Kanaltrennung als Qualitätskriterium ?

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schorsch
Schaut ab und zu mal vorbei
#1 erstellt: 25. Sep 2022, 17:54
Liebe Freunde der räumlichen Wiedergabe,

mein neuer CD-Player (Musical Fidelity M3sCD) glänzt mit einer sehr räumlichen Staffelung des musikalischen Geschehens, wie ich es bisher noch nicht gehört habe. Das finde ich wunderbar, hielt es jedoch bisher für eine Selbstverständlichkeit, da in der gesamten Wiedergabekette doch durchgehend zwei völlig getrennte Kanäle am Werk sind.

Beim Plattenspieler leuchtet mir ein, dass das Auseinanderhalten der beiden analogen Kanäle schon aus elektromechanischen Gründen die Kanaltrennung eines besonderen Aufwands bedarf. Aber - seht mir mein Halbwissen nach - ist es denn ein Problem, 2 völlig getrennte digitale Datenstränge halbwegs unbeeinflusst voneinander durch das System zu schleusen ? Über den Informationsumfang der beiden Kanäle wird doch endgültig im Aufnahmestudio entschieden, oder ?

Gruß Markus


[Beitrag von schorsch am 25. Sep 2022, 18:01 bearbeitet]
P@Freak
Inventar
#2 erstellt: 25. Sep 2022, 18:21
Hallo,

da unterliegst du wohl einem Irrglauben. Stereo Daten sind beim CD System seriell hinter einander und ineinander verschachtelt angeordnet in der digitalen Verarbeitung / im Datenstrom ( und nicht getrennt nebeneinander ) und werden erst durch einen synchron Kanal Multiplexer auf 2 DA Wandler dann aufgeteilt. Genau so kommt auch das Signal nicht als einfacher seriellen Datenstrom von der CD sondern es müssen erst mehrere hinter einander liegende Datenabschnitte von der CD digital gelesen werden und daraus wird Stück für Stück digital ein Stereo Byte das aus einer ganz genau bestimmten Bit Länge / Anzahl besteht gebildet. Sämtliche Informationen wie ein CD System Aufgebaut ( CD Kodierung aus dem NF Musik Signal und Dekodierung ) ist und die Hintergründe zur Technik sind auch im Web verfügbar. Deine 'Kanaltrennung' als reiner technischer Einzelwert in dB betrachtet bezüglich Klang ist genau so unwichtig als wenn du darüber nachdenken würdest ob der Grüne CD-Player besser klingt als der gleiche in Blau lackiert ...

P@Freak


[Beitrag von P@Freak am 25. Sep 2022, 18:38 bearbeitet]
pogopogo
Inventar
#3 erstellt: 25. Sep 2022, 18:30
Das eine ist die Kanaltrennung. Ein weiterer entscheidender Faktor ist die zeitrichtige Wiedergabe beider Kanäle, auch zueinander, inkl. Amplitude, sprich die D/A-Wandlung spielt hier eine sehr große Rolle.


[Beitrag von pogopogo am 25. Sep 2022, 18:32 bearbeitet]
schorsch
Schaut ab und zu mal vorbei
#4 erstellt: 26. Sep 2022, 17:50
Danke für Eure schnellen Antworten.

Ich habe mich schon immer gewundert, dass die Raumdifferenzierung in Testzeitschriften auch bei höherpreisigen Geräten betont wird.

Meine technischen Kenntnisse der Materie halten sich in engen Grenzen, deshalb nochmal vereinfacht gefragt:

dass z.B. der Bassist links, das Saxophon weiter rechts steht und alle weiteren Instrumente irgendwo dazwischen, müsste sich doch einzig und allein durch die Lautstärkeverhältnisse der beiden Kanäle definieren, die zum Zeitpunkt der Aufnahme unverrückbar festgeklopft wurden. Der CD-Player kann doch garnicht anders, als die Kanäle sauber getrennt wiederzugeben. Gehört denn deshalb die Wiedergabe in ebendiesem Lautstärkeverhältnis nicht zu seinen ganz einfachen, selbstverständlichen Aufgaben ?

Oder sind die von Euch genannte Art der Signaldekodierung, die zeitrichtige Wiedergabe über die D/A-Wandlung Qualitätsmerkmale, die im niedrigeren Preissegment weniger gut ausgeprägt sind ?

Noch einfacher gefragt: ist eine sauber differenzierte räumliche Wiedergabe ein Qualitätsmerkmal, das entsprechend kostet ?

Hintergründe zur Technik sind auch im Web verfügbar

Hast Du da einen für Laien verständlichen Tip ?

Gruß Markus
pogopogo
Inventar
#5 erstellt: 26. Sep 2022, 17:57
Vielleicht hilft dir das weiter: Link
Dadof3
Moderator
#6 erstellt: 27. Sep 2022, 16:26

schorsch (Beitrag #4) schrieb:
Ich habe mich schon immer gewundert, dass die Raumdifferenzierung in Testzeitschriften auch bei höherpreisigen Geräten betont wird.

Diese sogenannten "Testzeitschriften" betonen immer irgendwas, das den hohen Preis rechtfertigen soll. Selten ist daran etwas Wahres.


Der CD-Player kann doch garnicht anders, als die Kanäle sauber getrennt wiederzugeben. Gehört denn deshalb die Wiedergabe in ebendiesem Lautstärkeverhältnis nicht zu seinen ganz einfachen, selbstverständlichen Aufgaben ?

Das ist völlig richtig. Ich kenne auch keinen (nicht defekten) CD-Player, der das nicht hinbekommt.


Oder sind die von Euch genannte Art der Signaldekodierung, die zeitrichtige Wiedergabe über die D/A-Wandlung Qualitätsmerkmale, die im niedrigeren Preissegment weniger gut ausgeprägt sind ?

Im Prinzip ist die "Zeitrichtigkeit" tatsächlich ausschlaggebend für die stereophonische Abbildung, allerdings ist es ein Irrglaube, dass, wie von pogopogo implizit behauptet, einfachere D/A-Wandler dies nicht hinbekämen.

Insofern:

Noch einfacher gefragt: ist eine sauber differenzierte räumliche Wiedergabe ein Qualitätsmerkmal, das entsprechend kostet ?

Nein. Die Technik dahinter ist heutzutage so ausgereift und simpel, dass das praktisch jede nicht fehlerhaft hergestellte Hardware (bestehend aus digitalem Abspielgerät, D/A-Wandler, Verstärker) hinbekommt.

Was hingegen einen sehr großen Einfluss darauf hat: Lautsprecher, Aufstellung und Raumakustik. Und die persönliche Wahrnehmung, die einem gerne immer wieder einen Streich spielt.


[Beitrag von Dadof3 am 27. Sep 2022, 16:26 bearbeitet]
ZeeeM
Inventar
#7 erstellt: 27. Sep 2022, 16:44

Dadof3 (Beitrag #6) schrieb:
Und die persönliche Wahrnehmung, die einem gerne immer wieder einen Streich spielt.


Die spielt eigentlich meist keinen Streich, sondern funktioniert anders die meisten erwarten.
Ist wie aufrecht gehen, scheint einfach zu sein und kann jedes gesunde Kind schnell lernen, ist aber ein höchst komplexer Vorgang.
kölsche_jung
Moderator
#8 erstellt: 28. Sep 2022, 06:57

Dadof3 (Beitrag #6) schrieb:
... Im Prinzip ist die "Zeitrichtigkeit" tatsächlich ausschlaggebend für die stereophonische Abbildung, allerdings ist es ein Irrglaube, dass, wie von pogopogo implizit behauptet, einfachere D/A-Wandler dies nicht hinbekämen.
...

alles eine Frage, der Genauigkeit mit der man misst ...
eine Masterclock mag Verbesserungen unterhalb des Pikosekundenbereichs herbeiführen ...
Da der Schall aber für den Weg LS-Ohr ja auch eine entfernungsabhängige Zeit benötigt, müssen Lautsprecher und Kopf dann eben auch sehr genau justiert sein, um dies erhören zu können.
Bei einer nur um ca 3 Millimeter differierenden Entfernung ist man schon bei einer Kanal-Zeitunrichtigkeit im Nanosekundenbereich.

pogopogo erliegt da insoweit keinem "Irrglaube" ... er ist halt nur sehr exakt, hat seine Lautsprecher wahrscheinlich im (mindestens) Mikrometerbereich ausgerichtet um diese bösen Zeitunrichtigkeiten zu eleminieren. Wie er den Kopf allerdings ständig mikrometergenau hält, ist für mich (noch?) ein Rätsel ...

ZeeeM
Inventar
#9 erstellt: 28. Sep 2022, 08:37
Masterclock, auch so ein im Hobbygwust verwursteter Begriff.
Da geht es darum, dass unterschiedlich getaktete Geräte, die zusammenarbeiten und deren Ergebnisse verarbeitet werden, nicht auseinanderdriften. Daheim vollkommen irrelevant und besonders wenn nur analoge Signale gemischt werden.
Praktisch hat die Taktübertragung über ein Kabel ihre Grenzen. Rauschen, Flankensteilheit und daraus kommt ein Signal, das aufgrund der Zustandserkennung einer zeitlichen Schwankung unterliegt.
Früher gab es meist in großen Betrieben eine Mutteruhr und an der hingen Tochteruhren.
kölsche_jung
Moderator
#10 erstellt: 28. Sep 2022, 09:33
@ZeeeM ... ist doch egal ... wenn die Clock eine nie dagewesene Genauigkeit im Femtosekundenbereich hat, bist du damit - jedenfalls beim HiEnd-Qartett - immer ganz vorne dabei ... und nur darum gehts ...
ZeeeM
Inventar
#11 erstellt: 28. Sep 2022, 11:21

kölsche_jung (Beitrag #10) schrieb:
@ZeeeM ... ist doch egal ... wenn die Clock eine nie dagewesene Genauigkeit im Femtosekundenbereich hat, bist du damit - jedenfalls beim HiEnd-Qartett - immer ganz vorne dabei ... und nur darum gehts ...


Kann man denen auch T-Shirts und Baseballkappen verkaufen?
Apropos Kanaltrennung. Kopfhörer naturgemäß hoch, und man begegnet das mit Variationen von Crossfeed.
Hört man mit Lautsprechern, ist sie naturgemäß gering, aber der Raum wird mitgehört.
Wenn ich vor meinen Nahfeldern sitze und ein Mono-Rauschen abspiele, unterscheidet sich die virtuelle Ausdehnung der Phantomschallquelle etwas davon der Kopfhaltung. Schaue ich nach unten, klingt sie etwas heller und fokussierter als wenn ich geradeaus schaue
imLaserBann
Inventar
#12 erstellt: 28. Sep 2022, 13:03
Trivial gesehen basiert Stereo-Musik natürlich auf der Kanaltrennung und ohne Kanaltrennung ist alles Mono. Eine gute Kanaltrennung ist insofern natürlich ein Qualitätskriterium. Nur dass die Kanäle, die auf der CD getrennt sind, schon aufgenommen wurden für die Stereo-Wiedergabe über Lautsprecher, bei der man am Hörplatz natürlich alles andere als eine 100%ige Kanaltrennung hat.


schorsch (Beitrag #4) schrieb:
dass z.B. der Bassist links, das Saxophon weiter rechts steht und alle weiteren Instrumente irgendwo dazwischen, müsste sich doch einzig und allein durch die Lautstärkeverhältnisse der beiden Kanäle definieren, die zum Zeitpunkt der Aufnahme unverrückbar festgeklopft wurden.


Da schaue ich doch gleich nochmal dieses schöne Video von Geoff Martin zum Thema Stereo-Abbildung

Die anderen Videos der Serie lohnen sich mMn ebenso.

schorsch (Beitrag #4) schrieb:
Noch einfacher gefragt: ist eine sauber differenzierte räumliche Wiedergabe ein Qualitätsmerkmal, das entsprechend kostet ?

Da würde ich sagen jein und zwar ganz anders als die Frage vermutlich gemeint war.

Bei der Stereo-Wiedergabe kann sauber differenziert (Ortungsschärfe) z.T. im Konflikt mit räumlich (Immersion) stehen.
Damit wären differenziert und räumlich für mich zwei getrennte Qualitätsmerkmale, die aber konkurrieren können. Das sind eher Fragen der Raumakustik.

An den CD-Player würde ich, wenn überhaupt, erst viel später denken.
schorsch
Schaut ab und zu mal vorbei
#13 erstellt: 01. Okt 2022, 11:22
Danke für Eure Hinweise. Scheint alles etwas komplizierter zu sein, als ich dachte.
Gruß Markus
Dadof3
Moderator
#14 erstellt: 03. Okt 2022, 16:18
Nö, eigentlich ist das Gegenteil der Fall. Du musst dir als Anwender darüber keine Gedanken machen, weil die Kanaltrennung bei allen digitalen Geräten für das Hörerlebnis keine Rolle spielt.
8erberg
Inventar
#15 erstellt: 04. Okt 2022, 08:41
Hallo,

meine Güte, zu der Zeit als die CD entwickelt wurde war ein Apple II ein geiles Gerät und in vielen Büros machte man die Lohn-/Gehaltsabrechnung für 40 Beschäftigte mit Computern mit Intel 8080-Prozessoren (ich eingeschlossen, war 1982).
Handies mit dieser "Rechenleistung" findet man nicht mal mehr an der Grabbeltheke.

Die Elektronik hat sich seitdem verbilligt, beschleunigt und verbessert was in dem Fall aber garnicht nötig war.

Die Leute in Eindhoven, Minato und Hamburg wussten was sie taten...

Peter
flexiJazzfan
Inventar
#16 erstellt: 04. Okt 2022, 10:49
Das Stereo (und Mono) Hören über zwei identische Lautsprecher ist immer ein Versuch das Gehör zu täuschen und „Phantomschallquellen“ zu positionieren wo überhaupt keine realen Schallquellen vorhanden sind. Die Entfernungs- und Abstandsposition von Geräuschquellen konstruiert das Gehirn über den Vergleich der Informationen von beiden Ohren. Dabei wird berücksichtigt: zeitliches Eintreffen von gleichen/ähnlichen Signalen, Lautstärkeverhältnis diese Signale und hoher bzw. tiefer Frequenzanteil.
Man kann das heutzutage relativ einfach selbst ausprobieren. Das einfachste ist der „Balanceregler“ . Mit ihm kann man durch einfache Lautstärkeregelung (Phantom) Signale von einem LS zum anderen verschieben. Spektakuläre räumliche Effekte kann man erzielen, wenn man das zeitliche Eintreffen der rechten und linken Signale (für bestimmte Frequenzen) verändert. Ebenso kann man Instrumente indem man sie im Hochton beschneidet, gehörmäßig „in den Hintergrund“ verschieben.
Unter der Annahme, dass die DA Wandlung keinen denkbare Einfluss auf die Kanaltrennung hat, ergibt sich, dass die Analogsektion der Audioanlege möglichst sorgfältig die Kanäle trennen muss, um z.B. das sog. „Übersprechen“ zu verhindern. Zudem sollten beide Kanalführungen/Verstärkungen möglichst identisch sein. Hier können Toleranzen von Bauteilen zu (zufälligen) messbaren Unterschieden im Verhalten führen. Am wichtigsten und am schwierigsten zu realisieren ist die Gleichheit der beiden Lautsprecher und ihre exakt identische Umgebung.

Es ist also in der Tat möglich, dass ein bestimmtes Anlagensetup eine „Räumlichkeit“ und eine „Breite“ des Geschehens und eine Größe und Fülle von Instrumenten nur vortäuschen kann, die in der Quelle nicht vorhanden ist. Das umgekehrte, ein dünnes Klangbild ohne genaue Ortung von Phantomschallquellen und dagegen mit hörbaren Lautsprecherstandorten, hat meist ein ganzes Bündel von Ursachen.

Gruß
Rainer
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