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Sicherheitsvorschriften für Veranstaltungen - überflüssig?+A -A |
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Autor |
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*xD*
Inventar |
#1 erstellt: 27. Jan 2013, 17:01 | ||||
Hallo, gerade eben kommt in den Nachrichten etwas, was ich hier einen eigenen Thread wert finde. Unabhängig von der Tragik des ganzen und wie das ganze nun juristisch aufgearbeitet wird können wir mal eine kleine Analyse machen. Gehen wir mal davon aus, wir würden hier deutsche Vorschriften anwenden. http://www.welt.de/v...-Studentenparty.html © für alle Zitate Axel Springer AG .
Bereits in den ersten Zeilen zum Hergang sollte jedem klar werden, dass hier fatale Fehler gemacht wurden. Hier wird zumindest mir persönlich bewusst, welches Glück wir in unserem Brüokratenstaat haben und wozu es all diese Vorschriften gibt - denn zu allem was hier genannt wird gibt es eine Bestimmung, die in dem Fall das Unglück verhindert bzw. zumindest dieses katastrophale Ausmaß niemals erreicht hätten. Und es mahnt uns auch in größter Stresssituation an, doch noch einmal nachzudenken, ob das wirklich so ok ist. Wenn der Künstler meint das wird gebraucht, muss eben auch mal gesagt werden, dass das so nicht geht - dann muss eben drauf verzichtet werden. Schauen wir uns das ganzen nun im einzelnen an.
Fehler Nr 1: Was hat Pyrotechnik in einem geschlossenen Raum zu suchen? Wo finden wir die Antwort? In der Veranstaltungstechnik wie immer erstmal in der BGV C1. Diese Niederschrift ist keine Empfehlung wie die vielen weitergehenden Erläuterungen, es handelt sich hier um Durchführungsanweisungen mit Gesetzescharakter. Hier werden wir im §28, Absatz 3 (Schusswaffen udn Pyrotechnik) fündig. Im Innenbereich ist demnach ohne weitere Maßnahmen Feuerwerk der Klasse 1 und T1 gestattet. Bei der Klasse 1 handelt es sich z.B. um Knallerbsen oder Faschingswaffen. Pyro der Klasse T1 ist dem Erwerb durch entsprechende Institutionen vorbehalten und nicht im freien Handel - es dürfte sich aber um ähnliche Gegenstände wie die "öffentliche" Klasse handeln. Gegenstände der Klasse 2 erfordern eine behördliche Genehmigung. Es handelt sich hier um Silvesterfeuerwerk, das in Deutschland nur am 31.12 und 1.1 abgefeuert werden darf. Die Klasse 3 und 4 behandeln Pyrogegenstände mit großer Sprengkraft, die für Großfeuerwerke im Außenbereich gestattet sind. Wir können also davon ausgehen, dass es sich hier um Feuerwerk der Klasse 2 handelte, das nur nach vorhergehender Genehmigung genutzt hätte werden dürfen. Ich denke man kann getrost davon ausgehen, dass die Genehmigung im konkreten Fall nicht erteilt worden wäre. Desweiten hätte ein Berechtigter anwesend sein müssen, es wird eine Ausbildung gemäß §20 SprengG (umgangssprachlich Pyroschein) in Deutschland angeboten. Dieser unterliegt strengen Kriterien wie einer bestimmten Anzahl an Abschüssen und einer behördlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung. Da die BGV C1 sich sehr allgemein ausdrückt, gibt es zahlreiche weitergehende Durchführungsanweisungen. Diese haben grundsätzlich nur Empfehlungscharakter, wie man grundsätzlich vorgehen kann, bieten aber eine sehr gute Orientierung daran was erlaubt ist und was nicht. Im konkreten Fall wäre das z.B. die GUV/BGI 812.
Fehler Nr. 2: Auf Bauvorschriften möchte ich nicht weiter eingehen. Es versteht sich aber von selbst, dass in Deutschland die Verwendung von hochgiftigen Stoffen in Veranstaltungsstätten generell nicht gestattet ist. Was uns betrifft, ist dass natürlich nichts so schnell in Brand geraten darf. Die BGV C1 sieht hierzu den §29 (Vorbeugender Brandschutz) vor. 1. Rauchen, Feuer und offenes Licht sind verboten. 2. Besonders interessant:
Schwer entflammbar bedeutet, dass sie der Brandschutzklasse B1 entsprechen. Eventuell ist euch aufgefallen, dass man zu einigen Dekoelementen wie z.B. Molton manchmal ein Brandschutzzertifikat zum Download bereitsteht. Das gibt es ebenso auch bei Baumaterialien und anderen Dekostoffen. Diese müssen demnach alle schwer entflammbar sein. Praktisch realisiert wird das durch eine Imprägnierung, sodass bei Kontakt mit einer großen Wärmequelle das Material maximal leicht zu glimmen beginnt und ein Loch entsteht, aber auf keinen Fall in Brand gerät. In diesem konkreten Fall fiel mir bei der Recherche in der MVStättVO auf, dass für Dämmstoffe sogar die Verwendung von nicht brennbaren Stoffen gefordert wird. Die BGV C1 ist hier produktionsbezogen, die Beschaffenheit des Raumes gehört zur Versammlungsstättenverordung. Informationen stellt hierzu die BGI 810-6 bereit.
Fehler Nr. 3: Die BGV C1 hat hierfür keine Informationen. Das liegt daran, dass die BGV hierfür nicht zuständig ist, da es sich um keine Arbeitsmaßnahmen handelt. Wir finden lediglich Tipps für die Praxis in der BGI 810-1 unter 3.1.3. Zuständig hierfür die die Versammlungsstättenverordnung, kurz VStättVO. Zu beachten ist hierbei, dass diese im Bereich des Baurechts liegt und damit Ländersache ist, d.h. die Bestimmungen können in den verschiedenen Bundesländern unterschiedlich sein. Es wurde 2002 ein Musterentwurf erarbeitet, die MVStättVO. Von den meisten Ländern wurde diese 1:1 übernommen, manche Länder änderten sie teilweise ab oder führten sie gar nicht erst ein. Daher am besten immer den für das eigene Bundesland bestimmten Gesetzestext beachten, grundsätzliche Kenntnis der MVStättVO schadet aber auch nie. Betrachten wir diesen Fall daher mal aus Sicht der MVStättVO. Wir werden im Abschnitt 2, §6 und §7 fündig. Der Bericht spricht von 2000 Personen, gehen wir mal davon aus, dass dies die Maximalkaüazität ist und daher unsere Bemessungsgrundlage darstellt. §6, (2) fordert pro Geschoss mindestens 2 Fluchtwege. Dem Bericht zufolge gab es nur einen. In (1), (2) und (3) wird eine maximale Länge des Fluchtweges von 30m gefordert + 5m pro 2,5m Deckenhöhe. Sind mir mal großzügig und gehen von 10m Deckenhöhe aus wären das also 40m. Meine Prognose aus den Umständen ist, dass dieser Wert mit großer Wahrscheinlich überschritten wurde. (4) befasst sich mit der Breite der Fluchtwege. Es wird pro 200 Personen eine Breite von 1,20m gefordert. Für 2000 Personen wäre also ein Rettungsweg mit insgesamt 12m Breite erforderlich. Diese dürfen wir aber aufteilen, d.h. z.B. 2*6m, 2*3m 1*6m oder dergleichen. Wenn wir mit der einzelnen Tür nicht schon gegen §6(2) verstoßen würden, hätte der Fluchtweg also 12m breit sein müssen, ist nach meinem Dafürhalten für eine Tür recht unwahrscheinlich. Fazit: Wäre alles nach deutschem Gesetz umgesetzt worden, hätte die dort geschehene Katastrophe nicht stattfinden können. Selbst wenn die Band dort Pyro verwendet hätte, hätte sich dort nichts entzünden können bzw. wären maximal kleine Brandschäden entstanden, die unmöglich zu einem Feuer geführt hätten. Selbst wenn eine Evakuierung notwendig gewesen wäre, hätte diese zügig durchgeführt werden können - eine Panik hätte mit geschultem Personal (was aber auch in Deutschland ein sehr großes Problem ist - solche Übungen kosten viel Geld...) und ausreichend dimensionierten Fluchtwegen vermieden werden können. Meine Prognose wäre im Brandfall eventuell wenige leicht verletzte mit leichter Rauchvergiftung (irgendwas erzeugt immer mal Rauch) - Todesopfer könnte es nur im Zuge von Panik geben. Hierfür ist eine Schulung des Personals, das mit allen Rettungseinrichtungen und der eingeübten Evakuierung vertraut ist, wichtig. Vielleicht hilft das, auch ein bisschen froh über unsere Bürokratie zu sein... [Beitrag von *xD* am 27. Jan 2013, 17:05 bearbeitet] |
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vwbulli
Stammgast |
#2 erstellt: 28. Jan 2013, 10:35 | ||||
Ich hänge das mal einfach hier ran, wenn es nicht passt, verschieben. Das gefährlich an der Situation war denn auch noch, das die Türsteher von dem Vorfall nicht informiert wurden. Zitat aus einem Bericht : Hier kam es zu dem verhängnisvollen Irrtum: Als wäre die Lage durch nur einen Ausgang nicht schon prekär genug, stellten sich nun auch noch die Türsteher quer, berichtet der Bayerische Rundfunk unter Berufung auf örtliche Quellen: Sie glaubten an eine Massenschlägerei und wollten verhindern, dass die Gäste abhauten, ohne zu bezahlen. Als die Türsteher den Irrtum bemerkten und den Ausgang freigaben, sei es für viele Menschen zu spät gewesen. Die Opfer erstickten oder wurden totgetrampelt. Und so kommt dann eins zum anderen. Traurig |
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*xD*
Inventar |
#3 erstellt: 28. Jan 2013, 17:52 | ||||
Ich habe da heute auch noch einige ergänzende Informationen gehört. Die Sache mit den Türstehern zeigt auch die Wichtigkeit einer komplett funktionierenden Kommunikation z.B. via Intercom bzw. entsprechendem akustischen und/oder optischen Brandwarnanlagen. In Deutschland sind entsprechende Systeme z.B. in Kaufhäusern und dergleichen auch vorgeschrieben (wird meistens über eine Prioritätsschaltung in die Haus-ELA-Anlage eingespeist) - es gibt hierzu auch entsprechende Gesetzestexte. |
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Smiley2693
Stammgast |
#4 erstellt: 11. Feb 2013, 20:34 | ||||
ich denke die Vorschriften Sicherheitstechnische Einrichtungen, also für Brandmeldeanlagen, Rauchabzug oder Löscheinrichtugen, sowie Feuerlöscher, Wandhydranten und Notfallbeleuchtung wurden auch nicht eingehalten. Geschweige denn das es eine Brandwache gab. Ich findes es toal unverständlich wie man als Betreiber so sehr auf ganzer Breite versagen kann |
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DB
Inventar |
#5 erstellt: 12. Feb 2013, 10:12 | ||||
Ja, weil der gesunde Menschenverstand immer mehr schwindet, braucht man auch immer mehr Vorschriften. Wir hatten hier bei uns auf dem Dorf einen Veranstaltungssaal, gebaut um 1900. Dort drin gab es 6 Lautsprecher, die waren auf eingemauerten 40er Winkeleisen befestigt. Ohne Seilschlaufen. Über der Bühne waren Scheinwerfer angeordnet, nicht so ein Kleinkram wie PAR, sondern richtige große Stufenlinsenscheinwerfer. Ohne Seilschlaufen. Die Stromversorgung auf der Bühne bestand aus einer 6A abgesicherten Steckdose. Ohne Schutzleiter. In dem Saal fanden mindestens 1x in der Woche Veranstaltungen statt, ohne daß hierbei Leute zu Schaden kamen. Erstaunlich, nicht wahr? MfG DB |
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Roderik81
Inventar |
#6 erstellt: 12. Feb 2013, 12:20 | ||||
Seltsame argumentation ... das nicht eintreten eines Schadensereignisses beweist doch nicht das die Sicherheisvorkehrungen ausreichend waren! |
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DB
Inventar |
#7 erstellt: 12. Feb 2013, 14:48 | ||||
Umgekehrt: es passiert also weniger, wenn man eine Veranstaltung hinter Vorschriften einmauert? MfG DB |
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