Erfahrungsbericht K.M.E. VL750 vs RCF ART 425A

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markusred
Inventar
#1 erstellt: 02. Jun 2016, 11:26
Nach einer langen Zeit der Inaktivität im Forum hier ein kurzer Erfahrungsbericht zu den o.g. Boxen, die ich kürzlich ausprobiert habe. Die VL750 der deutschen Firma KME sind aktive (Fullrange-)Topteile mit italienischen Chassis (FBT, Ciare?, hat KME nicht verraten wollen) bestückt mit einem 12" mit Membranbeschichtung und einem 1" HT-Horn. Gehäuse bassreflex wie üblich. Verstärkertechnik Class D mit 600 + 150 W, analogen und digitalen Eingängen (AES/EBU), 8 Presets (4 davon selbst konfigurierbar), Delay, parametrischen EQ, Shelf und Subsonic Filter, Lock-Möglichkeit und sonstigen einstellbaren Sachen, Display und Tastenfeld usw., dank Neody-Chassis nur 21 Kg. Preislich allerdings kein Billigeimer.


Anlass war eigentlich eher zufällig der Besuch eines Konzertes zweier Synthie-Pop-Bands (Camouflage + Mesh) im Oberhausener Musiktempel. Die dortige Halle war gar nicht mal so groß, aber ein paar Hundert Leute werden dort hineinpassen. Die Decke ist recht hoch und wie mir der Geschäftsführer verriet auch gut gedämmt (von ihm weiß ich auch, dass es die VL750 waren).

In der Halle musste ich erst mal gucken: wo war denn die PA? In den Traversen über der Bühne hingen lediglich links und rechts jeweils ein kleines PA-Topteil etwa in der Größe meiner RCF 425A zu Hause. Ein zusätzliches Top in der Mitte lief nicht mit. 4 Subwoofer (klaro, ohne gehts nicht) mit je 18" standen unter der Bühne. Vor dem Konzert lief als Untermalung Musik aus der Konserve. Ich fand den Sound so gut wie bei (guten) Hifi-Boxen, natürlich alles noch bei nur leiser Lautstärke.

Die wollen doch nicht etwa mit den kleinen Pisspott-Tops ein richtiges Konzert fahren? Ich machte mich innerlich auf blutarme Mitten und einen übersteuerten Sound gefasst (oder aber eine geringe Lautstärke).

Was ich dann aber bei der Vorband hörte war ein Sound in gewohnter Konzertlautstärke und:
- es waren quasi keine Lautsprecher (wie früher gewohnt Boxentürme) zu sehen
- der Sound war unverzerrt, unaufdringlich ohne zu schreien, fein auflösend und glockenklar
- der Klang war hifi-mäßig gut nur eben in Konzertlautstärke
- es gab quasi keine Interferenzen in den Höhen, da der Ton quasi zwei Punktschallquellen entstammt.

Später bei der Hauptband wurde der Pegel noch etwas lauter aber der Sound blieb einwandfrei.
Richtig angenehm mit gut auflösenden und gar nicht Höhen und einem neutralen Mittenbereich. Die Ankoppelung der Bässe an die Tops war ok, der Bassbereich bot meiner Meinung nach aber noch Verbesserungspotential (mehr Tiefgang, mehr Membranfläche und weniger Pegel im Oberbass).

Das zur Vorgeschichte, nun zum eigentlichen Bericht nicht über den Konzertsound sondern bei mir zu Hause. Ich suche schon länger einen Ersatz für meine RCFs, die mir im Mittelhochton etwas aggressiv und nicht gut genug auflösend zu Werke gehen, wobei ich vom Bass nach wie vor begeistert bin. Dann sollen es auch Fullrange-Tops mit genügend Bass sein, um damit mal eine Fete in Räumen bis 100 qm beschallen zu können. Wegen des Konzertbesuchs dachte ich, probier es doch mal mit den VL750.

Nachdem die Boxen angekommen waren ging es erst daran zu schauen, wie sie für meinen Hobby-/Musikraum zu konfigurieren sind. Als Subs stehen mir zwar 4 potente 15" von RCF zur Verfügung, aber mir kam es ja gerade auf die Fullrangetauglichkeit der neuen Tops an. Ich möchte möglichst wenig zu schleppen haben, im Idealfall nur den Mischer und die aktiven Tops auf Ständern.

Die Einstellmöglichkeiten des Controllers bzw der digitalen Endstufen sind vielseitig. Man kann u.a. den Klang der Boxen über entsprechende Filter verändern und an den Einsatzweck und die Aufstellung anpassen. Eine elektronische Sperre des Pegelstellers ist möglich, falls die Gäste einen Spieltrieb haben sollten oder die Boxen verliehen werden.

Ich bin etwas ratlos, warum das mit der Programmierung eines Shelf-Filters für eine dezente Höhenanhebung nicht klappte. Bei Aktivierung des Filters in der Grundeinstellung (das Display zeigte +8 ?) wurden die Höhen abgesenkt. Hmm. Ich habs dann sein gelassen und die Höhen nicht verändert.

Die stabilen Holzgehäuse sind beschichtet, abgeschrägt und für Stative und als Bodenmonitor gleichermaßen geeignet. Geflogen werden können sie zudem noch. Pfiffig ist der integrierte Ständerflansch, der sich in Winkeln verstellen lässt. Die Signal- und Stromverbindungen sind vorbildlich arretierbar (Powercon). Die Front ist mit einem stabilen Lochblech geschützt, das mit dünnen Akustikschaum hinterlegt ist.

Die VL750 sind als Top betrieben mit Trennung + Subs wirklich klasse und klingen selbst bei höchster Lautstärke nicht unangenehm. Das mag neben den hochwertigen Chassis auch an deren Grundabstimmung liegen. Der Klang ist sehr ausgewogen ohne störende Resonanzen mit einer leicht dunklen Tendenz. D.h. die Höhen sind eher zurückhaltend aber pieksauber. Der Grundton- und Stimmenbereich verfügt über ein gutes Fundament, ja sogar richtig Wucht, wenn der Pegel hoch ist. Der Bass ist für einen kleinen 12" auch sehr gut aber man kann die Physik nicht überlisten. Discopegel bei Tiefbässen für Veranstaltungen geht nicht. Es pustet dann ordentlich aus den Reflexöffnungen und der Bass macht zuviel Hub, was auf Kosten der Mittenwiedergabe (Modulation) geht. Selbst wenn die integrierten Endstufen noch mehr Leistung bieten, ist aufgrund des Membranhubes irgendwann Schluss.
Das auch bei den VL750 vorhandene Grundrauschen ist leiser als bei den RCF und eigentlich auch aus kurzer Entfernung nicht mehr störend.

Für einen kleineren Rahmen oder bei gemäßigten Pegeln kann man die Box durchaus als Fullrange nehmen. Doch erst als Top spielt die VL750 ihre Stärken aus. Wird sie beispielsweise bei 100-120 Hz zum Sub trennt, kann sie für ihre Größe abartige Pegel bei angenehmen Klang bieten. Ihre zurückhaltende Hochtonabstimmung dürfte für den angenehmen Klang bei höchsten Pegeln verantwortlich sein.

Was noch hervorgehoben werden muss ist die gleichmäßige Abstrahlung der KME. Während sich bei den RCF mit dem stärker bündelnden 15" Tiefmitteltöner der Klang seitlich stehend von den Boxen deutlich ändert, hören sich die KME auch unter großen Winkeln quasi immer gleich an. Es gibt also keine Auslöschungen, Interferenzen oder ungleichmäßiges Bündelungsverhalten.

Mein Fazit ist, dass die VL750 zwar für meine Zwecke nicht geeignet sind, da den 12" dann doch die Wucht eines 15" fehlt. Die RCF können da spürbar mehr bei gleicher Gehäusegröße. Als reine Tops in Verbindung mit potenten Subwoofern sollten die KME aber selbst PA-Leute zufrieden stellen und dann sind sie auch den als reines Top betriebenen Plastik-Kübel-RCFs überlegen.

Der Hersteller bietet ein Komplettsystem (SD7) mit den VL750-Topteilen an, das aus 2 aktiven und zusätzlich 2 passiven 18" BR-Subs besteht. Preislich deutlich unter 10 k Euro inklusive benötigten Verstärkern und Controlling, das finde ich insofern noch preiswert. In dieser Konfiguration habe ich die Boxen wohl auf dem Konzert gehört, wo das Komplettsystem wirklich sehr gefallen hat.

Die KME haben mir zuguterletzt die Schwächen der 425er RCF aufgezeigt. Deren Abstimmung im Mittelhochton ist etwas zu laut, es müssten etwa ab 1 Khz nach oben hin breitbandig 2-3 dB weniger sein. Also im Grunde müsste der Zweizöller im Pegel zurückgenommen werden. Sie konnen zwar auch in den Höhen trotz des 2" sehr hoch kommen, ihre Auflösung wirkt aber etwas "glasig". Gerade mit aktiviertem Bass-Boost bei den RCFs sind sie eine Spaßbox für nicht zu große Gelegenheiten und dürfen vorerst bei mir bleiben.

Als Ergänzung sei gesagt, dass ich aus dem Hifi-Bereich stamme und kein Fachmann bezüglich PA bin. Seit Anfang der 80er Jahre hatte ich eine lange Zeit selbst Boxen gebaut aber wegen anderer Dinge vor etwa 8 Jahren dieses Hobby aufgegeben. Vielleicht hilft der ganze Schmonz von oben ja Lesern, die Infos über die KMEs suchen.
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