn ich mich zurückerinnere, haben wir (bis auf Honeggers "Pacific 231" und Débussys "La Mer", die ich beide sehr mag) keine einziges wirklich interessantes Stück behandelt.

Die meisten Leute in unserer Klasse bzw. unserem Kurs sind Dudelfunk-, HipHop und/oder Technohörer und auf Klassik angesprochen, kommen nur abfällige Bemerkungen, wie "geklimper", "langweilig" oder "sinnlos".
Mal abgesehen von der Tatsache, dass mir ein Musikstück kaum gefallen kann, wenn ich voreingenommen und negativ an das Werk herangehe (wie das die meisten dieser Leute tun), muss ich sagen, dass ich diese Haltung, wenn auch nicht verstehen, so aber doch nachvollziehen kann.

Klassische Musik - das waren nie packende Werke, das waren nie fesselnde Melodieläufe (wie z.B. das meiner Meinung nach grandiose und majestätische Leitmotiv aus Dvoràks 9. Symphonie) oder ähnliches, sondern was uns, sozusagen als "Quintessenz", der klassischen Musik aufgetischt wurde, bestand zu 95% aus Gedudel und Belanglosgklimper wie Mozarts "Nachtmusik". (Mozartfans mögen mir bitte verzeihen, aber das meiste, was ich von Mozart kenne ist in meinen Ohren selbstverliebter, verschnörkelter Kitsch)

Warum werden nur diejenigen Werke besprochen, die wahrscheinlich irgendeine verknöcherte, erzkonservative "Werkfindungskommision" als "wertvoll" bezeichnet hat? Warum wird die moderne Klassik des 20. Jh. so sträflich vernachlassigt? (Man könnte jetzt das o.g. "Pacific 231" als Gegenbeispiel einwerfen, doch dies kam bei uns als Beispiel für PROGRAMMMUSIK!)

Auch kann man das Werk doch nicht genießen, wenn man nur jeweils kurze Ausschnitte präsentiert bekommt (als wir Beethovens Symphonien besprochen haben, bekamen wir lediglich den Anfangschor der 9. und die ersten 5(!) Minuten der 5. zu Gehör). Und selbst da kann man die Musik nicht auf emotionaler Ebene wahrnehmen, da man währenddessen auf hunderte von Einzelheiten achten soll! Auch ist es in meinen Augen idiotisch ein Werk vier Stunden lang zu besprechen und sinnbildlich Note für Note auseinanderzunehmen und zu analysieren, wenn man es erst am Ende hören kann!

Ich bin mal auf nächstes Schuljahr gespannt, was da noch kommt! (Das letzte, was wir behandelt haben, war übrigens die Krönungsmesse von Mozart und das auch noch mit einer Aufnahme von Karajan! - Schmalz pur!)


So, um nun endlich zum eigentlichen Thema zurückzukommen:
Ich empfinde eine Abneigung gegen solche Werke, bei denen man das Gefühl hat, der Komponist wollte krampfhaft etwas neues, anderes Komponieren, ohne Rücksicht auf die Qualität. Diesen Eindruck hatte ich z.B. bei Stockhausen leider des öfteren. Sein "Zyklus für einen Schlagzeuger" ist z.B. in meinen Ohren ein solches Werk, auch wenn dies eher weniger in die Kategorie Klassik passt.

Auch empfinde ich eine gewisse Aneigung gegen die, ich nenne sie jetzt mal "Mainstream"-Klassik, also solche Werke, die auch jeder, der nicht die geringste Ahnung von Klassik hat kennt und die dann von vielen ohne Kritik und Zweifel als toll und mustergültig hingenommen wird. (O-Ton eines Freundes von mir: "Die Nummer 5 von Beethoven ist cool, der Rest Klassik ist Mist.")
Wahrscheinlich kommt diese Ansicht bei mir dadurch, dass ich es lächerlich finde, wenn Leute etwas gut finden, nur weil es die Meinung der anderen ist und weil sie nichts besseres kennen. Also Beispiel sei hier mal etwas aus der Jazzecke genannt: Ich kenne viele Leute, die sich die Alben von Norah Jones anhören und begeistert sind und dies für das Nonplusultra des Smoothjazz halten, aber dabei die Tatsache ignorieren, dass dies nur sozusagen die Spitze des Eisberges ist und dass es viel besseres in dieser Richtung gibt, was sie aber nie entdecken werden, da sie viel zu faul sind, sich mit diesem Gebiet tiefer auseinanderzusetzen.
Und dieses Phänomen habe ich auch schon in Bezug auf die Klassische Musik erlebt, wenn sich Leute irgendwelche CD-Sammlungen mit den angeblich schönsten Klassikmelodien kaufen (d.h. ein krudes Potpourri von Versatzstücke berühmter Werke, eingespielt vom Hinterzipfelsburger Festspielorchester) und dann denken, sie hätten das "beste" der Klassikwelt in den Händen.

Grüße,
Michèl


[Beitrag von Nite_City am 15. Jul 2005, 13:35 bearbeitet]
Martin2
Inventar
#2 erstellt: 16. Jul 2005, 15:42
Hallo Michèl,

ich weiß nicht, was Dein Musikunterricht taugt und über den richtigen Musikunterricht ließe sich trefflich streiten. Nur ist die Schule m.E. in jedem Fall völlig überfordert, wenn sie Menschen an klassische Musik heran führen soll. Wenn da nicht die geringste Eigeninitiative vorhanden ist, kann man die Sache knicken.

Was man nur immer wieder vermitteln sollte, ist die Tatsache, daß klassische Musik zu den Dingen gehört, die Dich glücklich machen können.

Nun mag es durchaus sein, daß manchen Menschen die Rezeptoren für die Großartigkeit und Pracht gewisser Musik auch fehlt. Was mich aber schon in meiner Jugendzeit, als ich in die Schule gegangen bin, immer sehr geärgert hat, war die abenteuerliche Trägheit und Ignoranz meiner Mitschüler. Das gilt ja nicht nur für die Musik, auch für Literatur und Malerei.

Aber da muß ich eben auch sagen, daß halt jeder für sich selbst verantwortlich ist. Wenn Du nicht die Bereitschaft hast, in Bezug auf Kultur Eigeninitiative zu entwickeln, geht dieser große und wichtige Bereich des Lebens, geht etwas, was Dich glücklich machen könnte und Deinem Leben Sinn verleihen kann ( "Ohne Musik wäre die Welt ein Irrtum", wie Nietzsche sagt), einfach an Dir vorbei.

Ob Mozart allerdings Kitsch ist oder ob Stockhausen ( den ich nicht kenne und der offen gesagt auch nicht im Mittelpunkt meines Interesses steht) etwas taugt, ist etwas, was ich durchaus nicht nur den Musikwissenschaftlern überlassen möchte. Insofern lasse Dich nicht davon abbringen, Deine Meinungen über Musik, wie sie sich im moment darstellen, klar und deutlich zum Ausdruck zu bringen. Schließlich ist das ein Hauptsinn eines solchen Forums ( neben dem Interpretationenvergleich) sich darüber auszutauschen.

Insofern finde ich einen Thread wie "klassische Haßobjekte" schon fast problematisch, weil Zuneigungen und Abneigungen meiner Diskussionspartner zu kennen, für mich im Mittelpunkt meiner Aufmerksamkeit steht und eigentlich immer im Raum stehen sollte, ohne in einen solche Thread, wo man dann einmal offiziel die Sau raus lassen darf, verbannt zu werden.

Die Wiener Klassik - insbesondere Haydn und Mozart - finde ich mit meinen 44 Jahren immer noch oft genug langweilig und dröge. Und ich glaube nicht, daß das nur an einem fehlenden Zugang liegt. Es gibt da einfach in diesem riesigen Berg von Musik, die die Klassiker aufgetürmt haben, doch schon gewaltige Qualitätsunterschiede. Meine unmaßgebliche Meinung. Die kleine Nachtmusik ist aber eigentlich ganz schön, nur unendlich abgegriffen. Aber vielleicht entdeckst Du ja den Mozart noch mal für Dich.

Herzliche Grüße
Martin
prometeo
Stammgast
#3 erstellt: 17. Jul 2005, 07:43
Hey Michèl

Erstmal ein grosses Kompliment, Du hast Deine "Schwierigkeiten" mit Klassischer Musik treffen formuliert.

Ich kann Dich gut verstehen: Mozart geht mir - wo es sich nicht um gewisse Opern handelt, welche ich so gut finde dass ich dafür nicht mal Worte habe - auch am A**** vorbei. Von der kleinen Nachtmusik bekomme ich Ausschlag. Wie Franz-J und auch Martin2 beschreiben, muss einem die Wiener Klassik nicht gefallen.

Ich bin der Meinung dass die meisten Kinder und Jugendlichen physisch gar nicht in der Lage sind Klassik zu schätzen. Das erfordert einen ausgebildeten "Rezeptionssinn" und der muss sich eben, wie alles andere auch, erstmal entwickeln. Dazu kommt, dass Klassik tatsächlich in den Köpfen - ich behaupte - der meisten Menschen nicht besonders viel anstellt, nicht weil sie nicht wollen, sondern weil sie dazu nicht in der Lage sind. Zum einen weil sie andere Musik "benötigen" um Gefühle zu entwickeln oder weil sie generell musikalisch nicht sensitiv sind. Sonst wäre ja jeder Erwachsene ein Klassikliebhaber, in Tat und Wahrheit jedoch hört nur ein kleiner Bruchteil aktiv Klassik.

Die Chance also, das Du oder einer Deiner Klassenkameraden Klassik überhaupt richtig gut finden können ist verschwindend gering. Mal ganz abgesehen davon dass Klassik ohnehin ziemlich uncool ist. Deshalb halte ich es auch für pädagogisch relativ unsinnig, Schülern mit aller Gewalt Klassik vermitteln zu wollen - und wenn dann auf hauptsächlich praktische Art, durch Anhören nämlich, und nicht durch theoretisches Sezieren von Beethoven. Das macht sehr sehr wenigen Menschen Spass.

Der einzige Tipp den ich Dir geben kann: Deinen Ausführungen entnehme ich, dass Du potentiell ein "Klassiker" sein könntest, Du argumentierst teilweise doch relativ differenziert, also lass Dich durch negative Erfahrungen nicht allgemein gegen Klassik aufbringen, da schliesst Du Dir ein Tor, durch das durchzugehen vielleicht eine der prägendsten Erfahrungen Deines Lebens werden könnte.

Gruss, Matthias
Susanna
Hat sich gelöscht
#4 erstellt: 17. Jul 2005, 10:57
Hallo Michèl,

wichtige Punkte zum Problem der schulischen Klassikvermittlung hat mein Vorredner angeführt.

Deine Kritik ist in einigen Punkten berechtigt; leider sind die Musiklehrpläne teilweise (immer noch) nicht ganz „entstaubt“. Innerhalb der ihnen vorgeschriebenen Rahmenbedingungen haben Musiklehrer trotzdem die Möglichkeit, eigene Vorstellungen zu verwirklichen und z. B. auch Werke, die Du wichtig findest, zu behandeln. Pech, wenn der Geschmack des Lehrers nicht mit Deinem übereinstimmt. ;-) Aber am wichtigsten ist das „Wie“ der Wissensvermittlung, und da gibt es große Unterschiede.

An dem, was du „Quintessenz der klassischen Musik“ bezeichnest, kann man meist sehr gut bestimmte musikalische Formen und Ausdrucksmöglichkeiten der betr. Epoche exemplarisch darstellen (ich spreche jetzt von dem Oberbegriff Klassische Musik, der auch Barock usw. beinhaltet). Es handelt sich dabei oft um relativ leicht zugängliche Werke, auch „Mainstream-Klassik“, die ich nicht unbedingt von vorneherein als minderwertig werten möchte. Deinen Freund z. B. kannst Du ja darauf hinweisen, dass er es doch auch mal mit dem oder jenem Werk versuchen sollte, vielleicht mit einer kleinen Einführung Deinerseits.

Letztlich kann die Schule im Musik LK – gerade bei Werkbesprechungen – nur Anreize bieten, die zum eigenen Entdecken führen sollen. Aufgrund Deiner selbstbewussten musikalischen Auffassung dürfte Dir Eigeninitiative nicht schwer fallen.

Viele Grüße,
Susanna

@ Matthias: Meinst Du wirklich „physisch“?
Martin2
Inventar
#5 erstellt: 17. Jul 2005, 12:19
Hallo Leute!

Also ich habe nicht den geringsten Zweifel, daß Michèl noch mal zur Klassikerin wird ( wie es sich ja Mathias erhofft). Na, wenn ihr schon Debussy und Dvorak gefällt! Der Musikunterricht mag ja auch tatsächlich schwachsinnig sein. In der Tat kann es nicht der Sinn von Musikuntericht sein, Schüler auf ein Studium der Musikwissenschaften vorzubereiten. Sondern sie an Kultur heranzuführen.

Allerdings sehe ich die Sache schon etwas anders als Mathias. Daß manchen Menschen die musikalische Sensitivität abgeht, mag schon richtig sein, trotzdem stelle ich mal die Gegenbehauptung auf, daß sehr viele Menschen auch viel in ihrem Leben verpassen, weil sie sich vom Geschwätz ihrer Umwelt prägen lassen. Und das ist ziemlich albern, denn warum sollte man sich vom Geschwafel seiner unreifen Klassenkameraden beeindrucken lassen? Zumal dann, wenn man sich noch als 40 jähriger immer noch von dem beeindrucken läßt, was man mal in seiner Jugend von 16 jährigen Mitschülern gehört hat. Aber das soll es geben.

Es ist schon irgendwie deprimierend, aber wenn ich Michèls Posting lese, habe ich den Eindruck, daß sich in 30 Jahren an den Schulen überhaupt nichts geändert hat. Also wer als Jugendlicher zur Klassik finden will, muß ein bißchen die Bereitschaft zum Einzelgängertum haben. Glücklicherweise begeben sich dann manche Erwachsene später doch noch mal auf den Klassiktrip.

Ich habe in meiner Jugend viel Brahms, Bruckner und Mahler gehört. Damit war ich unter meinen Klassenkameraden ziemlich isoliert. So etwas prägt. Ich kann Michèls Aussage: "Warum wird den Schülern hier das Interesse an der Klassik schon von Vornherein genommen?" da nicht nachvollziehen. Haben denn Schüler ein Interesse an der Klassik, daß man ihnen nehmen könnte? Schön wärs. Die Wahrheit ist doch einfach, daß junge Leute in ihrer Mehrheit einfach Ignoranten sind. Wie Menschen überhaupt. Ich habe mich aber gefreut, später einmal einen alten Klassenkameraden zu treffen, der mir sagte, wie sehr er heute Bruckner liebe und daß diese Musik "Seelenbalsam" für ihn wäre.

Es ist nämlich einfach nur ein völlig abgegriffenes Klischee, daß die Jugend sozusagen "für alles offen sei", während sich der Erwachsene, gar ältere Mensch nur konservativ an irgend ein Bestehendes klammert. Ein ganz dummes Klischee. In Wahrheit sind Jugendlich überhaupt nicht offen, sondern einfach ein Produkt ihrer Umwelt. Das ist heute so wie vor 30 Jahren. Offenheit ist eine Frage des Charakters, nicht der Lebensjahre.

Ob nun der Musikgeschmack von Michèls Musiklehrer zu konservativ ist, lasse ich mal dahingestellt sein. Das Grundproblem von Musiklehrern mit klassischer Musik ist, daß es da dieses Dilemma gibt, daß man einerseits auf der Suche nach einfachen, leichter zugänglichen Stücken ist, um die Schüler nicht zu überfordern, daß es dann aber doch anderseits vielleicht auch spannendere kompliziertere Musik gibt, die sicher faszinierender wäre. Na klar ist Bruckners 8. faszinierender als Mozarts kleine Nachtmusik. Aber soll man Bruckners 8. nun im Musikunterricht besprechen? Na, ich weiß es ja nicht.

Mit verknöchertem Konservativismus hat das nichts zu tun, denn auch bei den angeblich verknöcherten Konservativen dürfte der Rang gewisser Musik schon feststehen, die dann aber, weil sie zu schwierig ist, eben doch nicht im Musikunterricht auftaucht. Trotzdem mag die Musikauswahl von Michèls Musiklehrers schon auch kritisierbar sein. Und auch die von Michèl angemahnte faszinierendere Musik des 20. Jahrhunderts ist leider auch nicht immer gerade einfach. Angesichts eines solchen Dilemmas ist ein Musiklehrer einfach ein armer Kerl.

Gruß Martin
Susanna
Hat sich gelöscht
#6 erstellt: 17. Jul 2005, 14:23
Hallo Martin,

Du hast einige nachdenkenswerte Statements aufgeworfen, die ich nicht alle teile.
Der Musikunterricht ist keineswegs per se schwachsinnig, und auch die dafür vorgesehenen Inhalte nicht. Du hast völlig recht, Musikunterricht sollte primär Kulturverständnis wecken, wie Mathematik Verständnis für logische Zusammenhänge. Dies schließt nicht aus, daß auch Grundlagen für ein Studium gelegt werden können.
Ich wiederhole mich, wenn ich sage, daß es die Aufbereitung des Unterrichts ist, die Didaktik also, die maßgebend ist. Auch besteht er aus weitaus mehr, bzw. sollte es, als nur aus Werkbesprechungen.

Haben denn Schüler ein Interesse an der Klassik, daß man ihnen nehmen könnte? Schön wärs. Die Wahrheit ist doch einfach, daß junge Leute in ihrer Mehrheit einfach Ignoranten sind.

Da habe ich andere Erfahrungen. Zunächst muß überhaupt nichts vorausgesetzt werden. Grundsätzlich kann man bei Jugendlichen für fast alle Gegenstände - also auch für klassische Musik - Interesse wecken, es ist ja geradezu die Aufgabe der Schulen, Ignoranz zu beseitigen.

In Wahrheit sind Jugendlich überhaupt nicht offen, sondern einfach ein Produkt ihrer Umwelt.

Ja, oft. Und dies jungen Menschen klarzumachen, ist eine weitere wichtige pädagogische Aufgabe. Nicht leicht, aber möglich! Auch wenn hier die Erfolgsaussichten der Schule gegenüber anderen Einflüssen relativ gering sind.

Na klar ist Bruckners 8. faszinierender als Mozarts kleine Nachtmusik..

Wieso ist das klar? Es gibt auch andere Meinungen.

Aber soll man Bruckners 8. nun im Musikunterricht besprechen? Na, ich weiß es ja nicht

Es kommt immer auf die Zusammensetzung der Gruppe an, auch auf die Korrelation Schüler-Lehrer, was man zu einem Zeitpunkt soll oder nicht.


Grüße,
Susanna
Martin2
Inventar
#7 erstellt: 17. Jul 2005, 16:27
Liebe Susanna,

in einem Punkt hast Du mich mißverstanden. Ich habe keineswegs behauptet, daß Musikunterricht per se schwachsinnig sei. Mit "der Musikunterricht" meinte ich einen Musikunterricht wie von Michèl beschrieben, wo man sich stundenlang über ein Werk theoretisch verbreitet, ohne es überhaupt gehört zu haben.

Ich behaupte auch nicht, daß Jugendliche als Ignoranten auf die Welt gekommen sind. Nur sind sie längst keine unbeschriebenen Blätter mehr, wenn sie sich mit klassischer Musik auseinandersetzen sollen. Wenn sie 16 oder 17 sind, haben sie schon tausend Vorurteile aufgesogen. Die dann in der Gruppe natürlich potenziert werden.

Sag mal, bist Du Musiklehrerin? Ich spüre da bei Dir einen besonderen Ton der Betroffenheit.

Wie auch immer, wenn man als Jugendlicher die klassische Musik liebt, dann sollte es doch eigentlich so sein, daß man sich am Musikgeschäft die Nase platt drückt, weil man diese Klassik-CD doch halt so gerne hätte. So muß es sein.

Und daß es da ein Dilemma gibt bei der Vermittlung klassischer Musik, lasse ich mir nicht ausreden.

Und die Ignoranz ist durchaus nicht nur ein Phänomen von Jugendlichen, sondern ein Phänomen unserer Zeit. Man braucht nur in eine stinknormale Kneipe zu gehen, und wird dort sehr schnell Leute treffen, die in volltrunkenem Zustand ohne Zweifel bessere Politik machen als die Politiker, bessere Lehrer sind als die Lehrer und - soweit kommt es noch - bessere Künstler wären als die Künstler. Dieser vollkommen unverschämte Ton der Ignoranz, wo eigentlich jeder Depp sich so erhaben fühlt, daß er nichts mehr über sich weiß, ist heute Teil unserer Kultur. Und so etwas färbt natürlich voll auf die Schüler ab.

Herzliche Grüße
Martin
sound67
Hat sich gelöscht
#8 erstellt: 17. Jul 2005, 16:39
Schön, dass Du so gar nicht eingebildet bist.

Gruß, Thomas
Martin2
Inventar
#9 erstellt: 17. Jul 2005, 17:41
Lieber Thomas,

ich bin zunächst einmal völlig bezaubert, daß Du mich als "nicht eingebildet" einstufst ( na ja, das war von Dir natürlich Ironie). Falls ich trotzdem eingebildet sein sollte, so wollte ich nur zum Ausdruck bringen, daß ich mir mein Eingebildetsein nicht zu 100% ersoffen habe.

Herzliche Grüße
Martin
Hüb'
Moderator
#10 erstellt: 17. Jul 2005, 17:57
Hallo Thomas,
hallo Martin,

mir wäre es ganz recht, wenn ihr beiden bestenfalls auf die Beiträge des jeweils anderen gar nicht mehr reagieren würdet. Ansonsten kommt es ggf. wieder zu Zeitstrafen, Verwarnungen, abgelehnten Beiträgen und einer damit einhergehenden Arbeitsbelastung der Moderation.

Besten Dank für euer "Fairständnis"!

Grüße,

Frank
sound67
Hat sich gelöscht
#11 erstellt: 17. Jul 2005, 20:59
Sorry, aber mein Kommentar war angesichts der "Beiträge" Martins noch allzu moderat.

Gruß, Thomas
Hüb'
Moderator
#12 erstellt: 18. Jul 2005, 05:10
War nur ein allgemeiner Hinweis...
AcomA
Stammgast
#13 erstellt: 18. Jul 2005, 11:46
hallo Martin,

mal was nebensächliches: wieso glaubst du, dass Michèl weiblicher natur ist. hieße sie dann nicht Michèle wo ist Michèl überhaupt geblieben. attacke und auf nimmerwiedersehen lieber Martin, ich wollte hier jetzt nicht als klugscheißer aufwarten, sondern ich wundere mich, dass Michèl keine reaktion zeigte.

zum thema. es gibt gute und schlechte lehrer. der gute lehrer wird am ende auch den anti-musiker motivieren können. das bedeutet nicht unbedingt, dass der schüler sich dann klassik-cds besorgt. aber zumindest findet er die sache nicht mehr langweilig, sondern möchte auch ernsthaft mitmachen und freut sich schon auf die zukünftige unterrichtsstunde. ich habe das selber miterlebt. ich oder besser wir hatten mit unseren musiklehrern glück gehabt. ich habe das in diesem forum schon mal skizziert.

gruß, siamak
Susanna
Hat sich gelöscht
#14 erstellt: 18. Jul 2005, 13:49
Ja, siamak, ganz genau so ist es!

Zu Michèl: Ja, die männliche Form hat m. W. keinen Akzent, die weibliche zwar einen, zusätzlich ein stummes "e". Was lernt uns das? Wer weiß, wer oder was Michèl ist! (Hoffentlich ist das eine Herausforderung für ihn/sie, sich nochmal zu melden!)

Ansonsten weiß ein guter Lehrer natürlich auch, daß man mit 17 gern mal provoziert.

Grüße,
Susanna
Martin2
Inventar
#15 erstellt: 18. Jul 2005, 14:56
Lieber Simiak, liebe Susanna,

ja, ich wundere mich allerdings überhaupt nicht, daß sich Michèl hier nicht mehr meldet. Ich denke, wir haben hier unsere Erfahrungswerte? Das wäre beileibe nicht das erste mal. Manchmal habe ich allerdings auch so ein bißchen den Eindruck, daß wir jungen Leuten - angesichts der Tatsache, daß wir irgendwie doch nie wirklich ins Gespräch mit ihnen kommen - schon fast zu viel Aufmerksamkeit schenken.

Ich fand allerdings den Beitrag von Michèl durchaus erfrischend. So sehr viel anders habe ich als 17 jähriger auch nicht gedacht, insofern glaube ich auch nicht, daß es Michèl nur ums provozieren ging. Natürlich provozieren Jugendliche gern, Susanna, aber dann doch häufiger auf einer ganz platten "Was ist Klassik für ein abgestandener Quark?" Schiene. Karajan mag ich wie Michèl immer noch nicht so besonders, obwohl ich jetzt doch ein paar CDs von ihm habe, die ich nicht schlecht finde ( Schostakowitschs 10., Honeggersinfonien, Strawinsky Apollon musagette). Die 5. von Tschaikovsky, die ich neulich von ihm hörte, fand ich dann wieder grauenhaft ausgewalzt, wo bei einem viel zu langsamen Tempo das Leidenschaftliche der Musik gar nicht rüberkam, auch eine Bruckners 8. ( mit den Wienern) fand ich nicht gut, so wie Mahlers 6. Karajan war für mich als Jugendlicher vielleicht wirklich auch ein Haßobjekt ( warum eigentlich? irgendwie konnte ich ihn einfach nicht leiden), jetzt nicht mehr, aber irgendwie bin ich Karajan gegenüber immer noch sehr skeptisch. Und mit Mozart konnte ich als Jugendlicher auch noch nicht so furchtbar viel anfangen. Allerdings hatten meine Eltern eine LP mit der 39. Es Dur Sinfonie mit Ferenc Friskay und die mochte ich sehr gerne. Ich muß mal sehen, ob ich die noch finde. Der Penguinsguide schreibt zwar angesichts der Interpretation von Friscay von einer überholten romantischen Sichtweise, aber mir gefiel sie sehr gut.

Und Musiklehrer haben es aus vielerlei Gründen nicht leicht, das wollte ich Michèl nur deutlich machen. Klar gibt es bessere und schlechtere Musiklehrer, aber nicht jeder Lehrer hat nun mal solche Entertainerqualitäten, mit denen er Jugendlichen die Langeweile nehmen kann, die sie für ein Thema empfinden. Schließlich werden Lehrer nicht zu Entertainern ausgebildet ( was vielleicht keine schlechte Idee wäre, wenn dies Teil ihres Studiums wäre).

Gruß Martin
Hüb'
Moderator
#16 erstellt: 18. Jul 2005, 15:11

Martin2 schrieb:
ja, ich wundere mich allerdings überhaupt nicht, daß sich Michèl hier nicht mehr meldet.


Verstehe ich nicht.
Ihr/Sein Beitrag ist hier auf reges und konstruktives Interesse gestoßen.

Martin, könntest Du bitte mal in Deine PN schauen? Danke!

Grüße,

Hüb'


[Beitrag von Hüb' am 18. Jul 2005, 15:13 bearbeitet]
Martin2
Inventar
#17 erstellt: 18. Jul 2005, 15:58
Lieber Hüb,

ich habe wirklich ganz ausschließlich auf die "Erfahrungswerte" abgehoben! Ich erinnere mich an ähnliche Fälle hier, wo junge Leute hier etwas gepostet haben, und wo die Diskussion ähnlich rege und konstruktiv war, aber die Sache doch immer wieder im Sande verlief, weil die jungen Leute sich nicht mehr meldeten, was ich immer schade fand, aber so ist es nun mal. Keinesfalls wollte ich hier irgend jemanden kritisieren. Es gibt hier nichts zu kritisieren. Dein PM habe ich beantwortet.

Herzliche Grüße
Martin
Susanna
Hat sich gelöscht
#18 erstellt: 18. Jul 2005, 16:24

Verstehe ich nicht.
Ihr/Sein Beitrag ist hier auf reges und konstruktives Interesse gestoßen.

Hallo zusammen,

das meine ich doch auch! Meine Antwort finde ich jedenfalls konstruktiv.

@ Martin: Das mit den Entertainern ist eine gute Idee, und z. T. schon verwirklicht. Nicht schlecht wäre zuweilen auch, Dompteure als Seminarleiter zu verpflichten, die dann vielleicht wertvolle Tips an die zukünftigen Pädagogen weitergeben könnten!
Scherz beiseite: Ich finde selbstverständlich auch, daß Michèl nicht (nur) provozieren wollte. Im übrigen kann Provokation sehr positiv sein und im besten Fall Änderungen bewirken.

Aber jetzt sollten wir erstmal den von Mozart und Bruckner geplagten Jungs und Deerns nebst dazugehörigem Lehrkörper ihre wohlverdienten Ferien gönnen, meint

Susanna
Albus
Hat sich gelöscht
#19 erstellt: 19. Jul 2005, 10:41
Tag,

ich habe nicht alle Statements gelesen, dafür bitte ich um Verzeihung (da ich es doch hätte tun können). Aber, ...

1. Unterricht ist Einweisung in eine Tradition, ist nicht Gewinn von Klassikhörern und Klassikkäufern.
2. Richtig ist auch der vorläufige Eindruck, dass es in der Tradition, so der Klassikmusik, viel Langweiliges gibt. Der Geist schlägt ein wo er will (so ein Bemerken von Igor Strawinsky, dazu mit Blick auf Beethovens späte Streichquartette). Der Geist einer Epoche oder eines Weltalters findet sich nicht nur in einer symbolischen Form, sondern verteilt sich. Geniale Kriegsherren hatten auch ihren Anteil gehabt (war Geschichtsunterricht interessant?).
3. Passt einem ein Vorgesetztes nicht, dann, ja dann steht einem der Wille zum Interessanten frei. Uns hatte man als Beispiel für Rhythmus in der klassischen Musik etwas von Muzio Clementi vorgesetzt, bereden lassen, spielen lassen (das Allgemeine im Besonderen entdecken). Einige 'Desperados' hatten sich dann am Nachmittag Beethovens Siebente (mit der angeblichen Apotheose des Tanzes, Finalsatz) vorgenommen. Das war's! Rhythmus. Das Besondere.

Kurze Moral von dieser Epistel: Wer etwas (zum Beispiel Mozart, Kleine Nachtmusik, möglichst auch noch für Orchester statt Streichquartett?) als Unpassendes bemerkt, der greife (nicht zur HB, könnte tödlich sein) zum Besseren. Das Bessere ist der Feind des Guten (Volksweisheit).

Mensch, Michèl?!


MfG
Albus


[Beitrag von Albus am 19. Jul 2005, 11:00 bearbeitet]
Susanna
Hat sich gelöscht
#20 erstellt: 19. Jul 2005, 11:50
Hallo Albus,

Albus schrieb:

Uns hatte man als Beispiel für Rhythmus in der klassischen Musik etwas von Muzio Clementi vorgesetzt,

Clementi? Rhythmus? Der Schrecken meiner Klavierstunden!

Wer etwas (zum Beispiel Mozart, Kleine Nachtmusik, möglichst auch noch für Orchester statt Streichquartett?) als Unpassendes bemerkt,

....wobei Alfred Einstein findet: "Nichts hindert, Mozarts 'Kleine Nachtmusik' orchestral - mit Kontrabässen (!)- oder kammermusikalisch zu besetzen. Der Stil, die innere Haltung entscheidet die Zugehörigkeit solcher Werke zur Kammermusik oder Sinfonik, zum Divertimento oder zum Quartett". Mir persönlich gefällt das Werk mit doppelt besetztem Streichquartett am besten.
Ansonsten drückt Dein letzter Absatz in etwa dasgleiche aus wie meine letzte Bemerkung an Michèl.

Grüße,
Susanna
op111
Moderator
#21 erstellt: 19. Jul 2005, 14:03
Hallo zusammen,

Nite_City schrieb:
...spreche ich hier vom Musikunterricht in der Schule!
Warum wird den Schülern hier das Interesse an der Klassik schon von Vornherein genommen?
...
das waren nie packende Werke, das waren nie fesselnde Melodieläufe ... oder ähnliches, sondern was uns, sozusagen als "Quintessenz", der klassischen Musik aufgetischt wurde, bestand zu 95% aus Gedudel und Belanglosgklimper wie Mozarts "Nachtmusik".

Ich kenne Leute die Dvoraks 9. für belangloses Gedudel halten und Mozart für packend.

Mal abgesehen von Vorlieben, da liegt ein offensichtliches Mißverständnis dessen vor, was Unterricht leisten soll und kann. (Das lese ich auch aus Albus' Beitrag (1.) heraus.)


Nite_City schrieb:
Auch kann man das Werk doch nicht genießen, wenn man nur jeweils kurze Ausschnitte präsentiert bekommt


Das primäre Ziel des Unterrichts ist m.E. doch die Wissensvermittlung, nicht die Unterhaltung.

Manche Werke eignen sich besser zur Darstellung bestimmter elementare Techniken/Methoden als andere.
Außerdem bietet es sich an chronologisch vorzugehen und
vom einfachen zum Komplizierten.

Man behandelt im Mathematikunterricht auch nicht möglichst undurchschaubare komplexe ineinander verschachtelte Probleme sondern typische Beispiele.

Gruß
Franz


[Beitrag von op111 am 19. Jul 2005, 14:05 bearbeitet]
KV588
Ist häufiger hier
#22 erstellt: 19. Jul 2005, 14:12

(Mozartfans mögen mir bitte verzeihen, aber das meiste, was ich von Mozart kenne ist in meinen Ohren selbstverliebter, verschnörkelter Kitsch)


...warum sollten Mozart-Fans das verzeihen?




Das letzte, was wir behandelt haben, war übrigens die Krönungsmesse von Mozart und das auch noch mit einer Aufnahme von Karajan! - Schmalz pur!

Klischee pur. Und wenn schon: Purer Schmalz.


Hinterzipfelsburger Festspielorchester

Mann, du hast's echt nötig.

Geht's hier um Musikunterricht? Ich glaube, hier geht's um Selbstdarstellung.
Susanna
Hat sich gelöscht
#23 erstellt: 19. Jul 2005, 14:22



Geht's hier um Musikunterricht? Ich glaube, hier geht's um Selbstdarstellung.


Hallo KV588,

Così fan tutte! Non così fan tutte!

Viele Grüße,
Susanna
KV588
Ist häufiger hier
#24 erstellt: 19. Jul 2005, 14:27

Così fan tutte! Non così fan tutte!

..bringt mich etwas ins Grübeln...sind wir nicht alle Selbstdarsteller?

Viele Grüße
Martin
Albus
Hat sich gelöscht
#25 erstellt: 19. Jul 2005, 14:32
Tag erneut,

mit 17 hat man noch Träume, da wachsen noch alle Bäume in den Himmel der Liebe; mit 17 kann man noch hoffen, da ist der Himmel noch offen ... für das Fordern und Fördern. Schule.

Mit 17 kann man sich recken, da muss man nicht gleich grob anecken, an den Konventionen der Klassik.

Nite City, Michèl, bleib am Ball. Distinktion ist ein Moment der Entwicklung. Klassik lohnt!

MfG
Albus
lydian
Stammgast
#26 erstellt: 19. Jul 2005, 14:40
Hallo allerseits,

ich wundere mich, wie hier teilweise auf einen Beitrag einer etwa 17-jährigen reagiert wird. Ich gestehe, mich hat Michèls posting richtig gefreut. Wieviele gleichaltrige gibt es denn, die sich mit ernsthaftem Bemühen mit der Musik auseinandersetzen, die uns, die wir hier schreiben, so fasziniert? Und natürlich ist sie eine "Klassikerin"; braucht gar nicht erst eine werden. Wer Werke von Debussy und Honegger mag, sich mit Dvoraks Sinfonien und Mahlers "Lied der Erde" auseinander setzt, wer sich darüber aufregt, dass Jugendlichen von möglicherweise wohlwollenden Lehrern der Antrieb genommen wird, sich mit der sog. Klassik zu beschäftigen ist doch längst vom heilbringenden Virus (´tschuldigung) infiziert.

Ich kann mich von den vielen Musiklehrern, die ich ertragen musste oder erleben durfte, besonders an drei gut erinnern. Zwei haben mein schon vorhandenes Interesse weiter entfacht (damals war ich zwischen 11 und 13); später dann hat es einer fast geschafft, dass ich in der Klassengemeinschaft meine Leidenschaft für Dvorak, Mussorgsky, Händel, Schubert, Wagner etc. verleugnet hätte. Die Fähigkeit, ein gewisses Einzelgängertum erleiden zu können, wenn sich andere über die Bravo-Hits - oder was für Zeugs auch immer - austauschen ebenso wie die Bereitschaft, es ertragen zu können von anderen als weltfremd oder snobistisch angesehen zu werden, die gehört für Jugendliche, die sich mit klassischer Musik beschäftigen wollen, unweigerlich dazu.

Ich kann verstehen, dass Michèl sich echauffiert, dass die Kleine Nachtmusik (11.Klasse!!) durchgenommen wird und das TaTaTaTaaaaa seziert wird. Es gibt so vieles an faszinierender Musik, die nach meiner laienhaften Meinung für den Musikunterricht an allgemein bildenden Schulen besser geeignet wäre; mit der man Jugendliche eher dort mitnehmen könnte, wo sie sich in ihrer momentanen Entwicklung möglicherweise befinden. Ravel, Holst, Prokofiev, Schostakowitsch......Warum immer Bach, Mozart, Beethoven? Das kann ja später noch selbst entdeckt werden.

Gruß,
Steff
Hüb'
Moderator
#27 erstellt: 19. Jul 2005, 14:55
@Lydian:
Sehe ich ähnlich. Trotzdem sollten meiner Meinung nach Grundlagen gelegt werden.
Der ganze Kosmos "klassischer" Musik lässt sich sowieso nicht im schulischen Unterricht vermitteln. Da wäre es doch besser, wenn dort Musik durchgenommen wird, welche Lust auf mehr weckt. Nur welche ist das? Für den einen ist es DSCH, für den anderen vielleicht JSB.

Grüße,

Hüb'
KV588
Ist häufiger hier
#28 erstellt: 19. Jul 2005, 15:51

ich wundere mich, wie hier teilweise auf einen Beitrag einer etwa 17-jährigen reagiert wird. Ich gestehe, mich hat Michèls posting richtig gefreut. Wieviele gleichaltrige gibt es denn, die sich mit ernsthaftem Bemühen mit der Musik auseinandersetzen, die uns, die wir hier schreiben, so fasziniert?

Ist man mit 17 noch nicht so richtig ernstzunehmen, oder warum spielt das Alter hier so eine große Rolle?
Ich glaube, es gibt immer einige, die ihren eigenen Musikgeschmack haben (der ja nicht unbedingt was mit Klassik zu tun haben muss). Das Leiden am "Einzelgängertum" - je nun, man genießt es manchmal auch, oder?
Was mich an dieser wie an vielen anderen Diskussionen nervt: Immer ist das Spätere auch das Kompliziertere, Lohnendere, Wertvollere....wie in diesen Besprechungen Haydnscher oder Mozartscher Werke, die irgendwas "fast schon Beethovensch" finden...wenn man Schülern irgendwas beibringen sollte, dann m.E. das: Jede Musik ist ihre eigene Welt, die man, wenn man will, entdecken kann. Es gibt überall besonders großartige Dinge, aber nichts ist per se "wertvoller" als anderes.

Oder, um es mit dem großen Paddy McAloon von Prefab Sprout zu sagen: "Es kommt nicht auf die Härte des Drumbeats an, sondern auf die Härte des Gefühls."
Susanna
Hat sich gelöscht
#29 erstellt: 19. Jul 2005, 16:10

KV588 schrieb:

Così fan tutte! Non così fan tutte!

..bringt mich etwas ins Grübeln...sind wir nicht alle Selbstdarsteller?


Es sollte etwas euphemistisch sein!

Viele Grüße
Susanna

Zum Thema noch: Ich kenne Schüler, die froh wären, wenn überhaupt ein Leistungskurs Musik zustande käme. Bei uns bilden auch schon mal Schüler zweier Gymnasien einen Kurs, wobei man sich die Umstände auf dem Land vorstellen kann.


Steff schrieb: Ich wundere mich, wie hier teilweise auf einen Beitrag einer etwa 17-jährigen reagiert wird.

Ich finde, wir haben nicht unangemessen reagiert. Michèls Beitrag ist emotional, da dürfen's auch die Antworten sein. Außerdem zeigt es doch, daß 17-jährige ernst genommen werden. Ja, mich hat Michèls Beitrag auch gefreut, obwohl Mozart bei ihr/ihm nicht so gut wegkommt.
lydian
Stammgast
#30 erstellt: 19. Jul 2005, 16:21
Hallo KV588,

das Alter spielt insofern eine Rolle, weil der deutlich zu vernehmende Frust so verständlicher wird und man manche doch recht allgemeine Aussagen (zu Mozart oder Karajan) nicht auf die Goldwaage legen sollte. Präferenzen nicht nur musikalischer Art sind noch dabei sich zu entwickeln.
Auch ich teile Michèls Meinung insbesondere zu Mozart gar nicht, aber ich kann sie akzeptieren, ohne mich angegriffen zu fühlen.

Klar kann man das Einzelgängertum phasenweise genießen, aber nicht auf Dauer. Man will sich doch insbesondere mit etwa Gleichaltrigen austauschen.

Dass das spätere als das kompliziertere, lohnendere, wertvollere angesehen wird, hast du m. E. hineininterpretiert. Aber ich bin der festen Überzeugung, dass vielen jungen Menschen der Zugang zur "Klassik" besser über modernere Werke ermöglicht werden sollte. Da werden im Musikunterricht oft die gleichen Werke verwendet, die auf diesen ominösen Kaufhausklassik-CDs zu finden sind. Und was findet man auf diesen unsäglichen Kompilationen mit den angeblich schönsten Werken der Musikgeschichte? Lieblos heruntergehudelte Schnipsel in der Fünftverwertung. Das ändert nichts daran, dass ich mich trotzdem an den 4 JZ in einer ansprechenden Interpretation berauschen kann. Mein 8-jähriger Sohn liebt Mozart; die Kleine Nachtmusik und die Zauberflöte. Aber mein 16jähriger geht dann durch. Den kann ich aber mit Richard Strauss oder Prokofiev "einfangen".

Was ich aber noch mehr sagen wollte: Dass bei den Antworten nicht noch mehr Freunde darüber zum Ausdruck kommt, dass sich hier auch sehr junge Menschen lebhaft an der Diskussion beteiligen, das wunderte mich. Und ich finde es toll, dass Michèl sowohl Jazz, Rock und Klassik hört und sich jeweils ernsthaft (soweit ich das aus ihren Beiträgen beurteilen kann) für diese Musikrichtungen interessiert. Fast 200 Beiträge zu Themen aller Art drücken ein breit gefächertes Interesse aus.

Gewundert habe ich mich z. B. über folgende Aussagen:


Martin2 schrieb:
Wenn Du nicht die Bereitschaft hast, in Bezug auf Kultur Eigeninitiative zu entwickeln, geht dieser große und wichtige Bereich des Lebens, geht etwas, was Dich glücklich machen könnte und Deinem Leben Sinn verleihen kann ( "Ohne Musik wäre die Welt ein Irrtum", wie Nietzsche sagt), einfach an Dir vorbei.



prometeo schrieb:

Deinen Ausführungen entnehme ich, dass Du potentiell ein "Klassiker" sein könntest, Du argumentierst teilweise doch relativ differenziert, also lass Dich durch negative Erfahrungen nicht allgemein gegen Klassik aufbringen, da schliesst Du Dir ein Tor, durch das durchzugehen vielleicht eine der prägendsten Erfahrungen Deines Lebens werden könnte.


Ich sehe Michèl, was die Musik betrifft auf einem Weg, auf dem ich mir noch viel mehr Jugendliche wünsche.

@Susanna
Ich schrieb ausdrücklich "teilweise"

Gruß,
Steff


[Beitrag von lydian am 19. Jul 2005, 16:28 bearbeitet]
Susanna
Hat sich gelöscht
#31 erstellt: 19. Jul 2005, 16:28

lydian schrieb:
@Susanna
Ich schrieb ausdrücklich "teilweise" ;)


Na dann!

Gruß,
Susanna
rocket_romano
Ist häufiger hier
#32 erstellt: 19. Jul 2005, 17:02
Hallo,
bei uns war das Problem dass wir Musikunterricht im ersten und zweiten Jahr auf dem Gymnasium hatten (ich habe keine Ahnung wie diese Jahre in Deutschland bezeichnet werden, komme aus Luxemburg), jeweils eine Stunde pro Woche und im ersten Jahr wurden wir sogar gezwungen Blockflöte zu spielen !Ich denke dass dieses Alter nicht unbedingt dazu geeignet um einem klassische Musik näher zu bringen!Von diesem Unterricht ist nichts bei mir hängen geblieben und mein Interesse kam erst im letzten Jahr auf dem Gymnasium (vor ca. 18 Monaten) durch Eigeninitiative.Erst in diesem Jahr habe ich Jugendliche in meinem Alter kennengelernt die sich "ernsthaft" für klassische Musik interessieren (d.h. ich kenne jetzt ausser mir 2 Jugendliche und 2 Gelegenheitshörer )!

Dass Jugendliche nicht für alles offen sind kann ich nur bestätigen, besonders wenn es um "ernste" Musik geht, Literatur oder bildende Künste (was die bildenden Künste angeht bin ich auch völliger Ignorant ) !Da wird man gerne mal als pseudointellektuell beschimpft, wenn man dahingehende Interessen hat!
Jugendliche sind vor allem Älterem gegenüber unaufgeschlossen, wage ich aufgrund eigener Erfahrungen zu behaupten!
Hierzu eine kleine Anekdote, erlebt vor ca. 2 Wochen:
Während einem "Ausflug" nach Nancy (F) mit anderen Medizinstudenten der "Universität" Luxemburg um das dortige anatomische Institut zu besuchen, haben einige (darunter ich) nachmittags ein grosses CD-Geschäft aufgesucht und als ich mich im Klassik Bereich umsah (mit den 2 anderen )wurde ich als anormal bezeichnet:

"Hört ihr das wirklich!Das ist doch nicht normal!Ich kenne niemanden der sowas hört!")


Allerdings muss man dazu sagen dass dieser Mensch ein extremes Beispiel an Ignoranz und Dummheit ist und zum Glück in diesem Sinne "anormal" ist !
Kreisler_jun.
Inventar
#33 erstellt: 22. Jul 2005, 10:07


Warum wird den Schülern hier das Interesse an der Klassik schon von Vornherein genommen?

Ich habe jetzt (genau heute!) die 11. Klasse abgeschlossen und wenn ich mich zurückerinnere, haben wir (bis auf Honeggers "Pacific 231" und Débussys "La Mer", die ich beide sehr mag) keine einziges wirklich interessantes Stück behandelt.


Wie kommst Du darauf, dass "interessant" und "geeignet zur Erklärung bestimmter musikhistorisch wichtiger Dinge" mit dem übereinstimmen sollten, was Du magst?



Klassische Musik - das waren nie packende Werke, das waren nie fesselnde Melodieläufe (wie z.B. das meiner Meinung nach grandiose und majestätische Leitmotiv aus Dvoràks 9. Symphonie) oder ähnliches, sondern was uns, sozusagen als "Quintessenz", der klassischen Musik aufgetischt wurde, bestand zu 95% aus Gedudel und Belanglosgklimper wie Mozarts "Nachtmusik". (Mozartfans mögen mir bitte verzeihen, aber das meiste, was ich von Mozart kenne ist in meinen Ohren selbstverliebter, verschnörkelter Kitsch)


Dann fang zur Abwechslung mal an, ein paar Stücke konzentriert zu hören, z.B. die "Prager Sinfonie" oder Klavierkonzert wie KV 453 oder 491. Etwas mehr Offenheit kann nicht schaden!



Warum werden nur diejenigen Werke besprochen, die wahrscheinlich irgendeine verknöcherte, erzkonservative "Werkfindungskommision" als "wertvoll" bezeichnet hat? Warum wird die moderne Klassik des 20. Jh. so sträflich vernachlassigt? (Man könnte jetzt das o.g. "Pacific 231" als Gegenbeispiel einwerfen, doch dies kam bei uns als Beispiel für PROGRAMMMUSIK!)


es ist doch auch Programmmusik, oder?
Worüber beschwerst Du Dich eigentlich, wenn ihr offenbar La Mer, den Honnegger und auch Stockhausen durchgenommen habt? Ist doch alles 20. Jhd. Meinst Du, deine techno-hörenden Kameraden wären bei Bergs Violinkonert, Bartoks Quartetten oder anderer großartiger Werke des 20. Jhds. in Begeisterungsstürme ausgebrochen?
Es gibt gute Gründe, im Musikunterricht teils auch historisch vorzugehen, u.a. weil natürlich spätere Werke oft eine Vertrautheit mit der Tradition voraussetzen.



Auch kann man das Werk doch nicht genießen, wenn man nur jeweils kurze Ausschnitte präsentiert bekommt (als wir Beethovens Symphonien besprochen haben, bekamen wir lediglich den Anfangschor der 9. und die ersten 5(!) Minuten der 5. zu Gehör). Und selbst da kann man die Musik nicht auf emotionaler Ebene wahrnehmen, da man währenddessen auf hunderte von Einzelheiten achten soll! Auch ist es in meinen Augen idiotisch ein Werk vier Stunden lang zu besprechen und sinnbildlich Note für Note auseinanderzunehmen und zu analysieren, wenn man es erst am Ende hören kann!


Musikunterricht soll natürlich niemandem klassische Musik verderben. Es kann aber nicht nur darum gehen, Schülern, die keinerlei Interesse haben, etwas mit Gewalt schmackhaft zu machen. Ein Mathelehrer kann auch nicht den Stoff danach wählen, ob er den Schülern gefällt (NB in der 11. Klasse ist man absolut freiwillig!). Was man IIRC in der 11. Klasse u.a. lernen sollte, sind einfache Beispiele für musikalische Formen und deren Aufbau. Da ist es nunmal ziemlich vernünftig zur Erläuterung der Sonatenform entsprechende Stücke von Mozart oder Haydn zu diskutieren, weil dort diese Strukturen besonders klar erkennbar sind, ebenso Phrasen- und Periodenbau, harmonische und motivische Kontraste usw. (auch in der Kl. Nachtmusik!)
Kann gut sein, dass euer Musiklehrer das ungeschickt angestellt hat, aber er kann sich doch nicht nach Deinem persönlichen Geschmack richten. Konnten Deine Kameraden mit La Mer mehr anfangen als mit Mozart?
(das ging mir seinerzeit z.B anders, ich kannte schon ziemlich viel Musik von Bach bis Brahms, aber Debussy schien mir ein chaotischer völlig unverständlicher Klangbrei!)

viele Grüße

JK jr.
AcomA
Stammgast
#34 erstellt: 22. Jul 2005, 11:56
hallo Kreisler jun.,

deine stellungnahmen sind durchaus berechtigt und zielstrebig. ich bin mal gespannt, ob sich nun Michèl nochmals meldet und antwortet

gruß, siamak
Hüb'
Moderator
#35 erstellt: 22. Jul 2005, 12:03
Also kann man als eines der Grundprobleme des Musikunterrichts vielleicht die Frage nach dem Auftrag festhalten. Wissensvermittlung vs. Vermittlung von Interesse? Da sollte und müsste sich doch eine Brücke schlagen lassen, wenn der Pädagoge was von seinem Fach versteht!

Grüße,

Hüb'
Susanna
Hat sich gelöscht
#36 erstellt: 22. Jul 2005, 13:44

Hüb' schrieb:
Also kann man als eines der Grundprobleme des Musikunterrichts vielleicht die Frage nach dem Auftrag festhalten.

Hallo Frank und wen's sonst noch interessiert,

hier könnt Ihr mal einen Blick in den Entwurf einer Unterrichtsstunde Musik für die Sekundarstufe II werfen, der einige Fragen beantwortet:

Unterrichtsentwurf

Gruß,
Susanna
Hüb'
Moderator
#37 erstellt: 22. Jul 2005, 17:04
Hallo Susanna!

Ich glaube nicht das die minutiös geplanten Unterrichtseinheiten von Lehramtsreferendaren exemplarisch für den typischen Musikunterricht an unseren Schulen sind. Wäre auch kaum zu leisten, wenn jede Unterrichtsstunde auf diese Art und Weise vorbereitet werden sollte. Auch wenn es vielleicht wünschenswert wäre.

Bezweifle aber, dass diese Art des Unterrichts für klassische Musik begeistern kann.

Viele Grüße,

Frank


[Beitrag von Hüb' am 22. Jul 2005, 17:05 bearbeitet]
Martin2
Inventar
#38 erstellt: 22. Jul 2005, 17:05
Liebe Susanna,

ich habe mir diesen "Unterrichtsentwurf" mal angesehen. Besonders absurd fand ich folgende Passage:


Die Schüler lernen an Hand des Unterrichtsthemas "Zeitempfinden und Zeiterfahrung"; a) Ordnungsprinzipien und musikalische Strukturen höranalytisch und mit Hilfe der Notation zu erfassen, b) Musik differenziert wahrzunehmen und c) ihre dabei erworbenen ästhetischen Erfahrungen vor der Klasse zu verbalisieren. Des weiteren können die Schüler durch das schlüssige Argumentieren der Arbeits- bzw. Gruppenergebnisse mit Hilfe von Medien ihre Methodenkompetenz vertiefen und erweitern.


Das ist ja großartig, was diese Schüler in einer Unterrichtsstunde und mithilfe des Anhörens von ein paar Sekunden klassischer Musik so alles erlernen. Dieser ganze Unterrichtsentwurf ist furchtbar hochtrabend und geht an der Sachlage völlig vorbei. Wenn das ein typisches Beispiel für heutigen Musikunterricht sein sollte, kann ich nur sagen: Na dann gut Nacht.

Mit solchen hochtrabenden "Unterrichtsentwüfen" werden doch einfach nur Potjemkinsche Dörfer gebaut. Daß die Schüler nach Genuß eines solchen Unterrichts tatsächlich in der Lage sind, all diese wunderbaren Fertigkeiten zu beherrschen, die ihnen in obigem Zitat angedichtet werden, glaubt doch kein Mensch, der seine sieben Sinne noch beisammen hat.

Warum kann es nicht einen etwas bescheideneren, aber dafür realistischeren Unterricht geben? In der Tat wäre ein Unterricht, der einer Mehrheit der Schüler auch nur eine Ahnung von der Größe klassischer Musik vermittelte, heute schon nobelpreisverdächtig. Dagegen gehört dieses ganze hochtrabende Geseiere dieses "Unterrichtsentwurfs" einfach nur in den Müll. Oder ist Realismus in der Pädagogik etwa keine Tugend?

Gruß Martin
prometeo
Stammgast
#39 erstellt: 22. Jul 2005, 18:21

Martin2 schrieb:


Das ist ja großartig, was diese Schüler in einer Unterrichtsstunde und mithilfe des Anhörens von ein paar Sekunden klassischer Musik so alles erlernen. Dieser ganze Unterrichtsentwurf ist furchtbar hochtrabend und geht an der Sachlage völlig vorbei. Wenn das ein typisches Beispiel für heutigen Musikunterricht sein sollte, kann ich nur sagen: Na dann gut Nacht.

Mit solchen hochtrabenden "Unterrichtsentwüfen" werden doch einfach nur Potjemkinsche Dörfer gebaut. Daß die Schüler nach Genuß eines solchen Unterrichts tatsächlich in der Lage sind, all diese wunderbaren Fertigkeiten zu beherrschen, die ihnen in obigem Zitat angedichtet werden, glaubt doch kein Mensch, der seine sieben Sinne noch beisammen hat.

Warum kann es nicht einen etwas bescheideneren, aber dafür realistischeren Unterricht geben?


Hallo

Ich habe auch die Lehrergrundausbildung gemacht, und hab also einige solche oder ähnliche Stundenpräparationen gemacht, und weiss daher auch worum es sich hier handelt:

Eine solche Präparation dauert viele Stunden, die wird dann eingereicht und die Unterrichtsstunde selber wird später von einem "Oberausbilder" verfolgt. Das ist eine Prüfung für den Studenten - keine adäquate oder realistische Stundenpräparation. Eine solche dauert höchstens eine Viertelstunde.

Fazit: Viel Lärm um nichts. Aber wenn's die Ausbilder so wollen, dann machen wir das halt ... Daher IMHO auch nicht repräsentativ.

@ susanna

Der Begriff "Entwurf" kann nur ironisch gemeint sein ...

Matthias


[Beitrag von prometeo am 22. Jul 2005, 18:28 bearbeitet]
AcomA
Stammgast
#40 erstellt: 22. Jul 2005, 18:54
hallo liebe musikfreunde,

ich möchte jetzt doch mal skizzieren, wie unser musiklehrer der mittelstufe, der gleichzeitig auch unser deutsch-und klassenlehrer war, vorgegangen ist. zweifelsohne waren etwa 70 % der kameraden primär völlig desinteressiert. er lehrte die grundzüge der harmonielehre und nahm als beispiel udo jürgens 'siebzehn jahr, blondes haar'. plötzlich war geistige bewegung im raum, aufmerksamkeit war nun bei allen vorhanden.

nun gabe es einige, die privat klavierunterricht hatten, und in den wenigen minuten, bis der unterricht in dem wirklich herrlich großen musiksaal mit einem schönen kawai-flügel begann, versuchten sich diejenigen am flügel. der lehrer, der ausgebildeter konzertpianist war, hörte zu, und nahm sich dann sogar 5-10 minuten zeit, dem schüler einige anregungen zu geben. dann kam es z.b. vor, dass er selbst eine brahms-rhapsodie oder ein rachmaninov-prelude beeindruckend präsentierte.

einmal ging es um klassische musik in der werbung. ich weiß nicht mehr genau, um was geworben wurde (kaffee ?), jedenfalls wurde das thema des berühmten mittelsatzes aus mozarts klavierkonzert nr. 21 c-dur benutzt. der lehrer setzte sich an den flügel und fing an den klavierpart zu spielen und outete sich als fan von geza anda. um es uns zu beweisen, legte er dann die anda-platte auf.

in einem halbjahr wurde der jazz musikhistorisch und analytisch besprochen. es stellte sich heraus, dass unser lehrer hierüber promovierte. die vielen plattenbeispiele und sein eigenes souveränes pianospiel hielt alle bei der stange. als das thema erledigt war, wollten alle schüler weitermachen !

und so gab es viele andere beispiele. es sprach sicher für die pädagogischen eigenschaften, dass dieser lehrer dann als unter vierzigjähriger zum direktor eines neugegründeten gymnasiums in einem nachbarort berufen wurde. es liegt also tatsächlich in den händen des pädagogen, ob der unterricht ein erfolg wird !

gruß, siamak
Susanna
Hat sich gelöscht
#41 erstellt: 22. Jul 2005, 19:55
Hallo zusammen,

schön, dass Ihr den kleinen Einblick in unser Schulwesen so anregend findet!

@ Frank. Nein, das ist ganz bestimmt nicht exemplarisch für normalen Unterricht! Das ist eine sog. Lehrprobe für Lehramtsanwärter (Referendare), für die man eine Note bekommt. Das Thema selbst steht innerhalb des Rahmenlehrplans. Prometeo hat das alles völlig korrekt beschrieben. Es ist die übliche Darstellung für Lehrproben und der Aufbau nach Schema F, nach heutigen methodisch/didaktischen Erkenntnissen. Minutenangaben werden von Amts wegen gefordert (wehe, es bleiben keine fünf Minuten für die Hausaufgabenstellung übrig - Punktabzug!).

@ Martin: s. Antwort an Frank! Ja, solche Lehrproben sind oft Schaumschlägerei, das weiß jeder in diesem Metier, aber sie werden verlangt und alles muß akribisch dokumentiert sein. Vieles ist Wunschdenken, und wenn die Prüfungssituation vorüber ist, wird wieder ganz normaler, realistischer Unterricht gemacht. Ganz unaufgeregt.

@ Siamak: Diese oder ähnliche Art des Unterrichts gibt es auch heute noch durchaus.

@ Prometeo:

Fazit: Viel Lärm um nichts. Aber wenn's die Ausbilder so wollen, dann machen wir das halt ... Daher IMHO auch nicht repräsentativ.

@ susanna

Der Begriff "Entwurf" kann nur ironisch gemeint sein ...

Die Welt (Schulrat, Kultusministerium usw.) will betrogen werden!

Viele Grüße,
Susanna
Aristipp
Stammgast
#42 erstellt: 23. Jul 2005, 05:22
@Susanna: Nun habe ich aber doch den Eindruck, dass du dich ein wenig vorschnell in den Staub wirfst. Selbstverständlich sind Lehrproben kein Beispiel für "normalen" Unterricht (meine Frau ist Lehrerin, ich hab viele solche Entwürfe mit verfolgt und Korrektur gelesen ). Dennoch ist sowas nicht unnützes Zeug, denn grundlegende Fertigkeiten wie Analysefähigkeit, Zeiteinteilung, Fachwissen und didaktisches Wissen des Lehrenden können/müssen ja auch mal gezeigt werden. Eine solche Stunde vorzubereiten, dauert eine elend lange Zeit, aber nach nun fast 3 Jahren als normale Studienrätin haben sich viele Arbeitsschritte so automatisiert, dass einiges (natürlich nicht alles!) aus diesen Entwürfen mit in die Stunden einfließt.
Mag sein, dass im von dir gegebenen Beispiel ein wenig zu vollmundig vom Lernfortschritt der SchülerInnen gesprochen wird, aber der Grundgedanke ist ja doch nachvollziehbar: Neben Werkkenntnis sollen eben auch musiktheoretisches Wissen und Verbindungsstellen in der Musikgeschichte gezeigt werden.
Zum Thema des Threads selber kann ich eigentlich nur beitragen, dass es ja auch immer ein Wechselspiel von Lehrer und Schüler gibt, das sich gegenseitig bedingt: Musikunterricht macht auch dem Lehrer erst mit richtig interessierten Schülern Spaß und das ist meist erst im Musik-LK der Fall. Natürlich soll der Lehrende versuchen Interesse zu wecken, aber Schule ist in Deutschland (leider immer noch) eine Halbtagsbeschäftigung für Schüler, wobei der interessantere Teil des Tages nachmittags beginnt. Dagegen anzuunterrichten ist unheimlich schwer, nicht nur im Fach Musik, das oft ja auch nicht ganz für voll genommen wird (wie anders war das noch bei den alten Griechen ). Ich denke, auch den Anspruch, Musikunterricht müsse immer spannend sein, muss man häufig fahren lassen. Oft geht es um Grundlagenwissen, ja, und vieles in der Theorie (Harmonielehre, Akustik!) hat mehr mit Mathematik zu tun als man gemeinhin so denkt. Das muss auch gemacht werden, ebenso wie andere Stilrichtungen (Pop, Jazz, HipHop, möglichst auch noch ethnologisch interessante Musik). Da gefällt nicht jedem alles, aber manchem einiges.
Hoffentlich können wir Michèl noch zu einer Reaktion verleiten...
Matthias
Hüb'
Moderator
#43 erstellt: 23. Jul 2005, 07:24
@Siamak:

Ich glaube Du hattest das gewaltige Glück auf einen sehr charismatischen Lehrer zu treffen, der für sein Fach aufgrund seiner großen Liebe zur Musik begeistern konnte.
Hüb'
Moderator
#44 erstellt: 23. Jul 2005, 07:28
PS: Man sieht ja auch ein bißchen an Deinen musikalischen Vorlieben (Klavier, Klavier und gelegentlich auch Klavier :)), dass Dich Dein Lehrer wohl etwas geprägt hat (ist jetzt keinesfalls negativ gemeint!).

Grüße,

Frank
Kreisler_jun.
Inventar
#45 erstellt: 23. Jul 2005, 08:45

Hüb' schrieb:
Also kann man als eines der Grundprobleme des Musikunterrichts vielleicht die Frage nach dem Auftrag festhalten. Wissensvermittlung vs. Vermittlung von Interesse? Da sollte und müsste sich doch eine Brücke schlagen lassen, wenn der Pädagoge was von seinem Fach versteht!


Klar!
Ist ja dassselbe Problem wie im Deutsch- oder Lateinunterricht. Keiner würde hier auf den absurden Gedanken kommen, zentrales Ziel des Unterrichts müsse sein, dass niemandem die Klassiker verdorben werden! Natürlich soll auch hier Interesse an Literatur geweckt werden, aber die Schüler sollen auch lernen Texte zu übersetzen bzw. Aufsätze zu verfassen. Und Musikunterricht findet ja oft vor der Oberstufe nur unregelmäßig, mit sehr wenigen Stunden, insgesamt meist unsystematisch statt, hat also viel schlechtere Voraussetzungen, alle diese Dinge (dazu käme noch eigenes Singen und Musizieren der Schüler) unter einen Hut zu bringen.
Solange sich der Stellenwert nicht ändert, wird es bei Kompromissen bleiben müssen

JK jr.
Susanna
Hat sich gelöscht
#46 erstellt: 23. Jul 2005, 11:18

@Susanna: Nun habe ich aber doch den Eindruck, dass du dich ein wenig vorschnell in den Staub wirfst.
Hallo Matthias,

nein, gewiß nicht! Eigentlich hast Du all das gesagt, was dazu zu sagen ist, trotzdem nochmal: Lehrproben in dieser Art sind wichtig und notwendig, auch wenn eine „normale“ tägliche Unterrichtsvorbereitung ganz anders aussieht. Das meiste dafür geschieht nämlich im Kopf und nach einiger Zeit (Jahre) wird es zur Routine und braucht nur noch skizzenhaft notiert zu werden.
Notwendig sind diese ausführlichen Entwürfe aus genau den Gründen, die Du angeführt hast, und deshalb setzt ihre Beherrschung einige Studienjahre voraus.

Deine Stellungnahme verdeutlicht den Sinn einer Lehrproben-Darstellung. Diese spezielle Lehrprobe war in der praktischen Ausführung bestimmt nicht die schlechteste und dementsprechend ihre Bewertung.

dass es ja auch immer ein Wechselspiel von Lehrer und Schüler gibt, das sich gegenseitig bedingt: Musikunterricht macht auch dem Lehrer erst mit richtig interessierten Schülern Spaß...

Diesen Satz, den ich oben schon mal ähnlich formuliert habe, möchte ich unterstreichen, weil er die Quintessenz allen pädagogischen Bemühens ist.

@ Kreisler_jun.: Du hast völlig recht!

Viele Grüße,
Susanna


[Beitrag von Susanna am 23. Jul 2005, 11:50 bearbeitet]
AcomA
Stammgast
#47 erstellt: 23. Jul 2005, 11:32
hallo Frank,

du hast recht, der lehrer hatte charisma. das besondere an ihm war, das seine fachliche autorität und sachlich-analytische art (auch im deutschunterricht) so gut wie alle erreichte. die ersten drei jahre ging ich in hannover auf ein gymnasium. der unterricht dort, retrospektiv beurteilt, basierte noch auf sehr traditionelle methoden. gerade im deutsch-unterricht wurde sehr rückständig vermittelt. viel auswendiglernerei. das lag sicher auch an dem recht hohen durchschnittsalter der lehrer.

als ich dann zur 9. klasse auf die schule in neuss kam, hatte ich ein problem. mit den kurzgeschichten von tucholski konnte ich gar nichts anfangen. die erste arbeit, ein desaster ! dieser lehrer hatte es geschafft, meine eltern von der emotionalen ebene runterzukolen und reagierte zwar gelassen aber richtig. er vermittelte einen abiturienten, der mir ein halbes jahr nachhilfe gab, so dass ich tatsächlich rasch aufschließen konnte. damals merkte ich am eigenen leibe (geiste ), wie wichtig die lehrmethoden und pädagogen sind. der einfluss auf die entwicklung eines reifen geistes und damit auf das ganze weitere leben ist gewaltig. für mich war das, was ich in der schule erlebte viel aufschlussreicher als das, was ich zuhause vermittelt bekam.

ja, die liebe zum pianoforte wurde im prinzip durch diesen lehrer geweckt, obwohl ich ja schon seit dem siebten lebensjahr klavierunterricht hatte.

gruß, siamak
Nite_City
Stammgast
#48 erstellt: 07. Aug 2005, 10:35
Hallo,

ich war die vergangenen drei Wochen im Urlaub, deshalb konnte ich leider nicht mitposten. (Ich konnte ja nicht wissen, dass mein Posting bei den "klassischen Hassobjekten" solch große Reaktionen hervorruft, freue mich aber darüber!)
Es tut mir leid, dass ihr dadurch so einen negativen Eindruck von mir bekommen habt. Hätte ich gewusst, dass sich das zu einem eigenen Thema entwickelt, hätte ich es erst nach dem Urlaub gepostet.

So, nun zu den angesprochenen Dingen:

Mein Name ist die meinem Geschlecht entsprechende männliche Form. Es stimmt, dass der Accent normalersweise nicht draufgehört, aber ich setze ihn meist, weil mich sonst die meisten als "Michl" ansprechen würden. Ich versuche damit zu kennzeichnen, dass es sich um die frz. Form handelt. (Wenn ich in Frankreich bin, lasse ich ihn natürlich weg!)

Ich höre sehr gern klassische Musik, auch wenn dies dann meist symphonische Sachen sind. In die Kammermusik habe ich beispielsweise leider noch nicht den rechten Einstieg gefunden.

Ein Musik-Leistungskurs, das wäre toll! Wir sind schon froh, dass nicht so viele Leute in der 12. Musik abgewählt haben. Ansonsten wäre nämlich u.U. überhaupt kein 12er Kurs zustande gekommen!

KV588 stimme ich in gewissen Punkten zu, ich habe beim neuerlichen Durchlesen des Beitrages auch festgestellt, dass ich mich in einigen Dingen zu unangemessener Polemik hinreißen lassen habe. Dies tut mir leid. Aber den Mozart-Punkt nehme ich nicht zurück, da ich hier kein allgemeingültiges Postulat abgegeben habe, sondern meine eigene Meinung zum Ausdruck gebracht habe und die ist nach wie vor so. Ich freue mich für die Mozartfans, dass ihnen diese Musik Freude bereitet, ich für meinen Teil kann mit ihr nichts anfangen, sondern empfinde sie in der o.g. Weise.
Trotzdem bin ich natürlich immer offen für Vorschläge und wenn ich ein Werk von ihn fände, welches mir gefällt, hätte auch kein Problem damit dies offen zu sagen. (Ich werde mir beispielsweise die Vorschläge von Kreisler_jun. zu Herzen nehmen und sie mir kommende Woche mal ausleihen.) Ich halte nichts von Pauschalisierungen. Ebenso denke ich über HvK! Ich sage ja nicht, dass er ein schlechter Dirigent gewesen wäre oder dass ich ihn von Vornherein ablehne, aber seine Interpretation der Krönungsmesse ist in meinen Ohren überladen!
Mit dem Orchester wollte ich zum Ausdruck bringen, dass hier oftmals auch noch eine schlechte Interpretation den Genuss des Werkes verhindert. (Gut, die "Metaphorik" hätte man weglassen können.)

Ich habe in keinster Weise ein Problem mit der Art, wie hier geantwortet wird. Im Gegenteil, ich freue mich darüber, dass die Diskussion hier so offen geführt wird, ohne dass sich der Betreffende gleich beleidigt fühlt!

Stockhausen haben wir nicht behandelt. Dies kommt hier falsch rüber, da das Anfangsposting eigentlich mein Beitrag in der Diskussion um "klassische Hassobjekte" war und dann von Franz-J. in ein neues Thema umgewandelt wurde. Damals hatte ich geschrieben:

"Ich empfinde eine Abneigung gegen solche Werke, bei denen man das Gefühl hat, der Komponist wollte krampfhaft etwas neues, anderes Komponieren, ohne Rücksicht auf die Qualität. Diesen Eindruck hatte ich z.B. bei Stockhausen leider des öfteren. Sein "Zyklus für einen Schlagzeuger" ist z.B. in meinen Ohren ein solches Werk, auch wenn dies eher weniger in die Kategorie Klassik passt."

(Hier ist der Link zum Original: http://www.hifi-foru...414&postID=last#last)

Ich würde nicht sagen, dass es im Musikunterricht ausschließlich darum gehen sollte, theoretisches Wissen zu vermitteln. Sicher ist dies ein wichtiger Punkt, aber auf der anderen Seite finde ich, dass es auch wichtig ist, den Schülern zu helfen, ihren Horizont zu erweitern, da die meisten sonst wahrscheinlich nie auf die Idee kämen, über ihren "Tellerrand" hinauszuschauen. Dass dies funktioniert, kann ich bestätigen, auch wenn es in dem Fall nicht um Klassik, sondern um Jazz geht:
Bei uns in Chemnitz finden regelmäßig (d.h. jeden 3. Freitag im Monat) vom Jazzclub Chemnitz und dem Lokal "DON" veranstaltete kostenlose (!) Jazzkonzerte statt (so ziemlich alles, was Modern-Jazz bietet). Viele bei uns wissen, dass ich Jazzfan bin und keines dieser Konzerte versäume. Eines Tages kam ich mit einer Freundin ins Gespräch und dabei stellte sich heraus, dass sie ausschließlich Mainstream-Pop und -HipHop hörte. Zum Jazz meinte sie, dies wäre uninteressant und langweilig und bla bla. Da dieses Gespräch zufälligerweise an einem solchen Freitag stattfand, lud ich sie ein Abends mitzukommen. Nun das Ergebnis war, dass sie ganz erstaunt war, wie "cool" Jazz sein könne und ich sie ein paar Tage später mit einer Horace Silver-CD "erwischte".

Dies zeigt doch, dass viele Leute gern neues kennenlernen würden, jedoch
a) keinen Zugang finden
b) sich nicht dazu durchringen können, selbst aktiv zu werden und neues zu probieren
c) nicht wissen, was es alles gibt und nicht zuletzt
d) Angst haben, sich vor ihren Freunden zu "kompromittieren" (ich schreib' das jetzt mal in Anführungszeichen, denn der bloßgestellte ist ja eher der andere!)

Somit ist es in meinen Augen notwendig, dass der Unterricht nicht nur Wissen, sondern auch Interesse vermittelt.
(Ich bin mir z.B. nicht sicher, ob heute Kafka und Trakl zu mienen Lieblingsschriftstellern gehören würden, wenn wir nicht einen solch hervorragenden Deutschlehrer gehabt hätten.)

Viele Grüße,
Michèl


[Beitrag von Nite_City am 07. Aug 2005, 10:45 bearbeitet]
Martin2
Inventar
#49 erstellt: 08. Aug 2005, 11:16
Hallo Michèl,

ich glaube niemand hat hier einen schlechten Eindruck von Dir bekommen. Schade, daß Du im Urlaub warst, so ist die Diskussion irgendwie schon ein bißchen vorbei und ist vermutlich auch nicht wieder zu entfachen. Ich hoffe, der Urlaub war schön.

Tut mir leid, daß ich Dich zu einem Mädchen gemacht habe.

Gruß Martin
Nite_City
Stammgast
#50 erstellt: 08. Aug 2005, 12:14
Hallo Martin,

ist kein Problem!

Der Urlaub war schön, v.a. das Wetter. Ist lustig, wenn man dann im Fernsehen sieht, wie besch... es hier war!

Grüße,
Michèl
MusikGurke
Hat sich gelöscht
#51 erstellt: 09. Aug 2005, 13:49
11 klasse musik... habe ich auch noch gewisse erinnerungen dran...

wir hatten mal ein lied in musik... ich glaube die melodie war von einem typ mit namen schubert? schumann? und dazu wurde ein gedicht mit namen "erlenkönig" gesungen. einfach nur grauenhaft. so eine mischung aus gröhnemeier, oper und deutscher kultur.

es war mir einfach nicht beizubringen, was das mit musik zu tun haben sollte.
es ist möglich, dass ich irgendwann mitten in einer stunde unaufgefordert einfach den raum verlassen habe. von dem zeug habe ich kopfschmerzen bekommen.
das wir dieses prunkstück "deutscher kultur" 20 mal hintereinander höhren musste, hats mir auch nicht einfacher gemacht.

mitlerweile habe ich selber mehrere klassik cds und lps, die ich öfters auflege. ich bin froh, dass der unterricht mir diese musikrichtung nicht völlig verdorben hat.

möglicherweise ist es ein anfang, einfach mal auf die wünsche der klasse einzugehen? ein referat "was ich an klassik höhre" zu verteilen, und gucken was rauskommt?

es gibt ja auch etwas neuere musikrichtungen, die als einstieg in klassik benutzt werden können. die nightwish sängerin singt auch opern, schiller ist ne mischung aus techno und klassik, ... damit hätte man zumindest bei den gothics und technofritten ein bißchen neugier wecken können.

zur not würde es auch ein film wie "der pianist" tun.

das problem hatten wir aber nicht nur in musik. auch geschichte war eins der fächer, wo jeder funken von interesse selbstständig ein geschichtsbuch zu lesen im keim erstickt wurde... zum glück war ich stärker als unser lehrer.

ist aber lustig, dass auch andere das problem kennen.


[Beitrag von MusikGurke am 09. Aug 2005, 13:51 bearbeitet]
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