Größenabbildung von Mono-Huhn-Aufnahmen

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Mr.Stereo
Inventar
#1 erstellt: 27. Apr 2005, 21:06
Nachdem der "Beurteilung von..."-Thread verdampft wurde, möchte ich diese Frage ganz allgemein und ernst gemeint in den Raum stellen.
Ist es möglich, eine Mono-Huhn-Aufnahme in realistischer Größe abzubilden, bzw. wann ist diese realistisch und wie kann dies z.B. ein Tontechniker beeinflussen?
LaVeguero
Inventar
#2 erstellt: 27. Apr 2005, 21:33
Entschuldige, aber was um Gottes Willen ist eine Mono-Huhn-Aufnahme?
Stöhnie
Ist häufiger hier
#3 erstellt: 27. Apr 2005, 21:36
Auf jeden irgendwas "Voodoorisierendes"
Ungaro
Inventar
#4 erstellt: 27. Apr 2005, 21:38
Hallo!


LaVeguero schrieb:
Entschuldige, aber was um Gottes Willen ist eine Mono-Huhn-Aufnahme? :L


Würde mich auch interessieren!

MFG
Ungaro
Mr.Stereo
Inventar
#5 erstellt: 27. Apr 2005, 21:38
Schau mal in den genannten Thread.
Meine die Frage wirklich Ernst, würde mich interessieren, mit welchen Maßstäben ich die Abbildung von den MH bewerten kann.
Heinrich
Inventar
#6 erstellt: 27. Apr 2005, 21:46
Hallo,


Ist es möglich, eine Mono-Huhn-Aufnahme in realistischer Größe abzubilden, bzw. wann ist diese realistisch und wie kann dies z.B. ein Tontechniker beeinflussen?


Nein - Monohuhn bleibt Monohuhn... Und nachdem ich nun bereits dreimal hintereinder versucht habe, ausführlich zu posten (was mein Computer verhindert hat) gibt's erst morgen mehr zu diesem Thema...

Gruss aus Wien,

Heinrich
Tantris
Hat sich gelöscht
#7 erstellt: 27. Apr 2005, 22:10
Hallo Mr. Stereo,

Zunächst eines vorweg: eine "realistische Größe" bei Schallquellenabbildungen gibt es nicht. Es ist ein völliger Irrtum zu glauben, ein großes Instrument würde auch "groß" abgebildet oder ein Sänger würde "in Lebensgröße ausgedehnt" wahrgenommen. Das gibt es live nicht und in Stereo nicht. Beim Fehlen dominanter Indirektschallanteile klingen fast alle Schallquellen erstaunlich klein, scharf und minimal ausgedehnt (wer es nicht glaubt, bitte mal ein tendenziell "trockenes" Opernhaus besuchen wie die Hamburgische oder die DOB). Das Gefühl von "Ausdehnung" und "Umhüllung" bezieht sich im wesentlich darauf, daß indirekte Schallanteile die direkte akustische Umgebung der Schallquelle hörbar machen sowie indirekte ihre Directivity.

Das Phänomen "Mono-Huhn" hat mehrere Aspekte. Die von den Anhängern akustischer Bühnenaufnahmen vorgebrachte Künstlichkeit der Mono-Huhn-Aufnahmen bezieht sich ebenfalls auf mehrere Phänomene, in der Hauptsache jedoch darauf, daß dem Mono-Huhn diskrete Reflexionen im Aufnahmeraum fehlen, somit der Hörer keinen Eindruck bekommt von den Abstrahleigenschaften des Instrumentes und den geometrischen/akustischen Eigenschaften des Aufnahmeraumes.



Ist es möglich, eine Mono-Huhn-Aufnahme in realistischer Größe abzubilden, bzw. wann ist diese realistisch und wie kann dies z.B. ein Tontechniker beeinflussen?


realistisch - völlig unmöglich, denn die Informationen über Directivity und Schallreflexionen im Aufnahmeraum wurden durch die Nahmikrofonierung unwiderbringlich verworfen. Die tatsächliche Ausdehnung einer Schallquelle läßt sich gestalten, etwa indem diese per Laufzeit- und Intensitäts-PAN doppelt, leicht versetzt auf der Stereobasis abgebildet wird. Das macht es aber in keinster Weise realistischer.

Was noch viel weniger geht, ist, mittels der Wiedergabeanlage ans dem Mono-Huhn wieder eine realistisch wahrgenommene Schallquelle zu zauber, das scheitert gleich an mehreren Problemen, etwa der Tatsache, daß sich der Ort der Phantomschallquellenwahrnehmung und der Ort der Realschallquellenwahrnehmung unterscheiden lassen.

Gruß, T.
Heinrich
Inventar
#8 erstellt: 27. Apr 2005, 22:12
Hallo,


Ist es möglich, eine Mono-Huhn-Aufnahme in realistischer Größe abzubilden, bzw. wann ist diese realistisch und wie kann dies z.B. ein Tontechiker beeinflussen?


Doch noch ausführlicher, da das Thema sehr spannend ist:

Wenn man einmal ein Instrument so nah mikrophoniert hat, dass der Aufnahmeraum möglichst ausgeblendet wird, kann man diesen "Monohuhn"-Effekt auch nicht mehr rückgängig machen (da stimme ich vollkommen mit A.H. überein). Man kann zwar versuchen, diesen Effekt zu mildern, indem man zwei Mikrophone vor dieses Instrument stellt (nicht mit einer Stereomikrophonie zu verwechseln), und die Signale beider Mikrophone dann unterschiedlich "pannt", also im Panorama unterschiedlich platziert. Allerdings wird der damit erreichte klangliche Effekt unterschiedlich beurteilt, zudem muss man aufpassen, sich keine zusätzlichen Probleme wie Phasenauslöschungen/Kammfiltereffekte der beiden Signale einzuhandeln.

Es gibt von der Firma Studer zwar den Versuch diese Effekte zu mildern, das sogenannte Virtuel Surround Panning, kurz VSP, das eigentlich entwickelt wurde, um die Nachteile herkömmlicher Panoramaregler zu verhindern. Mehr dazu gibt es auf der Homepage von Studer bei ihrem Pult D950 unter dem Punkten VSP nachzulesen:

www.studer.ch/index....x%3fproduct_id%3d3


Allerdings hat mich dieses Pult in Summe klanglich nie begeistern können, so interessant der Ansatz des VSP auch ist.


Warum mache ich dann eigentlich trotz der Nachteile der "Monohühner" derartige Aufnahmen?

Ganz einfach: Ich habe das Gefühl, dass ich mit diesen künstlich verhallten, equalisierten und komprimierten Monohühnern klanglich gezielter den musikalischen Inhalt transportieren kann als mit einer "konventionellen" Hauptmikrophonierung (mit oder ohne Stützmikrophone). Letztlich hat jede Mikrophonierung auch Nachteile, und jeder Tonmensch wird versuchen, die Mikrophonierung zu finden, die für ihn einen bestmöglichen Kompromiss für die jeweilige Produktion darstellt. Ich persönlich beginne inzwischen sogar, kleinere Ensembles in der Klassik ausschließlich nah zu mikrophonieren, was bei den beteiligten Musikern ausgezeichnet ankommt (darunter sogar MEG-Besitzern...).

Natürlich habe ich genügend "klassisch mikrophonierte" Aufnahmen gemacht, diese können mich aber eben immer weniger überzeugen, mit dem was ich gerne auf einer Aufnahme hören will...

Gruss aus Wien,

Heinrich
AH.
Inventar
#9 erstellt: 27. Apr 2005, 22:22
Hallo,

"Ist es möglich, eine Mono-Huhn-Aufnahme in realistischer Größe abzubilden"

Was ist realistische Größe? Bei einer Originaldarbietung hängt die empfundene Schallquellenausdehung von verschiedenen Faktoren, u.a. der Raumakustik ab. So klingt z.B. ein Instrument in einer Kirchenakustik viel "größer", als in einem trockenen Konzertsaal.
Bei einer Originaldarbietung mal die Augen zumachen und genau hinhören.

"bzw. wann ist diese realistisch und wie kann dies z.B. ein Tontechniker beeinflussen?"

Für den empfundenen Realismus einer Schallquelle in einem Raum ist vor allem ihre Richtcharakteristik und das aus dieser Richtcharakteristik und der Raumakustik folgende Muster an diskreten Reflexionen und das Diffusfeld relevant.
Da man bei einer Nahaufnahme dieses Kriterium entfernt (es wird fast nur Direktschall aufgenommen), wird sie immer ungewohnt, verfärbt und punktförmig klingen. Das muß kein Nachteil sein, wenn ein solches Klangbild z.B. künstlerisch beabsichtigt ist.

@ Heinrich: Wo ist denn aus Deiner Sicht das Problem bei klassisch mikrophonierten Aufnahmen? Meine Erfahrung geht dahin, daß eine hinreichende Durchhörbarkeit damit problemlos erreicht werden kann. Für bestimmte aufnahmetechnische Problemstellungen wird man um eine Nahaufnahme nicht umhinkommen, aber aus meiner Sicht ist es allenfalls ein Notbehelf.
Die schwerwiegenden Nachteile der Nahmikrophonierung werden meiner Ansicht nach oft nicht gehört, weil die Hörbedingungen mangelhaft sind.
Ich habe mit verschiedenen Laienhörern hierzu Versuche angestellt, bei welchen die Nahaufnahmen nie positiv gegenüber den konventionellen abschnitten. Wenn man die Versuche mit typisch aufgestellten hifi-Boxen im Wohnraum wiederholt, verändert sich die Bewertung allerdings oft zugunsten der Nahaufnahme. Und so versinken wir in einer Spirale der Qualitätsdegeneration.
Glücklich die Hörer, die das mit Freude ertragen können. Ich kanns leider nicht.
Nur ein Beispiel: Die Aufnahme des "Dumky"-Trios mit dem Trio Fontenay (ca. 1990) finde ich wunderbar. Ein homogenes, nicht lästiges, gut durchhörbares Klangbild mit gutem Entfernungseindruck.
Zehn Jahre später die Schubert-Trios, selbes Ensemble und Tonmeister: Leichter Druck auf den Ohren (Phasigkeit, lästig), Geige und Cello sehr nah und zu 100% auf der Basis ausgelenkt, Klavier weit weg und diffus. Dazu reichlich künstlicher Nachhall, der unpassend und eben künstlich wirkt.
Unter typischen Wohnraumbedingungen klingt die spätere Aufnahme klar besser, auch in meinen Ohren. Da weiß jemand, was er tut, aber der Preis dafür scheint mir sehr hoch.

In diesem Zusammehang geht mir Deine Aussage nach, daß bei einer Lautsprechersimulation über Kopfhörer (Studer) der "perfekte" Hörraum (ich weiß leider nicht, wie er definiert war) negativ bewertet wurde, während dies bei der Nachbildung von realen (mängelbehafteten) Hörräumen nicht der Fall gewesen sei.
Wenn der simulierte Raum wirklich sehr gut war (alle relevanten Parameter in der Nähe oder unter der Hörschwelle) und die Wiedergabe nicht gefallen hat, dann sagt das Nichtgefallen in Wahrheit etwas über die Qualität der Tonaufnahmen aus. Hier sollten beim Tonmenschen die Alarmglocken schrillen, anstatt die Position zu vertreten, der "perfekte" Hörraum klänge nicht gut.......

Gruß

Andreas


[Beitrag von AH. am 27. Apr 2005, 23:35 bearbeitet]
LaVeguero
Inventar
#10 erstellt: 27. Apr 2005, 23:28
Da Ihr ja anscheinend alle bestens informiert seid, wäre es trotzdem weiterhin nett, wenn mal jemand kurz dieses Phänomen umreißen könnte! DANKE!
AH.
Inventar
#11 erstellt: 27. Apr 2005, 23:49
Hallo,

(1) Man kann eine Aufnahme mit einem Stereo-Hauptmikrophon machen. Dabei gibt es verschiedene Verfahren, welche Laufzeit- und / oder Pegeldifferenzen zur Auslenkung von Phantomschallquellen auf der Stereobasis benutzen.
Hierfür wird ein Klangkörper in einen Raum mit für das Genre möglichst geeigneter Akustik gestellt und das Stereo-Mikrophon so positioniert, daß Direktschall und Diffusschall im gewünschten Maß auf der Aufnahme vorhanden sind.
Um die Klangbalance zu beeinflussen, können Stützmikrophone eingesetzt werden, die dem Signal des Hauptmikrophons zugemischt werden.

(2) Andersherum kann man auch eine Aufnahme machen, indem nahe vor jedem Instrument ein Mikrophon positioniert wird. Dieses nimmt ganz überwiegend den Direktschall auf, den das Instrument in diese Richtung abgibt. Die entstandenen Mono-Schallquellen werden dann vermittels Pegel- oder Laufzeitdifferenzen auf der Stereobasis verteilt, ggf. entzerrt und künstlich verhallt.
Dabei entstehen die "Mono-Huhn-Aufnahmen", weil die punktförmigen mono-Phantomschallquellen wie die Hühner auf der Stange in der Stereobasis sitzen.

(1) ist beim Genre Klassik verbreitet, (2) bei Jazz und populärer Musik.

Gruß

Andreas


[Beitrag von AH. am 27. Apr 2005, 23:52 bearbeitet]
Mr.Stereo
Inventar
#12 erstellt: 27. Apr 2005, 23:52
[quote="Tantris"] Beim Fehlen dominanter Indirektschallanteile klingen fast alle Schallquellen erstaunlich klein, scharf und minimal ausgedehnt
[quote]
Hallo Tantris,
was heisst "minimal ausgedehnt"?
LaVeguero
Inventar
#13 erstellt: 28. Apr 2005, 00:01

AH. schrieb:

(2) Andersherum kann man auch eine Aufnahme machen, indem nahe vor jedem Instrument ein Mikrophon positioniert wird. Dieses nimmt ganz überwiegend den Direktschall auf, den das Instrument in diese Richtung abgibt. Die entstandenen Mono-Schallquellen werden dann vermittels Pegel- oder Laufzeitdifferenzen auf der Stereobasis verteilt, ggf. entzerrt und künstlich verhallt.
Dabei entstehen die "Mono-Huhn-Aufnahmen", weil die punktförmigen mono-Phantomschallquellen wie die Hühner auf der Stange in der Stereobasis sitzen


Vielen Dank! Wie ich sehe, wurde ich schon mehrmals im Studio mit meiner Gitarre nebst Amp über diese Technik digitalisert. Gegackert habe ich dabei hingegen nie...
Towny
Inventar
#14 erstellt: 28. Apr 2005, 05:48
alles sehr interessant... ich bleibe aber lieber beim Broiler (Stereo)
Amerigo
Inventar
#15 erstellt: 28. Apr 2005, 07:19

Dabei entstehen die "Mono-Huhn-Aufnahmen", weil die punktförmigen mono-Phantomschallquellen wie die Hühner auf der Stange in der Stereobasis sitzen.


Ach sooooooo, danke für die Erklärung. Jetzt ist mir der Begriff endlich mal klar geworden.
Tantris
Hat sich gelöscht
#16 erstellt: 28. Apr 2005, 07:38
Hallo Mr. Stereo,



was heisst "minimal ausgedehnt"?


Klein, scharf, genau umrissen, quasi ein "Mono-Huhn im Freifeld" - keineswegs aber mit den Mono-Hühnern auf Stereoaufnahmen zu vergleichen, da es sich bei einem Sänger im Freifeld vom Hörer aus betrachtet um eine Realschallquelle handelt, bei einem Mono-Huhn auf einer Stereoaufnahme jedoch um eine Phantomschallquelle. Erstere wird im Freifeld trotzdem als "realistisch" wahrgenommen, zweitere nicht.

zu AH und Heinrich:

Ich kann Heinrichs Meinung ein bißchen nachvollziehen, zumindest was die Aufnahme von größeren Schlagzeugen betrifft. Ich habe selbst schon Versuche gemacht, solche Instrumente mit Hauptmikrofon aufnehmen, und das Ergebnis war immer unbefriedigend, mir ist auch keine Jazz- oder Rock-Aufnahme bekannt, wo dies in meinen Augen wirklich gelungen wäre. Die Klangästhetik dieser Instrumente, geht zumindest mir so, ich komme eher vom Rock als vom Jazz, sind nunmal von stark bearbeiteten Nahaufnahmen konditioniert worden.

Gruß, T.
Heinrich
Inventar
#17 erstellt: 28. Apr 2005, 07:44
Hallo A.H.,


Wo ist denn aus Deiner Sicht das Problem bei klassisch mikrophonierten Aufnahmen? Meine Erfahrung geht dahin, daß eine hinreichende Durchhörbarkeit damit problemlos erreicht werden kann. Für bestimmte aufnahmetechnische Problemstellungen wird man um eine Nahaufnahme nicht umhinkommen, aber aus meiner Sicht ist es allenfalls ein Notbehelf.


Es geht aber gar nicht um die Durchhörbarkeit, sondern dass MICH der Klang des Naturraumes STÖRT beim Transport des musikalischen Inhalts. Was hat denn der Aufnahmeraum beim Jazz mit der MUSIK zu tun? Ausser dass die Aufnahme dort - mehr oder weniger zufällig - stattgefunden hat? Mit einem gut eingestellten Kunsthall kann ich jedoch die Musik GEZIELT atmosphärisch unterstützen - zumindest höre ICH (und eben auch viele Konsumenten) es so. Und Phasigkeit wird es bei reiner Nahmikrophonierung und guter Kanaltrennung auch nicht geben, dies ist eher ein Problem einer Aufnahme mit Hauptmikrophon und zu laut aufgedrehten Stützmikrophonen.


Die schwerwiegenden Nachteile der Nahmikrophonierung werden meiner Ansicht nach oft nicht gehört, weil die Hörbedingungen mangelhaft sind.


Dies bestreite ich - ich habe meine Aufnahmen unter sehr guten Bedingungen gehört: Auch dort gefallen sie mir besser als die Beispiele von Jazzaufnahmen, die mit einem Hauptmikrophon aufgenommen worden sind. Deiner Ansicht nach hat die Nahmikrophonierung schwere Mängel, meiner Ansicht nach viele Vorteile. "Recht haben" kann's hier nicht geben, denn wir haben beide offensichtlich eine viel zu unterschiedliche Hörewartung...


Gruss aus Wien,

Heinrich
AH.
Inventar
#18 erstellt: 28. Apr 2005, 09:11
Hallo Heinrich,


Es geht aber gar nicht um die Durchhörbarkeit, sondern dass MICH der Klang des Naturraumes STÖRT beim Transport des musikalischen Inhalts.


Stört er Dich folgerichtig auch bei einer Originaldarbietung?
Mich übrigens durchaus ein wenig, daher sitze ich meist weit vorne.... Aber man stellt ein Stereo-Hauptmikrophon zumeist nicht nicht weit weg vom Klangkörper.


Was hat denn der Aufnahmeraum beim Jazz mit der MUSIK zu tun? Ausser dass die Aufnahme dort - mehr oder weniger zufällig - stattgefunden hat?


Der Aufnahmeraum verleiht den Instrumenten ihren charakteristischen Klang (Richtcharakteristik). Eine Freiluftdarbietung wird i.d.R. andere Instrumente oder eine darauf angepaßte Musik erfordern. Bruckner ließt z.B. in der e-moll Messe die Streicher weg, was auch mit dem vorgesehenen Aufführungsort zusammenhängt.


Mit einem gut eingestellten Kunsthall kann ich jedoch die Musik GEZIELT atmosphärisch unterstützen - zumindest höre ICH (und eben auch viele Konsumenten) es so.


Das ist sicher Geschmacksfrage. Ich finde Kunsthall meist einfach nur künstlich


Und Phasigkeit wird es bei reiner Nahmikrophonierung und guter Kanaltrennung auch nicht geben, dies ist eher ein Problem einer Aufnahme mit Hauptmikrophon und zu laut aufgedrehten Stützmikrophonen.


Nahaufnahmen klingen nicht phasig, sondern monoartig. Ich habe auch nicht gemeint, daß es sich bei dem Beispiel um eine Nahmikrophonierung handele. Aber es ist aus meiner Sicht ein Beispiel für die Anpassung des Klangbildes an minderwertige Hörbedingungen.


Deiner Ansicht nach hat die Nahmikrophonierung schwere Mängel, meiner Ansicht nach viele Vorteile. "Recht haben" kann's hier nicht geben, denn wir haben beide offensichtlich eine viel zu unterschiedliche Hörewartung...


Dem schließe ich mich vorbehaltlos an.

Ich habe grundsätzlich nichts gegen die Nahmikrophonierung an sich und finde Mischungen aus synthetischen Anteilen und nahmikrophonierten Anteilen oft gut gelungen. Aber ohne irgeneinen Kleister, der das Klangbild zusammehält (z.B. Synthesizer), komme ich mit Nahaufnahmen nicht zurecht. Ein über die Stereobasis verteiltes Schlagzeug oder Kunsthall empfinde ich dagegen als unzureichend, um das Klangbild zusammenzukleistern.

Gruß

Andreas


[Beitrag von AH. am 28. Apr 2005, 09:14 bearbeitet]
napengam
Stammgast
#19 erstellt: 28. Apr 2005, 09:19

Mr.Stereo schrieb:
Nachdem der "Beurteilung von..."-Thread verdampft wurde, möchte ich diese Frage ganz allgemein und ernst gemeint in den Raum stellen.
Ist es möglich, eine Mono-Huhn-Aufnahme in realistischer Größe abzubilden, bzw. wann ist diese realistisch und wie kann dies z.B. ein Tontechniker beeinflussen?


Verdampft ?
Wieso verdampft ?
Hab ich was verpasst ?
Wo ist der Thread denn jetzt ?

Hörzone
Hat sich gelöscht
#20 erstellt: 28. Apr 2005, 09:29

Heinrich schrieb:
Hallo,


Ist es möglich, eine Mono-Huhn-Aufnahme in realistischer Größe abzubilden, bzw. wann ist diese realistisch und wie kann dies z.B. ein Tontechniker beeinflussen?


Nein - Monohuhn bleibt Monohuhn... Und nachdem ich nun bereits dreimal hintereinder versucht habe, ausführlich zu posten (was mein Computer verhindert hat) gibt's erst morgen mehr zu diesem Thema...

Gruss aus Wien,

Heinrich



Heinrich Heinrich.. ein Toni ohne Mac??
kalia
Inventar
#21 erstellt: 28. Apr 2005, 09:33
Hallo napengam

Der Thread ist legidlich geschlossen
Du hast also nix verpasst

Gruss
Lia
Tantris
Hat sich gelöscht
#22 erstellt: 28. Apr 2005, 09:42
Hallo Andreas,



Stört er Dich folgerichtig auch bei einer Originaldarbietung?


Zumindest wenn ein lauter gespieltes Schlagzeug dabei ist, kann ich die Frage mit Ja beantworten. Ich persönlich empfinde eine Rock-Darbietung (mit Jazz habe ich live zumindest in dieser speziellen Spielart nicht genug Erfahrung) ohne PA-System, wo Instrumente wie Schlagzeug nur akustisch betrieben werden, als ästhetisch nicht zufriedenstellend, egal, ob dies in Proberäumen, kleineren Clubs etc. der Fall war. Das mag an den Hörgewohnheiten liegen, weil von Anfang an entsprechende Aufnahmen stets sehr künstlich waren.

Ich kann mir vorstellen, daß es Heinrich mit Jazz ebenso geht.

Gruß, T.
napengam
Stammgast
#23 erstellt: 28. Apr 2005, 09:46

lia schrieb:
Hallo napengam

Der Thread ist legidlich geschlossen
Du hast also nix verpasst

Gruss
Lia


Danke

Hat wenigstens ein würdiges Ende gefunden


Heinz
Heinrich
Inventar
#24 erstellt: 28. Apr 2005, 10:32
Hallo Reinhard,


Heinrich Heinrich.. ein Toni ohne Mac??


Im Büro: IBM Laptop, für Grafik Mac i-Book
Im Studio: Auf PC Pyramix, und auf Mac Sonic Solutions.

Bin einer, der mit beiden Welten zurecht kommt - Mac UND PC, Räumen UND Monohühnern, Monitoren UND HiFi-LS...




Gruss aus Wien,

Heinrich
Hörzone
Hat sich gelöscht
#25 erstellt: 28. Apr 2005, 10:49
Hm..
bin auch auf beiden Welten
hab auch eine Dose.. lass die aber ausgeschaltet, so ist die Welt in Ordnung

Reinhard
Mr.Stereo
Inventar
#26 erstellt: 28. Apr 2005, 10:55

Heinrich schrieb:
Bin einer, der mit beiden Welten zurecht kommt - Mac UND PC, Räumen UND Monohühnern, Monitoren UND HiFi-LS...




Gruss aus Wien,

Heinrich

Das ist schön, aber bestimmt auch anstrengend, sich aus allen Bereichen die individuellen Rosinen rauszupicken.
Nochmal ne Frage:
Wie werden denn die meissten Gesangsstimmen im Pop-Bereich aufgenommen?
Mit einem Mono oder zwei Mono-Micros oder anders?
Und kann ich dann je nach Aufnahmeverfahren als Toni die Abbildungsgröße beeinflussen?

@Tantris,
will Dich nicht nerven, aber "klein, scharf, genau umrissen" hört sich doch irgendwie plastisch an.
Auch dafür müsste es demnach eine Dimension geben, oder?
Heinrich
Inventar
#27 erstellt: 28. Apr 2005, 10:58
Hallo A.H.,

ja, es gibt sogar Konzerte, in denen mich der Klang des Konzertsaals stört. Zum einen werden momentan in zu vielen ungeeigneten Räumen Konzerte gegeben (Hauptsache, es ist ein Event), zum anderen haben auch Konzertsäle ihre Tücken. Bestes Beispiel: der Goldene Saal des Wiener Musikvereins. An sich ist er sicher eine der besseren Konzertsäle, nur leider sehr "wetterfühlig" - sobald zum Beispiel im Sommer ein Gewitter droht, kippt der Klang komplett. Eine bessere Wettervorhersage kann man sich kaum wünschen


Der Aufnahmeraum verleiht den Instrumenten ihren charakteristischen Klang (Richtcharakteristik). Eine Freiluftdarbietung wird i.d.R. andere Instrumente oder eine darauf angepaßte Musik erfordern. Bruckner ließt z.B. in der e-moll Messe die Streicher weg, was auch mit dem vorgesehenen Aufführungsort zusammenhängt.


Der physikalische/akustische Hintergrund ist mir klar. Allerdings gibt es meines Wissens weder im Jazz noch in der Popmusik viele Komposition die für einen speziellen Raum komponiert wurden. Und ich kenne Jazzmusiker, die schnappen sich ihr Instrument und spielen auf der Strasse. In New Orleans zum Beipiel. Nennt sich Marching Band und macht durchaus Spaß...

@ Mr. Stereo


Das ist schön, aber bestimmt auch anstrengend, sich aus allen Bereichen die individuellen Rosinen rauszupicken.


Ich kann mittlerweile mit dieser Belastung umgehen



Gruss aus Wien,

Heinrich
Heinrich
Inventar
#28 erstellt: 28. Apr 2005, 11:11
@ Mr. Stereo:


Wie werden denn die meisten Gesangsstimmen im Pop-Bereich aufgenommen?
Mit einem Mono oder zwei Mono-Micros oder anders?
Und kann ich dann je nach Aufnahmeverfahren als Toni die Abbildungsgröße beeinflussen?


In der Pop-/Jazzmusik wird Gesang in der Regel mit einem Monomikrophon, meist einem Grossmembramikrophon von Neumann aufgenommen. Allerdings kann man gerade bei Stimmen auch zwei Mikrophone in der sogenannten Koinzidentechnik aufstellen: Dazu werden zwei Mikrophone auf einen Punkt (da ist er schon wieder, der Punkt...) gestellt (oder so nah aneinander als möglich). Richtig gemacht, kann man so eine STEREOaufnahme der Stimme in den Mix intergrieren. Wobei dieses Stereobild auch nur dazu dient, das Monohuhn zu mästen - sprich der Stimme eine gewisse, Dank dieser Technik VARIABLE Breite im Mix zu geben. Es wird i.d.R darauf verzichtet werden, einen Naturraum mit aufzunehmen.

Mehr über die genannte Mikrophontechnik gibt's hier nachzulesen:

http://www.schoeps.de/D-2004/miscellaneous.html

Und dann die Mikrophonaufsätze (von Jörg Wuttke) herunterladen.


Gruss aus Wien,

Heinrich
AH.
Inventar
#29 erstellt: 28. Apr 2005, 11:24
Hallo Tantris,

beim Schlagzeug stört mich die Nahmikrophonierung noch mit am wenigsten. Obwohl ich vom Klangeindruck sicher von dem Schlagzeug geprägt bin, was gewöhnlich gut drei Meter hinter mir (Blechbläser) stand.
Bei Rock- und Pop-Mischungen, wo Synthesizer oder elektrische Musikinstrumente beteiligt sind, habe ich zudem viel weniger Probleme mit Nahaufnahmen, als im Jazz-Bereich, wo die gewohnten akustischen Instrumente sehr stark verfremdet werden.
Wie bereits öfter erwähnt, ist das eine Frage der Prägung, der Erwartungshaltung und des Geschmackes.

@ Mr Stereo:

Im Bereich populärer Musik überwiegt bei Gesangsaufnahmen die Mono-Nahaufnahme mit einem Mikrophon. Das Ergebnis ist ein dimensionsloser "singender Monopunkt" ohne Ausdehung in Breite, Höhe oder Tiefe.

@ Heinrich:

Der Musikvereinssaal reagiert leider auch sehr empfindlich auf die Besetzung der Stühle. Ohne Publikum oder Ersatzpublikum in Form von Decken o.ä. hat der eine beachtliche lange Nachhallzeit.

Wenn man den Eindruck einer Freiluftkapelle haben will, ist das aus meiner Sicht völlig legitim. Viele Instrumente klingen aus meiner Sicht jedoch im Freiluftbetrieb nicht wirklich überzeugend, dafür sind sie nämlich nicht gemacht. Und beim Thema "Nahaufnahme" geht es ja auch um die Reflexionen (Kantenbeugung) am Instrument selbst, welche durch die Nahaufnahme ebenfalls weitgehend entfernt werden und für die empfundene "Größe" mit verantwortlich sind.
Auch im Freiluftbetrieb kennt man daher keinen musizierenden "Klavierpunkt", wie er für Nahaufnahmen so typisch ist.

Gruß

Andreas


[Beitrag von AH. am 28. Apr 2005, 11:28 bearbeitet]
martin
Hat sich gelöscht
#30 erstellt: 28. Apr 2005, 11:25
Hallo Andreas,


Aber ohne irgeneinen Kleister, der das Klangbild zusammehält (z.B. Synthesizer), komme ich mit Nahaufnahmen nicht zurecht. Ein über die Stereobasis verteiltes Schlagzeug oder Kunsthall empfinde ich dagegen als unzureichend, um das Klangbild zusammenzukleistern.


ich finde den Kleister manchmal nicht nur ausreichend, sondern gar die gewünschte Stimmung verstärkend.
Bei traurig fragilem Solistenspiel hat ein Schlagzeug über die Stereobasis ausgebreitet etwas Beschützendes.
Auch der Eindruck, der an die skandinavische Einöde erinnert, bei spröde wirkender schwedscher Jazzmusik, gewinnt durch dick aufgetragenen künstlichen Hall.

Manchmal hat man aber das Gefühl, der Hall ist fest mit dem Label verbunden und wird draufgeknallt, ob es nun Sinn macht oder nicht. Hatten wir ja schon mal am Beispiel ECM erörtert, wo selbst klassische Kammermusik zugehallt wird.

Grüße
martin
Mr.Stereo
Inventar
#31 erstellt: 28. Apr 2005, 11:35
Kann mir jemand von Euch populäre Beispiele verschiedener Stimmenaufnahmen (1 Mono-Micro, 2 Mono-Micros und Stereo-Micro) nennen, ich würde deren Abbildung gerne mal auf einem möglichst neutralen LS nachvollziehen.
scrooge
Stammgast
#32 erstellt: 28. Apr 2005, 17:18
@ alle Beteiligten:

Danke, für mich einer der lehrreichsten Threads seit langem (da Monohühner, ... grundsätzlich erklärt). Und dazu noch eine tw. kontroversielle Diskussion ohne schlechte Stimmung - toll

Grüsse.
Mr.Stereo
Inventar
#33 erstellt: 28. Apr 2005, 19:52

scrooge schrieb:
@ alle Beteiligten:

Danke, für mich einer der lehrreichsten Threads seit langem (da Monohühner, ... grundsätzlich erklärt). Und dazu noch eine tw. kontroversielle Diskussion ohne schlechte Stimmung - toll

Grüsse.

Ja, aber irgendwie schlecht besucht.
Sich zu fetzen scheint mehr Spass zu machen
Heinrich
Inventar
#34 erstellt: 28. Apr 2005, 20:25
@ Mr Stereo:


Kann mir jemand von Euch populäre Beispiele verschiedener Stimmenaufnahmen (1 Mono-Micro, 2 Mono-Micros und Stereo-Micro) nennen, ich würde deren Abbildung gerne mal auf einem möglichst neutralen LS nachvollziehen.


Bin noch am Suchen...


Ja, aber irgendwie schlecht besucht.
Sich zu fetzen scheint mehr Spass zu machen


Nein - aber ich bin noch am Suchen


Gruss aus Wien,

Heinrich
Richrosc
Inventar
#35 erstellt: 29. Apr 2005, 05:52
Hallo,



Ja, aber irgendwie schlecht besucht.
Sich zu fetzen scheint mehr Spass zu machen

Nein - aber ich bin noch am Suchen


zum anderen scheint das Mono-Huhn, und damit der Thread sehr gut und vor allem von allen Seiten in etwa gleich dargelegt zu sein.

Thema (fast) abgearbeitet)

Gruß - Richard
AH.
Inventar
#36 erstellt: 29. Apr 2005, 09:32
Hallo,

fast alle Pop-Aufnahmen sind singende Monopunkte. Kenne mich mit dem Zeug aber nicht aus. Vom Klangbild gelungen finde ich z.B. ABBA - The Visitors.

Wenn man hören will, wie mono ohne Punkt klingt, also eine Monaufnahme mit normalem Mikrophonabstand empfehle ich folgende:

http://www.amazon.de.../302-3036596-6282409

Das ist ein Liederabend mit Christa Ludwig und Erik Werba, 1968. Die Tonqualität ist 1968 schon sehr gut gewesen. Gute Mono-Aufnahmen sind selten, da man zu der Zeit eigentlich schon alles in Stereo gemacht hat.
Übrigens stellt diese Aufnahme sehr hohe Anforderungen an die Hörbedingungen.

Für eine Stereoaufnahme tun es eigentlich die meisten Kunstlieder als Demo. Ein Vertreter, wo wirklich nur zwei Mikrophone (in A/B-Aufstellung) zum Einsatz kamen, ist die vierte Sinfonie von Gustav Mahler, wobei der letzte Satz ein Orchesterlied ist:

http://www.amazon.de.../302-3036596-6282409

Derzeit nur als Gesamteinspielung erhältlich. Die anderen Sinfonien sind übrigens entgegen manchen Werbeaussagen deutlich hörbar keine "Zweimikrophonaufnahmen".

Gruß

Andreas


[Beitrag von AH. am 29. Apr 2005, 09:43 bearbeitet]
martin
Hat sich gelöscht
#37 erstellt: 29. Apr 2005, 10:38
Hallo Heinrich,


Ich habe das Gefühl, dass ich mit diesen künstlich verhallten, equalisierten und komprimierten Monohühnern klanglich gezielter den musikalischen Inhalt transportieren kann als mit einer "konventionellen" Hauptmikrophonierung (mit oder ohne Stützmikrophone).


ich wetz mich noch daran, dass vor allem 'komprimiert' den musikalischen Inhalt besser transportieren solle Könntest Du diesen Punkt näher erläutern?

Als Rockhörer habe ich natürlich nichts gegen Nahmikrofonierung und Komprimierung, die ja nicht unwesentlich zum Spektakulären beitragen. Komprimierung kicks ass, sozusagen.
Bei dynamischer Klassikmusik hingegen quetscht übermäßiges Komprimieren quasi die Seele aus der Musik. Kennen wir ja vom Radiohören.

Ich habe also zwei unterschiedliche Hörerwartungen für diese Genres und kann damit mittlerweile umgehen. An der Wiedergabesituation rumsounden würde nichts ändern.

Jazz sehe ich nun in mancher Hinsicht als Schnittmenge dieser beiden Genres: natürliche Instrumente hören sich zwar nicht so 'geleiert' an, wie die zu Tode komprimierten bei zeitgenössischen Pop-Produktionen aber schon so weit, dass es mich im Vergleich zu Klassikaufnahmen oder gar dem natürlichen Hören befremdet, zumal auch Dynamik ein künstlerisches Ausdrucksmittel im Jazz ist. Ich kann mir aus meiner Laiensicht nicht vorstellen, dass ein Mix mit großer Dynamik im Jazz nicht funktionieren sollte und hoffe auf etwas Licht im Dunkel.
Es stört mich bei Jazzaufnahmen auch nicht, dass kein Ursprungsraum vorhanden ist, die fehlenden Reflexionsmuster von natürlichen Instrumenten kollidieren aber mit den im Hirn gespeicherten, die vom natürlichen Hören geprägt sind.

Um die Relationen zu wahren: mit vielen Jazzaufnahmen bin ich nahmikrofoniert sehr zufrieden und kann sie mir auch gar nicht anders vorstellen: wie soll man eine lasziv gehauchte Frauenstimme, die schon am Mikro lutscht, anders ertragen, als so präsent wie möglich Genauso natürlich alle Spielarten mit beinhaltender artifizieller Klangerzeugung.
Bei einem Klaviertrio beispielsweise, geht m.M. aber mit Stereomikrofonie nichts verloren - im Gegenteil.

Grüße
martin

P.S. Wie wird eigentlich Big Band Jazz mikrofoniert?
Heinrich
Inventar
#38 erstellt: 29. Apr 2005, 12:51
Hallo Martin,


ich wetz mich noch daran, dass vor allem 'komprimiert' den musikalischen Inhalt besser transportieren solle. Könntest Du diesen Punkt näher erläutern?


Mach' ich doch glatt

Zuerst einmal: Kompression bedeutet ja nicht gleich "töte alle Dynamik und mache alles platt" - da gibt's ja viele Zwischenstufen.

=> Bei einem Schlagzeug gehört der Kompressor auf Snare und bassdrum in meine Ohren zur KlangFARBE.

=> Man kann Hallwege komprimieren, damit der Hall bei Forte-Passagen nicht unangenehm explodiert (was an sich zwar der Natur entspräche, bei künstlichem Hall aber mE schlecht klingt).

=> Man kann mit sanfter Komprimierung verschiedener Instrumente die Mischung transparenter machen, weil sich die Instrumente dann nicht gegenseitig verdecken.

etc...

Und das Wesentliche: Wenn man mit einem Kompressor umgehen kann, kann man sogar bei härterer Komprimierung dem Ohr eine unglaubliche Dynamik vortäuschen. Dann hat man zwar in Summe die Dynamik eingschränkt (was letzten Endes ja nur wohnzimmerfreundlich ist), das Ohr merkt's aber nicht...

Warum es beim Radio auch nicht funktionieren kann, liegt auf der Hand: Dort wird ja ALLES durch einen fix eingestellten Kompressor gejagt. Im modernen Falle sollte sich dieser dem gespielten Programm sogar anpassen, daß dies nicht funktioniert, läßt sich per Zuhören einfach herausfinden...

Ich stelle dagegen die Kompression von Stück zu Stück, von Instrument zu Instrument gezielt und verschieden ein, mitunter ändere ich sogar in einem Stück die Kompression (oder anderes) geringfügig (dann mische ich dieses Stück zweimal/mehrmals ab, und schneide es dann vor dem Mastering wieder zusammen).

Beim Mastering ist's dann ähnlich: Warum für einen zu lauten Sekundenbruchteil (zum Beispiel einem Beckenschlag, der schon mal 12dB oder mehr ausfahren kann) den ganzen Rest des Stückes herunterdrehen? Mit einem guten Limiter/Kompressor "fängt" man sich dann genau diesen einen Schlag wieder ein, und schon kann man das ganze Stück auf der CD "lauter" machen - oder einfach im digitalen Falle in einen möglichst guten Arbeitsbereich der D/A-Wandler schieben, und das ist in meinem Falle viel eher das Ziel als der ultimativ laute Mix.

Also: Ein Kompressor ist genauso ein tontechnisches Werkzeug wie ein Filter oder ein Hallgerät. Man muss ihn nur richtig benutzen.



Bei einem Klaviertrio beispielsweise, geht m.M. aber mit Stereomikrofonie nichts verloren - im Gegenteil.


Da kommt dann einfach eine andere Hörerwartung ins Spiel - ich WILL die Hämmer des Klaviers hören...
Und gerade ein minimalistisch mikrophoniertes Schlagzeug befriedigt meine Ohren zum Beispiel gar nicht mehr...


Gruss aus Wien,

Heinrich
martin
Hat sich gelöscht
#39 erstellt: 02. Mai 2005, 12:07
Hallo Heinrich,

Danke für Deine ausführliche Info Wenn die SAE-Schule 'um die Ecke' ihren nächsten Tag der offnenen Tür hat, lasse ich mir mal die Möglichkeiten mit einem Kompressor vorführen -oder besser nicht. Je mehr man hinter die Kulissen blickt, desto mehr geht von der Faszination verloren

Grüße
martin

P.S.@AH
"...Übrigens stellt diese Aufnahme sehr hohe Anforderungen an die Hörbedingungen"

Ist bestellt. Darauf komme ich zu gegebener Zeit zurück
raw
Hat sich gelöscht
#40 erstellt: 05. Mai 2005, 22:58
Ich hole mal den Thread wieder hervor. Für mich sehr interessant.

AH. schrieb:
Ich habe mit verschiedenen Laienhörern hierzu Versuche angestellt, bei welchen die Nahaufnahmen nie positiv gegenüber den konventionellen abschnitten. Wenn man die Versuche mit typisch aufgestellten hifi-Boxen im Wohnraum wiederholt, verändert sich die Bewertung allerdings oft zugunsten der Nahaufnahme. Und so versinken wir in einer Spirale der Qualitätsdegeneration.
Glücklich die Hörer, die das mit Freude ertragen können. Ich kanns leider nicht.

Ich kann das nachvollziehen. Insbesondere bei dem Album "Swinging for the Fences" von Gordon Goodwins "Big Phat Band". Die Bläser sind wohl auch mit sehr kurzen Abständen aufgenommen worden. In meinem alten Zimmer (schlecht bedämpft) klang die Aufnahme recht gefällig (zeitweise fand ich sie sogar höchst audiophil), aber in meinem kürzlich provisorisch eingerichteten Hörraum klingt sie mehr wie grausig. Man meint im Trompetenlauf zu sitzen, wobei die Trompete 1m vor einem ortbar ist. Und dann noch der künstliche Hall und der aufgedickte Bass.
Holg
Ist häufiger hier
#41 erstellt: 06. Mai 2005, 10:15
In der Tat ein interessanter Thread (Heinrich sei Dank).

Bisher kannte ich nur das Phänomen, aber nicht den Namen dafür.

Was mich mal interessieren würde:
Es wird gelegentlich behauptet, bei solchen "Mono-Huhn-Aufnahmen" (also 99% aller Jazz-und Rock-Aufnahmen) könne es keine Tiefenstaffelung geben. Wenn man so etwas dennoch wahrnehme, dann sei das eigentlich ein (möglicherweise beabsichtigter) Fehler der Wiedergabekette.
Was meint der Tonmeister dazu?

Gruß, Holg
AH.
Inventar
#42 erstellt: 06. Mai 2005, 12:31
Hallo,

man kann auf synthetischem Wege den Monohühnern diskrete Reflexionen beimischen. Wenn man unterschiedlichen Mono-Phantomschallquellen Reflexionen mit einer unterschiedlichen Verzögerung zumischen würde, dann sollte sich auch eine Tiefenstaffelung erreichen lassen.
Ich höre nun weder Rock, Pop, noch Jazz und kenne daher nicht viele Nahaufnahmen. Diejenigen, die mir bekannt sind (einige Dutzend), spielen sich fast immer direkt vor dem Kopf ab, eine Tiefenstaffelung existiert nicht. Tiefenstaffelung ist bei solchen Aufnahmen daher i.d.R. wohl ein Wiedergabefehler, der auf einer unzureichenden Kontrolle der Interaktion des Lautsprechers mit dem Hörraum beruht. Hier spielen sowohl diskrete Reflexionen, wie Diffusschall und richtungsbestimmende Blauertsche Bänder eine Rolle.

Man kann das auch leicht prüfen, indem man den Abstand des Hörplatzes zu den Lautsprechern ändert, z.B. immer weiter verringert. Wenn sich dabei der Entfernungseindruck ändert, sind die Hörbedingungen suboptimal.

Gruß

Andreas
martin
Hat sich gelöscht
#43 erstellt: 30. Mai 2005, 13:46
Hallo Andreas,

da ich i.S. Gehörschulung weiterkommen will, würden mich wie angekündigt, im Einzelnen die Anforderungen an die Wiedergabesituation interessieren, um den Christa Ludwig Liederabend adäquat wiedergeben zu können.

Mein Hörraum ist mittlerweile staubtrocken, Dank aufgedoppelter Rigipswände und großzügigem Einsatz von großvolumigen Steinwollepaketen gegen frühe Reflexionen, selbst vom Grundton an. Steht man zw. LS und ca. 1m entfernter seitl. Begrenzungsfläche, ist dort der Pegel jetzt seeehr leise, die Ortung entsprechend gut.
Bei dieser Gelegenheit nochmal herzlichen Dank an US, der mir mit Rat und Tat zur Seite stand

Bei besagter Aufnahme kann man jetzt sehr schön tief in den Aufnahmeraum hineinhören, die Stimme kommt sauber konturiert aus der Mitte, der beträchtliche Dynamikumfang bringt auch bei hoher Lautstärke und der starken Bedämpfung des Raums die MEG nicht aus der Ruhe.
Diese Punkte fallen mir aber bei den meisten Klassikaufnahmen auch auf. Gibt es noch etwas besonderes, auf das ich achten sollte?

Grüße
martin

P.S: Deine sinngemäße frühere Aussage, Musik in normal bedämpften Wohnräumen kaum noch etwas abgewinnen zu können, kann ich jetzt gut nachvollziehen, auch wenn es für manch einen bestimmt befremdlich erscheinen mag

Grüße
martin
martin
Hat sich gelöscht
#44 erstellt: 01. Jun 2005, 21:59
Hallo Andreas,

nochmal

Wenn man hören will, wie mono ohne Punkt klingt, also eine Monaufnahme mit normalem Mikrophonabstand empfehle ich folgende:

http://www.amazon.de.../302-3036596-6282409

Das ist ein Liederabend mit Christa Ludwig und Erik Werba, 1968. Die Tonqualität ist 1968 schon sehr gut gewesen. Gute Mono-Aufnahmen sind selten, da man zu der Zeit eigentlich schon alles in Stereo gemacht hat.
Übrigens stellt diese Aufnahme sehr hohe Anforderungen an die Hörbedingungen.


jetzt bin ich doch stutzig geworden, nachdem ich eine waschechte Monoaufnahme mit dem guten alten Lester Young gehört habe und nochmal in die Christa Ludwig reingehört und auf's Cover geschaut: ich habe mich reinlegen lassen
es handelt sich um eine Stereoaufnahme vom ORF von den Salzburger Festspielen: Großes Festspielhaus 7.Aug. 1982.

Aufgefallen ist es mir erst am Applaus
So kann's gehen, wenn man so gut wie nie Mono hört...

Grüße
martin
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