Verhältnis Direktschall und Diffusschall

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Big_Jeff
Stammgast
#1 erstellt: 01. Jan 2022, 01:41
Irgendwie stellt man sich manchmal Fragen zu den merkwürdigsten Zeiten. Beim Hören ist mir gerade folgendes durch den Kopf geschossen: Gibt es ein optimales Verhältnis von Direktschall zu reflektiertem Schall beim Hören? Oder anders gefragt, sollte man besser nur Direktschall hören oder eine Mischung?

Diese Tabelle von Genelec dürfte bekannt sein. Sollte man da optimalerweise im grünen Bereich, exakt am Übergang (schwarzer Strich) oder hinter dem Übergang (gelber Bereich) sitzen?

Guten Rutsch!

Direct Sound
Rufus49
Stammgast
#2 erstellt: 01. Jan 2022, 13:48
Natürlich sollte es immer eine Mischung aus Direkt- u. Diffusschall sein.

Der Direktschall ist wichtig für eine exakte Ortung von Stimmen u. Instrumenten, der Diffusschall für den räumlichen Gesamteindruck. Man sollte es nicht glauben, aber schon ab 1.0 m bis 2.0 m Abstand zu den Boxen nimmt der Diffusschallanteil massiv zu.
Direkt- u. Diffusschall sollten tonal nicht zu sehr voneinander abweichen, sonst gibt es einen Klangbrei.
Das Ganze ist sehr komplex, da spielt einmal die Chassisgröße mit hinein, zum anderen ein möglichst
gleichmäßiger Frequenzgang über Winkel (Abstrahlverhalten der Chassis u. Geamtbox).

Große Mitteltöner z.B. bündeln stärker, d.h. hier hat man weniger Diffusschall, d.h. die Ortungsschärfe nimmt zu. Das Klangbild wird "direkter" und "exakter".
Kleine Mitteltöner strahlen breiter ab, d.h. hier mehr Reflexionen von Decke, Fußboden, Wänden, was wiederum eher zu einem räumlich "opulenten" Klangbild führt, aber mit weniger Ortungsschärfe.

Viele sitzen eigentlich zu weit enfernt von den Boxen (3-4 m), was den Diffusschallanteil erhöht und somit die Ortungsschärfe vermindet.
Grundsätzlich gilt, große Boxen (große Chassis) erlauben eher größere Hörabstände.
Kleine Boxen (kleine Chassis) die relativ breit abstrahlen, sind typischerweise für den Nahbereich (z.B. auf dem Schreibtisch) besser geeignet.

Deswegen gilt auch die Empfehlung in einem rechtwinkeligen Hörraum die Boxen an einer Längsseite zu positionieren und nicht an der kurzen Seite.
imLaserBann
Inventar
#3 erstellt: 01. Jan 2022, 18:46
Ich würde da ganz diplomatisch denken, dass es sich nicht so pauschal sagen lässt.
Außerdem hat man erstmal eine größere Aufgabe damit, dass der reflektierte Schall im Hörraum meist nicht wirklich diffus ist.

Die Genelec-Darstellung würde ich auch so verstehen, dass der rote Bereich durch den Treiberabstand definiert wird, also wenn man bei größerem Treiberabstand dichter ran geht, kriegt man irgendwann Schwierigkeiten, weil man keine Punktschallquelle hat sondern die einzelnen Treiber getrennt voneinander wahrnehmen kann.
Im professionellen Einsatz wird man mMn auch kaum zu wenig Diffusschall haben können. Es geht ja in erster Linie darum, was auf der Aufnahme ist. Der Rest vom Studio wird wenig Ähnlichkeit mit dem durchschnittlichen Wohnzimmer haben.

Was man beim Musikhören daheim präferiert, dürfte auch davon abhängen, was für Musik man hört; in dem Sinne wie groß die Aufnahmesituation im Vergleich zur Abhörsituation ist.
flexiJazzfan
Inventar
#4 erstellt: 03. Jan 2022, 15:01
Wenn man alles, was hier schon angesprochen ist, sich noch einmal durch den Kopf gehen lässt, wird man auf folgende Zusammenhänge stoßen.

Zuerst einmal ist das Verhältnis von Direktschall zu Diffusschall eine Eigenschaft der Raumakustik. In einem reflexionsfreien Akustiklabor hört man 100% Direktschall, in einer leeren steinernen Gewölbehalle wird man ca. 30% Direktschall hören.

Zum zweiten ist die Größe des Raums insofern bestimmend, als mit längerer Laufzeit die Intensität der reflektierten Wellen, insbesondere der hohen Frequenzen abnimmt. Wegen dieses Zusammenhangs ist auch die Lautstärke des Geräuschs mitbestimmend. Man kann in einem sehr großen Raum, selbst wenn er „hallig“ ist, im Nahfeldbereich leise Musik mit fast 100% Direktschall hören, weil die Reflexionen dann so leise sind, dass man sie kaum mehr wahrnehmen kann.
Im speziellen Fall von schallerzeugenden Geräten, wie Instrumenten oder Lautsprechern, hat auch die Richtwirkung dieser Geräte und ihre Ausrichtung auf die Hörenden einen großen Einfluss. Unter den Hifi Hörern gibt es Anhänger der Hornlautsprecher oder auch der Dipol- oder Rundumstrahler. Das zeigt, dass die Bevorzugung von Direkt- oder Diffusfeldschall auch eine Geschmackssache sein kann.

Die Genelec Tabelle interpretiere ich so, dass sie verschiedene dieser Einflüsse zu einer Empfehlung zusammenfasst. Hauptsächlich werden die einzelnen Monitore einer ungefähren Raumgröße (von 65m² bis 400m²) zugeordnet. Dabei wird wohl ein akustisch optimierter Raum vorausgesetzt und die Lautsprecher sind nach Leistung und Richtwirkung eingeordnet. Die „optimale“ Hörposition ergibt sich dann aus Messungen. Die angegebenen Messzeiten gelten wohl für diese Position (schwarze Marke) und umfassen dann jeweils die ersten Reflexionen. Das exakte Ergebnis hängt eigentlich wieder von den genauen geometrischen Bedingungen ab.

Gruß
Rainer
Ernst_Reiter
Hat sich gelöscht
#5 erstellt: 03. Jan 2022, 19:46

flexiJazzfan (Beitrag #4) schrieb:
Unter den Hifi Hörern gibt es Anhänger der Hornlautsprecher oder auch der Dipol- oder Rundumstrahler. Das zeigt, dass die Bevorzugung von Direkt- oder Diffusfeldschall auch eine Geschmackssache sein kann.


erstens möchte ich obige 2 sätze herausstreichen, und zweitens zu bedenken geben, dass ja bei sehr vielen aufnahmen extra "schein-"diffusschall in form von hall / reverb und sonstigen effekten "hinzugemischt" wird.

optimale mischung? ich würde sagen, es kommt drauf an. bei manchen live aufnahmen setze ich mich zusätzlich so weit weg wie möglich um den effekt zu verstärken, andere klingen vielleicht nearfield am besten, aber ganz ohne raum mag ich gar nichts hören (kopfhörer nur wenn der kleine schläft).
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