Restauration Telewatt V333

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selbstbauen
Inventar
#1 erstellt: 16. Jul 2012, 14:17
Der V333 von Klein & Hummel sieht aus wie ein aufgeblasener V112. Viel Blech in Hammerschlagoptik in unterschiedlichsten Farben. Er hat vier EL84 in der Endstufe und bringt etwa 25 Watt Dauerleistung. Gedacht waren diese Monoverstärker für große Veranstaltungen - auch in 100 Volt-Technik.

So sehen die Dinger aus: hübsch-hässlich

S5000952

Im Archiv von Klein & Hummel sind nur noch die ursprünglichen Schaltbilder der ersten Serie vorhanden. Hier gibt es noch eine Röhrengleichrichtung. Später ist diese durch Germanium-Gleichrichter ersetzt worden. Ebenso wurde später die negative Gittervorspannung durch einen zusätzlichen Trafo im Heizkreis erzeugt, der die 6,3 Volt auf etwa 15 Volt hochspannt.

Ich habe über die Jahre mehrere ersteigert, bis ich endlich zwei mit zumindest ähnlichem Aufbau hatte. Gleiche Trafos, Übertrager und diesen Extratrafo für die neg. Gittervorspannung.

So sah der ursprüngliche Schaltplan aus:

S5000948
S5000949

Die Widerstände und Kondensatoren waren allesamt nicht mehr "im Wert". Außerdem waren die Endröhren mit fixer Vorspannung geschaltet, was seinerzeit möglich war, da die Röhren als Massenware mit sehr engen Parametern ausgeliefert wurden. Heute kann man auf eine variable Vorspannung nicht verzichten, da die Röhren starke Unterschiede in ihren Emissionen aufweisen. Mein Fundus reicht (auch bei "neuen" russischen Röhren) von 95 % bis 140 %.

Da die Verstärker bei mir nur als Endstufen arbeiten sollen, habe ich den Vorverstärkerteil wegfallen lassen. So sieht die jetzige Verdrahtung aus:

V333 Telewatt

Wie bei K&H üblich, hat dieser Verstärker besondere innere Werte: Ein Frequenzgang von 10 Hertz bis etwa 30.000 Hertz, der Fremdspannungsabstand liegt etwa bei 0,3 mV.

Bei diesen beiden gibt es allerdings ein Problem mit dem Frequenzgang: von 10 Hz bis etwa 14 kHz schön linealglatt. Der eine geht dann aber bis 22 kHz deutlich runter und erzeugt bei voller Leistung eine Verzerrung, bei der die negative Halbwelle eine zur Positiven gerichtete Halbwelle addiert. Der andere steigt im Frequenzverlauf ab 14 kHz etwas an, erreicht sein Maximum auch bei 22 kHz und fällt dann bis 30 kHz wieder auf 0dB ab.

Einen ganzen Tag habe ich mit der Fehlersuche verbracht. Ergebnis: offensichtlich ist der Übertrager fehlerhaft gewickelt. Das kann ich mir aber beim besten Willen nicht vorstellen - sowas wäre niemals durch die Endkontrolle gekommen und der Übertrager sieht völlig fehlerfrei aus. Vielleicht hat jemand eine Vorstellung, was da nicht passt. Mein Hörvermögen endet bei 15 kHz - also bleibt es erstmal so - später wird das Duo mit aktiver Frequenzweiche im Bassbereich Dienst tun.

Der Hörtest: (Röhre besser als Transistor!)
Zur Vorgeschichte in Stichworten: Umzug, neues Wohnzimmer 100 qm Fäche, Höhe 6 Meter. Die Alten hatten ein Loch im unteren Mittenbereich wegen stehender Wellen und einer Auslöschung in diesem Bereich (Konusmitteltöner). Das ging gar nicht. Also neue mit gerichteter Abstrahlung, also Elektrostaten - oder aufwändige Dämmung des Zimmers - neue sind billiger. Gebrauchte Martin-Logan "Re-Quest" mit neuer Bespannung. Ein Traum wird wahr und deshalb habe ich die V333 doch immer im Keller gehabt - meine Frau glaubt mir den Zufall nicht.

Erster Aufbau: Vorverstärker Luxman C-02, Endstufe Yamaha M4, guter Klang, sphärische Abbildung, bin begeistert, aber Stimmen kommen irgendwoher, sind einfach im Raum, bin gewohnt, dass man sie in der Mitte der Lautsprecher orten kann. Neuer Vorverstärker: Fine-Arts Röhrenvorverstärker - schon besser, Stimmen kommen in der Mitte, sind aber riesige Münder. Neuer Vorverstärker: Eigenbau mit nur einer C3g pro Kanal - jetzt passt es, Stimmen kommen in realistischer Größe klar platziert und lifehaftig.

Aber bei Ry Cooders Buena Vista Social Club kommt beim ersten Stück nach etwa 2 Miunuten das Trompetensolo mit dem Yamaha M4 auf der gleichen Höhe wie alle anderen Stmmen. Nun mit den V333 spielt der Trompeter wieder runde 4 Meter hinter den anderen Musikern. Man hört den Aufnahmeraum.

Und noch was: Der Bass ist deutlicher wahrnehmbar. Wie das? Beide Verstärker leisten sich im Frequenzgang keine Fehler. Vermutlich ist es aber so, dass der geringere Dämpfungsfaktor der Röhre den 30 cm-Tieftöneren mehr Freiheit lässt. Wenn sich das Gesamtsystem aus Membran, Lautsprechervolumen und Raum der Systemresonanzfrequenz nähert, wird ein hoher Dämpfungsfaktor die Membran im Zaum halten. Fehlt dieser, dann schwingt sich das System in die Resonanz ein. Der Membran wird die Resonanzfrequenz aufgezwungen, auch wenn sich die anregende Tonfrequenz nur annähernd in der Nähe befindet. In meinem Wohnzimmer dürfte es zwischen 30 und 35 Hz liegen. Die Folge ist, dass bei entsprechenden Tönen der ganze Raum vibriert, inklusive meines Oberkörpers. Bei den Transistoren kam das sehr selten vor. Bei den Röhren immer wenn der Bass in den Keller steigt. Das macht die Wahrnehmung der Tieftonanteile sehr viel deutlicher - bei gleichem Pegel. Dabei ist der Bass überhaupt nicht verwaschen oder dumpf oder sonstirgendwie lästig. Im Gegenteil: Die Wahrnehmung von Musik ist deutlich fülliger.

Soweit ein erster Bericht. Wenn ich nach dem Einfahren die Ruheströme neu einmesse oder weiter nach dem Problem der 22 kHz-Delle suche, dann gibt es auch Bilder vom Inneren.

Gruß
Felix
DB
Inventar
#2 erstellt: 16. Jul 2012, 14:46
Hallo,

hast Du den Frequenzgang mit oder ohne Gegenkopplung gemessen? Das Original hat eine kombinierte Gegen-Mitkopplung zum Zweck eines niedrigen Endstufeninnenwiderstandes, das würde ich auch wieder so machen. In Deiner Schaltung sehe ich auch nichts, was den Frequenzgang nach oben hin begrenzt. Das kann auch Probleme bringen.


MfG
DB
selbstbauen
Inventar
#3 erstellt: 16. Jul 2012, 16:18
Hallo DB

Mit und ohne Gegenkopplung gemessen, weil ich zunächst auch vermutet habe, dass sich über die GK etwas enschleift. Eine GK/MK (der Poti trägt die Aufschrift GM) könnte nicht in einem Fall eine Dämpfung und im anderen eine Anhebung eines Frequnzbereiches nach sich ziehen - es müßte schon bei beiden das Gleiche auftreten.

Die komplizierte Schaltung zu Mitkopplung hat mich abgechreckt, weil sie einen Vorwiderstand im Ausgang benötigt - nun 0,1 Ohm ist nicht viel, aber es muss doch auch ohne gehen.

Zur Unterdrückung der Schwingneigung habe ich den 500 pF Kondensator zwischen den Steuergittern des oberen und unteren Paares der EL84 versucht - keine Auswirkungen. Ich glaube, er ist im jetzigen Zustand sogar noch drin.

Wenn ich annehme, dass der eine in Ordnung ist und die Anhebung um 22 kHz eine beginnende Schwingneigung ist, die zu höheren Frequenzen durch die Begrenzung des Übertragers nach oben gedämpft wird - und im Originalschaltbild mit den vereinzelten pF-Kondensatoren bedämpft wird - dann hat nur der andere mit der Absenkung ein Problem. Auf den werde ich mich konzentrieren.

Gruß
f
DB
Inventar
#4 erstellt: 16. Jul 2012, 19:30
Hallo,

mit dem Parallel-C zu den Gittern bekommst Du das nicht hingebogen. Gerade mal simuliert (ECC83 und 2x EL34 in ähnlicher Schaltung). Um den Streuresonanzbuckel einigermaßen runterzudrücken (der geht dadurch nicht weg, sondern der ganze Frequenzgang verformt sich), mußtehn es über 10nF sein. Mach die Dinger raus und parallel zu dem Gegenkopplungswiderstand einen kleinen Kondensator von ein paar hundert pF.
Haben die beiden AÜ überhaupt die selbe Bauvorschrift?

MfG
DB

P.S.: die Gegen-Mitkoppluing ist eine nette Sache. Damnit bekommt man den Innenwiderstand weiter herunter und der Verstärker wird auch leerlauffest.
selbstbauen
Inventar
#5 erstellt: 19. Jul 2012, 09:30
Habe alles nochmals durchgemessen. Zunächst aber den Tip mit dem Kondensator parallel zum GK-Widerstand probiert. Leider fängt das Genze dann an, wild zu schwingen. Um das zu unterbinden, müsste der Eingang mit einem Kondensator angeschlossen werden. Ich nehme mir vor, darauf zurückzukommen, wenn ich Klarheit über den AÜ habe.

Die Ausgangsübertrager sind schon ein Kuriosität: Der 100V und der 15 Ohm Ausgang verhalten sich mustergültig. Allein der 6 Ohm Ausgang ist bei einem mit einem Einbruch um die 20 kHz, der adere mit einer Überhöhung im gleichen Bereich. Es sind die gleichen - zumindest nach Label.

Nach viel Hin und Her habe ich micht entschlossen, die GK nur am 6 Ohm Ausgang anzuschließen und auf einen deutlich geringeren Wert zu gehen. Zunächst lag die GK bei etwa 75 kOhm beim Anschluss an beiden Ausgängen. Wenn ich sie auf etwa 25 kOhm verringere, dann sind die Amplitudenveränderungen im erträglichen Rahmen.

Vermutlich hat man in den 50er-Jahren den Bereich oberhalb von 15 kHz nicht für beachtenswert gehalten - zumindest nicht bei einem Verstärker, der nicht für HiFi-Zwecke gedacht war. Schade, denn erste Begrenzungen im Amplitudengang tun sich erst oberhalb von 30 kHz auf.

Da der Verstärker bei mir später nur den Tieftonanteil bis 200 Hz zu stemmen hat, werde ich es zunächst mit diesem kleinen Mangel gut sein lassen. Und diesen Bereich macht er mehr als ordentlich - runter bis 10 Hz ohne ersichtliche Mängel.

Nachdem sich die neuen Röhren, Elkos und alles sonstige nach etwa 10 Stunden Einspielzeit zurechtformatiert hat, ist das Klangerlebnis nochmals verbessert. Trotzdem bleibt mein Fazit: Nicht uneingeschränkt für High-End brauchbar.
SGibbi
Gesperrt
#6 erstellt: 22. Jul 2012, 14:53

selbstbauen schrieb:

Die Ausgangsübertrager sind schon ein Kuriosität: Der 100V und der 15 Ohm Ausgang verhalten sich mustergültig. Allein der 6 Ohm Ausgang ist bei einem mit einem Einbruch um die 20 kHz, der adere mit einer Überhöhung im gleichen Bereich. Es sind die gleichen - zumindest nach Label.


Das ist ohne weiteres erklärbar.

Der Übertrager ist verschachtelt gewickelt. Beim 15 Ohm Ausgang liegen alle Wicklungen in Reihe. Da stimmt's noch. Für die kleineren Impedanzen wird teils Parallel, teils Seriell geschaltet. In diesem Umfeld vermute ich den "Fehler".

In der überarbeiteten "Restaurationsschaltung" fehlt mir zudem jegliche Phasenkompensation.

Checke außerdem mal nach, ob die Kernbleche rasseln (lose sind).
selbstbauen
Inventar
#7 erstellt: 23. Jul 2012, 08:40
Es sieht so aus, als wäre der eine Übertrager ein "Montagswerk". Die Lackierung ist noch völlig intakt. Die Schrauben fest.

Auf Phasenkompensation habe ich bewusst verzichtet und der Frequenzgang gibt mir Recht: Von der Delle abgesehen, ist der linear und stabil bis 30 Khz.

In einer kombinierten Mit-/Gegenkopplung aus der ursprünglichen Schaltung mag das anders sein.
DB
Inventar
#8 erstellt: 23. Jul 2012, 10:56
Hallo,

hast Du den Verstärker mal mit Rechteck gefüttert?


MfG
DB
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