Der Scheineffekt beim Lossless/WAV/MP3 verdeckter Blindtest

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70erDisco
Gesperrt
#1 erstellt: 04. Feb 2016, 20:41
hi,

vor ein paar wochen hatte ich meinen bekannten mal musik aus den ende der 70erDisco zeiten auf cd mitgegeben, und zwar im wav format zum direkten abspielen im cd player, und hatte nachher gefragt, ob sie denn mit der qualität einverstanden waren, schließlich handele es sich zwar um cd aufnahmen, aber eben schon um ältere, welche nicht digital aufgenommen wurden. diese qualität wurde sehr stark gelobt und festgestellt, dass das originalformat (ergänzend: oder ein verlustfreies), immer noch das beste sei und dass mp3 in keiner weise daran käme.

ich gebe es hiermit auch zu, es war zwar etwas unfair, es ist niemand dadurch irgendwie zu schaden gekommen, aber ich hatte von cd zuerst 128 kbps cbr mp3 erstellt und darauf diese mp3s mit format factory in 16 bit 44 khz wav zurückkonvertiert und dann auf cd gebrannt. als ich schließlich meinen "irrtum" offenlegte und darauf verwies, dass es nur (höchstens) 128er mp3 qualität sei, herrschte beredtes schweigen und nachdenklichkeit.

dieser natürlich nicht repräsentative verdeckte test soll einfach mal zeigen, wie stark in diesem bereich die autosuggestion und der scheineffekt sind. eigentlich hätte man bei der gebotenen 128er mp3 qualität wenigstens ein kleines bisschen an unterschied hören können? immerhin waren diese titel den bekannten vertraut gewesen. und es gab bestimmt noch zumindest kleine umwandlungsverluste von 128er mp3 ins wav format (wenn auch das wav viel mehr auflöst als das besagte mp3) einfach nur wegen der erneuten abtastung und quantisierung, geschweige denn wegen der zuerst entstandenen 128er mp3 qualität.

dies besagt: die beste musik ist diejenige, die einem gefällt. und mit scheineffekt und autosuggestion kann man die dinge sogar "rund" machen.


[Beitrag von 70erDisco am 04. Feb 2016, 20:57 bearbeitet]
NDakota79
Stammgast
#2 erstellt: 04. Feb 2016, 21:21
War es vielleicht ein anderes (älteres) Mastering gegenüber den sonst gehörten MP3s? ältere Musik wird ja gerne remastered und die Qualität erheblich verschlechtert.
silberfux
Inventar
#3 erstellt: 04. Feb 2016, 22:01
Hi, dann konvertiere doch alles auf 128 und gut ist´s Auch wenn Du Recht haben solltest, halte ich es im Hinblick auf die sehr geringen Speicherpreise für Unsinn, gerade da zu sparen. BG Konrad
Paesc
Inventar
#4 erstellt: 04. Feb 2016, 23:05
Ist schon die Frage, ob Deine Bekannten mit genau diesem (Re-)Mastering vertraut sind. Ansonsten: bei weitem nicht jeder kann Unterschiede gut wahrnehmen. Hängt davon ab, ob jemand sich überhaupt für gute Klangqualität interessiert, was für eine Anlage er hat, ob er ein gutes Gehör hat usw.

Ein fairer Vergleich ist lediglich ein Direktvergleich. Wenn der Vergleich sogar noch repräsentativ sein soll, dann mit Foobar einen ABX-Test durchführen: man weiss während dem Abspielen nicht, was läuft; die Auswertung kommt erst am Ende des Tests. Oder jemand anderen die Quellen umschalten lassen.

Klar, selbst 128er-MP3 schlagen die meisten MC-Aufnahmen von früher. Doch jeder muss selber wissen, ob er sich MP3 antun oder ob er sich gute Master anhören will... Gute Master sind in aller Regel auf CD, SACD und vor allem HiRes erhältlich: gekaufte Musik ist teils nicht vom gleichen Master auf MP3 erhältlich, oder für MP3 werden alte/schlechte Codecs für Downloads verwendet. Zu Hause wirst Du wahrscheinlich aktuelle LAME-Codecs (ab Version 3.99) verwenden.


[Beitrag von Paesc am 04. Feb 2016, 23:17 bearbeitet]
shaboo
Stammgast
#5 erstellt: 05. Feb 2016, 00:06
Also ich finde das eigentlich ein sehr schönes "Experiment" und eines, das auch durchaus zum Nachdenken anregt. Natürlich ist das jetzt kein streng wissenschaftlicher Blindtest oder womöglich auch nicht wahnsinnig repräsentativ, aber das war ja auch gar nicht der Anspruch, der damit verfolgt wurde, sondern mehr ein anekdotischer Aha-da-schau-einer-an-Effekt, und ich glaube, der ist Dir ziemlich gut gelungen.

Ich selber habe zum Reinhören auch schon MP3s mit niedriger Bitrate von Freunden bekommen (meist 128 oder 160 kBit) - und hatte auch damit häufig Spaß und Freude an der Musik. Das heißt ja nicht, dass das alles auf CD oder als HiRes-Download nicht noch mal - mitunter vielleicht sogar deutlich - besser klingen kann, aber es heißt eben schon, dass man sich auch ohne deren hohe Bitraten durchaus an Musik erfreuen kann. Und für die 90% der Bevölkerung, die grundsätzlich eh nur über Auto, Handy oder Boombox Musik hören, gilt das sowieso.

Allerdings sind die lossy Codecs im Laufe der Zeit aber auch einfach verdammt gut geworden, das muss man schon sagen. Sich mit 160 kBit nahe an der Grenze zur Transparenz zu bewegen, daran war in den Anfangstagen von MP3 nicht mal im Traum zu denken.
shaboo
Stammgast
#6 erstellt: 05. Feb 2016, 00:19

Paesc (Beitrag #4) schrieb:

Klar, selbst 128er-MP3 schlagen die meisten MC-Aufnahmen von früher. Doch jeder muss selber wissen, ob er sich MP3 antun oder ob er sich gute Master anhören will... Gute Master sind in aller Regel auf CD, SACD und vor allem HiRes erhältlich: gekaufte Musik ist teils nicht vom gleichen Master auf MP3 erhältlich, oder für MP3 werden alte/schlechte Codecs für Downloads verwendet.

Dazu sollte man aber auch sagen, dass es mittlerweile von etlichen Bands "Mastered for iTunes"-Backkataloge gibt, die erstens tatsächlich exklusiv für iTunes neu gemastert wurden (und daher nur als lossy AAC zur Verfügung stehen) und die zweitens wirklich RICHTIG gut klingen. Sollte man gar nicht meinen, aber so absolut gar nicht in erster Linie auf die Bedürfnisse von Handy- und Kopfhörer-Hörern zugeschnitten.

Mittlerweile hat MFI im Steve Hoffman-Forum seinen eigenen Thread, in dem laufend die Neuerscheinungen unter die Lupe genommen werden. Da gibt es genug Klangfetischisten und Audiophilie-Nazis, die normalerweise bei allem unterhalb SACD/DVD-A nur die Nase rümpfen, die aber trotzdem Stein und Bein schwören, dass der Led Zeppelin-Katalog (und nicht nur der) tatsächlich noch nie so gut klang wie derzeit bei iTunes.

Aber wem sage ich das; Du weißt ja selber wie wichtig das Mastering ist, und wenn das stimmt, kann man sich das auch sehr gut lossy geben, zumal iTunes' AAC mit seinen 256 kBit VBR sowieso deutlich über der Transparenzschwelle liegt.


[Beitrag von shaboo am 05. Feb 2016, 00:21 bearbeitet]
Mickey_Mouse
Inventar
#7 erstellt: 05. Feb 2016, 00:30
es sollte klar sein, dass alle "halbwegs ordentlichen" Codecs heutzutage so nah "am Original" sind, dass man ohne einen direkten Vergleich keinen Unterschied hören kann. Dazu reicht das menschliche "akustische Gedächtnis" auch gar nicht aus.

Ich habe hier schon Leuten Musik vorgespielt (nachdem wir über ProLogic und andere Upmixer gesprochen hatten) und es kamen Aussagen wie: na klar klingt das alles so räumlich, bei den vielen Lautsprechern".
Die Leute wollten nicht glauben, dass der Ton wirklich nur aus den beiden Front-LS gekommen ist, sie waren felsenfest davon überzeugt auch Töne aus den hinteren LS gehört zu haben.

Oder etwas "erfahrenere" Besucher, die meinen Front-LS einen "deutlich besseren, kräftigeren und druckvolleren" Bass unterstellt haben als beim letzten Test, weil die ja jetzt durch die fette 2KW Endstufe angetrieben werden. Was sie nicht wussten: die Endstufe war eingeschaltet, aber die LS wurden von einem 2x60W Verstärker angesteuert.

Leute glauben was sie sehen!

Und es hängt eben auch immer von der Musik ab!
Man kann 70er Jahre Disco Mucke vermutliche auf Mono abmischen und niemand hört den Unterschied zum Original. Wenn man ein (gut aufgenommenes) Orchesterstück nimmt, bei dem die 1. Violine links und die Celli rechts parallel spielen, dann kann man die MP3 "Kopie" i.d.R. recht einfach von dem Original unterscheiden.
Es ist halt noch immer die Frage wie man das überhaupt abhört. Wenn jemand einen Sennheiser HD558 als das Maß aller Dinge ansieht, dann sind natürlich auch alle weiteren Diskussionen sinnlos...
70erDisco
Gesperrt
#8 erstellt: 05. Feb 2016, 02:30
die konvertierung erfolgte mit i tunes, wie alt der codec davon ist kann ich nicht sagen. die i tunes version ist ein paar wochen alt. die cd ist von 1993.
Paesc
Inventar
#9 erstellt: 05. Feb 2016, 07:22

shaboo (Beitrag #6) schrieb:
Dazu sollte man aber auch sagen, dass es mittlerweile von etlichen Bands "Mastered for iTunes"-Backkataloge gibt, die erstens tatsächlich exklusiv für iTunes neu gemastert wurden (und daher nur als lossy AAC zur Verfügung stehen) und die zweitens wirklich RICHTIG gut klingen. Sollte man gar nicht meinen, aber so absolut gar nicht in erster Linie auf die Bedürfnisse von Handy- und Kopfhörer-Hörern zugeschnitten.


Interessant... Der Test von 70erDisco zeigt schon schön auf, dass man ohne Vergleich oftmals das hört und sieht, was man erwartet. Der Direktvergleich klärt dann auf.

Mir geht es allerdings noch immer nicht in den Kopf, dass wir bei Film schon Full HD als gerade noch akzeptabel und 4K als wünschenswert ansehen, aber bei Musik einen Schritt zurück machen... Dabei haben wir bei Musik mit FLAC und ALAC zwei superbe Lossless-Codecs. Eine durchschnittliche CD benötigt ca. 300 bis 350 MB... Mehr als 500 MB hatte ich noch nie. Ich habe schon FLAC-Tracks ab CD gehabt, die bloss 170 kbps benötigten.


[Beitrag von Paesc am 05. Feb 2016, 07:57 bearbeitet]
Slatibartfass
Inventar
#10 erstellt: 05. Feb 2016, 11:59

Paesc (Beitrag #9) schrieb:

Mir geht es allerdings noch immer nicht in den Kopf, dass wir bei Film schon Full HD als gerade noch akzeptabel und 4K als wünschenswert ansehen, aber bei Musik einen Schritt zurück machen...

Das mag daran liegen, dass die Grenzen des menschlichen Gehörs bereits bei der Konzeption der CD die Grundlage gebildet hat, bei der Filmdarstellung am TV waren es eher die technischen Grenzen, die die Videostandards geprägt haben.
Es ist eher die aufwändigere Verarbeitung von Filmdaten, die in den letzten Jahren zum Stand der akustischen Signalverarbeitung nachgezogen hat, wobei man 4K ggf. mit HiRes im Audiobereich vergleichen kann, dessen Vorteile dort auch nur noch unter spezifischen Voraussetzungen wahrzunehmen ist.

Den Schritt zurück bei der Musik, wobei Du wahrscheinlich die Kompression meinst, sehe ich bei Film durch die immer weitere Verbreitung von Streaming auch, wo mit deutlich geringeren Datenraten gerarbeitet wird als z.B. bei der BluRay. Die geringen Bandbreiten des Internets waren ja auch bei der Musik der Anlass, für den Einsatz von Kompressionstechniken.

Slati
Paesc
Inventar
#11 erstellt: 05. Feb 2016, 12:27
Mir geht es um die Kompression, ja. FLAC und ALAC haben dank ihrer Kompression und guten Streamingfähigkeit MP3 & Co. total überflüssig gemacht. Und Speicher als auch Datenübertragungsraten sind bei Musik mit komprimierten Lossless-Codecs ja heute absolut kein Thema mehr.

Bei Film stimme ich Dir zu, dass erst mit 4K die Grenze des vom Mensch wahrnehmbaren erreicht wurde. Full HD dürfte noch lange der Standard bleiben, da bei Video mit viel grösserem Speicherbedarf und Übertragungsraten gearbeitet wird; wobei ich weniger als Full HD nur noch als Notlösung akzeptiere: Blu-rays sind günstig, der Nachfolger (4K UHD Blu-ray) ist bereits in den Startlöchern, in Japan hatte es im November 2015 seinen offiziellen Weltrelease.

Das ist auch der Trend: die Leute wollen kaum mehr weniger als 720p bei Video, aber bei Musik wird arg gespart, die Musikindustrie setzt zweifelhafte Codecs und Bitraten für Downloads ein (Xing-Codec, alte LAME-Versionen (teils bis zu 15-jährigem LAME 3.91), Bitraten werden meist nicht genannt, fehlerhafter Header usw.).

Lossy-Codecs sind sehr schwammig, auch für Streaming: man weiss nie oder höchstens im Nachhinein nach genauen Recherchen (MP3Tag, Audio Shell usw.), was man eigentlich bekommt.


[Beitrag von Paesc am 05. Feb 2016, 12:40 bearbeitet]
Slatibartfass
Inventar
#12 erstellt: 05. Feb 2016, 13:32

Paesc (Beitrag #11) schrieb:
Mir geht es um die Kompression, ja. FLAC und ALAC haben dank ihrer Kompression und guten Streamingfähigkeit MP3 & Co. total überflüssig gemacht.

Das mag von der technischen Seite her stimmen, die Praxis sieht allerdings leider anders aus.
Lossless Streaming ist auch bei Audio aktuell eher die Ausnahme und i.d.R. teurer als bei Portalen mit verlusbehafteter Komprimierung, wie z.B. Ogg Vorbis bei Spotify.

Slati
Paesc
Inventar
#13 erstellt: 05. Feb 2016, 13:42

Slatibartfass (Beitrag #12) schrieb:

Das mag von der technischen Seite her stimmen, die Praxis sieht allerdings leider anders aus.


Da hast Du leider Recht... Mit etwas Aufklärungs- und Sensibilisierungsarbeit ändert sich dies hoffentlich.

PS: bei den Angaben oben zu den schrecklichen MP3-Downloads beziehe ich mich auf lediglich 45 Songs, die ich von offiziellen Anbietern gekauft habe. Alle Plattformen bekommen die Songs von der Plattenindustrie. Es gibt folglich noch viel mehr Schreckszenarien für Downloads, Streaming ist noch undurchsichtiger...


[Beitrag von Paesc am 05. Feb 2016, 14:43 bearbeitet]
catare
Stammgast
#14 erstellt: 06. Feb 2016, 08:20

die Leute wollen kaum mehr weniger als 720p bei Video, aber bei Musik wird arg gespart

Das liegt zum Teil auch daran, welche Prioritäten im Marketing gesetzt werden. Bildqualität (gemessen in Zollwerten & grob abgestuften Auflösungsformen) ist das einzige Maß mit der die Filmindustrie den Kunden wirklich hinterm Ofen vorlocken kann, weil der Unterschied von 720p auf 1080p auch von den meisten Laien ausgemacht werden kann (sofern man nah genug am Gerät sitzt). Zudem bekommt man gute & günstige TV's mit allem nötigen schon um die 500€. Für ein gutes Stereosystem stellt das, mehr oder minder, schon die investitionelle Untergrenze dar. Von 5.1 brauchen wir entsprechend nicht anfangen. Die finanzielle Hemmschwelle liegt einfach deutlich höher, da der Zugewinn im Gegensatz zu einem ähnlich teuren TV-Gerät eher schmal ausfällt.

Zum anderen sind selbst die gängigen Lossy-Formate bereits derart ausgereift, dass selbst Unterschiede im Direktvergleich mit zB. Kopfhörern jenseits der 1000€-Grenze, auch mit geübtem Gehör, sehr schwer auszumachen sind.
Paesc
Inventar
#15 erstellt: 06. Feb 2016, 09:00
Bei Bild ist der Unterschied schon prinzipbedingt schneller erkennbar als bei Musik, ja. Allerdings wissen die wenigsten Leute, wie viel Schrott an Lossy-Codecs kursiert (siehe Beispiele oben).

Selbst mit einem mittelklassigen Kopfhörer (ab ca. 40 Euro) können Unterschiede zu schlechten Lossy-Files und Störgeräusche (Komprimierungsfehler) gut wahrgenommen werden. Richtig Schlechtes sogar mit noch günstigeren Hörern, da reden wir aber nicht mehr von HiFi.
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